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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
03.03.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Gewährung von Nutzungsrechten an Patenten kann auch gegen den Willen der Parteien eine Veräußerung sein

 

FG Münster, Urteil vom 15.12.2010 - 8 K 1543/07 E, G

Leitsätze (des Kommentators)

1.         Die ertragsteuerliche Behandlung eines Patentlizenzvertrags als Rechtskauf oder als Dauerschuldverhältnis richtet sich nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der getroffenen Vereinbarungen, unabhängig vom vereinbarten Wortlaut und den Intentionen der Vertragsparteien beim Vertragsschluss.

2.         Die Gewährung eines exklusiven und unbeschränkten Patentnutzungsrechts über die gesamte Patentlaufzeit ohne die Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten oder einer Rückfallklausel kann zu einer Behandlung als Rechtskauf führen.

Sachverhalt

Streitig ist die ertragsteuerliche Beurteilung des am 2.11.2000 zwischen der Klin. und der T AG (nachfolgend: AG) abgeschlossenen Vertrages.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Die Klin. ist Erfinderin medizinischer Produkte. Sie erfand als erstes Produkt die Einlage für einen U-beutel, durch den die einlaufende Flüssigkeit absorbiert wird. Sie ließ sich diese Erfindung beim Deutschen Patent- und Markenamt in N unter der Nr.: ... (...) patentieren. Dieses Patent wurde am 27.11.1997 angemeldet und am 26.8.1999 erstveröffentlicht.

Mit Vertrag vom 2.11.2000 schloss die Klin. mit der AG einen Patentlizenzvertrag über das vorgenannte Patent ab. Er endet mit Ablauf des Vertragsschutzrechts am 27.11.2017. Die Lizenz gilt für die Bundesrepublik Deutschland und umfasst das gesamte Anwendungsgebiet der Erfindung sowie die Herstellung, den Gebrauch und den Vertrieb. Nach den Vertragsbedingungen ist die Klin. nicht berechtigt, die unter die Lizenz fallenden Gegenstände selbst in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen. Im Falle der Erweiterung des Patentes auf andere Länder gehen die erworbenen Nutzungs- und Vertriebsrechte auf die AG über; für die Übertragung dieser Rechte schuldet die AG keine zusätzliche Vergütung. Die AG ist jederzeit berechtigt, ohne Rücksprache mit der Klin. Lizenzrechte an andere zu vergeben. Im Falle der Auflösung der AG ist die AG berechtigt, das Patent an Dritte zu veräußern. Für die Laufzeit des Vertrages hat die AG eine Lizenzgebühr in Höhe von 400 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (USt) zu zahlen. Ein Teilbetrag in Höhe von 200 000 DM und die gesamte USt auf 400 000 DM war mit Abschluss des Vertrages fällig. Der Restbetrag in Höhe von 200 000 DM ist nach den vertraglichen Bestimmungen in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 5 % des Umsatzes der Lizenznehmerin des jeweiligen vorherigen Monats zur Zahlung fällig. Für den Fall, dass in der Laufzeit des Vertrages ein Umsatz der Lizenznehmerin in Höhe von 4 Mio. DM nicht erreicht werden sollte, ist die Lizenzgebühr von 400 000 DM um 5 % des 4 Mio. DM unterschrittenen Umsatzes, max. um 200 000 DM, zu kürzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 2.11.2000 Bezug genommen und verwiesen.

Die Klin. ermittelt ihren Gewinn aus der Erfindertätigkeit durch Betriebsvermögens(BV)-Vergleich. Die bei der Veranlagung vorgelegte Bilanz weist im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Lizenzvertrag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten (pRAP) von 396 079,00 DM sowie Erträge aus Patentgebühren in Höhe von 3 921,00 DM (= 400 000,00 DM x 2 Monate/204 Monate - 12 Monate x 17 Jahre -) auf.

