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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.06.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Stuttgart: Ermittlung des Werts eines Energieversorgungsunternehmens - Angemessenheit der den Minderheitsaktionären angebotene Barabfindung

OLG Stuttgart, Beschluß vom 8.7.2011 - 20 W 14/08

Sachverhalt

A.

Gegenstand dieses Spruchverfahrens ist die Bestimmung einer angemessenen Abfindung für die Minderheitsaktionäre der zwischenzeitlich in eine GmbH umgewandelten N. AG (NWS, Antragsgegnerin Ziffer 2)) gemäß § 327f AktG.

I.

1. Die in Stuttgart ansässige Antragsgegnerin Ziffer 2) ist ein Energieversorgungsunternehmen, dessen operative Tätigkeit sich in die Sparten Strom (einschließlich Fernwärme sowie Dienstleistungen [Telekommunikation, IT-Lösungen, Erschließungsservice]), Gas und Wasser aufgliederte.

a) Die operative Tätigkeit wurde im Jahr 2003 im Wesentlichen durch fünf Tochtergesellschaften in der Rechtsform der AG & Co. KG betrieben; das Grundvermögen wurde über eine GmbH & Co. KG gehalten. Daneben war die Antragsgegnerin Ziffer 2) an weiteren Unternehmen beteiligt (vgl. Übertragungsbericht [ÜB] der Antragsgegnerin Ziffer 1) vom 19.02.2003 [Bl. 217/AG3] S. 3). Insbesondere war die Antragsgegnerin Ziffer 2) über die T. K. GmbH (TKK) und die N. GmbH (NKK) am Kernkraftwerk O. und am Gemeinschaftskernkraftwerk N. in N. beteiligt. In diesen Kernkraftwerken wurden rund 74% der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) erzeugt. Das Kernkraftwerk O. wurde am 11.05.2005 stillgelegt; das Gemeinschaftskernkraftwerk N. ist noch in Betrieb. Außerdem war die Antragsgegnerin Ziffer 2) 2003 über die Heizkraftwerke N. GmbH (HKN) und die Heizkraftwerk S. GmbH (HKS) am Betrieb fossil befeuerter Heizkraftwerke beteiligt.

b) Das Grundkapital der Antragsgegnerin Ziffer 2) betrug im Jahr 2003 216.064.000 Euro und war in 8.440.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Von diesen Aktien hielt die Antragsgegnerin Ziffer 1) 2003 3.957.261 Stückaktien (circa 46,89%) unmittelbar sowie mittelbar 3.591.970 (circa 42,56%) über ihre Tochtergesellschaft T. Verwaltungsgesellschaft mBH (TWS) und 844.000 Stückaktien (circa 10,00%) über ihre Tochtergesellschaft E. E. AG & Co. KG (EnSW). Insgesamt hielt die Antragsgegnerin Ziffer 1) also rund 99,45% des Grundkapitals der Antragsgegnerin Ziffer 2), die übrigen 0,55% befanden sich in Streubesitz (Free Float).

c) Am 20.07.2000 schlossen die Antragsgegnerin Ziffer 2) und die Antragsgegnerin Ziffer 1) einen Vertrag über die Ausgestaltung der unternehmerischen Führung der Antragsgegnerin Ziffer 2) durch die Antragsgegnerin Ziffer 1) (Beherrschungsvertrag). In diesem Beherrschungsvertrag wurde den außenstehenden Aktionären der Antragsgegnerin Ziffer 2) eine jährliche Bardividende von brutto 26,61 DM (13,61 Euro) je Stückaktie garantiert (Garantiedividende) und - auf der Grundlage eines errechneten Unternehmenswerts von 601,31 DM (307,44 Euro) je Stückaktie - eine Barabfindung in Höhe von 661,44 DM (338,19 Euro) je Stückaktie angeboten.

d) Zeitgleich mit dem Beherrschungsvertrag schlossen die Antragsgegnerinnen einen Kooperationsvertrag zur energiewirtschaftlichen Zusammenarbeit. In diesem Rahmen schlossen sie am 20.12.2000 eine Vereinbarung über die energiewirtschaftliche Zusammenarbeit (A2, Bl. 715 ff.), in der die Antragsgegnerin Ziffer 2) ihre gesamte Jahresproduktion an Strom an die E. Kraftwerke Aktiengesellschaft (E. KWG) verkaufte und zugleich Strom im Umfang ihrer gesamten Jahresabsatzmenge von der E. Gesellschaft für Stromhandel mbH (E. SHG) kaufte. Darin war unter anderem bestimmt (die Hervorhebungen wurden hinzugefügt):

㤠2 Stromverrechnung

(1) Ab 01.01.2001 stellt NWS ihre Kraftwerkserzeugung der E. KWG zur Verfügung. Die E. sichert zu, dass sich die Vergütung für den in NWS-Kraftwerken erzeugten Strom an dem Entwurf des Stromlieferungsvertrages zwischen E. KWG AG und NWS vom 13.12.2000 orientiert. Dieser Vertragsentwurf enthält vergleichbare wirtschaftliche Bedingungen wie der Stromlieferungsvertrag zwischen E. KWG und E. SHG.

