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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
21.09.2017
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Keine Sonderabschreibung nach § 7g EStG für Wirtschaftsgüter des AV, die nach dem 31.12.2007 angeschafft wurden

FG Düsseldorf, Urteil vom 30.5.2017 – 10 K 2368/15 F, Rev. eingelegt (Az. BFH III R 17/17)

ECLI:DE:FGD:2017:0530.10K2368.15F.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2017-2288-1

unter www.betriebs-berater.de

EStG § 4 Abs. 3, § 7g, § 52 Abs. 23 S. 2

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die sie nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft hat, eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG geltend machen kann.

Die Klägerin ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis mit dem Schwerpunkt Radiologie und Nuklearmedizin. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung i.S.d. § 4 Abs. 3 EStG.

Die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit für die Streitjahre 2008 bis 2011 wurden zunächst erklärungsgemäß einheitlich und gesondert festgestellt. Die Feststellungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In den Jahren 2013/2014 führte der Beklagte eine Außenprüfung für die Streitjahre durch, die mit Betriebsprüfungsbericht vom 16. Juni 2014 abgeschlossen wurde. Am 03. September 2014 ergingen Änderungsbescheide, mit denen die Einkünfte der Streitjahre höher festgestellt wurden. Dem liegt u.a. folgender Sachverhalt zu Grunde:

Im Jahr 2006 bildete die Klägerin für die künftige Anschaffung medizinischer Geräte und Ausstattungsgegenstände eine Ansparrücklage i.H.v. 154.000 € nach § 7g Abs. 3, Abs. 6 EStG in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912 gültigen Fassung (a.F.). Die Rücklage wurde im Jahr 2007 wegen Anschaffung entsprechender Wirtschaftsgüter teilweise aufgelöst und belief sich am 31. Dezember 2007 noch auf 133.403 €.

Im Jahr 2008 erwarb die Klägerin weitere medizinische Geräte und Büroausstattung i.H.v. über 1,2 Mio. €. Erworben wurde u.a. das Gerät „G MRT“ für 799.757,94 €. Die Klägerin nahm die Anschaffungen zum einen zum Anlass, den Restbetrag der in 2006 gebildeten Ansparrücklage in 2008 steuerunschädlich aufzulösen. Zum anderen nahm sie für die erworbenen Wirtschaftsgüter neben der normalen AfA nach § 7 Abs. 1 EStG auch Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG n.F. in Anspruch, und zwar in folgender Höhe:

              2008:               15,00 €

              2009:               85.117,00 €

              2010:               84.640,00 €

              2011:               83.585,00 €

Der Prüfer ließ die o.g. Sonderabschreibung nicht zum Abzug zu und erhöhte den Gewinn der Klägerin entsprechend. Zur Begründung führte er in Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts aus, dass § 7g EStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu gefasst worden sei. Die Neufassung sei nach § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. August 2007 enden. § 7g Abs. 5 und 6 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 seien erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt worden seien (§ 52 Abs. 23 Abs. 2 EStG). Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. seien daher für Wirtschaftsgüter, die nach diesem Zeitpunkt angeschafft oder hergestellt worden seien, nicht mehr zulässig. Für die von der Klägerin in 2008 angeschafften Wirtschaftsgüter gelte deshalb § 7g Abs. 5 EStG n.F., wonach die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nur in Betracht komme, wenn der Betrieb zum Schluss des Wirtschaftsjahrs, das der Anschaffung oder Herstellung vorangehe, die Größenmerkmale des § 7g Ab. 1 Satz 2 Nr. 1 n.F. EStG erfülle. Bei der Klägerin sei das nicht der Fall, da sie in 2007 einen Gewinn von 742.111 € erzielt habe. Sonderabschreibungen seien daher nach § 7g Abs. 5 EStG n.F. ausgeschlossen.

Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide vom 03. September 2014 Einspruch ein, welcher mit Einspruchsentscheidung vom 09. Juli 2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin hat sodann Klage erhoben. Am 16. März 2017 sowie am 10. April 2017 sind Änderungsbescheide ergangen (Bl. 63 ff. der Gerichtsakte), mit denen der Klage bezüglich sonstiger Streitpunkte abgeholfen wurde und die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit zuletzt auf 325.613,57 € (2008), 676.854,61 € (2009), 876.357,03 € (2010) und 1.223.768,95 € (2011) festgestellt wurden.

Die Klägerin weist darauf hin, dass die im Jahr 2006 geltende Fassung des § 7g Abs. 3 EStG keine Größenmerkmale vorgesehen habe und deshalb die Ansparrücklage i.H.v. 154.000 € zu Recht gebildet worden sei.

Grund für die Bildung der Rücklage sei der geplante Umzug der Praxis in ein neues Ärztehaus sowie der damit verbundene Abschluss eines Kooperationsvertrags mit dem F Krankenhaus gewesen. Der am 29. Mai 2006 abgeschlossene Kooperationsvertrag habe am 01. Januar 2007 beginnen sollen und der am 23. Dezember 2006 abgeschlossene Mietvertrag über die Räume eines noch zu errichtenden Ärztehauses habe einen geplanten Beginn für Mitte Oktober 2007 vorgesehen. Mit der strategischen Entscheidung des Umzugs und der Kooperation mit dem F Krankenhaus sei klar gewesen, dass u.a. neue radiologische und nuklearmedizinische Geräte hätten angeschafft werden müssen. Durch Verzögerungen beim Neubau des Ärztehauses habe sich der Beginn des Mietvertrags letztlich auf den 01. April 2008 verschoben. Deshalb seien im Jahr 2007 lediglich Geräte und Büroausstattung für ca. 47.000 € angeschafft worden. Die übrigen medizinischen Geräte etc. seien erst in 2008 angeschafft und größtenteils ab dem 08. April 2008 in Betrieb genommen worden, darunter auch das MRT-Gerät. Diesbezüglich seien schon im Juni 2006 Verhandlungen mit der Fa. G aufgenommen worden. Tatsächlich bestellt worden sei das MRT-Gerät im August 2007, da erst dann absehbar gewesen sei, wann das neue Ärztehaus bezugsfertig sein würde.

Der Sachverhalt sei auch nicht mit dem vom Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 11. März 2013 – 10 K 2457/11 F [BB 2013, 1967 m. BB-Komm. von Glasenapp] entschiedenen Fall vergleichbar, da sie – die Klägerin – aufgrund des zeitlichen Ablaufs einen erweiterten Vertrauensschutz in Anspruch nehmen könne. Wäre das Ärztehaus wie geplant Mitte Oktober 2007 fertig geworden, hätte die Sonderabschreibung in 2007 unstreitig in Anspruch genommen werden können. Bezüglich des konkreten zeitlichen Ablaufs wird auf das Schreiben der Klägerin vom 18. März 2015 Bezug genommen.

Zu beachten sei auch, dass die Ansparabschreibung schon vor Veröffentlichung des Unternehmensteuerreformgesetzes gebildet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die für die Streitjahre 2008 bis 2011 festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit unter Änderung der Feststellungsbescheide vom 16. März 2017 (2008 / 2009) bzw. 10. April 2017 (2010 / 2011) niedriger festzustellen, und zwar

              2008:               um 15,00 €

              2009:               um 85.117,00 €

              2010:               um 84.640,00 €

              2011:               um 83.585,00 €,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Wortlaut des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG eindeutig sei. Eine Auslegung in dem von der Klägerin gewünschten Sinne komme nicht in Betracht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Feststellungsbescheide der Jahre 2008 bis 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. oder gemäß § 7g Abs. 1 EStG a. F. zu gewähren.

