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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
22.09.2022
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Düsseldorf: Feststellung der Ausschüttungsquote in der ewigen Rente und die Beurteilung der Bagatellgrenze

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.6.2022 – I-26 W 13/18 [AktE], rkr.

Volltext des Beschlusses: BB-ONLINE BBL2022-2226-1

Amtliche Leitsätze

1. Den für eine Unternehmensbewertung maßgeblichen Ausschüttungsannahmen ist regelmäßig (nur) für die Detailplanungsphase die Ausschüttungsplanung des zu bewertenden Unternehmens zugrunde zu legen. Für die Phase der ewigen Rente ist grundsätzlich von typisierten Ausschüttungsannahmen zwischen 40% und 60% auszugehen. Abweichend davon kann sich die Ausschüttungsquote sowohl im Detailplanungszeitraum als auch in der Phase der ewigen Rente implizit als Resultat der Berücksichtigung der Ausschüttung gemäß der in der Unternehmenssatzung geregelten Reihenfolge ergeben. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Ausschüttungsverhalten des zu bewertenden Unternehmens zum Bewertungsstichtag durch die Ausgabe von Vorzugsaktien mit erheblichen Vorzügen geprägt war, die aufgrund der rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Bedienung der Vorzüge in der Unternehmenssatzung zwingend zu bedienen waren.

2. Die Berücksichtigung der Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen als solcher ist im Rahmen der Ertragswertberechnung nicht zu beanstanden.

3. Der Ansatz einer Marktrisikoprämie von 5 % nach Steuern ist bezogen auf einen Stichtag im August 2012 nicht übersetzt.

4. Ein Länderrisikozuschlag ist im Kapitalisierungszinssatz nur dann zu berücksichtigen, wenn etwaige landesspezifische Risiken nicht bereits in den sich aus der Planungsrechnung ergebenden zu diskontierenden Ergebnissen enthalten sind.

5. Die Bemessung der Kompensationsleistung anhand des Börsenkurses scheidet aus, wenn über einen längeren Zeitraum praktisch kein Handel mit der von der Bewertung betroffenen Aktie stattgefunden hat. Dies kann bei einem Börsenhandel an nur drei bzw. sechs einzelnen Handelstagen eines Zeitraums von drei Monaten – hier: im einfachen Freiverkehr - nicht festgestellt werden. Auf die theoretische Möglichkeit des Handels kommt es nicht an.

6. Die aufgrund einer Strukturmaßnahme festgelegte Kompensation ist nur dann unangemessen, wenn sie mehr als nur geringfügig von dem ursprünglich ermittelten Wert der Aktie abweicht. Sind aufgrund der Aktienstruktur des zu bewertenden Unternehmens und des daraus resultierenden Verteilungsschlüssels von einer durch den Hauptaktionär festgelegten Kompensation Aktionäre unterschiedlicher Aktiengattungen betroffen, ist die Angemessenheit der Kompensation im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen quotalen Abweichungen bei sämtlichen von der Strukturmaßnahme betroffenen Aktiengattungen zu bewerten. Führt dies schon bei isolierter Betrachtung zu einem Korrekturbedarf in Bezug auf eine einzelne der betroffenen Aktiengattungen, kann eine Heraufsetzung auch zugunsten der anderen geboten sein.

UmwG § 62 Abs. 5; AktG § 327a Abs. 1; FamFG §§ 61 Abs. 1, 63 Abs. 1; SpruchG § 17 Abs. 1

Sachverhalt

Die Antragsteller waren Aktionäre der H. AG („H.“), deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung vom 27.08.2012 im Rahmen eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out gegen Gewährung einer Barabfindung auf die Antragsgegnerin übertragen wurden. Die Antragsteller halten die vorgesehene Barabfindung für unzureichend und begehren die gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Kompensation.

Die 1927 als „Interessen-Gemeinschaft größerer Schuhwaren-Detail-Händler Deutschlands“ gegründete H. ist eine international tätige Verbundgruppe, die fachhandelsrelevante Dienstleistungen für rd. 3.400 selbstständige Schuh-, Sport- und Lederwarenhändler u.a. in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich erbringt. Die wesentliche Dienstleistung besteht in der Zentralregulierung der Rechnungs- und Zahlungsabwicklung sowie in der Delkredereübernahme für angeschlossene Fachhändler und Vertragslieferanten. Im Außenverhältnis wird diese seit Januar 2011 durch die E. Bank GmbH („E.“) erbracht, die bei den Regulierungen die mit den Vertragslieferanten vereinbarte Delkredereprovision vom Bruttoumsatz in voller Höhe einbehält. Von dem Einbehalt steht ihr für ihre Leistungen eine Zentralregulierungs- und Delkrederegebühr in Höhe eines vertraglich fixierten Prozentsatzes der regulierten Brutto-Rechnungsbestände zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer zu. Von der H. erhält sie eine Vergütung des Refinanzierungsaufwands. Die Refinanzierungsgebühr bestimmt sich aus dem Referenzzins (Dreimonats-EURIBOR) zuzüglich einer vertraglich fixierten Marge.

Zum Bewertungsstichtag (27.08.2012) beträgt das eingetragene Grundkapital 16.410.762,27 €. Es ist eingeteilt in 1.413.551 auf den Namen lautende, nicht börsennotierte Stammaktien sowie drei verschiedene Gattungen von insgesamt 290.578 auf den Inhaber lautender Vorzugsaktien (VZ 1,41, VZ 0,39 und VZ 0,01) mit einem anteiligen Wert am Grundkapital von jeweils 9,63 € je Aktie. Die Vorzugsaktien VZ 1,41 sind zum Handel im regulierten Markt an den Börsen Düsseldorf und Frankfurt (General Standard) sowie im Freiverkehr an den Börsen Stuttgart und München, die Vorzugsaktien VZ 0,39 und VZ 0,01 zum Handel im einfachen Freiverkehr an der Börse Düsseldorf zugelassen. Die Aktienstruktur gliedert sich (gerundet) wie folgt:

 

 

 

Anzahl in Stück

Kapital in TEUR

Anteil in %

Vorzugsaktien VZ 0,01

58.200

560

3,4 %

 

Vorzugsaktien VZ 0,39

 

78.378

755

4,6 %

Vorzugsaktien VZ 1,41

 

154.000

1.484

9,0 %

Stammaktien

 

1.413.551

13.612

82,9 %

Gesamt

 

1.704.129

16.411

100 %

 

Nach § 2 der Unternehmenssatzung (Anl. AG 12) erhalten die Inhaber der Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 0,39 aus dem jährlichen Bilanzgewinn vorab, also auch vor den 154.000 Vorzugsaktien VZ 1,41, eine nachzuzahlende Dividende i.H.v. 0,01 € je Vorzugsaktie VZ 0,01 und i.H.v. 0,39 € je Vorzugsaktie VZ 0,39. Die Vorzugsrechte aus den Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 0,39 sind untereinander gleichrangig. Inhaber der Vorzugsaktien VZ 1,41 erhalten aus dem jährlichen Bilanzgewinn vorab eine nachzuzahlende Dividende und eine Mehrdividende gegenüber den Stammaktionären von 1,41 € je Aktie. Jede Stammaktie verfügt über ein Stimmrecht in der Hauptversammlung. Gleiches gilt stichtagsbezogen auch für die Vorzugsaktien, da die Dividendenansprüche seit dem Geschäftsjahr 2008 nicht bedient wurden (§ 140 Abs. 2 S. 1 AktG).

Im April 2010 schloss die Antragsgegnerin einen Vertrag über den außerbörslichen Erwerb von 1.191.754 Stammaktien und hielt seitdem unmittelbar rd. 70 % des Grundkapitals der H.. Im Rahmen eines im Juni 2010 veröffentlichten Pflichtangebots und in der Folgezeit erwarb sie weitere Stamm- und Vorzugsaktien. Die im Rahmen des 2010 veröffentlichten Pflichtangebots gezahlten Gegenleistungen betrugen

5,68 € je Vorzugsaktie VZ 0,01,

6,80 € je Vorzugsaktie VZ 0,39,

12,29 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 und

8,39 € je Stammaktie.

Zum Bewertungsstichtag hielt die Antragsgegnerin 1.540.856 Aktien - entsprechend einer Beteiligung i.H.v. rd. 90,42 % am Grundkapital - in folgender Zusammensetzung:

39.296 Vorzugsaktien VZ 0,01

70.633 Vorzugsaktien VZ 0,39

101.733 Vorzugsaktien VZ 1,41 und

1.329.194 Stammaktien.

Die restlichen Aktien (rd. 9,58 % des Grundkapitals) befanden sich im Streubesitz.

Mit Schreiben vom 18.04.2012 informierte die Antragsgegnerin den Vorstand der H. darüber, dass sie zur Vereinfachung der Konzernstruktur eine Verschmelzung der H. anstrebte, in deren Zusammenhang die Aktien der Minderheitsaktionäre auf sie – die Antragsgegnerin – als übernehmende Gesellschaft gegen Gewährung einer Barabfindung übertragen werden sollten. Mit dem am 29.06.2012 geschlossenen Verschmelzungsvertrag verpflichtete sich die H., ihr Vermögen als Ganzes im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Die für die einzelnen Aktiengattungen festgelegten Barabfindungsleistungen teilte sie mit konkretisierendem Schreiben vom 2.07.2012 wie folgt mit:

13,60 € je Vorzugsaktie VZ 0,01,

16,96 € je Vorzugsaktie VZ 0,39,

34,00 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 und

13,51 € je Stammaktie.

Dem stimmte die Hauptversammlung der H. am 27.08.2012 zu. Die Eintragung in das Handelsregister der H. erfolgte am 18.12.2012, in das der Antragsgegnerin am 21.12.2012. Der Übertragungsbeschluss wurde am 7.01.2013 im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Den Barabfindungsbeträgen liegt eine von der Antragsgegnerin mit Unterstützung der L. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte, im Übertragungsbericht wiedergegebene Unternehmensbewertung zugrunde. In dieser wird der Unternehmenswert anhand des Ertragswertverfahrens unter Berücksichtigung des Bewertungsstandards IDW S1 2008 mit 26.451 T€ ermittelt, woraus die Antragsgegnerin die auf die jeweiligen Aktiengattungen bezogenen Kompensationsleistungen abgeleitet hat. Die Ableitung der zu kapitalisierenden Erträge erfolgte nach der Phasenmethode. Die zu kapitalisierenden Ergebnisse der ersten Phase wurden aus der am 25.06.2012 verabschiedeten und am 28.06.2012 vom Aufsichtsrat gebilligten Hochrechnung für das Jahr 2012 und der mittelfristigen Planung für die Planjahre 2013 bis 2014 (Detailplanungsphase) abgeleitet. Diese wurde aufgrund des bestehenden handelsrechtlichen Bilanzverlustes sowie der nachzuzahlenden Vorzugsdividenden für die Vorzugsaktien aus bewertungstechnischen Gründen um eine Grobplanungsphase (2015 bis 2017) ergänzt. Die Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses (Geschäftsjahre 2018 ff.) erfolgte unter Berücksichtigung der Unternehmensentwicklung im Planungszeitraum. Die im Rahmen des Materialaufwands geplanten Refinanzierungssätze für die Planjahre wurden auf der Basis von Dreimonats-EURIBOR-Forward Rates, für die Grobplanungsphase auf der Grundlage der durchschnittlichen Dreimonats-Forwards abgeleitet. Für die Phase der ewigen Rente hat die Bewertungsgutachterin auf einen langfristigen Durchschnitt historischer Daten (31.12.1998 bis 21.05.2012) zurückgegriffen.

Um die unterschiedlichen Dividendenrechte zu berücksichtigen, wurde eine Aufteilung der prognostizierten Ausschüttungen auf Vorzugs- und Stammaktien vorgenommen. Dabei wurde für die Planjahre 2012 und 2013 vor dem Hintergrund des bestehenden handelsrechtlichen Bilanzverlustes zum 31.12.2011 von einer Vollthesaurierung der Erträge, für die Jahre 2014 bis 2015 von einer Bedienung der ausstehenden Nachzahlungen der Vorzugsbeträge der Jahre 2008 ff. ausgegangen. Ab dem Planjahr 2016 sollte sich die Ausschüttungsquote aus der Entwicklung der Dividendenströme für die einzelnen Aktiengattungen ergeben. Dabei ist die Antragsgegnerin grundsätzlich von einer Ausschüttung i.H.v. 882 T € jährlich ausgegangen, ab der eine Gleichbehandlung aller Aktiengattungen unter Berücksichtigung der jeweils vorgesehenen Ausschüttungen der Vorzugsaktien erreicht war. Die über die „Gleichbehandlungsgrenze“ von 882 T€ hinausgehenden Erträge sollten auf die Aktien in ihrem Verhältnis zum Grundkapital verteilt, der verbleibende Ausschüttungsbetrag auf die einzelnen Aktiengattungen entsprechend ihrem Verhältnis zum Grundkapital als Wertbeitrag aus Thesaurierung zugerechnet werden. Einen eingeschwungenen Ausschüttungszustand hat die Antragsgegnerin erst ab dem Jahr 2026 angenommen, da sich in den Jahren 2018 bis einschließlich 2026 zunächst ein geringerer ausschüttungsfähiger Betrag ergab. In diesem Zeitraum wurden ausschließlich die Dividendenvorzüge bedient; der verbleibende Ertrag wurde den einzelnen Aktiengattungen nach ihrem Verhältnis zum Grundkapital zugerechnet. Durch diese Vorgehensweise wurde allen Aktiengattungen - mit Ausnahme der Vorzugsaktien VZ 1,41 aufgrund ihrer Mehrdividende - zunächst ein Dividendenbetrag in gleichlautender Höhe von 0,39 € zugerechnet, der als Grundausschüttung betrachtet wurde.

Die Veräußerungsgewinnbesteuerung wurde typisierend mit 13,1875 % (12,5 % zuzüglich Solidaritätszuschlag) angesetzt. Die zu Wertsteigerungen führenden Thesaurierungen in der ewigen Rente sowie die nachhaltig inflationsbedingten Wertsteigerungen wurden mit einer effektiven Steuer anstelle der nominellen Steuerlast von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag belastet, die geplanten Ausschüttungen um persönliche Ertragssteuern gekürzt. Für Dividenden wurde ein Abgeltungssteuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 % berücksichtigt. Der Wertbeitrag aus Thesaurierung wurde um den typisierten Veräußerungsgewinnsteuersatz von 12,5 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag vermindert.