(2) Die E. beliefert über E. SHG ab 01.01.2001 den NWS-Vertrieb, wobei der Bezugspreis sich direkt und kostenneutral aus der Vergütung für den in den NWS-Kraftwerken erzeugten Strom ableitet. Damit soll sichergestellt werden, dass die NWS bis zum endgültigen Abschluss eines Stromlieferungsvertrages kostenmäßig wie bei einer stand-alone Betrachtung gestellt ist.

(3) Die E. sichert zu, dass die bis 30.09.2001 laufenden Stromlieferverträge zwischen E. KWG und NWS mit wirtschaftlicher Wirkung vom 01.02.2001 aufgelöst werden. Ausgleichsenergie, Verlustenergie sowie Systemdienstleistungen werden mit wirtschaftlicher Wirkung vom 01.01.2001 von E. zu marktgerechten Bedingungen bereitgestellt. Hierbei wird von einem finanziellen Vorteil für NWS von ca. 15 Mio. DM ausgegangen.

§ 3 Laufzeit

Diese Vereinbarung gilt ab 01.01.2001 als Übergangslösung und soll bis spätestens 30.09.2001 durch ein Vertragswerk zwischen E. bzw. den betroffenen Tochtergesellschaften und NWS abgelöst werden. ... NWS erwartet hierbei, daß marktgerechte Vorteile entsprechend den bisherigen Handelsaktivitäten wirksam werden."

e) Auf dieser Grundlage wurden Stromlieferungsverträge zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. KWG einerseits sowie der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. SHG andererseits abgeschlossen.

aa) In dem am 13.11.2001/24.10.2001 zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. KWG abgeschlossenen Stromlieferungsvertrag (A3, Bl. 717 ff), der die „Leistungs- und Entgeltbeziehungen des Energiebezugs der [E.] KWG aus dem Kraftwerkspark der NWS" regelt, ist unter anderem bestimmt:

㤠1 Langfristkomponente

Die Langfristkomponente umfasst eine Lieferung von NWS an KWG von 10 TWh zu einem Preis von 52,63 DM/MWh in 2001; 53,75 DM/MWh in 2002; 55,5 DM/MWh in 2003 und 55,8 DM/MWh in 2004. Der Preis orientiert sich an der langfristigen Marktprognose. Die Ganglinie wurde aus der Vertriebslast der NWS abgeleitet. Die Laufzeit der Langfristkomponente beträgt 4 Jahre und beginnt am 01.01.2001. ...

§ 2 Mittelfristkomponente

Die Mittelfristkomponente umfasst die Lieferung von NWS an KWG, der über die Langfristkomponente hinaus mittelfristig wirtschaftlich vermarktbaren Energie aus dem NWS-Kraftwerkspark. Der Gesamtpreis der Mittelfristkomponente orientiert sich am Marktpreis des betreffenden Zeitraums und setzt sich zusammen aus einem Leistungspreis für die vorgehaltene Leistung von 400 MW und einem Arbeitspreis, der den variablen Erzeugungskosten der Energie entspricht. Die vorgehaltene Leistung kann sich während des Jahres durch Leistungseinschränkungen wie z.B. Revisionen verringern. Für das Jahre 2001 wird ein Leistungspreis von 10.666.667 DM vereinbart: Die Arbeitspreise entsprechen den im Vorhinein gemeinsam festgelegten variablen Erzeugungskosten (s. Anlage 1). Ausgenommen hiervon sind die Steinkohlekraftwerke, bei denen die auf Grund der Brennstoffpreisentwicklung sich ergebenden aktuellen variablen Erzeugungskosten angesetzt werden. ...

§ 3 Kurzfristkomponente

Über die Kurzfristkomponente wird die Energie geliefert, die sich über die Lang- und Mittelfristkomponente hinaus kurzfristig vermarkten lässt. Der Preis für die Kurzfristkomponente entspricht den variablen Erzeugungskosten der gelieferten Energie. Als Anreiz, möglichst viel Leistung kurzfristig zur Verfügung zu stellen, wird NWS an den Gewinnen der SHG aus dem Spothandel mit 25%, maximal jedoch mit 1,5 Mil. DM beteiligt. ...

