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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
14.07.2022
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Kein Einfluss von Mehrentnahmen in früheren Jahren und Hinzurechnungsbeträgen nach § 7g EStG auf das negative Kapitalkonto i. S. d. § 15a EStG

FG Münster, Gerichtsbescheid vom 13.4.2022 – 13 K 141/20 F, Rev. eingelegt (Az. BFH IV R 10/22)

ECLI:DE:FGMS:2022:0413.13K141.20F.00

Volltext des Gerichtsbescheids://BB-ONLINE BBL2022-1711-1

Nicht Amtlicher Leitsatz 

1. Aufgrund der streng jahresbezogenen Betrachtung des § 15a Abs. 1 S. 1 EStG einerseits und der abschließenden gesetzlichen Regelung von Einlageminderungen andererseits beeinflussen Mehrentnahmen aus früheren Jahren das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten für Zwecke des § 15a EStG nicht.

2. Die außerbilanziellen Hinzurechnungsbeträge nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG haben für die Höhe des Kapitalkontos i. S. d. § 15a EStG keine Relevanz.

EStG § 15a, § 7g

Sachverhalt

Streitig ist, ob der Beklagte den verrechenbaren Verlust gem. § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zutreffend berechnet hat.

Der Kläger gründete im Jahr 2012 die A. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, an welcher er als alleiniger Kommanditist mit einem Geschäftsanteil von 1.000,00 € (= 100 %) beteiligt war. Im Jahr 2013 übertrug er einen Teilanteil von 49 % auf die Klägerin; die Kommanditeinlage des Klägers betrug seitdem 510,00 €, diejenige der Klägerin 490,00 €. Im Jahr 2015 änderte sich nach einer Umwandlung der als Komplementärin an der A. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG beteiligten UG in eine GmbH die Bezeichnung der Kommanditgesellschaft zu A. GmbH & Co. KG (nachfolgend: „KG“). Durch Beschluss des Amtsgerichts X. vom ....2019 ist über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az.: ... IN .../18). Der Geschäftsbetrieb der KG ist eingestellt worden.

Am 25.06.2018 reichten die Kläger beim Beklagten die Gewinnfeststellungserklärung für das Streitjahr ein. Am 06.07.2018 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a Abs. 4 EStG. Bezüglich der Ermittlung des betrieblichen Gewinns folgte der Beklagte der Feststellungserklärung; hiernach berücksichtigte der Beklagte unter anderem erklärungsgemäß einen Hinzurechnungsbetrag gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe 34.590,00 €. Abweichend von der Feststellungserklärung stellte der Beklagte jedoch einen verrechenbaren Verlust i.S.d. § 15a EStG für den Kläger in Höhe von 34.594,79 € und für die Klägerin in Höhe von 64.713,95 € fest.

Die Kläger legten hiergegen fristgemäß Einspruch ein. Sie wandten sich zum einen gegen die vom Beklagten zugrunde gelegte Kapitalkontenentwicklung; zum anderen rügten sie, dass der Beklagte bei Anwendung des § 15a Abs. 1 EStG die vom Kläger im Streitjahr geleisteten Einlagen um sog. Mehrentnahmen aus Vorjahren gemindert hatte. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichten die Kläger eine berichtigte Darstellung der Kapitalkontenentwicklung für die Jahre 2012 bis 2016 ein (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 03.05.2019). Hiernach entwickelten sich ihre Kapitalkonten wie folgt:

 

 

Gesamt

Kläger

Klägerin

       

Stand 01.01.2012

0,00

0,00

0,00

Einlagen

 

3.658,47

 

Entnahme

 

-23.191,58

 

Steuerlicher Gewinn

 

-21.337,84

 

Stand 31.12.2012

-40.870,95

-40.870,95

 