Der Basiszins wurde mit 2,25 % vor bzw. 1,66 % nach Steuern ermittelt, der Risikozuschlag als Produkt aus Marktrisikoprämie nach persönlichen Ertragssteuern (5 %) und Betafaktor (1,1 unverschuldet) gebildet. Den Kapitalisierungszinssatz hat die Antragsgegnerin um eine sog. Länderrisikoprämie für Belgien von 0,3 % vor bzw. 0,22 % bis 0,3 % nach Einkommensteuer – basierend auf dem Anteil des für Belgien in der Detailplanungsphase erwarteten Zentralregulierungsvolumens - erhöht. Insgesamt ergaben sich Kapitalisierungszinssätze zwischen 4,76 % und 6,92 % für die Detail- und Grobplanungsphase. Für die Phase der ewigen Rente (Jahre 2018 ff.) wurde ein Wachstumsabschlag von 1 % in Ansatz gebracht, so dass sich ein Kapitalisierungszinssatz von 5,43 % errechnete.

Im Hinblick auf die im amtlichen Handel zugelassenen Vorzugsaktien VZ 1,41 hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass der gewichtete Durchschnittsbörsenkurs im Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe der beabsichtigten Strukturmaßnahme am 18.04.2012 mit 33,13 € je Aktie unterhalb des aus dem Ertragswert abgeleiteten Werts lag. Die Börsenkurse der - ausschließlich im Freiverkehr gehandelten - Vorzugsaktien VZ 0,39 und VZ 0,01 hat sie für nicht maßgeblich zur Wertermittlung erachtet.

Die zum gemeinsamen Verschmelzungsprüfer bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft N. („Verschmelzungsprüferin“) bestätigte die Angemessenheit der Barabfindungsbeträge mit Testat vom 3.07.2012.

Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter der ausgeschiedenen Aktionäre haben gemeint, die im Übertragungsbeschluss festgelegten Kompensationsleistungen seien zu gering bemessen. U.a. haben sie geltend gemacht, die der Bewertung zugrunde gelegte Planung sei zu pessimistisch. Der herangezogene Kapitalisierungszinssatz - insbesondere der Basiszins und die Marktrisikoprämie - seien zu hoch, der Wachstumsabschlag sei zu niedrig angesetzt. Die Wertermittlung der verschiedenen Aktiengattungen sei nicht nachvollziehbar.

Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter haben beantragt,

eine angemessene Barabfindung festzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, die im Übertragungsbeschluss festgelegte Kompensation sei angemessen.

Das Landgericht hat den Sachverständigen O. mit einer Neubewertung beauftragt. In seinem Gutachten vom 12.02.2016 hat dieser (zunächst) einen - gegenüber der Ausgangsbewertung um 4,2 % höheren - Ertragswert von 27.570 T € (Antragsgegnerin: 26.451 T€) und daraus resultierend bezogen auf die Vorzugsaktien VZ 0,01 (mit 14,06 €), VZ 1,41 (mit 37,02 €) sowie auf die Stammaktien (mit 14,00 €) jeweils höhere Anteilswerte als die Antragsgegnerin ermittelt; hinsichtlich der Vorzugsaktien VZ 0,39 hat er (mit 16,03 €) einen geringeren Anteilswert errechnet. Dabei ist er im Wesentlichen der Vorgehensweise und den Ansätzen der Antragsgegnerin gefolgt und von denselben Kapitalisierungsparametern - Basiszins 2,25 %, Marktrisikoprämie 5 %, Betafaktor 1,1, Wachstumsabschlag 1 % - ausgegangen. Von dem Ansatz einer „Länderrisikoprämie“ hat er abgesehen, da (mögliche) länderspezifische Risiken bereits sachgerecht in den zu diskontierenden Ergebnissen der H. abgebildet seien. Im Ergebnis ist er zu etwas geringeren Kapitalisierungszinssätzen (4,75 % bis 6,76 % für die Detail- und Grobplanungsphase; 5,33 % für die Phase der ewigen Rente) als im Bewertungsgutachten (4,76 % bis 6,92 %; 5,43 %) gelangt. Weiter hat der Sachverständige im Unterschied zur Antragsgegnerin zur Prognose der an die E. Bank zu entrichtenden Refinanzierungsgebühren in der ewigen Rente von Bloomberg prognostizierte Forward Rates anstelle historischer Durchschnittswerte herangezogen. Dadurch hat er im Ergebnis einen um 220 T € niedrigeren Materialaufwand und entsprechend höhere zu kapitalisierende Ergebnisse und Jahresüberschüsse in der Phase der ewigen Rente prognostiziert. Seiner Bewertung zufolge war damit ein verfügbarer Ausschüttungsbetrag i.H.v. 882 T € und eine Gleichbehandlung aller Aktiengattungen bereits zu Beginn der Phase der ewigen Rente (Geschäftsjahr 2018 ff.) gegeben. Infolgedessen erhöhten sich grundsätzlich die Anteilswerte der jeweiligen Aktiengattungen; davon ausgenommen war die Vorzugsaktie VZ 0,39, der nach der Wertermittlung der Antragsgegnerin in den Jahren 2018 bis 2026 in Relation zu den Stammaktien und den Vorzugsaktien VZ 0,01 eine deutlich höhere Dividende zugeordnet worden war. Die errechneten Barabfindungsbeträge für die jeweiligen Aktiengattungen hat der Sachverständige (zunächst) wie folgt beziffert:

14,06 € je Vorzugsaktie VZ 0,01 (Antragsgegnerin: 13,60 €),

16,03 € je Vorzugsaktie VZ 0,39 (Antragsgegnerin: 16,96 €),

37,02 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 (Antragsgegnerin: 34,00 €) und

14,00 € je Stammaktie (Antragsgegnerin: 13,51 €).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Gegen das Gutachten haben die Antragsteller und die Antragsgegnerin Einwendungen erhoben. Die Antragsgegnerin ist ihm entgegengetreten, soweit der Sachverständige - basierend auf den von ihm angesetzten geringeren Refinanzierungsgebühren in der ewigen Rente sowie der Eliminierung der sog. Länderrisikoprämie - zu höheren zu prognostizierenden Überschüssen und damit zu einem höheren Unternehmenswert gelangt ist. Ungeachtet dessen seien die im Übertragungsbeschluss festgelegten Barabfindungsbeträge jedenfalls als angemessen anzusehen, da sich der nach dem Gutachten ermittelte höhere Unternehmenswert unterhalb der sog. Bagatellgrenze bewege, die von der Rechtsprechung (noch) „bis etwa 10 %“ als angemessen akzeptiert werde. Ausschlaggebend seien insoweit nicht die in Bezug auf die jeweiligen Aktiengattungen festgestellten Abweichungen der Anteilswerte, sondern die auf den Unternehmenswert insgesamt bezogene Abweichung. 

Die Antragsteller haben den von dem Sachverständigen angesetzten Risikozuschlag einschließlich seiner Parameter Marktrisikoprämie und Betafaktor gerügt, die sie für völlig überhöht gehalten haben. Der Wachstumsabschlag sei zu gering angesetzt worden. Der gemeinsame Vertreter hat geltend gemacht, der Ansatz der Marktrisikoprämie mit 4 % und des Wachstumsabschlags mit 1,2 % führten zu einem deutlich höheren Ertragswert, wie sich aus seinen Alternativberechnungen (Bl. 414 f.) ergebe. Jegliche Art von Bagatellgrenze sei abzulehnen, da sie dem Gebot der vollen Entschädigung für die Strukturmaßnahme zuwiderlaufe. Der Antragsteller zu 44) hat überdies geltend gemacht, für die Wertermittlung der für ihn relevanten Vorzugsaktien VZ 0,39 sei auf den Dreimonatsdurchschnittskurs vor Ankündigung des Squeeze-out als Wertuntergrenze abzustellen. Ob die Aktien im regulierten Markt oder im Freiverkehr gehandelt würden, sei ebenso ohne Belang wie die Anzahl der Handelstage.

Ein von der Antragsgegnerin vorgeschlagener Vergleich kam nicht zustande. Im Termin vom 12.12.2017 hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert und zu den Einwendungen Stellung genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Mit Beschluss vom 15.01.2018 hat das Landgericht die Anträge als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer – gestützt auf die Wertermittlung des Sachverständigen - im Wesentlichen ausgeführt, der Unternehmenswert falle zwar um 4,2 % höher aus als in der Ausgangsbewertung. Da es im Spruchverfahren nicht um die Bewertung des einzelnen Anteils gehe, sondern um die des gesamten Unternehmens, sei die Abweichung als geringfügig anzusehen. Sie führe daher nicht zu einer Erhöhung der im Übertragungsbeschluss für die einzelnen Aktiengattungen festgelegten Barabfindungsbeträge. Auch wichen die aus dem Unternehmenswert abgeleiteten Barabfindungsbeträge in keinem Fall um mehr als 10 % von den im Übertragungsbeschluss festgelegten Kompensationsleistungen ab. Die gegen die Ertragswertermittlung des Sachverständigen gerichteten Einwendungen seien unbegründet. Eine Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie VZ 0,39 scheide aus, da ein liquider Handel mit den betroffenen Aktien nicht stattgefunden habe. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Hiergegen richten sich die beschwerdeführenden Antragsteller mit ihren Beschwerden, denen das Landgericht nicht abgeholfen hat. Wegen der Begründung wird auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses vom 25.05.2018 verwiesen.

Einige Antragsteller rügen, das Landgericht habe sich mit ihren Einwänden unzureichend befasst. Das Protokoll des Anhörungstermins sei unvollständig, Erklärungen des Sachverständigen seien nicht protokolliert worden. Von den Antragstellern erbetene ergänzende Informationen habe der Sachverständige nicht zur Gerichtsakte gereicht. Dadurch sei ihr Äußerungsrecht aus § 37 Abs. 2 FamFG und ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Der Sachverständige sei zur Erteilung der verlangten Informationen aufzufordern, diese seien für die Entscheidung zwingend erforderlich (Bl. 769, 781).

In der Sache machen die beschwerdeführenden Antragsteller geltend, die festgelegten Kompensationsleistungen seien unangemessen niedrig und (mindestens) entsprechend der im Sachverständigengutachten ermittelten Beträge zu erhöhen. Zu Unrecht habe das Landgericht die aus der Wertermittlung des Sachverständigen resultierenden Abweichungen als geringfügig eingestuft. Durch die landgerichtliche Entscheidung werde ihr Eigentumsrecht aus Art. 14 GG verletzt.

Einige Antragsteller meinen, die von dem Sachverständigen ermittelten Barabfindungsbeträge seien noch zu gering. U.a. rügen sie die - basierend auf der in der Satzung geregelten Reihenfolge der Bedienung der einzelnen Vorzugsaktien – gebildete Ausschüttungsquote sowie die Veräußerungsgewinnbesteuerung in der Phase der ewigen Rente. Dies widerspreche den Vorgaben des IDW. Es sei die im Bewertungsgutachten der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Ausschüttungsquote heranzuziehen. Den Wertbeitrag aus Thesaurierung habe der Sachverständige mit einem überhöhten Steuersatz belegt. Sofern er – was aus dem Gutachten nicht hervorgehe - inflationäre Gewinnsteigerungen einer Besteuerung unterworfen habe, sei dies methodisch falsch. Dies habe der als sachverständiger Prüfer eingesetzte Prof. K. in dem Verfahren 5 HK O 16585/15 LG München I dargelegt (Bl. 792 f.). Sofern überhaupt ein Abzug von Kursgewinnsteuern zu erfolgen habe, dürften diese höchstens mit dem halben Abgeltungssteuersatz von 13,1875 % angesetzt werden. Die Rundung des Basiszinses sei akademisch nicht akzeptabel. Die Marktrisikoprämie sei überhöht. Diese sei nach der Einschätzung von Prof. H. in einem Spruchverfahren vor dem Landgericht Hannover mit maximal 4 % nach Steuern anzunehmen. Der Betafaktor sei zu hoch angesetzt; er sei höchstens mit 0,8 (unverschuldet) zugrunde zu legen. Der unterhalb der Inflationsrate angesetzte Wachstumsabschlag sei zu gering; er sei angesichts des Geschäftsmodells mindestens mit 2 % anzusetzen. Die Berücksichtigung persönlicher Ertragssteuern sei „problematisch“. Der Sonderwert der nicht betriebsnotwendigen liquiden Mittel sei unzutreffend berechnet und höher anzusetzen.

Einzelne Antragsteller – u.a. der Antragsteller zu 44), der seine Beschwerde insoweit ausdrücklich beschränkt hat -, fordern weiter, bezogen auf die Vorzugsaktie VZ 0,39 den gegenüber der Ertragswertermittlung höheren Börsenkurs als Wertuntergrenze heranzuziehen. Zu Unrecht sei das Landgericht dem Sachverständigen darin gefolgt, dass der Handel mit der Vorzugsaktie VZ 0,39 nicht liquide gewesen sei. Deren Veräußerung sei im Referenzzeitraum ohne Schwierigkeiten zu realisieren und eine Desinvestition möglich gewesen; die Anzahl der Handelstage sei ohne Bedeutung. Dies gelte umso mehr, als der Sachverständige für die in vergleichbarer Zahl gehandelten Vorzugsaktien VZ 1,41 keine Marktenge angenommen habe. Auch habe es nicht an der Berücksichtigung wertbezogener Informationen bei der Preisfindung gefehlt.

Die beschwerdeführenden Antragsteller beantragen sinngemäß,

den landgerichtlichen Beschluss abzuändern und eine angemessene Barabfindung festzusetzen. 

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Der gemeinsame Vertreter hat Stellung genommen.

Der Senat hat hinsichtlich der Herleitung des Betafaktors und der für die Phase der ewigen Rente anzusetzenden Ausschüttungsquote Beweis erhoben durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens. In seiner Stellungnahme vom 3.09.2021 hat der Sachverständige u.a. den Ansatz der Ausschüttungsquote und die Abweichungen der in seinem Gutachten angeführten Betafaktoren zu den im Bewertungsgutachten der Antragsgegnerin und im Prüfbericht dargestellten Werten erläutert und die Arbeitspapiere vorgelegt, auf deren Basis die Herleitung des Peer Group-Betafaktors erfolgte. Im Rahmen der Befassung mit den Fragen des Beweisbeschlusses hat er einen Formelfehler festgestellt, der bei einzelnen Unternehmen der Peer Group zu einer unzutreffenden Berechnung des unverschuldeten Betafaktors führte. Nach der Formelkorrektur hat er für die Peer Group 1 bis 3 einen unverschuldeten Betafaktor von 1,0 ermittelt. Den Unternehmenswert hat er - unter Beibehaltung der im Sachverständigengutachten mit 79,1 % zugrunde gelegten Ausschüttungsquote - mit 27.396 T € ermittelt und daraus Barabfindungsbeträge von

13,99 € je Vorzugsaktie VZ 0,01 (Antragsgegnerin: 13,60 €),

15,92 € je Vorzugsaktie VZ 0,39 (Antragsgegnerin: 16,96 €)

36,55 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 (Antragsgegnerin: 34,00 €) und

13,94 € je Stammaktie (Antragsgegnerin: 13,51 €)

abgeleitet. Überdies hat er, den diesbezüglichen Vorgaben im Beweisbeschluss entsprechend, unter Zugrundelegung markt- und branchenbezogener Ausschüttungsquoten (50 % bzw. 40 %) entsprechend höhere Unternehmenswerte und Barabfindungsbeträge errechnet; Anlass für eine abweichende Bewertung hat er insoweit nicht gesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ergänzungsgutachten Bezug genommen.

