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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
16.04.2014
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Schleswig-Holsteinisches FG: Keine Berücksichtigung außerbilanzieller Kürzungen bei § 7 UmwStG

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 29.1.2014 - 2 K 219/12, Rev. eingelegt (Az. BFH IV R 16/14)


Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2014-1008-1 unter www.betriebs-berater.de

Amtlicher Leitsatz


Ein von der übertragenden GmbH vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag geltend gemachter Investitionsabzugsbetrag mindert zwar dessen Einkommen, aufgrund der außerbilanziellen Berücksichtigung aber nicht das steuerbilanzielle Vermögen der GmbH. Für die Ermittlung der Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG ist allein das steuerbilanzielle Vermögen maßgebend.


UmwStG § 7; EStG § 7g, § 15


Sachverhalt


Die Klägerin wendet sich gegen den Ansatz eines fiktiven Dividendenanteils nach § 7 UmwStG.


Die ... (GmbH) wurde durch Beschluss vom 20.8.2008 zum 1.1.2008 von einer GmbH in eine Personengesellschaft, die Klägerin, umgewandelt. Die Umwandlung erfolgte zu Buchwerten; sie wurde im Oktober 2008 in das Handelsregister eingetragen. Komplementärin ist die ... Verwaltungs GmbH und alleiniger Kommanditist ist A. In der Steuerbilanz der GmbH zum 31.12.2007 wurde ein Bilanzgewinn in Höhe von 140 603,52 Euro ausgewiesen. Die GmbH bildete 2007 außerbilanziell einen Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG in Höhe von 140 400,00 Euro. In der für das Kalenderjahr 2008 abgegebenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung wurden die nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechneten Investitionsabzugsbeträge mit 130 330,00 Euro angegeben. Die Hinzurechnung erfolgte außerbilanziell. Die Einkünfte gemäß § 15 EStG wurden mit Bescheid vom 26.3.2010 auf 231 484,00 Euro festgestellt; auf die Berechnung im Einzelnen wird Bezug genommen. Aufgrund einer Kontrollmitteilung des FA ... wurde diese Feststellung mit Bescheid vom 31.1.2012 geändert und der Bilanzgewinn der GmbH aus 2007 in Höhe von 140 603,52 Euro als Dividendenanteil im Sinne des § 7 UmwStG - mit Hinweis auf das Halbeinkünfteverfahren gemäß § 4 Abs. 7 UmwStG i. V. m. § 3 Nr. 40 EStG - berücksichtigt und die Einkünfte auf 372 087,52 Euro festgestellt.


Mit fristgerechtem Einspruch wurde vorgetragen, es sei allenfalls ein Bilanzgewinn in Höhe von 203,00 Euro zu versteuern. Der Betrag, der dem Bilanzgewinn aus der Steuerbilanz zum 31.12.2007 entspreche, sei außerhalb der Bilanz durch einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 140 400,00 Euro negiert worden. Der Abzugsbetrag könne nur noch außerhalb der Bilanz gebildet werden und müsse somit im Rahmen der Schlussbilanz laut UmwStG berücksichtigt werden. Insoweit sei also keine Rücklage oder Bilanzgewinn vorhanden gewesen. Die Versteuerung des fraglichen Betrages sei mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften nicht vereinbar. § 7 UmwStG möchte Rücklagen besteuern, die ansonsten aus der Personengesellschaft steuerfrei entnommen werden könnten. Das sei hier nicht der Fall. Der Investitionsabzugsbetrag werde in den kommenden Jahren steuerpflichtig aufgelöst, jeweils mit Anschaffung der entsprechenden Wirtschaftsgüter. Im Saldo würde es zu einer doppelten Versteuerung des Betrages kommen:


Steuerminderung in 2007 durch Investitionsabzugsbetrag nach


§ 7 g EStG                                                                                                          -140 000,00 Euro


Rücklagenbesteuerung gemäß § 7 UmwStG                                                             +140 000,00 Euro