Der Bekl. setzte mit Bescheid vom 21.10.2002 die ESt unter Berücksichtigung der von der Klin. vorgelegten Bilanz unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im Rahmen einer bei der Klin. durchgeführten Außenprüfung gelangte der Beklagte (Bekl.) zur Auffassung, dass die Lizenzierung des Patentes eine dauerhafte, der Veräußerung nahekommende Nutzungsüberlassung darstelle. Mit Änderungsbescheid vom 27.12.2004 berücksichtigte der Beklagte die aus dem Lizenzvertrag bereits realisierte Forderung in Höhe von 200 000 DM im Streitjahr als Ertrag bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG und bewertete den ausstehenden Restbetrag mit 0 DM. Zugleich hob der Bekl. den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Hiergegen legten die Kl. am 27.1.2005 Einspruch ein. Die Klin. begehrte die Qualifikation der Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG sowie die Erhöhung des Gewinns im Zusammenhang mit dem Lizenzvertrag rückgängig zu machen.

Nach ihrer Überzeugung stelle der streitgegenständliche Vertrag ein Dauerschuldverhältnis und keinen Kaufvertrag über das Patentrecht dar. Sie habe das Schutz- bzw. Verwertungsrecht nicht vollständig und dauerhaft übertragen wollen.

Das Vorliegen eines Lizenzvertrages ergebe sich aus Art. 8 des Patentlizenzvertrages, wonach jede Partei berechtigt ist, auf ihre Kosten die ausschließliche Lizenz in die Patentrolle eintragen zu lassen.

Das zu lizenzierende Recht sei nicht dauerhaft der AG gewährt worden, sondern es sei ihr lediglich die Verwertung in festgesetzten Grenzen erlaubt. Unbeachtlich sei, dass sich die Vertragslaufzeit mit der Laufzeit des Patentes decke. Sie verwies auf die Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 15.6.1983 - I R 113/79, wonach auch solche Nutzungsüberlassungen, die bis zum Ablaufen der Patente erfolgt sind, keine Kaufverträge darstellen. Es sei ständige Vertragspraxis, dass bei Lizenzverträgen die Lizenz für die Dauer der maximalen Patentlaufzeit eingeräumt werde. Die Laufzeit sei zudem darin begründet, dass die an das Patentamt zu zahlenden Gebühren immer nur für einen bestimmten Zeitraum gelten. Zur Aufrechterhaltung des Patentes müssten nach dem Ablauf dieses Zeitraumes erneut Gebühren gezahlt werden.

Entscheidend gegen eine Patentveräußerung spreche, dass die Lizenznehmerin verpflichtet ist, das Patent bis zum Ende der Laufzeit aufrecht zu erhalten; läge eine Patentveräußerung vor, könnte die Lizenznehmerin frei über die Ausnutzung der Laufzeit des Patents entscheiden. Die lange Laufzeit deute darauf hin, dass kein Rechtskauf, sondern ein Dauerschuldverhältnis von den Vertragsparteien gewollt war. Anderenfalls wäre mit der Ummeldung beim Patent- und Markenamt ein entsprechender Kaufvertrag abschlossen worden.

Zudem sei in Art. 12 vertraglich festgelegt, dass die AG verpflichtet ist, dass Lizenzrecht zu nutzen. Dies sei ein vertraglich vereinbarter Erfolg, der über den Inhalt eines Kaufvertrages hinausgehe.

Ferner habe die Klin. ihr Marketingwissen und ihr know-how zur Verfügung gestellt. Auch eine solche Verpflichtung sei dem Kaufvertrag fremd.

Die Klin. verwies auf Art. 14 des Lizenzvertrages, wonach ein Kündigungsrecht eingeräumt worden ist, wenn die Nichtigkeit des Patents festgestellt wird. Daher ist aus ihrer Sicht ungewiss, ob das Recht endgültig beim Lizenznehmer verbleibt. Der Kaufvertrag als solcher kenne kein Kündigungsrecht.