Zu dem Ergänzungsgutachten haben allein der gemeinsame Vertreter, die Antragstellerin zu 29)  und der Antragsteller zu 44) Stellung genommen.

Der gemeinsame Vertreter meint, die Barabfindungsleistungen seien nach der Alternativberechnung des Sachverständigen unter Zugrundelegung einer branchenbezogenen Ausschüttungsquote von 40 % auf 14,39 € je Vorzugsaktie VZ 0,01, auf 20,11 € je Vorzugsaktie VZ 0,39, auf 36,75 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 und auf 14,24 € je Stammaktie festzusetzen.

Die Antragstellerin zu 29) rügt, der Sachverständige habe „das Risiko“ der Gesellschaft im Anhörungstermin vor dem Landgericht (nur) als leicht überdurchschnittlich eingeschätzt, wohingegen sowohl der im Gutachten vom 12.02.2016 (mit 1,1) als auch der im Ergänzungsgutachten - nach der vorgenommenen Formelkorrektur – (mit 1,0) angesetzte Betafaktor weit über dem Marktdurchschnitt lägen. Dieser habe nach Untersuchungen der in dem Spruchverfahren 5 HK O 6680/10 LG München als Sachverständige beauftragten Wirtschafsprüfer T. und E. bei 1,0 (verschuldetes Beta) und zwischen 0,7 und 0,75 (unverschuldetes Beta) gelegen; nach den diesbezüglichen ergänzenden Feststellungen des Sachverständigen O. habe er im Zeitraum von 2007 bis 2016 0,74 für die im DAX und 0,81 für die im MDAX gelisteten Unternehmen betragen. Entweder sei ein unverschuldeter Betafaktor „bis 0,90“ anzusetzen oder die im Anhörungstermin vor dem Landgericht vorgetragene Einschätzung des Sachverständigen sei unzutreffend gewesen. Daher werde die Anhörung des Sachverständigen beantragt (Bl. 1004). Mit Blick auf die Ermittlung des Peer Group-Betafaktors sei die Marktrisikoprämie „konsistent mit der Regression gegen den MSCI World“ unter Heranziehung einer globalen Marktrisikoprämie zu bestimmen und mit nur 4,0 % nach Steuern anzusetzen. Die Ausschüttungsquote sei „allenfalls mit 40 %“ zugrunde zu legen. Es habe eine weitere Alternativberechnung unter Ansatz der Marktrisikoprämie mit „4,0 % (alternativ 4,5 %)“ nach Steuern, des Betafaktors mit 0,9 und einer Ausschüttungsquote im Terminal Value von 40 % zu erfolgen.

Der Antragsteller zu 44) wiederholt und vertieft sein Vorbringen, die Höhe der Barabfindung für die Übertragung der Vorzugsaktien VZ 0,39 sei anhand des Börsenkurses zu bestimmen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und in Bezug genommenen Anlagen verwiesen.

Aus den Gründen

II. Die zulässigen Beschwerden sind teilweise begründet.

Die Beschwerden sind zulässig. Sie wurden jeweils form- und fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 17 Abs. 1 SpruchG eingelegt. Der nach § 61 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 17 Abs. 1 SpruchG vorausgesetzte Beschwerdewert von 600 € ist erreicht. Allein die Antragstellerin zu 44), deren Rechtsmittel sich ausschließlich gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erhöhung der Barabfindung für die Vorzugsaktien 0,39 richtet, hält 1.030 Aktien der betreffenden Aktiengattung; die übrigen Beschwerdeführer, die jeweils unbeschränkt Rechtsmittel gegen den angefochtenen Beschluss eingelegt haben, halten darüber hinaus mindestens rd. 130 weitere Aktien (vgl. BGH, Beschluss v. 18.09.2018 - II ZB 15/17 Rn. 24, BGHZ 219, 348 ff.; Senat, Beschlüsse v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 31, juris; v. 26.09.2016 – I-26 W 3/16 (AktE) Rn. 24 m.w.N., AG 2017, 121).

In der Sache haben allein die auf Erhöhung der Barabfindung für die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien gerichteten Rechtsmittel in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Nach § 62 Abs. 5 Satz 8 UmwG i.V.m. § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG muss den durch den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out ausgeschlossenen Minderheitsaktionären der übertragenden Gesellschaft eine angemessene Barabfindung gewährt werden. Ist die von dem Hauptaktionär gemäß § 62 Abs. 5 Satz 8 UmwG, § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG festgelegte Barabfindung nicht angemessen, ist die angemessene Barabfindung gemäß § 62 Abs. 5 Satz 8 UmwG, § 327f Satz 2 AktG gerichtlich festzusetzen.

Der Senat schätzt den für die Kompensationsleistung maßgeblichen Unternehmenswert dem Sachverständigen folgend auf 27.396 T € und damit höher als im Übertragungsbericht (mit 26.451 T €) zugrunde gelegt, wobei der durch den Senat angenommene Unternehmenswert – basierend auf dem Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme im Beschwerdeverfahren – um 174 T € geringer ausfällt als der vom Landgericht auf der Basis des Ausgangsgutachtens vom 12.02.2016 zugrunde gelegte. Auch unter Berücksichtigung dieses (geringeren) Unternehmenswerts liegen die daraus resultierenden, auf die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien entfallenden Anteilswerte - mit 13,99 € je Vorzugsaktie VZ 0,01, 36,55 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 und 13,94 € je Stammaktie - (deutlich) oberhalb der jeweiligen im Übertragungsbeschluss festgelegten Barabfindungsbeträge. Danach sind die angemessenen Kompensationsleistungen entsprechend festzusetzen.

Hingegen liegt der auf die Vorzugsaktien VZ 0,39 entfallende Anteilswert nach den zuletzt getroffenen Feststellungen mit 15,92 € deutlich unterhalb der im Übertragungsbeschluss mit 16,96 € festgelegten Barabfindung, die das Landgericht daher völlig zu Recht für angemessen erachtet hat. Ebenfalls zu Recht hat es – entgegen der Ansicht der Antragsteller - von einer Heranziehung des Durchschnittsbörsenkurses der Vorzugsaktie VZ 0,39 (als Wertuntergrenze) abgesehen. Der Börsenkurs in dem nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2010 (II ZB 18/09 Rn. 10, BGHZ 186, 229 ff.) maßgeblichen Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme ist nicht aussagekräftig; die dagegen gerichteten Beschwerden – u.a. das insoweit beschränkte Rechtsmittel des Antragstellers zu 44) – gehen fehl. Für die gerichtliche Festsetzung einer höheren Barabfindung ist insoweit kein Raum.

1. Die auf das Verfahren bezogenen Einwände der Antragsteller sind unbegründet.

Ohne Erfolg rügen einige Antragsteller, das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) oder ihr Äußerungsrecht nach § 37 Abs. 2 FamFG verletzt. Auch die Dokumentation der durch das Landgericht durchgeführten Sachverständigenanhörung ist entgegen der Rüge (nur) der Antragstellerinnen zu 29) und 30) nicht zu beanstanden.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, da es nicht verpflichtet ist, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden. Es kann sich bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe auf die für den Entscheidungsausgang wesentlichen Aspekte beschränken, ohne dass darin ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 17.04.2020 – 1 BvR 2326/19 Rn. 11 m.w.N, juris). Vor diesem Hintergrund lässt sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht damit begründen, dass der angefochtene Beschluss nicht zu allen Einwendungen der Verfahrensbeteiligten Ausführungen enthält (vgl. zuletzt Senat, Beschluss v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 35, aaO).

Den von den Antragstellern geltend gemachten Bewertungsrügen ist das Landgericht durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens - mit einer vollständigen Neubewertung des Unternehmens – und die nachfolgende Anhörung des Sachverständigen nachgegangen. An der Anhörung vom 12.12.2017 hat insbesondere der Vorstand der beschwerdeführenden Antragstellerinnen zu 29) und 30) (persönlich) teilgenommen und von seinem Fragerecht Gebrauch gemacht. Die Sachverständigenanhörung selbst – wiedergegeben auf den Seiten 2 ff. des insgesamt 24 Seiten umfassenden Protokolls - wurde elektronisch wörtlich aufgezeichnet; die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger hat die mit dem Diktat befasste Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bestätigt (Prot. S. 2). Die Niederschrift ist den Verfahrensbeteiligten auf entsprechende Verfügung des Kammervorsitzenden - vollständig - übersandt worden, wie das Landgericht auf entsprechende Nachfrage der beschwerdeführenden Antragsteller zu 3) bis 7) erstinstanzlich klarstellend bestätigt hat (vgl. Bl. 587, 717). Zu dem Ergebnis des Anhörungstermins haben die beschwerdeführenden Antragstellerinnen zu 29) und 30) jeweils mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.01.2018 sowie der Antragsteller zu 44) mit Schriftsatz vom 5.02.2018 Stellung genommen.

Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und/ oder Vollständigkeit des Protokolls oder der Niederschrift begründen würden, liegen nicht vor. Das pauschal gebliebene Vorbringen einzelner Antragsteller, „weitere Erklärungen“ des Sachverständigen seien im Protokoll nicht vollständig wiedergegeben, reicht dafür nicht aus. U.a. ist die von den Antragstellern beanstandete Zusammensetzung der Peer Group einschließlich der Herleitung des Betafaktors im Termin ausführlich erläutert worden (vgl. Prot. S. 6 ff., 11 ff., 23 f.). Die Frage des Vorstands der Antragstellerinnen zu 29) und 30) nach dem Verschuldungsgrad der in die Peer Group einbezogenen Vergleichsunternehmen bzw. des Unleverns der beobachtbaren Peer Group-Betafaktoren hat der Sachverständige im Verlauf des 1½stündigen Anhörungstermins (mehrfach) beantwortet (vgl. Prot. S. 8, 21, 22). Aus Seite 2 des Protokolls, dem die digitale Wortaufzeichnung der Sachverständigenanhörung als Anlage beigefügt war, ergibt sich, dass die Anhörung gegen 12 Uhr beendet und die Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie Stellung der Anträge geschlossen wurde. Ungeachtet dessen waren nach § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. §§ 28 Abs. 4, 29 Abs. 3 FamFG nur die wesentlichen Ergebnisse der Beweisaufnahme aktenkundig zu machen. Einer inhaltlichen Protokollierung im Termin bedurfte es nicht, da die zwingenden Formvorschriften der ZPO über die Protokollaufnahme (§§ 159 ff. ZPO) im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht gelten (vgl. BeckOK FamFG/Burschel, 42. Ed. Stand 1.04.2022, § 29 Rn. 18; Sternal in: Keidel, FamFG, 20. A., § 29 Rn. 25 f.; zur Beweisaufnahme im Spruchverfahren s.a. BeckOGK/Drescher, Stand 1.02.2022, § 8 SpruchG Rn. 20 ff., 26; Dreier/Fritzsche/Verfürth/Schulenberg, SpruchG, 2. A., § 8 Rn. 40). Der (lediglich) anzufertigende Vermerk unterliegt geringeren Anforderungen als ein Protokoll im Zivilprozess (BT-Drs. 16/6308 S. 187; vgl. zur Kindesanhörung BGH, Beschluss v. 29.10.2014 – XII ZB 20/14 Rn. 14, FamRZ 2015, 39; OLG Celle, Beschluss v. 28.02.2013 – 10 UF 12/13 Rn. 8, FamRZ 2014, 413, 414; Feskorn in: Zöller, ZPO, 34. A. 2022, § 28 FamFG, Rn. 9). Nach alledem bleibt der Einwand, das Protokoll ende „abrupt“ mit einer an den Sachverständigen gerichteten, auf den Peer Group-Betafaktor bezogenen Frage, ohne Erfolg.

Überdies hat der Senat den Sachverständigen im Beschwerdeverfahren ergänzend beauftragt, die Abweichungen der in seinem Gutachten (S. 95 und 96) angeführten Betafaktoren zu den im Bewertungsgutachten der Antragsgegnerin (dort Anl. 8) und im Prüfbericht N. (S. 49) dargestellten Werten näher zu erläutern, die auf die Herleitung des Peer Group-Betafaktors bezogenen Arbeitspapiere vorzulegen und sich mit den auf den Betafaktor bezogenen schriftlich und mündlich vorgetragenen Einwendungen insbesondere der Antragstellerin zu 29) auseinanderzusetzen. Dem ist der Sachverständige mit seiner 79 Seiten zuzüglich Anlagen umfassenden ergänzenden Stellungnahme vom 3.09.2021 vollumfänglich nachgekommen. Auch hierzu ist den Antragstellern Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden, wovon allerdings allein der gemeinsame Vertreter, die Antragstellerin zu 29) und der Antragsteller zu 44) Gebrauch gemacht haben. Eine Gehörsverletzung oder ein Verstoß gegen das in § 37 Abs. 2 FamFG normierte Äußerungsrecht nach alledem nicht ersichtlich.

2. Nach den überzeugenden schriftlichen und mündlichen Feststellungen des Sachverständigen schätzt der Senat den stichtagsbezogenen Unternehmenswert der H. auf 27.396 T €. Auch dieser Wert liegt im Ergebnis über dem, den der Vorstand der Antragsgegnerin seiner Festlegung der Kompensationsleistungen zugrunde gelegt hat. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen erfolgen nur Ausführungen zu den für die Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Punkten; im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss verwiesen.

2.1 Die von sämtlichen Bewertern und dem Landgericht angewendete Ertragswertmethode ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt (vgl. IDW S 1 2008 Tz. 7, IDW S1 2005 Tz. 16, IDW S1 2000 Tz. 16; BGH, Beschlüsse v. 15.09.2020 - II ZB 6/20 Rn. 20, BGHZ 227, 137 ff.; 12.01.2016 – II ZB 25/14 Rn. 21, BGHZ 208, 265 ff.; 29.09.2015 - II ZB 23/14 Rn. 33, BGHZ 207, 114 ff. „Stinnes“; 21.07.2003 – II ZB 17/01 Rn. 7, BGHZ 156, 57 „Ytong“; van Rossum in: Münch-Komm AktG, 5. A., § 305 Rn. 88, 117) und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss v. 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94 Rn. 61, BVerfGE 100, 289 ff. „Aktiengesellschaft“). Auch ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Unternehmenswert - im Einklang mit der Vorgehensweise sämtlicher sachverständiger Bewerter - auf der Basis der Empfehlungen des Bewertungsstandards IDW S1 geschätzt hat (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat, Beschluss v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE) Rn. 38, juris).