Auflösung des Investitionsabzugsbetrages in den Folgejahren                             +140 000,00 Euro


Das FA habe zutreffend berechnet, dass das Nettoeinkommen nach Besteuerung eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft ca. 48 % des Gewinns der Kapitalgesellschaft betrage und von dem Gewinn einer Personengesellschaft ein Betrag von ca. 60 % als Nettoeinkommen dem Gesellschafter zur Verfügung stehe. Es sei daher mathematisch korrekt zu behaupten, dass nach diesen Annahmen der Gewinn der Personengesellschaft ca. 12 % niedriger besteuert werde als der Gewinn einer Kapitalgesellschaft.


Folge dieser vom FA aufgestellten Besteuerungshypothese müsste sein, dass durch den Investitionsabzugsbetrag (Verschiebung der Versteuerung in den Zeitraum der Personengesellschaft) insgesamt eine ca. 16 800,00 Euro niedrigere Steuerlast erfolgen solle (140 000,00 Euro x 12 %). Tatsächlich ergebe die Berechnung nach der Verschiebung durch den Investitionsabzugsbetrag eine 11 200,00 Euro höhere Steuerbelastung. Die Differenz zur Berechnung des FA betrage 28 000,00 Euro (11 200,00 Euro höhere Steuerlast + 16 800,00 Euro). Dieser Betrag entspreche exakt der Besteuerung der „freien Rücklagen". Deswegen könne es nur zu einer doppelten Besteuerung gekommen sein. Des Weiteren verkenne das FA, dass der betitelte Zugang Eigenkapital von 140 000,00 Euro im Jahr 2007 bei der GmbH lediglich der fiktiven Berechnung geschuldet sei. Eigenkapital sei in dieser Höhe steuerlich nicht vorhanden gewesen. Daher würde das FA 240 000,00 Euro real und zusätzlich 140 000,00 Euro fiktiv, also doppelt, besteuern.


Wenn die Bilanzierungsregeln des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG, gültig frühestens ab dem Jahr 2009) schon für die benannten Jahre 2007 und 2008 anzuwenden seien, so dass die umgekehrte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz entfallen wäre, könnte die GmbH eine Schlussbilanz aufstellen, in der der Investitionsabzugsbetrag offen im Jahresabschluss 2007 ausgewiesen werden könnte. Dadurch wäre ersichtlich, dass kein Kapital für eine fiktive Entnahme vorhanden wäre.


Des Weiteren schreibe Tz. 07.04 des Erlasses über die Anwendung des UmwStG vom 11.11.2011 vor, dass passive Korrekturposten ebenso wie Passivposten, die aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern seien, nicht zum Eigenkapital gehören würden. Die Sonderposten mit Rücklageanteil gemäß § 247 Abs. 3 HGB vor dem BilMoG seien beispielhaft ausdrücklich genannt worden. Diese Vorschrift treffe hier ebenfalls zu. Also sei auch nach den Vorgaben des Erlasses kein Gewinn zu besteuern.


Mit Einspruchsentscheidung vom 6.9.2012 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Werde eine Körperschaft in bzw. auf ein Personenunternehmen umgewandelt (§ 3 ff. UmwStG), so sei dem Anteilseigner nach § 7 S. 1 UmwStG der Teil des in der Schlussbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals abzüglich des Bestands des steuerlichen Eigenkapitals im Sinne des § 27 KStG, der sich nach Anwendung des § 29 Abs. 1 KStG ergebe, als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen, der seiner Beteiligung am Nennkapital entspreche. Hierdurch würden die bisher ausschließlich auf Ebene der Körperschaft besteuerten (Gewinn-)Rücklagen auf der Ebene des Anteilseigners mittels einer fiktiven (Voll-)Ausschüttung der anteilig auf ihn entfallenden Rücklagen nachversteuert („Dividendenteil" des Übernahmeergebnisses). § 7 S. 1 UmwStG fingiere bei seiner Anwendung eine Gewinnausschüttung, die zu Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führe. Diese fiktiven Bezüge würden den Anteilseignern mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages (§ 2 Abs. 1 UmwStG) als zugeflossen gelten. Mit der Fiktion von Bezügen in § 7 S. 1 UmwStG bezwecke der Gesetzgeber, dass die offenen (Gewinn-)Rücklagen der übertragenen Körperschaft bei ihren Anteilseignern nach dem System des Halbeinkünfteverfahrens besteuert würden und dass auf die offenen (Gewinn-)Rücklagen Kapitalertragsteuer einbehalten werde. Diese Fiktion von Bezügen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG habe bei den Anteilseignern der übertragenen Körperschaft jedoch nicht zwingend eine Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG zur Folge. Vielmehr sei im Einzelfall die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 3 EStG (Zurechnung zu anderen Einkunftsarten) zu beachten.


