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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
24.04.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG München: Keine zwingende Zugrundelegung des Tax CAPM im Spruchverfahren bei der Festlegung der angemessenen Abfindung bei Strukturmaßnahmen (Abfindung außenstehender Aktionäre aufgrund eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertages)

OLG München, Beschluss vom 31.3.2008 - 31 Wx 88/06, rkr.

Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth 1HK O 5622/02

Leitsätze:

1. In Spruchverfahren, die vor dem Inkrafttreten des SpruchG eingeleitet wurden, kann der Nachweis der Antragsberechtigung noch im Beschwerdeverfahren erbracht werden, sofern dadurch keine Verzögerung eintritt.

2. Die gerichtliche Festsetzung des angemessenen Ausgleichs unterbleibt, wenn das Angebot der herrschenden Gesellschaft - auch im Rahmen eines Vergleichs in einem Anfechtungsverfahren - den gerichtlich festzusetzenden Betrag eindeutig übersteigt.

3. Unterliegt das zu bewertende Unternehmen in besonderem Maße konjunkturellen Schwankungen, kann es sachgerecht sein, als für die ewige Rente zu erwartendes Ergebnis den Durchschnitt der Planjahre anzusetzen.

4. Zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes, insbesondere des Risikozuschlags, bei der Ermittlung des Unternehmenswertes im Spruchverfahren.

5. Das (Tax) CAPM kann bei der Festlegung der angemessenen Abfindung bei Strukturmaßnahmen nicht als so durchgreifende methodische Verbesserung für die Bemessung des Risikozuschlags angesehen werden, dass es im Spruchverfahren zwingend zugrunde gelegt werden müsste.

AktG §§ 304, 305

Sachverhalt:

Gegenstand des Verfahrens sind der angemessene Ausgleich und die angemessene Abfindung für die außenstehenden Aktionäre aufgrund eines 2002 abgeschlossenen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages.

Die Antragsteller waren nach ihrem Vortrag Aktionäre der K. AG (Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1). Kerngeschäft des international tätigen Unternehmens ist die Herstellung von Wälzlagern. Das Stammkapital von 156.434.884,43 € war in 61.192.008 auf den Inhaber lautende Stückaktien aufgeteilt. Die K. AG schloss am 19.4.2002 mit der I. GmbH (Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 2), die zu diesem Zeitpunkt eine Mehrheitsbeteiligung von rund 89,57 % hielt, einen Beherrschungsvertrag ab, dem die Hauptversammlung der K. AG am 6.6.2002 zustimmte. Die I. GmbH hatte im September 2001 ein Übernahmeangebot abgegeben und nach Erhöhung des Kaufpreises von 11 € auf 12 € im Oktober 2001 die Mehrheit der Aktien erworben. Der Börsenkurs der Aktien der K. AG stieg nach Bekanntgabe des Übernahmeangebots von durchschnittlich 7,70 € auf rund 11 € bzw. 12 € an. Der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs in den letzten drei Monaten vor der Hauptversammlung betrug 13 € je Stückaktie.

Der Beherrschungsvertrag vom 19.4.2002 sieht eine Barabfindung in Höhe von 12 € je Stückaktie vor und garantiert als angemessenen Ausgleich einen Gewinnanteil von mindestens 0,79 € je Stückaktie. Das Landgericht hat auf Antrag der K. AG mit Beschluss vom 6.3.2002 die B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Vertragsprüfer bestellt. Sie hat die vorgeschlagenen Beträge als angemessen bewertet.

In der Hauptversammlung vom 30.10.2002 wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre beschlossen; dieser Beschluss wurde am 12.2.2003 in das Handelsregister eingetragen. Gegen diesen Beschluss hatten mehrere Aktionäre Anfechtungsklagen erhoben, die durch einen gerichtlichen Vergleich beendet wurden. Mit diesem Vergleich verpflichtete sich die beigetretene Muttergesellschaft der Hauptaktionärin „im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter, als Ersatz für die ab dem Geschäftsjahr 2002 (einschließlich) infolge der Eintragung des Übertragungsbeschlusses entfallenden Ausgleichszahlungen pauschal einen Betrag in Höhe von 1,80 € je auf den Inhaber lautende Stückaktie an diejenigen Aktionäre der Beklagten zu zahlen, die berechtigt sind, die Barabfindung gemäß dem Beschluss der Hauptversammlung vom 30.10.2002 zu erhalten. Der Betrag ist gleichzeitig mit der genannten Barabfindung fällig. Eine Anrechnung dieses Betrages auf etwaige Abfindungsergänzungsansprüche im Rahmen eines Spruchstellenverfahrens im Anschluss an die Eintragung des Übertragungsbeschlusses findet nicht statt."

Die Antragsteller haben beantragt, als angemessen eine höhere Abfindung und einen höheren Ausgleich festzusetzen. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2004 den Vertragsprüfer zur Bewertung angehört. Dieser hat ergänzend eine schriftliche Stellungnahme vom 15.4.2004 abgegeben.

Mit Beschluss vom 16.8.2006 hat das Landgericht die Anträge der Antragsteller zu 6, 9, 18, 24 und 27 als unzulässig zurückgewiesen. Die angemessene Barabfindung hat es auf 17,03 € je Stückaktie festgesetzt, den angemessenen Ausgleich auf 0,87 € je Stückaktie, abzüglich Körperschaftsteuerbelastung nebst Solidaritätszuschlag in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Steuertarifs. Dabei ging das Landgericht abweichend von der Bewertung durch Unternehmen und Vertragsprüfer von einem Risikozuschlag von 2 % anstelle von 5,5 % aus, was zu einer Herabsetzung des Kapitalisierungszinssatzes von 7,48 % (Phase I) bzw. 6,48 % (Phase II) auf 5,2 % bzw. 4,2 % führte. Den Barwert steuerlicher Verlustvorträge errechnete das Landgericht mit 105,98 Mio. € (statt 76,1 Mio. €). Weiteren Beanstandungen folgte das Landgericht nicht.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts haben die Antragsgegnerinnen sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügen vor allem die Herabsetzung des Risikozuschlags, der ihrer Ansicht nach nicht unter 5,5 % angenommen werden kann, ausgehend von einer Marktrisikoprämie von 5 % und einem Beta-Faktor von 1,1. Ferner verweisen sie darauf, dass sich unter Anwendung des Tax-CAPM ein geringerer Unternehmenswert ergeben würde.