2.2 Zu Recht hat das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, seiner Schätzung des Unternehmenswerts die am 28.06.2012 verabschiedete Unternehmensplanung und die daraus für die Detailplanungsphase abgeleiteten Erträge zugrunde gelegt, die es – wie die Verschmelzungsprüferin und der gerichtlich bestellte Sachverständige - als plausibel angesehen hat (vgl. Prüfbericht S. 32, Gutachten S. 43, 65). Dabei ist es mit der einhelligen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Planungen und Prognosen in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und (nur) eingeschränkt überprüfbar sind (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss v. 25.02.2020 Rn. 44, aaO m.w.N.). Durchgreifende Einwände gegen die nach der Planung zugrunde gelegten Annahmen und Ergebnisse liegen nicht vor.

2.3 Die gegen die Annahmen in der ewigen Rente (Geschäftsjahre 2018 ff.) gerichteten Einwendungen sind unbegründet.

2.3.1 In nicht zu beanstandender Weise hat der Sachverständige – und mit ihm das Landgericht - anstelle der im Bewertungsgutachten angenommenen Refinanzierungsgebühren – unternehmenswertsteigernd und damit zugunsten der Antragsteller – geringere Refinanzierungssätze zugrunde gelegt, da er von einem geringeren Materialaufwand und daraus resultierend von höheren Jahresüberschüssen ausgegangen ist. Die von dem Sachverständigen herangezogenen Forward Rates sind nach dessen überzeugenden Feststellungen gegenüber dem von der Antragsgegnerin verwendeten langfristigen Durchschnitt historischer Werte (31.12.1998 bis 21.05.2012) vorzugswürdig, da letzterer zu einer Übergewichtung der gegenüber dem Bewertungsstichtag (27.08.2012) hohen Zinssätze der Vergangenheit führen würde (Gutachten S. 62, Prot. S. 16). Wie der Sachverständige im Anhörungstermin überzeugend erläutert hat, wird die aus seiner Vorgehensweise resultierende, deutlich höhere und damit den Antragstellern günstigere EBIT-Marge von 2,6 % durch die Ist-Marge der Jahre 2011 bis 2017 bestätigt, die im Durchschnitt bei 2,78 % lag (vgl. Gutachten S. 65, Prot. aaO). Nach alledem sind die im Gutachten angesetzten Refinanzierungssätze nicht zu beanstanden.

2.3.2 Gegen die Ausschüttungsannahmen bestehen, auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen im Beschwerdeverfahren, keine Bedenken.

Zutreffend ist der Sachverständige weiter davon ausgegangen, dass sich die Ausschüttungsquote von 79,1 % aufgrund der rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Bedienung der Vorzüge in § 2 der Unternehmenssatzung sowohl im Detailplanungszeitraum als auch in der Phase der ewigen Rente implizit als Resultat der Berücksichtigung der Ausschüttung gemäß der in der Satzung geregelten Reihenfolge ergibt.

Zwar werden in Bezug auf das für eine Bewertung unterstellte Ausschüttungsverhalten regelmäßig nur in Phase I die Ausschüttungsplanungen des Bewertungsobjekts verwendet. Für die Ausschüttungspolitik der Phase II wird hingegen in der Praxis typischerweise eine markt- oder branchenübliche Ausschüttungsquote - weit überwiegend zwischen 40 % und 60 %, im Schnitt um 50 % - unterstellt (vgl. IDW S1 2008 Tz. 37; Keim/Jeromin in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 9. A. 2019, Rn. 3.108).

Hier hat der Sachverständige indes zu Recht – abweichend von dem „Normalfall“, dass eine Fortschreibung der Ausschüttungen auf Dauer – also in der ewigen Rente – nicht möglich ist, berücksichtigt, dass die Ausschüttungsquote der H. durch die Ausgabe von Vorzugsaktien mit erheblichen Vorzügen geprägt war, die zwingend zu bedienen waren. In Anbetracht dessen ist der Sachverständige plausibel davon ausgegangen, dass die üblicherweise im Rahmen von Unternehmensbewertungen berücksichtigten Quoten aufgrund der satzungsmäßigen Ausschüttungsregelung auf die Wertermittlung der H. keine Anwendung finden (Gutachten S. 103 f., Prot. S. 17 f., Ergänzungsgutachten S. 68 ff.). Dass die nach der Satzung vorgesehenen Dividenden in den zurückliegenden Jahren nicht gezahlt wurden, steht dem nicht entgegen, da sowohl die Antragsgegnerin als auch der Sachverständige in ihren Wertermittlungen übereinstimmend entsprechend der rechtlichen Verpflichtung von der vollständigen Nachzahlung der aufgelaufenen Dividenden ausgegangen sind. In Anbetracht dessen besteht kein Anlass, die von dem Landgericht mit dem Sachverständigen angenommenen Ausschüttungsquoten zu Gunsten der Antragsteller zu korrigieren. Weder besteht Anlass für die von der Antragstellerin 29) geforderte Alternativberechnung unter Ansatz einer Ausschüttungsquote von „allenfalls“ 40 %, noch ist die Barabfindung – wie von dem gemeinsamen Vertreter gefordert - nach der Alternativberechnung des Sachverständigen unter Zugrundelegung einer branchenbezogenen Ausschüttungsquote von 40 % auf 14,39  € je Vorzugsaktie VZ 0,01, auf 20,11 € je Vorzugsaktie VZ 0,39, auf 36,75 € je Vorzugsaktie VZ 1,41 und auf 14,24 € je Stammaktie festzusetzen.

2.3.3 Der pauschal gebliebene Einwand der Antragstellerin zu 30), die in Ansatz gebrachten Wertbeiträge aus Thesaurierung in der Phase der ewigen Rente seien „zu niedrig“, geht fehl. Auch gegen die insoweit herangezogenen Steuersätze bestehen keine Bedenken.

Entgegen dem Einwand der Antragstellerin zu 30) hat der Sachverständige – auch in der Phase der ewigen Rente - typisierend eine effektive Veräußerungsgewinnbesteuerung i.H.v. 13,1875 % unterstellt (Gutachten S. 105 und Wertermittlung Anlage 2). Diese ist nicht zu beanstanden (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 69, aaO; ebenso OLG München, Beschlüsse v. 26.06.2018 - 31 Wx 382/15 Rn. 93; v. 3.09.2019 – 31 Wx 358/16 Rn. 99; LG München I, Beschluss v. 31.07.2015 – 5 HK O 16371/13 I Rn. 270, jeweils juris).

Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin zu 30) dagegen, dass das Landgericht mit dem Sachverständigen – wie aus dessen Gutachten (aaO) allerdings eindeutig hervorgeht - über die Besteuerung von Kursgewinnen aus Thesaurierungen hinaus auch auf inflationsbedingte Kursgewinne persönliche Steuern angesetzt hat. Nach in der Bewertungspraxis verbreiteter Auffassung kommt der Ansatz der steuerlichen Belastung aus rein inflationsbedingten Unternehmenswertsteigerungen neben der Steuerlast auf die tatsächlichen Ausschüttungen und der effektiven Steuer auf die fiktiv zugerechneten künftig realisierten Veräußerungsgewinne aus thesaurierungsbedingten Wertsteigerungen in der Phase der ewigen Rente in Betracht (Jonas/Wieland-Blöse in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. A. 2019, Berücksichtigung von Steuern, Rn. 17.41; Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2010, 349, 356). Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der – von der Antragstellerin zu 30) nur unvollständig zitierten – Aussage von Prof. K. in dem vor dem Landgericht München I geführten Spruchverfahren 5 HK O 16585/15. Dieser hat im Rahmen seiner Anhörung vielmehr explizit darauf hingewiesen, dass er „die andere Meinung ausdrücklich nicht als falsch“ erachte (so auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.09.2020 - 21 W 121/15 Rn. 106, AG 2020, 954 ff.). Für den Ansatz steuerlicher Belastung aus rein inflationsbedingten Unternehmenswertsteigerungen spricht, dass typisierend von einer nicht unendlichen Haltedauer der Anteilseigner ausgegangen wird, weshalb nach der typisierten Haltedauer auch die inflationsbedingten (Schein-)Kursgewinne realisiert werden und dann der (effektiven) Abgeltungsteuer zzgl. SolZ unterliegen (so auch ausführlich OLG München, Beschlüsse v. 13.04.2021 – 31 Wx 2/19 Rn. 73 ff., AG 2021, 715 ff.; 3.12.2020 – 31 Wx 330/16 Rn. 75; OLG Frankfurt, aaO; Castedello/Bertram/Schöniger/Tschöpel in: WPH Edition: Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Kap. A, Tz. 453 f. m.w.N.; Popp/Ruthardt in: Fleischer/Hüttemann aaO Rn. 12.150; Ruthardt/Popp, AG 2019, 196, 200). Nach alledem ist die Berücksichtigung der inflationsbedingten Kursgewinnbesteuerung nicht zu beanstanden.

2.4 Der Einwand, die Berücksichtigung der persönlichen Ertragssteuern bei der Unternehmensbewertung sei „problematisch“, greift nicht durch. Es handelt sich hierbei um eine übliche, in der Bewertungspraxis anerkannte und von der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig gebilligte Annahme, die auch den Empfehlungen des IDW (S1 2008, Tz 28-31,43 ff) entspricht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.09.2020 – 21 W 121/15 Rn. 100, aaO). Auf die Alternativberechnung des gemeinsamen Vertreters unter Verzicht auf die Dividendenbesteuerung kommt es daher nicht an.

2.5 Der von dem Sachverständigen zugrunde gelegte Kapitalisierungszinssatz ist nicht zu beanstanden.

2.5.1 Der von dem Sachverständigen mit 2,25 % vor bzw. 1,66 % nach Steuern angesetzte Basiszins begegnet keinen Bedenken.

Die Antragsgegnerin hat den Basiszins (für den Zeitraum 20.03.2012 bis 19.06.2012) methodisch korrekt mit 2,31 %, die Verschmelzungsprüferin (für den Dreimonatszeitraum bis zum 25.06.2012) mit 2,29 % und der Sachverständige (für den Dreimonatszeitraum bis zum 31.07.2012) mit 2,2011 % bzw. (für den Dreimonatszeitraum bis zum 26.08.2012) mit 2,2193 % ermittelt (Übertragungsbericht S. 53, Prüfbericht S. 39, Gutachten S. 70 f., Prot. S. 21). Als Basiszinssatz ist der aus der Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi-)risikofreie Anlagen heranzuziehen. Seine Herleitung aus Zinsstrukturdaten der Deutschen Bundesbank ist anerkannt und gebräuchlich (vgl. etwa Senat, Beschluss v. 10.04.2019 – I-26 W 6/17 (AktE) Rn. 56, AG 2019, 836, 838; van Rossum aaO § 305 Rn. 136 f., 138 m.w.N.).

Die von einzelnen Antragstellern beanstandete Rundung des Basiszinses auf ¼-Prozentpunkte steht im Einklang mit den diesbezüglichen Empfehlungen des IDW (IDW-FN 2005, 555 ff.) und wird von der Rechtsprechung weitestgehend akzeptiert (ausführlich zum Meinungsstand OLG München, Beschluss v. 6.08.2019 – 31 Wx 340/17 Rn. 49 ff., AG 2019, 887, 889 m.w.N.; van Rossum aaO § 305 Rn. 139). Die Verlautbarungen des FAUB sind in der Fachwissenschaft wie dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer anerkannt und werden bei Unternehmensbewertungen in der Praxis ganz überwiegend beachtet. Sie stellen daher eine anerkannte Expertenauffassung und gebräuchliche Erkenntnisquelle für das methodisch zutreffende Vorgehen bei der fundamentalanalytischen Ermittlung des Unternehmenswerts dar (st. Rspr., vgl. van Rossum aaO § 305 Rn. 110; Gayk in: Kölner Komm SpruchG, 4. A., Anh. § 11 Rn. 30 ff.; Steinle/Liebert/Katzenstein in: MHdB GesR, 6. A., VII, § 34 Rn. 101).

2.5.2 Entgegen dem Einwand der Antragsteller ist die mit 5 % nach Steuern angesetzte Marktrisikoprämie nicht übersetzt.

Der sowohl von der Antragsgegnerin gewählte und von der Verschmelzungsprüferin gebilligte als auch von dem Sachverständigen für sachgerecht erachtete Ansatz mit 5 % nach Steuern (vgl. Übertragungsbericht S. 54, Prüfbericht S. 43, Gutachten S. 83) entspricht den diesbezüglichen Empfehlungen des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW. Diese sahen (zunächst) für Bewertungsstichtage nach der Einführung der Veräußerungsgewinnbesteuerung zum 1.01.2009 eine Bandbreite der Marktrisikoprämie von 4,0 % bis 5,0 % nach persönlichen Steuern (bzw. 4,5 % bis 5,5 % vor persönlichen Steuern) vor (FN-IDW 2009, 696 f.). Im Januar 2012 empfahl der FAUB vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanzmarkt und Schuldenkrise und mit Blick auf die dadurch veränderte Risikotoleranz, die Marktrisikoprämie – wie hier geschehen - am oberen Rand dieser Bandbreite zu schätzen (FN-IDW 2012, 122). Im September 2012 – kurze Zeit nach dem Bewertungsstichtag 27.08.2012 - hat der FAUB seine Empfehlung erneut angepasst und es für sachgerecht erachtet, sich ab diesem Zeitpunkt bei der Bemessung der Marktrisikoprämie an einer Bandbreite von 5,5 % bis 7,0 % vor bzw. 5,0 % bis 6,0 % nach persönlichen Steuern zu orientieren (FN-IDW 2012, 568 f.). In seiner Sitzung vom 22.10.2019 hat er seine Empfehlung - bei einem Basiszins nahe 0,0% - nochmals auf 6,0 % bis 8,0 % vor bzw. 5,0 % bis 6,5 % nach Steuern – angehoben (IDW Life 2019 S. 818 f.; ausführlich dazu van Rossum aaO § 305 Rn. 150).