Ferner verwies die Klin. auf die Modalitäten der Vergütung, wonach es gegen den Charakter des Kaufvertrages spreche, dass es bei der vereinbarten Lizenzgebühr von 400 000 DM zu einer Kürzung von bis zu 200 000 DM - abhängig vom Umsatz - kommen könne. Die Entgeltregelung sei ein deutliches Indiz dafür, dass es sich um eine Lizenzgebühr handelte. Ein umsatzabhängiger Kaufpreis sei völlig lebensfremd.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 9.3.2007 schloss sich der Bekl. der Auffassung der Klin. hinsichtlich der Qualifizierung der Einkünfte als solche nach § 18 EStG an. Im Übrigen wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung trug der Bekl. vor, dass aus wirtschaftlicher Sicht eine Veräußerung des Patentes vorläge. Hierbei stellte der Bekl. auf den Zweckübertragungsgrundsatz ab. Zwar hätten die Vertragsparteien einen Vertragszweck nicht festgelegt. Allerdings sei aus den Regelungen des Lizenzvertrags abzuleiten, dass das gesamte Anwendungsgebiet der Erfindungen, nämlich die Herstellung, der Gebrauch und der Vertrieb der AG allein zustünde.

Die Klin. habe das Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem Patent vollständig auf die AG übertragen, da sie nicht berechtigt ist, die unter die Lizenz fallenden Gegenstände in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen. Das Verfügungsrecht der AG über die Erfindung der Klin. sei umfassend.

Zudem sei das Lizenzrecht für die gesamte Dauer des Patents übertragen. Da das Patentrecht nicht verlängerbar sei, verbliebe nach Ende der Vertragszeit nichts beim Erwerber, da das Wirtschaftsgut nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit aufgebraucht ist; es könne umgekehrt aber auch nichts an die Klin. zurückfallen, da das Patent mit Ende der Vertragszeit wirtschaftlich verbraucht sei.

Ferner wies der Bekl. zur Begründung seiner Ansicht auf die fehlende Rückfallklausel hin. Der Bekl. hob hervor, dass für den Fall, dass das Patentrecht auf Betreiben Dritter für nichtig erklärt werden sollte, der Lizenznehmerin lediglich ein außerordentliches Kündigungsrecht gewährt wird. Da kein Kündigungsrecht vereinbart wurde, könne die Klin. das Patentrecht nicht zurückerlangen.

Auch die Entgeltregelung spreche für die Annahme einer Rechtsveräußerung, da zu Vertragsbeginn die gesamte USt fällig werde, obwohl nur ein Teilbetrag in Höhe von 200 000 DM fällig ist. Soweit für den umsatzabhängigen Restbetrag ein Kürzungsmodus vereinbart sei, stelle dieser lediglich eine Stundung einer voraussichtlich festen Lizenzgebühr dar. Nach Auffassung des Bekl. wäre bei einer reinen Überlassung davon auszugehen, dass die Parteien auf die Festsetzung eines Höchstbetrages verzichtet hätten und nur einen Grundbetrag zur Abdeckung der Entwicklungskosten sowie eine Umsatzbeteiligung vereinbart hätten.

Nach der durchgeführten Gesamtbetrachtung sei davon auszugehen, dass, wirtschaftlich betrachtet, mehr für die Annahme einer der Veräußerung gleichkommenden Nutzungsüberlassung spreche; die im Vertrag enthaltenen Elemente mit Dauerschuldcharakter treten in den Hintergrund.

Der Verpflichtung der Klin., ihr know-how und Marketingwissen einzubringen, komme entscheidendes Gewicht nicht zu.

Auch das der Klin. in Art. 14 des Vertrages eingeräumte Kündigungsrecht führe zu keiner anderen Auffassung, da dieses lediglich für den Fall einer Nichtigkeitserklärung des Vertragsschutzrechtes greife. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines gewichtigen Grundes könne nicht dazu führen, den abgeschlossenen Vertrag in seinem Gesamtgehalt als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren.