Die Antragsteller zu 6, 9 und 18 wenden sich mit ihren sofortigen Beschwerden gegen die Abweisung ihrer Anträge als unzulässig und streben - wie auch die Antragsteller zu 13 und 16 - eine Erhöhung von Barabfindung und Ausgleich an. Die Antragsteller zu 2, 5, 8, 10, 11, 12, 14, 17 und 23 haben im Hinblick auf das Rechtsmittel der Antragsgegnerinnen Anschlussbeschwerde eingelegt. Der Senat hat eine schriftliche Stellungnahme des Vertragsprüfers eingeholt und in der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2008 den Vertragsprüfer angehört.

Aus den Gründen:

II. Die sofortigen Beschwerden und die Anschlussbeschwerden sind zulässig (§ 12 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 17 Abs. 2 SpruchG). Die Rechtsmittel haben in unterschiedlichem Umfang Erfolg.

1. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 6, 9 und 18 sind insoweit begründet, als ihre Anträge als zulässig anzusehen sind.

Das Landgericht hat mit Verfügung vom 28.10.2003 eine Reihe von Antragstellern auf den fehlenden Nachweis der Antragsberechtigung hingewiesen. Mit Verfügung vom 8.12.2003 hat das Gericht nochmals darauf hingewiesen, von welchen Antragstellern noch keine Nachweise für die Antragsberechtigung vorlagen. Ungeachtet dieser Hinweise haben die Antragsteller zu 6, 9, 18, 24 und 27 im Verfahren vor dem Landgericht keinen Nachweis für ihre Aktionärsstellung vorgelegt. Das Landgericht durfte deshalb davon ausgehen, dass sie nicht antragsberechtigt sind. Das gilt auch für den Antragsteller zu 18, der zwar in seinem Antrag vom 26.9.2002 für den Fall des Bestreitens Beweis angeboten, auf die gerichtlichen Hinweise jedoch nicht reagiert hat.

Die Antragsteller zu 6, 9 und 18 haben die in erster Instanz vom Gericht ohne Erfolg angeforderten Nachweise schließlich im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Dieses neue Vorbringen ist hier für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen, weil seine Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögert (vgl. OLG Hamburg AG 2005, 853).

2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen führt zur Herabsetzung der vom Landgericht festgesetzten Barabfindung auf 15 € je Stückaktie der K. AG (vgl. III).

Der angemessene Ausgleich ist mit 1,10 € zwar höher als vom Landgericht festgesetzt, bleibt aber hinter dem Betrag von 1,80 € zurück, der bereits aufgrund des Vergleichs im Anfechtungsverfahren geleistet wurde. Eine Festsetzung des Ausgleichs durch das Gericht ist deshalb nicht veranlasst (vgl. IV).

III. 1. Ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag muss gemäß § 305 Abs. 1 AktG die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben. Die angemessene Barabfindung (§ 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG) muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen (§ 305 Abs. 3 Satz 2 AktG).

Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BGH AG 2003, 627/628; BayObLG NJW-RR 1996, 1125/1126; Hüffer § 305 Rn. 18; MünchKommAktG/Bilda § 305 Rn. 59). Zu ermitteln ist der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136/140).

a) Bewerter und Vertragsprüfer haben bei der Ermittlung des Unternehmenswerts in nicht zu beanstandender Weise die Ertragswertmethode angewendet (vgl. BGH AG 2003, 627/628; BayObLGZ 1998, 231/235; OLG Düsseldorf AG 2001, 189/190 m.w.N.), wobei der so ermittelte Anteilswert gegebenenfalls einer Korrektur anhand des Börsenkurses bedarf (vgl. BVerfGE 100, 289/307). Nach dieser Methode werden die zukünftigen Erträge des Unternehmens geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Das nicht betriebsnotwendige (neutrale) Vermögen wird gesondert bewertet und regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt (BayObLGZ 1998, 231/235).

Zu berücksichtigen ist bei der Bewertung der vorliegenden Gutachten allerdings, dass sie nach ihren zugrunde liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage sein können, mathematisch einen exakten oder „wahren" Unternehmenswert am Stichtag festzustellen. Dem Gericht kommt somit die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert, der Grundlage für die Abfindung ist, im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (st. Rspr., vgl. BGH ZIP 2001,734/736; BayObLG AG 2006, 41; OLG München, Beschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395; OLG Stuttgart AG 2007, 128/130; ZIP 2004, 712/714).

b) Der Prüfungsbericht des gerichtlich bestellten Vertragsprüfers, die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten zusätzlichen schriftlichen Stellungnahmen und die Ausführungen im Rahmen der Anhörungen vor dem Landgericht und dem Senat sind geeignet und ausreichend, über die entscheidungserheblichen Bewertungsfragen zu befinden und den Unternehmenswert zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist die Einholung eines weiteren Gutachtens eines anderen Sachverständigen zum Unternehmenswert nicht erforderlich.

Soweit einige der Antragsteller die fachliche Eignung und die Neutralität des Vertragsprüfers in Zweifel ziehen, liegt dies neben der Sache. Die zum Vertragsprüfer bestellte B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist eine der größten in Deutschland tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die fachliche Qualifikation der für sie tätigen Mitarbeiter steht außer Frage. Der von den Antragstellern hervorgehobene Umstand, dass die im Banksektor erbrachte, teilweise bereits länger zurückliegende Tätigkeit der B. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen war, weist keinerlei Bezug zum vorliegenden Verfahren auf.