Der Ansatz der Marktrisikoprämie mit 5 % nach Steuern - am oberen Rand der nach Einführung der Veräußerungsgewinnbesteuerung zum 1.01.2009 zunächst empfohlenen Bandbreite – entspricht damit nicht nur der stichtagsaktuellen, im Januar 2012 bekannt gegebenen Empfehlung des FAUB. Sie liegt auch am unteren Rand der jüngeren Empfehlungen, die für Bewertungsfälle mit Stichtag seit September 2012 - mit 5,0 % bis 6,0 % bzw. 5,0 % bis 6,5 % nach Steuern - jeweils höhere Bandbreiten vorsehen. Für einen noch niedrigeren und damit außerhalb der ab September 2012 – kurz nach dem Bewertungsstichtag - empfohlenen Bandbreite liegenden Ansatz ist kein Raum. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 12.02.2016 eingehend dargestellt hat, war die Kapitalmarktsituation (bereits) zum Bewertungsstichtag von einer erhöhten Unsicherheit infolge der Finanz- und Staatsschuldenkrise gekennzeichnet, die Anlass für die im September 2012 ausgesprochene Empfehlung des FAUB war (vgl. Gutachten S. 74 ff., 81). Die IDW-Standards und sonstigen Verlautbarungen des FAUB stellen, wie schon ausgeführt, eine anerkannte Expertenauffassung und Erkenntnisquelle im Rahmen objektivierter Unternehmensbewertungen dar (vgl. zuletzt BayObLG, Beschluss v. 18.05.2022 – 101 ZBR 97/20 Rn. 94, juris). Dass ihre Nichtbeachtung zu „richtigeren" Unternehmenswerten führen würde, ist nicht ersichtlich.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 29) besteht kein Anlass, stattdessen auf eine weltweite Marktrisikoprämie abzustellen, was zu einem Ansatz von nur 4,0 % nach Steuern führen müsse. Dass die geforderte Methodik gegenüber der Beachtung der Empfehlungen des FAUB vorzugswürdig wäre, ist nicht ersichtlich. Die Argumentation, die Heranziehung einer weltweiten Marktrisikoprämie sei „konsistent mit der Regression gegen den MSCI World“ (Bl. 1006), geht schon deshalb fehl, weil als Referenzindex bei der Ermittlung des Peer Group-Betafaktors nicht der MSCI World verwendet wurde. Wie der Sachverständige erläutert hat, wurden zur Bestimmung der „levered“ Betafaktoren bzw. des Rohbeta der Peer Group-Unternehmen nationale Indizes als Schätzer gewählt; für deutsche Unternehmen (Deutsche Börse AG) wurde der CDAX, ansonsten der jeweils breiteste lokale Index verwendet (Ergänzungsgutachten S. 22 und Anl. 3). Danach kommt es nicht weiter darauf an, dass der von der Antragstellerin zu 29) – ausgehend von der „Quelle IVC“ – geforderte „Mittelwert Welt“ nicht nachvollziehbar ist, weil weder die bei der Ableitung angewandte Methodik – u.a. die Zusammensetzung der Länder und die Gewichtung der ermittelten Daten – noch die Datengrundlage als solche offengelegt wurde. Der Beweisanregung der Antragstellerin zu 29), diesbezüglich ergänzend den Sachverständigen zu befragen (vgl. Bl. 1007) oder ihm eine weitere Alternativberechnung unter Ansatz der Marktrisikoprämie mit 4,0 % nach Steuern aufzugeben, ist vor diesem Hintergrund nicht nachzugehen.

Der pluralistische Ansatz des FAUB bei der Ermittlung der Bandbreiten wurde mittlerweile ausführlich begründet (vgl. Castedello/K./Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 ff.). Der Hinweis auf das vom Landgericht Hannover in dem Spruchverfahren 23 AktE 191/09 eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. H. vermag daran nichts zu ändern. Der auf den dortigen Stichtag im Februar 2009 bezogenen Einschätzung kommt über das konkrete Spruchverfahren hinaus keine Allgemeinverbindlichkeit für andere Bewertungsfälle zu (so auch LG München I, Beschluss v. 28.05.2014 – 5 HKO 22657/12 Rn. 193, juris). Dass sich die auf das dortige Spruchverfahren bezogenen Feststellungen auf das Vorliegende übertragen ließen, ist nicht ansatzweise dargelegt.

Die Frage der Mittelwertbildung und die konkrete Höhe der Marktrisikoprämie sind innerhalb der Wirtschaftswissenschaften sehr umstritten. Eine allgemein anerkannte Höhe hat sich bislang nicht herausgebildet; eine empirisch genaue Festlegung ist nach dem aktuellen Stand der Wirtschaftswissenschaften nicht möglich (vgl. zuletzt Senat, Beschlüsse v. 13.09.2021 - I-26 W 1/19 (AktE) Rn. 62, aaO; v. 8.07.2021 – I-26 W 10/20 (AktE) Rn. 61, jeweils juris; ebenso BGH, Kartellsenat, Beschlüsse v. 27.04.2022 – EnVR 48/18 Rn. 14, juris; v. 3.03.2020 – EnVR 26/18 Rn. 33, RdE 2020, 319 ff. Eigenkapitalzinssatz  III“; v. 9.07.2019 – EnVR 52/18 Rn. 37, RdE 2019, 456 „Eigenkapitalzinssatz II“; v. 27.01.2015 - EnVR 37/13 Rn. 29 ff., ZNER 2015, 133 ff. „ONTRAS Gastransport GmbH“). Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion andauert, kann die Marktrisikoprämie stets nur eine mit Zweifeln behaftete Schätzung sein (so auch OLG München, Beschluss v. 13.04.2021 – 31 Wx 2/19, 31 Wx 142/19 Rn. 93 ff., aaO; OLG Frankfurt, Beschluss v. 3.11.2020 – 21 W 76/19 Rn. 56, AG 2021, 275 ff.; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 2.07.2020 – 9 W 1/17 Rn. 78, AG 2021, 29 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss v. 21.08.2018 – 20 W 1/13 Rn. 97; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 18.05.2016 - 12a W 2/15 Rn. 68, juris). Nach alledem besteht weder Anlass, ein Sachverständigengutachten zur Höhe der Marktrisikoprämie einzuholen noch, von dem in der Praxis der Unternehmensbewertung anerkannten und vom Institut der Wirtschaftsprüfer für den hier relevanten Stichtag empfohlenen Wert abzuweichen.

Ein Ansatz mit (mindestens) 5 % nach Steuern entspricht zudem gängigen Annahmen in der obergerichtlichen Bewertungspraxis für Bewertungsfälle mit vergleichbaren Stichtagen nach der o.g. im Januar 2012 bekannt gegebenen Empfehlung des FAUB (vgl. OLG Hamburg, Beschluss v. 18.09.2015 – 13 W 44/14: 5 % (Stichtag 31.08.2012), n.v., abrufbar über www.spruchverfahrendirekt.de; OLG Frankfurt, Beschlüsse v. 8.09.2020 aaO Rn. 125: 5,5 % (Stichtag Juli 2013); v. 8.09.2016 – 21 W 36/15 Rn. 60: 5 % (Stichtag Dezember 2012); OLG München, Beschluss v. 2.09.2019 – 31 Wx 358/16 Rn. 104, AG 2020, 133: 5 % (Stichtag Mai 2013)). Der Senat hat in Bewertungsfällen mit Stichtagen im Mai 2013 bzw. Februar 2014 eine mit 5,5 % nach Steuern angesetzte Marktrisikoprämie als angemessen angesehen (Senat, Beschlüsse v. 30.04.2018 – I-26 W 4/16 (AktE) Rn. 45 ff., 49, AG 2018, 679, 681; v. 24.09.2020 - I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 75 ff., aaO; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.09.2021 – 21 W 38/15 Rn. 123, AG 2022, 83 ff.). Nach alledem besteht jedenfalls kein Anlass, die Marktrisikoprämie niedriger anzusetzen.

2.5.3 Die gegen den Betafaktor gerichteten Einwände bleiben ohne Erfolg.

Der Betafaktor dient dazu, das künftige, den finanziellen Überschüssen des Bewertungsobjekts inhärente systematische Risiko abzubilden, indem er die Schwankungsbreite (Volatilität) des Kurses einer Aktie oder Branche im Verhältnis zum Gesamtmarkt beschreibt. In der Praxis werden Betafaktoren ganz überwiegend aus Vergangenheitsdaten berechnet und unterstellt, dass diese ein vernünftiger Schätzer für das nachhaltig zu erwartende Beta sind. Je nachdem, ob ein börsen- oder nichtbörsennotiertes Unternehmen zu bewerten ist, kann der Betafaktor anhand der historischen Börsenkursentwicklung der zu bewertenden Aktie selbst bzw. - soweit es sich um ein nichtbörsennotiertes Unternehmen handelt oder die Börsenkurse nicht aussagekräftig sind – anhand der einer Peer Group oder auch auf der Grundlage allgemeiner Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Marktportfolio geschätzt werden (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE) Rn. 69; v. 21.02.2019 – I-26 W 5/18 (AktE) Rn. 67; v. 22.03.2018 – I-26 W 20/14 (AktE) Rn. 97; v. 15.08.2016 - I-26 W 17/13 (AktE) Rn. 61, jeweils zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.09.2021 – 21 W 38/15 Rn. 125, aaO; Castedello/Bertram/Schöniger/Tschöpel aaO Kap. A Rn. 402 ff.; ausführlich auch Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. A., S. 145 ff. sowie Franken/Schulte in: Fleischer/Hüttemann aaO Rn. 6.90 ff.). Die Ableitung auf Basis des historischen Betafaktors der zu bewertenden Aktie setzt voraus, dass dieser anhand der Regression zwischen den Renditen der Aktien des Unternehmens und den Renditen des jeweiligen Aktienindex verlässlich ermittelt und seine zeitliche Stabilität erwartet werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist auf alternative Schätzverfahren, etwa die Ableitung des Betafaktors aus dem einer Peer Group von Vergleichsunternehmen zurückzugreifen (vgl. Senat, OLG Frankfurt, jeweils aaO; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. A., § 305 AktG Rn. 69a; Dörschell/Franken/Schulte aaO S. 146; Franken/Schulte aaO Rn. 6.95 f.; vgl. auch Popp/Ruthardt aaO Rn. 12.107; BeckOK/Veil/Preisser § 305 AktG Rn. 98: Das operative Geschäftsrisiko wird meist durch Heranziehung einer Gruppe von Vergleichsunternehmen ermittelt und durch den durchschnittlichen Betafaktor der Vergleichsgruppe das branchenspezifische Geschäftsrisiko der Alternativrendite erfasst). Dann wird eine Gruppe vergleichbarer und börsennotierter Unternehmen (Peer Group) gebildet, um den unternehmensspezifischen Betafaktor im Wege einer komparativen Analyse zu ermitteln. Diese Unternehmen müssen hinsichtlich ihres Geschäftsmodells und des operativen und finanziellen Risikos mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbar sein, denn davon hängt die Qualität des Bewertungsergebnisses maßgeblich ab. Da es eine absolute Vergleichbarkeit nicht gibt, ist eine bestmögliche Peer Group das Ziel (van Rossum aaO § 305 Rn. 163). Die Prognoseeignung des Betafaktors ist im jeweiligen Einzelfall zu würdigen (IDW S1 2008 Tz. 121).

Nach Maßgabe dessen hat der Sachverständige den Betafaktor vorliegend zu Recht anhand einer Peer Group abgeleitet. Auf das unternehmenseigene Beta kann nur dann zurückgegriffen werden, wenn es aussagekräftig ist. Dies ist – nach den übereinstimmenden Analysen der Antragsgegnerin, der Verschmelzungsprüferin und des Sachverständigen (vgl. Übertragungsbericht S. 55, Prüfbericht S. 44, Gutachten S. 90) - nicht der Fall und wird durch das Vorbringen der Antragsteller – auch unter Berücksichtigung des Vortrags in der Beschwerdeinstanz – nicht in Abrede gestellt. Die Stammaktien sind nicht börsennotiert. Die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 0,39 wurden – wie die Verschmelzungsprüferin bestätigt hat – im Vierjahreszeitraum vom 4.07.2008 bis 25.6.2012 nur an 90 Tagen bzw. 136 Tagen von 1.005 Börsenhandelstagen gehandelt; ein Handel der Vorzugsaktien VZ 1,41 fand an 621 Tagen von 1.263 Börsentagen statt (Prüfbericht S. 44). Wie zudem der Sachverständige - basierend auf den von ihm analysierten (verschuldeten) 2-Jahres-Betafaktoren der jeweiligen Vorzugsaktien (wöchentlich), jeweils zu Stichtagen zwischen dem 26.08.2008 und dem 26.08.2012, bestätigt hat, sind die originären Betafaktoren aufgrund der breiten Streuung und damit einhergehenden fehlenden Aussagekraft ungeeignet, das unternehmensspezifische Risiko widerzuspiegeln (Gutachten aaO). Zum 26.08.2012 ergaben sich für alle Vorzugsaktien negative Werte, die ökonomisch ohne Aussagekraft sind. Zudem sprechen die weitergehenden Analysen (t-Test, Bestimmtheitsmaß, Bid-Ask-Spreads, Aktienkursbewegungen) gegen eine statistische Signifikanz (Gutachten aaO). Nach alledem kommt ein Rückgriff auf den unternehmenseigenen Betafaktor nicht in Betracht.

Zur Herleitung einer geeigneten Peer Group hat der Sachverständige – übereinstimmend mit der Vorgehensweise der Antragsgegnerin und der Verschmelzungsprüferin - Geschäftsfelder und Einflussfaktoren auf die Geschäftstätigkeit der H. untersucht. Da börsennotierte, auf den Schuh-, Sport- und Lederwarenmarkt fokussierte Zentralregulierungsunternehmen nicht identifizierbar waren, hat er börsennotierte Unternehmen zum Vergleich herangezogen, die wie die H. im Wesentlichen von der Entwicklung des Schuhmarktes abhängig sind, d.h. Hersteller und Handel (Peer Group 1), und die sich als Finanzdienstleister bzw. Vermittler auf die Abwicklung im Abrechnungsverkehr spezialisiert haben (Peer Group 2). Zudem hat auch er Börsendienstleister in den Vergleich einbezogen (Peer Group 3), da die H. mit ihrer Infrastruktur auch als Bindeglied zwischen Schuhhändlern und Lieferanten tätig ist (vgl. Übertragungsbericht S. 55, Prüfbericht S. 44 ff., Gutachten S. 91). Die Analyse des Sachverständigen hat die Auswahl der in Anlage 7 zum Übertragungsbericht aufgeführten und von der Verschmelzungsprüferin für angemessen befundenen Peer Group-Unternehmen bestätigt. Überdies hat der Sachverständige mit den auf Seite 92 f. seines Gutachtens detailliert dargestellten Unternehmen weitere Vergleichsunternehmen identifiziert, die er ergänzend in seine Betrachtung mit einbezogen hat. Hintergrund dieser Erweiterung war die Zielsetzung, eine zusätzliche Objektivierung der von der Antragsgegnerin ermittelten Peer Group zu erreichen (Ergänzungsgutachten  S. 33, 41). Die Auswahl der zusätzlich herangezogenen Peer Group-Unternehmen hat der Sachverständige im Ergänzungsgutachten (dort S. 32 ff.) detailliert erläutert; Einwendungen dagegen wurden nicht mehr geltend gemacht. 