§ 4 Systemdienstleistungen und Ausgleichsenergie

Die im Rahmen der bisherigen Stromlieferungsverträge von KWG gelieferte Qualität Systemdienstleistungen bezieht NWS ab 01.01.2001 direkt vom Übertragungsnetzbetreiber. Zur Ausregelung des Subbilanzkreises der NWS für die über das Toleranzband von 5% (über SDL abgedeckt) beanspruchte Ausgleichsenergie hält KWG über TNG der NWS eine Leistung von 150 MW vor. NWS verpflichtet sich für KWG 500 MW in Gasturbinen inkl. PSW G. - jeweils ohne Berücksichtigung planmäßiger Nichtverfügbarkeiten - vorzuhalten. Dafür erhält NWS ein zusätzliches Leistungsentgelt von 7,5 Mil. DM/a. ...

§ 5 Verfügbarkeitsregelung

NWS garantiert KWG aus den in Anlage 2 aufgelisteten Kraftwerken der Grund- und Mittellast ständig eine Verfügbarkeit von mindestens 2100 MW und aus den aufgelisteten Kraftwerken der Spitzenlast mindestens eine Verfügbarkeit von 500 MW (jeweils ohne Berücksichtigung planmäßiger Nichtverfügbarkeiten). Die Verfügbarkeit der Einheiten wird im stündlichen Zeitraster ermittelt und aufsummiert.

Wenn die Mindestleistungen in einer Zeitperiode nicht mehr vorgehalten werden, werden die Leistungsentgelte gemäß § 2 bzw. § 4 zeit- und leistungsanteilig reduziert.

Sofern es aufgrund von gesetzlichen Regelungen oder behördlichen Anordnungen zu Abschaltungen oder Leistungsreduzierungen in den NWS-Kraftwerken (z.B. aufgrund von Entsorgungsproblemen im Kernenergiebereich) oder durch Großstörungen im Kraftwerksbereich zu längeren Stillständen kommt, nehmen die Partner Verhandlungen auf mit dem Ziel, eine außerordentliche Ausgleichszahlung - die der Situation Rechnung trägt -, zu vereinbaren.

§ 6 Stilllegung von Kraftwerken

Sollte es im Vertragszeitraum zu Großschäden, endgültige Stilllegung von Kraftwerken oder der Überführung von Kraftwerksblöcken in Kaltreserve kommen, werden die Partner Gespräche mit dem Ziel aufnehmen, eine der neuen Situation angemessene Anpassungsregelung der Entgeltbeziehungen zu treffen. Diese Regelung gilt für die in Anlage 1 zusammengestellten Erzeugungsanlagen der NWS. ...."

bb) In dem am 26.09.2001 zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. SHG abgeschlossenen Stromlieferungsvertrag, (A4, Bl. 721 ff.) wurde der Bezugspreis für die von Antragsgegnerin Ziffer 2) ab 01.01.2001 zur Deckung von Vertriebslast und Netzverlusten benötigte Strommenge (Absatzmenge) in § 4 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 wie folgt festgelegt (die Hervorhebungen wurde hinzugefügt):

„Der Bezugspreis ergibt sich wie folgt:

Die Vergütung (die KWG an NWS zahlt) abzüglich der Brennstoffkosten (die für die über die Deckung von Vertriebslast und Netzverlusten hinausgehende Energieproduktion benötigt werden) entspricht dem von NWS an SHG zu zahlenden Bezugspreis für Vertriebslast und Netzverlusten."

Zudem enthält der Vertrag folgende Regelung:

㤠7 Anpassungsklausel

Die Vertragsparteien verpflichten sich, in Verhandlungen mit dem Ziel der Anpassung des Vertragsinhaltes einzutreten, wenn sich die Grundlagen dieses Vertrages wesentlich ändern oder die vertraglichen Regelungen den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden."

2. Am 26.11.2002 hat die Antragsgegnerin Ziffer 1) den Vorstand der Antragsgegnerin Ziffer 2) aufgefordert, die Hauptversammlung die Übertragung der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin Ziffer 1) beschließen zu lassen (Bekanntgabe der Ausschlussabsicht).

