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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.09.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Ansparrücklage: GmbH & Co. KG als Existenzgründerin i. S. d. § 7g Abs. 7 S. 2 EStG

FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.4.2008 - 1 V 1419/08, rkr.

Sachverhalt

Streitig ist, ob eine GmbH & Co KG Existenzgründerin im Sinne der Vorschriften der Ansparabschreibung sein kann.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 27.8.1999 gründeten G und Erich A die A Möbelhaus und Schreinerei Beteiligungsgesellschaft GmbH. Am Stammkapital in Höhe von 25 000 Euro war Herr G mit 98 %, im Übrigen Herr A beteiligt. Noch am selben Tag räumte Herr A dem weiteren Gesellschafter der GmbH ein Ankaufs- und Erwerbsrecht an seiner Beteiligung zum Nennwert ein. Mit Vertrag vom 12.12.2001 nahm Herr G dieses Angebot an.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 26.8.1999 wurde die Antragstellerin gegründet. Komplementärin der KG wurde die bereits genannte A Möbelhaus und Schreinerei Beteiligungsgesellschaft GmbH. Sie ist am Vermögen der KG nicht beteiligt. Einziger Kommanditist der KG ist Herr G, Er übernahm eine Haft- und Pflichteinlage in Höhe von 5 000 Euro.

Die Antragstellerin übernahm das bewegliche Anlagevermögen und den Firmenwert der Firmen Erich A GmbH und Erich A Vermietungs- GmbH & Co KG. Ihre geschäftliche Betätigung begann im Jahr 1999.

In der Bilanz auf den 31.12.2004 wies die Antragstellerin einen Sonderposten mit Rücklageanteil in Höhe von 50 585 Euro aus. Hiervon entfielen auf eine neu gebildete Rücklage nach § 7g Abs. 7 EStG 42 000 Euro.

In ihrer Bilanz auf den 31.12.2006 wies die Antragstellerin diese Rücklage noch aus. In Höhe von 12 000 Euro war die Rücklage aufgelöst worden, weil die Antragstellerin Investitionen in Höhe von 27 650 Euro getätigt hatte. Ihrer Gewinnermittlung fügte die Antragstellerin eine Aufstellung über die Entwicklung der Ansparabschreibung bis zum 31.12.2006 bei. in dieser erläuterte die Antragstellerin die beabsichtigten Investitionen und bezeichnete die voraussichtlich zu erwerbenden Gegenstände und ihre voraussichtlichen Anschaffungskosten.

Der Antragsgegner löste diese Rückstellung zum 31.12.2006 Gewinn erhöhend auf. Dabei erfolgte zusätzlich ein Zinszuschlag in Höhe von 3 712,80 Euro. Insgesamt erhöhte der Antragsgegner den Gewinn um 33 712,80 Euro. Dementsprechend erging am 27.2.2008 der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006. Der Gewerbesteuermessbescheid 2006 erging am 28.2.2008. Gegen beide Bescheide hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt, den der Antragsgegner noch nicht beschieden hat. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde am 13.3.2008 abgelehnt.

Daraufhin beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung bei Gericht. Sie trägt vor, dass auch eine GmbH & Co KG Existenzgründerin sein könne. Nach der ausdrücklichen Fassung des Gesetzes seien Existenzgründer sowohl natürliche Personen, Personengesellschaften, deren Gesellschafter natürliche Personen seien aber auch Kapitalgesellschaften, an der nur natürliche Personen beteiligt sind, die die Voraussetzungen der Anerkennung als Existenzgründer erfüllten. Die Tatsache, dass im Gesetz die GmbH & Co KG nicht genannt sei; sei ein gesetzgeberisches Versehen. Unstreitig sei Herr G Existenzgründer im Sinne der Vorschriften des § 7g EStG. Er habe daher Anspruch auf Aufrechterhaltung der Ansparrücklage, auch wenn die Gesellschaft als GmbH & Co KG geführt werde. Auch der Antragsgegner habe im Rahmen einer Betriebsprüfung der Jahre 2002 bis 2004 die Bildung der Rücklage nicht beanstandet und damit zu erkennen gegeben, dass eine GmbH & Co KG Existenzgründerin sein könne.

Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2006 und den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2006, jeweils vom 28.2.2008 in Höhe von 33 712,80 Euro von der Vollziehung auszusetzen,

hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt, den Aussetzungsantrag abzuweisen.