Die unternehmensspezifischen Betafaktoren der Peer Group-Unternehmen hat der Sachverständige – wie er im Ergänzungsgutachten (dort S. 51 ff.) nochmals eingehend beschrieben hat - um Kapitalstruktureffekte bereinigt, indem er die in der Vergangenheit beobachteten Betafaktoren der verschuldeten Vergleichsunternehmen in unverschuldete Betafaktoren umgerechnet hat (sog. Unlevern). Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden, da durch sie eine Vergleichbarkeit mit dem Bewertungsobjekt hergestellt wird (vgl. Popp/Ruthardt aaO Rn. 12.121 m.w.N.). Beim Relevern hat der Sachverständige – dem diesbezüglichen Einwand der Antragsteller folgend - aufgrund der positiven Nettofinanzposition der H. bei dieser auf den Ansatz des Debt Beta verzichtet; bei der Ermittlung der verschuldeten Betafaktoren der Peer Group-Unternehmen hat er das Debt Beta berücksichtigt, da die Peer Group-Unternehmen teilweise deutliche Verschuldungsgrade aufwiesen (vgl. Ergänzungsgutachten S. 75). Einwendungen dagegen sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Während im Übertragungsbericht die Betafaktoren ausschließlich für fünf einzelne Jahresscheiben auf Basis von wöchentlichen Renditen ermittelt wurden, hat der Sachverständige auf Daten über verschieden lange Beobachtungszeiträume (zwei und fünf Jahre) mit unterschiedlichen Renditeintervallen (wöchentlich und monatlich) zurückgegriffen (Gutachten S. 94). Die so ermittelten Betafaktoren (Roh-Beta und unlevered Beta) sind auf S. 95 des Gutachtens und in Anlage 3 des Ergänzungsgutachtens im Einzelnen dargestellt. Unter Berücksichtigung des bei der Bewertung festgestellten Formelfehlers hat der Sachverständige danach plausibel einen Betafaktor von 1,0 (unverschuldet) angesetzt. Für die drei Vergleichsgruppen zeigten sich Betafaktoren mit Mittelwerten zwischen 0,726 und 1,183 (unlevered), wobei die Peer Group 1 (Schuheinzelhandel und -hersteller) mit 1,183 (Mittelwert) bzw. 1,251 (Median) die höchsten Werte aufwies (vgl. Ergänzungsgutachten Anl. 7). Einwendungen dagegen wurden nicht mehr erhoben. Nach alledem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Herleitung des Betafaktors unzutreffende Werte zugrunde gelegt wurden.

Der allein von der Antragstellerin zu 29) wiederholte Einwand, der Sachverständige habe das Risiko der Gesellschaft im Anhörungstermin vor dem Landgericht (nur) als „leicht überdurchschnittlich“ eingeschätzt, wohingegen der von ihm - nach der vorgenommenen Formelkorrektur - mit 1,0 angesetzte Betafaktor weit über dem Marktdurchschnitt liege, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Sachverständige hat sich mit der diesbezüglichen, bereits erstinstanzlich vorgetragenen Rüge (vgl. Schriftsatz v. 15.01.2018, Bl. 641 ff.) ausführlich befasst (Ergänzungsgutachten S. 42 ff.). Dabei hat er – ohne dass es darauf für die Entscheidung des Senats maßgeblich ankäme – seine im Rahmen der mündlichen Anhörung getätigte Einschätzung, „das Risiko“ der H. liege (mit 1,1) leicht oberhalb dem des Marktes dahingehend korrigiert, dass es insoweit zu einer „Vermischung“ von unverschuldetem und verschuldetem Betafaktor gekommen sei. Der durchschnittliche verschuldete Betafaktor der H. habe – mit Werten zwischen 0,62 und 1,02 (durchschnittlich 0,84) – unterhalb des durchschnittlichen verschuldeten Betafaktors des Marktes gelegen. In Anbetracht dessen ist der von der Antragstellerin zu 29) wiederholte (vermeintliche) Widerspruch erschöpfend aufgeklärt. Einer erneuten Anhörung des Sachverständigen diesbezüglich bedarf es in diesem Zusammenhang auch deshalb nicht, weil der von der Antragstellerin zu 29) angestellte Vergleich des operativen Risikos der H. mit dem des Gesamtmarktes - wie der Sachverständige mehrfach mündlich und schriftlich ausgeführt hat (vgl. Prot. Bl. 593 ff., Ergänzungsgutachten S. 45) - aufgrund des Erfordernisses einer differenzierten Betrachtung des abweichenden systematischen Risikos zwischen dem des Gesamtmarktes und dem des Bewertungsobjekts ohnehin nur bedingt aussagekräftig ist. Dem Sachverständigen ist daher darin zuzustimmen, dass die konkrete Ableitung des Betafaktors anhand einer Peer Group der pauschalierten Ermittlung vorzuziehen ist (vgl. auch Senat, Beschluss v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE) aaO Rn. 77 zur Vorzugswürdigkeit des Branchenbeta gegenüber dem Marktbeta zur Plausibilisierung).

  

2.5.4 Dass der Sachverständige bei seiner Schätzung des Unternehmenswerts entgegen der Vorgehensweise im Bewertungsgutachten der Antragsgegnerin auf den Ansatz einer sog. Länderrisikoprämie verzichtet und damit im Ergebnis – zugunsten der Antragsteller – einen niedrigeren Kapitalisierungszinssatz herangezogen hat, ist nicht zu beanstanden.

Im Übertragungsbericht hatte die Antragsgegnerin eine anteilige Länderrisikoprämie für das Land Belgien auf Basis des durchschnittlichen Renditeunterschieds zwischen belgischen Staatsanleihen und deutschen Euro-Staatsanleihen abgeleitet und mit einem Zuschlag von 0,3 % (vor Einkommensteuer) auf den Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt. Dass ausschließlich für Belgien eine Länderrisikoprämie angesetzt wurde, hat sie mit „Wesentlichkeitsgesichtspunkten“ begründet (Übertragungsbericht S. 56). Die Verschmelzungsprüferin hat den Ansatz der Länderrisikoprämie für sachgerecht und angemessen erachtet (Prüfbericht S. 50). Der Sachverständige hat ihn hingegen – zu Recht - nicht für erforderlich erachtet.

Neben rein unternehmensspezifischen Risiken können landesbezogene „Zusatzrisiken“ Auswirkungen auf die finanziellen Überschüsse und damit den Ertragswert eines Unternehmens haben (ausführlich dazu Gleißner in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 7. A., S. 939 ff.; Popp/Ruthardt aaO Rn. 12.124 ff.; Ihlau/Duschau/Köllen, BB 2015, 1323 ff.; Zwirner Kähler DB 2014, 2721 ff; dies. DB 2015, 1674 ff.; Knoll, DB 2015, 937 ff.; Ernst/Gleißner, WPg 2012, 1252; Hachmeister/Ungemach/Ruthardt, IRZ 2012, 233; Kruschwitz/Löffler/Mandl, WPg 2011, 167 ff.). Als sog. Länderrisiken gelten insbesondere das Wechselkursrisiko, politische Risiken (etwa durch Enteignung oder Bürgerkrieg) sowie Markt- und Geschäftsrisiken der im Land tätigen Unternehmen (Gleißner aaO S. 944). Wie der Sachverständige festgestellt hat, besteht insbesondere vor dem Hintergrund globaler Finanzkrisen und der unterschiedlichen konjunkturellen Entwicklung einzelner Länder (z. B. Finanzkrise in Griechenland) die Herausforderung für international tätige Unternehmen, Länderrisiken in der Planungsrechnung sachgerecht abzubilden (Gutachten S. 97). Begrifflich wird zwischen originären und derivativen Länderrisiken unterschieden. Während originäre Länderrisiken Verlustrisiken des jeweils betrachteten Staates (z. B. als Schuldner) betreffen, liegen derivative Länderrisiken vor, wenn und soweit der Eintritt originärer Länderrisiken, beispielsweise einer „Staatsinsolvenz“, sich auf die Entwicklung und die künftigen Zahlungsströme eines zu bewertenden Unternehmens in dem entsprechenden Land auswirken kann (Gleißner aaO S. 946). Grundsätzlich sind sie über mit Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichtete Szenarien in der Prognose der finanziellen Überschüsse zu berücksichtigen. Lediglich für den Fall, dass ein Ansatz derivativer Länderrisiken in den prognostizierten finanziellen Überschüssen etwa aus Praktikabilitäts- oder Komplexitätsgründen unterbleibt, kommt alternativ ein korrektiver Ansatz im Nenner des Bewertungskalküls in Form eines zusätzlichen Risikozuschlags in Betracht (vgl. FAUB „Fragen und Antworten zur praktischen Anwendung des IDW S 1“, WPg 2012, 742).

Nach dieser Maßgabe ist ein Länderrisikozuschlag im Kapitalisierungszinssatz nicht zu berücksichtigen, da (etwaige) landesspezifische Risiken bereits in den sich aus der Planungsrechnung ergebenden zu diskontierenden Ergebnissen enthalten sind und der Zuschlag zu einer unzulässigen Doppelberücksichtigung führen würde (vgl. zur Problematik der Doppelberücksichtigung Ihlau/Duscha/Köllen, BB 2015, 1323 ff.).

Wie der Sachverständige überzeugend festgestellt hat, liegen keine Hinweise darauf vor, dass die in Belgien erwarteten Umsatzerlöse der H. nicht einen mittleren Erwartungswert darstellen, sondern einer erhöhten Unsicherheit unterliegen könnten. Für einen länderspezifischen Risikozuschlag ist danach kein Raum.

Zu Recht hat der Sachverständige festgestellt, dass Risiken aufgrund der Geschäftstätigkeit in den für die H. relevanten Ländern - insbesondere Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich - in der Unternehmensplanung berücksichtigt sind, wie sich offenkundig aus der detaillierten Darstellung des Marktumfeldes und der für die H. maßgeblichen Wettbewerbsverhältnisse im Übertragungsbericht (dort S. 38 ff.) ergibt. In ihrem Übertragungsbericht hat die Antragsgegnerin sowohl die Aufteilung des Zentralregulierungsvolumens als auch die makroökonomischen Daten (reales Bruttoinlandsprodukt, privater Konsum, Preissteigerung und verfügbares Einkommen) in den für die H. wesentlichen Märkten (Deutschland, Niederlande, Belgien und Frankreich mit einem Anteil am gesamten Zentralregulierungsvolumen von rd. 83 % in den Jahren 2009 bis 2011) sowohl für die Vergangenheit als auch für die Detailplanungsphase im Einzelnen dargestellt. Die Umsatzplanung erfolgte bottom-up auf Basis der geplanten zentralregulierten Umsätze pro Vertriebseinheit (Übertragungsbericht S. 46). Sie basiert auf einem Mengengerüst, in das der Fachhändlerbestand und das Zentralregulierungsvolumen der genannten Länder bis zum Planjahr 2014 eingeflossen sind (Übertragungsbericht S. 46 ff., Gutachten S. 99). Die Entwicklung der betreuten Fachhändler in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Schweiz, Österreich sowie den Regionen Osteuropa, Skandinavien und „Übrige“ ist im Übertragungsbericht (dort S. 46) detailliert tabellarisch dargestellt. Danach rechnete die Unternehmensleitung damit, dass es aufgrund von altersbedingten Geschäftsaufgaben, schlechter Ertragslage oder durch Verlust von Fachhändlern an Wettbewerber zu Händlerabgängen in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz kommen würde. Gegen Ende des Vergangenheitszeitraums wurde insgesamt ein Rückgang des Fachhändlerbestands um 3,9 % verzeichnet. Für den Detailplanungszeitraum wurde - nach einem weiteren Rückgang um 6,9 % im Jahr 2012 – mit leichten Zuwächsen in den Jahren 2013 (+0,7 %) und 2014 (+2,7 %) gerechnet. Dabei wurde etwa für Belgien erwartet, dass sich der im Vergangenheitszeitraum verzeichnete Rückgang (2009: 370; 2010: 372; 2011: 356; entsprechend einem Rückgang um rd. 4 %) – im Detailplanungszeitraum zunächst weiter fortsetzen und dann auf insgesamt niedrigerem Niveau stagnieren würde (2012: 344; 2013+2014: 347).

Wie der Sachverständige weiter festgestellt hat, haben sich auch anhand der von ihm mit den Unternehmensverantwortlichen geführten Gespräche keine Hinweise darauf ergeben, dass die auf dieser Basis in Belgien erwarteten Umsatzerlöse nicht einen mittleren Erwartungswert darstellen, sondern einer erhöhten Unsicherheit unterliegen würden. Auch ist nicht ersichtlich, dass zusätzliche Länderrisiken in den prognostizierten finanziellen Überschüssen z. B. aus Praktikabilitäts- oder Komplexitätsgründen unberücksichtigt geblieben wären. Anhaltspunkte dafür, dass die H. innerhalb des in der Planungsrechnung abgebildeten Vertriebsgebietes außerhalb von Deutschland Risiken ausgesetzt ist, die über die in den Zahlungsströmen enthaltenen Risiken, einer zusätzlichen Berücksichtigung bedürfen, liegen nicht vor. Nach alledem hat der Sachverständige zu Recht auf eine zusätzliche Berücksichtigung eines (etwaigen) Länderrisikos im Kapitalisierungszinssatz verzichtet, weil dies zu einer Doppelberücksichtigung führen würde.

2.5.5 Ebenfalls keine Bedenken bestehen gegen den Wachstumsabschlag, den der Sachverständige im Einklang mit sämtlichen Bewertern mit 1 % angesetzt hat.

Dieser bewegt sich im Rahmen der üblichen Spanne. Der Wachstumsabschlag hängt vom Einzelfall ab, wobei Wachstumsabschläge zwischen 0,5 % und 2 % als üblich angesehen werden (vgl. van Rossum aaO § 305 Rn. 169). Entscheidend ist, ob und in welcher Weise das konkrete Unternehmen aufgrund der Unternehmensplanung und der Erwartungen an die Marktentwicklung und die Inflation in der Lage sein wird, nachhaltige Wachstumserwartungen zu erfüllen; die Geldentwertungsrate kann dabei nur ein erster Anhaltspunkt sein (vgl. nur Senat, Beschluss v. 25.02.2020 – I-26 W 7/18 (AktE) Rn. 78, juris). Auf die von den beschwerdeführenden Antragstellern angeführten Untersuchungen und Erhebungen zum generellen Gewinnwachstum von Unternehmen in der Vergangenheit und zur Inflationsrate kommt es danach nicht an.

