FG Köln: KGaA-Komplementär kann 6b-Rücklage aus anderem Betriebsvermögen auf die KGaA übertragen
FG Köln, 13.7.2023 – 1 K 1783/18, Rev. eingelegt (Az. BFH IV R 21/23)
ECLI:DE:FGK:2023:0713.1K1783.18.00
Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2024-112-1
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine in der Ergänzungsbilanz eines Kommanditisten gebildete Rücklage nach § 6b Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG) auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) übertragen werden kann, an der dieser als Komplementär beteiligt ist.
Die Kläger waren Kommanditisten der im Handelsregister des Amtsgerichts X(HRA 1...) eingetragenen Z GmbH & Co. KG. Die Anteile hielten Herr Z1 zu 51 % (Kläger zu 1.), Herr Z2 zu 26 % (Kläger zu 2.) und Herr Z3 zu 23 % (Kläger zu 3.). Die ebenfalls im Handelsregister des Amtsgerichts X (HRB 2...) eingetragene Y GmbH (nachfolgend: Komplementär GmbH) war als Komplementärin zu 0 % am Vermögen und am Gewinn der Z GmbH & Co. KG beteiligt.
Mit Vertrag vom ....2011 verkauften die Kläger ihre Kommanditanteile sowie sämtliche Anteile an der Komplementär GmbH an die im Handelsregister des Amtsgerichts X (HRB 3...) eingetragene Q GmbH. Mit weiterem Vertrag vom ....2012 wurde die Komplementär GmbH auf die Q GmbH als aufnehmendes Unternehmen verschmolzen.
In der von der Q GmbH als Rechtsnachfolgerin der Z GmbH & Co. KG eingereichten Feststellungserklärung 2011 erklärte diese eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG (Reinvestitionsrücklage) für die im Kaufpreis enthaltenen stillen Reserven aus Grundvermögen in Höhe von ... € (... € für Grund und Boden und ... € für Gebäude), die sie entsprechend der Beteiligungsverhältnisse auf die Kläger verteilte (Z1 51 % = ... €, Z2 26 % = ... € und Z3 23 % = ... €). Die Rücklagen wies sie auf den Ausscheidenszeitpunkt (....2011) in Ergänzungsbilanzen und als Aufwand in Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnungen aus. Dem lagen anteilige Veräußerungsgewinne von ... € für Grund und Boden und ... € auf Gebäude zugrunde (Anlage K 25, Bl. 379 der Gerichtsakte (GA)). Die Beträge sowie die Voraussetzungen zur Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG (§ 6b Abs. 4 Nr. 1 - 5 EStG) sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
Am ....2011 gründeten die Kläger die Z Investment KGaA (nachfolgend: KGaA) mit Sitz in W und übernahmen das Grundkapital von ... € zu je 1/3. Daneben leisteten sie als persönlich haftende Komplementäre eine Kapitaleinlage von ... €, die mit ... € auf Herrn Z1 (49,87 %), mit ... € auf Herrn Z2 (27,25 %) und mit ... € auf Herrn Z3 (22,88 %) entfiel. Die KGaA erwarb 2011 zwei bebaute Grundstücke (V U-Straße und T). Die Kläger übertrugen sodann die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG i. H. v. ... € auf die beiden Grundstücke. Hierbei entfielen ... € auf Grund und Boden sowie ... € auf Gebäude. Dies erklärte die Z Investment KGaA als Anlage 3 zu ihrer Körperschaftsteuererklärung 2011 in einer Anpassungsrechnung nach § 60 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Insoweit wird auf die von den Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 23.04.2018 zu den Akten gereichte Körperschaftsteuererklärung 2011 verwiesen (Blatt 76 ff. GA).
