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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
13.02.2025
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Stuttgart: Keine Amtshaftung der BaFin für das Leerverkaufsverbot im Wirecard-Fall

OLG Stuttgart, Urteil vom 18.12.2024 – 4 U 94/24, NZB eingelegt (Az. BGH III ZR 7/25)

ECLI:DE:OLGSTUT:2024:1218.4U94.24.00

Volltext der Entscheidung: BB-ONLINE BBL2025-432-1

Sachverhalt

A.           Sachverhalt und Berufungsvortrag

1.           Sachverhalt und Vortrag in erster Instanz

Der Kläger verlangt Schadenersatz aus Amtshaftungsansprüchen im Zusammenhang mit einem Leerverkaufsverbot von W...-Aktien und einer Strafanzeige. Die Klage wird wesentlich darauf gestützt, dass die Voraussetzungen für ein Leerverkaufsverbot nicht vorlagen und die Strafanzeige grundlos erstattet worden sei.

Die 1999 gegründete W...-AG wurde im September 2018 in den DAX-30 aufgenommen, war 2008 und 2016 von sogenannten Short-Selling-Attacken betroffen. Nach Artikeln in der Financial Times ab dem 30.01.2019 kam es zu einem Einbruch der Aktienkurse. Die weiteren Details ergeben sich aus der nachfolgenden tabellarischen Übersicht zu den zeitlichen Abläufen (streitiger Vortrag wird dabei kursiv dargestellt):

Datum

Vorgang – Sachverhalt

1999

Gründung der W... AG

24.09.2018

W... steigt in den DAX auf

30.01.2019

Artikel ... in der Financial Times über Buchführungsmanipulationen bei einer W...-Tochter in Singapur (K 3)

 

Im Anschluss an die Veröffentlichung wurden Netto-Leerverkaufspositionen (NLP) aufgebaut (Kläger: Blatt 28 eA; Beklagte Blatt 69 AkteLG)

30.01.2019

Eröffnungskurs der W...-Aktie: 167,00 € (Blatt 28 eA)

31.01.2019

Artikel in der FAZ (K 4), wonach die Beklagte untersuche, ob es sich beim Absturz der Aktie um eine Marktmanipulation gehandelt haben könnte.

15.02.2019

Schlusskurs der W...-Aktie: 99,90 € (Blatt 28 eA) Þ Reduzierung der Marktkapitalisierung um 40%.

15.02.2019

Abstimmung der Beklagten mit der Deutschen Bundesbank wegen des beabsichtigten Leerverkaufsverbots (die Abläufe der Abstimmung ergeben sich aus dem Protokoll der Vernehmung Prof. Dr. B..., Anlage K 9, Seite 86 – 88, worauf die Parteien übereinstimmend Bezug nehmen).

Aussage B...: Letztlich ist aber eine Beschlussfassung des Vorstands nicht erfolgt, da die BaFin auf eine Stellungnahme der Bundesbank verzichtete. … Ich habe erklärt, dass eine Stellungnahme der Bank aus unserer Sicht nicht erforderlich sei, da es sich um Sachverhalte außerhalb unserer Zuständigkeit handele. Frau R... hatte dann vorgeschlagen, uns die finalen Unterlagen für unsere Akten zukommen zu lassen. Das wiederum hatte ich bestätigt, weil dann eben klar sei, dass wir nichts mehr zu veranlassen hätten.

15.02.2019

Prüfungsauftrag der Beklagten an die D... (D... e.V.) zur Prüfung des Konzernabschlusses zum 30.06.2018 (darüber wurden am 12.02.2019 die Staatsanwaltschaft München und am 14.02.2019 das Bundesministerium für Finanzen informiert)

17.02.2019

Offizielle Anzeige der Beklagten gegenüber der ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), dass ein Leerverkaufsverbot erlassen werden soll.

18.02.2019

Stellungnahme der ESMA (K 10)

18.02.2019

Allgemeinverfügung der Beklagten mit einem bis zum 18.04.2019 befristeten Leerverkaufsverbot (zum Inhalt wird auf die Anlage K 13  Bezug genommen)

Klägervortrag: Beklagte konnte feststellen, dass Aufbau der NLP übliche und legitime Reaktion des Marktes war. Die Handelsüberwachungsstelle hatte keine Anzeichen für Short-Selling-Attacken (Blatt 28 eA). Die Anzeige an ESMA hat bewusst falsch Befürchtungen für Finanzstabilität mitgeteilt, obwohl es dafür keine Indikatoren gab (Blatt 29 f. eA)

29.03.2019

Artikel ... in der Financial Times (K 14), wonach Drittpartner, die im Namen von W... Geschäfte machen sollten, die in Summe die Hälfte des Gesamtumsatzes ausmachen sollten, entweder gar nicht existierten oder diese von dem Drittpartner noch nie gehört hatten.

10.04.2019

Strafanzeige der Beklagten gegen ... und ... (K 15) wegen des Verdachts der Marktmanipulation durch eine Short-Attacke.

24.04.2019

Vorlage der testierten Bilanz der W... AG für 2018 (uneingeschränkter Bestätigungsvermerk der E... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft)

15.10.2019

Artikel ... in der Financial Times

31.10.2019

Auftrag der W... AG an K... zu forensischer Sonderprüfung

27.04.2020

28.04.2020

Veröffentlichung des Berichts der K... über die forensische Sonderprüfung (Bericht im Internet: 27.04.2020 - https://...).

Der Bericht führt auf Seite 12 zu den Drittpartnergeschäften aus:

Hinsichtlich der Höhe und Existenz der Umsatzerlöse aus den TPA-Geschäftsbeziehungen zwischen der C.M.E..., der W... UK & Ireland sowie der W... Technologies und den jeweils relevanten TPA-Partnern kann K... als Ergebnis der durchgeführten forensisch geprägten Untersuchungshandlungen in Bezug auf den Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018 weder eine Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse existieren und der Höhe nach korrekt sind noch die Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse nicht existent und in der Höhe nicht korrekt sind. Insoweit liegt ein Untersuchungshemmnis vor

18.06.2020

Eröffnungskurs der Aktie: 105,10 € ; Schlusskurs: 38,54 €

22.06.2020

Bekanntgabe des Vorstands der W..., dass als Zahlungsmittel bilanzierte Bankguthaben in Höhe von 1,9 Milliarden Euro mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht existieren und möglicherweise das Drittparteiengeschäft in der bisher beschriebenen Weise unzutreffend ist.

25.06.2020

Insolvenzantrag der W... AG

26.06.2020

Schlusskurs der Aktie: 1,42 €

                

Die Klage wird darauf gestützt, dass die Beklagte ein Leerverkaufsverbot erlassen hat, obwohl ihr bewusst gewesen sei, dass die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen (z.B. Blatt 104, 107 AkteLG). Insoweit wird geltend gemacht, dass Art. 24 der Delegationsverordnung eine abschließende Aufzählung der ungünstigen Ereignisse/Entwicklungen enthalte, die offensichtlich und eindeutig nicht vorgelegen hätten (Blatt 116, 117 AkteLG). Der W... AG beziehungsweise deren Aktie sei keine Relevanz für das Finanzsystem zugekommen, weshalb eine Maßnahme zum Schutz der Finanzstabilität nicht geboten gewesen sei (Blatt 117 AkteLG). Zudem habe die Beklagte amtspflichtwidrig auf Grundlage willkürlich angenommener Verdachtsmomente öffentlichkeitswirksam Strafanzeige gegen die Autoren der Artikel in der Financial Times erstattet und hierdurch am Markt den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass die Vorwürfe in der Financial Times unberechtigt seien.

Der Kläger hat in der Zeit vom 28.04.2020 bis zum 18.06.2020 folgende Aktien erworben:

Datum

Art

Anzahl

Kurs

Gesamt

28.04.2020

Aktien

570

101,58 €

58.102,10 €

28.04.2020

Aktien

930

95,16 €

88.804,99 €

12.05.2020

Aktien

40

89,51 €

3.607,33 €

11.06.2020

Aktien

60

90,36 €

5.455,25 €

11.06.2020

Aktien

20

90,06 €

1.826,50 €

18.06.2020

Aktien

1000

54,16 €

54.350,28 €

Gesamt

 

2620

 

212.146,72 €

Verkauf 18.06.2020

 

 

 

37.750,65 €

 

 

 

 

174.396,07 €

 

Zwischen den Parteien besteht Streit, ob

-             das Leerverkaufsverbot in Kenntnis einer nicht vorliegenden Short-Selling-Attacke und in Kenntnis der dafür nicht vorliegenden Voraussetzungen erlassen wurde, insoweit zumindest leichtfertig gehandelt wurde,

-             das Verhalten wegen des bewussten Gesetzesverstoßes als Amtsmissbrauch anzusehen ist (wobei sich die Klagepartei auf eine Verallgemeinerung der Rechtsprechung zum Dieselskandal beruft, wonach bei einem objektiv eindeutigen und unzweifelhaft rechtswidrigen Verhalten auf ein entsprechendes Bewusstsein geschlossen werden kann – VII ZR 190/20),

-             die Strafanzeige grundlos erstattet wurde,

-             der Kläger infolgedessen einen Schaden erlitten hat.

2.           Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

a.           Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 32 ZPO, da der deliktische Gerichtsstand am Ort des Schadenseintritts – regelmäßig der Wohnsitz des Antragstellers – gegeben sei.

b.           Keine Amtspflichtverletzung

Eine Amtspflichtverletzung sei nicht festzustellen. Das Urteil nimmt insoweit auf die Entscheidung des Landgerichts Heilbronn vom 07.02.2024 (III 4 O 292/23) Bezug.

c.           Kein Drittschutz

Es fehle an der Verletzung drittschützender Amtspflichten. Nach § 4 Abs. 4 FinDAG nehme die Beklagte ihre Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahr, es seien nur kollektive Verbraucherinteressen zu berücksichtigen, keine Individualinteressen. Diese gesetzgeberische Wertentscheidung sei auch für die Frage eines Amtsmissbrauchs zu berücksichtigen, dieser auf § 826 BGB beziehungsweise betrügerische Verhaltensweisen zu beschränken.

Die Entscheidung der ESMA vom 18.02.2019 begründe keine evident fehlerhafte Rechtsauffassung der Beklagten, da nach dem Wortlaut von Art. 20 der VO 236/2012 die Stützung auf eine Bedrohung des Marktvertrauens gerechtfertigt, zumindest vertretbar gewesen sei, weshalb auch in der Sache nicht von einem Amtsmissbrauch auszugehen sei.

d.           Andere Anspruchsgrundlagen

Ein Anspruch aus § 826 BGB oder nach den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsrechts komme nicht in Betracht.

e.           Bezugnahme

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und zu den Feststellungen des Landgerichts wird auf das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2024 (7 O 215/23) Bezug genommen (Blatt 207 – 217; § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

3.           Berufungsvortrag des Klägers

Die Berufungsbegründung des Klägers rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, dass die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Berufung macht (weiter) geltend, durch das Leerverkaufsverbot und die Strafanzeige habe die Beklagte wider besseres Wissen, jedenfalls ohne faktische Grundlagen die Berichterstattung der Financial Times in Misskredit gebracht, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass keine Ermächtigungsgrundlage für ein Leerverkaufsverbot bestanden habe und kein Anfangsverdacht für eine Strafanzeige gegeben war (weshalb auch von einem Amtsmissbrauch auszugehen sei). Hier sei zugunsten der W... AG gehandelt und von der Beklagten als am Markt besonderes Vertrauen in Anspruch nehmende Aufsichtsbehörde der unzutreffende Eindruck erweckt worden, dass die Vorwürfe im Januar, Februar und Oktober 2019 unberechtigt waren.

a.           Fehlende Ermächtigungsgrundlage für ein Leerverkaufsverbot

Zwar seien die Ausführungen zur Ermächtigungsgrundlage für ein Leerverkaufsverbot weitgehend richtig, allerdings abweichend vom EuGH im Urteil vom 22.01.2024, C-270/12 Rn. 51 ff. Mit dem EuGH sei davon auszugehen, dass die Aufzählung der Kriterien in Art. 24 Abs. 1 lit. a) – e) Delegationsverordnung abschließend sei (also die Begriffe Marktvertrauen und Bedrohung für die Finanzstabilität nicht als gleichberechtigte alternative Begriffe angesehen werden könnten). Es entspreche allgemeiner Rechtsauffassung, dass die isolierte Bedrohung des Marktvertrauens ohne Auswirkungen auf die Finanzstabilität keine Maßnahmen nach Art. 20 der Leerverkaufsverordnung rechtfertige.

Nach den Vorgaben der Leerverkaufsverordnung bestehe ein funktionales Stufenverhältnis, wonach der Erlass von Notfallmaßnahmen bei einer Bedrohung des Marktvertrauens nur gerechtfertigt sei, wenn damit zugleich eine Beeinträchtigung der Finanzstabilität zu befürchten sei. Da die Auflistung in Art. 24 Abs. 1 der Delegationsverordnung nur Ereignisse oder Entwicklungen enthalte, die eine Bedrohung für die Finanzstabilität darstellten, setze die Annahme einer ernsthaften Bedrohung für das Marktverhalten zwingend voraus, dass auch die Finanzstabilität tangiert werde (etwa durch Ansteckungseffekte). Die isoliert auf das Marktvertrauen gestützte Allgemeinverfügung sei deshalb als evident rechtswidrig anzusehen. Das Landgericht habe deshalb fehlerhaft eine Amtspflichtverletzung verneint, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Maßnahme nicht unvertretbar erscheine, sondern darauf, ob sie (ex ante) vertretbar war.

Selbst wenn man die Begriffe Marktvertrauen und Bedrohung für die Finanzstabilität als gleichberechtigte alternative Begriffe ansehe, führe dies nicht zu einer Vertretbarkeit der Annahme einer ernsthaften Bedrohung für das Marktvertrauen. Nach den Vorgaben der VO 596/2014 (Erwägungsgründe 24, 44, 47, 55, 58, Art. 1, 13 Abs. 4, 5) werde das Marktvertrauen in erster Linie durch die Abwesenheit von Marktmissbrauch und Insiderhandel gebildet. Weiter erforderlich sei ein prognostisch kausaler Zusammenhang mit Leerverkäufen (Erwägungsgrund 4 der Leerverkaufsverordnung). Da der Markt nicht auf eine absolute Störungsfreiheit vertraue, müsse der Behördeneingriff auf eine Störung der formalen Rahmenbedingungen des Handelns am Kapitalmarkt gestützt werden. Dies bedeute im Ergebnis, dass eine Leerverkaufsbeschränkung nur bei Verhaltensweisen in Betracht komme, denen (1) ein illegitimes Element in Gestalt von entweder Insiderhandel oder Marktmanipulation innewohne und bei denen (2) wenigstens die Möglichkeit bestehe, dass sie durch das Leerverkaufsgeschehen an den Märkten verstärkt werden. Ohne das illegitime Element einer Short-Selling-Attacke habe deshalb keine Bedrohung des Marktvertrauens vorgelegen. Dies habe das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen, denn

-             zum Zeitpunkt des Verbots und der Strafanzeige hätten keine Prüfergebnisse vorgelegen,

-             die Berichterstattung habe keine Leerverkaufsattacke dargestellt,

-             die Leerverkaufsoptionen seien erst nach der Veröffentlichung in der Financial Times aufgebaut worden,

-             die Handelsüberwachungsstelle habe keine Anzeichen für ein Short-Selling gesehen,

-             es habe keine ernstzunehmenden Hinweise gegeben, dass die Berichte ab dem 30.01.2019 im Zusammenhang mit einer Short-Attacke standen.

Die Außerachtlassung dieser Kontraindikationen begründe gleichermaßen einen Amtspflichtverstoß.

Die Beklagte habe (zudem) ihre Prognose einer Bedrohungslage nicht in einer der jeweiligen Materie angemessen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet, das spezifisch erforderliche technische Fachwissen nicht eingesetzt. Die in der vorigen Aufzählung genannten Kontraindikationen seien nicht berücksichtigt worden, es fehle an der erforderlichen umfassenden Erforschung des Sachverhalts.