Übertrag Verlustvortragskonto

0,00

10.455,55

-10.455,55

Einlagen

14.090,58

13.600,58

490,00

Entnahme

-40.626,32

-24.021,26

-16.605,06

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

181,24

107,52

73,72

Stand 31.12.2013

-67.225,45

-40.728,56

-26.496,89

Einlagen

11.119,46

11.119,46

0,00

Entnahme

-38.795,52

-38.795,52

0,00

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

42.774,86

21.815,18

20.959,68

Stand 31.12.2014

-52.126,65

-46.589,44

-5.537,21

Einlagen

27.375,86

25.175,86

2.200,00

Entnahme

-80.777,76

-74.416,26

-6.361,50

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

25.887,73

13.202,74

12.684,99

Stand 31.12.2015

-79.640,82

-82.627,10

2.986,28

Einlagen

145.954,00

139.354,00

6.600,00

Entnahme

-65.967,52

-57.700,22

-8.267,30

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

-164.706,28

-84.000,21

-80.706,07

Stand 31.12.2016

-164.360,62

-84.973,53

-79.387,09

 

Am 31.05.2019 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid, in welchem er die überarbeitete Kapitalkontenentwicklung zugrunde legte; hinsichtlich des weiteren Streitpunkts – der Berücksichtigung der Position „Rückführung von Mehrentnahmen“ – half der Beklagte dem Einspruch indes nicht ab. In dem geänderten Feststellungsbescheid stellte der Beklagte die Einkünfte der Kommanditisten aus Gewerbebetrieb wie folgt fest:

 

 

Kläger

Klägerin

Gesamthandsgewinn nach Quote*

-65.907,09

-63.322,49

Sonderbetriebsgewinn

63.523,29

6.271,40

Hinzurechnung § 4 Abs. 4a EStG

5.255,58

784,27

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

2.871,78

-56.266,82

Verrechenbarer Verlust

31.909,54

77.854,74

- laufende steuerpflichtige Einkünfte

34.912,76

21.719,36

- steuerfreier Teil der Einkünfte (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG)

-131,44

-131,44

 

(* Nach außerbilanzieller Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 EStG in Höhe von insgesamt 34.950,00 € sowie nach einer sonstigen – unstreitigen – Hinzurechnung in Höhe von 526,70 €)

Der Beklagte stellte für den Kläger einen verrechenbaren Verlust gem. § 15a EStG in Höhe von 31.909,54 € und für die Klägerin in Höhe von 77.854,74 € fest. Den verrechenbaren Verlust hat der Beklagte ausweislich der im Bescheid enthaltenen ergänzenden Erläuterungen wie folgt ermittelt:

 

 

Kläger

Klägerin

Kapital zu Beginn des Wirtschaftsjahres

-82.627,10

2.986,28

Einlagen Gesamthandsbilanz

139.354,00

6.600,00

Entnahmen Gesamthandsbilanz

-57.700,22

-8.267,30

stpfl. Gewinn/Verlust (lfd.) *

-78.476,01

-79.663,72

abzgl. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

-5.524,20

-1.042,35

Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres

-84.973,53

-79.387,09

     

Kapitalveränderung (soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht)

-2.346,43

-79.387,09

abzgl. Rückführung Mehrentnahmen

35.087,31

0,00

zzgl. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

5.524,20

1.042,35

Kapitalveränderung i.S. des § 15a EStG

-31.909,54

-78.344,74

abzgl. noch verfügbarer Außenhaftungsbetrag

0,00

490,00

nicht ausgleichsfähig

-31.909,54

-77.854,74

 

Vor außerbilanzieller Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 EStG)

Die beim Kläger angesetzte Position „Rückführung Mehrentnahmen“ ermittelte der Beklagte wie folgt:

 

Mehrentnahmen in 2014

 
 

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

21.815,18

 

zzgl. nicht abzugsfähige BA

2.704,07

 

zzgl. Einlagen

11.119,46

 

abzgl. Entnahmen

-38.795,52

 

= Mehrentnahmen 2014

-3.156,81

Mehrentnahmen in 2015

 
 

Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz

13.202,74

 

zzgl. nicht abzugsfähige BA

4.107,16

 

zzgl. Einlagen

25.175,86

 

abzgl. Entnahmen

-74.416,26

 

= Mehrentnahmen 2015

-31.930,50

Mehrentnahmen gesamt

-35.087,31

 

Nachdem der Beklagte die Kläger zum Einspruchsverfahren hinzugezogen hatte, erließ er am 13.12.2019 Einspruchsentscheidungen gegenüber der „KG i.L. in Prozessstand-

schaft für ihre Gesellschafter“ einerseits sowie gegenüber den Klägern als Hinzugezogenen andererseits, mit denen er den Einspruch als unbegründet zurückwies. Laut Betreffzeile der Einspruchsentscheidungen betrafen diese allein die „Feststellung von Einkünften“. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger für die „KG i.L.“ am 14.01.2020 fristgemäß Klage erhoben. Im Schriftsatz vom 26.02.2020 wurde beantragt, den Gewinnanteil des Klägers um 31.909,54 € auf 2.871,78 € herabzusetzen.