Zusammenfassend stellt sich dies rechnerisch wie folgt dar:
Bildung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG:
Objekt |
Betrag |
Kläger zu 1. |
Kläger zu 2. |
Kläger zu 3. |
Anteil |
51 % |
26 % |
23 % |
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GruBo |
... € |
... € |
... € |
... € |
Gebäude |
... € |
... € |
... € |
... € |
Summe |
... € |
... € |
... € |
... € |
Übertragung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG
Objekt |
Betrag |
Kläger zu 1. |
Kläger zu 2. |
Kläger zu 3. |
Anteil |
49,84 % |
27,24 % |
22,87 % |
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GruBo V |
... € |
... € |
... € |
... € |
GruBo T |
... € |
... € |
... € |
... € |
Zwischensumme GruBo |
... € |
... € |
... € |
... € |
Gebäude V |
... € |
... € |
... € |
... € |
Gebäude T |
... € |
... € |
... € |
... € |
Zwischensumme Gebäude |
... € |
... € |
... € |
... € |
Summe |
... € |
... € |
... € |
... € |
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom .... verlegte die Q GmbH ihren Sitz nach S in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Das vormals zuständige Finanzamt M erließ für die Z GmbH & Co. KG den Feststellungsbescheid 2011 vom 19.04.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)) insoweit antragsgemäß.
In 2015 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung R bei der Q GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der Z GmbH & Co. KG u. a. hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2011 eine Betriebsprüfung durch. Im Betriebsprüfungsbericht vom 07.06.2016 kommt die Prüferin zu der rechtlichen Beurteilung, dass eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG nicht auf eine KGaA übertragen werden könne, da die Rücklage in das betriebliche Vermögen einer anderen (juristischen) Person übergehen würde. Daneben habe eine KGaA kein Gesamthandsvermögen, in das die Rücklage übertragen werden könne. Eine Übertragung der Rücklage sei allenfalls möglich, wenn die erworbenen Wirtschaftsgüter zu einem Sonderbetriebsvermögen der Komplementäre gehören würden, was jedoch nicht vorliege.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erhöhte mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid 2011 vom 12.10.2016 die Veräußerungsgewinne von Herrn Z1 um ... €, von Herrn Z2 um ... € und von Herrn Z3 um ... €. Gleichzeitig hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Hiergegen legten u. a. die Prozessbevollmächtigten im Namen der Kläger am 09.11.2016 Einspruch ein. Zur Begründung vertraten sie die Ansicht, dass eine Übertragung von stillen Reserven zwischen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Mitunternehmerschaft und den zum Gesellschaftsvermögen einer KGaA gehörenden Wirtschaftsgütern zulässig sei, soweit dieselbe Person Mitunternehmer einer Personengesellschaft und persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA sei. Denn aufgrund der teiltransparenten Besteuerung einer KGaA würden Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfielen, in ständiger Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf Urteil vom 21.06.1989 X R 14/88 [BB 1989, 2087]) an der Wurzel von der Körperschaftsbesteuerung einer KGaA abgespalten und dem Komplementär als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unmittelbar zugerechnet. Hiermit werde der persönlich haftende Gesellschafter wie ein Mitunternehmer behandelt. Dies führe dazu, dass auch die Veräußerungsgewinne von Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens der KGaA den persönlich haftenden Gesellschaftern entsprechend zugewiesen würden. Daher seien die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA Steuerpflichtige i. S. d. § 6b EStG und wie Mitunternehmer zu behandeln. Für diese Beurteilung spreche auch, dass zwischen mitunternehmerischen Schwesterpersonengesellschaften stille Reserven übertragen werden könnten, soweit der Mitunternehmer an beiden Mitunternehmerschaften beteiligt sei (Hinweis auf Hoffmann in: Littmann/Bitz/Pust, EStG 100. Erg.-Lfg. August 2013, § 6b Rn. 23). Auch stehe der Gesetzeswortlaut des § 6b EStG dem nicht entgegen. Aufgrund seiner passivischen Formulierung unter Weglassung der Person des Handelnden setze er nicht voraus, dass der Veräußerer selbst das Reinvestitionswirtschaftsgut anschaffe. Dies verdeutliche auch die Kontrollüberlegung, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut im Sonderbetriebsvermögen hätte unstreitig übertragen können und es aufgrund der steuerlichen Teiltransparenz der KGaA weder konzeptionell noch im Hinblick auf die steuerliche Zahllast einen Unterschied mache, ob sich der Grundbesitz im Sonderbetriebsvermögen der persönlich haftenden Gesellschafter oder im Betriebsvermögen der KGaA befinde. Schließlich stehe auch R 6b.2 Abs. 6 und 7 EStR 2012 dem nicht entgegen, da die Richtlinie nicht den Anwendungsbereich eines Gesetzes einschränken könne, der Wortlaut nicht erkennen lasse, dass die dort genannten Übertragungsmöglichkeiten abschließend seien und das Problem der steuerlichen Teiltransparenz von KGaA dort gar nicht behandelt werde.