2. Hinsichtlich der Ertragsprognosen sieht der Senat die vom Vertragsprüfer gebilligten Ansätze der Bewertungsgutachter als taugliche Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswertes an; die insoweit erhobenen Einwände der Antragsteller greifen nicht durch.

a) Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit der K. AG und der N. Corporation/Japan sind im gebotenen Umfang bei der Bewertung berücksichtigt worden. Wie im gemeinsamen Bericht vom 19.4.2002 dargestellt, sind im Bereich „Automotive" die Auswirkungen der Einkaufsallianz mit der N. Corporation im Bereich der Wälzlagerindustrie in die Planung des operativen Ergebnisses eingeflossen. Die ergebniswirksamen Effekte belaufen sich auf 1,5 Mio. € pro Jahr. Die Ausführungen des damaligen Vorstands der K. AG bei der Hauptversammlung vom 28.6.2001, der weit höhere Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit schätzte, bieten keine tragfähige Grundlage für den Ansatz zusätzlicher ergebniswirksamer Effekte aufgrund der strategischen Allianz mit dem japanischen Unternehmen. Danach wurde zum damaligen Zeitpunkt an sechs Projekten gearbeitet, deren Bewertung im dritten Quartal vorliegen sollte. Dann sollte entschieden werden, wie diese Projekte - „und hier sehen wir Synergien in der Größenordnung von ca. 53 Mio. € pro Jahr" - umgesetzt würden. Tatsächlich wurden jedoch nicht alle in Aussicht genommenen Projekte umgesetzt. Auch in den Planungen war zum für die Bewertung maßgeblichen Stichtag 6.6.2002 nur das gemeinsame Einkaufsprojekt enthalten. Nur hypothetisch mögliche, fiktive Entwicklungen sind keine hinreichende Grundlage für die Prognose der künftigen Erträge des zu bewertenden Unternehmens.

b) Die Prognose der Erträge für die ewige Rente begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Im Hinblick auf die konjunkturellen Schwankungen, denen die K. AG als Zulieferer für die Industrie, insbesondere die Automobilbranche, unterliegt, haben Bewerter und Vertragsprüfer als nachhaltig erzielbares Ergebnis nicht dasjenige des letzten Planjahres angenommen, sondern - differenziert nach einzelnen Geschäftsbereichen - den Durchschnitt aus den Ergebnissen der Planjahre gebildet. Diese plausibel und nachvollziehbar begründete Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden (vgl. Peemöller/Kunowski, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 3. Aufl. (3) Rn. 93). Wenn das zu bewertende Unternehmen in einer konjunkturabhängigen Branche tätig ist, muss das für die ewige Rente zugrunde gelegte Ergebnis dem eines „durchschnittlichen" Jahres entsprechen, weil andernfalls Boom- oder Rezessionsphasen des Zyklus als Dauerzustand in die Zukunft fortgeschrieben werden, was zu unrealistischen Ergebnissen führt (vgl. Ernst/Schneider/Thielen, Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen, S. 45). Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Ergebnisses für die einzelnen Geschäftsbereiche wurden zudem jeweils die von Sonderentwicklungen geprägten Jahre ausgenommen. Für die Bereiche „Automobiltechnik/Automotive" und „Industrial Bearings and Services" - den umsatzstärksten Bereich - legten die Bewerter den Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2005 zugrunde. Im Bereich „Precision Bearings" wurde das Jahr 2002 ausgeklammert wegen eines vorübergehenden und nicht repräsentativen Ergebnisrückgangs aufgrund weltweiter konjunktureller und politischer Veränderungen. Für die Bereiche „Komponenten" und „Näh- und Fördertechnik" wurden die durchschnittlichen Ergebnisse ab 2003 bzw. 2004 angesetzt, weil dort Restrukturierungsmaßnahmen und Kostenoptimierungsprogramme erst ab 2003 bzw. 2004 in den Ergebnissen zum Tragen kommen.

c) Auch die angesetzten Reinvestitionen mit der Anpassung für das nachhaltige Ergebnis in Höhe von 11,4 Mio. € sind in den Stellungnahmen vom 15.4.2004 und vom 30.1.2008 eingehend und nachvollziehbar erläutert worden. Für die ewige Rente werden die geplanten Abschreibungen durch die Reinvestitionsrate ersetzt. Die Reinvestitionsrate wurde hier abgeleitet aus dem Durchschnitt der für 2003 bis 2005 geplanten Investitionen. Die Abschreibungen für diesen Zeitraum fielen aber geringer aus, weil sie auf dem niedrigeren Investitionsniveau der Vorjahre basierten. Die Differenz zwischen den durchschnittlichen Abschreibungen der Planjahre und den nachhaltig erforderlichen Investitionen war deshalb gesondert zu berücksichtigen. Der für Reinvestitionen erforderliche Mehrbetrag wird teilweise ausgeglichen durch die Verminderung der Pensionsaufwendungen, woraus sich der angesetzte Betrag ergibt.

d) Das in der ewigen Rente gegenüber den Planjahren weiter verschlechterte Finanzergebnis hat der Vertragsprüfer in seiner Stellungnahme vom 30.1.2008 nachvollziehbar damit begründet, dass der im Detailprognosezeitraum und der ewigen Rente erhöhte Investitionsbedarf in Konsequenz der anzunehmenden Vollausschüttung fremdfinanziert werden muss, was zu einem steigenden Fremdkapital und höherem Zinsaufwand führt.

Soweit beanstandet wird, die Steuerquote liege bei unrealistischen 50 %, trifft dies nicht zu. Wie im Schriftsatz der Antragsgegner vom 8.3.2007 erläutert, beträgt die Steuerquote für 2006 ff. knapp 40 %. Denn der unter „betriebliche Ertragssteuern" angegebene Betrag bezieht sich - anders als die insoweit missverständliche tabellarische Darstellung im Bericht der Hauptaktionärin nahelegt - nicht nur auf das „Ergebnis vor Ertragssteuern" in Höhe von 80,6 Mio. €, bei dem bereits die „Ergebnisanteile Dritter" abgezogen sind. Vielmehr sind, wie vom Vertragsprüfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingehend und plausibel erläutert, die betrieblichen Ertragssteuern in Höhe von 38,2 Mio. € auf das „Ergebnis nach Finanzergebnis" anzusetzen, das 96,1 Mio. € beträgt, jedoch in der Tabelle nicht gesondert ausgewiesen ist.

Der Vertragsprüfer hat in seiner Stellungnahme vom 30.1.2008 auch den negativen Ergebnisbeitrag der „sonstigen Konzerngesellschaften" erläutert. Dieser ergibt sich im Wesentlichen aus den Holding-Funktionen zweier Konzernbereiche und setzt sich insbesondere aus allgemeinen Verwaltungskosten und sonstigen betrieblichen Aufwendungen zusammen, die aus dem operativen Geschäftsbetrieb resultieren. Ein pauschaler Ansatz für eine Risikovorsorge auf Konzernebene liegt danach nicht vor.

