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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
01.03.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Niedersächsisches FG: Investitionsabzugsbetrag bei Einsatz des Wirtschaftsguts in mehreren Unternehmen des Klägers

Niedersächsisches FG, Urteil vom 3.11.2011 - 11 K 435/10, Rev. eingelegt (Az. BFH: X R 46/11)

Sachverhalt

Streitig ist die Gewährung eines Investitionsabzugsbetrages gem. § 7g EStG.

Der Kläger ist Landwirt und betreibt außerdem ein gewerbliches Lohnunternehmen. Er ermittelt den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 4 Abs. 1 i. V. m. § 5 EStG durch Bestandsvergleich. Der Gewinn aus dem Lohnunternehmen wird durch Einnahmen/Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. In der Gewinnermittlung 2008 des gewerblichen Lohnunternehmens bildete der Kläger einen Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g EStG i. H. v. 72 000 Euro für die Anschaffung eines Mähdreschers der Marke X. Die Anschaffung des Mähdreschers war für das Jahr 2009 geplant. Der Mähdrescher wurde im Folgejahr am 28.5.2009 für 180 000 Euro angeschafft. Er wird zu ca. 80 v. H. im Lohnunternehmen und zu ca. 20 v. H. im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt. Der Kläger nutzte den Mähdrescher nicht für private Zwecke.

Der Beklagte versagte wegen der Nutzungsverhältnisse den Investitionsabzugsbetrag und erließ am 3.6.2010 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2008. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 22.9.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob der Kläger Klage.

Der Kläger trägt vor, dass die Voraussetzungen des § 7g EStG für den Investitionsabzugsbetrag vorliegen würden. Insbesondere werde der Mähdrescher gem. § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG  ausschließlich betrieblich genutzt. Das Merkmal der betrieblichen Nutzung diene allein dazu, die Privatnutzung des steuerlich begünstigt angeschafften Wirtschaftsguts auszuschließen. So sei als betriebliche Nutzung auch die vorübergehende Nutzungsüberlassung an Dritte unschädlich. Der Investitionsabzugsbetrag sei auch dann zu gewähren, wenn das Wirtschaftsgut im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von einem Besitzunternehmen an ein Betriebsunternehmen überlassen werde. Die betriebsvermögensmäßige Verbindung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen sei hierfür ausschlaggebend.

Die Überlassung des Mähdreschers an den landwirtschaftlichen Betrieb sei allenfalls vorübergehend.

Zwischen dem Lohnunternehmen und dem landwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers bestehe ein enger Zusammenhang. Dieser Zusammenhang sei vergleichbar mit der sachlichen und personellen Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Der einzige Unterschied des vorliegenden Falls zu einer Betriebsaufspaltung bestehe darin, dass vorliegend zwei Einzelunternehmen bestehen würden, wohingegen bei der Betriebsaufspaltung jedenfalls als Betriebsunternehmen eine Gesellschaft beteiligt wäre.

Der Begriff des Betriebs sei ertragsteuerlich sehr weit auszulegen. Diese weite Auslegung ergebe sich aus der Entnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG. So sei keine Entnahme für betriebsfremde Zwecke gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb überführt werde. Diese weite Auslegung sei auch für § 7g EStG zu beachten.

Überdies bedeute im Streitfall betriebliche Nutzung im Lohnunternehmen allein eine Nutzung als Mähdrescher für andere Betriebe. Dies sei im Streitfall gegeben, wenn auch die Nutzung zum Teil für einen anderen Betrieb des Klägers erfolgt sei.

Nach der Gesetzesformulierung reiche eine „fast" ausschließliche betriebliche Nutzung. Im Streitfall sei aber der Mähdrescher tendenziell zu über 80 v. H. in dem Lohnunternehmen des Klägers genutzt worden. Dies sei eine „fast" ausschließliche Nutzung im Sinne des § 7g EStG.

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Investitionsabzugsbetrag insoweit zu berücksichtigen sei, wie der Mähdrescher im Lohnunternehmen umfänglich genutzt worden sei (= 80 v. H. = 57 600 Euro).