Das von den Klägern genannte Urteil des BFH vom 15.6.1983 sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da im Urteilsfall neben der Überlassung der Lizenz auch die Vermietung von Spezialmaschinen vereinbart worden war. Eine rechtliche Einordnung der Lizenzüberlassung als Dauerschuldverhältnis sei dem Urteil nicht zu entnehmen.

Auch das gesetzliche Rücktrittsrecht nach §§ 326, 346 ff. BGB spreche nicht gegen die Annahme eines Rechtsverkaufes. Zwar habe sich die Lizenznehmerin gem. Art. 12 zur Nutzung des Rechts verpflichtet; dies führe jedoch nicht dazu, dass es sich um eine Hauptleistungspflicht des Vertrages handelt. Die Verpflichtung diene lediglich dazu, den umsatzabhängigen Teil des Kaufpreises zu sichern. Auf den Willen der Klin., keinen Kaufvertrag abzuschließen, komme es nicht an. Es sei allein auf den wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung abzustellen.

Die Kl. haben am 11.4.2007 Klage erhoben.

Die Klin. nahm zur Begründung ihrer Klage auf die im Rechtsbehelfsverfahren vorgetragene Argumentation Bezug.

Die Klin. beantragt, den Bescheid über ESt, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 27.12.2004 in Gestalt der EE vom 9.3.2007 dergestalt aufzuheben, dass der Ertrag um 196 079,00 DM bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit der Klägerin reduziert wird,

hilfsweise für den Fall des ganzen oder teilweisen Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des ganzen oder teilweisen Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Die Bekl. nimmt für die Begründung des Klageabweisungsantrages Bezug auf die EE.

Der Senat hat am 15.12.2010 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen und Bezug genommen.

Aus den Gründen

            Unbegründetheit der Klage

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der angefochtene ESt-Änderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten.

Der Bekl. hat zutreffend die im Streitjahr vereinnahmten 200 000,00 DM bei der Ermittlung des Gewinnes aus der selbständigen Tätigkeit der Klin. in voller Höhe erfasst.

            Passiver RAP

Nach § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, der mit § 250 Abs. 2 HGB übereinstimmt, sind Einnahmen vor dem Abschlussstichtag als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellen. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS, Nr. 5 HGB) erst dann - durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens - erfolgswirksam wird, wenn er seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat (vgl. BFH, Urteile vom 9.12.1993 - IV R 130/91, BStBl. II 1995, 202, BB 1994, 827, und vom 23.2.2005 - I R 9/04, BStBl. II 2005, 481, BB 2005, 1160; BFH, Beschluss vom 17.4.2007 - IV B 91/06, BFH/NV 2007, 1853). Gewinne dürfen erst berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag durch Umsatzakte realisiert sind (vgl. BFH, Urteil vom 24.7.1996 - I R 94/95, BStBl. II 1997, 122, BB 1996, 2190, und vom 23.2.2005 - I R 9/04, BFHE 209, 248, BStBl. II 2005, 481, BB 2005, 1160). Mit der bezeichneten Zielrichtung betreffen Rechnungsabgrenzungen typischerweise Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages im Sinne der §§ 320 ff. BGB, wenn sie auch nicht auf synallagmatisch schuldrechtliche Leistungen beschränkt sind (vgl. BFH, Urteile in BStBl. II 1997, 122 und in BStBl. II 2005, 481; Weber-Grellet, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl., § 5 EStG, Rn. 241 ff.; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2004, § 5 EStG, Rn. 1937). Dabei kann die zu berücksichtigende Gegenleistung auch in einem Dulden oder Unterlassen bestehen (vgl. FG Köln, Urteil vom 20.5.2009 - 5 K 2907/07, EFG 2009, 1369, BB-Entscheidungsreport Bergemann, BB 2009, 1580).