Die Steuerbilanz der GmbH habe zum 31.12.2007 einen Bilanzgewinn in Höhe von 140 603,00 Euro ausgewiesen. In dieser Höhe sei eine fiktive Gewinnausschüttung unterstellt worden. Eine Kürzung dieses fiktiven Dividendenanteils um den außerbilanziell gebildeten Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 140 400,00 Euro sei hierbei nicht vorzunehmen. Insbesondere führe diese Handhabung nicht zu einer Doppelbesteuerung des Investitionsabzugsbetrages. Der Verweis auf den Anwendungserlass zum UmwStG führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Tz. 07.04 des Erlasses sei aufgrund dessen expliziten Wortlauts nur auf bilanzielle Sonderposten anzuwenden. Der Investitionsabzugsbetrag sei kein bilanzieller Posten, also finde die Tz. 07.04 auch keine Anwendung. Der Investitionsabzugsbetrag habe nur mittelbar über die Steuerbelastung eine Auswirkung auf das Eigenkapital. Ein Investitionsabzugsbetrag im Sinne des § 7g EStG gewähre keine endgültige Steuerbefreiung sondern lediglich eine zeitliche Verschiebung des Investitionsaufwandes. Die Investition erfolge auf der Ebene der Gesellschaft. Eine Vermischung zwischen Gesellschaftsebene und Gesellschafterebene sei nicht zulässig. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Besteuerungstatbestände.


Die Steuerersparnis bei der Kapitalgesellschaft durch den Investitionsabzugsbetrag betrage ca. 30 %, wie folgende Beispielsrechnung zeige:




























































































































 
 

Gesellschaft

 

Gesellschafter/Summe

 

JÜ/ZVE Steuer


Zugang EK


BMG


Steuer

  

(KSt, DevSt)

 

(HEV)


(ESt)


2007 ohne Investitionsabzugsbetrag GmbH


140 000


56 000


84 000


42 000


16 800


2008 ohne Investitionsabzugsbetrag PersG


100 000


15 000

  

25 000

  

(anrechenbar

   
  

gemäß § 35

   
  

EStG)

   

Steuer gesamt

    

112 800

      

2007 mit Investitionsabzugsbetrag GmbH


0


0


140 000


70 000


28 000


2008 mit Investitionsabzugsbetrag PersG


240 000


36 000

  

60 000

  

(anrechenbar

   
  

gemäß § 35

   
  

EStG)

   

Steuer gesamt

    

124 000

      

(unterstellte Steuersätze): KSt 25 %; GewSt pauschal 15 %; ESt pauschal 40 %)