Der Sachverständige hat den mit 1 % angesetzten Wachstumsabschlag überzeugend begründet. Insbesondere hat er sich eingehend mit den für die H. maßgeblichen Markt- und Wettbewerbsverhältnissen befasst. Nach seinen Feststellungen (Gutachten S. 47 ff.) war zum Bewertungsstichtag zwar grundsätzlich ein weiteres Wachstum des Schuhmarktes zu erwarten. Der Schuhmarkt in Deutschland war im Jahr 2011 insgesamt leicht (um 0,5 %) auf 9,2 Mrd. € gewachsen. Für das Jahr 2012 rechnete der Bundesverband des deutschen Schuheinzelhandels aufgrund steigender Beschäftigungszahlen, geringer Inflation sowie anhaltender Kauflust der Konsumenten mit weiteren Umsatzzuwächsen von rund 2 % bis 3 %. Der Schuheinzelhandel in Deutschland unterlag jedoch zum Bewertungsstichtag einem grundlegenden Wandel. Mit einer abnehmenden Zahl kleinerer Schuhfachhändler und dem rasanten Wachstum großer Internet-Versender war er von fortschreitenden Konzentrationsentwicklungen geprägt. Der Anteil der Schuheinzelhandelsunternehmen in Deutschland war rückläufig (2011: 4.900, 2012: rd. 4.800). Dabei zeichnete sich zusätzliche Konkurrenz ab. Es wurde erwartet, dass der Modehandel zukünftig verstärkt versuchen könnte, in den Schuhmarkt zu drängen. Mit den heranwachsenden Alters/Zielgruppen wurde erwartet, dass der Onlinevertrieb zunehmend als selbstverständlich angesehen würde. Überdies wurde damit gerechnet, dass neben den wachsenden Online-Käufen auch das in Zukunft höchstwahrscheinlich veränderte Verbraucherverhalten durch die weiteren Nutzungsmöglichkeiten von Smartphones (mobiles Einkaufen) eine tragende Rolle spielen würde. Insgesamt erwarteten Experten, dass in Zukunft immer mehr Kunden online einkaufen würden, ohne dass dadurch jedoch der stationäre Einzelhandel vollständig ersetzt würde. Der Onlinehandel bedeutete fundamentale Veränderungen und große Herausforderungen für den stationären Einzelhandel. Nach einer im August 2011 durchgeführten repräsentativen Befragung des Bundesverbandes des Deutschen Schuheinzelhandels boten bereits mehr als 24 % der Schuhfachhändler Schuhe auch im Internet an. Der Umsatzanteil von Online-Schuhkäufen belief sich in Deutschland im Jahr 2011 auf 12,6 %, in Belgien auf 2,2 %, in den Niederlanden auf rund 9,0 % und in Frankreich auf 6,0 % bis 7,0 %. Vor dem Hintergrund signifikant wachsender Online-Einkäufe wurde erwartet, dass Kunden zukünftig vermehrt zwar das Angebot und die individuelle Beratung des stationären Handels in Anspruch nehmen, die Ware allerdings zu möglicherweise niedrigeren Preisen im Internet kaufen würden. Zudem war der Wettbewerbsdruck innerhalb der Schuhbranche sehr hoch. Insbesondere Schuhhandelsketten im niedrigen bis mittleren Preissegment gewannen immer mehr Marktanteile und dominierten das Bild in den Innenstädten. Kleine inhabergeführte Geschäfte waren überwiegend im Bereich von Nischensortimenten und ausgefallenen Kollektionen anzutreffen. Kleinere Facheinzelhändler waren bereits in den vergangenen Jahren zunehmend aufgrund fehlender Marktperspektiven aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Dabei gehörte der Standort zu den grundlegenden Risiken der Branche, da attraktive 1A-Lagen immer gefragter wurden, gleichzeitig aber nur bedingt und in Verbindung mit einem steigenden Mietpreisniveau verfügbar sein würden. Nach alledem würde die nachhaltige Ertragskraft nur durch eine optimierte Artikelverfügbarkeit, niedrige Mindestorder mit der Möglichkeit des Nachorderns, einen schnelleren Kollektionswechsel, überschaubare Preisanpassungen sowie eine stetige Überprüfung der Lieferantenbeziehungen gesichert werden können (vgl. Gutachten S. 50). Danach ist der mit 1 % angenommene Wachstumsabschlag nicht zu niedrig angesetzt.

2.6 Der Einwand, die nicht betriebsnotwendige Liquidität sei unzutreffend berechnet worden, bleibt ohne Erfolg.

Bei der Höhe der als betriebsnotwendig angesehenen Liquidität handelt es sich grundsätzlich um eine unternehmerische Entscheidung, die nur in sehr eingeschränktem Maße einer Überprüfung durch die Gerichte unterzogen werden kann (vgl. bereits OLG Frankfurt, Beschlüsse v. 29.04.2011 – 21 W 13/11 Rn. 96; 5.03.2012 – 21 W 11/11 Rn. 100; v. 17.12.2012 – 21 W 39/11 Rn. 85, jeweils juris; Hachmeister/Ruthardt, BB 2014, 875 f.). Wie der Sachverständige unter Verweis auf in der Bewertungsliteratur verwendete Richtgrößen und Analysen für im CDAX notierte Unternehmen bestätigt hat, wurde seitens der H. vor dem Hintergrund des Geschäftsmodells, der Höhe der jährlichen Umsatzerlöse, der Reinvestitionserfordernisse im Anlagevermögen bzw. der Finanzierung des Working Capital plausibel eine Mindestliquidität in Höhe von 850 T€ abgeleitet. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss eine nicht betriebsnotwendige Liquidität in Höhe von 13.500 T€ (Übertragungsbericht S. 59, Gutachten S. 108 f.). Soweit einzelne Antragsteller geltend machen, es seien stichtagsbezogen höhere liquiditätsnahe Mittel zu berücksichtigen, ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei unter Beachtung der Finanzierungserfordernisse um entnahmefähige – und damit als nicht betriebsnotwendig einzustufende – liquide Mittel handelte. Die Forderung, der Unternehmenswert sei entsprechend zu erhöhen, geht daher fehl.

2.7 Auch eine vergleichende Gesamtbetrachtung bietet keinen Anlass für eine Korrektur des zuletzt im Ergänzungsgutachten mit 27.396 T€ ermittelten Unternehmenswerts. Dieser liegt unter Berücksichtigung der Plausibilisierungsüberlegungen des Sachverständigen – wie schon der im Ausgangsgutachten ermittelte Wert – innerhalb der Bandbreite der auf Basis des Planjahres 2013 ermittelten durchschnittlichen Marktwerte des Eigenkapitals in der Multiplikatorbewertung (vgl. Gutachten S. 117: Minimum: 19.614 T€, Maximum: 38.409 T€, Median: 25.552 T€). Danach besteht kein Anhalt dafür, dass der anhand des Ertragswertverfahrens geschätzte Unternehmenswert zu niedrig oder unplausibel wäre.

3. Die Forderung einzelner Antragsteller, die Barabfindung für die Übertragung der Vorzugsaktien VZ 0,39 anhand ihres Durchschnittsbörsenkurses als Wertuntergrenze zu bemessen, bleibt ohne Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die angemessene Abfindung nach dem Börsenwert der Aktie zu bestimmen, wenn dieser über dem nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Schätzwert liegt. Dabei beschränkt sich seine Maßgeblichkeit auf die wenigen Einzelfälle, bei denen die Börsenpreisbildung repräsentativ und nicht zu beanstanden ist (van Rossum aaO § 305 Rn. 97). Keinesfalls zu berücksichtigen sind Börsenkurse, wenn sie nicht aussagekräftig sind. Ihrer Verwendung liegt nicht nur die Annahme zugrunde , dass der außenstehende Aktionär seine Beteiligung zu diesem Preis hätte veräußern können, sondern auch, dass der Börsenkurs als Ergebnis einer effektiven Informationsbewertung tatsächlich den fundamentalen Unternehmenswert und damit die Ertragskraft widerspiegelt, denn er bildet sich in einem öffentlich-rechtlich geregelten Markt aus einer Vielzahl von Vermögensentscheidungen unabhängiger Marktteilnehmer (vgl. nur BGH, Beschlüsse v. 12.01.2016 – II ZB 25/14 Rn. 23, aaO; v. 12.03.2001 – II ZB 15/00 Rn. 19, BGHZ 147, 108 „DAT/Altana“). Kann im konkreten Fall von der Möglichkeit einer solchen effektiven Informationsbewertung nicht ausgegangen werden, so dass der Börsenkurs keine verlässliche Aussage über den (mindestens zu gewährenden) Verkehrswert der Unternehmensbeteiligung erlaubt, ist der Anteilswert aufgrund einer Unternehmensbewertung zu ermitteln (BGH aaO).

Nach diesen Maßgaben ist die Heranziehung des Börsenkurses regelmäßig dann abzulehnen, wenn über einen längeren Zeitraum praktisch kein Handel stattgefunden hat, ein Fall der Marktenge vorliegt oder eine Marktmanipulation. Insbesondere bei (faktisch oder vertraglich) beherrschten oder konzernierten Gesellschaften, wie etwa Kandidaten für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder einen Squeeze-out ist regelmäßig nur eine (sehr) eingeschränkte Kapitalmarkteffizienz gegeben. Bei kleinen und mittelgroßen börsennotierten Unternehmen (KMU) liegt häufig eine besondere Aktionärsstruktur (ein Großaktionär, wenige Einzelaktionäre) vor, die eine geringe Liquidität und eine hohe Volatilität der Aktien nach sich ziehen kann (van Rossum aaO § 305 Rn. 97). Überdies bedarf es gerade bei Aktien, die – wie hier - lediglich im Freiverkehr gehandelt werden, des besonderen Augenmerks darauf, ob bei ihnen gleichwohl ein so liquider Börsenhandel stattfindet, dass die dabei erzielten Börsenpreise auch den Verkehrswert widerspiegeln (Senat, Beschluss v. 13.03.2008 - I-26 W 8/07 (AktE) Rn. 33, AG 2008, 498, 501).

Gemessen daran liegt ein aussagekräftiger Handel mit Vorzugsaktien VZ 0,39 nicht vor.

Ausweislich des Übertragungsberichts befanden sich 1.540.856 der insgesamt 1.704.129 H.-Aktien im Besitz der Antragsgegnerin, was einer Beteiligungsquote von 90,42 % entspricht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass (lediglich) 163.273 Aktien im Streubesitz waren. Wie die Verschmelzungsprüferin und der Sachverständige weiter übereinstimmend festgestellt haben, wurden die Vorzugaktien VZ 0,01 während des Dreimonats-Zeitraums vor Bekanntgabe des Squeeze-out an lediglich drei Handelstagen (mit insgesamt 165 Stück) gehandelt. Ein Handel mit Vorzugsaktien VZ 0,39 fand lediglich an sechs Handelstagen (mit insgesamt 3.841 Stück) statt (Prüfbericht S. 64, Gutachten S. 123 f.). Weiter fand auch in dem von der Verschmelzungsprüferin analysierten Referenzzeitraum von vier Jahren vor dem 25.06.2012 praktisch kein als liquide zu bezeichnender Handel mit Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 0,39 statt. Wie sich aus der Darstellung der Aktienkursentwicklung im Prüfbericht (dort S. 64) ergibt, lag das Handelsvolumen in Bezug auf beide Aktiengattungen im einfachen Freiverkehr der Börse Düsseldorf – hinsichtlich der Vorzugsaktien VZ 0,39 mit Ausnahme des Monats Juni 2011 - durchweg auf relativ niedrigem Niveau. Dabei wies der Börsenkurs jeweils erhebliche Kurssprünge auf. Die Tagesschlusskurse der Vorzugsaktien VZ 0,01 schwankten zwischen 3,00 € (23.04.2010) und 17,50 € (1.06.2012), die der Vorzugsaktien VZ 0,39 zwischen 2,50 € (7.-19.05.2009) und 28,50 € (14.-27.02.2012). Bei dieser Sachlage kommt es nicht weiter auf die bislang höchstrichterlich nicht entschiedene Frage an, ob und mit Hilfe welcher Kriterien eine umfassende Liquiditätsanalyse des Börsenkurses zu erfolgen hat (vgl. zuletzt OLG München, Beschluss v. 14.12.2021 – 31 Wx 190/20 Rn. 42, 59, 97 ff., BeckRS 2021, 43656; OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.04.2021 – 21 Wx 139/19 Rn. 39 ff. BeckRS 2021, 10278 - jeweils n. rk., Rechtsbeschwerden beim BGH anh. unter II ZB 5/22 und II ZB 12/21 - sowie bereits Senat, Beschlüsse v. 13.03.2008 - I-26 W 8/07 (AktE) aaO; v. 4.10.2006 – I-26 W 7/06 (AktE) Rn. 53 ff., NZG 2007, 36, 39 f.; OLG München, Beschluss v. 11.07.2006 – 31 Wx 41/05, 31 Wx 66/05 Rn. 18 ff., AG 2007, 246 ff.; OLG Frankfurt, Beschlüsse v. 26.01.2017 – 21 W 75/15 Rn. 31 ff., BeckRS 2017, 111151; v. 17.01.2017 – 21 W 37/12 Rn. 29 ff., BeckRS 102412; v. 5.12.2013 – 21 W 36/12 Rn. 28 ff., NZG 2014, 464; v. 5.02.2016 – 21 W 69/14 Rn. 39 ff., BeckRS 2016, 6246; OLG Karlsruhe, Beschlüsse v. 12.09.2017 – 12 W 1/17 Rn. 35 ff., ZIP 2018, 122 ff.; v. 22.06.2015 – 12a W 5/15 Rn. 35 ff., AG 2015, 789 ff.; v. 15.11.2012 - 12 W 66/06 Rn. 39 f., AG 2013, 353 ff.).