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens merkte der Prozessbevollmächtigte der Kläger an, dass die gegenüber der „KG i.L.“ ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.12.2019 ausweislich ihres Rubrums allein die „Feststellung von Einkünften 2016“ betroffen habe, nicht jedoch auch die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG. Der Beklagte erklärte daraufhin, dass dies auf einem Versehen beruhe, und erließ am 24.04.2020 gegenüber der „KG i.L.“ und gegenüber den Klägern als den zum Einspruchsverfahren Hinzugezogenen weitere Einspruchsentscheidungen betreffend die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger für die „KG i.L.“ am 28.04.2020 fristgemäß eine weitere Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 13 K 1257/20 anhängig war. Mit Beschluss vom 06.05.2020 ist diese Klage mit dem vorliegenden Verfahren verbunden worden.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die Berechnung verrechenbaren Verlustes, der ihres Erachtens zwei Mängel aufweist: Zum einen dürfe der Beklagte nicht die Position „Rückführung Mehrentnahmen“ ansetzen, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe, zum anderen sei bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes der unter Berücksichtigung der außerbilanziellen Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG ermittelte steuerpflichtige Verlust anzusetzen. Hiernach sei der Verlust des Klägers in voller Höhe ausgleichsfähig, der Verlust der Klägerin sei nur in Höhe von 60.729,23 € nicht ausgleichsfähig:

 

 

Kläger

Klägerin

Kapital zu Beginn des Wirtschaftsjahres

-82.627,10

2.986,29

Einlagen Gesamthandsbilanz

139.354,00

6.600,00

Entnahmen Gesamthandsbilanz

-57.700,22

-8.267,30

Stpfl. Gewinn/Verlust (lfd.) *

-60.651,51

-62.538,22

nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

-5.524,20

-1.042,35

Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres

-67.149,03

-62.261,58

     

Vorläufige Kapitalveränderung

15.478,07

-62.261,58

abzgl. Rückführung Mehrentnahmen

 0,00

0,00

zzgl. nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

5.524,20

1.042,35

Kapitalveränderung i.S. des § 15a EStG

21.002,27

-61.219,23

abzgl. noch verfügbarer Außenhaftungsbetrag

0,00

490,00

verrechenbarer Verlust

---

-60.729,23

     

*  Verlust nach außerbilanzieller Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 EStG.

Bezüglich des Streitpunkts, wie der Hinzurechnungsbetrag gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG bei Anwendung des § 15a EStG zu berücksichtigen ist, verweisen die Kläger auf das gegenwärtig vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren IV R 26/19. Der zuvor ergangenen Entscheidung des 13. Senats des Finanzgerichts Münster vom 14.08.2019 (13 K 2320/15, EFG 2019, 1676) sei ihres Erachtens nicht zu folgen.

Bezüglich des weiteren Streitpunkts räumen die Kläger ein, dass die Entnahmen des Klägers in den Veranlagungsjahren 2014 und 2015 dessen Einlagen überstiegen hätten. In dieser Konstellation hätte dem Kläger in den Jahren 2014 und 2015 grundsätzlich gem. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ein Gewinn in Höhe der Einlagenminderung zugerechnet werden können. Dies sei allerdings aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG unterlieben, da in den Veranlagungsjahren bis einschließlich 2015 keine auf den Kläger entfallenden ausgleichsfähigen Verluste angefallen waren. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei für derartige Mehrentnahmen, die sich wegen § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG im Jahr ihrer Entstehung nicht einkünfteerhöhend auswirken, ein Ausgleichsposten zu bilden und jahresübergreifend fortzuschreiben. Soweit in Folgejahren ein laufender Verlust anfalle, sei der verrechenbare Verlust um die Mehrentnahmen der Vorjahre bis zur Höhe des laufenden Verlustes zu erhöhen. Für diese Vorgehensweise der Finanzverwaltung fehle es jedoch an einer gesetzlichen Grundlage. Die steuerliche Behandlung eventueller Mehrentnahmen sei in § 15a Abs. 3 EStG abschließend gesetzlich geregelt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf den Schriftsätze der Klägerseite vom 03.06.2020, 24.07.2020 und vom 22.07.2021 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen – sinngemäß –,

den Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 31.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2019 sowie

den Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 31.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.04.2020

dergestalt zu ändern, dass für den Kläger laufende steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 3.003,22 € (hiervon steuerfrei 131,44 €) sowie ein verrechenbarer Verlust in Höhe von 0,00 € und für die Klägerin laufende steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 4.593,85 € (hiervon steuerfrei 131,44 €) sowie ein verrechenbarer Verlust in Höhe von 60.729,23 € festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung. Bezüglich des Streitpunktes, wie der Hinzurechnungsbetrag gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG bei Anwendung des § 15a EStG zu berücksichtigen ist, verweist der Beklagte auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20.03.2017, Tz. 58 (Bundessteuerblatt – BStBl.– I 2017, 423).

Der Rechtsstreit ist am 31.05.2021 vor dem Berichterstatter erörtert worden; auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

 

I. Das Klagerubrum war zu berichtigen. Klägerin des vorliegenden Klageverfahrens ist nicht die KG; stattdessen sind die an der KG beteiligten Mitunternehmer, in deren Interesse das vorliegende Klageverfahren geführt wird, als Kläger anzusehen.

Die KG war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vollbeendet, da das Amtsgericht X. mit Beschluss vom ....2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und die KG ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hatte. In einem solchen Fall kann ein Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden. Die Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–), ist mit deren Vollbeendigung erloschen. Eine gleichwohl namens der vollbeendeten Personengesellschaft erhobene Klage kann jedoch im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung als eine solche der ehemaligen Gesellschafter angesehen werden, wenn das Rubrum der Klage spiegelbildlich dem insoweit unzutreffenden Rubrum der Einspruchsentscheidung entsprach und dem Finanzamt die Vollbeendigung der Personengesellschaft bei Erlass der Einspruchsentscheidung bereits bekannt war (BFH-Urteil vom 10.09.2015 – IV R 8/13, BStBl. II 2015, 1046, Rn. 8 [BB 2015, 2911, StB 2015, 413 Ls]). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Einspruchsentscheidungen vom 13.12.2019 und vom 24.04.2020 sind in unzutreffender Weise an die „A. GmbH & Co. KG i.L. in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter K. E., B. E. und B. GmbH“ bekannt gegeben worden. Dem Finanzamt war die Vollbeendigung der KG offenbar bekannt; es hat daraus jedoch – ausweislich des Rubrums der Einspruchsentscheidung – die unzutreffende Schlussfolgerung gezogen, dass sich die KG in Liquidation („i.L.“) befinde. Die Kläger haben dieses unzutreffende Rubrum lediglich übernommen, so dass die Klage rechtsschutzgewährend umzudeuten ist.

Soweit die Klage gegen die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung gerichtet ist, ist sie dahingehend auszulegen, dass sie ausschließlich durch den Kläger erhoben worden ist. Die Klageschrift vom 14.01.2020 richtete sich allgemein gegen den Gewinnfeststellungsbescheid, ohne einen konkreten Klageantrag zu enthalten. Im Schriftsatz vom 26.02.2020 wurde der Antrag formuliert, den Gewinnanteil des Klägers um 31.909,54 € auf 2.871,78 € herabzusetzen; ein entsprechender Klageantrag für die Klägerin als weitere Kommanditistin wurde nicht gestellt. Daher ist davon auszugehen, dass der Gewinnfeststellungsbescheid allein durch den Kläger angefochten worden ist. Dies führt indes nicht zu einer Verschlechterung der Rechtsposition der Klägerin, da die von den Klägern vorgetragenen Einwendungen ohnehin nur im Rahmen der Klage gegen den Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG, nicht jedoch im Rahmen der Klage gegen die Gewinnfeststellung zu prüfen sind (s. dazu nachfolgend Gliederpunkt II. 1., zur Unbegründetheit der Klage des Klägers gegen die Gewinnfeststellung s. nachfolgend Gliederpunkt III.).