3. In ihrem Bericht vom 19.02.2003 (Übertragungsbericht [ÜB]) hat die Antragsgegnerin Ziffer 1) den übrigen Aktionären für die Übertragung ihrer Aktien eine Barabfindung in Höhe von 396,50 Euro je Stückaktie angeboten (ÜB S. 86).

a) Dem lag eine im Auftrag der Antragsgegnerin Ziffer 1) von der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) durchgeführte Unternehmensbewertung zugrunde (KPMG-Gutachten), die im Übertragungsbericht inhaltlich vollständig wiedergegeben ist (ÜB S. 41 ff.). Das KPMG-Gutachten errechnete anhand fundamentalanalytischer Methoden unter Anwendung des Ertragswertverfahrens und Berücksichtigung der vom Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1) mit Stand vom 28.06.2000 (IDW S1 2000) einen Unternehmenswert der Antragsgegnerin Ziffer 2) von 396,16 Euro je Stückaktie (ÜB S. 85).

b) Grundlage des KPMG-Gutachtens war unter anderem die Unternehmensplanung der Antragsgegnerin Ziffer 2) mit Stand vom September 2002, die im Januar 2003 aktualisiert worden war (ÜB S. 47).

c) Im Rahmen des KPMG-Gutachtens wurden die künftigen Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens der Antragsgegnerin Ziffer 2) prognostiziert, zum 31.12.2002 abgezinst und anschließend zum 15.04.2003 (Bewertungsstichtag) aufgezinst (ÜB S. 47).

aa) Die Ertragsprognosen gliedern sich in eine Detailplanungsphase (Phase I), welche die Jahre 2003 bis 2006 umfasst, und die nachhaltige Phase der ewigen Rente (Phase II). Die Ertragsprognosen für die Phase II wurden zwar aus den Prognosen für das letzte Jahr der Phase I abgeleitet, aber in mehreren Punkten modifiziert (ÜB S. 74 f.).

bb) Zur Abzinsung der künftigen Erträge auf den 31.12.2002 wurden einheitliche, anhand des Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) ermittelte Kapitalisierungszinssätze verwendet, die sich aus einem Basiszinssatz von 5,5% und einem Risikozuschlag von 1,6% zusammensetzen, der sich wiederum aus einer Marktrisikoprämie von 5,0% und einem Betafaktor von 0,32 errechnete; von der Summe aus Basiszinssatz und Risikozuschlag wurden die typisierten persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner abgezogen. In Phase II wurde außerdem ein Wachstumsabschlag von 0,5% angesetzt. Insgesamt ergab sich dadurch ein Zinssatz von 4,615% für Phase I und 4,115% für Phase II (ÜB S. 76 ff.). Für die Aufzinsung zum 15.04.2003 wurde anstelle des vollen Kapitalisierungszinssatzes der Phase I nur der Nachsteuerbasiszinssatz verwendet (ÜB S. 85).

cc) Bei der Prognose der Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens wurde zunächst die Fortführung der Stromerzeugung durch Kernkraft unterstellt; die Änderungen durch den in der Atomgesetznovelle des Jahres 2002 eingeleiteten Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie wurden gesondert ermittelt und im Sonderwert Kernkraft abgebildet (ÜB S. 80 f.). Der anhand der Differenz zwischen Buchwert und Marktwert ermittelte Wert der von der Antragsgegnerin Ziffer 2) gehaltenen Wohnungen, die nicht auf Betriebsgelände angesiedelt oder damit verbunden waren, wurde nach Abzug der im Veräußerungsfall anzusetzenden Unternehmenssteuern sowie typisierter persönlicher Ertragsteuern der Anteilseigener als nicht betriebsnotwendiges Vermögen hinzugerechnet (ÜB S. 84).

4. Durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.11.2002 zu 32 AktE 36/02 KfH wurde die F. & P. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (FPW) zur sachverständigen Prüferin gemäß § 327c Abs. 2 AktG bestellt. In ihrem Bericht (Prüfungsbericht) vom 19.02.2003 (Bl. 217/AGG3) bestätigte FPW die Angemessenheit der angebotenen Abfindung von 396,50 Euro je Aktie (PB S. 18).

5. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin Ziffer 2) beschloss am 15.04.2003 die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin Ziffer 1) gegen eine Abfindung in Höhe von 396,50 Euro je Aktie. Der Übertragungsbeschluss wurde am 23.05.2003 in das Handelsregister eingetragen; die Eintragung wurde am 28.05.2003 im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

6. Die Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) waren im Jahr 2003 an den Wertpapierbörsen in S., F., B., H. und M. zum amtlichen Handel zugelassen (ÜB S. 8). Der nach Umsätzen gewichtete, arithmetisch gemittelte Durchschnitt des Kurses der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) in den letzten drei Monaten vor dem 26.11.2002 betrug 355,17 Euro; in den letzten drei Monaten vor dem 15.04.2003 betrug er 429,74 Euro (Gutachten [GA] des gerichtlichen Sachverständigen [Bl. 331], S. 132).

