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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
25.01.2013
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Dresden: Keine Eintragung einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG in das Handelsregister

OLG Dresden, Beschluss vom 6.12.2012 - 12 W 865/12

Sachverhalt

Die Beteiligten zu 1) bis 4) meldeten am 07.10.2011 die von ihnen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen und den damit vereinbaren Tätigkeiten im Sinne von §§ 33, 57 Abs. 3 StBerG "einschließlich der Treuhandtätigkeit" gegründete W. GmbH & Co. KG Steuerberatungsgesellschaft (fortan: Gesellschaft) zur Eintragung im Handelsregister an.

Das Registergericht hat die Anmeldung nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer ... zunächst mit der Begründung zurückgewiesen, die Gesellschaft müsse, damit sie eingetragen werden könne, ausschließlich Treuhandaufgaben wahrnehmen. Nach Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses durch das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 14.05.2012 (Az.: 12 W 244/12) hat das Registergericht die Anmeldung nach nochmaliger Anhörung der Industrie- und Handelskammer ... am 08.06.2012 erneut zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Eintragung einer Steuerberatungsgesellschaft setze eine - vorliegend unstreitig nicht beabsichtigte - überwiegende Ausübung der Treuhandtätigkeit voraus.

Die Beteiligten zu 1 bis 4) haben gegen den ihnen am 12.06.2012 zugestellten Beschluss mit am 05.07.2012 eingegangenem Schriftsatz vom 27.06.2012 Beschwerde eingelegt. Sie tragen vor, nach dem vom Registergericht zitierten Urteil des BGH vom 18.07.2011 zur Eintragungsfähigkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft sei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern die Ausübung ihres Berufs in der Form einer Handelsgesellschaft seit jeher möglich. Dem sei der Gesetzgeber in § 49 Abs. 2 StBerG gefolgt, obwohl die mit dem Berufsbild des Steuerberaters vereinbare Treuhandtätigkeit Steuerberatungsgesellschaften nicht präge.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht am 24.07.2012 vorgelegt.

Aus den Gründen

B.

Die nach §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Registergericht hat die Anmeldung zu Recht aus handelsrechtlichen Gründen zurückgewiesen, §§ 161, 105 HGB. Die angemeldete Gesellschaft wird kein Handelsgewerbe im Sinne von § 105 Abs. 1 HGB betreiben. Die Voraussetzungen für eine Eintragung nach § 105 Abs. 2 HGB sind ebenfalls nicht erfüllt.

I.

1.         Steuerberater, die - wie die vorliegend angemeldete Gesellschaft - nicht überwiegend Treuhandtätigkeiten ausüben, üben kein Gewerbe im Sinne von §§ 105 Abs. 1, 1 Abs. 2 HGB aus.

a)         §§ 161 Abs. 1, 105 Abs. 1 HGB knüpfen an dem Betrieb eines Handelsgewerbes und damit an die Definition in § 1 Abs. 2 HGB an, nach der Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb ist. Die Tätigkeit des Steuerberaters ist indes freiberuflich (vgl. § 32 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz StBerG). Eine Steuerberatungsgesellschaft betreibt daher nach den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen zur Maßgeblichkeit der schwerpunktmäßigen Tätigkeit bei Einordnung eines gemischten Betriebs (vgl.: BGH, Urteil vom 02.06.1999, Az.: VIII ZR 220/98, nach juris: NJW 1999, 2967; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 2012, § 1 Rz. 20, 28) nur dann ein Handelsgewerbe, wenn sie die Steuerberatungsleistungen neben einer gewerblichen Tätigkeit, die sie schwerpunktmäßig ausübt, erbringt, d.h. neben schwerpunktmäßiger Treuhandtätigkeit (vgl. BGH, Senat für Anwaltssachen, Beschluss vom 18.07.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 18/60, nach juris: NZG 2011, 1063 ; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., 2012, § 105 Rz. 3); diese stellt ein Gewerbe im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB dar (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., 2012, § 1 Rz. 17; Potsch, Haftungsrisiken von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, NZG 2012, 329, 330) und ist mit dem Berufsbild des Steuerberaters vereinbar (vgl. § 57 Abs.3 Nr. 3 StBerG).

Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung zwingt der Umstand, dass für die Ausfüllung des steuerrechtlichen Gewerbebegriffs auch eine nicht schwerpunktmäßige Gewerbetätigkeit ausreicht, nicht zu einem abweichenden Verständnis. Der Begriff des Gewerbebetriebes ist für jedes Gesetz selbstständig nach Inhalt und Zweck des Gesetzes zu bestimmen (vgl.: BGH, Urteil vom 16.03.2000, Az.: VII ZR 324/99, nach juris: BGHZ 144, 86 m.w.N.; BGH, Urteil vom 07.07.1960, Az.: VIII ZR 215/59, nach juris: BGHZ 33, 327; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., 2012, § 2012, § 1 Rz. 11; Roth in Koller/Roth/Mork, HGB, 7. Aufl., 2011, § 1 Rz. 13a).

