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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
10.07.2014
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Hinweis: Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 8.8.2013 - I-26 W 15/12 (AktE) finden Sie unter dem BB-Link BBL2014-1712-6.

BFH: Investitionsabzugsbetrag bei Nutzung des Wirtschaftsguts sowohl in einem landwirtschaftlichen als auch in einem gewerblichen Betrieb des Steuerpflichtigen

BFH
, Urteil vom 19.3.2014 – X R 46/11

Leitsätze

1. Die Nutzungsvoraussetzung des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG ist auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut sowohl in seinem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb als auch in den landwirtschaftlichen Betrieben Dritter einsetzt, selbst wenn der Einsatz in den fremden Betrieben dazu führt, dass diese Tätigkeit ertragsteuerrechtlich zu einem Gewerbebetrieb (Lohnunternehmen) verselbständigt und das Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen dieses Gewerbebetriebs zugeordnet wird.

2. In derartigen Fällen setzt die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags allerdings voraus, dass das Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Bezug auf denjenigen Betrieb, in dem die Investition vorgenommen werden soll, auch dann noch erfüllt ist, wenn die Größe desjenigen Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden soll, in die Betrachtung einbezogen wird.

§ 7 g Abs. 1 EStG

Aus den Gründen

Fast aussschließlich betriebliche Nutzung als Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags

13–14   II. […] 1. Nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags u. a. voraus, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen.

15        […]

Betrieblicher Nutzungsanteil von mindestens 90 %

16        2. Eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung setzt einen betrieblichen Nutzungsanteil von mindestens 90 % voraus. Dies entspricht einhelliger Auffassung von Gesetzgeber […], Finanzverwaltung […], Rechtsprechung […] und Literatur […].

17        […]

Nutzung im eigenen land- und fortstwirtschaftlichen Betrieb ist nicht als „außerbetrieblich“ anzusehen

18        3. Jedenfalls in einer Konstellation wie dem Streitfall ist die Nutzung des dem Lohnunternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen für Zwecke des § 7g EStG nicht als „außerbetrieblich“ anzusehen.

Fördermaßnahme ist nicht personen-, sondern betriebsbedingt ausgestaltet

19        a) Allerdings ist die Fördermaßnahme des § 7g EStG nach der ausdrücklichen Auffassung sowohl des Gesetzgebers (BT-Drucks. 12/4487, 33) als auch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise im Senatsbeschluss vom 22.8.2012 – X R 21/09, BFHE 238, 153, unter C.I.2.a) nicht personen-, sondern betriebsbezogen ausgestaltet. Diese Beurteilung gilt nicht nur für die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F., sondern auch für den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung, da diese Neufassung diejenigen gesetzlichen Merkmale, aus denen die betriebsbezogene Betrachtungsweise folgt, unberührt gelassen hat.

Verbleibensvoraussetzung ist in Fällen von Betriebsaufspaltung auch dann erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut an die Betriebsgesellschaft vermietet und ausschließlich von dieser genutzt wird

20        b) Gleichwohl entspricht es ständiger Verwaltungspraxis, die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzung in Fällen der Betriebsaufspaltung auch dann als erfüllt anzusehen, wenn das Wirtschaftsgut vom Besitzunternehmen angeschafft oder hergestellt, aber nicht von diesem selbst genutzt, sondern an die Betriebsgesellschaft vermietet und ausschließlich von dieser genutzt wird. Diese Verwaltungspraxis ist bereits zum InvZulG und BerlinFG begründet (BMF-Schreiben vom 5.5.1977, BStBl. I 1977, 246, Tz 104) und anschließend auf die verschiedenen Fassungen des § 7g EStG, die jeweils Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen enthalten, die mit denen des InvZulG bzw. BerlinFG vergleichbar sind, übertragen worden (BMF-Schreiben vom 10.12.1985, BStBl. I 1985, 683, unter V., und in BStBl. I 2009, 633, Rz 44).

21        Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die von der Finanzverwaltung für Fälle der Betriebsaufspaltung zugelassene Erweiterung als „Ausnahme von der strengen gesetzlichen Bindung des begünstigten Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors“ bezeichnet […] und […] gebilligt […] (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 20.5.1988 – III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl. II 1988, 739, BB 1988, 1944, unter 3.a, […]).

Organisatorische Einheit ist auch bei einkunftsartübergreifender Betrachtung ausschlaggebend