Im Sommer 2009 sei der Mähdrescher zu 85 v. H. im Lohnunternehmen eingesetzt worden. Im Sommer 2010 habe der Kläger ihn zu 82 v. H. im Lohnunternehmen eingesetzt. Im Jahr 2008 sei beabsichtigt gewesen, den Mähdrescher 2009 zu 87 v. H. und 2010 zu 85 v. h. einzusetzen, da entsprechende Kundenreservierungen vorlagen.

Es sei keine starre prozentuale Grenze von Gesetzes Wegen vorgesehen, wenn eine „fast ausschließliche Nutzung" gefordert werde. Eine solche Grenze hätte der Gesetzgeber im Gesetz geregelt, wenn er sie gewollt hätte.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 3.6.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.9.2010 dergestalt zu ändern, dass der beantragte Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 72 000 Euro gewährt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass das Wirtschaftsgut in dem Betrieb, in dem es angeschafft werden soll, auch später genutzt werden müsse. Die im Streitfall vorliegende 80 prozentige Nutzung im gewerblichen Lohnunternehmen stelle keine nahezu ausschließliche Nutzung im Sinne des Gesetzes dar. Dies gelte auch dann, wenn der Kläger im Laufe seiner Klagebegründung von einer tendenziellen Nutzung über 80 v. H. spreche. Eine Betriebsaufspaltung liege im Streitfall nicht vor, so dass die Erwägungen des Prozessbevollmächtigten insoweit nicht erheblich seien. Die Regelung des § 7g EStG sei betriebsbezogen zu beurteilen, so dass ein Steuerpflichtiger mit mehreren Betrieben den Abzug in jedem Betrieb geltend machen könne. Mithin beziehe sich die Vorschrift gerade auf den einzelnen Betrieb bzw. die einzelne Betriebsstätte. Der hilfsweise geltend gemachte Betrag könne nicht berücksichtigt werden, da eine Formulierung wie „insoweit ist zu berücksichtigen" nicht im Gesetz enthalten sei.

Betrage die tatsächliche Nutzung des Mähdreschers im Betrieb nicht mindestens 90 v. H., so sei von einer fast ausschließlichen Nutzung im Betrieb nicht auszugehen.

Aus den Gründen

  • Unbegründetheit der Klage

I. Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 3.6.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.9.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (BGBl. I 2007, 1912 - UntStRG -) liegen nicht vor. Es fehlt an einer fast ausschließlichen Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Klägers.

  • Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag

1. Nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG in der Fassung des UntStRG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 v. H. der voraussichtlichen Anschaffungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Der Investitionsabzugsbetrag kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn u. a. neben der Beachtung bestimmter Größenmerkmale des Betriebs der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen und mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG in der Fassung des UntStRG).

Im Streitfall liegen bis auf die Voraussetzung der Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs unstreitig die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag vor.

  • Nutzung des Mähdreschers im Lohnunternehmen des Klägers ist entscheidend

2. Im Streitfall kommt es allein auf eine Nutzung des Mähdreschers im Lohnunternehmen des Klägers an. Eine Nutzung im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers kann nicht berücksichtigt werden. Dies ergibt eine Auslegung des Gesetzes nach dem Wortlaut und seiner historischen Entstehung.

  • Betriebsbezogene Sichtweise vom Gesetzgeber beabsichtigt

a) Nach dem Wortsinn des Gesetzeswortlauts (§ 7g Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der Fassung des UntStRG), der die Grenze der Auslegung darstellt, ist erforderlich, dass die fast ausschließliche Nutzung „in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs" erfolgen muss. Damit hat der Gesetzgeber den Abzugsbetrag betriebsbezogen und nicht personenbezogen ausgestaltet. Es kommt somit auf den jeweiligen steuerlich abzugrenzenden Betrieb an.

Nicht nur der Wortsinn, sondern auch nach der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich diese Eingrenzung. Die Gesetzesregelung lehnt sich an die bereits zu den Sonderabschreibungen im bisherigen § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStGaF ergangenen Regelungen an. Dies hat der Gesetzgeber so beabsichtigt (BT-Drucks. 16/4841, 52). Dort ist ebenfalls eine mindestens ein Jahr bestehende Verbleibensfrist in einer „inländischen Betriebsstätte dieses Betriebs" geregelt (§ 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStGaF). Damit hat auch der Gesetzgeber eine betriebsbezogene Sichtweise gewollt.