Angesichts der fehlenden Anhaltspunkte für eine Short-Attacke und der Außerachtlassung der Kontraindikationen sei auch die – öffentlichkeitswirksame – Erstattung der Strafanzeige amtspflichtwidrig erfolgt.

b.           Drittgerichtetheit

Die Beklagte könne sich nicht auf § 4 Abs. 4 FinDAG berufen, weil sie bewusst außerhalb der ihr eingeräumten Befugnisse und Kompetenzen gehandelt habe, also das schadensstiftende Verhalten nicht in der Wahrnehmung von Befugnissen bestanden habe, demzufolge auch nicht im öffentlichen Interesse erfolgt sei. Davon gehe auch das Bundesverwaltungsgericht aus (Urteil vom 23.11.2011, 8 C 20.10, Rn. 29). Das Landgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt.

Zudem sei im Hinblick auf die europarechtlichen Vorgaben § 4 Abs. 4 FinDAG nicht anwendbar, denn Art. 41 Abs. 1 Leerverkaufsverordnung und deren Erwägungsgrund 2 statuierten einen Anleger- und Verbraucherschutz, weshalb das Leerverkaufsverbot auch dem Einzelnen Rechte verleihe. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung sei deshalb auch von einem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auszugehen. Gegebenenfalls müsse hier eine Vorlage an den EuGH erfolgen.

§ 4 Abs. 4 FinDAG werde auch unter dem Gesichtspunkt des Amtsmissbrauchs überwunden, da die bewusste (zumindest in hohem Maße leichtfertige) Kompetenzüberschreitung durch das Leerverkaufsverbot als Amtsmissbrauch und sittenwidriges Verhalten anzusehen sei. Bei Erlass des Leerverkaufsverbots habe die Beklagte nicht den an sie gerichteten Maßstäben genügt,

-             die Bedrohungslage sei nicht in er der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden,

-             es habe keine ernstzunehmenden Hinweise auf eine Short-Selling-Attacke gegeben,

-             entgegenstehende Informationen seien nicht erhoben oder ignoriert worden, etwa diejenigen der Handelsüberwachungsstelle sowie finanzwissenschaftliche Analysen und die Falschdarstellung gegenüber der ESMA.

Insofern spiele es sehr wohl eine Rolle, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten die Kriterien in Art. 24 Abs. 1 Delegationsverordnung vor Erlass des Verbots noch als abschließend gesehen habe, erst bei Erlass die bis dato von niemandem eingenommene Auffassung vertreten habe, dass die Tatbestandsmerkmale des Art. 20 Abs. 1 der Leerverkaufsverordnung selbständig nebeneinander stehen.

Eine weitere Amtspflichtverletzung ergebe sich insoweit schon aus der abweichenden Begründung in der Unterrichtung der ESMA.

c.           Weiterer Vortrag nach Vorlage der Hinweisbeschlüsse

Nach Vorlage der Hinweisbeschlüsse der Oberlandesgerichte Celle (3 U 82/24), Koblenz (1 U 544/24) und München (1 U 1121/24 e) hat die Klagepartei (nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist) ihre Stellungnahmen zu diesen Hinweisen vorgelegt, verbunden mit der Bitte um Berücksichtigung auch im vorliegenden Verfahren. In der Sache wird (zusammengefasst) geltend gemacht:

aa.         Feststellungen Bundesgerichtshof  nicht übertragbar

Die Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 10.01.2024 seien inhaltlich nicht übertragbar, da die Klage auf eine Amtspflichtverletzung durch das Leerverkaufsverbot gestützt werde, also ein anderer Sachverhalt geltend gemacht werde.

bb.         Annahme Beeinträchtigung Marktvertrauen ex-ante nicht vertretbar

Die Maßnahmen der Beklagten seien schon ex-ante schlechterdings nicht vertretbar gewesen, weil

-             die Mitteilung der Staatsanwaltschaft München keine ernstzunehmende Bedrohung des Marktvertrauens begründet habe, diese Information nicht wesentlicher Teil der Entscheidung der Beklagten gewesen sei,

-             die Berichterstattung der Financial Times gerade nicht im Zusammenhang mit Short-Selling-Attacken gestanden habe, es keine ernstzunehmenden Hinweise auf eine Short-Selling-Attacke gegeben habe, wobei der Klagepartei bezüglich der Hinweise auf eine solche Attacke die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast zugutekommen müssten,

-             die Androhung einer negativen Berichterstattung keine Rückschlüsse auf eine Short-Selling-Attacke zugelassen habe,

-             die Annahme einer Verpflichtung zur Strafanzeige widersinnig sei, weil es keine Verdachtsmomente gegeben habe,

-             die rechtswidrige Abstimmung mit der ESMA ein Unrechtsbewusstsein der Beklagten indiziere, dies ergebe sich aus dem Zusammenspiel der Beteiligung der Bundesbank und der Abstimmung mit der ESMA

cc.          § 4 Abs. 4 FinDAG

Die Sperre von § 4 Abs. 4 FinDAG werde durch den Amtsmissbrauch durchbrochen, insoweit seien auch die Grundsätze der Rechtsprechung zur Expertenhaftung zu übertragen. Das Handeln „ultra vires“ stelle keine Wahrnehmung von Befugnissen nach § 4 Abs. 4 FinDAG dar. Zudem seien die Eingriffsbefugnisse nach Art. 18 – 23 der Leerverkaufsverordnung drittschützend, § 4 Abs. 4 FinDAG dürfe wegen dieser Vorgaben nicht angewandt werden.

dd.         Kausalität

Angesichts des von der Beklagten gezeichneten Szenarios (neue Leerverkaufspositionen, Verkaufsdruck, Abwärtsspirale des Kurses) bestehe eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für weitere Kursverluste, Investoren – auch die Klagepartei – hätten dann keine Aktien mehr erworben.

4.           Anträge

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.02.2024 (7 O 215/23) wird abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 174.396,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

 

5.           Berufungserwiderung der Beklagten

Die Berufungserwiderung verteidigt das landgerichtliche Urteil.

a.           Sachverhalt

Der Sachverhalt sei in der Klageerwiderung zutreffend dargestellt, die Behauptungen der Berufung seien falsch,

-             die Behauptung des Aufbaus von NLP als rationale Reaktion des Marktes sei aus damaliger ex-ante-Sicht unzutreffend, das Marktvertrauen sei bedroht gewesen, da eine angemessene Preisbildung für die Aktie und weitere Instrumente nicht mehr gewährleistet erschien (Blatt 62 eA),

-             der Aufbau der NLP nach Erscheinen des Berichts sei in der Allgemeinverfügung zutreffend erwähnt, habe die damaligen Annahmen gestützt, in der Sache habe eine aus damaliger Sicht bevorstehende (weitere) Short-Attacke verhindert werden sollen (Blatt 62 eA),

-             entgegen dem Klägervortrag habe die Handelsüberwachungsstelle die Entwicklungen für auffällig gehalten (Blatt 63 eA),

-             die Beklagte habe ernstzunehmende Hinweise für einen Zusammenhang von Berichterstattung und Short-Attacke gehabt (Blatt 63 eA).

-             der ESMA sei keine Beeinträchtigung der Finanzstabilität mitgeteilt worden (Blatt 63),

-             die ESMA habe ebenfalls eine Bedrohung des Marktvertrauens angenommen, unter anderem mit der Erwägung einer Verhinderung der Ausbreitung auf andere Emittenten (Blatt 63 eA),

-             auch die ESMA verstehe Art. 20 der Leerverkaufsverordnung wie die Beklagte – Bedrohung des Marktvertrauens und Bedrohung der Finanzstabilität als gleichrangige Begriffe (Blatt 63 f. eA),

-             die Behauptung einer bewusst falschen Unterrichtung der ESMA entbehre jeder Grundlage (Blatt 64 eA),

-             die Behauptung einer öffentlichkeitswirksamen Strafanzeige gegen zwei Journalisten sei irreführend, die Strafanzeige habe sich auch und in erster Linie gegen Marktteilnehmer gerichtet (Blatt 64 eA),

-             die Ausführungen zur Kursentwicklung und dem Einfluss der Maßnahmen seien falsch, die Aktie habe auch in dieser Zeit erheblichen Kursschwankungen unterlegen (Blatt 64 eA),

-             der Vortrag zu Aussagen des Risikovorstands der C...bank sei selektiv, denn der Zeuge habe ausdrücklich bekundet, dass die Allgemeinverfügung auf die Kreditentscheidung keinen Einfluss gehabt habe (Blatt 64 eA),

-             die weitere Entwicklung – Geldwäscheverdacht, Zurückfahren des Kreditengagements - seien bei der Allgemeinverfügung und der Strafanzeige der Beklagten nicht bekannt gewesen (Blatt 65 eA).

b.           Gerichtsstand

Ein Gerichtsstand der Beklagten sei allein in Frankfurt gegeben (die Erwiderung nimmt auf Verweisungsentscheidungen Bezug – Anlage BE 1 – BE 3).

c.           keine Amtspflichtverletzung – Ermächtigungsgrundlage

Die Allgemeinverfügung sei rechtmäßig und amtspflichtgemäß auf Art. 20 der Leerverkaufsverordnung gestützt worden.

aa.         Tatbestand des Art. 20 Abs. 1 Leerverkaufsverordnung

Es ergebe sich schon aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 Leerverkaufsverordnung, dass eine Maßnahme auf eine Bedrohung für die Finanzstabilität oder eine Bedrohung für das Marktvertrauen gestützt werden könne, beide Tatbestandsalternativen seien gleichrangig und stünden nicht in einem funktionalen Stufenverhältnis. Dies ergebe sich weiter daraus, dass

-             die Delegationsverordnung rangniedriger sei, also die Leerverkaufsverordnung nicht einschränken könne,

-             Art. 24 lediglich Kriterien aufführe, die zu berücksichtigen seien, also keine abschließende Umschreibung des Tatbestands enthalte,

-             dies dem einhelligen Verständnis der Rechtswissenschaft entspreche,

-             der EuGH und die Beklagte entgegen der Berufung keine andere Rechtsauffassung vertreten würden.

 

bb.         Vorliegen einer Bedrohung des Marktvertrauens

Nach dem damaligen Kenntnisstand seien ungünstige Ereignisse eingetreten, die eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen darstellten (inhaltlich wird insoweit auf die vorigen Richtigstellungen zum Sachverhalt abgestellt).

cc.          Strafanzeige

Die Strafanzeige sei rechtmäßig und amtspflichtgemäß erstattet worden (§ 11 WpHG). Es obliege nicht der Beklagten, das Vorliegen eines Anfangsverdachts zu überprüfen. Die Pflicht zur umfassenden Sachverhaltserforschung sei erfüllt worden. Da die Klagepartei nicht von der Anzeige betroffen war, könne sie sich nicht auf Ermittlungsversäumnisse berufen.

d.           Drittgerichtetheit

Da die Beklagte ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnehme, seien Amtshaftungsansprüche nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeschlossen. Dies gelte auch für ein (nicht vorliegendes) Handeln bewusst außerhalb der Befugnisse der Beklagten. Aus der klägerseits zitierten Entscheidung des Bundesveraltungsgerichts ergebe sich nichts anderes.

§ 4 Abs. 4 FinDAG sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs unionsrechtskonform, aus Art. 41 Leerverkaufsverordnung ergebe sich nichts anderes, weshalb auch kein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch bestehe.

e.           Kausalität

Die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei habe schon nicht schlüssig vorgetragen, dass der Schaden bei einem amtspflichtgemäßen Verhalten ausgeblieben wäre. Die Umstände und das Investitionsverhalten der Klagepartei sprächen deutlich dagegen.

f.            Beweisangebote

Das Landgericht habe den Beweisangeboten der Klagepartei nicht nachgehen müssen, weil sich die zugrundeliegenden Behauptungen anhand der Anlagen als Falschzitate entpuppt hätten.

g.           Weiteres Verteidigungsvorbringen

Die Klage scheitere weiter am fehlenden Verschulden, dem Eigenverschulden der Klagepartei und der Möglichkeit anderweitigen Ersatzes (die Berufungserwiderung nimmt insoweit auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug).

6.           Bemerkungen zum Verfahren

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen. Hinsichtlich des Vortrags in der mündlichen Verhandlung und bezüglich der Angaben der Parteien wird außerdem auf das Protokoll der Sitzung vom 11.12.2024 verwiesen.

Aus den Gründen

B.         Zulässigkeit der Berufung

Die Berufung ist zulässig, sie wurde insbesondere innerhalb der vorgegebenen beziehungsweise verlängerten Fristen ordnungsgemäß eingelegt und begründet.

C.         Zuständigkeit des Landgerichts (§ 513 Abs. 2 ZPO)

Die von der Beklagten auch in der Berufungsinstanz wiederholte Rüge, das Landgericht Stuttgart sei örtlich nicht zuständig gewesen, bleibt ohne Erfolg.

Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Es entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, dass einfache Fehler bei der Frage der Zuständigkeit am Bestand einer gerichtlichen Entscheidung nichts ändern sollen. Danach kann die vom Landgericht bejahte Zuständigkeit im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt werden (MüKo/Rimmelspacher, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 513 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 18.09.2024, XII ZR116/23 Rn. 15; BGH, Urteil vom 25.02.2022, V ZR 143/21 Rn. 8: „… die Bejahung der Zuständigkeit durch das erstinstanzliche Gericht der Nachprüfung entzieht“; BGH BeckRS 2015, 17498 Rn. 16; BGH NJW-RR 2007, 1437 Rn. 2 zu § 545 Abs. 2 ZPO). Der Vortrag der Beklagten zu dieser Thematik ist damit ohne Relevanz.

D.         Beiziehung von Akten

Soweit die Klagepartei schon in erster Instanz darauf abgestellt hat, dass Akten der Beklagten beizuziehen seien (§ 273 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO), bleibt dieser Vortrag ohne Relevanz, weil insoweit konkrete Anknüpfungen fehlen, welche Akten zu welchen Beweisthemen beigezogen werden sollen.

Zwar ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 273 ZPO („hat erforderliche Maßnahmen … zu veranlassen“, § 273 Abs. 1 ZPO; „kann … Mitteilung von Urkunden … ersuchen“, § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), dass eine Verpflichtung des Gerichts zur Beiziehung besteht (Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 273 Rn. 1), weshalb entsprechende Maßnahmen auch von Amts wegen erfolgen können, wenngleich dies nicht zu einer Amtsermittlung führen darf (Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 273 Rn. 3) oder die Verhandlungsmaxime ausgehebelt werden darf (Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 273 Rn. 3, 9). Die Zulässigkeit der vorbereitenden Anordnungen ändert nichts an der Verhandlungsmaxime, gestattet es dem Gericht also nicht, von sich aus Tatsachen zum Prozessstoff zu machen oder auch über unstreitige Tatsachen Beweis zu erheben (Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 273 Rn. 9).

Insoweit besteht keine Verpflichtung zur Beiziehung, wenn der Antrag auf Beiziehung der Akten nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt, weil die Partei nicht näher bezeichnet hat, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält (BGH NJW 2004, 1324 [1325]; BGH NJW 1994, 3295 [3296]). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird insoweit weiter ausgeführt, dass die Beiziehung nicht zu einer unzulässigen Beweisermittlung führen darf (BGH NJW 2004, 1324 [1325]). Gibt der Richter einem Antrag auf Beiziehung von Akten statt, obwohl dieser den genannten Anforderungen nicht genügt, wird damit nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Rechtsstreits; denn das wäre mit dem im Zivilprozess geltenden Beibringungsgrundsatz nicht vereinbar. Infolgedessen ist der Tatrichter nicht verpflichtet, von sich aus die Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind; andernfalls betriebe er unzulässige Beweisermittlung. Aktenteile, auf die sich keine Partei erkennbar beruft, gehören folglich selbst dann nicht zum Prozessstoff, wenn es in der Terminsniederschrift oder im Urteil heißt, eine Akte sei zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Solche Vermerke sind vielmehr grundsätzlich in dem Sinne zu verstehen, dass sie sich nur auf die Teile der Akte beziehen, die einen von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt betreffen (BGH NJW 1994, 3295 [3296]).