 

II. Soweit die Klage sich gegen Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG richtet, ist sie zulässig und teilweise begründet.

 

1. Die Klage ist in zulässiger Weise gegen den Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG gerichtet. Der Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG ist Grundlagebescheid für die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung, soweit in ihm über die Ausgleichsfähigkeit der angefallenen Verluste entschieden wird. Der Steuerpflichtige muss demgemäß Fragen zur Anwendung der Regelung des § 15a EStG – wie vorliegend geschehen – durch Anfechtung des Feststellungsbescheides nach § 15a Abs. 4 EStG klären (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.06.2006 – IV R 31, 32/05, BStBl. II 2007, 687, mit weiteren Nachweisen [BB 2006, 2345 Ls, StB 2006, 405 Ls]).

Die Klage gegen den Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG ist auch sowohl durch den Kläger als auch durch die Klägerin erhoben worden. Dies folgt aus der Klageschrift vom 28.04.2020 (Gerichtsakte 13 K 1257/20, Bl. 1ff., in Verbindung mit der nachfolgenden Klagebegründung vom 03.06.2020, Gerichtsakte Bl. 43ff.).

 

2. Die Klage ist teilweise begründet. Der Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG ist rechtswidrig und verletzt den Kläger i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in seinen Rechten, soweit der Beklagte bei Ermittlung des verrechenbaren Verlustes zum Nachteil des Klägers die Position „Rückführung Mehrentnahmen“ berücksichtigt hat (dazu nachfolgend unter a.). Nicht zu beanstanden ist hingegen die Ermittlung des verrechenbaren Verlustes für den Kläger und die Klägerin im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der außerbilanziellen Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG (dazu nachfolgend unter b.).

 

a. Der Beklagte hat den für den Kläger festgestellten verrechenbaren Verlust zu Unrecht um die Mehrentnahmen, die der Kläger in den Vorjahren 2014 und 2015 getätigt hatte, erhöht. Eine gesetzliche Grundlage hierfür ist nicht ersichtlich.

 

aa. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Ob diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind – ob also ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht – bestimmt sich nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG durch einen Vergleich des Kapitalkontos zum Bilanzstichtag des Veranlagungsjahres mit dem Kapitalkonto zum Bilanzstichtag des Vorjahres (vgl. z.B. Herrmann/Heuer/Raupach-Lüdemann, EStG/KStG, § 15a EStG Rn. 94ff.). Einlagen oder Entnahmen, die in Vorjahren vorgenommen worden sind, können nach der gesetzlichen Grundkonzeption demnach nicht in diese Berechnung einbezogen werden.

Die in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG vorgesehene, streng jahresbezogene Betrachtung führt für den Kläger zu einem steuerlichen Vorteil, der aus Sicht des beklagten Finanzamts unangemessen erscheint: Wenn man nämlich sämtliche Einlagen und Entnahmen des Klägers in den Jahren 2014 bis 2016 zusammenrechnet, ergibt sich ein Überschuss der Einlagen über die Entnahmen von lediglich 4.737,32 €. Obwohl der Kläger bei jahresübergreifender Betrachtung in den Jahren 2014 bis 2016 per saldo nur Einlagen in geringer Höhe getätigt hat, ist der auf ihn entfallende steuerliche Verlust des Jahres 2016 in Höhe von 84.000,21 € ungeachtet der damit einhergehenden Erhöhung seines negativen Kapitalkontos in voller Höhe abzugsfähig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Kläger in den Jahren 2014 und 2015 Mittel aus der KG entnommen hat, die er im Jahr 2016 wieder eingelegt hat. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist dieses – aus ihrer Sicht zufällig erscheinende – Ergebnis dergestalt zu korrigieren, dass für die Mehrentnahmen in den Vorjahren ein steuerlicher Korrekturposten zu bilden und fortzuführen ist. Soweit in Folgejahren Einlagen geleistet werden, sei der hieraus resultierende ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust um diese Mehrentnahmen zu mindern.