3. Den Kapitalisierungszinssatz schätzt der Senat (§ 287 Abs. 2 ZPO) für die Phase I auf 5,85 % und für die Phase II auf 4,85 %. Dieser Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus Basiszinssatz von 6 % und Risikozuschlag von 3 % abzüglich der typisierten persönlichen Ertragssteuer von 35 %. Für die Phase II berücksichtigt der Senat einen Wachstumsabschlag von 1 %.

a) Der Basiszinssatz wird regelmäßig aus dem durchschnittlichen Zinssatz für öffentliche Anleihen oder für langfristige festverzinsliche Wertpapiere als landesüblichen Zinssätzen für (quasi-)risikofreie Anlagen am Kapitalmarkt abgeleitet. Zu ermitteln ist der aus der Sicht des Stichtags von kurzfristigen Einflüssen bereinigte, künftig auf Dauer zu erzielende Nominalzinssatz (vgl. dazu  Baetge/Niemeyer/Kümmel in Peemüller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. (3) 387 ff; Ballwieser Unternehmensbewertung 2. Aufl. S. 83 ff; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 117 ff.). Der vom Landgericht in Übereinstimmung mit Gutachter und Vertragsprüfer angenommene Basiszinssatz von 6 % ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat wiederholt für Stichtage in der ersten Jahreshälfte 2002 einen Basiszinssatz von 6 % als geeignet erachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 26.10.2006 - Stichtag 17.5.2002 - ZIP 2007, 375; vom 11.7.2006 - Stichtag 27.6.2002 - ZIP 2006, 1722). Ein Basiszinssatz von 6 % entspricht für den hier maßgeblichen Stichtag 6.6.2002 auch den Empfehlungen des IDW. Zur Orientierung kann auch die Zinsstrukturkurve nach der Nelson/Siegel/Svensson-Methode herangezogen werden, nach der sich für den hier maßgeblichen Stichtag ein Wert von 5,76 % ergibt. Hingegen kann wegen der fehlenden Laufzeitäquivalenz der Basiszinssatz nicht mit den zum Stichtag erzielten Renditen börsennotierter Bundeswertpapiere gleichgesetzt werden.

b) Für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes wird der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht. Dadurch wird berücksichtigt, dass sich der Basiszinssatz auf für sicher gehaltene festverzinsliche Anleihen ohne Liquidationsrisiko bezieht, der Markt aber demgegenüber für die Investition in Unternehmensbeteiligungen, die in ihrer Wertentwicklung unsicher sind, einen Zusatznutzen (Prämie, Zuschlag) erwartet, der dieses Risiko ausgleicht (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 128/133 m.w.N.; BayObLG AG 2006, 41/43). Nach der Konzeption des IDW S 1 wird nicht mehr (wie nach dem früheren Standard HFA 2/1983) zwischen unternehmensspeziellen und allgemeinen Risiken unterschieden, sondern das gesamte Unternehmerrisiko ausschließlich im Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt. Der unternehmensspezifische Risikozuschlag soll sowohl das operative Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit als auch das vom Verschuldungsgrad beeinflusste Finanzierungsrisiko abdecken (vgl. IDW S 1 Ziffer 6.2; WP-Handbuch 2002 A Rn. 209).

aa) Die Festlegung des Risikozuschlags kann pauschal aufgrund von Erfahrungswerten erfolgen. Diese Vorgehensweise, die der subjektiven Beurteilung des Bewerters erheblichen Raum gibt, war in der Vergangenheit weitgehend üblich (vgl. Munkert, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung S. 263 f.) und ist auch keineswegs überholt (Wüstemann BB 2007, 2223/2226). In letzter Zeit wird in der Bewertungspraxis zunehmend eine marktorientierte Ermittlung unter Anwendung des CAPM (Capital Asset Pricing Model) bevorzugt. Danach ermittelt sich der Risikozuschlag aus dem Produkt der Marktrisikoprämie, die erwartungsgemäß erzielt wird, wenn statt in risikolosen Wertpapieren in ein aus riskanten Papieren bestehendes Marktportfolio investiert wird, und dem unternehmensindividuellen Beta-Faktor, der die Fluktuation des Risikos in einem Unternehmen im Verhältnis zum Gesamtmarkt riskanter Papiere ausdrückt (vgl. WP-Handbuch A Rn. 213; Ballwieser S. 93; Großfeld S. 134 ff). Der Senat hält diese im Vordringen befindliche Methode allerdings nicht für überlegen, ebenso wenig das darauf fußende Tax-CAPM, das zusätzlich die unterschiedliche Besteuerung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen zu berücksichtigen sucht (vgl. Senatsbeschluss vom 30.11.2006, AG 2007, 411/412 f.).

bb) Die Ermittlung des Risikozuschlags unter Heranziehung des CAPM mag zwar zunächst besser nachvollziehbar erscheinen als die empirische Schätzung. Abgesehen von der grundsätzlichen Kritik an diesem Modell wegen seiner realitätsfernen Annahmen (vgl. Ballwieser S. 95) und den Einwänden gegen seine Tauglichkeit für die Bewertung eines Gesamtunternehmens (vgl. Adolff, Unternehmensbewertung in Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft S. 72 ff.) ist dieses Verfahren jedoch keineswegs völlig objektiv. Vielmehr wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass auch hier das Ergebnis in hohem Maße von der subjektiven Einschätzung des Bewerters abhängt. Diese wird nur nicht unmittelbar durch die Schätzung des Risikozuschlags selbst ausgeübt, sondern mittelbar durch die Auswahl der Parameter für die Berechnung von Marktrisikoprämie und Beta-Faktor. Die rechnerische Herleitung des Risikozuschlags täuscht darüber hinweg, dass aufgrund der Vielzahl von Annahmen, die für die Berechnung getroffen werden müssen, nur eine scheinbare Genauigkeit erreicht wird. Eine mathematisch exakte Bemessung des für die Investition in das konkrete Unternehmen angemessenen Risikozuschlags kann nach dieser Methode nicht gelingen (vgl. Großfeld S. 139). Schließlich werden sowohl Marktrisikoprämie als auch Beta-Faktor regelmäßig - wie hier - aus Vergangenheitsdaten ermittelt, während die Unternehmensbewertung zukunftsbezogen zu erfolgen hat. Die Bedeutung der historischen Werte erschöpft sich folglich von vornherein darin, die Prognose der künftigen Entwicklung zu erleichtern (vgl. WP-Handbuch A Rn. 215; Munkert S. 238 ff; Großfeld S. 138; Ballwieser S. 98 f.). Diese Prognose unterliegt ebenso subjektiver Wertung wie die Auswahl der Parameter, die sowohl Marktrisikoprämie als auch Beta-Faktor entscheidend beeinflussen.