Der Antrag auf Beiziehung einer ganzen Akte ist kein Beweisantrag, sondern lediglich ein Beweisermittlungsantrag, die einzelne Urkunde oder die zu beweisenden Urkundenstellen sind – etwa durch Blatt- oder Seitenzahl – genau zu bezeichnen (BGH NJW 2004, 1324 [1325]; BGH NJW 1994, 3295; BGH NJW 1986, 428 [429]; BGH NJW 1985, 1160; BGH DRiZ 1963, 60 [61]; BGH NJW 1956, 1878; vergleiche auch BGH, Urteil vom 16.03.2023, III ZR 104/21 Rn. 15: „unter Angabe der erheblichen Aktenteile“). Grundsätzlich genügt ein Antrag auf Beiziehung von Akten nach § 432 ZPO nicht den gesetzlichen Erfordernissen, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält. Der Hinweis auf den in Akten befindlichen Schriftverkehr oder dort befindliche Urkunden ist kein ausreichender Beweisantrag. Die Urkunden, aus denen sich die Richtigkeit der aufgestellten Behauptungen ergeben soll, muss genau bezeichnet werden. Gibt der Richter einem Antrag auf Beiziehung von Akten statt, obwohl dieser den Anforderungen nicht genügt, wird damit nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Rechtsstreits; denn das wäre mit dem im Zivilprozess geltenden Beibringungsgrundsatz nicht vereinbar. Infolgedessen ist der Tatrichter nicht verpflichtet, von sich aus Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind; andernfalls betriebe er eine unzulässige Beweisermittlung. Aktenteile, auf die sich keine Partei erkennbar beruft, gehören folglich selbst dann nicht zum Prozessstoff, wenn es in der Terminsniederschrift oder im Urteil heißt, eine Akte sei zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Solche Vermerke sind vielmehr grundsätzlich in dem Sinne zu verstehen, dass sie sich nur auf Teile der Akte beziehen, die einen von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt betreffen. Der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, dass durch die Stellung der Anträge und anschließendes Verhandeln der gesamte, bis zum Termin angefallene Akteninhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, betrifft die Hauptakten, nicht dagegen Akten anderer Behörden, die nach §§ 273 Abs. 2 Nr. 432 ZPO beigezogen worden sind (BGH NJW 1994, 3295 [3296]; BGH NJW 1985, 1159 [1160]; BGHZ 60, 275 [291] = NJW 1973, 1278; BGH DRiZ 1963, 61 = NJW 1963, 37; BGH NJW 1956, 1878).

Danach mussten mangels einer konkreten Inbezugnahme keine Akten beigezogen werden.

E.         Begründetheit der Berufung

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Erlass des Leerverkaufsverbots war nach den hierfür zu Grunde zu legenden Maßstäben nicht unvertretbar, denn die Beklagte ist nach der maßgeblichen Sicht ex-ante zu Recht von ungünstigen Ereignissen und Entwicklungen ausgegangen, die als ernstzunehmende Bedrohung des Marktvertrauens anzusehen waren (E.III.). Die Beklagte durfte insoweit auch lediglich auf eine bloße Bedrohung des Marktvertrauens abstellen (musste also keine Bedrohung der Finanzstabilität feststellen) (E.II.). Nachdem der Kläger den Vortrag der Beklagten zu den maßgeblichen Indiztatsachen für eine Bedrohung des Marktvertrauens nicht bestritten hat, diese vielmehr auch selbst so vorgetragen hat (wenn auch teilweise verkürzend), liegt insoweit unstreitiger Sachvortrag vor (§ 138 ZPO) (E.III.1. und E.III.2.). Der Kläger hat bezüglich dieser Indiztatsachen und der Subsumtion der Beklagten unter einer Bedrohung des Marktvertrauens schon keinen ausreichenden Vortrag gehalten, warum diese Schlussfolgerungen unvertretbar und die Entscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft gewesen sein soll (E.III.2.). Deshalb fehlt es an einem bewusst rechtswidrigen Handeln der Beklagten (E.III.2.), weshalb auch nicht von einem Amtsmissbrauch ausgegangen werden kann (E.VI.). Die Strafanzeige war ebenfalls nicht pflichtwidrig (E.V.4.). Ein Anspruch scheitert auch an der fehlenden Drittgerichtetheit der maßgeblichen Regelungen (E.VIII.) beziehungsweise an der fehlenden Kausalität (E.IX.) und einem fehlenden Verschulden (E.X.). Ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch oder andere Ansprüche sind nicht gegeben (E.XI.). Auch der weitere – nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist – gehaltene Vortrag, dass die Annahme einer Beeinträchtigung des Marktvertrauens ex-ante nicht vertretbar war, führt nicht zu einem anderen Ergebnis (E.IV.).

I.          Anforderungen für das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung

1.         Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten

Aus der verfassungsmäßig abgesicherten Bindung der öffentlichen Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG), die auch in den Beamtengesetzen und weiteren Normierungen spezifiziert sind – z.B. §§ 60 ff BBG und §§ 33 ff. BeamtStG – folgt die Amtspflicht zu rechtmäßigem Handeln, also die Pflicht, die Aufgaben und Befugnisse im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen und auszuüben (BGH vom 19.01.2023 – III ZR 234/21 – Rn. 18, VersR 2023, 451; BGH Vom 05.04.2018 – III ZR 211/17 – Rn. 6; BGH vom 14.12.1978 – III ZR 37/77 – VersR 1979, 258: „… die Amtspflicht, sich bei ihrer amtlichen Tätigkeit innerhalb der Grenzen von Recht und Gesetz zu halten“; BGH vom 22.11.1979 – III ZR 186/77 – BGHZ 76, 16 [30]; BGH vom 12.12.1974 – III ZR 76/70 – BGHZ 63, 319 [322, 325]. Eine Überschreitung dieser Grenzen ist beispielsweise auch dann anzunehmen, wenn es für eine Entscheidung an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt (BGH vom 12.12.1974 – III ZR 76/70 – BGHZ 63, 319 [322 – 325]). Die Amtspflicht zu rechtmäßigem Handeln ist damit als Oberbegriff einzuordnen, die höchstrichterliche Rechtsprechung hat jedoch einen ausführlicheren und ausdifferenzierten Kriterienkatalog zu einzelnen Amtspflichten entwickelt.

2.         Amtsmissbrauch

Die Pflicht, sich eines Amtsmissbrauchs zu enthalten, obliegt allen Beamten gegenüber jedem, der durch diesen Missbrauch geschädigt werden könnte (BGH vom 12.04.2016 – VI ZR 158/14 – juris Rn. 13; BGH vom 22.05.1984 – III ZR 18/83 – juris Rn. 37 – BGHZ 91, 243 [252]; BGH vom 11.01.1973 – III ZR 32/71 – juris Rn. 13). Nicht jede schuldhafte unrichtige Amtsausübung stellt jedoch einen Amtsmissbrauch dar. Vielmehr muss es sich um eine mit den Forderungen von Treu und Glauben und guter Sitte in Widerspruch stehende Amtsausübung handeln, wie sie immer, aber nicht nur bei Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB zu bejahen ist (BGH vom 15.05.2003 – III ZR 42/02 – juris Rn. 13, VersR 2003, 1306; BGH, Urteil vom 22.05.1984 – III ZR 18/83 – juris Rn. 38; BGHZ 91, 243 [252]). Gemäß § 826 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt. Ein Amtsmissbrauch ist auch anzunehmen, wenn der Beamte bei seiner Amtsausübung in gröblicher Weise gegen die Gebote der Sachlichkeit und Unparteilichkeit verstößt.

Die allgemeine Amtspflicht, sich jeden Amtsmissbrauches zu enthalten, obliegt dem Beamten gegenüber jedem als geschützten „Dritten“ der durch die Verletzung dieser Pflicht geschädigt werden könnte, kann also auch in Fällen zu einer Amtshaftung führen, in denen an sich nur Pflichten gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen sind (BGH vom 20.01.2005 – III ZR 48/01 – juris Rn. 32; BGHZ 162, 49 [66] = NJW 2005, 742 [746]; BGH vom 15.05.2003 – III ZR 42/02 – juris Rn. 13 – 16; VersR 2003, 1306; BGHZ 91, 243 [252]). Der Amtsmissbrauch erfordert danach keine drittgerichteten Amtspflichten.

Ein Amtsmissbrauch kann auch bei gewissen fahrlässigen Verhaltensweisen vorliegen, was jedoch immer von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig ist. Es lassen sich insoweit keine allgemeinen Regeln und Grundsätze aufstellen, wann nicht vorsätzliche Amtspflichtverletzungen im Widerspruch mit den Forderungen von Treu und Glauben oder guter Sitte stehen (BGH vom 11.01.1973 – III ZR 32/71 – juris Rn. 13, 20).

II.         Vorgaben für ein Leerverkaufsverbot

Entgegen der Auffassung der Klagepartei konnte die Beklagte – wie dies ausweislich der Anlage K 13 auch geschehen ist – das Leerverkaufsverbot (nur) auf eine Bedrohung des Marktvertrauens stützen. Eine Bedrohung der Finanzstabilität musste nicht vorliegen.

1.         Rechtliche Vorgaben

Nach Art. 20 der Leerverkaufsverordnung (VO [EU] Nr. 236/2012) kann die zuständige Behörde ein Leerverkaufsverbot verhängen, wenn

-         ungünstige Ereignisse oder Entwicklungen eingetreten sind, die eine ernstzunehmende Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen (…) darstellen und

-           die Maßnahme erforderlich ist, um der Bedrohung zu begegnen und

-           die Effizienz der Finanzmärkte im Vergleich zum Nutzen der Maßnahme nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.

 

Artikel 30 der Leerverkaufsverordnung hat die Kommission zum Erlass von delegierten Rechtsakten ermächtigt, in denen festgelegt wird, welche Kriterien und Faktoren die Behörden bei der Entscheidung zu berücksichtigen haben, ob ungünstige Ereignisse/Entwicklungen im Sinne des Art. 20 vorliegen.

Art. 24 der Delegationsverordnung (VO [EU] Nr. 918/2012) definiert als entsprechende Ereignisse, welche die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen ernsthaft bedrohen können, sämtliche Handlungen, Ergebnisse, Tatsachen oder Ereignisse, von denen vernünftigerweise anzunehmen ist oder angenommen werden könnte, dass sie Folgendes bewirken (die nachfolgende Darstellung verkürzt den Verordnungstext auf die wesentlichen Kernpunkte der Aufzählung in Art. 24 lit. a) – e) der Delegationsverordnung):

schwere finanzielle, monetäre oder budgetäre Probleme, die zu Instabilität führen können, welche die ordnungsgemäße Funktionsweise und Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems bedrohen können,

Rating-Maßnahme, Ausfall eines Mitgliedsstaates, Ausfall einer für das globale Finanzsystem wichtigen Bank, mit Zweifeln an deren Solvenz,

erheblicher Verkaufsdruck oder ungewöhnliche Volatilität von Finanzinstrumenten, die bei Banken oder für das globale Finanzsystem wichtigen Finanzinstituten eine erhebliche Abwärtsspirale in Gang setzen,

bedeutsamer Schaden an physischen Strukturen von wichtigen Instituten, der sich nach einer Naturkatastrophe oder einen terroristischen Angriff nachteilig auf die Märkte auswirken kann,

bedeutsame Störungen bei für das globale Finanzsystem wichtigen Zahlungssystem oder Abwicklungsprozess, welches zu erheblichen Zahlungs-, Abwicklungsfehlen oder Abwicklungsverzögerungen führt (führen kann) oder zur Ausbreitung einer finanziellen oder wirtschaftlichen Krise führen können.

Der Kläger hat dies zutreffend dahingehend zusammengefasst, dass die Fallgruppen bei einer bestimmten Funktionsbeeinträchtigung ansetzen – schwere finanzielle, monetäre Probleme (lit. a), (negative) Rating-Maßnahme oder Ausfall (lit. b), erheblicher Verkaufsdruck oder ungewöhnliche Volatilität (lit. c), bedeutsamer Schaden an den physischen Strukturen (lit. d), bedeutsame Störungen (lit. e). Diese Funktionsbeeinträchtigungen müssen bei für das Finanzsystem bedeutsamen Marktteilnehmern beziehungsweise Markinfrastrukturen auftreten (Blatt 200 AkteLG).

Die Klägerseite steht auf dem (Rechts-) Standpunkt, dass Art. 24 eine abschließende Definition enthält welche Kriterien bei einem Leerverkaufsverbot zu berücksichtigen sind (die nach ihrem Vortrag nicht vorlagen) (vergleiche z.B. Blatt 112 ff., 114, 121, 122, 124, 172, 174, 199 AkteLG). Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, das Verbot sei auch mit der bloßen Bedrohung des Marktvertrauens zu legitimieren, ein entsprechender Sachverhalt sei zu Recht angenommen worden.

2.         Auslegung durch den Senat

Entgegen der engen Auffassung und Auslegung der Klägerseite konnte die Beklagte das Leerverkaufsverbot – wie dies geschehen ist – (nur) auf eine ernstzunehmende Bedrohung des Marktvertrauens stützen, die Vorgaben aus Art. 24 Abs. 1 lit. a) – e) der Delegationsverordnung mussten also nicht direkt und unmittelbar vorliegen. Bei den Kriterien in Art. 24 der Delegationsverordnung handelt es sich nicht um eine abschließende Liste.

a.         Nach dem Wortlaut von Art. 30 Leerverkaufsverordnung, wonach die Kommission zu Rechtsakten ermächtigt wird, in denen festgelegt wird, welche Kriterien die Behörden bei der Entscheidung über ungünstige Ereignisse/Entwicklungen zu berücksichtigen haben, könnte man zwar annehmen, dass die in Art. 24 der Delegationsverordnung aufgelisteten Kriterien (die nach ihrem Inhalt nur die Finanzstabilität betreffen, ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024, 1 U 544/24 unter 2. c) bb)) eine abschließende Festlegung darstellen. Diese Sichtweise lässt jedoch außer Acht, dass schon aus der Formulierung „zu berücksichtigen“ ein anderes Verständnis hergeleitet werden kann, der Wortlaut also insoweit gerade gegen eine abschließende Aufzählung spricht (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024, 1 U 544/24 unter 2. c) bb); Bauerschmidt, BKR 2024, 701 [702]; Krafft ZBB 2022, 187 [194]; Mülbert/Sajnovits BKR 2019, 313 [319 f.]; Mülbert/Sajnovits ZBB 2021, 149 [154 f.]; Mülbert/Sajnovits in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 67; Splinter/Gansmeier ZHR 184 [2020], 761 [773]; a.A. wohl Sieder ZBB 2019, 179 [187]).

Art. 30 der Leerverkaufsverordnung hat zwar zum Erlass von Rechtsakten ermächtigt, dies bedeutet aber nicht, dass die in der (niederrangigeren) Delegationsverordnung enthaltenen Regelungen (nur) zur Bedrohung der Finanzstabilität zwingend vorliegen müssen, nur dann ein Leerverkaufsverbot gerechtfertigt ist – weil ansonsten die Bedrohung des Marktvertrauens in der Leerverkaufsverordnung ohne eigenen Regelungsinhalt bliebe. Die Bedrohung des Marktvertrauens hat danach in der Delegationsverordnung gerade keine eigenständige Regelung erfahren.

Für ein weiteres Verständnis spricht insbesondere der Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 der Leerverkaufsverordnung, wonach die ungünstigen Ereignisse/Entwicklungen eine ernstzunehmende Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen (…) darstellen, das höherrangige Recht der Verordnung des Europäischen Parlaments mit der Verknüpfung durch den Begriff oder also zwei gleichrangige Tatbestandsvarianten definiert, die auch nicht in einem Stufenverhältnis stehen. Diese Sichtweise wird durch den Erwägungsgrund 27 der Leerverkaufsverordnung bestätigt, wonach eine zeitweise Beschränkung von Leerverkäufen zur Verhinderung eines ungeordneten Kursverfalls auch über die Sachverhalte der Aufzählung in Art. 24 der Delegationsverordnung hinausgeht, indem dort weitere Ereignisse/Entwicklungen definiert werden (finanzielle oder wirtschaftliche Verwerfungen, Naturkatastrophen, terroristische Anschläge, verschiedene Arten von Ausnahmesituationen).

Außerdem ergibt sich aus den anderen Sprachfassungen der Delegationsverordnung, dass die relevanten Bedrohungen in Art. 24 Abs. 1 gerade keine abschließende Konkretisierung erfahren haben, nachdem die englische Fassung mit dem Verb „include“ den nicht abschließenden Charakter zum Ausdruck bringt („adverse events or developments that may constitute a serious threat to the financial stability or market confidence include any act, result, fact or event“ = „zu den ungünstigen Ereignissen oder Entwicklungen, die eine ernsthafte Bedrohung für die Finanzstabilität oder das Marktvertrauen darstellen können, gehören[1] Handlungen, Ergebnisse, Tatsachen oder Ereignisse“; ebenso Mülbert/Sajnovits in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 67).