Nachfolgend ruhte das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zum Ergehen der Entscheidung des BFH im Verfahren I R 41/16 [BB 2017, 2350 m. BB-Komm. Heß], in dem dieser entschied, dass bei einer KGaA für den persönlich haftenden Komplementär Ergänzungsbilanzen gebildet werden dürfen.
Mit Bescheid vom 13.03.2017 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid aus hier nicht mehr streitigen Gründen.
Nachfolgend beantragte die Z Investment KGaA beim Finanzamt M die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2011 und reichte am 23.08.2021 dort Ergänzungsbilanzen und Ergänzungs Gewinn- und Verlustrechnungen der Kläger ein (Blatt 259 ff. GA).
Bereits mit bestandkräftigem Bescheid vom 16.03.2018 stellte das Finanzamt M für 2011 fest:
„Eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wird nicht vorgenommen. Die Voraussetzungen für die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 180 AO liegen nicht vor, weil keine Feststellungsgemeinschaft bestanden hat. Etwaige weitere ertragsteuerliche Folgerungen sind ggf. auf Ebene der Beteiligten zu ziehen.“
Den Einspruch gegen den streitigen Feststellungsbescheid 2011 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.06.2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er an, dass die Übertragung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG daran scheitere, dass bei einer KGaA dem persönlich haftenden Gesellschafter keine Teile des Betriebsvermögens oder Anteile an einzelnen Wirtschaftsgütern mit steuerlicher Wirkung zugerechnet werden könnten. Die KGaA sei nach § 278 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Auch lasse sich aus der Zurechnung des Gewinnanteils des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht ableiten, dass der Komplementär für die laufende Besteuerung uneingeschränkt „wie ein Mitunternehmer“ zu behandeln sei, da ihm kein Anteil am Betriebsvermögen bzw. einzelnen Wirtschaftsgütern zuzurechnen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des BFH vom 15.03.2017 (BFH/NV 2017, 1548), nach dem der persönlich haftende Gesellschafter nicht dinglich an den Wirtschaftsgütern der KGaA beteiligt sei. Im Übrigen habe das FA M nicht festgestellt, dass die Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG den persönlich haftenden Gesellschaftern zuzurechnen sei, so dass die Voraussetzungen des R 6b.2 Abs. 7 Nr. 4 EStR nicht erfüllt seien. Dies habe nach dem o. g. BFH-Urteil aber erfolgen müssen. Mangels Übertragung der gebildeten Rücklage auf begünstigte Wirtschaftsgüter der betrieblichen Bereiche der Altgesellschafter seien die Rücklagen aufzulösen und damit die Veräußerungsgewinne entsprechend zu erhöhen.
Am 23.07.2018 (Montag) haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Zur Begründung vertiefen die Kläger im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren, dass bei einer teiltransparent besteuerten KGaA die persönlich haftenden Gesellschafter die durch § 6b EStG begünstigten Steuerpflichtigen seien. Auch ergebe sich entgegen der Ansicht des Beklagten aus dem Urteil des BFH vom 15.03.2017 I R 41/16 (Rn. 28 f.) [BB 2017, 2350 m. BB-Komm. Heß], dass die fehlende dingliche Berechtigung der persönlich haftenden Gesellschafter an Wirtschaftsgütern einer KGaA der Bildung und Übertragung einer § 6b-Rücklage nicht entgegenstünden. Weiterhin sei die Ablehnung der gesonderten und einheitlichen Feststellung durch das FA M kein Argument für oder gegen die Zulassung der Bildung und Übertragung einer § 6b-Rücklage auf eine KGaA. Dessen ablehnende Entscheidung sei zwar bestandskräftig, aber nur hinsichtlich der Frage bindend, ob ein Feststellungsverfahren durchzuführen sei. Hiervon unabhängig sei die Frage, ob die Grundsätze der Bildung von Ergänzungsbilanzen bei Mitunternehmern auf die persönlich haftenden Gesellschafter eine KGaA übertragbar seien.
