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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
08.04.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG München: Kein Passivierungsaufschub bei Darlehensbefriedigung aus einem Liquidationsüberschuss

 

FG München, Urteil vom 22.10.2010 - 7 K 1396/08, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 100/10)

LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)

Forderungen, für die ein einfacher Rangrücktritt vereinbart wurde, sind auch dann zu passivieren, wenn die Tilgung nur aus künftigen Gewinnen oder einem Liquidationsüberschuss zu erfolgen hat und nicht auch aus sonstigem freien Vermögen (entgegen BMF, 8.9.2006 - IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. 2006 I, 497, Tz. 6).

Sachverhalt

I. Streitig ist, ob Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin in der Steuerbilanz gewinnwirksam aufzulösen sind, weil sie nur zu erfüllen sind, wenn künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen.

Die Klägerin ist eine GmbH mit dem Geschäftszweck Entwicklung, Herstellung und Verbreitung von Internetdiensten. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19.7.1995 gegründet. Das Stammkapital betrug 100.000 DM und wurde im Streitjahr durch die Alleingesellschafterin A GmbH gehalten. Die finanzielle Ausstattung der Klägerin war unzureichend. Zur Beseitigung der damit verbunden Folgen schloss die Klägerin am 18.9.1995, schriftlich niedergelegt in der Urkunde vom 15.12.1995, mit der A GmbH einen Darlehens- und Rangrücktrittsvertrag. Die A GmbH verpflichtete sich, der Klägerin zur Ingangsetzung ihres Geschäftsbetriebs ein entsprechend dem finanziellen Bedarf abrufbares verzinsliches Darlehen mit einem Kreditrahmen von bis zu 15 Mio. DM zu gewähren. Sicherheiten wurden keine gestellt, das Darlehen war von jeder der Parteien jederzeit kündbar (§ 2 des Vertrags vom 15.12.1995).

§ 3 der Vereinbarung lautet:

„Im Falle des Eintritts einer Überschuldung der Schuldnerin tritt die sich aus dem jeweiligen Saldo des Darlehens-Verrechnungskontos ergebende Forderung der Gläubigerin automatisch in Höhe des Betrags der Überschuldung im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurück.

..."

§ 4 lautet:

„Solange die Schuldnerin überschuldet ist, ist der Gläubigerin untersagt, über ihre Darlehensforderung zu verfügen, insbesondere sie abzutreten oder zu verwenden. Das Abtretungsverbot gilt nicht für den Fall der Veräußerung der von der Gläubigerin gehaltenen Geschäftsanteile an der Schuldnerin.

Die Gläubigerin kann die Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuß verlangen."

Mit Vertrag vom 1.6.1996 räumte die A GmbH der Klägerin ein weiteres Darlehen mit einem Kreditrahmen von 4 Mio. DM ein. Die zitierten Vereinbarungen sind wortgleich in § 2 bzw. § 3 dieses Vertrags enthalten. Die nachfolgenden Ausführungen zu §§ 3 und 4 des Vertrags vom 15.12.1995 gelten deshalb jeweils entsprechend für den Vertrag vom 1.6.1996. In der Folgezeit wurden auf Basis dieser Verträge Darlehen an die Klägerin ausgereicht.

Zum 31.12.1995 und ebenso zum 31.12.1996 war die Klägerin bilanziell überschuldet (s. Bilanzbericht 1995, S. 5 und Bilanzbericht 1996, S. 4). Dies änderte sich auch in den folgenden Jahren nicht.