Diese Rechtsauffassung der Finanzverwaltung findet jedoch nach Auffassung des Senats keine Grundlage im Gesetzeswortlaut. Sie steht in Widerspruch zur Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, der insoweit eine streng jahresbezogene Betrachtung vorsieht. Eine gesetzliche Bestimmung, die die Bildung eines Korrekturpostens für Mehrentnahmen zulässt, existiert nicht. Dafür, dass in Bezug auf die Mehrentnahmen eine streng jahresbezogene Betrachtung vorzunehmen ist, spricht vielmehr auch die vom Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2008, 2794) in § 15a Abs.1a EStG eingefügte Regelung, wonach auch nachträgliche Einlagen weder zu einer nachträglichen Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit eines vorhandenen verrechenbaren Verlustes noch zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres führen.

Die Auffassung der Finanzverwaltung kann auch nicht durch eine teleologische Auslegung des § 15a EStG gerechtfertigt werden. Hierfür besteht schon deshalb kein Raum, weil die Auslegung ihre Grenze im Gesetzeswortlaut findet. Dieser gibt – wie vorstehend ausgeführt – keinen Hinweis darauf, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für Mehrentnahmen in Vorjahren ein Korrekturposten zu bilden ist.

 

bb. Die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung kann ferner nicht durch eine Rechtsfortbildung bzw. eine teleologische Extension des § 15a EStG begründet werden. Eine solche Rechtsfortbildung durch die Gerichte setzt voraus, dass eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit besteht. Eine derartige Gesetzeslücke liegt dann vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Davon zu unterscheiden ist ein sog. rechtspolitischer Fehler, der vorliegt, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber – gemessen an dem mit ihr verfolgten Zweck – nicht als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30.07.2020 – III R 1/18, BFH/NV 2021, 597, Juris Rn. 35f.).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze fehlt es vorliegend schon deshalb an einer solchen Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber die Fälle der sog. Mehrentnahmen in § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ausdrücklich und abschließend geregelt hat. Der Gesetzgeber verwendet für derartige Mehrentnahmen den Begriff der „Einlagenminderung“. Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist dem Kommanditisten der Betrag als Gewinn zuzurechnen, um den ein negatives Kapitalkonto durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht; der zuzurechnende Betrag darf gem. § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG den Betrag der Anteile am Verlust der Kommanditgesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist.

Der Umstand, dass der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung des § 15a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG in das Gesetz eingefügt hat, zeigt, dass ihm die Problematik der Mehrentnahmen bzw. Einlagenminderung durchaus bewusst war. Falls der Gesetzgeber über die Regelung des § 15a Abs. 3 EStG hinausgehend – also insbesondere in Fällen, in denen die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 3 Satz 2 EStG greift – die Bildung und Fortschreibung eines Korrekturpostens für Mehrentnahmen gewollt hätte, hätte er mithin erkennbar Anlass gehabt, dies ebenfalls ausdrücklich in § 15a Abs. 3 EStG zu regeln. Da der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, für diese Fälle eine ersatzweise greifende Regelung zu schaffen, ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die sich aus § 15a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG ergebenden Beschränkungen in der steuerlichen Berücksichtigung von Mehrentnahmen (Einlageminderungen) auf eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zurückgehen. Wenn der Gesetzgeber mit § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG eine Ausnahmebestimmung schafft, durch welche bestimmte Sachverhaltskonstellationen von der Anwendung des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ausgenommen werden, kann es nicht als überraschend oder planwidrig angesehen werden, wenn diese Ausnahmebestimmung bei Erfüllung ihrer Tatbestandsvoraussetzungen auch tatsächlich zur Anwendung kommt. Zwar kann man die Regelungen des § 15a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG durchaus als verbesserungswürdig oder auch als rechtspolitisch verfehlt ansehen, sie sind deshalb jedoch nicht planwidrig unvollständig.

 

cc. Die abweichende Rechtsauffassung des Beklagten lässt sich auch nicht auf das zur früheren Rechtslage ergangene Urteil des BFH vom 14.10.2003 (VIII R 32/01, BStBl. II 2004, 359 [BB 2004, 1830]) stützen.