Am 19.11.2018 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 2011 aus hier nicht mehr streitigen Gründen unter Einzelbekanntgabe an die ausgeschiedenen Gesellschafter der Z GmbH & Co. KG.
Die Kläger beantragen,
den Feststellungsbescheid 2011 vom 19.11.2018 insoweit zu ändern, dass unter erfolgsneutraler Ausbuchung der Rücklagen nach § 6b EStG i. H. v. insgesamt ... € und Fortführung der Rücklagen nach § 6b EStG i. H. v. insgesamt ... € die festgestellten Veräußerungsgewinne
– 1. für den Kläger zu 1. um ... €,
– 2. für den Kläger zu 2. um ... € und
– 3. für den Kläger zu 3. um ... € herabgesetzt werden,
– 4. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären sowie
– 5. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Bildung der Rücklagen nach § 6b i. H. v. ... € zurecht erfolgt ist und dementsprechend die Veräußerungsgewinne bei den Klägern
zu 1. um ... €,
zu 2. um ... € und
zu 3. um ... € herabzusetzen sind,
sowie im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 18.06.2018. Ergänzend führt er aus, dass durch den Bescheid vom 16.03.2018 das FA M die Frage, ob die Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG den persönlich haftenden Gesellschaftern der KGaA zuzurechnen sei, abschlägig beschieden habe. Ohne die Bildung von Ergänzungsbilanzen im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die nach dem BFH-Urteil vom 15.03.2017 I R 41/16, BFHE 258, 246 [BB 2017, 2350 m. BB-Komm. Heß] nur auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters für § 15 EStG wirke, könne eine Übertragung der § 6b-Rücklage nicht erfolgen. Die KGaA werde zivilrechtlich weder den Personengesellschaften allgemein noch den in § 264a HGB bestimmten Personengesellschaften grundsätzlich gleichgestellt. Diese Wertung spiegele sich auch im EStG durch die Unterscheidung von Mitunternehmerschaften und deren Mitunternehmern zur KGaA und deren Beteiligen wider. So werde der persönlich haftende Gesellschafter der KGaA nicht dem Kreis der Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugeordnet, sondern durch die gesonderte Normierung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG von eben diesen separiert. Diese Unterscheidung werde durch den Verweis in § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG belegt, worin der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen „Mitunternehmerschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG“ und „Kommanditgesellschaften auf Aktien i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG“ unterscheide. Entsprechend sei es bei den Aufgabetatbeständen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG). In § 6b EStG fehle es an einer entsprechenden Regelung hinsichtlich der Anwendung auf die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA. Es fehle daher an der nötigen rechtlichen Grundlage zur Gleichstellung der beiden Beteiligungsformen.
Hierauf erwidern die Kläger, die Gleichstellung zweier Sachverhalte setze gerade voraus, dass sie verschieden seien, da sich anderenfalls die Frage der Gleichstellung nicht stelle. Die Gleichstellung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA mit einem Mitunternehmer werde auch von der Finanzverwaltung vertreten (Hinweis auf das Protokoll der Referentenbesprechung IV C 6 – S 2144/0 vom 24.09.2008, Blatt 131 ff. GA) und umfasse auch Bereiche außerhalb des EStG, wie § 20 UmwStG. Auch habe der BFH im AdV-Beschluss vom 16.04.2010 IV B 94/09, BFH/NV 2010, 1272, ausgeführt, dass es nicht fernliegend erscheine, den Wechsel aus der mitunternehmerähnlichen Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA in eine echte Mitunternehmerschaft eines atypisch stillen Gesellschafters entsprechend der Umwandlung von einer Mitunternehmerschaft in eine andere Mitunternehmerschaft zu behandeln. Wenn in einer solchen Konstellation nach summarischer Prüfung des BFH die Grundsätze für die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen entsprechend anzuwenden seien, müsse dies auch für die (entsprechende) Anwendung des § 6b EStG gelten. § 6b EStG bezwecke den Aufschub einer Veräußerungsgewinnbesteuerung. Auch werde in der Fachliteratur vertreten, dass ein an einer GmbH atypisch still beteiligter Gesellschafter i. S. d. § 6b EStG „veräußere“, wenn ein zum Gesellschaftsvermögen der GmbH gehörendes Grundstück verkauft werde (Hinweis auf Rathke/Ritter, NWB 2015, 3014, 3016 f.; Kamradt/Sievert in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht 3. Auflage, Kapitel B.V. Rn. 5415 mit Verweis auf Lipp, NWB 2014, 1725).