Aufgrund des Trennungsprinzips der Besteuerung könne auch nur die Belastung der Gesellschaft angerechnet werden, weil die Gesellschaft den Investitionsabzugsbetrag bei der Ermittlung des Einkommens abziehe. Nach der Umwandlung in eine Personengesellschaft trete die übernehmende Gesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenen Gesellschaft (§ 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG). Die übernehmende Personengesellschaft habe die Rechtsfolgen, die sich durch den Abzug des Investitionsabzugsbetrages in der Zeit der Kapitalgesellschaft ergeben, steuerlich umzusetzen. Dazu gehöre auch die entsprechende außerbilanzielle Zurechnung des Investitionsabzugsbetrages im Zeitpunkt der Investition (vgl. hierzu Haritz/Menner, UmwStG, § 4 Tz. 181; Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 4 Tz. 63). Aufgrund des Wechsels der Besteuerungssysteme (vom Trennungsprinzip zum Transparenzprinzip) erfolge die Besteuerung des Gewinns der Personengesellschaft nun nicht mehr auf der Ebene der Gesellschaft selbst, sondern auf der Ebene des Gesellschafters. Der Gesellschafter übernehme insoweit die „Besteuerung der Gesellschaft". Die Besteuerungssysteme würden sich durch unterschiedliche Steuersätze unterscheiden. Im Bereich der Personenhandelsgesellschaft erfolge die Besteuerung des Gewinns auf der Ebene des Gesellschafters unter Anrechnung der von der Gesellschaft getragenen Gewerbesteuer. Im Ergebnis ergebe sich eine Besteuerung des Gewinns der Gesellschaft in Höhe von ca. 40 % (nach Anrechnung der Gewerbesteuer). Diese Mehrbelastung, bzw. bei umgekehrter Umwandlung auch Minderbelastung, sei eine Folge der unterschiedlichen Besteuerungssysteme und deren unterschiedlicher Steuersätze. Eine Doppel- bzw. Nichtbesteuerung erfolge nicht.


Durch die Besteuerung des Investitionsabzugsbetrages auf der Ebene der Personengesellschaft werde die Steuerersparnis der Kapitalgesellschaft wieder ausgeglichen. Sei die Steuerbelastung nicht identisch, liege dies an den unterschiedlichen Besteuerungssätzen. Der Abzugsbetrag führe lediglich aufgrund unterschiedlicher Steuersätze zu einer höheren oder geringeren Steuer im Zeitpunkt des Abzugs und der Hinzurechnung.


1. Besteuerung auf der Ebene der Gesellschaften


Bildung des Investitionsabzugsbetrages bei der Kapitalgesellschaft = 30 % Ersparnis


Auflösung des Investitionsabzugsbetrages bei der Personengesellschaft = 40 % Belastung aufgrund anderer Steuersätze


Ohne Wechsel im System würden sich diese Vor- bzw. Nachteile ausgleichen. Werde aufgrund einer Umwandlung das Besteuerungssystem gewechselt, könne unterstellt werden, dass die Mehrbelastung bewusst in Kauf genommen worden sei.


2. Besteuerung auf der Ebene des Gesellschafters


Zufluss von Geldmitteln an den Gesellschafter würden mit dem persönlichen Steuersatz besteuert werden. Diese Geldmittel seien für den Gesellschafter auch jederzeit frei verfügbar. Die dem Gesellschafter als solchem zugeflossenen Geldmittel (Eigenkapital der Personengesellschaft) würden der Besteuerung als Ausschüttung unterliegen und seien mit der Besteuerung der Gesellschaft nicht zu vermengen. Würde diese Besteuerung, wie beantragt, aus der Besteuerung herausgenommen werden, würden dem Gesellschafter frei verfügbare Geldmittel in Form von Eigenkapital der Personengesellschaft zufließen, ohne dass diese von dem Gesellschafter besteuert worden wären. Die Besteuerung der offenen Rücklagen auf der Ebene des Gesellschafters erfolge daher zur Sicherstellung der Besteuerung. Der Wert der offenen Rücklagen werde nach der Umwandlung den Kapitalkonten des Gesellschafters gutgeschrieben und sei frei entnehmbar.


Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der ergänzend vorgetragen wird, dass im vorliegenden Fall des Investitionsabzugsbetrages keine freie Rücklage nach § 7 UmwStG vorliege. Der Investitionsabzugsbetrag sei zukünftig steuerbehaftet, weil die Auflösung des Betrages in der Klägerin nicht steuerfrei möglich sei. Der Umstand, dass der Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz gebildet werde, ändere an dieser Tatsache nichts. Aus diesem Grunde sei die Regelung des UmwStG auf Investitionsabzugsbeträge nicht anwendbar.