Die Klägerin wurde zunächst mit Bescheid vom 22.12.2000 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Sie wurde sodann im Rahmen einer Konzernprüfung durch das FA .. mitgeprüft. Der Betriebsprüfer kam unter Bezugnahme auf das Schreiben des BMF vom 18.8.2004 (BStBl I 2004, 850) zu der Auffassung, dass die in der Bilanz zum 31.12.1999 enthaltene Verbindlichkeit gegenüber der A GmbH in Höhe von 16 370 933,08 DM zum 31.12.1999 gewinnwirksam aufzulösen sei. Aufgrund des neu eingeführten § 5 Abs. 2a EStG sei eine Passivierung dieser Verbindlichkeit in der Steuerbilanz nicht mehr möglich. Es fehle bei den Rangrücktrittsverträgen an einer Bezugnahme auf die Möglichkeit einer Tilgung auch aus sonstigem freien Vermögen. Der Beklagte (nachfolgend: das FA) schloss sich dieser Rechtsauffassung an und erließ unter dem 31. 1.2006 entsprechend geänderte Steuerbescheide. Die festgesetzte Körperschaftsteuer betrug wie bisher 0 Euro, das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG wurde auf 16 370 001 DM (vorher: - 931 DM) und der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf 4 290 662 DM (vorher: 20 661 594 DM) festgestellt. Den hiergegen eingelegte Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.3.2008 als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin bringt zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vor:

Der neu eingeführte § 5 Abs. 2a EStG sei auf die Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der A GmbH nicht anwendbar. In der Literatur werde aus der Gesetzesbegründung zutreffend abgeleitet, dass die Vorschrift nicht auf Rangrücktrittsvereinbarungen anzuwenden sei, da in solchen Vereinbarungen lediglich die Rückzahlungsmodalitäten der Verbindlichkeit, nicht jedoch das Entstehen derselben angesprochen werde. Dieser Auffassung habe sich auch der BFH im Urteil vom 16.5.2007 (I R 36/06, BFH/NV 2007, 2252) angeschlossen. Der in § 5 Abs. 2a EStG kodifizierte Grundsatz entspreche dem bereits vorher als allgemeiner Bilanzierungsgrundsatz geltendem Recht. Hierzu habe der BFH mehrfach entschieden, dass lediglich solche Verbindlichkeiten, die nur aus künftigen Gewinnen zu tilgen seien, nicht bilanziert werden dürften. Dies ergebe sich daraus, dass Verbindlichkeiten, die ausschließlich aus zukünftigen Gewinnen zu tilgen seien, auch nur die zukünftigen Gewinne, nicht jedoch das Vermögen des Schuldners belasten würden. Im vorliegenden Fall sei jedoch mit der A GmbH vereinbart worden, dass diese Zugriff auf den im Rahmen einer Liquidation realisierten Substanzwert habe. Hierbei handle es sich nicht um einen Gewinn im Sinne des § 5 Abs. 2a EStG. Der Liquidationsüberschuss habe den gleichen Charakter wie ein Erlös aus der Veräußerung von Betriebsvermögen abzüglich damit zusammenhängender Schulden. Er sei damit als freies Vermögen im Falle der Liquidation zu qualifizieren. Anders als das BMF fordere der BFH nur, dass für die im Rang zurückgetretene Verbindlichkeit die Möglichkeit der Bedienung aus einem Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigendem Vermögen bestehe. Es läge also nach den Darlehensvereinbarungen keine Verbindlichkeit vor, die ausschließlich aus künftigen Gewinnen zu tilgen sei.

Als weiteres Argument bringt die Klägerin vor, dass die Vereinbarungen dahingehend auszulegen seien, dass die Verbindlichkeiten gegenüber der A GmbH auch aus dem sogenannten freien Vermögen zu bedienen seien. Zwar enthielten die Verträge keine ausdrückliche Regelung über die Folgen der Beendigung einer vorübergehenden Überschuldungssituation auf den Rangrücktritt. Diese Lücke sei jedoch durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu füllen. Aus der aufschiebenden Bedingung für den Eintritt der Rangrücktrittsabrede sei im Umkehrschluss zu folgern, dass der Rangrücktritt wieder entfallen solle, wenn die Bedingung nicht mehr erfüllt sei. Soweit die Vertragsparteien jedoch beabsichtigten, dass im Falle der Beendigung einer Überschuldungssituation der Rangrücktritt entfalle, liege wirtschaftlich die gleiche Situation vor wie bei einer Bezugnahme auf die Tilgung aus freiem Vermögen. Das Vorhandensein von freiem Vermögen setze prinzipiell voraus, dass keine Überschuldungssituation mehr vorliege. Bei der hier getroffenen Abrede müsste die Klägerin die Forderung aus ihrem freien Vermögen tilgen sobald die Überschuldungssituation beendet sei. Die Formulierung der Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen stelle demnach einen rein formalen Unterschied dar.

Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass es nach dem BMF-Schreiben vom 8.9.2006 (BStBl I 2006, 497) beim qualifizierten Rangrücktritt im Gegensatz zum einfachen Rangrücktritt nicht notwendig sei, dass eine Tilgung aus dem sonstigen freien Vermögen vereinbart werde. Der Ansatz der Verbindlichkeit in der Steuerbilanz werde durch eine fehlende Bezugnahme nicht ausgeschlossen. Der abstrakte Rechtsbegriff des qualifizierten Rangrücktritts sei von der Rechtsprechung erst im Urteil des BGH vom 8.1.2001 (II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, BB 2001, 430) geprägt worden. Es verstoße gegen den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Rechtsklarheit, wenn die Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG an Kriterien gemessen werde, die im Zeitpunkt des Eintritts der nachteiligen Rechtsfolgen noch gar nicht definiert waren.

Mit Schriftsatz vom 27.8.2010 beantragte die Klägerin das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Großen Senats im anhängigen Verfahren GrS 1/10 auf den Vorlagebeschluss des I. Senats des BFH vom 7.4.2010 (I R 77/08, BFHR 228, 533, BStBl II 2010, 739, BB 2010, 1400) zum sogenannten subjektiven Fehlerbegriff. Die von ihr vorgenommene Bilanzierung sei jedenfalls subjektiv richtig gewesen. Es sei damit entscheidungserheblich, ob das Finanzamt an diesen vertretbaren Bilanzansatz gebunden sei.

Die Klägerin beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid 1999 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer, jeweils vom 31. Januar 2006, und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2008 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, ein Liquidationsüberschuss stelle einen Saldo aus Einnahmen und Ausgaben dar und sei somit als eine Art Gewinn anzusehen. Dies ergebe sich schon aus dem Sinn und Zweck der Liquidation, das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen, § 70 S. 1 GmbHG. Die von der Klägerin vorgetragene Auslegungsbedürftigkeit der abgeschlossenen Darlehensverträge bestehe nicht. Der vorgenommenen Auslegung könne auch inhaltlich nicht gefolgt werden. Bei Beendigung der Überschuldungssituation der Klägerin möge zwar der Rangrücktritt entfallen, gleichwohl könne die Gläubigerin eine Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen. Dies sei eindeutig geregelt, für eine Auslegung dahingehend, dass die Verbindlichkeiten der Klägerin auch aus dem freien Vermögen zu bedienen seien, wäre kein Raum. Auch der Hinweis, es habe keine Möglichkeit bestanden, die Formulierungen des Rangrücktritts in den Vereinbarungen von 1995 und 1996 an die BMF-Schreiben vom 18.8.2004 bzw. vom 8.9.2006 geforderten Voraussetzungen anzupassen, sei nicht sachdienlich. Bereits vor Ergehen dieser BMF-Schreiben habe die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass für Vermögenszuwendungen, die nur in Abhängigkeit von künftigen Einnahmen oder Gewinnen zurückzuzahlen seien, im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Zuwendung kein Passivposten zulässig sei (vgl. BMF-Schreiben vom 8.5.1978, BStBl I 1978, 203). Das gültige BMFSchreiben beinhalte lediglich eine Klarstellung.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 20.3.2008, die vorgelegten Akten und die im vorliegenden Verfahren eingereichten Schriftsätze 2010 Bezug genommen. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, § 90 Abs. 2 FGO.