Auch die ESMA hat schon im Rahmen der Konsultationen zur Delegationsverordnung ausgeführt, dass Art. 24 der Delegationsverordnung nicht abschließend zu verstehen ist (ESMA, Final Report – ESMA´s technical advice on possible Delegated Acts concerning the regulation on short selling and certain aspects of credit default swaps – [EC] No. 236/2012 – ESMA/2012/263, 19.4.2012 – Rn. 194 f.: „list of criteria an factors should be non exhaustive“ = die Liste der Kriterien und Faktoren sollte nicht erschöpfend sein).

Entgegen der Auffassung der Berufung vertritt der EuGH im Urteil vom 22.01.2024, C-270/12 Rn. 51 ff. keine andere Rechtsauffassung. Die von der Klagepartei angeführte Entscheidung enthält gerade keine Aussage zum Verhältnis der Tatbestandsalternativen in Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 oder zum (abschließenden oder nicht abschließenden) Charakter von Art. 24 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 918/2012. Sie betrifft keine Maßnahme einer nationalen Behörde nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012, sondern eine Maßnahme der ESMA auf anderer Rechtsgrundlage.

Mit den beurteilungsoffenen Formulierungen und der nur abstrakten Formulierung kommt auch das im Erwägungsgrund 27 Satz 4 der Leerverkaufsverordnung formulierte Ziel zum Vorschein, die Behörden mittels eines ausreichenden Maßes an Flexibilität in die Lage zu versetzen, auf Ausnahmesituationen zu reagieren. In den Voraussetzungen der Art. 19 ff. Leerverkaufsverordnung ist also auch ein bewusster Verzicht auf Rechtssicherheit zu sehen (Krafft, ZBB 2022, 187 [194]). Für die Anwendung besteht ein behördlicher Beurteilungsspielraum (Mülbert/Sajnovits ZBB 2021, 149 [157]). In staatshaftungsrechtlicher Hinsicht bewirkt dies eine Verschiebung der Prüfungsmaßstäbe (dazu nachfolgend unter E.II.3.).

b.         Der nicht abschließende Charakter der Fallgruppen des Art. 24 Abs. 1 Delegationsverordnung und deren Konkretisierung allein der Bedrohungen der Finanzstabilität führt allerdings nicht dazu, dass diesen bei der Rechtsanwendung überhaupt keine Bedeutung zukäme. Die zuständigen Behörden haben die Konkretisierungen bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen, weshalb ihnen eine Art Regelbeispielcharakter zukommt. Dies gilt auch für Bedrohungen des Marktvertrauens, obwohl diese in Art. 24 Delegationsverordnung keine Konkretisierung erfahren haben. Bedrohungen des Marktvertrauens und Bedrohungen für die Finanzstabilität stehen in einem funktionalen Stufenverhältnis. Bedrohungen des Marktvertrauens lassen sich als von Art. 24 Delegationsverordnung nicht näher konkretisierte Funktionsbeeinträchtigungen charakterisieren. Die systemischen Beeinträchtigungen für die Finanzstabilität – auf der zweiten Stufe – sind demgegenüber ausführlich durch Art. 24 Abs. 1 Delegationsverordnung geregelt. Aus diesen Konkretisierungen folgt, dass andere, nicht den Fallgruppen des Art. 24 Abs. 1 der Delegationsverordnung unterfallende Ereignisse oder Umstände jedenfalls in ihrer Wirkung für das Finanzsystem und ihrer Gewichtigkeit mit den Fallgruppen des Art. 24 Abs. 1 a) - e) Delegationsverordnung vergleichbar sein müssen (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024, 1 U 544/24 unter 2. c) bb); Mülbert/Sajnovits in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 70). Im Übrigen ist eine trennscharfe Unterscheidung der Schutzgüter „Marktvertrauen“ und „Finanzstabilität“ nicht immer möglich, aber auch nicht nötig, weil beide Schutzgüter in einem komplementären (also sich ergänzenden) Verhältnis stehen. Sie zielen beide auf das wohlgeordnete Funktionieren des Finanzsystems beziehungsweise der Finanzmärkte ab und dienen so dem Ziel der Union, einen funktionierenden Binnenmarkt zu errichten (vgl. Bauerschmidt in BeckOK-WpHG, 12. Edition, Stand: 01.07.2024, VO (EU) 236/2012, Art. 18 Rn. 24 – 27).

c.         Das Schutzgut Marktvertrauen ist die Erwartung der Akteure auf den Finanzmärkten sowie der Öffentlichkeit in das unbeeinträchtigte, unverfälschte und solide Funktionieren dieser Märkte (BeckOK WpHR/Bauerschmidt, 11. Ed. 01.04.2024, VO (EU) 236/2012 Art. 18 Rn. 25). Marktvertrauen ist das Systemvertrauen in das Funktionieren der Aktienmärkte in einem oder mehreren Mitgliedstaaten (Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313 [320]). Vertrauen im diesem Problemkontext ist die „Erwartung an das zukünftige Verhalten einer Person oder die Funktionsweise eines Systems [...], wobei der Vertrauensnehmer beziehungsweise das jeweilige System im Grundsatz in der Lage sein muss, sich den Erwartungen entsprechend zu verhalten (Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1 [5]; Mülbert/Sajnovits in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Auflage 2023, Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 59). Es entspricht der verbreiteten Überzeugung in der ökonomischen Theorie, dass Marktmanipulationen und auch die breite Überzeugung vom Vorliegen von Marktmanipulationen das Vertrauen der Anleger schwächen können, was seinerseits die Effizienz der Märkte beeinträchtigen kann (Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313 [320]).

d.         Der Begriff des Marktvertrauens ist dahin zu konkretisieren, dass zwischen der Bedrohung des Marktvertrauens und den Leerverkäufen – als dem Regelungsgegenstand der Leerverkaufsverordnung – ein jedenfalls prognostischer Zusammenhang bestehen muss. Hierfür spricht Erwägungsgrund 4 Satz 2, wonach die Leerverkaufsverordnung verhältnismäßige Reaktionen auf Risiken ermöglichen soll, die bei einem Leerverkauf bestimmter Instrumente entstehen können. Die Eingriffsbefugnisse können deshalb schon tatbestandlich nicht allgemein bei Beeinträchtigungen des Marktvertrauens herangezogen werden, sondern nur, wenn Leerverkäufe diese Wirkung haben beziehungsweise verstärken, was insbesondere der Fall ist, wenn sie in Zeiten beträchtlicher finanzieller Instabilität die Abwärtsspirale der Aktienkurse verstärken könnten, wodurch schließlich die Lebensfähigkeit der Finanzinstitute bedroht würde und systemische Risiken entstehen könnten (vergleiche Erwägungsgrund (1); dies sind letztlich die in Art. 24 Abs. 1 c) Delegationsverordnung beschriebenen Risiken, vgl. Mülbert/Sajnovits in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, Art. 31 EUV 236/2012 Rn. 72).

e.         Als Zwischenergebnis ist insoweit festzuhalten, dass entgegen der klägerischen Ansicht, Art. 24 der Delegationsverordnung gerade keine abschließende Definition enthält, welche Kriterien für ein Leerverkaufsverbot heranzuziehen sind.

3.         Prüfungsmaßstab für das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung

Angesichts der in Art. 20 der Leerverkaufsverordnung verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe kann für die Frage einer Amtspflichtverletzung lediglich der Maßstab der Vertretbarkeit angewandt werden – zudem sind wegen des eingeräumten Ermessens die Grundsätze für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen anzuwenden.

a.         Der Bundesgerichtshof hat im Beschluss vom 10.01.2024 (III ZR 57/23) ausgeführt, dass wegen der (in §§ 107, 108 WpHG) auf der Tatbestandsebene verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt war. Dieser führt dazu, dass es bei der Subsumtion des Sachverhalts unter die maßgebliche Norm mehr als nur eine richtige Antwort geben kann, weil Erfahrungssätze zu verwerten sind, unter Einbeziehung wertender Gesichtspunkte tatsächliche Umstände zu würdigen sind. Deshalb können verschiedene Betrachter – ohne pflichtwidrig zu handeln – zu verschiedenen Ergebnissen kommen (BGH, Beschluss vom 10.01.2024, III ZR 57/23 Rn. 11). Handlungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, sind im Amtshaftungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit zu prüfen, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit. Die Vertretbarkeit darf nur verneint werden, wenn die betreffende Entscheidung bei Berücksichtigung der Zwecke nicht mehr verständlich ist (BGH, Beschluss vom 10.01.2024, III ZR 57/23 Rn. 12; BGH, Urteil vom 13.09.2018, III ZR 339/17, BeckRS 2018, 26430 Rn. 17; BGH, Urteil vom 15.12.2016; III ZR 387/14, BGHZ 213, 200 Rn. 14, 17; BGH, Urteil vom 29.04.1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268 [270 f.]; BGH, Urteil vom 15.05.1997, III ZR 46/96, VersR 1997, 1363; BGH, Urteil vom 18.05.2000, III ZR 180/99, NJW 2000, 2672 [2673]; BGH, Urteil vom 04.11.2010, III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 [292 f. Rn. 14]).

Bei einer nachfolgenden gerichtlichen Beurteilung der fachlichen und rechtlichen Vertretbarkeit kommt es auf die ex-ante-Perspektive an. Das Gericht darf sich nicht von einer rückschauenden ex-post-Wertung leiten lassen, die auf späteren Erkenntnissen beruht (BGH, Beschluss vom 10.01.2024, III ZR 57/23 Rn. 14).

b.         Diese Grundsätze sind auch auf für den vorliegenden Sachverhalt relevant, denn die Rechtsgrundlage des Art. 20 Leerverkaufsverordnung, auf die sich die Beklagte gestützt hat, enthält mit den Voraussetzungen „ungünstige Ereignisse oder Entwicklungen“ und „ernstzunehmende Bedrohungen“ unbestimmte Rechtsbegriffe, so dass der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zusteht und ihre Allgemeinverfügung vom 18.02.2019 lediglich auf ihre Vertretbarkeit hin zu überprüfen ist. Auf der Rechtsfolgenseite ist der Beklagten zudem ein Ermessen („kann“) eingeräumt (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.09.2024, 1 U 544/24 unter 2. c).

III.        Verstoß gegen Art. 20 Leerverkaufsverordnung

Da sich der Klägervortrag (jedenfalls im Wesentlichen) damit beschäftigt, die Beklagte habe zu Unrecht eine Bedrohung der Finanzstabilität angenommen – das Leerverkaufsverbot wird darauf gar nicht gestützt – bleibt der Sachvortrag der Beklagten zu den maßgeblichen Indizien für die Annahme einer Bedrohung des Marktvertrauens maßgeblich, weil dieser hinsichtlich der maßgeblichen Indizien nicht bestritten ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

1.         Sachvortrag der Parteien

a.         Klägervortrag

Der Kläger hat zum Vorliegen einer Short-Selling-Attacke geltend gemacht, dass

-         es vor dem Erscheinen des Artikels vom 30.01.2019 nur einen kleinen Anstieg von Leerverkaufspositionen gegeben habe, diese erst nach dem Bericht auffällig angestiegen seien (Blatt 7 – 8 AkteLG),

-           der Bericht der Handelsüberwachungsstelle lediglich eine Auffälligkeit im Hinblick auf den Handel mit einer Optionsserie festgestellt habe (Blatt 9 AkteLG),

-           die Analysen der am 15.02.2019 informierten Bundesbank für Februar 2019 bezüglich der nicht systemrelevanten W... AG Ansteckungseffekte und eine Gefahr für die Finanzstabilität verneint hätten, aus dieser Perspektive keine Notwendigkeit eines Leerverkaufsverbots bestand (Details Blatt 10 – 13 AkteLG),

-           die ESMA über die fehlenden Voraussetzungen eines Leerverkaufsverbots getäuscht worden sei, weil trotz der nach Mitteilung der Bundesbank fehlenden Relevanz der W... für das globale Finanzsystem seitens der Beklagten eine entsprechende Relevanz dargestellt worden sei (Blatt 13 – 22 AkteLG).

 

Die Klagepartei schlussfolgert daraus, dass es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass die Finanzstabilität in Gefahr war. In den weiteren Schriftsätzen zu den Hinweisbeschlüssen der Oberlandesgerichte Celle (3 U 82/24), Koblenz (1 U 544/24) und München (1 U 1121/24e) wird weiter und vertiefend ausgeführt, dass ex-ante auch nicht von einer Beeinträchtigung des Marktvertrauens ausgegangen werden durfte (s.o. unter A.3.c.).

Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Allgemeinverfügung weiter vorgetragen, dass diese eine Subsumtion unter Art. 24 Abs. 1 c) der Delegationsverordnung unterlasse und die Begründung keine Feststellungen zu Auswirkungen auf das globale Finanzsystem enthalte. Die Allgemeinverfügung erwecke den Eindruck, die Berichterstattung stehe im Zusammenhang mit Short-Attacken.

b.         Beklagtenvortrag und Allgemeinverfügung

Die Beklagte hat zu den Voraussetzungen eines Leerverkaufsverbots ausgeführt, dass

-         die W... AG immer wieder Gegenstand kritischer Presseberichte gewesen sei (2008, 2015, 2016, 2017, 2018), die teilweise von auffälligen Marktaktivitäten begleitet worden seien (Blatt 62 – 64 AkteLG),

-           sie habe Ende Januar 2019 einen anonymen Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei der Buchführung von Tochtergesellschaften der W... AG in Singapur erhalten (Blatt 64 AkteLG),

-           am 01.02. und 14.02.2019 seien Untersuchungen (Marktmanipulation, veröffentlichungspflichtige Informationen) eingeleitet worden (Blatt 65 AkteLG),

-           die Handelsüberwachungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse (HÜSt) habe ab dem 30.01.2019 Auffälligkeiten festgestellt (Blatt 69 AkteLG),

-           die Allgemeinverfügung stütze sich gerade nicht auf eine Bedrohung der Finanzstabilität, sondern auf eine Bedrohung des Marktvertrauens (Blatt 70 AkteLG),

-           die Beklagte habe stets und ausschließlich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften und auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen gehandelt (Blatt 67 AkteLG).

 

Hinsichtlich der Veranlassung und zu den Voraussetzungen des Leerverkaufsverbots vom 18.02.2019 wegen einer Bedrohung des Marktvertrauens macht die Beklagte geltend,

-           zwischen dem 30.01.2019 und dem 15.02.2019 sei der Kurs von 167,00 € auf 99,90 € gefallen -(Reduzierung der Marktkapitalisierung um 40%),

-           verbunden mit erheblichen Kursschwankungen und

-           mit einem gravierenden Anstieg der Nettoleerverkaufspositionen ab dem 01.02., verstärkt ab dem 07.02.2019,

-           es habe negative Presseberichte gegeben,

-           die Beklagte habe Verdachtsmeldungen hinsichtlich möglicher Marktmanipulationen erhalten,

-           die Staatsanwaltschaft München habe am 15.02.2019 Hinweise mitgeteilt, wonach eine mögliche weitere Short-Attacke bevorstehe und die W... AG erpresst werde,

-           die Handelsüberwachungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse habe ab dem 30.01.2019 auffällige Entwicklungen festgestellt,

-           die Beklagte habe Nachahmungseffekte befürchtet, also mögliche weitere Short-Attacken gegen andere Finanzinstitute und DAX-Emittenten,

-           diese Einschätzungen seien im Bericht des Untersuchungsausschusses bestätigt worden.

c.         Allgemeinverfügung vom 18.02.2019

Die Allgemeinverfügung vom 18.02.2019 nimmt in ihrer Begründung ausdrücklich nur auf eine ernstzunehmende Bedrohung des Marktvertrauens Bezug und enthält keine Ausführungen zu einer Bedrohung der Finanzstabilität. Was die Begründung der Beklagten für das Vorliegen einer Ausnahmesituation anbelangt, ist diese der Sachverhaltsdarstellung der Allgemeinverfügung zu entnehmen. Darin heißt es, dass die Veröffentlichungen der Presseberichte zeitlich zusammen mit verstärkten Netto-Leerverkaufspositionen und mit einer damit einhergehenden starken Volatilität der Aktie der W... AG fallen. Diese Ereignisse führten zu einer „Verunsicherung des Marktes, insbesondere hinsichtlich der angemessenen Preisbildung für die Aktien der W... AG“. Es bestehe das Risiko, dass die „Verunsicherung des Marktes zunimmt und sich zu einer generellen Marktverunsicherung ausweitet.“ In der rechtlichen Würdigung begründet die BaFin das Vorliegen einer Ausnahmesituation dann wie folgt:

„In der derzeitigen Situation besteht die Gefahr, dass ein Einwirken auf die Kurse der Aktie der W... AG durch das Eingehen von NLP bzw. die Erweiterung bestehender NLP, aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens, exzessive Preisbewegungen der Aktie der W... AG verursacht. Diese könnten durch ihre trendverstärkende Wirkung den Verlust des Marktvertrauens in Deutschland, insbesondere hinsichtlich der Preisbildung an den Märkten, bewirken. Vorliegend sind ungünstige Entwicklungen eingetreten, die eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen darstellen können. Diese ungünstigen Entwicklungen bestehen in der stetig gewachsenen NLP der W... AG. Diese Erhöhung könnte einen erheblichen Verkaufsdruck bewirken. Dies stellt eine nicht unerhebliche Gefahr dar, eine erneute erhebliche Abwärtsspirale des Kurses zu verursachen“.