            Gleich bleibende Dauerverpflichtung als Voraussetzung ...

In Hinblick auf die für eine Rechnungsabgrenzung erforderliche zeitliche Zuordnung des Entgelts („bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung des Steuerpflichtigen aber zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein (vgl. Bauer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 2004, § 5 EStG, Rn. F 97). Dies setzt eine zumindest qualitativ gleich bleibende Dauerverpflichtung voraus (vgl. BFH-Urteile vom 20.5.1992 - X R 49/89, BStBl. II 1992, 904, BB 1992, 1602; vom 10.9.1998 - IV R 80/96, BStBl. II 1999, 21, BB 1998, 2468, und in BStBl. II 2005, 481), die einem „Wertverzehr" unterliegt (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2002 - I R 17/02, BStBl. II 2004, 126, BB 2003, 1006, m. w. N.).

            ... und noch zu erbringende Gegenleistung nach dem Bilanzstichtag

Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit „nach diesem Zeitpunkt" darstellt, muss darüber hinaus seitens des Steuerpflichtigen eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Im Hinblick auf eine bereits vollzogene Leistung kann eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen (BFH-Urteile in BStBl. II 1995, 202 und in BStBl. II 2005, 481).

            Im Streitfall kein RAP: Streitgegenständlicher Vertrag ist nicht als Lizenzvertrag sondern als Rechtskaufvertrag zu werten

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann für die streitigen Zahlungen kein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Der streitgegenständliche Vertrag ist nicht als Lizenzvertrag sondern als Rechtskaufvertrag zu werten mit der Folge, dass die zu erbringende Hauptleistung - Einräumung des Patenrechts - im Veranlagungszeitraum 2000 erfolgte. Für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens ist kein Raum, da die Kl. im Jahr 2000 den sich aus der Veräußerung ergebenden Gewinn realisiert hat.

            Rechtsnatur des Vertrags richtet sich nicht nach den von den Vertragspartnern verwendeten Ausdrücken, sondern nach dem Gesamtinhalt der Vereinbarung

Ob ein Kaufvertrag oder ein Lizenzvertrag vorliegt, richtet sich nicht nach den von den Vertragspartnern verwendeten Ausdrücken, sondern nach dem Gesamtinhalt der Vereinbarung. Wenn dem Erwerber nicht das unbeschränkte Verfügungsrecht über das lizenzierte Recht eingeräumt worden ist, liegt kein Kaufvertrag vor. Für die Auslegung des Vertrages als Patentkauf oder als Lizenzgewährung ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend.

            Lizenzvertrag

Unter einem Lizenzvertrag im engeren Rinne versteht man einen Vertrag, in dem der Inhaber eines gewerblichen Schutzrechtes als Lizenzgeber gegenüber einem Dritten (Lizenznehmer) die Benutzung eines geschützten Rechts (z. B. Patent, Warenzeichen etc.) auf Zeit gegen Entgelt gewährt. Der Vertrag enthält in der Regel Nebenabreden. Bürgerlich-rechtlich ist der Lizenzvertrag nicht geregelt, sondern bildet einen Vertrag eigener Art (vgl. Weidenkaff in Palandt, 68. Aufl. 2009, Einführung vor § 581 BGB, RdNr. 7). Je nach Ausgestaltung des Lizenzvertrages enthält dieser Elemente des Kauf-, Miet- und/oder Gesellschaftsvertrages oder aber des Pachtvertrages (BGH, Urteil vom 11.6.1970, DB 1970, 1435). Bei der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz kommt nach herkömmlicher Ansicht ein pachtähnlicher Vertrag mit starkem kaufrechtlichen Einschlag zustande (vgl. Harke, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 581 BGB, Rn. 18). Maßgebliche Unterscheidung ist, ob die Überlassung des Rechts für immer oder auf Zeit erfolgt und ob die Parteien in diesem zweiten Teil damit rechnen, dass das Recht nach Ablauf der Vertragszeit oder nach dem ersten ordentlichen Kündigungstermin noch werthaltig ist. Gilt es den Parteien danach als wertlos oder ist es von vornherein für immer überlassen, liegt ein Rechtskauf vor.