Nach dieser Rechtsprechung führten Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht wurden, zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge, dass – abweichend vom Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG – Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren waren, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entstand oder sich erhöhte. Nach Auffassung des BFH erschien es gemessen am Regelungszweck des § 15a EStG sinnwidrig, wenn eine Einlage, die im Jahr ihr Leistung nicht durch einen ausgleichsfähigen Verlust verbraucht wurde, in Folgejahren nicht für einen sofortigen Verlustausgleich genutzt werden könne. Die Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG sei deshalb für diese Fallkonstellation teleologisch zu reduzieren und die dadurch entstehende (verdeckte) Regelungslücke im Wege eines Analogieschlusses entsprechend dem Regelungsplan und der Entstehungsgeschichte des § 15a EStG zu schließen (vgl. BFH-Urteil vom 14.10.2003 – VIII R 32/01, BStBl. II 2004, 359, Juris Rn. 13ff. [BB 2004, 1830]; zuletzt bestätigt durch BFH-Urteil vom 02.02.2017 – IV R47/13, BStBl. II 2017, 391). In Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber durch das JStG 2009 die Regelung des § 15a Abs. 1a EStG in das Gesetz eingefügt. Hiernach führen nachträgliche Einlagen weder zu einer nachträglichen Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit eines vorhandenen verrechenbaren Verlustes noch zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht.

Unter Zugrundelegung der vorstehend dargestellten BFH-Rechtsprechung erscheint die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung – jedenfalls auf den ersten Blick – zwar insoweit folgerichtig, als es für den Fall, dass für Einlageerhöhungen ein steuerlicher Korrekturposten zu bilden und fortzuschreiben ist, naheliegend erscheint, dass Gleiches auch für Einlagenminderungen zu gelten hat (vgl. hierzu Steger, DB 2006, 2086; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-v. Beckerath, EStG, § 15a Rn. D 23; Kirchhof/Seer-von Beckerath, EStG, § 15a Rn. 46). Jedoch ist zu berücksichtigen, dass es nach der Rechtslage, die dem BFH-Urteil vom 14.10.2003 zugrunde lag, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für Mehreinlagen gegeben hat; die Regelung in § 15a Abs. 1a EStG wurde erst als Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung in das Gesetz aufgenommen. Die vom BFH zu den Mehreinlagen angestellten Überlegungen können nicht auf den Fall der Mehrentnahmen (Einlageminderungen) übertragen werden, da für letztere nach damaliger wie heutiger Rechtslage in § 15a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG eine ausdrückliche – und nach Ansicht des Senates abschließende – gesetzliche Regelung besteht.

 

b. Die vom Beklagten vorgenommene Minderung des ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlustes kann auch nicht auf eine Anwendung des § 42 der Abgabenordnung (AO) gestützt werden. Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann das Steuergesetz nicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten umgangen werden. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 AO liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt; dies gilt nach Satz 2 nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

Die vom Gesetzgeber getroffene Grundentscheidung, dass bei Ermittlung des nach § 15a Abs. 1 EStG nicht abzugs- bzw. ausgleichsfähigen Verlustes eine streng jahresbezogene Betrachtung gilt, kann nicht ohne weiteres unter Berufung auf § 42 AO korrigiert werden. Eine Anwendung des § 42 AO käme nach Auffassung des Senats – wenn überhaupt – nur in Ausnahmefällen in Frage, in denen der Steuerpflichtige die Regelungstechnik des § 15a EStG zielgerichtet ausnutzt. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige gegenläufige und betragsmäßig bedeutsame Entnahmen und Einlagen in zeitlicher Nähe zum Jahreswechsel tätigt. Derartige Umstände sind indes im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die Kläger haben auf Nachfrage des Gerichts erläutert, dass die Barentnahmen in den Jahren 2012 bis 2014 der privaten Lebensführung des Klägers dienten, der daneben über keine weiteren Einnahmen verfügte. Die Einlagen in den Veranlagungsjahren 2013 und 2014 stammten aus privaten zinslosen Familiendarlehen, die in 2015 getilgt worden seien. Zu den späteren Einlagen sei es gekommen, als sich die wirtschaftliche Lage der KG verschlechtert habe. Diese Einlassungen erscheinen nach Auffassung des Senats nachvollziehbar und plausibel. Auch aus den Ausdrucken der Entnahme- und Einlagenkonten für die Jahre 2012 bis 2016, die die Kläger nach Aufforderung des Gerichts vorgelegt haben, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine etwaige missbräuchliche Gestaltung i.S. des § 42 AO, z.B. in Form hoher Entnahmen und Einlagen in zeitlicher Nähe zum Jahreswechsel.