 (1) Bereits für die Marktrisikoprämie gelangen die zahlreich vorliegenden Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Diese hängen - abgesehen von dem untersuchten Wirtschaftsraum - unter anderem davon ab, welcher Zeitraum für den Renditevergleich gewählt und auf welche Art der Mittelwert gebildet wird. Es ergibt sich ein „vielfältiges Bild" und eine beträchtliche Streubreite der ermittelten Marktrisikoprämien (vgl. Drukarczyk/Schüler, Unternehmensbewertung, 5. Aufl. S. 254 - 7 Studien, MRP 2,66% - 8,2 %; Ballwieser S. 97 - 12 Studien, MRP 1,2 % - 10,4 %). Den Zweifeln daran, ob die in der Vergangenheit beobachteten Marktrisikoprämien auch in Zukunft erzielt werden können, soll durch einen (nicht näher begründeten) pauschalen Abschlag von 1 - 1,5 % von der Nach-Steuer-Risikoprämie Rechnung getragen werden (vgl. Drukarczyk/Schüler S. 257). Der Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW (AKU) hat zunächst eine Marktrisikoprämie von 4 % - 6 % (vor Steuern) empfohlen. Nunmehr sieht er eine Marktrisikoprämie vor Steuern von 4 % - 5 % als sachgerecht an, die für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2004 herangezogen werden soll (vgl. Drukarczyk/Schüler S. 257; Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel Wpg 2006, 1005/ 1019); Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768).

 (2) Auch die Ermittlung des Beta-Faktors unterliegt, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, beträchtlichen Ermessensspielräumen. Denn er kann insbesondere durch die Wahl der Messperiode (z. B. 250 Tage, 52 Wochen, 60 Monate), des Intervalls zur Bestimmung der Rendite (Tages-, Wochen- oder Monatsrendite) und des Vergleichsindex in erheblichem Maße beeinflusst werden.

Schon die auf Anfrage des Senats vom Vertragsprüfer ermittelten (raw) Beta-Werte der K. AG, die sämtlich Monatsrenditen gegenüber dem DAX 100 über eine Messperiode von fünf Jahren zugrunde legen, weisen allein aufgrund der Verschiebung der Messperiode deutliche Abweichungen auf. So ergibt sich für die mit Juni 2002 endende Messperiode (Juli 1997 bis Juni 2002) ein Beta- Wert von 0,276, während er für Juni 2001 (Juli 1996 bis Juni 2001) 0,753 beträgt und für Juni 2000 (Juli 1995 bis Juni 2000) 0,870. Bezogen auf Oktober 2002 beträgt unter den gleichen Prämissen der Beta-Wert 0,117, für Oktober 2001 0,297 und für Oktober 2000 0,867. Auch die bloße Ausdehnung der Messperiode führt zu nicht unerheblichen Veränderungen, wie der von den Bewertern angesetzte Wert zeigt: Sie haben eine Messperiode von acht Jahren gewählt, die den Zeitraum von Mitte 1993 bis Mitte 2001 umfasst und so ein (adjusted) Beta von 1,03 ermittelt, das sie wegen des gestiegenen Verschuldungsgrades auf 1,1 erhöht haben. Im Vergleich zu dem auf Fünf-Jahres-Basis errechneten Wert für den gleichen Endzeitpunkt - Juni 2001 - beträgt die Differenz der beiden Werte 0,277 (1,03 gegenüber 0,753). Mit den vorliegenden Zahlen könnten folglich - ausgehend von der von den Bewertern angesetzten Marktrisikoprämie von 5 % - Risikozuschläge zwischen 0,585 % und 5,5 % begründet werden.

Im vorliegenden Fall haben Bewerter und Vertragsprüfer die Beta-Daten ab September 2001 als nicht aussagekräftig erachtet, weil die Aktie der K. AG wegen des deutlich über dem damaligen Aktienkurs liegenden Übernahmeangebots eine dem Index gegenläufige Sonderentwicklung genommen hat und zudem in der Folgezeit das Handelsvolumen auf einen Bruchteil des früheren Umfangs zurückgegangen ist. Aber auch wenn man mit Bewerter und Vertragsprüfer davon ausgeht, dass die historischen Beta-Faktoren um außergewöhnliche Umstände in der Vergangenheit wie etwa Übernahmeangebote zu bereinigen sind (vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel Wpg 2006, 1005/1019) und den Renditedaten bei zu geringem Handelsvolumen keine Aussagekraft beigemessen werden kann (vgl. Simon/Leverkus Anh. § 11 Rn. 130; Adolff S. 207), weisen die verbleibenden Beta-Werte erhebliche Abweichungen auf. Legt man den Fünf-Jahres-Wert aus dem von solchen Sondereinflüssen nicht betroffenen Meßzeitraum Juli 1996 bis Juni 2001 von 0,753 zugrunde, beträgt der Risikozuschlag ausgehend von 5 % Marktrisikoprämie 3,765 %. Geht man hingegen mit den Bewertern von dem Meßzeitraum von Mitte 1993 bis Mitte 2001 und dem Beta-Faktor von 1,1 aus, beträgt der Risikozuschlag 5,5 %.

Für die verschiedenen Erhebungszeiträume können jeweils durchaus nachvollziehbare sachliche Gründe angeführt werden. Für den bei der Bewertung herangezogenen Zeitraum von acht Jahren spricht, wie vom Vertragsprüfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt wurde, dass durch umfangreicheres Datenmaterial stabilere Werte ermittelt werden können und zudem in etwa ein Konjunkturzyklus abgedeckt wird. In der Praxis weit verbreitet sind aber auch Vier- bzw. Fünf-Jahres-Meßperioden. Denn sie ermöglichen die Verwendung von Monatsrenditen, die weniger Verzerrungen unterliegen als etwa Tagesrenditen (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel (3) Rn. 397; Löffler Wpg 2007, 808/811; Ballwieser S. 95). Gegenüber noch längeren Zeiträumen haben sie den Vorzug, dass in geringerem Umfang Daten in den Beta-Wert einfließen, die weit vom Stichtag entfernt sind. Bei kürzeren Meßperioden fließen zwar weitgehend stichtagsnahe Daten in den Beta-Wert ein, diese müssen aber wegen der erforderlichen Mindestanzahl von Wertepaaren auf der eher für Verzerrungen anfälligen Tages- oder Wochenbasis gewonnen werden (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel (3) Rn. 396 f.).