 

1. Nach § 7g Abs. 5 EStG n. F., wie er im Streitjahr galt, können bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 6 EStG n. F. im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dieser Vorschrift ist damit außerdem, dass der Betrieb zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. nicht überschreitet (§ 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F.). Auch wenn Steuerpflichtige, die – wie die Klägerin – Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen, i. S. von § 4a EStG kein Wirtschaftsjahr als Gewinnermittlungszeitraum haben, fallen auch sie unter die Regelungen in § 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F. (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2010, 180 [BB 2009, 2586 m. BB-Komm. Pankoke]). Damit können diese Steuerpflichtigen Sonderabschreibungen für nach dem 31. Dezember 2007 angeschaffte, nach § 7g Abs. 5 EStG n. F. begünstigte Wirtschaftsgüter nur geltend machen, wenn sie die Größenmerkmale gemäß § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. nicht überschreiten. Die Klägerin hat jedoch im Jahr 2007 als dem Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung voran ging, für die sie die Sonderabschreibungen beansprucht, einen Gewinn von mehr als 100.000 € erzielt. Sonderabschreibungen gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. sind daher im Streitfall ausgeschlossen.

 

2. Sonderabschreibungen konnten bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens auch nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben AfA nach § 7 Abs. 1 oder 2 EStG bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung dafür war u. a., dass der Steuerpflichtige für die Anschaffung eine Rücklage nach den Absätzen 3 bis 7 des § 7g EStG a. F. gebildet hatte. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin, weil die Rücklage auch von Steuerpflichtigen gebildet werden durfte, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (§ 7g Abs. 6 EStG a. F.), Größenmerkmale für diesen Personenkreis nicht bestanden und auch sonst keine Hinderungsgründe für die Bildung der Rücklage erkennbar sind.

§ 7g EStG a. F. ist jedoch durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu gefasst worden. Die Neufassung ist nach § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. August 2007 enden. § 7g Abs. 5 und 6 i. d. F. des Art. 1 des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt werden (§ 52 Abs. 23 Satz 2 EStG). Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. sind daher für Wirtschaftsgüter, die – wie im Streitfall – nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt wurden, nicht mehr zulässig.

§ 52 Abs. 23 Satz 2 EStG kann entgegen der Rechtsansicht der Klägerin auch nicht – verfassungskonform – in der Weise ausgelegt werden, dass Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. zulässig bleiben, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, für die nach altem Recht eine Ansparrücklage gebildet werden musste, um die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. in Anspruch nehmen zu können. Es kann dahin stehen, ob § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG insoweit zurückwirkt, als dadurch Sonderabschreibungen für die dort aufgeführten Wirtschaftsgüter ab dem 1. Januar 2008 nur noch nach Maßgabe des § 7g Abs. 5 und 6 EStG n. F. zulässig sind, obschon § 7g EStG in der bis zum 17. August 2007 geltenden Fassung bei Ansparabschreibungen, die in vor dem 18. August 2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet worden sind, und Wirtschaftsgütern, die vor dem 1. Januar 2008 angeschafft oder hergestellt worden sind, nach § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG weiter anzuwenden war. Dagegen könnte sprechen, dass Ansparabschreibung und Sonderabschreibung unterschiedliche Instrumente steuerlicher Förderungen waren und der Gesetzgeber sie schon deshalb in zeitlicher Hinsicht unterschiedlich neu regeln durfte. Selbst wenn man aber – wie die Klägerin – aus der Regelung in § 7g Abs. 1 und 2 Nr. 3 EStG a. F. ein Junktim dergestalt ableiten wollte, dass § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG im Hinblick auf Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter, für die eine Ansparrücklage gebildet worden war, eine Rückwirkung enthält, könnte es sich allenfalls um eine „unechte“ Rückwirkung handeln, die nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip oder gegen Grundrechte verstößt.

Eine „unechte“ Rückwirkung liegt vor, soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und in einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C. II. 1. c).