Aus den Gründen:

            Zulässigkeit der Klage

II. 1. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1999 ist zulässig, obwohl die Körperschaftsteuer der Klägerin auf 0 Euro festgesetzt worden ist. Die Klage richtet sich gegen die im Körperschaftsteuerbescheid als selbständig anfechtbare Regelung enthaltene Feststellung des Einkommens. Die gemäß § 40 Abs. 2 FGO erforderliche Klagebefugnis resultiert daraus, dass der Körperschaftsteuerbescheid in mehrfacher Hinsicht Bindungswirkung entfaltet: gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1a) KStG in der Fassung vom 22.4.1999, BGBl. I S. 817 (KStG 1999) hinsichtlich des zu versteuernden Einkommens, gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999 für den Körperschaftsteuerbescheid eines Verlustrücktragsjahres hinsichtlich des Verlusts und gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG 1999 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG 1997 für die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes hinsichtlich des Einkommens (BFH-Urt. vom 16.5.2007 - I R 36/06, BFH/NV 2007, 2252).

            Begründetheit der Klage

2. Die Klage ist auch begründet. Die gewinnwirksame Auflösung des Passivpostens „Verbindlichkeiten gegenüber A GmbH" ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die fortbestehende Verbindlichkeit unterliegt nicht dem Passivierungsaufschub gemäß § 5 Abs. 2a EStG.

            Von einem Rangrücktritt betroffene Verbindlichkeit ist unverändert als Passivposten in der Bilanz auszuweisen

2.1 § 3 Abs. 1 der schriftlichen Vereinbarung vom 15.12.1995 enthält einen einfachen Rangrücktritt. Ein solcher liegt vor, wenn der Gläubiger sich gegenüber dem Schuldner verpflichtet, seine Forderung erst nachrangig hinter anderen Gläubigern geltend zu machen. Im Streitfall hat sich die A GmbH verpflichtet, in Höhe des Betrags der Überschuldung der Klägerin mit ihrer Darlehensrückzahlungsforderung im Rang hinter den Forderungen aller übrigen Gläubiger zurück zu treten. Die Bedingung, an die die Vereinbarung geknüpft war, nämlich der Eintritt der Überschuldung, war bereits eingetreten.

Bei einem Rangrücktritt bleibt die Verbindlichkeit in ihrem Bestand unberührt, es wird lediglich die Rangordnung verändert. Da eine Minderung der Schuld nicht eintritt, ist die von einem Rangrücktritt betroffene Verbindlichkeit unverändert als Passivposten in der Bilanz auszuweisen (BFH-Urt. vom 20.10.2004 I R 11/03, BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581, BB 2005, 313; vom 16.5.2007 in BFH/NV 2007, 2252 m.w.N.).

            Befriedigung der Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss

2.2 Zusätzlich haben die Vertragsparteien im Streitfall die Vereinbarung in § 4 Abs. 2 getroffen. Die A GmbH verpflichtete sich hierin, eine Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder gegebenenfalls aus einem Liquidationsüberschuss zu verlangen. Die Gläubigerin kann demgemäß ihre Forderung nur geltend machen, wenn entweder eine Besserung der wirtschaftlichen Situation der Klägerin eingetreten ist und Gewinne erzielt werden oder wenn nach Auflösung der Klägerin ein Liquidationsüberschuss zu verteilen ist.

            Vereinbarte Besserungsklausel ist im Streitfall nicht mit einem Forderungserlass verbunden

2.2.1 Eine betrieblich veranlasste Verbindlichkeit muss in Handelsbilanz und Steuerbilanz ausgewiesen werden, solange nicht der Gläubiger dem Schuldner die Schuld gemäß § 397 BGB erlässt oder sich ergibt, dass die Verbindlichkeit aus sonstigen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt zu werden braucht (st. Rspr., vgl. BFHBeschl. vom 6.11.2007 I B 50/07, BFH/NV 2008, 616 m.w.N.).