 

Gegenüber der deutschen Presse hatte eine Sprecherin der Beklagten zudem bestätigt, dass auch ernstzunehmenden Informationen über eine weitere geplante Short-Attacke zu dem Entschluss zum Erlass beigetragen haben.

d.         Zusammenfassung

Die vorliegende Gegenüberstellung des Parteivortrages belegt, dass die maßgeblichen Indiztatsachen für eine Bedrohung des Marktvertrauens im Ergebnis übereinstimmend vorgetragen worden sind (wenn auch auf Seiten der Klagepartei teilweise verkürzend – vergleiche insoweit instruktiv die Belege der Beklagten auf Blatt 69 – 74 AkteLG), also zwischen den Parteien unstreitig sind (§ 138 ZPO). Streitig ist danach lediglich die rechtliche Bewertung bezüglich der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen aus Art. 24 der Delegationsverordnung ebenfalls vorliegen mussten. Insbesondere auch der Hinweis der Staatsanwaltschaft ist klägerseits nicht bestritten worden (§ 138 Abs. 3 ZPO – Blatt 126 f. AkteLG).

2.         Subsumtion

Die Beklagte hat aufgrund der Preisentwicklung der W...-Aktie nach den ersten Presseberichten im Zusammenhang mit den weiteren Indiztatsachen (Anstieg der Leerverkaufspositionen ab dem 01.02.2019, Verdachtsmeldungen, möglicherweise bevorstehende Short-Attacke) vertretbar eine ernsthafte Bedrohung des Marktvertrauens angenommen, weil angesichts der erheblichen Kursschwankungen, des gravierenden Anstiegs der Nettoleerverkaufspositionen nach dem Pressebericht vom 30.01.2019 vertretbar angenommen werden konnte, dass das Vertrauen in das Funktionieren der Aktienmärkte insgesamt gefährdet ist, zumal es sich bei der W... AG um ein Dax-Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung handelte (vergleiche auch Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313 [321]). Der Senat macht sich die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des OLG Koblenz zu eigen, dass in seinem Beschluss vom 20.09.2024 (1 U 544/24) unter 2. c. überzeugend wie folgt ausgeführt hat:

Bei dieser Sachlage (es lagen mehrere voneinander unabhängige Indizien vor, die für eine short-Attacke sprachen; short-Attacken auf die W... AG im Zusammenhang mit falschen Presseartikeln hatte es in der Vergangenheit nachweislich tatsächlich bereits gegeben; die NLP waren stark gewachsen und bauten sich immer weiter auf; es gab Hinweise auf die Beteiligung von Personen, die bereits aus einer früheren short-Attacke bekannt waren; nach dem ersten Artikel in der Financial Times (FT) waren am 01.02.2019, 07.02.2019 und 08.02.2019 noch weitere Artikel erschienen, die die Vorwürfe konkretisierten; vgl. Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313 m.w.N.; zugleich stand die Beklagte unter Zeit- und Handlungsdruck, denn es musste in einer Ausnahmesituation schnell entschieden werden) war aus der maßgeblichen ex-ante Sicht der Beklagten die Annahme, dass eine short-Attacke auf die W... AG stattfand, jedenfalls vertretbar. Wenn die NLP auch nicht bereits vor dem Erscheinen des ersten kritischen Presseartikels aufgebaut worden waren, legte die Gesamtsituation und das zeitliche Zusammentreffen des Erscheinens der kritischen Artikel in der FT mit dem Aufbau der NLP das Vorliegen einer short-Attacke doch nahe. …

Bei einer short-Attacke, wie sie die Beklagte vertretbar annehmen durfte (s.o.), handelt es sich um ein marktmissbräuchliches Verhalten, das sich auf das Marktvertrauen auswirken kann. Ein solches Verhalten ist bereits nach Art. 14 und Art. 15 VO Nr. 596/2014 (Marktmissbrauchsverordnung - MAR) verboten. Demgegenüber zielen die Regelungszwecke der Leerverkaufs-VO und insbesondere deren Notfallmaßnahmen (unter die das zu beurteilende Leerverkaufsverbot fällt) auf die Bewältigung systemischer Risiken und nicht auf ein missbräuchliches Verhalten im Einzelfall ab. So spricht die Leerverkaufs-VO durchweg vom Marktvertrauen, was bereits für sich genommen einen marktweiten Effekt impliziert. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte jedoch auch bei der angenommenen short-Attacke auf einen Einzeltitel (Aktien der W... AG) vertretbar von einer Bedrohung des Markvertrauens im Sinne des Systemvertrauens in das Funktionieren des Aktienmarktes ausgegangen. Diese Annahme ist deshalb gerechtfertigt, weil es sich bei der W... AG um ein Unternehmen im DAX 30 mit einer hohen Marktkapitalisierung handelte, dessen Kurs erheblich (40 %) eingebrochen war (vgl. auch Mülbert/Sajnovits, BKR 2019, 313). Damit gehörte die W... AG im DAX 30 zu den größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes, die rund 80 % der Marktkapitalisierung börsennotierter Aktiengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland repräsentieren. Ausweislich der Begründung ihrer Allgemeinverfügung ging die Beklagte davon aus, dass die Verunsicherung des Marktes hinsichtlich einer angemessenen Preisbildung für Aktien der W... AG das Risiko der Ausweitung zu einer „generellen Marktverunsicherung“ mit sich bringt, womit offensichtlich der Aktienmarkt in seiner Gesamtheit gemeint ist und von der Beklagten folglich auf die „Bewältigung systemischer Risiken“ abgezielt wird. Angesichts der Bedeutung der W... AG als DAX 30 Unternehmen ist diese Einschätzung der Beklagten jedenfalls vertretbar (unter Berücksichtigung des Ziels eines funktionierenden Binnenmarktes); die Beklagte bewegt sich in ihrem Beurteilungsspielraum.

So betont auch die Zeugin G... vor dem Untersuchungsausschuss, dass „W...“ als Ganzes mit seinen Tochterunternehmungen und Verflechtungen und seiner Banklizenz wichtig gewesen sei, es sei nicht nur die W... AG selbst zu betrachten gewesen. Man habe befürchtet, dass sich die manipulative Praxis der short-Attacken, die damals ein großes Thema gewesen sei, bei anderen Emittenten fortsetze und dann auch andere Unternehmen, auch DAX-Unternehmen, betroffen sein könnten. Dies sei so auch der ESMA mitgeteilt worden. Die Durchführung bestimmter ökonomischer Analysen sei der Beklagten in diesem Zusammenhang nicht vorgeschrieben (vgl. Anlage K 5, dort S. 28 - 34). Selbst wenn weder die Handelsüberwachungsstelle noch die Bundesbank die Einschätzung der Beklagten geteilt hat - im Übrigen war die Beklagte auch gar nicht zu der Einholung von entsprechenden Stellungnahmen verpflichtet, vgl. Anlage K 9, dort S. 80 - war es vor dem Hintergrund des Ziels eines funktionierenden Binnenmarktes aber jedenfalls vertretbar, bei dieser Sachlage eine trendverstärkende Wirkung und damit einhergehend den Verlust des Marktvertrauens in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf die Preisbildung an den Märkten, als ernstlich bedroht anzusehen infolge der durch NLP bei der W... AG verursachten exzessiven Preisbewegungen (vgl. Anlage K 24). Im Übrigen hat die Bundesbank ausdrücklich betont, dass sich die Sachlage infolge der vertraulichen StA-Informationen, die die Beklagte erhalten habe und die die Bundesbank selbst nicht habe überprüfen können, verändert habe (vgl. Anlage 9, dort S. 63).

Im Übrigen betont auch die ESMA in ihrer zustimmenden Stellungnahme (Anlage K10) unter Nr. 12 und unter Nr. 19 die Bedeutung der W... AG als DAX 30 Unternehmen und führt unter Nr. 17 aus, dass die Beklagte angesichts der Bedeutung der W... AG auf dem Aktienmarkt Auswirkungen auf den ganzen Markt befürchtet habe („…other issuers, including DAX issuers and financial institutions.“). Unter Nr. 31 begründet die ESMA ihre zustimmende Stellungnahme auch mit dem Risiko solcher Auswirkungen („…in order to limit the risk of possible contagion to other issuers“), wobei zu beachten ist, dass der für die ESMA geltende Prüfungsmaßstab in Art. 24 Abs. 2 DelVO gerade auch die „Möglichkeit eines Übergreifens auf andere Systeme oder Emittenten oder einer Ansteckung“ vorsieht. Vor dem Hintergrund der dargestellten Gesamtsituation, insbesondere den Erwägungen der Beklagten, ist entgegen der Ausführungen der Berufung nicht ersichtlich, dass die Beklagte die ESMA getäuscht und so rechtswidrig gehandelt haben könnte. Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Regelung (sie enthält eine Befristung unter der Höchstgrenze und Ausnahmen) sind nicht ersichtlich und auch von der ESMA nicht geäußert worden.

Der von der Berufung beanstandete Umstand, dass eine Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin G..., zwischenzeitlich einmal der Ansicht gewesen sei, dass die Kriterien in Art. 24 Abs. 1 DelVO eine abschließende Regelung darstellten, ändert nichts daran, dass der handelnde Beamte der Beklagten mit dem Erlass der Allgemeinverfügung vertretbar und damit nicht rechtswidrig gehandelt hat.

 

Dem ist nichts hinzuzufügen. Diese Position wird auch vom OLG Celle (Beschluss vom 15.10.2024, 3 U 82/24 – wenn auch dort mit einer deutlich kürzeren Begründung) sowie vom OLG Köln (Beschluss vom 25.11.2024, 7 U 46/23) geteilt.

Auf die Stellungnahme der Klagepartei zum Hinweisbeschluss des OLG Koblenz, die auch im vorliegenden Fall vorgelegt und zum Gegenstand des Vortrags gemacht wurde, hat das OLG Koblenz zutreffend ausgeführt, dass die Zeugin G... in der öffentlichen Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt hat (K 5, Blatt 41, 42, 9), „Die Kollegen aus der Marktmanipulation haben gesagt, dass sie nach der Auswertung der Transaktionsdaten sehen, dass hier wieder Personen Positionen aufbauen, die aus der 2016er-Short-Atacke kennen (…) und dass das Ganze im Zusammenhang mit möglichen manipulativen Praktiken steht.“ Danach gab es Hinweise auf eine entsprechende Attacke.

Angesichts des durch die Leerverkaufspositionen aufgebauten Verkaufsdrucks und der Schwankungen der Aktienpreise lag es auch nahe, die in Art. 24 Abs. 1 lit. c) der Delegationsverordnung definierte Situation zu befürchten („erheblicher Verkaufsdruck oder ungewöhnliche Volatilität von Finanzinstrumenten, die bei Banken oder für das globale Finanzsystem wichtigen Finanzinstituten eine erhebliche Abwärtsspirale in Gang setzen“). Dies haben auch nachträgliche Analysen bestätigt (Mülbert/Sajnovits ZBB 2021, 149 [158]).

Letzten Endes hat der Kläger erstinstanzlich und mit der Berufungsbegründung nichts dazu vorgetragen, warum die Entscheidung der Beklagten im Hinblick auf eine ernstzunehmende Bedrohung des Marktvertrauens unvertretbar oder ermessensfehlerhaft gewesen sein soll, weshalb es insoweit am erforderlichen schlüssigen Vortrag bezüglich des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung fehlt.

Der Kläger hat vielmehr durchgehend immer darauf abgestellt, dass die Entscheidung unter bewusster Missachtung der gesetzlichen Grundlagen ergangen sei, weil die Finanzstabilität nicht bedroht gewesen sei (z.B. Blatt 107, 109, 110 – 118, 123 AkteLG). Die Frage, ob die Beklagte vertretbar eine ernsthafte Bedrohung des Marktvertrauens angenommen hat, wird klägerseits mit dem Vortrag innerhalb der Berufungsbegründungsfrist insoweit nicht weiter thematisiert. Eine bewusste unter Missachtung der Rechtsgrundlagen, unvertretbare oder ermessensfehlerhafte Entscheidung der Beklagten kann danach nicht festgestellt werden.

In der zeitlich nachfolgend veröffentlichten Literatur wird dies aber auch durchaus kritisch gesehen, so wird beispielsweise ausgeführt, dass die Beklagte keine Ausführungen zu einer ernsthaften Bedrohung der Finanzstabilität oder des Marktvertrauens durch den Kursverlust gemacht habe. Es sei fraglich, ob die Kursverluste hinsichtlich eines Emittenten bereits das Marktvertrauen oder die Finanzstabilität in Deutschland bedroh(t)en. Es sei jedermann möglich gewesen, die FT-Berichterstattung und die Stellungnahmen von W... für sich zu bewerten. Noch fragwürdiger erscheine eine potenzielle Auswirkung der Kursturbulenzen bei W... auf das Marktvertrauen oder die Finanzstabilität über die deutschen Grenzen hinaus (Sieder ZBB 2019, 179 [188], vergleiche auch die ex-post-Bewertung von Mülbert/Sajnovits ZBB 2021, 149 [157 – 161]).

Die kritischen Anmerkungen zum Nichtvorliegen eines Finanzinstruments, das als wichtig für das globale Finanzsystem angesehen werden kann, ebenso zu der fehlenden methodischen Prognose (Sieder ZBB 2019, 179 [188]; Mülbert/Sajnovits ZBB 2021, 149 [157 – 161]) lassen zwar aus der rückschauenden Betrachtung eine mögliche andere Bewertung zu, führen aber im Rahmen der erforderlichen ex-ante Betrachtung nicht zu einem anderen Ergebnis für die Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung. Denn aus damaliger Sicht war das Abstellen auf die internationalen Verbindungen der W... AG (zu mehr als 200 internationalen Unternehmen des Zahlungsverkehrs) und die Bedeutung als DAX-30-Unternehmen ausreichend, um im Rahmen des eingeräumten Beurteilungsspielraums anzunehmen, dass eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen zu befürchten ist. Es war insoweit auch nicht unvertretbar, von einem für das globale Finanzsystem wichtigen Unternehmen auszugehen.

Die nachträgliche Kritik stellt darauf ab, dass auch die einem Beurteilungsspielraum unterliegende Prognoseentscheidung, die spezifisches technisches Fachwissen erfordert, in einer der jeweiligen Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Wiese erarbeitet werden muss (BVerwG NJW 1986, 1508 [1509]; BVerwGE 56, 110 [121]), nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 22.01.2014, C-270/12 Rn. 52) wird für die ESMA eine Tatsachenbeurteilung technischer Art verlangt. Davon ist angesichts der damals vorliegenden Indiztatsachen auszugehen – jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte, warum die Entscheidung schon damals unvertretbar gewesen sein soll.

Entgegen der Auffassung der Klagepartei wird in der Allgemeinverfügung kein Zusammenhang der Berichterstattung der Financial Times mit einer Short-Attacke hergestellt. Denn es wird lediglich allgemein auf Presseberichte hingewiesen und es fehlt insbesondere die Herstellung eines Zusammenhangs im Sinne einer Ursächlichkeit.

Entgegen der Auffassung der Klagepartei handelte es sich bei dem Leerverkaufsverbot auch nicht um ein außergewöhnliches und einmaliges Ereignis, denn es gab entsprechende Verbote bereits vorher und nachher (vergleiche insoweit die Nachweise bei Sieder ZBB 2019, 179 [183]; Kiesel/Nohn/Schiereck ZBB 2014, 314 [316]).

IV.        Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gehaltener Vortrag

Der nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gehaltene Vortrag führt nicht zu einer anderen Bewertung.