22        c) Tragender Gesichtspunkt ist damit die Aufteilung der Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebs auf zwei Betriebe. Bei wertender Betrachtung gilt für das Verhältnis zwischen einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und einem Lohnunternehmen desselben Steuerpflichtigen aber jedenfalls dann nichts anderes, wenn die Wirtschaftsgüter des Lohnunternehmens – wie im vorliegend zu beurteilenden Fall – in nicht nur geringfügigem Umfang auch im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt werden (organisatorische Verbindung). Die ertragsteuerrechtliche Aufteilung der Tätigkeit des Steuerpflichtigen in zwei Bereiche beruht in diesen Fällen allein darauf, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe innerhalb und außerhalb des Ertragsteuerrechts im Vergleich zu Gewerbebetrieben in vielfältiger Weise begünstigt werden. Die möglichst zielgenaue Beschränkung dieser Begünstigungen auf die Land- und Forstwirtschaft erfordert es, Tätigkeiten, die zwar mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verbunden sind, ohne diese Verbindung aber als von Anfang an gewerblich anzusehen wären, ab dem Erreichen eines bestimmten Umfangs ertragsteuerrechtlich von der begünstigten originär land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zu separieren. Allein die Anschaffung größerer Maschinen, die zu ihrer besseren Auslastung gegen Entgelt auch in fremden Betrieben eingesetzt werden, führt aus Sicht des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs noch nicht zu einem grundlegenden Wandel in der ertragsteuerrechtlichen Einordnung dieser Betätigung, zumal mitunter erst durch den Einsatz der Maschinen auch in fremden Betrieben ihre Anschaffung für den eigenen Betrieb ermöglicht wird (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 22.1.2004 – IV R 45/02, BFHE 205, 162, BStBl. II 2004, 512, unter 2.b, m. w. N., betr. Mähdrescher […]).

23        Die bei Überschreiten der Umfangsgrenzen vorzunehmende Aufteilung in einen land- und forstwirtschaftlichen sowie einen gewerblichen Betrieb ist daher eine rein ertragsteuerrechtliche; sie lässt die vorhandene organisatorische Einheit unberührt. Überschreitet die „Nebentätigkeit“ (hier: Lohnunternehmen) die typisierend entwickelten Umfangsgrenzen nicht, ist ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb anzunehmen. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich das Verhältnis zwischen einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einerseits und einem damit organisatorisch verbundenen Lohnunternehmen desselben Steuerpflichtigen andererseits – ebenso wie das Verhältnis zwischen einem Besitzunternehmen und einer damit personell und sachlich verflochtenen Betriebsgesellschaft – deutlich von dem Verhältnis zwischen zwei Betrieben desselben Steuerpflichtigen, die nicht als Aufteilung eines einheitlichen Betriebs angesehen werden können.

24        Der – hier entscheidungsleitende – Gedanke einer einkunftsartübergreifenden Betrachtung miteinander verbundener Tätigkeiten ist in der Rechtsprechung auch für die Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht fruchtbar gemacht worden (vgl. BFH-Urteil vom 6.3.2003 – XI R 46/01, BFHE 202, 124, BStBl. II 2003, 602, BB 2003, 1765). […]

25        Auf der anderen Seite hat die Rechtsprechung im Hinblick auf die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzung die Begünstigung eines durch eine Organgesellschaft angeschafften oder hergestellten und anschließend an eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises vermieteten Wirtschaftsguts mit der Begründung verneint, innerhalb eines Organkreises sei es möglich, die Investitionen so zu steuern, dass ein Anspruch auf die Steuervergünstigung realisiert werden könne (BFH-Urteil in BFHE 153, 481, BStBl. II 1988, 739, unter 3.c, zum BerlinFG). Eine solche Investitionssteuerung ist einem Steuerpflichtigen, dessen Tätigkeit aus spezifisch ertragsteuerrechtlichen Gründen in einen land- und forstwirtschaftlichen und einen gewerblichen Bereich aufgeteilt ist, aber nicht möglich, wenn beide Bereiche organisatorisch miteinander verbunden sind. Daher wäre es Steuerpflichtigen, die ein Wirtschaftsgut sowohl in ihrem eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als auch für Lohnarbeiten nutzen, stets verwehrt, die Begünstigung in Anspruch zu nehmen. Dies rechtfertigt – ebenso wie in Fällen der Betriebsaufspaltung – eine teleologische Extension des Wortlauts der gesetzlichen Nutzungsvoraussetzung.

26–31   d) […] e) […]

Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG in Bezug auf denjenigen Betrieb, in dem die Investition vorgenommen werden soll, muss auch dann noch erfüllt sein , wenn die Größe desjenigen Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden soll, in die Betrachtung einbezogen wird

32        4. Die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags setzt in derartigen Fällen allerdings voraus, dass das Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG in Bezug auf denjenigen Betrieb, in dem die Investition vorgenommen werden soll, auch dann noch erfüllt ist, wenn die Größe desjenigen Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden soll, in die Betrachtung einbezogen wird.

33        Vorliegend sieht der Senat die Nutzungsvoraussetzung des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EStG allein deshalb als erfüllt an, weil das Wirtschaftsgut zeitweise auch in Bereichen eingesetzt wird, die – nur ertragsteuerrechtlich – zu einem gesonderten Betrieb des Steuerpflichtigen verselbständigt sind. Dann ist es aber folgerichtig, dieselbe Betrachtung auch hinsichtlich des Größenmerkmals anzustellen und den Gedanken der tatsächlichen Einheit der – ertragsteuerrechtlich in zwei Betriebe aufgespaltenen – Betätigung des Steuerpflichtigen in den Vordergrund zu rücken.

34–36   […]

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