Demgegenüber vertritt der Beklagte die Ansicht, dass gesetzessystematisch kein Vergleich zur stillen Gesellschaft gezogen werden könne, da diese als „andere Gesellschaft“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften gleichgestellt sei, wogegen die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA lediglich aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG den ordentlichen Mitunternehmerschaften und Mitunternehmern gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise gleichgestellt seien.
Dazu vertreten die Kläger die Ansicht, dass die Komplementäre einer KGaA nicht nur für Zwecke des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG teiltransparent zu besteuern seien, sondern es sich insoweit um die ertragsteuerliche Besteuerungskonzeption der KGaA handele. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 6b EStG, die zeitnahe Reinvestition durch den Aufschub der Veräußerungsgewinnbesteuerung zu fördern, sei es widersprüchlich, die KGaA insoweit intransparent zu besteuern.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2021 wurde die Sache vertagt. Insoweit sowie im Übrigen wird auf das Protokoll verwiesen.
Im Nachgang reichten die Kläger weitere Unterlagen zur Bildung und Auflösung der Rücklage nach § 6b EStG ein, auf die Bezug genommen wird (Blatt 301 ff. GA, insbesondere Blatt 379 GA (Anlage K25)).
Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2023 wird auf das Protokoll verwiesen.
Aus den Gründen
Entscheidung konnte ohne Beiladung der Q GmbH erfolgen
I. Der Senat konnte ohne Beiladung der Q GmbH entscheiden. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Dritte zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die Q GmbH ist in diesem Sinne nicht klagebefugt. Ihre Klagebefugnis als Gesamtrechtsnachfolgerin der Z GmbH & Co. KG gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 FGO ist durch die verschmelzungsbedingte Vollbeendigung der Z GmbH & Co. KG erloschen (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2013, IV R 20/10, BFHE 241, 132, BStBl. II 201, 705, Rz. 19). Der sodann grundsätzlich auflebenden Klagebefugnis als Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO steht entgegen, dass im vorliegenden Verfahren ausschließlich die Höhe des Veräußerungsgewinns streitig ist, an dem die Q GmbH nicht beteiligt ist. Damit ist die Q GmbH unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vom Ausgang der Entscheidung betroffen (vgl. BFH-Urteil vom 04.11.2003, VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372).
Begründetheit der Klage
II. Die Klage ist begründet.
Die Kläger haben aus § 6b EStG einen Anspruch auf Reduzierung ihres Veräußerungsgewinns im tenorierten Umfang.
Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG war zulässig
1. Die Q GmbH durfte als Rechtsnachfolgerin der Z GmbH & Co. KG in den auf den Ausscheidenszeitpunkt der Kläger (....2011) erstellten Ergänzungsbilanzen Rücklagen nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG i. H. v. ... € für den Kläger zu.1, ... € für den Kläger zu 2. und ... € für den Kläger zu 3. bilden.
Voraussetzungen für die Bildung Rücklagen nach § 6b Abs. 3 S. 1EStG …
a) Nach § 6b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (EStG) können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u. a. auf Anschaffungskosten von Grund und Boden sowie Gebäuden sowie Gewinne aus der Veräußerung von Gebäuden auf Anschaffungskosten von Gebäuden übertragen werden (Reinvestitionswirtschaftsgüter), die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Jahr angeschafft oder hergestellt worden sind. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden.