1.         Präklusion

Zwar kann eine unzulängliche Berufung nicht mehr nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist geheilt werden (BGH NJOZ 2022, 89 [91 Rn. 28]; BGH NJW-RR 2015, 511 Rn. 15), verlangt die Zulassung neuen Vortrags das Vorliegen zu einer Berücksichtigungsfähigkeit (vergleiche hierzu nur MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, § 520 Rn. 74 – 76), wozu kein Vortrag erfolgt ist. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgetragene neue Tatsachen sind gegebenenfalls gemäß § 530 ZPO zurückzuweisen. Angriffe gegen die Rechtsanwendung können aber bis zum Erlass des Berufungsurteils vorgebracht werden, weil das Berufungsgericht die Richtigkeit des angefochtenen Urteils insoweit von Amts wegen zu prüfen hat (§ 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Da die Klagepartei insoweit keine neuen Tatsachen vorgetragen hat, sondern im Wesentlichen lediglich die Richtigkeit der Subsumtion rügt, geht es um die Frage der Rechtsanwendung, kann der Vortrag deshalb nicht zurückgewiesen werden.

2.         Vertretbarkeit der Annahme einer Beeinträchtigung des Marktvertrauens

Der Senat hat bereits unter E.II. ausgeführt, dass die bloße Beeinträchtigung des Marktvertrauens als Legitimation für ein Leerverkaufsverbot genügte, ebenfalls festgehalten, dass lediglich der Maßstab der Vertretbarkeit anzuwenden ist. Darauf wird Bezug genommen.

Aus den unter E.III.2. gemachten Ausführungen ergibt sich, dass die Beklagte vertretbar von einer Störung des Marktvertrauens ausgegangen ist. Der weitere Vortrag der Klagepartei führt nicht zu einer anderen Einschätzung, denn die dargestellten (unstreitigen) Indiztatsachen genügten, um vertretbar zu einer entsprechenden Überzeugung zu gelangen. Klägerseits werden lediglich einzelnen Argumente und Indizien selektiv herausgegriffen und anders bewertet, jedoch gerade nicht dargestellt, warum die von der Beklagten in der Allgemeinverfügung zugrunde gelegten Indiztatsachen zwingend zu einer anderen Bewertung führen mussten, zumal ab dem 01.02.2019 ein erheblicher Anstieg der Leerverkaufspositionen zu verzeichnen war.

Auch hier führen die späteren Literaturstimmen nicht zu einer anderen Bewertung, weil es sich um nachträgliche (ex-post) Bewertungen handelt.

V.         Strafanzeige

Die Beklagte hat angesichts des aus ex ante Sicht vertretbar angenommenen Verdachts einer möglicherweise bevorstehenden Short-Selling-Attacke zu Recht eine Strafanzeige erstattet, weshalb auch insoweit eine Amtspflichtverletzung nicht festgestellt werden kann.

1.         Vorgaben für eine Strafbarkeit

Nach § 119 Abs. 1 WpHG ist unter anderem als Marktmanipulation strafbar, wenn vorsätzlich durch die Verbreitung von Informationen gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. c der Marktmissbrauchsrichtlinie auf die Preise von Finanzinstrumenten eingewirkt wird.

Die Marktmanipulation kann danach schon durch die Verbreitung von Informationen über die Medien oder auf anderem Wege begangen werden. Da bereits nach dem Wortlaut der Richtlinie auch das Verbreiten von Gerüchten genügt, ist der Begriff der Information weit zu verstehen und umfasst jedes mitteilbare Wissen, wird im Gegensatz zur Insiderinformation jedoch nicht auf „präzise“ Informationen beschränkt. Demnach können auch Spekulationen, Vermutungen, Prognosen, Werturteile und Anlageempfehlungen tatbestandsmäßig sein, selbst wenn diese ohne einen Tatsachenkern geäußert werden.

Aus Art. 12 Abs. 1 lit. c der Marktmissbrauchsrichtlinie, wonach „die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren“, ergibt sich neben den subjektiven Tatbestandsanforderungen, dass die Information selbst auch objektiv falsch beziehungsweise irreführend sein muss und nicht erst das Signal. Informationen sind falsch, wenn sie nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmen. Sie sind irreführend, wenn sie zwar inhaltlich richtig sind, aber – insbesondere aufgrund der Umstände ihrer (ggf. unvollständigen) Darstellung – gleichwohl beim Informationsempfänger eine Fehlvorstellung über den Sachverhalt nahelegen. Das Merkmal „irreführend“ ist darüber hinaus insbesondere für Werturteile bzw. Informationen ohne Tatsachenkern bedeutsam, die nicht erweislich falsch sein können. Das Merkmal der Irreführung ist im Hinblick auf die Meinungs- und ggf. die Pressefreiheit restriktiv auszulegen.

Das Verbreiten setzt die Weitergabe an die Öffentlichkeit beziehungsweise einen größeren, unbestimmten Personenkreis voraus. Bereits mit Kundgabe der Information an die Allgemeinheit ist die Tathandlung der Verbreitung abgeschlossen; auf deren Kenntnisnahme kommt es nicht an. Der Wortlaut trifft keine Einschränkung im Hinblick auf den Weg der Verbreitung und bezieht die Verbreitung in jeglicher Form ein. Auch die Verbreitung falscher Informationen im Rahmen von Ad-hoc-Mitteilungen stellt ggf. eine Marktmanipulation durch Informationsverbreitung dar.

Der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 lit. c der Marktmissbrauchsrichtlinie fordert, dass die Tathandlung tatsächlich oder wahrscheinlich falsche oder irreführender Signale gibt oder tatsächlich oder wahrscheinlich zu einer Kursbeeinflussung führt. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger das Signal im Rahmen seiner Investitionsentscheidung aus ex ante-Sicht wohl berücksichtigen würde.

2.         Anzeigepflicht nach § 11 WpHG

Nach § 11 Satz 1 WpHG hat die Beklagte Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat nach § 119 WpHG begründen, der zuständigen Staatsanwaltschaft unverzüglich anzuzeigen.

Nach § 11 Satz 1 WpHG besteht danach eine gesetzliche Verpflichtung zur Strafanzeige, wenn die Tatsachen einen entsprechenden Verdacht begründen, wobei nach der Gesetzesbegründung herleiten lässt, dass sich aus der Pflicht der Bundesanstalt zur Anzeige bestimmter Tatsachen nicht zugleich auch ein Verbot ableiten lässt, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft schon zu einem früheren Zeitpunkt zu erstatten (Döhmel in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, § 11 Rn. 4).

Bezüglich der Frage des Vorliegens eines Verdachts kann – entgegen der Auffassung der Klagepartei (z.B. Blatt 128 AkteLG) – nicht auf den in § 152 Abs. 2 StPO definierten strafprozessualen Anfangsverdacht abgestellt werden (zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat), da die BaFin hierzu nicht alle maßgeblichen Parameter kennen kann (z.B. Verfolgungshindernisse). In Anbetracht der vielfältigen Marktsituationen muss die Bundesanstalt daher nur die Mutmaßung haben, dass das Marktgeschehen nicht auf legale Handelsaktivitäten zurückzuführen ist, sondern auf einer strafbewehrten Handlung beruht, um die Anzeigepflicht auszulösen. Dies ist ein Stadium des Verdachts direkt und unmittelbar vor dem Anfangsverdacht. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst nicht die Begrifflichkeit des Anfangsverdachtes gewählt hat, um die Anzeigepflicht der Bundesanstalt entstehen zu lassen (Döhmel in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl. 2023, § 11 Rn. 7).

3.         Vortrag der Parteien

Die Klagepartei bezieht sich insoweit auf einen Artikel in der FAZ vom 16.04.2019, in dem wie folgt ausgeführt wird:

„Wir haben Anzeige an die Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Marktmanipulation in Form einer Short Attacke in Aktien der W... AG erstattet“, sagte eine Sprecherin der Behörde. „Wir prüfen den Fall in alle Richtungen, unsere Untersuchungen wegen anderer potentieller Marktmanipulationen in Aktien der W... AG dauern an.“

Im Zeitpunkt der Erstattung der Strafanzeige hätten durch die Beiträge in der Financial Times vom 21.02.2019, 29.03.2019 und dem Bericht der Handelsüberwachungsstelle weitere Informationen vorgelegen, wonach kein Zusammenhang zwischen der Berichterstattung und dem Aufbau der Leerverkaufspositionen hergestellt werden kann.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und macht geltend, aus den Transaktionsdaten und Meldungen anderer Stellen habe der Verdacht möglicher Short-Attacken bestanden. Aus der Presseberichterstattung ergebe sich zudem, dass der Fall „in alle Richtungen“ geprüft werde, dies ergebe sich auch aus der Beantwortung einer kleinen Anfrage im deutschen Bundestag, wonach aufgrund Informationen der Beklagten ausgeführt worden sei,

Im Rahmen der laufenden Untersuchungen der BaFin wird auch mögliches Fehlverhalten von Verantwortlichen der W... AG berücksichtigt. Die Untersuchung wird in alle Richtungen geführt, soweit potenzielle Verstöße die Zuständigkeit der BaFin betreffen. Die Bundesregierung äußert sich nicht über laufende Untersuchungen.“ (BT-Drs. 19/9175).

4.         Subsumtion

Nach dem Klägervortrag kann schon nicht beurteilt werden, welche falschen Tatsachen dem Verdacht zugrunde gelegt worden sind, weshalb danach schon nicht beurteilt werden kann, warum insoweit ein unrichtiger Sachverhalt mitgeteilt worden sein soll. Warum die Anzeige amtspflichtwidrig und amtsmissbräuchlich erstattet worden sein soll, hat die Klagepartei danach schon nicht hinreichend dargelegt.

Soweit die Klagepartei darauf abstellen will, dass die Berichterstattung nicht zum Aufbau von Leerverkaufspositionen beigetragen habe, insoweit kein Zusammenhang hergestellt werden könne, ergibt sich aus dem – insoweit übereinstimmenden – Parteivortrag, dass der Anstieg der Leerverkaufspositionen erst nach der Veröffentlichung vom 30.01.2019 erfolgt ist (vergleiche dazu oben unter E.III.1.), danach also sehr wohl eine Ursächlichkeit der Berichterstattung angenommen werden kann.

Angesichts der auch ansonsten vorliegenden Indizien für das Vorliegen einer möglichen Short-Attacke als Folge der Presseberichterstattung und der zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest stehenden Vorwürfe gegen die Verantwortlichen der W... AG war die Annahme einer möglichen Marktmanipulation zumindest vertretbar, denn aus der Chronologie der Ereignisse ergibt sich, dass die zentralen Vorwürfe einer Manipulation bzgl. des Drittpartnergeschäfts und der fehlenden 1,9 Milliarden Euro erst im Zeitraum April bis Juni 2020 festgestellt wurden. Danach wurden mit den Pressberichten über die Medien öffentlich Sachverhalte verbreitet, die möglicherweise falsch beziehungsweise irreführend waren.

Soweit die Klägerseite bestritten hat, dass der Beklagten ausreichende Informationen vorlagen, wurde die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Klagepartei muss eine Amtspflichtverletzung darlegen und die dafür notwendigen Anknüpfungstatsachen mitteilen.

VI.        Amtsmissbrauch

Da nach den Ausführungen unter E.III.2. und E.V.4. ein vorsätzlich amtspflichtwidriges Verhalten der Beklagten nicht feststellbar ist, deren Entscheidungen vielmehr jedenfalls vertretbar waren, fehlt es am Vorliegen der notwendigen Anknüpfungstatsachen für ein bewusst amtsmissbräuchliches Verhalten (vergleiche auch unter E.X.). Aus den oben festgestellten Umständen des vorliegenden Einzelfalles liegt auch kein Sachverhalt vor, der die Annahme einer Amtspflichtverletzung im Widerspruch mit den Forderungen von Treu und Glauben oder guter Sitte rechtfertigt.

VII.       Pflichtverletzung (abweichende Begründung gegenüber ESMA)

Soweit die Klagepartei geltend macht, gegenüber der ESMA sei wissentlich falsch unterrichtet worden, weil dort auch die Befürchtung einer Beeinträchtigung der Finanzstabilität mitgeteilt worden sei (Blatt 17 – 21 AkteLG; Blatt 29 – 30 eA), lässt sich der zitierten Stellungnahme der ESMA gerade keine Bedrohung der Finanzstabilität entnehmen. Denn die zitierte Ziffer 32 der Stellungnahme führt lediglich aus, dass die Beklagte

Bedenken über die Möglichkeit geäußert hat, dass sich ähnliche Praktiken (falls sich der Verdacht auf Marktmanipulation bestätigt) auf andere DAX 30-Emittenten ausweiten könnten, von denen einige Finanzinstitute und Marktinfrastrukturanbieter sind.

Danach wird lediglich mitgeteilt, dass eine mögliche Ausweitung auf andere DAX-Unternehmen befürchtet wurde, was gerade noch keine Bedrohung der Finanzstabilität begründet, weil damit keine Ansteckungseffekte für das gesamte (Finanz-) System geschildert wurden.

Gleiches gilt für die Ziffer 17 der Stellungnahme der ESMA, in der ausgeführt wird,

Die BaFin weist darauf hin, dass die derzeitige Situation zu einem Vertrauensverlust der auf dem deutschen Markt tätigen Anleger führen kann, da eine verlässliche Preisfindung/Preisermittlung nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann. Ein zusätzliches Problem sieht die BaFin in der potenziellen Ansteckungsgefahr, da sich das fehlende Vertrauen in eine angemessene Kursfeststellung auf andere Emittenten erweitern kann, auch auf DAX-Emittenten und Finanzinstitute.

Auch damit ist gerade noch keine Bedrohung der Finanzstabilität mitgeteilt, da ein möglicher Vertrauensverlust und die potenzielle Ansteckungsgefahr gerade noch nicht genügen, um die oben dargestellten Kriterien von Art. 24 der Delegationsverordnung (E.II.1.) zu erfüllen, weil die dort definierten Funktionsbeeinträchtigungen – auch nach der Definition der Klagepartei – nur als möglich beschrieben wurden, wiederum keine Ansteckungseffekte für das gesamte System, den Gesamtmarkt mitgeteilt wurden.

VIII.      Drittschützende Amtspflichtverletzung

Da nach den obigen Ausführungen ein bewusstes Handeln außerhalb der eingeräumten Befugnisse, ein bewusst rechtswidriges und amtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten nicht festgestellt werden kann, fehlt es angesichts der klaren Regelung in § 4 Abs. 4 FinDAG auch an der notwendigen Drittgerichtetheit einer Amtspflichtverletzung. Art. 41 der Leerverkaufsverordnung begründet insoweit keinen Verbraucherschutz.

1.         Vorgaben bezüglich der Drittgerichtetheit

Ob eine Amtspflicht gegenüber einem geschädigten Dritten besteht, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht – wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch – den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die maßgebliche Amtshandlung. Andererseits genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat; die Amtshandlung muss entweder im Interesse des Dritten vorgenommen werden oder in seine Rechtsstellung eingreifen. Für die Frage, ob der Geschädigte zu dem Personenkreis zu rechnen ist, dessen Interessen durch die Amtspflicht (mit) geschützt werden sollen, oder ob er lediglich reflexartig durch die Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden Amtspflichten begünstigt wird, kommt es wesentlich darauf an, welche Wertungen und Zielvorstellungen dem betreffenden Gesetz mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu entnehmen sind. Danach ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt auf den Schutzzweck der Amtspflicht an (BGH vom 15.08.2019 – III ZR 18/19 – Rn. 41; BGHZ 223, 72 [84 f.]; BGH vom 26.04.2018 – III ZR 367/16 – Rn. 25; BGH vom 20.10.2016 – III ZR 278/15 – Rn. 21 – 23, BGHZ 212, 303 [310 – 311]; BGH vom 14.07.2016 – III ZR 265/15 – Rn. 16, BGHZ 211, 171 [176 f.]; BGH vom 15.10.2009 – III ZR 8/09 – Rn. 14, BGHZ 182, 370 [374]; BGHZ 134, 268 [276]; BGH vom 26.01.1989 – III ZR 194/87 – BGHZ 106, 323 [331]; vergleiche schon BGHZ 10, 122 [124: „…, ob die Amts-Pflicht nach dem Zweck, dem sie dienen soll, dem Beamten im Interesse einzelner Personen auferlegt ist.“]). Die Drittgerichtetheit jeder Amtspflicht ist anhand ihres jeweiligen Schutzzwecks einzeln zu bestimmen (BGH vom 01.12.2022 – III ZR 54/21 – Rn. 11).