Durch seine Entscheidung, welche Ausgangsdaten er für die Ermittlung des Beta-Faktors im konkreten Fall für sachgerecht erachtet, nimmt der Bewerter folglich zugleich Einfluss auf das Ergebnis, so dass letztlich auch hier die Bestimmung des Risikozuschlags von seinem sachverständigen Ermessen abhängt. 

 (3) Das Tax-CAPM (Nachsteuer-CAPM) geht von der Annahme aus, dass sich Anleger in ihren Investitionsentscheidungen an den erwarteten Nachsteuerrenditen orientieren, und will bei der Ermittlung der Marktrisikoprämie zusätzlich die unterschiedliche Steuerbelastung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen berücksichtigen. Die Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern soll nach der Empfehlung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW zwischen 5 % und 6 % liegen, mithin einen Prozentpunkt über der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern mit 4 bis 5 %, was auf die (bisherige) steuerliche Privilegierung der Aktienrenditen gegenüber den Renditen aus festverzinslichen Wertpapieren zurückzuführen ist (vgl. Wagner/ Jonas/ Ball­wieser/Tschö­pel Wpg 2006, 1005/1019; Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768). Abgesehen von den grundsätzlichen Einwänden gegen das Modell, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung der Daten (vgl. Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg 2007, 765/768 f.), ist bislang jedenfalls für den deutschen Markt nicht belegt, dass das Nachsteuer-CAPM die Realität an den Kapitalmärkten hinreichend gut beschreibt (Peemöller/Beckmann/Meitner BB 2005, 90/94; vgl. auch Wiese, Komponenten des Zinsfußes in Unternehmensbewertungskalkülen, S. 143 ff. m.w.N.). Eine durchgreifende methodische Verbesserung der Schätzung künftiger Marktrisikoprämien vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Zudem wird durch die Abgeltungssteuer, die ab Anfang 2009 in gleicher Weise auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne erhoben wird, weitgehend die Ungleichbehandlung bei der Besteuerung beseitigt, die Ausgangspunkt für das Tax-CAPM ist.

cc) Der Senat ist wie das Landgericht der Auffassung, dass der Ansatz eines Risikozuschlages von 5,5 % vor Steuern nicht geeignet ist, zu einer angemessenen Abfindung zu gelangen. Allerdings begegnet der vom Landgericht ohne nähere Begründung angesetzte Risikozuschlag von 2 % ebenfalls Bedenken.

 (1) Der Senat hält es für die Ermittlung einer brauchbaren Schätzgrundlage zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung für sachgerecht, dass Abweichungen von einem Wert von 2 % einer besonderen Begründung bedürfen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.10.2006, AG 2007, 287/290 im Anschluss an BayObLG AG 2006, 41/44). Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Wert ohne nähere Prüfung stets zugrunde zu legen ist. Ein derart schematisierter Wert würde dem Einzelfall nicht zureichend gerecht (OLG München, Beschluss vom 10.5.2007, AG 2008, 37/39). Für die empirische Schätzung des Risikozuschlages muss in jedem Fall der konkreten Situation des jeweiligen Unternehmens Rechnung getragen werden. Im Rahmen des dem Gericht eröffneten, von ihm aber auch auszufüllenden Schätzungsermessens sind alle zur Verfügung stehenden Gesichtspunkte einzubeziehen. Dabei können gegebenenfalls auch - bei der gebotenen kritischen Überprüfung - die unter Anwendung des CAPM gewonnenen Daten als eines der Elemente für die Schätzung des Risikozuschlags herangezogen werden.

 (2) Wie vom Vertragsprüfer in der mündlichen Verhandlung erläutert, ist das zu bewertende Unternehmen in einer Branche tätig, die als solche weder einem besonders niedrigen Risiko (wie etwa Grundversorgung oder Immobilienwirtschaft) noch einem außergewöhnlich hohen Risiko (wie zum Beispiel High-Tech- oder Start-up-Unternehmen) ausgesetzt ist. Der Senat hat in jüngeren Entscheidungen Risikozuschläge von 2 % (für einen regionalen Energieversorger), 2,5 % (für eine Rückversicherung), 3 % (für einen Direktbroker) und 3,2 % (für einen privaten Fernsehsender) als angemessen angesehen. Bei der Bewertung eines vorwiegend in der Herstellung von Papiererzeugnissen tätigen Unternehmens ist der Senat von einem Risikozuschlag von 2,5 % ausgegangen, wobei die starke Stellung in einem konzentrierten Markt weniger großer Mitbewerber zu berücksichtigen war.

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Unternehmen zum Stichtag weltweit - insbesondere in Europa, Amerika und Asien - in einem oligopolistisch strukturierten Marktumfeld tätig war, in dem die acht größten Wettbewerber rund zwei Drittel des Marktes repräsentierten, wobei die K. AG selbst an vierter bis fünfter Stelle im Weltmarkt lag. Als Zulieferer für Industrieunternehmen insbesondere aus dem Automobilbereich unterliegt sie den konjunkturellen Schwankungen, denen auch die Abnehmer ausgesetzt sind. Ihr unternehmerisches Risiko kann deshalb nicht im unteren Bereich angesiedelt werden, wie es das Landgericht getan hat. Der Senat sieht unter Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände einen Risikozuschlag von 3 % als angemessen an.

(3) Ein Risikozuschlag in dieser Größenordnung wird auch gestützt durch Daten, die sich unter Heranziehung des CAPM ergeben. Geht man von einer Marktrisikoprämie von 4 % und einem Beta-Faktor von 0,75 aus, führt dies ebenfalls zu einem Risikozuschlag von 3 %.