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Neufassung des § 7g EStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 das Ziel, die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe zu verbessern, ihre Liquidität und Eigenkapitalbildung zu unterstützen und ihre Investitions- und Innovationskraft zu stärken. Eine allgemeine Liquiditätsverbesserung sollte durch die Neufassung des § 7g EStG nicht erreicht werden. Vielmehr sollten die bisherigen Regelungen zu Ansparabschreibungen aufkommensneutral umgestaltet und deutlich vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 51).

Diese Zielsetzung ist nicht zu beanstanden. Es stand dem Gesetzgeber frei, steuerliche Förderungsmaßnahmen wie die Ansparabschreibung und die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. so zu ändern, dass der Standort Deutschland sowohl für nationale als auch internationale Investoren attraktiv blieb und das deutsche Steuersubstrat langfristig gesichert wurde (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 1.) Der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG n. F. dient wie die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. dazu, die Liquidität eines Unternehmens durch eine Steuerstundung zu erhöhen. Diese Förderung von Größenmerkmalen abhängig zu machen (§ 7g Abs. 1 Satz 2 EStG n. F.), stand dem Gesetzgeber frei, weil er den Förderbedarf speziell bei kleineren und mittleren Betrieben als notwendig empfand, nicht dagegen bei Betrieben, die die Größenmerkmale überschreiten. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung an die Größenmerkmale geknüpft wurde. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 darauf hingewiesen, dass die zur Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform vorgenommene Abschaffung der degressiven AfA zu der weltweit vorherrschenden Tendenz passe, Ausnahmen abzuschaffen und stattdessen die Steuersätze zu senken. Die degressive AfA verschaffe den Unternehmen einen zusätzlichen Zinsvorteil, der nach der erheblichen Verbesserung der Besteuerung so nicht mehr erforderlich sei. Gleiches gilt nach Auffassung des Gerichts für die Sonderabschreibung. Sonderabschreibungen lassen die AfA gemäß § 7g Abs. 1 oder 4 EStG unberührt (vgl. § 7a Abs. 4 EStG und BT-Drucks. 16/4841, 55). Es handelt sich daher um eine steuerliche Förderung, die über die Berücksichtigung des Werteverzehrs aufgrund der Nutzung des Wirtschaftsgutes hinausgeht und die nicht durch das objektive Nettoprinzip geboten ist. Dem Gesetzgeber steht insoweit ein weiter, durch die Neuregelung der Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG n. F. nicht überschrittener Ermessensspielraum zu.

Eine Auslegung des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG in der Weise, dass sich Sonderabschreibungen bei nach dem 31. Dezember 2007 angeschafften Wirtschaftsgütern, für die eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. gebildet worden war, noch nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. und nicht nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG n. F. richten, ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geboten, um eine verfassungswidrige Verletzung schützenswerten Vertrauens zu verhindern. Es kann dabei dahinstehen, ob die Klägerin die Ansparrücklage für das Jahr 2006 in ihrer Buchführung tatsächlich bereits vor Inkrafttreten der Neufassung des § 7g EStG gebildet und auf ein Fortgelten der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 7g EStG vertraut hat. Denn selbst dann war das solchermaßen entstandene Vertrauen lediglich insoweit schützenswert, als es die Ansparabschreibung betraf, für die der Gesetzgeber die Fortgeltung des § 7g EStG a.F. in § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG ausdrücklich angeordnet hat. Nur insoweit hatte der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen, die sich für eine Ansparabschreibung entschieden hatten, einen Liquiditätsvorteil eingeräumt, den er ihnen nicht ohne Weiteres, d. h. vor Ablauf des Zeitraums, bis zu dem die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen war, wieder entziehen durfte. Der Vertrauensschutz reicht indes nicht so weit, dass er auch Sonderabschreibungen nach den rechtlichen Voraussetzungen umfasst, wie sie im Zeitpunkt der Bildung der Ansparrücklage galten. Diese war zwar nach § 7g EStG a. F. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen. Aus der Bildung einer Ansparrücklage für die künftige Anschaffung eines Wirtschaftsgutes folgt jedoch nicht, dass für dieses Wirtschaftsgut auch Sonderabschreibungen nach Maßgabe von § 7g Abs. 1 EStG a. F. weiterhin möglich sein mussten. Bei der Sonderabschreibung handelt es sich um eine Fördermaßnahme, die der Ansparrücklage nicht immanent war. Der dem Steuerpflichtigen durch die Bildung der Ansparrücklage eingeräumte Liquiditätsvorteil blieb auch dann erhalten, wenn der Steuerpflichtige nach der gewinnerhöhenden Auflösung der Rücklage keine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen konnte. Der Liquiditätsvorteil besteht in einem solchen Fall lediglich nicht fort. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet es aber nicht, geltendes Recht künftig unverändert fortbestehen zu lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn  – wie im Streitfall – angesichts der ohnehin begrenzten Nutzungsdauer der von der Klägerin angeschafften Praxisausstattung selbst die lineare AfA zu einer vollständigen Abschreibung dieser Wirtschaftsgüter innerhalb kurzer Zeit führt und der mit der Ansparrücklage verfolgte Zweck des Liquiditätsvorteils, der Anschaffung der Wirtschaftsgüter zu dienen, erreicht wurde.