  • Allein die betriebliche Nutzung im Lohnunternehmen des Klägers ist maßgeblich

b) Dies führt im Streitfall dazu, dass allein die betriebliche Nutzung im Lohnunternehmen des Klägers maßgeblich ist. Denn bei mehreren Betrieben des Steuerpflichtigen ist eine außerbetriebliche Nutzung in diesem Sinne somit auch gegeben, wenn die Nutzung in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erfolgt (ebenso BMF v. 8.5.2009 - IV C 6-S 2139-b/07/10002, 2009/0294464, BStBl. I 2009, 633 [BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180] Rz. 44; Meyer in Hermann/Heuer/Raupach, EStG KStG (Loseblatt), § 7g EStG, Rz. 85; Brandis in Blümich, EStG (Loseblatt), § 7g EStG Rz. 45; Kulosa in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 7g EStG Rz. 36; zur § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStGaF bereits FG Köln Beschl. v. 14.8.2000 - 6 V 3304/00, DStRE 2000, 1235; R 83 Abs. 6 EStR 1999).

  • Ausnahme bei Betriebsaufspaltung steht dem nicht entgegen

c) Dem steht auch nicht entgegen, dass bei einer Betriebsaufspaltung die Nutzung des Wirtschaftsguts in der Betriebsgesellschaft der Besitzgesellschaft zugerechnet werden kann. Die insoweit von der Rechtsprechung angenommene Ausnahme zu der betriebsbezogenen Sichtweise hat einen spezifischen Grund, der im Streitfall nicht dazu führt, ebenfalls aus sachlichen Gründen eine abweichende Entscheidung zu treffen. 

  • Ansonsten wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen

aa) Ließe man bei der Betriebsaufspaltung die Gewährung der Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt sind (BFH-Urt. v. 20.5.1988 - III R 86/83, BStBl. II 1988, 739 [BB 1988, 1944]).

Die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen des Abs. 2 sind daher bei einer Betriebsaufspaltung auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige das anzuschaffende Wirtschaftsgut einem Betriebsunternehmen im Sinne des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlässt (R 7g Abs. 7 EStRaF). In diesem Sinne hat auch der BFH zu ähnlich lautenden Verbleibensvorschriften wie z. B. des § 1 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 und 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) i. d. F. vom 2.1.1979 entschieden. Allerdings hat die Rechtsprechung eine Ausnahme von der strengen gesetzlichen Bindung des begünstigten Wirtschaftsgutes an den Betrieb des Investors nur dann für möglich gehalten, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen auch betriebsvermögensmäßig miteinander verbunden sind (BFH-Entscheidungen v. 26.3.1993 - III S 42/92, BStBl II 1993, 723 [BB 1993, 1208 Ls]; v. 16.9.1994 - III R 45/92, BStBl II 1995, 75 [BB 1994, 2482 Ls]; v. 29.11.2007 - IV R 82/05, BStBl II 2008, 471 [BB 2008, 998 m. BB-Komm. Günkel/Winkels]). Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des BFH nur dann erfüllt, wenn entweder - in Fällen einer „normalen" Betriebsaufspaltung - die Beteiligung der Gesellschafter des Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft unmittelbar oder mittelbar (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft ist oder umgekehrt - in Fällen der sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung - die Beteiligung der Gesellschafter der Betriebspersonengesellschaft an der Besitzgesellschaft oder der deren Anteile haltenden Obergesellschaft (Sonder-)Betriebsvermögen der Betriebsgesellschaft ist (BFH-Urt. v. 29.11.2007 - IV R 82/05, BStBl II 2008, 471 [BB 2008, 998 m. BB-Komm. Günkel/Winkels]).

Fälle, in denen - darüber hinaus - eine Betriebsaufspaltung möglicherweise auch ohne Anteilsbesitz, allein aufgrund einer tatsächlichen Machtstellung gegeben sein kann, erfüllen danach die Voraussetzungen einer betriebsvermögensmäßigen Verflechtung nicht (BFH-Urt. v. 29.11.2007 - IV R 82/05, BStBl II 2008, 471 [BB 2008, 998 m. BB-Komm. Günkel/Winkels]).