Die Besteuerung des laufenden Gewinnes sei in den strittigen Jahren unstreitig erfolgt. Dabei sei der Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2007 gewinnmindernd eingesetzt, gleichzeitig sei die Nachversteuerung des gesamten Betrages in den Jahren 2008 und 2009 erfolgt. Die Besteuerung sei jeweils zum vollen Tarif erfolgt. Unstreitig würden die Beteiligten davon ausgehen, dass die effektive Steuerbelastung für den Gesellschafter der KG niedriger sei als die effektive Steuerbelastung für den Gesellschafter der GmbH. Das FA beziffere die Größenordnung in seinem Schreiben vom 9.8.2012 mit 12,00 Euro respektive Prozent. Der beispielhaften Berechnung des FA könnte die Klägerin mathematisch, nicht jedoch rechtlich folgen. Das Ergebnis der beispielhaften Berechnung sei, dass die Gesamtsteuerbelastung mit Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages 124 000,00 Euro betrage. In diesem Betrag sei die fiktive Besteuerung (140 000,00 Euro x 20 % = 28 000,00 Euro) enthalten. Diese Steuerbelastung sei um 11 200,00 Euro höher als die Berechnung ohne den Investitionsabzugsbetrag. Die gleiche Berechnung ohne den Investitionsabzugsbetrag ende mit einer Gesamtbelastung von 112 800,00 Euro. Das bedeute, dass durch die Verschiebung des Gewinns in den Zeitraum der Personengesellschaft die Gesamtbelastung um 8 % gestiegen sei. Die Definitivbelastung auf Seiten der Personengesellschaft habe ca. 12 % niedriger sein sollen als auf Seiten der Kapitalgesellschaft. Da in dem Beispiel des FA die Gesamtbelastung um 8 % gestiegen sei, ergebe sich eine Differenz von 20 % (8 % zu -12 %). Diese Differenz wiederum entspreche exakt dem Wert, der sich aus der fiktiven Besteuerung der Rücklage der Kapitalgesellschaft ergebe. Dadurch sei mathematisch erwiesen, dass die fiktive Besteuerung zu einer doppelten Besteuerung führe.


Die Klägerin beantragt, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 vom 31.1.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.9.2012 zu ändern und den Mehrgewinn aus der fiktiven Dividendenbesteuerung des Investitionsabzugsbetrages in Höhe von 140 400,00 Euro zu mindern.


Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.


Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 6.9.2012 Bezug genommen. Die Besteuerung der offenen Rücklagen auf der Ebene des Gesellschafters erfolge zur Sicherstellung der Besteuerung. Der Wert der offenen Rücklagen sei nach der Umwandlung den Kapitalkonten des Gesellschafters gutgeschrieben worden und frei entnehmbar. Mit Bildung des Investitionsabzugsbetrages bekomme der Gesellschafter ein wesentlich höheres Kapitalkonto und damit auch ein höheres Betriebsvermögen. Bei einer späteren Veräußerung seiner Anteile würde dieses den Veräußerungsgewinn mindern. Die dem Gesellschafter als solchem zugeflossenen Geldmittel (Eigenkapital der Personengesellschaft) würden der Besteuerung als Ausschüttung unterliegen und seien nicht mit der Besteuerung der Gesellschaft zu vermengen. Würde diese Besteuerung, wie von der Klägerin beabsichtigt, aus der Besteuerung herausgenommen werden, würden dem Gesellschafter frei verfügbare Geldmittel in Form von Eigenkapital der Personengesellschaft zufließen, ohne dass diese von dem Gesellschafter besteuert worden wären.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 5 K 124/09 und der Steuerakten Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.


Aus den Gründen


Unbegründetheit der Klage


Die Klage ist unbegründet.


Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Das FA hat zu Recht die offene Gewinnrücklage in Höhe von 140 603,52 Euro als hälftig fiktiv zu versteuernde Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen berücksichtigt.