            Rechtskauf

Die Lizenz kann einfach oder ausschließlich sein. Bei der einfachen Lizenz behält der Lizenzgeber das Recht, das Schutzrecht auch anderen Personen zur Nutzung zu überlassen; bei der ausschließlichen Lizenz ist nur der Lizenznehmer zur Nutzung und zur Geltendmachung des Schutzrechtes gegen Dritte berechtigt. Von Bedeutung für die bilanzielle Behandlung ist, ob die Einräumung des Nutzungsrechts zeitlich befristet oder auf Dauer erfolgt bzw. ob nach Ablauf des Lizenzvertrages noch Verwertungsmöglichkeiten von wirtschaftlicher Relevanz verbleiben (vgl. Wallis, in: Hermann/Heuer/Raupach, § 5 EStG, RdNr. 1201). Während beim Lizenzvertrag nur die Verwertung oder Nutzung gestattet ist, nicht jedoch das Recht selbst übertragen wird, erfordert die Annahme eines Rechtskaufs, dass das Recht voll oder wenigstens im wesentlichen Umfang und endgültig übergehen soll (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, 68. Aufl., 2009, Einf. vor § 433 BGB, Rn. 22). Ein Veräußerungsgeschäft im Sinne eines Rechtskaufs liegt dann vor, wenn die rechtsförmliche Nutzungsüberlassung wirtschaftlich eine Veräußerung des Schutzrechtes bildet. Das kann der Fall sein, wenn das Schutzrecht für die gesamte Schutzdauer exklusiv überlassen ist, so dass bei Vertragsablauf nichts mehr zurückzugeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1963 - IV 429/62, BStBl. III 1964, 44, BFHE 78, 107).

            Zeitlich begrenzte oder endgültige Überlassung an Rechten

Eine zeitliche Überlassung ist nicht gegeben, wenn das Nutzungsrecht dem Berechtigten mit Gewissheit endgültig verbleibt oder ein Rückfall des Rechtskraft Gesetzes oder kraft Vertrages nicht in Betracht kommt. Eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten ist jedoch zu bejahen, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Rechtsüberlassung endet (vgl. BFH-Beschluss vom 22.1.1988 - 111 B 9/87, BStBl. II 1988, 537 m. w. N.). Die Frage, ob es sich um eine zeitlich begrenzte oder um eine endgültige Überlassung an Rechten handelt, ist nach dem Vertrag zu beurteilen. Denn dieser Vertrag ist die Rechtsgrundlage für die Überlassung der Rechte und damit auch maßgeblich für die Rechtsnatur der Überlassung (vgl. BFH-Urteil vom 7.12.1977 - I R 54/74, BStBl. II 1978, 355). Die Überlassung eines Rechtes ist nicht zeitlich begrenzt, wenn es dem Berechtigten endgültig verbleibt; soweit und solange sein Verbleib beim Berechtigten hingegen ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenen zurückfallen kann, liegt eine zeitlich begrenzte Überlassung vor (vgl. Urteil des BFH vom 23.5.1979 - I R 163/77, BFHE 128, 213, BStBl. II 1979, 757 m. w. N.). Auch wenn nur der Nutzungsberechtigte die Voraussetzung für den Rückfall herbeiführen kann, führt die Möglichkeit des Rückfalls zur Annahme einer zeitlich begrenzten Überlassung (vgl. BFH-Urteil vom 7.12.1977 - I R 54/75, BFHE 124, 175, BStBl. II 1978, 355). Dies gilt auch, wenn der mögliche ersatzlose Rückfall Sanktion für die Nichterfüllung einer Vertragspflicht ist (BFH-Beschluss vom 22.1.1988 - III B 9/87, BFHE 152, 539, BStBl. II 1988, 537, BB 1988, 1022).