Die Argumentation des Antragstellers zu 44), der Börsenkurs sei ungeachtet der geringen Anzahl an Handelstagen und des geringen Handelsvolumens als aussagekräftig zu bewerten, da an den weiteren Handelstagen jedenfalls (theoretisch) die Möglichkeit bestanden habe, die betreffenden Vorzugsaktien zu dem gewichteten Durchschnittsbörsenkurs von 13,73 € (VZ 0,01) bzw. 27,62 € (VZ 0,39) zu veräußern, geht fehl. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die theoretische Möglichkeit des Handels, sondern die Frage, ob ein aussagekräftiger Handel mit Aktien der Gesellschaft tatsächlich stattgefunden hat. Dies kann bei einem Börsenhandel an nur drei bzw. sechs einzelnen Handelstagen eines Zeitraums von drei Monaten nicht festgestellt werden. Wie der Bundesgerichtshof überdies hinsichtlich der Berechnung der Gegenleistung für Übernahme von Aktien in sog. Delisting-Verfahren entschieden hat, ist der Durchschnittsbörsenkurs dann zufallsgeprägt und keine sachgerechte Grundlage für die Berechnung der Abfindung, wenn zwei unmittelbar nacheinander folgende Kurssprünge von mehr als 5 % vorliegen und Börsenkurse nur an weniger als einem Drittel der Börsentage festgestellt wurden (BGH, Beschluss v. 2.10.2019 – XI ZR 682/18 Rn. 14, AG 2020, 124 ff.).

Zudem kann entgegen der Einschätzung des Antragstellers zu 44) nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf den hier maßgeblichen Handel im einfachen Freiverkehr hinreichend wertrelevante Informationen hinsichtlich der betreffenden Vorzugsaktien zur Verfügung gestanden hätten. Wie der Sachverständige überzeugend festgestellt hat, ermittelt die BaFin für die im Freiverkehr gehandelten Aktiengattungen keine Mindestpreise (§ 31 Abs. 1, 7 WpÜG i.V.m. § 5 Abs. 4 WpÜGAngV). Der Freiverkehr der Börse Düsseldorf verfügte auch im Jahr 2012 nicht über ein dem geregelten Markt vergleichbares Regularium zur Informationseffizienz (Gutachten S. 125). Über ein qualifiziertes Freiverkehrssegment („Primärmarkt“), welches grundsätzlich eine höhere Informationseffizienz gewährleistet, verfügt die Börse Düsseldorf erst seit Januar 2015 (Gutachten S. 122). Auf die für die – im Unterschied zu den Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 0,39 im regulierten Markt der Börsen Düsseldorf und Frankfurt am Main gehandelten - Vorzugsaktien VZ 1,41 geltenden Publizitätspflichten kommt es daher nicht an.

4.1 Nach alledem ist die Wertermittlung des gerichtlich bestellten Sachverständigen eine geeignete Schätzgrundlage mit der Folge, dass die für die Übertragung der Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie für die Stammaktien gewährten Barabfindungsbeträge anzuheben sind. Die jeweiligen Kompensationsleistungen können unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht mehr als angemessen angesehen werden. Dem steht die relativ geringe Erhöhung um 2,9 % (Vorzugsaktien VZ 0,01) bzw. 3,2 % (Stammaktien) nicht entgegen.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen errechnet sich für die Vorzugsaktien VZ 0,01 ein quotaler Unternehmenswert, der mit 13,99 € je Vorzugsaktie VZ 0,01 um 0,39 € je Aktie über der gewährten Barabfindung (13,60 € je Aktie) liegt. Für die Vorzugsaktien VZ 1,41 beträgt er 36,55 € und liegt damit um 2,55 € je Aktie über der gewährten Barabfindung. Der Anteilswert für die Stammaktien liegt mit 13,94 € je Aktie um 0,43 € über der gewährten Barabfindung (13,51 € je Aktie).

Insoweit rügen die Antragsteller zu Recht, dass das Landgericht von einer gerichtlichen Festsetzung der Kompensationsleistungen mit der Begründung abgesehen hat, der von dem Sachverständigen ermittelte Unternehmenswert liege nur geringfügig über dem im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Wert.

Aufgabe der Gerichte in Spruchverfahren ist es festzustellen, ob die angebotene Kompensation den Aktionären die Beeinträchtigung durch die Strukturmaßnahme in vollem Umfang ersetzt, wozu es der Ermittlung eines bestimmten Unternehmens- und Anteilswertes durch das Gericht bedarf. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, ob die grundrechtlich relevante Einbuße vollständig kompensiert wird. Dazu muss die Entschädigung den „wirklichen“ oder „wahren“ Wert der konkreten Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen unter Einschluss der stillen Reserven und des inneren Geschäftswertes widerspiegeln und so bemessen sein, dass Aktionäre jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Strukturmaßnahme erlangt hätten (BVerfG, Beschluss v. 27.04.1999 - 1 BvR 1613/94 aaO). Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist die tatsächlich angebotene und erhaltene Abfindungsleistung (vgl. zuletzt BayObLG, Beschluss v. 18.05.2022 – 101 ZBR 97/20 Rn. 136, aaO). Dabei führt – wovon das Landgericht im Grundsatz richtig ausgegangen war - nicht jede Abweichung zu einer Unangemessenheit der angebotenen Kompensation i.S.v. § 327f Satz 2 AktG, sondern nur eine Überschreitung der Bandbreite angemessener Werte. Unangemessen ist die aufgrund einer Strukturmaßnahme festgelegte Kompensation nur dann, wenn sie mehr als nur geringfügig von dem ursprünglich ermittelten Wert der Aktie abweicht. Damit wird in Rechtsprechung und Literatur dem Umstand Rechnung getragen, dass es nicht möglich ist, einen mathematisch exakten oder „wahren“ Unternehmenswert zum Stichtag zu ermitteln und dies auch verfassungsrechtlich nicht geboten ist (van Rossum aaO § 305 Rn. 216 m.w.N.).

Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Frage der Erheblichkeit der Abweichung ist der Grad der Abweichung von dem Abfindungsbetrag, den der ausgleichspflichtige Hauptaktionär festgelegt hat (so auch BayObLG, Beschluss v. 18.05.2022 aaO). Eine feste „Bagatellgrenze“, bis zu der eine Abweichung noch als geringfügig anzusehen ist und die schon von daher eine gerichtliche Korrektur der festgesetzten Kompensation nicht erfordert, besteht nicht. Nur Abweichungen von 1 % bis maximal 2 % werden ohne weiteres toleriert. Als geringfügig kann nach der Rechtsprechung aber auch eine darüber liegende Abweichung angesehen werden, wenn sie unter 5 % liegt, sofern die einzelfallbezogene Abwägung der Gesamtumstände im Rahmen der Angemessenheitsprüfung dem nicht entgegensteht (Senat, Beschlüsse v. 21.02.2019 – I-26 W 4/18 (AktE) Rn. 77 f., BeckRS 2019, 05985; v. 5.09.2019 – I-26 W 6/18 (AktE) n.v; OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.01.2015 – 21 W 26/13 Rn. 81, AG 2015, 504, 506; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.01.2011 – 20 W 3/09 Rn. 257 ff., AG 2011, 205, 210 f.; van Rossum aaO § 305 Rn. 217 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund kann für die Frage, ob die aus der Neubewertung des Sachverständigen resultierende Abweichung als geringfügig anzusehen ist, nicht allein auf die unternehmenswertbezogene oder gar die isoliert betrachtete Abweichung bei nur einer einzelnen Aktiengattung abgestellt werden. Sind aufgrund der Aktienstruktur des zu bewertenden Unternehmens und des daraus resultierenden Verteilungsschlüssels von einer durch den Hauptaktionär festgelegten Kompensation Aktionäre unterschiedlicher Aktiengattungen betroffen, ist die Angemessenheit der Kompensation im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen quotalen Abweichungen bei sämtlichen von der Strukturmaßnahme betroffenen Aktiengattungen zu bewerten. Führt dies schon bei isolierter Betrachtung zu einem Korrekturbedarf in Bezug auf eine einzelne der betroffenen Aktiengattungen, kann eine Heraufsetzung auch zugunsten der anderen geboten sein. Ein Verzicht auf eine Heraufsetzung allein unter Berufung auf eine Geringfügigkeit der Abweichung bei einer einzelnen Aktiengattung ist nicht zu vermitteln (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 28.03.2014 – 21 W 15/11 Rn. 201 ff., 210, AG 2014, 822 ff.).

Danach können die Abweichungen der auf die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien entfallenden Barabfindungsbeträge nicht mehr als geringfügig eingestuft werden und sind die aus der Wertermittlung des Sachverständigen resultierenden Kompensationsleistungen entsprechend festzusetzen.

Die für die Vorzugsaktien VZ 1,41 vorgesehene Barabfindung ist schon bei isolierter Betrachtung deutlich zu gering festgelegt worden, wie die Antragsteller zu Recht rügen.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Frage nach der Grenze, bis zu der eine Abweichung bei der Schätzung des Unternehmenswertes oder - wie hier - des auf die betroffene Aktiengattung bezogenen Barabfindungsbetrags noch als geringfügig angesehen werden kann und damit keine gerichtliche Korrektur der Kompensationsleistung erforderlich macht, nicht für alle Fälle einheitlich zu bestimmen, sondern obliegt einer einzelfallbezogenen Abwägung der Gesamtumstände. Liegt die Abweichung – wie hier – deutlich jenseits der Grenze von 5 %, kann diese nur unter Hinzutreten besonderer Umstände in einer Gesamtschau noch als geringfügig bewertet werden (vgl. OLG München, Beschlüsse v. 3.12.2020 – 31 Wx 330/16 Rn. 145 f., juris; v. 3.09.2019 – 31 Wx 358/16 Rn. 149, AG 2020, 133, 138; OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.01.2015 – 21 W 26/13 Rn. 81; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.01.2011 - 20 W 3/09 Rn. 257, jeweils aaO).

Der aus der Wertermittlung des Sachverständigen für die Vorzugsaktien VZ 1,41 resultierende Anteilswert liegt mit 36,55 € je Aktie um 2,55 € – entsprechend einer Abweichung um 7,5 % - über dem im Übertragungsbeschluss zugrunde gelegten Wert.

Umstände, die trotz der deutlich im oberen Bereich liegenden Abweichung dafür sprechen könnten, diese gleichwohl als nicht korrekturbedürftig anzusehen, liegen nicht vor. Auch die Antragsgegnerin führt keinerlei Argumente an, die für eine derart weitreichende Bagatellgrenze sprechen könnten. Überdies geben die von dem Sachverständigen für erforderlich erachteten Korrekturen – bei den Refinanzierungssätzen und dem Verzicht auf einen zusätzlichen Zuschlag auf den Kapitalisierungszinssatz wegen des Ansatzes einer Länderrisikoprämie – keinen Anlass, den oberen Rahmen der möglichen Bandbreite und damit der Bagatellgrenze bis zu einer Abweichung von 10 % auszudehnen und die Abweichung als geringfügig einzustufen. Vor diesem Hintergrund kann die aus der Wertermittlung des Sachverständigen folgende Abweichung nicht mehr als geringfügig angesehen werden.

Der von dem Sachverständigen zuletzt mit 27.396 T€ ermittelte – um 3,6 % höhere - Unternehmenswert führt damit zu einer (deutlichen) Erhöhung bei insgesamt drei von vier durch die Strukturmaßnahme betroffenen Aktiengattungen. Diese machten insgesamt 95,3 % des Grundkapitals aus. An den von der Erhöhung betroffenen Aktiengattungen war die Antragsgegnerin stichtagsbezogen (lediglich) zu 68 % (VZ 0,01), 66 % (VZ 1,41) und 94 % (Stammaktien) beteiligt, so dass sich auf der Grundlage der Wertermittlung des Sachverständigen in Summe ein Nachzahlungsbetrag von rd. 176.925 € (VZ 0,01: 7.372 €; VZ 1,41: 133.280 €; Stammaktien: 36.274 €) –  entsprechend rd. 5,4 % der ursprünglich festgelegten Barabfindungssumme - ergibt.

Nach alledem können die Abweichungen der auf die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien entfallenden Barabfindungsbeträge nicht mehr als geringfügig eingestuft werden und sind die aus der Wertermittlung des Sachverständigen resultierenden Kompensationsleistungen sowohl für die Vorzugsaktien VZ 1,41 als auch für die Vorzugsaktien VZ 0,01 und die Stammaktien entsprechend festzusetzen.

4.2 Die für die Vorzugsaktien VZ 0,39 vorgesehene Barabfindung hat das Landgericht hingegen zu Recht für angemessen erachtet. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine abweichende Bewertung.

Für die Vorzugsaktien VZ 0,39 ergibt sich nach der Wertermittlung des Sachverständigen mit 15,92 € je Aktie ein gegenüber dem Übertragungsbeschluss um 1,04 € je Aktie bzw. rd. 6 % niedrigerer Anteilswert, da infolge der von dem Sachverständigen vorgenommenen Plananpassung ein eingeschwungener Ausschüttungszustand mit einer Gleichbehandlung der Dividenden aller ausgegebenen Aktiengattungen bereits ab dem Planjahr 2018 erreicht ist. Die im Übertragungsbeschluss mit 16,96 € je Aktie festgelegte Barabfindung ist daher jedenfalls angemessen. Für eine Heranziehung des  Durchschnittsbörsenkurses als Wertuntergrenze ist, wie bereits ausgeführt wurde, kein Raum.

Nach alledem haben die Beschwerden (allein) hinsichtlich der für die Übertragung der Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien festgelegten Kompensationsleistungen Erfolg; die weitergehenden Rechtsmittel waren zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 15 SpruchG.

Die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters hat die Antragsgegnerin zu tragen. Es entspricht nicht der Billigkeit, von der Ausnahmeregelung in § 15 Abs. 1 SpruchG Gebrauch zu machen, weil das Spruchverfahren zu einer Erhöhung der Barabfindung für die Vorzugsaktien VZ 0,01, VZ 1,41 sowie die Stammaktien geführt hat.

Aufgrund des Erfolgs des Spruchverfahrens hat die Antragsgegnerin den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten in erster und ¾ der außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, § 15 Abs. 2 SpruchG. Anderes gilt nur hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des beschwerdeführenden Antragstellers zu 44) im Beschwerdeverfahren, der seine Beschwerde ausdrücklich auf die Erhöhung der Barabfindung für die Übertragung der Vorzugsaktien VZ 0,39 beschränkt hat und der daher angesichts seines Unterliegens seine außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang selbst zu tragen hat.

Die für beide Instanzen einheitliche Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 74 GNotKG. Danach kommt es auf den Betrag an, der von allen in § 3 SpruchG genannten Aktionären zusätzlich zu dem ursprünglich angebotenen Betrag gefordert werden kann. Das Verfahren hat zu einer Erhöhung der auf die Vorzugsaktien VZ 0,01 und VZ 1,41 sowie die Stammaktien entfallenden Kompensation geführt. Danach errechnet sich der Geschäftswert – ausgehend von der Anzahl der im Streubesitz befindlichen Aktien der Gattung VZ 0,01 (18.904 Stück), VZ 1,41 (52.267 Stück) sowie der Stammaktien (84.357 Stück) multipliziert mit dem jeweiligen Erhöhungsbetrag – für beide Instanzen einheitlich mit 176.926 €.  

Dieser Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch als Gegenstandswert  für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters maßgeblich.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

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