 

c. Soweit die Kläger rügen, dass der Beklagte den Hinzurechnungsbetrag nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe von insgesamt 34.950,00 € nicht in die Berechnung des nach der Kapitalkontenentwicklung und der Kapitalveränderung maßgeblichen Verlustes einbezogen hat, hat die Klage keinen Erfolg. Die vom Beklagten gewählte Berechnungsweise ist nach Auffassung des Senats zutreffend (vgl. hierzu bereits FG Münster, Urteil vom 14.08.2019 – 13 K 2320/15, EFG 2019, 1676, Revision anhängig unter IV R 26/19).

Denn unter dem Anteil am Verlust der KG i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist nur der Verlustanteil zu verstehen, der sich aus der Steuerbilanz der Gesellschaft einschließlich einer eventuellen Ergänzungsbilanz ergibt. Außerbilanzielle Korrekturen sowie Vorgänge aus dem Sonderbereich beeinflussen die Höhe des Kapitalkontos im Sinne von § 15a EStG nicht (vgl. FG Münster, Urteil vom 14.08.2019 – 13 K 2320/15, EFG 2019, 1676, mit weiteren Nachweisen).

Die fehlende Relevanz des Hinzurechnungsbetrages nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG für die Höhe des Kapitalkontos im Sinne von § 15a EStG folgt danach bereits daraus, dass der Hinzurechnungsbetrag ebenso wie der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG keine handels- oder steuerrechtliche Bilanzposition darstellt (vgl. BT-Drucksache 16/4841, Seite 51; BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, 1493; BFH-Urteil vom 23.03.2016 – IV R 9/14, BStBl. II 2017, 295 [BB 2016, 2096 m. BB-Komm. Tippelhofer, StB 2016, 243 Ls]) und daher außerbilanziell zu erfassen ist. Da sich die außerbilanziellen Korrekturen nach § 7g EStG nicht innerhalb der Steuerbilanz durch eine Aufwands- oder Ertragsbuchung auswirken, werden durch die Beträge weder die Steuerbilanz der Gesellschaft noch die steuerlichen Kapitalkonten der Kommanditisten berührt. Der Investitionsabzugsbetrag ändert somit weder das Betriebsvermögen der KG noch beeinflusst er die Außenhaftung der Kommanditisten. Dementsprechend kann durch den Abzug des Investitionsabzugsbetrages gemäß § 7g Abs. 1 EStG weder ein negatives Kapitalkonto im Sinne des § 15a Abs. 1 EStG entstehen oder sich erhöhen noch kann ein negatives Kapitalkonto durch einen Hinzurechnungsbetrag nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeglichen werden (vgl. FG Münster, Urteil vom 14.08.2019 – 13 K 2320/15, EFG 2019, 1676, mit weiteren Nachweisen).

 

III. Soweit sich der Kläger auch gegen die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung wendet, ist die vorliegende Klage unbegründet. Die vom Kläger vorgetragenen Einwendungen betreffen nicht unmittelbar die Gewinnfeststellung, sondern vielmehr ausschließlich den Feststellungsbescheid gem. § 15a Abs. 4 EStG, der als Grundlagenbescheid für die Gewinnfeststellung dient. Die Klage gegen einen Folgebescheid, die ausschließlich mit Einwendungen begründet wird, die sich gegen den Grundlagenbescheid richten, ist nach mittlerweile einhelliger Rechtsprechung aller BFH-Senate zwar zulässig, jedoch unbegründet (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.2018 – I R 13/16, BStBl. II 2019, 632 [BB 2019, 86 Ls, StB 2019, 43 Ls]).

 

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

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