(4) Der von der Antragsgegnerin angesprochene Diskussionsentwurf der Finanzverwaltung zu einer Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung (AntBVBewV), der zum Basiszinssatz einen pauschalen Zuschlag von 4,5 % für Unternehmerrisiko und andere Korrekturposten vorsieht (vgl. Begr. zu § 5), kann - unabhängig vom Stand des Normsetzungsverfahrens - zur Unternehmensbewertung im Rahmen eines Spruchverfahrens kaum etwas beitragen. Denn Ziel des Verordnungsentwurfs ist es, ein vereinfachtes Ertragswertverfahren anzubieten, mit dem „ohne hohen Ermittlungsaufwand oder Kosten für einen Gutachter" (vgl. Begr. zu § 1) ein Unternehmenswert ermittelt werden kann. Seine Anwendung ist überdies beschränkt auf kleine und mittlere Unternehmen (§ 1 Abs. 3) und steht unter dem Vorbehalt, dass es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2). Die für ein vereinfachtes Verfahren zum Zweck der Besteuerung vorgesehenen Gesichtspunkte stehen nicht in Einklang mit dem Ziel des Spruchverfahrens, bei Strukturmaßnahmen eine angemessene Abfindung für die außenstehenden Aktionäre gerichtlich festzusetzen.

c) Zur Ermittlung einer angemessenen Abfindung geeignet ist auch die Berücksichtigung eines Wachstumsabschlags in der Phase II, da davon auszugehen ist, dass die Gesellschaft in dieser Phase in gewissem Umfang Preissteigerungen wird weitergeben können (vgl. Großfeld, aaO S.144). Der Senat hält wie das Landgericht unter Berücksichtigung des Marktumfeldes einen Wachstumsabschlag von 1 % für sachgerecht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen inflationsbedingte Kostensteigerungen weitgehend oder gar vollständig auf die Kunden überwälzen kann. Aus dem Umstand, dass in gerichtlichen Entscheidungen auch höhere Wachstumsabschläge berücksichtigt wurden, lässt sich für den vorliegenden Fall aufgrund der Unterschiede in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den zu bewertenden Unternehmen nichts herleiten.

3. Zum Ertragswert sind die Sonderwerte hinzuzurechnen, die hier Verlustvorträge, Beteiligungen und nicht betriebsnotwendiges Vermögen umfassen.

a) Den Wert der Verlustvorträge zum 31.12.2001 schätzt der Senat unter Heranziehung des Kapitalisierungszinssatzes von 5,85 % und Berücksichtigung der persönlichen Steuern auf 89 Mio. €. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf die nachstehende Tabelle verwiesen.

Maßgeblich ist der Barwert der zu erwartenden Steuerersparnis. Nachdem die Bemessung des Unternehmenswerts nach persönlichen Steuern erfolgt, ist auch der Wert der Verlustvorträge nach persönlichen Steuern anzusetzen (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395/2398). Eine Thesaurierung der Verlustvorträge, die einige Antragsteller für günstiger halten, führt zu keinem höheren Wert, wie vom Vertragsprüfer in der Stellungnahme vom 15.4.2004 eingehend erläutert. Die Thesaurierung würde zwar eine schnellere Ausnutzung der Verlustvorträge ermöglichen, was eine geringere Diskontierung zur Folge hätte. Dieser Vorteil würde aber mehr als aufgewogen dadurch, dass die Ausschüttung erst später erfolgen könnte.

Jahr

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

zusätzlich ausschüttbarer Betrag

10,70

4,40

10,10

11,70

7,10

7,20

6,50

6,60

6,60

6,80

Barwertfaktor bei 5,85 %

0,9447

0,8925

0,8432

0,7966

0,7526

0,7110

0,6717

0,6346

0,5995

0,5664

Barwert

10,11

3,93

8,52

9,32

5,34

5,12

4,37

4,19

3,96

3,85

kumulierter Barwert 31.12.01

58,70

         
           

Jahr

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

zusätzlich ausschüttbarer Betrag

6,20

6,20

6,30

6,40

6,40

6,50

6,50

6,70

4,60

2,70

Barwertfaktor bei 5,85 %

0,5351

0,5055

0,4775

0,4512

0,4262

0,4027

0,3804

0,3594

0,3395

0,3208

Barwert

3,32

3,13

3,01

2,89

2,73

2,62

2,47

2,41

1,56

0,87

kumulierter Barwert 31.12.01

25,00

         
           

Jahr

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

   
           

zusätzlich ausschüttbarer Betrag

2,70

2,80

2,80

2,80

2,90

2,90

2,90

   

Barwertfaktor bei 5,85 %

0,3030

0,2863

0,2705

0,2555

0,2414

0,2281

0,2155

   

Barwert

0,82

0,80

0,76

0,72

0,70

0,66

0,62

   

kumulierter Barwert 31.12.01

5,08

         
           

kumulierte Barwerte

88,78

         

b) Die Bewertung der Grundstücke begegnet keinen Bedenken. Das gilt insbesondere für die Berücksichtigung der steuerlichen Folgen einer fiktiven Veräußerung (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.10.2006, AG 2007, 287/290). Auch der Abzug persönlicher Steuern ist nicht zu beanstanden, er entspricht den Vorgaben des IDW S 1 i. d. F. v. 28.6.2000 (Tz. 66), wonach steuerliche Folgen auf Unternehmens- und Eigentümerebene zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsteller waren Bewerter und Vertragsprüfer nicht gehalten, für die Grundstücke in der Schweiz eine - steuerfrei mögliche - Nennwertrückzahlung zu unterstellen, die einer - nicht erfolgten - Entscheidung der Geschäftsleitung bedürfte. Eine signifikante Auswirkung auf den Unternehmenswert ergibt sich aus dieser Frage im Übrigen nicht. Nicht zu beanstanden ist auch die mehrfach eingehend erläuterte Bewertung des vermieteten Grundstücks in E.

c) Die Bewertung der „sonstigen Beteiligungen" mit 31,6 Mio. € wurde eingehend und nachvollziehbar erläutert. Danach wurden für die in der Planung der K. AG nicht berücksichtigten Beteiligungen an neu gegründeten oder vergleichsweise unbedeutenden Unternehmen sowie Minderheitsbeteiligungen der anteilige Ertragswert (soweit positive Jahresabschlüsse vorlagen), der Buchwert und das anteilige Eigenkapital ermittelt und jeweils der höhere Wert angesetzt. Konkrete Einwände gegen die im Einzelnen für jede Beteiligung dargestellte Wertermittlung wurden nicht erhoben.

5. Die Herleitung des Unternehmenswerts ergibt sich nach alledem aus nachstehender Tabelle. Je Stückaktie ergibt sich ein Betrag von 14,98 €, den der Senat auf 15 € aufrundet.