Auch lässt der BFH eine betriebsvermögensmäßige Verflechtung nicht ausreichen, wenn der Besitzbetrieb einen eigenen gewerblichen Betrieb unterhält. Denn in diesem Fall kann die Besitzgesellschaft selbst die Voraussetzungen für die Gewährung der Subvention schaffen, so dass die Notwendigkeit der Übertragung von für die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags erforderliche Merkmale nicht besteht (BFH-Urt. v. 30.10.2002 - IV R 33/01, BFH/NV 2003, 388 [BB 2003, 830] zu § 2 Nr. 2 des Fördergebietsgesetzes; BFH-Urt. v. 20.3.2003 - III R 50/96, BStBl. II 2003, 613 [BB 2003, 1322 Ls] zum InvZulG).

  • Sachlicher Grund für eine Übertragung der betrieblichen Nutzung durch den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers auf das Lohnunternehmen ist nicht erkennbar

bb) Im Streitfall ist kein sachlicher Grund zu erkennen, wonach eine Übertragung der betrieblichen Nutzung durch den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers auf das Lohnunternehmen erfolgen müsste. Das Lohnunternehmen ist ein gewerbliches Unternehmen, das selbst die Voraussetzungen für die Gewährung des Investitionsabzugsbetrages schaffen kann. Es ist daher nicht mit der Besitzgesellschaft bei einer Betriebsaufspaltung vergleichbar, die selbst nicht das Investitionsgut nutzt, sondern allein durch die Betriebsgesellschaft das Wirtschaftsgut nutzen lässt.

  • Betriebsbezogene Sichtweise entspricht auch dem Charakter der Regelung des §7g EStG

d) Die betriebsbezogene Sichtweise entspricht auch dem Charakter der Regelung des § 7g EStG als Subventionsnorm. Sie ist restriktiv auszulegen, damit Missbrauchsmöglichkeiten ausgeschlossen werden können. Bei der Ausgestaltung einer steuerrechtlichen Subventionsnorm - wie im Streitfall § 7g EStG - ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers weiter als für steuerrechtliche Eingriffsnormen. Es liegt grundsätzlich in der Entscheidung des Gesetzgebers, welche Sachverhalte er fördern will, solange er bei der Auswahl der Fördertatbestände nicht willkürlich verfährt. Der Fördertatbestand gemäß § 7g Abs. 2 EStG ist daher bewusst eng gefasst worden, um unerwünschte Gestaltungen und Mitnahmeeffekte zu vermeiden (vgl. BFH-Beschl. v. 12.11.2008 - VIII B 201/07, juris zur Existenzgründerförderung). Die Missbrauchsgefahr besteht bei Anwendung der Regelungen zum Investitionsabzugsbetrag insbesondere dann, wenn der andere Betrieb des Steuerpflichtigen, in dem das Wirtschaftsgut genutzt wird, nicht die Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag erfüllt (z.B. die Größenmerkmale nicht erfüllt werden). Der Betrieb, der den Investitionsabzugsbetrag geltend macht, käme in diesem Fall in den Genuss der Förderung, obwohl zum Teil eine nicht förderwürdige Nutzung erfolgte.

  • Keine „fast ausschließliche Nutzung" im Lohnunternehmen

3. Es liegt auch keine „fast ausschließliche Nutzung" im Lohnunternehmen vor. Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Voraussetzung erst erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut zu mindestens 90 Prozent betrieblich genutzt wird (BT-Drucks. 16/4841, 52; BFH-Beschl. v. 26.11.2009 - VIII B 190/09, BFH/NV 2010, 331 a. E.; BMF v. 8.5.2009 - IV C 6-S 2139-b/07/10002, 2009/0294464, BStBl. I 2009, 633 [BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180] Rz. 46). Diese auch in der Gesetzesbegründung angegebene Richtschnur lehnt sich - so die Gesetzesbegründung - an die zu den Sonderabschreibungen im bisherigen § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStGaF bestandenen Regelungen an. In § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EStGaF wurde eine „ausschließlich oder fast ausschließlich betriebliche" Nutzung vorausgesetzt, die nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung und Literatur eine nicht mehr als 10 prozentige außerbetriebliche Nutzung vorsah (Kulosa in Schmidt, a. a. O., § 7g Rz.36 i. V. m. Rz. 53; vgl. BFH-Urt. v. 6.4.1990 - III R 2/87, BStBl. II 1990, 752 [BB 1990, 2176] zu § 4b InvZulG; Urt. v. 31.7.1981 - III R 42/79, BStBl. II 1981, 772 zum InvZulG).