§ 7 UmwStG ersetzt fiktiv die Besteuerung der offenen Gewinnrücklagen auf der Gesellschafterebene


1. Gemäß § 7 S. 1 UmwStG ist dem Anteilseigner der Teil des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos im Sinne des § 27 KStG, der sich nach Anwendung des § 29 Abs. 1 KStG ergibt, in dem Verhältnis der Anteile zum Nennkapital der übertragenden Körperschaft als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des EStG bzw. bei im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen nach § 20 Abs. 3 EStG 2008 als gewerbliche Einkünfte im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung dem Gesellschafter zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob für den Anteilseigner ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust nach § 4 oder § 5 ermittelt wird (§ 7 S. 2 UmwStG). § 7 UmwStG ersetzt somit fiktiv die Besteuerung der offenen Gewinnrücklagen auf der Gesellschafterebene.


Die offene Gewinnrücklage nach § 7 S. 1 UmwStG ist als fiktive Einkünfte zu erfassen


2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die offene Gewinnrücklage in Höhe von 140 603,52 Euro nach § 7 S. 1 UmwStG als fiktive Einkünfte zu erfassen.


Das Nennkapital der übertragenden Kapitalgesellschaft und das Nennkapital der übernehmenden Kapitalgesellschaft gelten als in vollem Umfang herabgesetzt


a) Die Schlussbilanz der GmbH zum 31.12.2007 entspricht der Schlussbilanz laut UmwStG, da die Buchwerte fortgeführt wurden. Unstreitig wurden in der Bilanz der GmbH zum 31.12.2007 das gezeichnete Kapital mit 25 000,00 Euro und der Bilanzgewinn einschließlich Gewinnvortrag mit 140 603,52 Euro ausgewiesen. Gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 KStG gilt in Umwandlungsfällen im Sinne des § 1 des Umwandlungsgesetzes das Nennkapital der übertragenden Kapitalgesellschaft und bei Anwendung des Absatzes 2 Satz 3 und des Absatzes 3 Satz 3 zusätzlich das Nennkapital der übernehmenden Kapitalgesellschaft als in vollem Umfang nach § 28 Abs. 2 S. 1 KStG herabgesetzt. Danach bleibt das gezeichnete Kapital von 25 000.00 Euro außen vor.


Investitionsabzugsbetrag mindert zwar das Einkommen, aber nicht das steuerbilanzielle Vermögen der GmbH


b) Ein von der übertragenden GmbH vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag geltend gemachter Investitionsabzugsbetrag mindert zwar dessen Einkommen, aufgrund der außerbilanziellen Berücksichtigung aber nicht das steuerbilanzielle Vermögen der GmbH. Im Gegenteil hat die steuerentlastende Wirkung des Investitionsabzugsbetrages eine Vermögenserhöhung zur Folge. Für die Ermittlung der Bezüge im Sinne des § 7 UmwStG ist allein das steuerbilanzielle Vermögen maßgebend. Außerbilanzielle Korrekturen wirken sich somit nicht auf die fiktive Gewinnausschüttung nicht aus (Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 7 Rz. 15b; Frotscher, Praxiskommentar, Umwandlungserlass S. 259 zu Tz. 07.04).


Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. § 7 UmwStG stellt nach dem eindeutigen Wortlaut auf die Steuerbilanz der Gesellschaft ab (vgl. Blümich, UmwStG, 120. Aufl., § 7 Rz. 3).


Auch keine Herleitung der Kürzung um den Investitionsabzugsbetrag aus Tz. 07.04 des Erlasses über die Anwendung des UmwStG vom 11.11.2011


c) Auch aus Tz. 07.04 des Erlasses über die Anwendung des UmwStG vom 11.11.2011 kann eine Kürzung um den Investitionsabzugsbetrag nicht hergeleitet werden. Nach Tz. 07.04 des Erlasses gehören passive Korrekturposten ebenso wie Passivposten, die aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind, nicht zum Eigenkapital. Ebenso die Sonderposten mit Rücklageanteil gemäß § 247 Abs. 3 HGB. Da der Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz berücksichtigt wird (Blümich, EStG, 120. Aufl., § 7g Rn. 35), liegt kein derartiger Korrekturposten vor.