Kalenderjahre

2002

2003

2004

2005

2006

 

Stichtag = 06.06.2002

      

Saldierte Ergebnisse in MioEUR

      

Automotive

27,10

33,60

37,10

39,70

34,90

 

Industrial Bearings and Services

112,60

118,20

128,20

137,00

124,00

 

Precision Bearings

43,60

50,30

60,20

67,10

59,20

 

Komponenten

-1,60

-0,70

0,10

0,80

0,10

 

Näh- und Fördertechnik

7,90

8,00

8,10

8,20

8,20

 

Sonstige Konzerngesellschaften

-48,70

-48,60

-60,60

-66,60

-58,70

 

Zwischensumme

140,90

160,80

173,10

186,20

167,70

 

Anpassung für nachh. Ergebnis

    

-11,40

 
       

Ergebnis

140,90

160,80

173,10

186,20

156,30

 

Finanzergebnis

-45,40

-47,30

-49,30

-53,20

-60,20

 

Ergebnis nach Finanzergebnis

95,50

113,50

123,80

133,00

96,10

 

betriebl. Ertragssteuern

-31,60

-37,80

-40,20

-49,20

-38,20

 

Beteiligungserg.

-11,70

-14,30

-17,30

-18,40

-15,40

 

Erg.nach betr. Ertragsst. u. Anteilen Dritter

52,20

61,40

66,30

65,40

42,50

 

Pers. Ertragssteuern

-9,10

-10,70

-11,60

-11,40

-7,40

 
       

zu kapital. Ergebnis

43,10

50,70

54,70

54,00

35,10

 

Kapitalisierungszins in %

5,85%

5,85%

5,85%

5,85%

4,85%

 

Barwertfaktor

0,944733

0,892521

0,843194

0,796593

16,424600

 
       

Barwert

40,72

45,25

46,12

43,02

576,50

 

Ertragswert 

751,61

     
       

zzgl. Beteiligungswerte

31,60

 

Endg.U-Wert

916,36

MioEUR

 

zzgl. Verlustvorträge

89,00

 

Zahl der Aktien

61.192.008

  

Unternehmenswert 31.12.2001

872,21

 

Wert je Aktie

14,98

EUR

 

Aufzinsungsbetrag

21,95

 

Angebot

12,00

EUR

 

zzgl. nicht betriebsnotwendiges Vermögen 

22,20

     

Unternehmenswert Stichtag

916,36

 

Ausgleich

   
   

U.wert ohne nicht betriebsnotwendiges

Berechnung Aufzinsung

  

Vermögen      =

894,16

MioEUR

Unternehmenswert vorläufig 1 Jahr aufgezinst

923,24

 

Kap-zins 7,5%

67,06

MioEUR

Differenz der Werte

51,02

 

./. Aktienzahl

1,10

EUR

Datum vorl. Unternehmenswert

31.12.2001

 

Angebot

0,79

EUR

Datum Stichtag

06.06.2002

    
        

IV. 1. Nach § 304 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 AktG muss ein Beherrschungsvertrag den außenstehenden Aktionären als angemessenen Ausgleich einen bestimmten jährlichen Gewinnanteil garantieren, der dem durchschnittlichen Gewinnanteil entspricht, der voraussichtlich nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten auf die einzelnen Aktionäre zu verteilen wäre.

2. Bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs ist nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Bruttogewinnanteil je Aktie abzustellen. Hiervon ist die Körperschaftssteuer in der jeweils gesetzlich angegebenen Höhe abzusetzen (BGHZ 156, 57/61). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Körperschaftssteuer nur die inländischen Erträge betrifft (OLG München, Beschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395/4200). Der Bruttogewinnanteil ist aus dem Ertragswert herzuleiten; das nicht betriebsnotwendige Vermögen bleibt grundsätzlich außer Betracht.

3. Für die Bemessung des Verrentungszinssatzes legt der Senat einen risikoadjustierten Zinssatz zugrunde (vgl. Senatsbeschluss vom 17.7.2007, BB 2007, 2395/2400), wobei er hier den mittleren Wert zwischen dem Basiszins von 6 % und dem risikokorrigierten Kapitalisierungszins von 9 % ansetzt (vgl. dazu auch Popp Wpg 2008, 23/32 f.). Damit ergibt sich ein durchschnittlicher Bruttogewinnanteil je Anteil von 1,10 €.

4. Dieser liegt zwar - wie auch der vom Landgericht errechnete Betrag von 0,87 € - über dem im Beherrschungsvertrag vom 19.4.2002 zugesicherten Betrag von 0,79 €. Eine gerichtliche Bestimmung des angemessenen Ausgleichs (§ 304 Abs. 3 Satz 3 AktG) ist dennoch nicht veranlasst, weil der durch den gerichtlichen Vergleich vom 7.2.2003 festgelegte Betrag von 1,80 € netto ohnehin auch unter Berücksichtigung der vom Senat als angemessen erachteten Garantiedividende mögliche Ausgleichsansprüche übersteigt.

Der Betrag wurde zusammen mit der Abfindung an alle Aktionäre ausbezahlt, deren Aktien im Rahmen des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin übertragen wurden. Es ist nicht ersichtlich, dass ein darüber hinaus gehender Ausgleichsanspruch bestehen könnte. Ein Ausgleichsanspruch außenstehender Aktionäre, deren Aktien im Rahmen eines Squeeze-Out auf den Hauptaktionär übertragen werden, kann nur für den Zeitraum bis zur Eintragung des entsprechenden Beschlusses der Hauptversammlung in das Handelsregister bestehen (vgl. OLG Hamburg NZG 2003, 978/979; OLG Düsseldorf ZIP 2004, 359/361; KKAktG-Koppensteiner 3. Aufl. § 327 b Rn. 7, der auf Bekanntmachung abstellt). Ein Anspruch auf Ausgleich kann hier deshalb nur für das Geschäftsjahr 2002 sowie zeitanteilig bis zum 12.2.2003 anfallen. Bezogen auf diese Zeiträume, bleibt die vom Senat als angemessen erachtete Garantiedividende deutlich hinter dem bereits bezahlten Betrag zurück.

Nachdem die Festsetzung des angemessenen Ausgleichs durch das Gericht somit ins Leere geht, kann sie unterbleiben. Der Antrag auf erhöhte Festsetzung des Ausgleichs ist deshalb unter entsprechender Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses zurückzuweisen.

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