Weitere Voraussetzungen für die Bildung der Rücklage sind nach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 EStG, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, die veräußerten Wirtschaftsgüter mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben, der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bei der Ermittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz bleibt und die Bildung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden kann.
… liegen im Streitfall vor
b) Die Voraussetzungen zur Bildung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 Satz 1EStG liegen vor. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab, da diese zwischen den Beteiligten unstreitig sind (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2023).
Auch die erfolgsneutrale Übertragung die von der KGaA angeschafften Reinvestitionswirtschaftsgüter war zulässig
2. Die Kläger durften auch die Rücklagen i. H. v. insgesamt ... € in 2011 auf die von der Z Investment KGaA angeschafften Reinvestitionswirtschaftsgüter erfolgsneutral übertragen.
Übertragung von Rücklagen ist nicht nur innerhalb eines Betriebs möglich
a) Nach § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG können bis zur Höhe der Rücklage die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden. In Höhe des Kürzungsbetrags ist die Rücklage aufzulösen.
Weitere Voraussetzungen sind nach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 3 – 5 EStG, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehören, der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bei der Ermittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz bleibt und der Abzug und die Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden können.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Übertragung von Rücklagen nicht nur innerhalb eines Betriebs möglich. Aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise in § 6b EStG ist auch der Abzug eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns von Anschaffungs- und Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft möglich, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16.12.2022 [richtig: 2021, die Red.], IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rn. 40 m. w. N. [BB 2022, 1005 m. BB-Komm. Kleinmanns]).
Entsprechende Geltung für die Übertragung der Rücklagen der Kläger auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter der KGaA
b) Dies gilt entsprechend für die Übertragung der Rücklagen der Kläger auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter der KGaA.
Zivilrechtliche Eigentümerschaft bzw. partielle Zurechnung nicht erforderlich
aa) Für die Anwendung des § 6b EStG ist es, entgegen der Ansicht des Beklagten, nicht erforderlich, dass die Kläger zivilrechtliche Eigentümer der Reinvestitionswirtschaftsgüter sind bzw. sie diesen als Gesamthandsvermögen partiell zuzurechnen sind.
BFHE 258, 246
(1) Dies ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung des BFH, wonach der persönlich haftende Gesellschafter für Zwecke der Ertragsbesteuerung einem dinglich berechtigten Gesellschafter gleichsteht (vergl. dazu i. E.: BFH-Urteil vom 15.03.2017, I R 41/16, BFHE 258, 246, zu II. 2. b. bb) vorletzter Absatz, m. w. N. [BB 2017, 2350 m. BB-Komm. Heß]).
Persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA sind einem Mitunternehmer grundsätzlich gleichgestellt ist – dies umfasst auch die Auflösung der Reinvestitionsanlagen
(2) Auch wenn man, wie der Beklagte, das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft der Kläger im Reinvestitionsunternehmen als Voraussetzung für die Gewinnübertragung nach § 6b EStG voraussetzte, so läge diese bei den Klägern aufgrund ihrer Komplementäreinlage bei der KGaA vor. Der BFH hat in seinem Urteil vom 01.06.2022, I R 44/18, BFHE 277, 263 [BB 2022, 2782], auf das der Senat vollumfänglich Bezug nimmt, unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand zur Reichweite des Trennungsprinzips einerseits und des Transparenzprinzips andererseits bei der Besteuerung der KGaA bzw. deren Gesellschafter entschieden, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA einem Mitunternehmer grundsätzlich gleichgestellt ist und die Rechtsfolgen seiner Einkommensbesteuerung mit denjenigen der Einkommensbesteuerung der Mitunternehmer übereinstimmen. Dies umfasst nach Auffassung des hier erkennenden Senats auch die Auflösung der Reinvestitionsrücklagen im vorliegenden Fall.
Ergebnis ist auch vom Wortlaut des § 6b EStG getragen
(3) Dieses Ergebnis ist auch vom Wortlaut des § 6b EStG getragen. § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG spricht hinsichtlich der Reinvestitionswirtschaftsgüter „nur“ von Anschaffungs- und Herstellungskosten und nicht von Anschaffungs- und Herstellungskosten des Steuerpflichtigen. Diese „neutrale“ Formulierung zieht sich durch den gesamten § 6b EStG durch; bspw. § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG „… Wirtschaftsgüter, die angeschafft oder hergestellt worden sind“.
Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht dafür
(4) Daneben spricht zur Überzeugung des Senats auch der Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Übertragbarkeit der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG auf Reinvestitionswirtschaftsgüter einer KGaA, soweit der Steuerpflichtige an dieser als Komplementär mit einer Haftungseinlage beteiligt ist. § 6b EStG bezweckt den Abbau steuerlicher Hindernisse für die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Sie will eine sinnvolle Anpassung der Unternehmen an strukturelle Veränderungen ermöglichen und die Substanzbesteuerung von Anlagevermögen verhindern, das seinem Wesen nach nicht zur Gewinnerzielung durch Veräußerung bestimmt ist (vgl. BT-Drs. IV/2400, 62). Dieses Bedürfnis der steuerfreien Unternehmensumstrukturierung haben die Kläger hier, die ihr bisheriges Anlagevermögen in einer gewerblichen Investitionsgesellschaft „fortführen“. Insoweit erscheint es dem Senat als nicht gerechtfertigt, die Anwendung des § 6b EStG an der Rechtsform der KGaA scheitern zu lassen. Vielmehr geht der Senat von einer rechtsformunabhängigen Übertragungsmöglichkeit der stillen Reserven nach § 6b EStG aus, soweit die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne für den Fall der eingeschränkten Personenidentität bei Mitunternehmern: Marchal in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 274. Lieferung, April 2016, § 6b Rz. 27).
Bei der Übertragung der stillen Reserven ist sichergestellt, dass diese bei der Ermittlung des inländischen steuerpflichtigen Gewinns der Kläger nicht außer Ansatz bleiben
bb) Weiterhin ist bei der vorliegenden Übertragung der stillen Reserven auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter einer KGaA auch – worauf es nach Auffassung des Senats entscheidend ankommt – sichergestellt, dass diese bei der Ermittlung des inländischen steuerpflichtigen Gewinns der Kläger nicht außer Ansatz bleiben (§ 6b Abs. 4 Nr. 4 EStG). Dies ergibt sich aufgrund der transparenten Besteuerung der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA (soweit es sich um Erträge aus ihrer Haftungseinlage als Komplementäre handelt) und der Erfassung der „Minder-Anschaffungskosten“ zunächst als Anpassungsposten nach § 60 Abs. 2 EStDV sowie nachfolgend in den negativen Ergänzungsbilanzen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist der Gewinnanteil der persönlich haftenden Gesellschafter, soweit er nicht auf Einlagen in das Grundkapital entfällt, „an der Wurzel“ von der Körperschaftsbesteuerung abzuspalten und von diesen nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (transparent) zu versteuern (BFH-Urteil vom 01.06.2022, I R 44/18, BFHE 277, 263 [BB 2022, 2782]). Dies ist bei den Klägern hinsichtlich der Haftungseinlagen i. H. v. ... € der Fall. Da das Aktienkapital (Grundkapital) nur ... € beträgt, führt dies zu einer an der Wurzel abzuspaltenden Gewinnbeteiligung von 99,95 %. Diese entfällt entsprechend der Haftungseinlagen von ... € zu 49,84 % auf den Kläger zu 1., von ... € zu 27,24 % auf den Kläger zu 2. und von ... € zu 22,87 % auf den Kläger zu 3.
Dies hat zur Folge, dass die Kläger im Falle der Veräußerung der Reinvestitionswirtschaftsgüter durch die KGaA eventuelle Gewinn oder Verluste als Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ihrer Beteiligungsquote versteuern. Gleichzeitig wäre der gebildete Anpassungsposten nach § 60 Abs. 2 EStDV bzw. der Ergänzungsbilanzposten gewinnerhöhend aufzulösen. Hierdurch würden die ursprünglichen Veräußerungsgewinne aus der Z GmbH & Co. KG auch bei den Klägern (als Komplementäre der KGaA) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert. Dies gilt entsprechend für die laufende Rückgängigmachung der zu hohen Abschreibung der beiden Gebäude bei der KGaA über die Korrekturrechnung bzw. die Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnung als Minder-AfA.