            Lizenzvereinbarung vom 2.11.2000 steht wirtschaftlich der Veräußerung des Rechts gleich

Unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze steht nach Auffassung des erkennenden Senats die Lizenzvereinbarung vom 2.11.2000 wirtschaftlich der Veräußerung des Rechts gleich. Die AG erhält durch den Vertrag die Möglichkeit, das Patent wirtschaftlich in Gänze für ihre Zwecke zu verwenden. Ihr wurde von der Klin. das Schutzrecht für die gesamte Schutzdauer exklusiv überlassen. Zwar ist die Lizenz zeitlich befristet. Das Lizenzrecht ist für die gesamte Dauer des Patents eingeräumt und endet - genauso wie der nicht verlängerbare Patentschutz - am 27.11.2017. Nach dem Ende der Vertragszeit verbleibt nichts bei der AG, da das Patent nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit wirtschaftlich aufgebraucht ist. Aus diesem Grunde kann an die Klin. am Ende der Vertragslaufzeit wirtschaftlich auch kein Recht zurückfallen.

            Keine Rückfallklausel

Der abgeschlossene Vertrag enthält auch keine Rückfallklausel zugunsten der Klin. Es ist lediglich die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für den Fall der Nichtigkeitserklärung des Patentes vereinbart worden. Zu beachten ist jedoch, dass selbst für den Fall, dass das Patentrecht nichtig ist, die bereits gezahlten Beträge von der Klin. nicht zurückzuzahlen sind. Aus wirtschaftlicher Sicht trägt die AG das Risiko der Wirksamkeit des Patentrechts und schuldet die Zahlung von 200 000,00 DM auch dann, wenn ihr kein Schutzrecht zusteht.

            Zirkelschluss des Klägers in Bezug auf das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses

Die von den Kl. geäußerte Auffassung, es läge ein Dauerschuldverhältnis vor, weil im Falle einer Pflichtverletzung das Vertragsverhältnis nach §§ 314, 326 BGB gekündigt werden kann - und somit ungewiss ist, ob das Recht bei der AG verbleibt - beruht auf einem Zirkelschluss. Denn die Anwendung der vorgenannten gesetzlichen Regelungen setzt gerade voraus, dass ein Dauerschuldverhältnis vorliegt. Ob ein Dauerschuldverhältnis vorliegt oder nicht, ist gerade die zu entscheidende Frage. Diese Frage kann nicht dadurch beantwortet werden, dass ein Dauerschuldverhältnis unterstellt wird, um in den Anwendungsbereich der §§ 314, 326 BGB zu gelangen und die sich aus der Anwendung der Normen ergebenden Folgen - Ungewissheit über den endgültigen Verbleib des Schutzrechtes - als Indiz für das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses anzusehen.

            Vergütungsklausel spricht nicht gegen das Vorliegen einer Veräußerung eines Rechts

Entgegen der Ansicht der Kl. spricht die Vergütungsklausel nicht gegen das Vorliegen einer Veräußerung eines Rechts. Ein Kauf liegt auch dann vor, wenn ein Teil des Kaufpreises als fester Betrag und der andere Teil als jährliche Mindestlizenz zu zahlen ist (vgl. Ullmann, in: Beck´scher Kurzkommentar zum Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 15 PatG, Rn. 13 m. w. N.; RG, Bl. 11, 250).

            Der Einordnung des streitgegenständlichen Vertrages als Kaufvertrag steht die Regelung des Art. 8 des Vertrages nicht entgegen

Der Einordnung des streitgegenständlichen Vertrages als Kaufvertrag steht die Regelung des Art. 8 des Vertrages nicht entgegen. Die Berechtigung zur Eintragung der Lizenz lässt weder auf das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses schließen noch bewirkt es, dass aus wirtschaftlicher Sicht die AG das Patent ausschließlich - unter Ausschluss der Klin. - für sich verwenden darf.