2.         § 4 Abs. 4 FinDAG

§ 4 Abs. 4 FinDAG bestimmt ausdrücklich, dass die Bundesanstalt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt sich, dass die Beklagte ihre Aufgaben und Befugnisse allein im öffentlichen Interesse ausübt, gegenüber privaten Anteilseignern also keine Amtspflichten bestehen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass dieser Bereich dem amtshaftungsrechtlichen Schutz entzogen ist. Geht es um eine Tätigkeit, die – wie dies bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes allgemein der Fall ist – nur einem öffentlichen Interesse dient, ohne dass hiervon Rechtsbeziehungen zu bestimmten dritten Personen betroffen sind, fehlt es in der Regel an der erforderlichen besonderen Beziehung, die den Dritten in den Schutz der Amtspflicht einbezieht (BGHZ 162, 49 [56]).

Auch die Gesetzesmaterialien führen dazu deutlich aus,

„Die Vorschrift verdeutlicht, dass die Aufgabenwahrnehmung durch die Bundesanstalt nur im öffentlichen Interesse erfolgt. Privatrechtliche Ansprüche werden von der Bundesanstalt nicht geprüft. Die Durchsetzung individueller Ansprüche gehört nicht zu den Aufgaben der Bundesanstalt. Die Regelung entspricht dem früheren § 6 Abs. 4 KWG bzw. § 4 Abs. 2 WpHG.“ (BT-Drs. 14/7033, S. 34).

Aus der Bezugnahme auf die Vorgängerregelungen ergibt sich insoweit, dass gerade keine Amtspflichten gegenüber Dritten bestehen sollen, nachdem die Gesetzesmaterialien zu § 6 Abs. 4 KWG ausführen,

„Die Änderung stellt für sämtliche dem Bundesaufsichtsamt zugewiesenen Aufgaben klar, dass sie zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. Amtspflichten gegenüber den durch das Wirken des Bundesaufsichtsamtes nur mittelbar geschützten Personen oder Personenkreisen werden bei der Tätigkeit des Bundesaufsichtsamtes deshalb nicht begründet.

In erster Linie soll durch die gesetzesübergreifende Neuregelung ausgeschlossen werden, dass einzelne Personen, die in geschäftlichen Beziehungen zu Kreditinstituten oder sonstigen Unternehmen und Privatpersonen stehen, an die das Bundesaufsichtsamt Maßnahmen richten kann, wegen eines bestimmten Handelns oder Unterlassens der Behörde Schadensersatzansprüche gegen den Staat erheben können.“ (BT-Drs. 10/1441, S. 20).

3.         § 4 Abs. 4 FinDAG ist unionsrechtskonform

Der europäische Gerichtshof hat bereits entschieden, dass sich weder aus dem Umstand, dass eine Richtlinie bestimmten Stellen Überwachungspflichten auferlegt, noch daraus, dass diese Richtlinie auch den Schutz der Geschädigten bezweckt, zwingend ergibt, dass sie Rechte zugunsten der Geschädigten für den Fall schaffen soll, dass die betreffenden Stellen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, was insbesondere dann gilt, wenn die Richtlinie keine ausdrückliche Bestimmung enthält, die derartige Rechte gewährt (EuGH, Urteil vom 16.02.2017, C-219/15 Rn. 55 – Schmitt/TÜV Rheinland; EuGH, Urteil vom 12.10.2004, C-222/02 Rn. 38 – 40 – Paul).

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die bisherigen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs jeweils im Bereich der europarechtlich determinierten Einlagensicherung ergangen sind, ein solches System aber bei Kapitalanlegern gerade nicht existiert, weshalb aus europarechtlicher Sicht kein Anlass besteht, § 4 Abs. 4 FinDAG anders auszulegen, weshalb im Ergebnis europarechtliche Regelungen insoweit nicht entgegenstehen.

Ergänzend verweist der Senat auf den Beschluss des OLG Frankfurt vom 24.01.2023, 1 U 183/22, juris Rn. 61 – 69 Bezug und macht diese zum Gegenstand der vorliegenden Entscheidung:

Randnummer 61

(2) Der Ausschluss des Drittschutzes und damit der Ausschluss von Staatshaftungsansprüchen durch § 4 Abs. 4 FinDAG ist auch unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowie der Regelungen der MAR oder der Transparenz-RL nicht als unionsrechtswidrig anzusehen.

Randnummer 62

In der oben zitierten Entscheidung vom 12. Oktober 2004 - Rs.C-222/02 (Paul) - hat der Gerichtshof die Europarechtskonformität der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 4 KWG, welcher dem heute geltenden § 4 Abs. 4 FinDAG entspricht, bestätigt. Diese Entscheidung ist im Anschluss an die Insolvenz einer Bank im Zusammenhang mit dem Einlagensicherungssystem ergangen, und der Gerichtshof hat entschieden, dass die bankrechtlichen EU-Richtlinien zwar den Schutz der Anleger bezwecken, deswegen jedoch dem einzelnen Anleger nicht das Recht auf ein Einschreiten der Bankenaufsicht oder eine diesbezügliche Amtshaftung einzuräumen ist.

Randnummer 63

Auch die in der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 04.10.2018 - Rs. C-571/16 (Kantarev) - entwickelten Grundsätze legen keine andere Interpretation des § 4 Abs. 4 FinDAG nahe. Diese Entscheidung ist ebenfalls im Zusammenhang mit dem Einlagensicherungssystem ergangen, und der Gerichtshof hat entschieden, dass es sich bei Art. 1 Nr. 3 Ziff. i der Richtlinie 94/19 (bzw. Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2014/49/EU) um eine Unionsrechtsvorschrift handelt, die u. a. die Einleger schützen und dem Einzelnen Rechte verleihen soll und dass nach dem Effektivitätsgrundsatz nationale Verfahrensvorschriften die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Urteil vom 4. Oktober 2018 - C-571/16 -, Rn. 102 ff., juris). Die Haftung wurde durch die fehlerhafte Umsetzung des Einlagensicherungssystems begründet.

Randnummer 64

Ein derartiges System existiert bei Kapitalanlegern aber schon nicht. Diese unterfallen nicht der Einlagensicherungsrichtlinie 2014/49/EU, welche die frühere Einlagensicherungsrichtlinie 94/19EU ersetzt; für sie existiert gerade kein vom Unionsgesetzgeber gewollter Mindestschutz, der ausdrücklich das Kapital bis zu einer gewissen Summe absichert.

Randnummer 65

Der Ausschluss des Drittschutzes gilt auch in Ansehung der Regelungen der MAR. Zwar soll die MAR nach ihrem Art. 1 ausdrücklich den Anlegerschutz und das Vertrauen der Anleger in die Märkte stärken. Die Regelungen begründen aber keine subjektiven Rechte der Anleger. Vielmehr wird in erster Linie die an die Betreiber von Märkten gerichtete Verpflichtung begründet, wirksame Regelungen zur Vorbeugung von Insidergeschäften und Marktmissbrauch zu schaffen (Art. 16 MAR). Die Vorschriften über die Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Behörden in den Art. 23 ff. MAR sehen im Wesentlichen nur die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und vor allem der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vor, der konkrete Bezug unmittelbar zu den Anlegern ist hierbei aber nicht ersichtlich (so zutreffend Schwarzfischer/Falk: Anlegerseitige Inanspruchnahme von Aufsichtsbehörden und Prüfern, ZIP 2021, 547, 552; vgl. auch LG Wuppertal, Urteil vom 10. September 2021 - 2 O 441/20 -, Rn. 39 f., juris).

Randnummer 66

Demnach bezwecken die Regelungen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Kapitalmarktrecht zwar auch den Schutz der Anleger. Die Vorschriften der MAR verleihen dem Einzelnen aber keine individuellen Rechte. Gleiches gilt für die Transparenz-RL, die ebenfalls keine individuellen Ansprüche der Anleger auf ein behördliches Einschreiten vorsieht.

Randnummer 67

Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften können die Schutzziele einer Richtlinie nicht mit der Begründung individueller Ansprüche gleichgesetzt werden. Der Gerichtshof hat bereits in der oben zitierten Entscheidung vom 12. Oktober 2004 - Rs.C-222/02 (Paul) - eine Differenzierung zwischen den Schutzzielen einer Richtlinie einerseits und der hiervon zu unterscheidenden Frage der Einräumung individueller Rechte andererseits getroffen und deren Gleichsetzung eine Absage erteilt. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs vom 04.10.2018 - Rs. C-571/16 (Kantarev) - ergibt sich nichts Abweichendes. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, von seiner Rechtsprechung abzuweichen, dass § 4 Abs. 4 FinDAG, der die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse der Bundesanstalt ganz allgemein in das öffentliche Interesse stellt, europarechtskonform ist und auf alle kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen, die Aufgaben und Befugnisse der Bundesanstalt vorsehen, Anwendung findet. Im Bereich des Kapitalmarktrechts bezweckt die Aufsichtstätigkeit der Beklagten alleine den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, während der Individualschutz der Anleger ein reiner Rechtsreflex ist (Senat, Urteil vom 6. Februar 2020 - 1 U 83/19 -, a.a.O.). Die Vorschrift widerspricht entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht nicht individualschützenden Bestimmungen des Unionsrechts mit der Folge, dass entweder durch eine europarechtskonforme Auslegung oder durch Nichtanwendung der Vorschrift der nationale Amtshaftungsanspruch nicht ausgeschlossen wird (so aber Lehmann/Schürger, Staatshaftung für Versäumnisse der BaFin im Fall X - Teil II - WM 2021, 905, 908).

Randnummer 68

(3) Abgesehen davon, wäre die Vorschrift selbst dann als wirksam anzusehen, wenn ein Verstoß gegen Unionsrecht feststellbar wäre. Der Gesetzgeber hat - wie dargelegt - klar zu erkennen gegeben, dass er als Ziel und Zweck der aufsichtlichen Tätigkeit nur das öffentliche Interesse und nicht die Wahrung individueller Interessen sieht. Nach der gesetzgeberischen Intention ist damit ein Handeln der Bundesanstalt im Individualinteresse einzelner Personen ausgeschlossen (so auch Döhmel in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu §§ 6-11 WpHG Rn 52). Die Auslegung des nationalen Rechts kann nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Das verbietet das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip. Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2020 - XI ZR 198/19 -, Rn. 10 ff., juris). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften darf die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 11. September 2019 - C-143/18 -, Rn. 38, juris). Dem Unionsrecht kommt nur ein Anwendungs- und kein Geltungsvorrang vor dem deutschen Recht zu, so dass ein Verstoß gegen Unionsrecht auch nicht zur Nichtigkeit der nationalen Regelung führt. Genügt ein Rechtssatz des deutschen Rechts den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, bleibt er selbst dann wirksam, wenn er gegen Unionsrecht verstößt (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17 -, BVerfGE 153, 74-182, Rn. 114). Nichts anderes folgt aus dem Grundsatz der Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, der zwar deutsche Stellen verfassungsrechtlich zur Einhaltung des Unionsrechts verpflichtet und dazu, Verstöße gegen das Unionsrecht zu vermeiden, soweit es im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts möglich ist. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass das Unionsrecht selbst zum verfassungsrechtlichen Maßstab würde (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17 -, a.a.O., Rn. 115).

Randnummer 69

(4) Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01 - (BGHZ 162, 49-66, juris) ist zudem höchstrichterlich entschieden, dass § 4 Abs. 4 FinDAG auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung insbesondere auch die Vereinbarkeit der Bestimmung mit der nach Art. 34 Satz 1 GG gewährleisteten Haftung des Staates für Amtspflichtverletzungen bejaht und eingehend dargelegt, dass Art. 34 GG eine Begrenzung der Amtshaftung für einen mittelbar von hoheitlicher Tätigkeit betroffenen Personenkreis zulässt und dass die Versagung eines amtshaftungsrechtlichen Schutzes für einen solchen Personenkreis mit Rücksicht auf die unübersehbare Vielzahl von Betroffenen sowie in Ansehung der Komplexität des Aufsichtsrechts verfassungsrechtlich hinreichend legitimiert ist. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung auch näher begründet, dass § 4 Abs. 4 FinDAG mit einer ggf. aus Art. 14 GG abzuleitenden grundrechtlichen Schutzpflicht vereinbar ist und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dargelegt, dass ein amtshaftungsrechtlicher Drittschutz durch das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht gefordert wird und der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung auch berücksichtigen durfte, dass einerseits wegen sonst drohender Haftungsfolgen mit zu weit gehenden Maßnahmen die bisherige marktwirtschaftskonforme Aufsichtskonzeption gefährdet wird, andererseits die Anerkennung einer Schadensersatzpflicht zu unabsehbaren Haftungsrisiken für den Staat führen könnte. Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bereits im Urteil vom 6. Februar 2020 - 1 U 83/19 - angeschlossen.

Das europäische Gemeinschaftsrecht steht danach der in § 4 Abs. 4 FinDAG getroffenen Regelung nicht entgegen.

4.         Art. 41 der Leerverkaufsverordnung

Die Regelung in Art. 41 der Leerverkaufsverordnung in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 2 führt insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis. Dem steht schon entgegen, dass – entgegen der Auffassung der Klagepartei – ein bewusster Verstoß gegen die Verordnung nicht festgestellt werden kann (s.o. unter E.III.2., E.V.4. und E.X.)

Soweit die Klagepartei darauf abstellt, dass Art. 41 den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des Europarechts begründe, die Leerverkaufsverordnung ausweislich des Erwägungsgrundes 2 erklärtermaßen auch dem Verbraucher- und Anlegerschutz diene, begründet dies nach den soeben dargestellten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (E.VIII.3.) gerade keinen Drittschutz. Die Leerverkaufsverordnung dient in erster Linie der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarkts (Erwägungsgrund 2) und enthält an keiner Stelle Regelungen, die für Pflichtenverstöße der Behörden Rechte zugunsten von Geschädigten statuiert.

IX.        Kausalität

Mit dem OLG München (1 U 1121/24 e vom 21.10.2024) ist der Zurechnungszusammenhang zu verneinen.

1.         Kausalität

Die Kausalität einer Handlung für einen Schaden setzt zunächst voraus, dass die Handlung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg entfiele (Äquivalente Kausalität). Eine Ermessensentscheidung - eine solche lag hier aufgrund des Wortlauts von Art. 20 Abs.1, Abs. 2 VO (EU) 236/2012 „kann“ vor - ist darüber hinaus nur dann ursächlich für einen Schaden, wenn feststeht, dass bei richtiger Handhabung des Ermessens der Schaden nicht eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 14.06.2018 - III ZR 54/17, juris Rn. 42; BGH, Urteil vom 07.02.1985 - III ZR 212/83, juris Rn. 24).

Dies ist hier nicht der Fall: Der Vortrag der Klagepartei, dass bei einem Unterlassen der streitgegenständlichen Maßnahmen eine Abwärtsspirale des Kurses der Aktie ausgelöst worden wäre und die Banken die W... AG bereits im Frühjahr 2019 nicht weiter finanziert hätten, ist ausschließlich spekulativ. Es fehlt dazu schon an einer konkreten Darlegung der finanziellen Situation der W... AG im Frühjahr 2019. Den von der Klagepartei in der Klageschrift (ab Blatt 26 – 42 AkteLG) wiedergegebenen Aussagen von Bankmitarbeitern ist nicht zu entnehmen, dass eine Finanzierung der W... AG ohne das Leerverkaufsverbot und die Strafanzeige gegen die Journalisten der Financial Times mit Sicherheit bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr stattgefunden hätte. Der von der Klagepartei angeführte Zeuge Dr. C... (C...bank) hat vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zwar angegeben, dass man das Leerverkaufsverbot als Bestätigung gesehen habe, dass die Kreditmaterialität des Unternehmens W... nicht in Frage gestellt werde. Der Zeuge hat aber auch weiter ausgeführt, dass das auf die Entscheidung, wie die Bank den Kredit beendet habe (wegen Geldwäscherisiken gegründet auf Verdachtsmomente gegen Kunden von W...), keinen Einfluss gehabt habe. Der „soft exit“ aus der Geschäftsbeziehung sei dann unabhängig von den Entscheidungen der Beklagten wegen unplausibler Geschäfte der W... AG zügig im April oder Mai 2019 beschlossen worden (vgl. Protokoll der Zeugenaussage des Dr. C... vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages am 14.01.2021, Anlage K 18, S. 61, 62). Der Senat kann unter diesen Umständen nicht davon ausgehen, dass bereits vor dem streitgegenständlichen Aktienkauf ohne die Maßnahmen der Beklagten ein Insolvenztatbestand eingetreten wäre. Es handelt sich um eine reine Vermutung (OLG München, Beschluss vom 21.10.2024, 1 U 1121/24 e).