b)         Die angemeldete Gesellschaft strebt eine nach dem hier maßgeblichen handelsrechtlichen Gewerbebegriff notwendige schwerpunktmäßige Treuhandtätigkeit nicht an. Steuerberatungsgesellschaften haben im Übrigen üblicher Weise keinen Schwerpunkt im Bereich der Treuhandtätigkeit. Es dominieren die berufstypischen Leistungen (vgl.: Potsch, Haftungsrisiken von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, NZG 2012, 329; Römermann, Dogmatische Chaos und unabsehbare Haftungsgefahren bei der Freiberufler-GmbH (& Co. KG), GmbHR 2012, 64; Tersteegen, Fehlende Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler-GmbH & Co. KG ins Handelsregister am Beispiel der Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfungs-GmbH & Co. KG, NZG 2010, 651). Dies gilt unstreitig auch für die angemeldete Gesellschaft.

2.         Die Gesellschaft ist auch nicht § 105 Abs. 2 HGB eintragungsfähig.
a)         Sie fällt nicht unter die sog. Kleingewerbeklausel (§ 105 Abs. 2 Satz 1. Alt. HGB).

Diese Privilierung betrifft nur gewerbliche Unternehmen, die nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordern (.......). Ein Unternehmen, das - wie die angemeldete Gesellschaft - neben geringfügiger Treuhandtätigkeit überwiegend freiberufliche Tätigkeiten - hier: Steuerberatungsleistungen - erbringt, kann nicht als Kleingewerbe angesehen werden.

Durch die Einfügung der Kleingewerbeklausel sollte Gewerbetreibenden die Möglichkeit der Gründung einer Personenhandelsgesellschaft eröffnet werden. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass Angehörige freier Berufe - so u.a. auch Steuerberater - unabhängig vom Umfang ihrer Geschäftstätigkeit eine Partnerschaft gründen können und sich damit weitgehend den Regelungen des OHG-Rechts unterwerfen können (BT-Drs. 13/8444, S. 39). Daher ist es nicht möglich, Gesellschaften durch "Hinwegdecken" ihrer überwiegenden freiberuflichen Tätigkeit und damit unter Verstoß gegen den Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamtbildes bei gemischten Betrieben als eintragungsfähig anzusehen (vgl.: BGH, Senat für Anwaltssachen, Urteil vom 18.07.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 18/60, nach juris: NZG 2011, 1063; a.A.: Arens, Eintragungsfähigkeit von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs GmbH & Co. KG im Handelsregister, DStR 2011, 1825).

b)         §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. HGB eröffnen die Möglichkeit, eine Gesellschaft, die nur eigenes Vermögen verwaltet, einzutragen, nach der Gesetzesbegründung zum Handelsrechtsreformgesetz vom 22.06.1998 (BGBl. I, S. 1474, 1476) nur für Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Immobilienfonds, Objektgesellschaften, Besitzgesellschaften oder Holdings (BT-Drs. 13/8444, S. 40, 41). Gesellschaften, in der sich Angehörige eines freien Berufs zusammengeschlossen haben, um der freiberuflichen Tätigkeit nachzugehen, fallen hingegen nicht unter diese Regelung (vgl. BGH, Senat für Anwaltssachen, Urteil vom 18.07.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 18/10, nach juris: NZG 2011, 1063; Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., 2008, § 105 Rz. 22; Tersteegen, Fehlende Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler-GmbH & Co. KG ins Handelsregister am Beispiel der Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfungs-GmbH & Co. KG, NZG 2010, 651).

Die insbesondere von Karsten Schmidt (Die Anwalts GmbH & Co. KG: Kraftprobe des Berufsrechts oder des § 105 Abs. 2 HGB, DB 2011, 2477 und Plädoyer für die freiberufliche (GmbH & Co.) Kommanditgesellschaft, DB 2009, 271 m.w.N.) vertretene Auffassung, § 105 Abs. 2 Satz 1 HGB stelle insoweit einen Auffangtatbestand für alle zu einem gesetzlichen Zweck gegründeten Gesellschaften und damit auch für Zusammenschlüsse von Freiberuflern dar, widerspricht dem Wortlaut von § 105 Abs. 2 HGB; sie ist auch mit der Entstehungsgeschichte der Norm nicht zu vereinbaren (vgl. auch: BGH, Senat für Anwaltssachen, Urteil vom 18.07.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 18/10, nach juris: NZG 2011, 1063).

II.

Die berufsrechtliche Regelung zur Möglichkeit, Personenhandelsgesellschaften, die im Handelsregister eingetragen sind, als Steuerberatungsgesellschaften anzuerkennen (vgl. ins. § 49 Abs. 2 StBerG), stellt keine §§ 105, 161 HGB vorgehende spezialgesetzliche Regelung der Anforderungen an den Umfang der gewerblichen Tätigkeit bei Gründung einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft dar.

1.         Die berufsrechtlichen Regelungen knüpfen ausdrücklich an die handelsrechtlichen Normen an und setzten damit voraus, dass die gewerbliche Tätigkeit den Schwerpunkt der gesellschaftlichen Tätigkeit bildet. So heißt es in § 49 Abs. 2 StBerG, dass Personen- und Handelsgesellschaften als Steuerberatungsgesellschaften anerkannt werden können, wenn sie wegen der Treuhandtätigkeit als Handelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden sind (vgl.: Potsch, Haftungsrisiken von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, NZG 2012, 329; Tersteegen, Fehlende Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler-GmbH & Co. KG ins Handelsregister am Beispiel der Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfungs-GmbH & Co. KG, NZG 2010, 651).