            Nach § 39 AO ist für steuerliche Zwecke allein die wirtschaftliche Betrachtung maßgeblich

Entgegen der Ansicht des Bekl. ist der Wille der Klin., bei Vertragsschluss einen Lizenzvertrag und keinen Kaufvertrag zu schließen, nicht unbeachtlich. Will ein Vertragspartner einen Kaufvertrag, der andere Vertragspartner aber einen Lizenzvertrag abschließen, so liegt ein (versteckter) Dissens vor. Mangels übereinstimmenden Rechtsbindungswillens kommt in einem solchen Fall der Vertrag zivilrechtlich nicht zustande. Im vorliegenden Fall kann die Frage nach der Einigung unbeantwortet bleiben, da nach § 39 AO für steuerliche Zwecke allein die wirtschaftliche Betrachtung maßgeblich ist. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der AG das Patenrecht übertragen worden. Die AG ist in der Lage über Herstellung, Gebrauch und Vertrieb der Erfindung der Klin. zu bestimmen. Zudem darf die Lizenznehmerin weitere Lizenzrechte an andere vergeben, ohne Rücksprache mit der Lizenzgeberin halten zu müssen. Selbst für den Fall, dass das Patent auf andere Gebiete als die Bundesrepublik Deutschland erweitert wird, gehen nach Art. 6 des Vertrages die erworbenen Nutzungs- und Vertriebsrechte auf die AG über. Weiterhin spricht die Exklusivität der Lizenz für die wirtschaftliche Übertragung des Patents.

            Für die Auslegung als Kaufvertrag spricht zudem die im Vertrag von den Parteien gewählte Wortwahl

Für die Auslegung des streitgegenständlichen Vertrages als Kaufvertrag spricht zudem die im Vertrag von den Parteien gewählte Wortwahl. Entscheidend für das Vorliegen eines Kaufvertrages ist nach Ansicht des Senates die gewählte Formulierung in Art. 9 des Patentlizenzvertrages. Hiernach ist die Lizenznehmerin im Falle der Auflösung berechtigt, das Patent an Dritte zu veräußern. Eine solche Verkaufsberechtigung würde nicht bestehen und die Vertragsbeteiligten hätten dies auch nicht vereinbart, wenn nicht zumindest die wirtschaftliche Übertragung des Patentrechts - und nicht nur Einräumung einer Lizenz - beabsichtigt worden wäre. Auch im Art. 6 des Lizenzvertrages wird von der Übertragung der Rechte gesprochen.

            Vertragsparteien haben die Übertragung gewollt

Zwar ist im Zweifel nur die Bestellung eines Benutzungsrechts und nicht die volle Übertragung als gewollt anzusehen, da der Erfinder oder Patentinhaber im Falle der Einräumung eines Rechts in der Regel von seinem Recht so wenig wie möglich aufgeben will (BGH 1 AZR 171/63, Urteil vom 1.10.1963). Nach den vorgenannten Ausführungen verbleiben beim erkennenden Senat keine Zweifel, dass die Vertragsparteien die Übertragung gewollt haben.

            Verpflichtung zur Nutzung des Patentrechts ergibt keine andere Beurteilung

Eine andere Beurteilung des Rechtsstreits ergibt sich auch nicht daraus, dass die AG sich verpflichtete, das Patentrecht zu nutzen. Diese vertragliche Vereinbarung hat nach Auffassung des erkennenden Senats den Zweck, die getroffene umsatzabhängige Vergütung für die Kl. sicherzustellen. Es lag im wirtschaftlichen Interesse der Kl., dass die AG das (erworbene) Patentrecht nutzt. Eine für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens notwendige noch ausstehende Gegenleistung durch die Kl. wird durch die Nutzungsverpflichtung der AG nicht generiert.

            Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

            Nichtzulassung der Revision

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe nicht vorliegen.

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