Durch das Unternehmensteuerreformgesetz (UntStRefG) 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. 2007, 1912) wurde die Ansparabschreibung mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 17.8.2007 enden (§ 52 Abs. 23 S. EStG 2008), zu einem Investitionsabzugsbetrag umgewandelt, der außerbilanziell vorgenommen wird (BMF-Schreiben vom BStBl. I 2009, 633 Rz. 689; BT-Drs 16/4841, 51; Blümich, EStG, 120. Aufl., § 7g Rn. 35). Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus § 7g Abs. 1 EStG 2008, wohl aber aus dem Gesamtzusammenhang. Das bilanzielle Eigenkapital wird bis zur tatsächlichen Vornahme der Investition nicht gemindert, so dass handelsrechtlich keine Ausschüttungssperre besteht (Kulosa in Schmidt, 32. Aufl. 2013, § 7g Rn. 4). Folglich liegt auch keine Vergleichbarkeit mit einem Sonderposten mit Rücklagenanteil vor.


Keine doppelte Versteuerung des Investitionsabzugsbetrags


3. Es liegt keine „doppelte Versteuerung" des Investitionsabzugsbetrages vor. Die Mehrsteuer ist allein auf die unterschiedliche Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften zurückzuführen.


aa) In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2008 wurden nach Durchführung von Investitionen die Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter um 130 330,00 Euro gemindert, in dieser Höhe ein außerordentlicher Aufwand gemäß § 7g Abs. 2 S. 2 EStG abgezogen und der Gewinn und folglich das Eigenkapital entsprechend gemindert. Dieser Betrag wurde dann außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet, so dass dieser Vorgang bei der Einkunftsermittlung der Klägerin für 2008 „neutral" war und es auf Gesellschaftsebene in 2007 durch den Investitionsabzugsbetrag bei einer „Vorverlagerung von Abschreibungspotential" geblieben ist.


bb) Demgegenüber soll § 7 UmwStG auf Gesellschafterebene die Besteuerung sicherstellen.


Durch die Umwandlung entfällt eine Besteuerungsebene, denn vor der Umwandlung führte der Gewinntransfer der GmbH zu steuerpflichtigen Dividenden des empfangenen Gesellschafters. Nach der Umwandlung stellt der vergleichbare Vorgang nur noch eine steuerlich irrelevante Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) dar. Deshalb führt § 7 UmwStG gedanklich zu einer fiktiven Vollausschüttung der thesaurierten Gewinne. Durch diese Regelung werden die Anteilseigner der GmbH so gestellt, als würde die GmbH unter Vollausschüttung der offenen Rücklagen liquidiert (Stöber in Lademann, UmwStG, 2012, § 7 Rn. 1 m. w. N. aus der Literatur), im Streitfall am 1.1.2008. Maßgeblich ist daher das in der steuerlichen Schlussbilanz der GmbH zum 31.12.2007 ausgewiesene Eigenkapital (Frotscher/Maaß, Praxiskommentar, UmwStG, § 4 Rn. 137; Stöber in Lademann, UmwStG, 2012, § 7 Rn. 13; Hruschka, Umwandlung Kapital- auf Personengesellschaft, Beihefter zu DStR 2 2012, 4, 8), so dass der außerhalb der Bilanz abgezogene Investitionsabzugsbetrag nicht berücksichtigt werden kann. Es kommt nicht darauf an, dass die Investitionen kurz nach dem 1.1.2008 im Wesentlichen bereits durchgeführt und der Investitionsabzugsbetrag in der Körperschaftsteuererklärung für 2007 - vor dem Entschluss der Umwandlung - geltend gemacht worden war.


Kostenentscheidung


Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


Zulassung der Revision


Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.





 

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