Er trägt vor, als Existenzgründer im Sinne der Vorschrift des § 7g Abs. 7 EStG kämen nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Personengruppen in Betracht. Die GmbH & Co KG sei jedoch in der Gesetzesnormierung nicht enthalten. Sie erfülle daher die Voraussetzungen eines Existenzgründers nicht. Zwar sei Herr G Existenzgründer im Sinne des § 7g Abs. 7 Nr. 1 EStG. Bediene er sich jedoch der Rechtsform einer GmbH & Co KG, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bildung der Rücklage nicht vor. Die im Rahmen der BP anerkannte Rückstellung sei als solche nach § 7g Abs. 3 EStG zu behandeln gewesen. Danach sei sowohl die Bildung der Rücklage als auch deren Anerkennung rechtens. Allerdings sei nur bei Existenzgründern der Investitionszeitraum auf 5 Jahre verlängert.

Aus den Gründen

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 27.2.2008 wird in Höhe von 33 712,80 Euro von der Vollziehung ausgesetzt. Der Gewerbesteuermessbescheid 2006 vom 28.2.2008 wird insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als ein höherer Gewerbesteuermessbetrag als 892 Euro festgesetzt worden ist.

Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 FGO soll gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheids anhand des heranziehbaren aktenkundigen Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen Gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 12.11.1992 - XI B 69/92, BFHE170, 106, BStBI. II 1993, 263, BB 1993, 571 Ls, m. w. N.). Bei der summarischen Prüfung wird nur aufgrund des vorliegenden, glaubhaft gemachten Prozessstoffes entschieden. Das Gericht ist zu weiteren Sachverhaltsermittlungen nicht verpflichtet (BFH-Beschluss vom 6.10.1993 - VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO i. V. m. § 294 ZPO ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 23.7.1968 - II B 17/68, BStBI. II 1968, 589).

Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen an der Rechtmäßigkeit der ergangenen Bescheide ernstliche Zweifel.

Nach § 7g Abs. 3 EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts im Sinne des § 7g Abs. 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird.

Das Tatbestandsmerkmal „voraussichtlich" erfordert eine Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen, die bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermitteln; aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags zu treffen ist (BFH-Urteil vom 19.9.2002 - X R 51/00, BStBI. II 2004, 184, BB 2003, 140; BFH Beschluss vom 11.2.2008 - VIlI B 224/06; Juris Rechtsprechungsdatenbank). Nachdem die Antragstellerin der Bildung der Ansparrücklage eine Aufstellung der zu erwerbenden Wirtschaftsgüter beigefügt hat, ist die hinreichende Konkretisierung der Anschaffung zu bejahen. Dabei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass die Antragstellerin bereits im Jahr 1999 die wesentlichen Betriebsgrundlagen erworben hat und zum Bilanzstichtag der Erwerb der bezeichneten Wirtschaftsgüter ernsthaft beabsichtigt war. Mit dem beabsichtigten Erwerb war auch keine wesentliche Betriebserweiterung verbunden, eine verbindliche Bestellung der Wirtschaftsgüter bereits am Bilanzstichtag ist daher nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 17.11.2004 - X R 38/02, BFH/NV 2005, 846).

Die Regelungen der Ansparabschreibung werden für den Existenzgründer insoweit erweitert, als die Rücklagenbildung im Jahr der Gründung und den 5 folgenden Wirtschaftsjahren (Gründungszeitraum) ermöglicht wird. Zudem wird der Investitionszeitraum auf 5 Jahre erweitert, § 7g Abs. 7 EStG. Die Antragstellerin hat ihren Geschäftsbetrieb im Jahr 1999 aufgenommen Innerhalb der Gründungszeit hat sie die Ansparrücklage gebildet.

Die Antragstellerin ist auch als Existenzgründerin anzuerkennen. Zwar ist nach der gesetzlichen Regelung eine GmbH & Co KG nicht als Existenzgründer im Gesetzeskatalog aufgenommen. Der Senat erkennt jedoch mit der herrschenden Meinung in der Literatur eine GmbH & CO KG als Existenzgründerin an.

Nach dem Gesetzestext ist eine Personengesellschaft als Existenzgründer anzuerkennen, wenn ihre Gesellschafter die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG erfüllen, § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 2 EStG. Die Gesellschafter müssen daher natürliche Personen sein, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung weder an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt gewesen sind, noch dürfen sie Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 erzielt haben.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kommanditist G diese Voraussetzungen erfüllt.