Die vereinbarte Besserungsklausel ist im Streitfall nicht mit einem Forderungserlass verbunden. Hierfür bietet der Wortlaut der getroffenen Vereinbarung keinen Anhaltspunkt. Eine ernstgemeinte und klare Erlassvereinbarung fehlt. Die B GmbH verpflichtet sich lediglich, bis zum Eintritt der Besserung ihre Forderung gegenüber der Klägerin nicht geltend zu machen. Dies ist zivilrechtlich als pactum de non petendo (Stillhalteabkommen) zu qualifizieren. Eine Auflösung des Passivpostens wegen eines Erlasses der Forderung ist somit nicht geboten. Der Eintritt des Besserungsfalles kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Dafür bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte.

            Auch keine Forderungsauflösung gem. § 5 Abs. 2a i.V.m. § 52 Abs. 12a EStG i. d. F. d. StBereinG 1999

2.2.2 Die Forderung ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 2a i.V.m. § 52 Abs. 12a EStG in der Fassung des StBereinG 1999 aufzulösen.

Nach § 5 Abs. 2a EStG darf eine Verbindlichkeit, deren Erfüllung davon abhängt, dass künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen, erst passiviert werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Nach § 52 Abs. 12a Satz 2 EStG a.F. ist eine bereits passivierte Verbindlichkeit oder Rückstellung zum Schluss des ersten nach dem 31.12.1998 beginnenden Wirtschaftsjahr gewinnerhöhend aufzulösen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist also darauf abzustellen, dass die Verpflichtung des Schuldners, die Verbindlichkeit zu erfüllen, ausschließlich davon abhängt, dass künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen.

Im Streitfall besteht keine solche ausschließliche Abhängigkeit. Das Vermögen der Klägerin haftet auch ohne künftige Einnahmen oder Gewinne im Liquidationsfall für die Darlehensverbindlichkeiten. Ein Liquidationsüberschuss ergibt sich, wenn die Gesellschaft aufgelöst ist und nach Verwertung des Vermögens (§ 70 GmbHG) und Befriedigung der Gläubiger (§ 73 Abs. 1 GmbHG) ein Restbetrag verbleibt (Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 72 Rz. 2). Die Haftung mit einem Liquidationsüberschuss belastet wirtschaftlich bereits das gegenwärtig vorhandene Vermögen. Insbesondere die stillen Reserven werden im Falle einer Liquidation aufgedeckt und zur Befriedigung der Verbindlichkeit verwendet. Lediglich der Zeitpunkt der Geltendmachung ist aufgeschoben. Die Haftung mit einem Liquidationsüberschuss ist in gleicher Weise zu behandeln wie die Haftung mit dem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigendem Vermögen (sog. freies Vermögen). Für diese Fallgestaltung hat der BFH bereits entschieden, dass eine Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG nicht in Betracht kommt, weil die Verpflichtung aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen zu bedienen ist. Es werden nicht nur künftige Gewinne belastet, sondern das gegenwärtig vorhandene Vermögen des Schuldners, das nicht zur Befriedigung anderer Gläubiger eingesetzt werden muss (BFH-Urt. vom 20.10.2004 - I R 11/03, BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581, BB 2005, 313; vom 16.5.2007 I R 36/06, BFH/NV 2007, 2252). § 5 Abs. 2a EStG ist nur auf Fallgestaltungen anwendbar, in denen die Verbindlichkeit ausschließlich aus künftigen Gewinnen zu tilgen ist. In solchen Fällen stellt die Rückzahlungsverpflichtung vor der Erzielung ausreichender Ergebnisse keine wirtschaftliche Last dar. Eine derartige Vereinbarung kommt nach dem wirtschaftlichen Gehalt einem auflösend bedingtem Erlass mit Besserungsabrede gleich (BFH in BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581).

            Kostenentscheidung

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

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