2.         Bei der Einführung der gleichlautenden Vorschrift des § 39 WPO, die für die Regelung im Steuerberatungsgesetz Vorbild war (vgl.: BT-Drs. 7/2852, 35), wurde die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze darüber hinaus ausdrücklich anerkannt. In der Gesetzesbegründung zu § 39 WPO (vgl. BT-Drs. III 201, S. 50) heißt es insoweit, dass eine Personenhandelsgesellschaft auf Ausübung eines Handelsgewerbes gerichtet sein muss. Es wurde weiter ausgeführt, nur eine mit dem Wirtschaftsprüferberuf vereinbare Treuhandtätigkeit könne die Möglichkeit einer Eintragung im Handelsregister begründen, da die Ausübung des Wirtschaftsprüferberuf kein Gewerbe sei, die Eintragung sollte damit nicht ohne Rücksicht auf den konkreten Umfang der Treuhandtätigkeit erfolgen (vgl. auch: BGH, Senat für Anwaltssachen, Urteil vom 18.07.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 18/10, nach juris: NZG 2011, 1063; Potsch, a.a.O.; Tersteegen, Fehlende Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler GmbH & Co. KG ins Handelsregister am Beispiel der Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfer GmbH & Co. KG, NZG 2010, 651).

III.

Die berufsrechtliche Anerkennung einer Personenhandelsgesellschaft gibt, auch wenn nach der h.A. eine SteuerberatungsOHG oder -KG wohl allenfalls in Ausnahmefällen eingetragen werden kann, keinen Anlass zu einer Rechtsfortbildung. Die Grenzen der zulässigen Rechtsfortbildung würden überschritten.

1.         Der Gesetzgeber hat seinerzeit an die handelsrechtlichen Regelungen angeknüpft und diese daher als maßgeblich angesehen. Eine Billigung einer Steuerberatungspersonenhandelsgesellschaft, die nicht überwiegend gewerbliche Treuhandtätigkeiten ausübt, liegt auch nicht in der Einführung der Regelung, dass eine GmbH persönlich haftende Gesellschafterin einer Steuerberatungsgesellschaft sein kann, mit dem 8. Steuerberatungsänderungsgesetz vom 08.04.2008 (BGBl. I 2008, 666). Denn insoweit handelte es sich um die Ergänzung berufsrechtlicher Regelungen.

2.         Die Entscheidung über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Steuerberatern in Zukunft die Möglichkeit der Gründung einer GmbH & Co. KG eröffnet werden soll, obliegt daher dem Gesetzgeber. Eine Regelung wurde bereits durch die berufsständischen Kammern und das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland angeregt (vgl. Arens, Eintragungsfähigkeit von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs GmbH & Co. KG im Handelsregister, DStR 2011, 1825; vgl. auch Stellungnahme des Präsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. vom 05.06.2012 zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufungsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer).

C.

Eine Kostenentscheidung und die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens sind nicht veranlasst, vgl. §§ 131c, 79a KostO i.V.m. der Handelsregistergebührenverordnung.

D.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, § 70 Abs. 2 FamFG.

1.         Die Zulassung dient der Sicherung einer einheitlichen Eintragungspraxis der Registergerichte.

Während Steuerberatungspersonenhandelsgesellschaften zunächst ohne Prüfung des Umfangs der Treuhandtätigkeit eingetragen worden sind, lehnen nun jedenfalls das Amtsgericht München (vgl. Arens, Eintragungsfähigkeit von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs Gmb & Co. KG im Handelsregister, DStR 2011, 1825; Henssler, Keine Organisationsfreiheit für Rechtsanwälte - Das Verbot der Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG, NZG 2011, 1122) und vorliegend das Amtsgericht Chemnitz die Eintragung einer Steuerberatungsgesellschaft, die nicht schwerpunktmäßig mit Treuhandtätigkeiten befasst ist, ab.

2.         Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen eine auf Steuerberatung gerichtete Personenhandelsgesellschaft gegründet und im Handelsregister eingetragen werden kann, wird auch in der Literatur kontrovers diskutiert. Ihre Beantwortung ist nicht nur für die Fälle der Neuanmeldung sondern auch für die Behandlung der bereits eingetragenen Steuerberatungspersonenhandelsgesellschaften von erheblicher rechtlicher Bedeutung. Insoweit wurde bereits die Frage aufgeworfen, ob diese nun von Amts wegen zu löschen sind (vgl.: Tersteegen, Fehlende Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler GmbH & Co. KG ins Handelsregister am Beispiel der Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfer GmbH & Co. KG, NZG 2010, 651; Karsten Schmidt, Die Anwalts GmbH & Co. KG: Kraftprobe des Berufsrechts oder des § 105 Abs. 2 HGB, DB 2011, 2477 ) .

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