Eine abweichende Auslegung des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG ist auch nicht deshalb geboten, weil der Erwerb der medizinischen Geräte schon für das Jahr 2007 geplant gewesen sein mag, sich jedoch der Umzug in das Ärztehaus und damit auch die Anschaffung der Wirtschaftsgüter aus nicht von der Klägerin zu vertretenden Gründen verzögert haben mag. Die Klägerin übersieht insoweit, dass die Frage, ob eine Vorschrift verfassungsgemäß ist, fallübergreifend zu beantworten ist und nicht von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen kann.

Sofern ihr Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass es zumindest für Härtefälle Ausnahmen aus Vertrauensschutzgesichtspunkten geben müsse, folgt dem der Senat nicht. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche einzelfallbezogene Einschränkung des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG überhaupt zulässig wäre. Denn es liegt bereits kein besonderer Härtefall vor, sondern vielmehr befindet sich die Klägerin in der gleichen Situation wie alle Steuerpflichtigen, die im Jahr 2006 eine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. gebildet haben und den geplanten Erwerb bzw. die geplante Herstellung der Wirtschaftsgüter nicht bis zum 31. Dezember 2007 realisieren konnten. Jeder Steuerpflichtige, der eine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. gebildet hat, war typischerweise dazu entschlossen, in absehbarer Zeit – spätestens bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres – bestimmte Wirtschaftsgüter anzuschaffen oder herzustellen, denn nur in diesem Fall durfte die Rücklage überhaupt gebildet werden. Ob bzw. wann es zu der geplanten Anschaffung bzw. Herstellung tatsächlich kommt, hängt jedoch regelmäßig nicht ausschließlich vom Willen des Steuerpflichtigen ab, sondern auch von sonstigen Umständen wie z.B. der Finanzlage, behördlichen Genehmigungen oder der Mitwirkung Dritter. Es wird daher eine Vielzahl von Steuerpflichtigen gegeben haben, die ursprünglich einen Erwerb für 2007 geplant hatten, diesen jedoch – aus welchen Gründen auch immer – vor dem 01. Januar 2008 nicht umsetzen konnten. Eine Ausforschung des Sachverhalts dahingehend, welche Motivation der einzelne Steuerpflichtige hatte und warum sich der Erwerb bis zum 31. Dezember 2007 nicht realisieren ließ, verbietet sich im Lichte der pauschalen Regelung des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG. Hätte der Gesetzgeber bestimmte Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt wissen wollen, hätte er dies durch Formulierung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen (wie z.B. eine verbindliche Bestellung vor 2008) zum Ausdruck bringen können und müssen.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision wurde gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zwecks Fortbildung des Rechts zugelassen.

 

 

 

 

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