Auch haben die Kläger die Reinvestitionsrücklagen im Rahmen ihrer Beteiligungsquote auf die einzelnen Wirtschaftsgüter übertragen
cc) Auch haben die Kläger die Reinvestitionsrücklagen im Rahmen ihrer Beteiligungsquote auf die einzelnen Wirtschaftsgüter übertragen. Wie bei einer „richtigen“ Mitunternehmerschaft kann auch bei einer KGaA eine Rücklage nach § 6b EStG nur im Rahmen des Beteiligungsverhältnisses des Steuerpflichtigen am zukünftigen Veräußerungsgewinn des Reinvestitionswirtschaftsgut übertragen werden. Denn nur insoweit liegen Anschaffungskosten vor, die aufgrund seiner Haftungseinlage getätigt wurden. Insoweit wird auf die obige Tabelle „Übertragung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG“ verwiesen.
Auch die übrigen Voraussetzungen zur erfolgsneutralen Übertragung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG liegen vor
dd) Auch die übrigen Voraussetzungen zur erfolgsneutralen Übertragung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG liegen vor.
Die KGaA ermittelt als Kaufmann kraft Rechtsform (§§ 238 HGB, 3 Abs. 1 AktG) ihren Gewinn nach § 5 EStG (§ 6b Abs. 4 Nr.1 EStG). Die Reinvestitionswirtschaftsgüter gehören zum Anlagevermögen der inländischen Betriebsstätte der KGaA (§ 6b Abs. 3 Nr. 3 EStG) und die Auflösung der Rücklage kann – was auch der Beklagte nicht in Zweifel zieht – in der Buchführung verfolgt werden (§ 6b Abs. 4 Nr. 5 EStG).
Auch steht der negative Feststellungsbescheid des FA M einer Übertragung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter der KGaA nicht entgegen
c) Auch steht der negative Feststellungsbescheid des Finanzamts M vom 16.03.2018 einer Übertragung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter der KGaA nicht entgegen. Zwar haben auch negative Feststellungsbescheide Bindungswirkung i. S. d. § 182 Abs. 1 AO (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 21.06.1989 X R 14/88, BFHE 157, 382, BStBl II 1989, 881 [BB 1989, 2087]), doch erschöpft sich dieser nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont bezüglich der Entscheidungsformel darin, dass die Durchführung eines Feststellungsverfahrens abgelehnt und hinsichtlich weiterer ertragsteuerlicher Folgerungen auf die Ebene der Beteiligten verwiesen wird. Zur hier streitigen Frage der Übertragung der Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG trifft er keine Regelung.
Es bedurfte auch keines Feststellungsverfahrens hinsichtlich der Frage, ob die Übertragung der Rücklagen nach § 6b EStG auf die KGaA zulässig war
d) Weiterhin bedurfte es auch keines Feststellungsverfahrens hinsichtlich der Frage, ob die Übertragung der Rücklagen nach § 6b EStG auf die KGaA zulässig war. Nach Ansicht des Senats lässt sich aus § 6b EStG keine Befugnis oder gar Verpflichtung zur Durchführung eines solchen gestuften Verfahrens herleiten. Vielmehr trifft der Reinvestitionsbetrieb nach § 6b Abs. 4 Nr. 5 EStG die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang er bei Ansatz seiner Wirtschaftsgüter stille Reserven aus einer im veräußernden Betrieb gebildeten Reinvestitionsrücklage in Abzug bringt (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2021, IV R 7/19, BFHE 275, 179 [BB 2022, 1005 m. BB-Komm. Kleinmanns], die Frage des gestuften Verfahrens allerdings offenlassend). Dies ist vorliegend durch die Einreichung der Anpassungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV bzw. nachfolgend durch Einreichen der Ergänzungsbilanzen erfolgt.
Zulassung der Revision
III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der vorliegenden Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.
Kostenentscheidung
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren auf § 139 Abs. 3 Satz 2 FGO.