Da im Streitfall auch unter Beachtung der im Klageverfahren vorgetragenen Nutzungsumfänge des Mähdreschers im Lohnunternehmen die Grenze von 90 v. H. nicht überschritten wurde, war im Ergebnis der Investitionsabzugsbetrag zu Recht abgelehnt worden.

  • Kostenentscheidung

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

  • Zulassung der Revision

III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.


BB-Kommentar

Gero von Glasenapp, RA/StB, Unverzagt von Have Rechtsanwälte, Hamburg

„Strenge Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags"

Problem

Der Kläger (Kl.) betreibt neben einem landwirtschaftlichen Betrieb noch ein gewerbliches Lohnunternehmen, in dem er landwirtschaftliche Arbeiten für Dritte erbringt. Im Jahr vor der Anschaffung eines Mähdreschers für das Lohnunternehmen bildete der Kl. dort einen Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g EStG, der vom FA nicht anerkannt wurde, weil der Mähdrescher sowohl im Lohnunternehmen als auch i. H. v. ca. 20 % im landwirtschaftlichen Betrieb des Kl. eingesetzt wurde.

Entscheidung

Das FG wies die Klage ab und ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum BFH zu. Nach Ansicht des FG fehlte das Tatbestandsmerkmal der Nutzung des angeschafften Wirtschaftsgutes in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs zur Gewährung der Subvention des § 7g EStG. Da aber der Gesetzgeber den Investitionsabzugsbetrag betriebsbezogen und nicht personenbezogen konzipierte, erachtete das Gericht die Nutzung des begünstigten Wirtschaftsgutes in einem weiteren Betrieb des Steuerpflichtigen als außerbetriebliche Nutzung. Da diese aufgrund ihres Umfangs eine fast ausschließliche Nutzung im begünstigten Unternehmen ausschloss, weil diese Grenze bei einem Nutzungsumfang von 90 % im begünstigten Unternehmen anzusetzen ist, war die Klage abzuweisen. Diese enge und auf einen Betrieb bezogene Auslegung sei dem Wesen der Regelung des § 7g EStG als Subventionsnorm geschuldet, um Missbräuche zu verhindern. Die Konstellation sei auch nicht vergleichbar mit einer typischen Betriebsaufspaltung, bei der die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags ausnahmsweise zugelassen ist. Im Gegensatz zur hier vorliegenden Konstellation sei bei einer typischen Betriebsaufspaltung ansonsten die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags insgesamt nicht möglich.

Praxisfolgen

Die Entscheidung setzt sicherlich den gesetzgeberischen Willen, der Missbrauch unterbinden will, konsequent um. Aber schon bei der typischen Betriebsaufspaltung, die der hier zugrunde liegenden Konstellation durchaus ähnelt, machen Rechtsprechung und Finanzverwaltung eine Ausnahme von dieser stringenten Auslegung. Da aber zumindest der knappe Tatbestand auch hier keine Anzeichen eines Missbrauchs einer Subvention erkennen lässt, hätte einer Gewährung einer weiteren Ausnahme insoweit nichts im Wege gestanden. Eine solche wäre hier auch sachgerecht gewesen. Denn der steuerliche Vorteil aus der Gewährung des Investitionsabzugsbetrages hätte hier nur den Kl. insgesamt einmal begünstigt. Um sich steuerlich korrekt zu verhalten, hätte dieser also je einen Mähdrescher für seine Betriebe anschaffen müssen und damit - die Investitionskosten seien dabei unberücksichtigt - doppelt so hohe steuerliche Vorteile beanspruchen können. Es bleibt daher zu hoffen, dass der BFH Gelegenheit erhält sich zu diesem Fall zu äußern, um ggf. für diese Fallkonstellation einen weiteren richterlich anerkannten Ausnahmefall, andernfalls aber Rechtsklarheit zu schaffen.

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