Den Maßnahmen der Beklagten (Leerverkaufsverbot vom 18.02.2019 und der Strafanzeige vom 09.04.2019) ist der Aussagegehalt, den die Klagepartei ihnen beimisst (Blatt vgl. Klageschrift unter Ziffer I. 4 ab Blatt 26 – 41 AkteLG), nicht zu entnehmen. Mit dem Erlass der Allgemeinverfügung ist seitens der Beklagten kein „Zeichen gesetzt worden“, dass seitens der Beklagten keine Bedenken hinsichtlich der Tätigkeit der W... AG bestehen bzw. die in den Artikeln der Financial Times erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien. Es handelte sich ersichtlich um eine eilige Vorsorgemaßnahme, der keine abschließende Prüfung der Vorwürfe gegen die W... AG vorausgehen konnte. Deshalb ist auch der Schaden, der darauf beruhen soll, dass die Klagepartei auf diese angebliche Aussage vertraut haben will, nicht ersatzfähig. Das gerügte Verhalten der Beklagten enthält nicht die Aussage, dass die W... AG oder Vorwürfe gegen diese behördlich überprüft worden seien und die W... AG für vertrauenswürdig befunden worden sei (OLG München, Beschluss vom 21.10.2024, 1 U 1121/24 e).

2.         Zurechnungszusammenhang

Des Weiteren fehlt es auch am erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden der Klagepartei und den behaupteten Amtspflichtverletzungen. Selbst wenn der Schaden der Klagepartei äquivalent kausal durch den Erlass des Leerverkaufsverbots verursacht wäre, ginge eine allein an der Äquivalenztheorie ausgerichtete Haftung erheblich zu weit, sie kann lediglich die Funktion eines Negativfilters übernehmen und muss deshalb eingeschränkt werden (vgl. zum Erfordernis des Zurechnungszusammenhangs BGHZ 2, 138 [141]; weitere Nachweise bei MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 249 Rn. 104). Maßgeblich ist neben der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts (Adäquanztheorie) auch der von der verletzten Norm verfolgte Zweck (jurisPK-BGB/Rüßmann § 249 BGB Rn. 31; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 249 Rn. 117). Entscheidend ist letztlich, für welche Gefahren der Schädiger nach dem Zweck der Haftungsnorm aufkommen soll (BGH, Urteil vom 27.01.2981 - VI ZR 204/79 - juris Rn. 14).

Die Befugnisse der Beklagten, tätig zu werden, um das Marktvertrauen zu schützen, haben Beruhigungsfunktion. Aus der Leerverkaufsverordnung (VO (EU) Nr. 236/2012) ergibt sich, dass Maßnahmen wie Leerverkaufsbeschränkungen einen ungeordneten Kursverfall verhindern sollen und aufgrund verschiedener ungünstiger Ereignisse und Entwicklungen erforderlich werden können (Erwägungsgrund 27). Die Maßnahmen sollen gewährleisten, dass es keine Überhitzung des Marktes gibt (unabhängig davon, ob Zeitungsberichte wie die der Financial Times oder sonstige Faktoren, die sich auf das Marktverhalten auswirken, diese zutreffend oder falsch sind). Die Maßnahme „Leerverkaufsverbot“ beinhaltet für den betroffenen Verkehrskreis daher allenfalls die Aussage, dass die Aufsichtsbehörde den Markt im Erlasszeitpunkt für so volatil hielt, dass sie Eingriffsbedarf sah, selbst wenn die Vorwürfe aus dem Financial Times Bericht stimmten. Die Aussage „das Unternehmen W... AG ist gesund“, ist der Maßnahme „Leerverkaufsverbot“ und auch der Strafanzeige wegen des Verdachts von Short-Attacken gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr sind diese Maßnahmen eher ein Anzeichen dafür, dass Vorsicht beim Handel mit dem betroffenen Wertpapier geboten ist, hätten hier im sprichwörtlichen Sinne die „Warnlampen“ leuchten müssen. Für die beteiligten Verkehrskreise ließen die Maßnahmen der Beklagten darauf schließen, diese versuche zu erreichen, dass die Spielregeln des Marktes eingehalten und eine generelle Abwärtsspirale vermieden werde. Aussagen über die Validität der Vorwürfe gegen die W... AG wurden damit aber gerade nicht getroffen. Die Staatskasse haftet nicht für ein Vertrauen, das eine staatliche Maßnahme nicht begründen könnte, selbst wenn die staatliche Maßnahme rechtswidrig gewesen sein sollte. Es fand gerade keine Absicherung von spekulativen Geschäften der Klagepartei durch die Beklagte statt, sondern nur ein Tätigwerden zur Einhaltung der Spielregeln des Marktes (ebenso OLG München, Beschluss vom 21.10.2024, 1 U 1121/24 e; OLG München, Beschluss vom 04.12.2024, 1 U 1488/24 e). Mit einem beabsichtigten Schutz des Marktvertrauens soll nicht das Vertrauen in den Erwerb von Aktien eines bestimmten Unternehmens geschützt werden – es geht nur um das Systemvertrauen in das Funktionieren der Märkte.

Im Übrigen hat die Anhörung des Klägers vor dem Senat gezeigt, dass die Entscheidungen zum Aktienkauf gerade nicht von einem Vertrauen in die Entscheidung der Beklagten geprägt war, nachdem er sich mit allem Für und Wider – also nach einer Abwägung der Vor- und Nachteile - zum Kauf entschieden hat. Dem Kläger waren auch die Risiken eines entsprechenden Aktienerwerbs bekannt, nachdem er vor dem Senat geschildert hat, dass ihm die Presseberichte bekannt waren, dass bei der W...-AG möglicherweise etwas nicht stimmt.

Angesichts der Tatsache, dass das Leerverkaufsverbot bereits im Mai 2019 ausgelaufen war, der Kläger aber erst im April 2020 Aktien erworben hat – die Aktien bis dahin ebenfalls erheblichen Schwankungen unterlegen waren – bestehen im Übrigen Zweifel, welche Marktauswirkungen für 2020 hier gegeben waren.

X.         Verschulden

Da die Auslegung der Vorgaben für einen Leerverkauf bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist, liegt angesichts der oben gemachten Ausführungen zu den Vorgaben (vergleiche dazu E.II.2. und E.III.2.) eine vertretbare Auslegung vor, weshalb es auch an einem Verschulden der maßgeblichen Mitarbeiter auf Seite der Beklagten fehlt.

1.         Vorgaben

Das Verschulden muss sich nur auf die Verletzung der Amtspflicht beziehen; dass der Beamte den hieraus für einen in den Schutzbereich der Amtspflicht einbezogenen Dritten entstandenen Schaden - oder überhaupt einen Schaden - vorausgesehen hat oder voraussehen konnte, ist nicht erforderlich (BGHZ 135, 354 [362]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 192). Bei der Verschuldensprüfung ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von einem Amtsträger generell erwartet werden kann (BGH NJW 2013, 3176 Rn. 10 = BGHZ 198, 1 [4 f. Rn. 10]).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Amtsträger vorsätzlich, wenn er sich bewusst über die verletzte Amtspflicht hinwegsetzt. Zum Vorsatz gehört nicht nur die Kenntnis der Tatsachen, aus denen die Pflichtverletzung sich objektiv ergibt, sondern auch das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit, also das Bewusstsein, gegen eine Amtspflicht zu verstoßen. Insoweit muss der Beamte zumindest mit der Möglichkeit eines solchen Verstoßes rechnen und diesen billigend in Kauf nehmen (BGH NVwZ 1992, 911; BGHR § 839 Abs. 1 Satz 1 Vorsatz 1; BGHR § 839 Abs. 1 Satz 1 Vorsatz 2; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 195).

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB).  Fahrlässigkeit ist demnach gegeben, wenn der Beamte bei Beachtung der für seinen Pflichtenkreis erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass er seiner Amtspflicht zuwiderhandelt (BGHZ 106, 323 [330]; BGH NJW 2001, 2626 [2629]; BGH VersR 1968, 371 [373]; BGH VersR 1967, 1150 [1151]; BGH VersR 1964, 309 [311]; BGH VersR 1961, 507 [509]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 198).

Die an die Sorgfaltspflicht zu stellenden Anforderungen richten sich danach, was bei dem Sachverhalt, den der Beamte nach seiner Kenntnis der Dinge als gegeben ansehen konnte, von einem pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten erwartet werden darf (BGHZ 188, 302 Rn. 13; BGHZ 106, 323 [330]; BGH NJW 2001, 2626 [2629]; BGH VersR 1968, 371 [373]; BGH VersR 1967, 1150 [1151]; BGH VersR 1964, 309 [311]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 199). Insoweit ist jeder Beamte verpflichtet, sich über die Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung auf dem Laufenden zu halten, soweit sie für sein Sachgebiet einschlägig ist (BGHZ 188, 302 Rn. 13; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 200). Der Bundesgerichtshof wendet im Amtshaftungsrecht insoweit einen objektivierten Sorgfaltsmaßstab an (BGHZ 129, 226 [232]; BGHZ 106, 323 [329 - 330]).

Die Frage des Verschuldens bei einer unrichtigen Gesetzesauslegung ist differenziert zu betrachten. Eine infolge unrichtiger Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung fehlerhafte Amtsausübung ist jedenfalls dann schuldhafte Amtspflichtverletzung, wenn die Auslegung gegen den klaren, bestimmten und völlig eindeutigen Wortlaut des Gesetzes verstößt (BGHZ 30, 19 [22]; BGH NJW 1968, 2144 [2145]; BGH WM 1976, 873 [875]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204). Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung liegt auch vor bei einer offenbar unrichtigen, nicht mehr vertretbaren Gesetzesauslegung, die zu Rechtsprechung und Schrifttum - bei fehlender Rechtsprechung zu der eindeutigen Auslegung im Schrifttum - in Widerspruch steht (BGH NJW 1984, 168 [169]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204). Auch wenn es um eine Rechtsfrage geht, zu der es noch keine Rechtsprechung und noch keine Stellungnahme im Schrifttum gibt, kann ein Fahrlässigkeitsvorwurf begründet sein, wenn sich Auslegung und Anwendung so weit von Wortlaut und Sinn der Norm entfernen, dass das gewonnene Ergebnis nicht mehr als vertretbar angesehen werden kann (BGHR § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Verschulden 18; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine schuldhafte Verletzung von Amtspflichten vor, wenn der Beamte sich mit seiner Auslegung in Gegensatz zu einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt (BGHZ 30, 19 [22]; BGH NJW 1968, 2144 [2145]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 205), selbst wenn nur eine einzige höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 206).

Demgegenüber fehlt es an einem Verschulden bei einer zwar unrichtigen, aber nach gewissenhafter Prüfung der zu Gebote stehenden Hilfsmittel auf vernünftige Überlegungen gestützten Auslegung bei solchen Gesetzesbestimmungen, die für die Auslegung Zweifel in sich tragen: Dies gilt insbesondere bei neuen Regelungen und dann, wenn die auftauchenden Auslegungsfragen noch nicht ausgetragen sind (BGH MDR 1982, 35; BGH VersR 1967, 1150 [1151]; BGH NJW 1968, 2144 [2145]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204).

Dem Beamten kann kein Verschuldensvorwurf gemacht werden, wenn seine nach sorgfältiger Prüfung erlangte und vertretbare Rechtsauffassung später von den Gerichten missbilligt wird (BGHZ 161, 305 [309]; BGHZ 143, 362 [371]; BGHZ 119, 365 [369 - 370]; BGH NJW 1994, 3158 [3159]; BGH NJW 1979, 2097 [2098]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204). Dabei genügt es, wenn auch nur eine der tragenden Begründungen nicht schuldhaft gewesen ist (BGH NJW 2005, 749). Eine Behörde, die ihre vertretbare, wenn auch in einem späteren Rechtsstreit missbilligte Rechtsmeinung auf Grund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat, trifft auch dann nicht ohne weiteres der Vorwurf der Fahrlässigkeit, wenn sie sich in der Folgezeit einer gegen sie ergangenen nicht rechtskräftigen Entscheidung nicht beugt. Ob die Rechtslage durch das ihr nachteilige Urteil so eindeutig geklärt worden ist, dass ein Festhalten an ihrer ablehnenden Haltung nicht mehr vertretbar erscheint, muss stets der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten bleiben (BGH NJW 1994, 3158 [3159]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204).

Allerdings reicht die bloße Vertretbarkeit nicht aus; hinzukommen muss kumulativ, dass die betreffende Rechtsmeinung auf Grund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen worden war. Fehlt es an dieser (zweiten) Voraussetzung, kann ein Schuldvorwurf bereits unter diesem Gesichtspunkt begründet sein (BGHZ 119, 365 [370]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 204).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine schuldhafte Verletzung von Amtspflichten vor, wenn der Beamte sich mit seiner Auslegung in Gegensatz zu einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt (BGHZ 30, 19 [22]; BGH NJW 1968, 2144 [2145]; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 205).

2.         Subsumtion

Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Leerverkaufsverordnung war nach den oben unter E.II.2. und E.III.2. dargestellten Maßstäben zumindest vertretbar. Angesichts der unstreitigen Abläufe hinsichtlich der Klärung der Vorgaben bezüglich eines Leerverkaufsverbots – insbesondere der Einbeziehung der ESMA und der deutschen Bundesbank (vergleiche hierzu die obige Chronologie) – ist diese Rechtsmeinung auch auf Grund einer sorgfältigen Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen gewonnen worden.

XI.        Unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, andere Ansprüche

Aus den vorherigen Ausführungen ergibt sich, dass ein Anspruch nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Staatshaftungsrechts (zum Begriff, BGH Beschluss vom 04.06.2010, III ZR 140/09, Leitsatz; Dörr WM 2010, 961 Fn. 3) oder § 826 BGB nicht in Betracht kommt.

1.         Unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch

Für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wäre erforderlich,

-         der Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte einzuräumen, das ist der Fall, wenn die fragliche Norm der Union darauf abzielt, einem hinreichend bestimmten Personenkreis ein Recht einzuräumen, dessen Inhalt sich anhand der verletzten Norm ermitteln lässt,

-           das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes, was üblicherweise bei einer offenkundigen und erheblichen Überschreitung von Befugnissen angenommen wird,

-           ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden.

 

Die Leerverkaufsverordnung enthält gerade keine Regelungen, die Rechte zugunsten des Geschädigten statuiert, einem individuellen Geschädigten Rechte einräumen will. In der Sache kann deshalb nach der oben dargestellten (gefestigten) Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf § 4 Abs. 4 FinDAG abgestellt werden.

2.         Haftung nach § 826 BGB

Ein vorsätzliches sittenwidriges Verhalten ist mangels der Feststellbarkeit eines bewussten Handelns außerhalb der gesetzlichen Regelungen ebenfalls nicht feststellbar, zudem wäre auch insoweit § 839 BGB vorrangig anzuwenden. § 839 BGB enthält eine erschöpfende Regelung der Haftung aus schuldhafter Amtspflichtverletzung und ist damit eine Spezialvorschrift, neben der für die Anwendung der §§ 823 ff. BGB grundsätzlich kein Raum bleibt. In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB (BGH vom 13.04.2023 - III ZR 17/22 - Rn. 19; BGH vom 06.06.2019 - III ZR 124/18 - Rn. 10; BGH vom 09.10.2014 - III ZR 68/14 - Rn. 8; BGH vom 05.07.1990 – III ZR 217/89 – BGHZ 112, 74 [75]).  § 839 BGB schließt die allgemeinen Haftungsbestände der §§ 823 ff. BGB einschließlich des § 826 nicht nur aus, sondern nimmt sie gleichzeitig in sich auf mit der Folge, dass ein Beamter, der eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB gegenüber einem Dritten bei der Amtsausübung begeht, damit zugleich eine ihm gegenüber diesem Dritten obliegende Amtspflicht verletzt (Verletzung der Amtspflicht, Dritte nicht deliktisch zu schädigen; Staudinger/Wöstmann, BGB [2020], § 839 Rn. 122 f.).

XII.       Nebenentscheidungen

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt, es handelt sich um einen Einzelfall. Die Tatsache, dass hier bundesweit hunderte Verfahren geführt werden, führt nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung.

 



[1]      Wörtlich übersetzt: sind Handlungen … inkludiert

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