Ebenso erfüllt eine GmbH die Voraussetzungen eines Existenzgründers, wenn an ihr nur natürliche Personen beteiligt sind, die die Voraussetzungen eines Existenzgründers nach § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG erfüllen. Diese Voraussetzungen trafen auf die A Möbelhaus und Schreinerei Beteiligungsgesellschaft GmbH ursprünglich nicht zu. Der Minderheitsgesellschafter O A erfüllt die Voraussetzungen eines Existenzgründers nicht. Durch die Übertragung seines Geschäftsanteils auf den weiteren Gesellschafter, der die Voraussetzungen eines Existenzgründers erfüllt, wurden die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllt. Seit 2001 ist auch die GmbH als Existenzgründerin anzuerkennen. Der Senat hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass bereits bei der Gründung der GmbH der Gesellschafter A dem weiteren Gesellschafter, der die Voraussetzungen als Existenzgründer erfüllt, ein Ankaufs- und Erwerbsrecht an seiner Beteiligung zum Nennwert einräumte. Auch hatte Herr A lediglich eine geringfügige Beteiligung an der GmbH inne, Tritt der die Voraussetzungen des Existenzgründers nicht erfüllende Gesellschafter noch innerhalb der Gründungszeit aus der Gesellschaft aus, erfüllt die GmbH nach Auffassung des Senats ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Existenzgründereigenschaft. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse am Bilanzstichtag der Bildung der Rücklage (Lambrecht in Kirchhof EStG Kommentar § 7g Rn. 57; Bordewin/Brandt EStG Kommentar § 7g Rn. 90, BMF Schreiben vom 25.2 2004 - IV A 6 - S 2183b - 1/04, BStBl. I 2004, 337, BB 2004, 768, Rn. 47).

Ist jede Rechtsform für sich als Existenzgründer anzuerkennen, muss auch die Kombination der zulässigen Rechtsformen als Existenzgründer anerkannt werden (Braudis in Blümich, EStG Kommentar, § 7g (alte Fassung) Rn. 103; Korn/Strahl KÖSDI 97, 11 002; Drenseck in Schmidt, EStG Kommentar § 7g Rn. 28; Lambrecht in Kirchhof EStG Kommentar § 7g Rn. 57, Hessisches FG, Urteil vom 6.12.2004 - 1 K 939/02, EFG 2005, 686).

Der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung Baden-Württembergs (siehe Schriftsatz des Antragsgegners) vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Diese Auffassung verkennt dass der Gesetzgeber eine Kombination der begünstigten Rechtsformen weder ausgeschlossen, noch einen solchen Ausschluss beabsichtigt hat. Zentraler Ansatzpunkt der Einführung der Regelungen zum Existenzgründer war die Absicht zur Stärkung der Selbstständigkeit und der Innovationskultur. Dazu gehörte nach der Auffassung des Gesetzgebers auch die Stärkung des Existenzgründers (BT-Drucks. 13/4839 Seite 38). Die Attraktivität von Unternehmensneugründungen sollte durch die Stärkung der Eigenkapitalbildung gefördert werden. Insbesondere Existenzgründern in der Form kleiner und mittlerer Unternehmungen sollte die Möglichkeit der Ansparabschreibung verstärkt zur Verfügung gestellt werden. Nur zur Vermeidung von unerwünschten Gestaltungen und von Mitnahmeeffekten sollte der Begriff des Existenzgründers einschränkend bestimmt werden (BT-Drucks. a. a. O., Seite 77). Vor diesem Hintergrund erfolgte die Regelung in § 7g Abs. 7 EStG. Der Gesetzgeber wollte hiermit jedoch Mischformen, deren Gesellschafter der Existenzgründerstatus zukommt, ersichtlich nicht ausschließen.

Soweit in der Literatur vereinzelt vertreten wird, eine GmbH & Co KG könne keine Existenzgründerin sein (Kratzsch in Frotscher, EStG Kommentar, § 8 EStG Rn. 7, Version 4.1, Fassung 2007, § 7g Rn. 76) führt selbst diese Auffassung im vorliegenden Fall zur Anerkennung der Existenzgründereigenschaft. Kratzsch bejaht eine einschränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts, wenn Gesellschafter der Komplementär-GmbH ausschließlich Existenzgründer sind und die GmbH lediglich geschäftsführend für die KG tätig wird (Kratzsch a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

Da die Antragstellerin als Existenzgründerin anzuerkennen ist, darf die gebildete Ansparabschreibung zum 31.12.2006 nicht aufgelöst werden.

Die Ermittlung des auszusetzenden Gewerbesteuermessbetrags ergibt sich aus folgender Berechnung:

 Gewinn

92 488,00 Euro

Ansparabschreibung incl. Zinszuschlag

-33 712,80 Euro

Dauerschuldzinsen

4 803,00 Euro

Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen

63 578,20 Euro

Spenden

300,00 Euro

verbleibender Betrag

63 278,20 Euro

abgerundet auf volle 100 Euro

63 200 Euro

Freibetrag

24 500 Euro

verbleibender Betrag

38 700 Euro

Gewerbesteuermessbetrag

828 Euro

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

Angesichts der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (OFD Karlsruhe und wohl der bundeseinheitliche Erlass der OFD Koblenz vom 24.1.2007, OFD Koblenz, 24.1.2007 - S 2139b A - St 31 3, DStR 2007, 625, BB 2007, 495) lässt der Senat die Beschwerde gegen seine Entscheidung zu. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO sind gegeben.

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