II.

Die Antragsteller begehren im Spruchverfahren die Festsetzung einer über 396,50 Euro je Aktie hinausgehenden Abfindung.

1. Sie erheben formale Einwände, kritisieren den bei der Barwertberechnung verwendeten Kapitalisierungszinssatz und wenden sich insbesondere gegen die im Rahmen des Ertragswertverfahrens zugrunde gelegten Ertragsprognosen. Dabei richteten mehrere Antragsteller ihre Anträge im ersten Rechtszug nicht nur gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1), sondern auch gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2).

2. Der gemeinsame Vertreter der nicht antragstellenden Aktionäre hielt die angebotene Abfindung ebenfalls für zu niedrig bemessen. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf die bereits seitens der Antragsteller vorgetragenen Argumente (Bl. 235).

3. Die Antragsgegnerinnen sind dem Erhöhungsverlangen entgegen getreten.

4. Durch Beschluss vom 09.12.2003 hat das Landgericht Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Diplom-Kaufmann U. F. zum Sachverständigen bestellt und beauftragt, ein Gutachten über den Wert der Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) am 15.04.2003 sowie die daraus resultierende Barabfindung auf der Grundlage des KPMG-Gutachtens bzw. des Prüfungsberichts zu erstellen und sich dabei mit den Einwendungen der Verfahrensbeteiligten auseinanderzusetzen. Der Sachverständige hat am 20.12.2007 ein schriftliches Gutachten (GA) vorgelegt (Bl. 331) und dieses in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 (Bl. 436 ff.) erläutert. Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Ertragsprognosen zwar in einzelnen Punkten zu korrigieren seien. Diejenigen Änderungen, die den Unternehmenswert erhöhten, würden aber im Wesentlichen von denjenigen kompensiert, die den Unternehmenswert reduzierten; insgesamt sei die angebotene Abfindung als angemessen anzusehen (GA S. 146 f.).

III.

Durch Beschluss vom 20.11.2008 wies das Landgericht die Anträge gegen beide Antragsgegnerinnen zurück.

1. Die gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) gerichteten Anträge seien zurückzuweisen, weil Anträge im Spruchverfahren betreffend die Festsetzung einer angemessenen Abfindung bei einem Squeeze-Out auch nach der maßgeblichen Rechtslage vor dem Spruchverfahrensneuordnungsgesetz nur gegen den Hauptaktionär zu richten seien (Bl. 472).

2. Die gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1) gerichteten Anträge seien zurückzuweisen, weil die angebotene Abfindung von 396,50 Euro angemessen sei (Bl. 473). Aufgrund des Sachverständigengutachtens stünde zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der im KPMG-Gutachten ermittelte Unternehmenswert innerhalb angemessener Bandbreiten liege (Bl. 474). Zwar habe der gerichtliche Sachverständige einzelne werterhöhende Umstände ermittelt, diese würden aber durch wertmindernde Umstände kompensiert, weshalb die angebotene Abfindung bei Abwägung aller Umstände nicht anzupassen sei (Bl. 475).

IV.

Gegen den ihnen zu den nachfolgenden Zeitpunkten zugestellten Beschluss des Landgerichts haben mehrere Antragsteller wie folgt sofortige Beschwerde eingelegt:

 

 Antragsteller Ziffer 

 Zustellung Beschluss 

 Eingang sofortige 

Beschwerde

Fundstelle Akten

6)

06.12.2008

10.12.2008

Bl. 497n, 518

8)

08.12.2008

19.12.2008

Bl. 497p, 550, 555, 570

10)

06.12.2008

10.12.2008

Bl. 497l, 518

12)

06.12.2008

10.12.2008

Bl. 497o, 518

17)

03.12.2008

12.12.2008

Bl. 514, 566

21)

05.12.2008

19.12.2008

Bl. 497c, 556, 579

23)

05.12.2008

16.12.2008

Bl. 497d, 521, 626

24)

06.12.2008

10.12.2008

Bl. 497m, 518

25)

05.12.2008

10.12.2008

Bl. 497t, 512, 574

26)

05.12.2008

16.12.2008

Bl. 497d, 521, 626

27)

09.12.2008

19.12.2008

Bl. 497h, 536

31)

05.12.2008

16.12.2008

Bl. 497d, 521, 626

1. Die Beschwerdeführer begehren die Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und die Bestimmung einer 396,50 Euro je Aktie übersteigenden Abfindung.

a) Dabei haben nur die Antragsteller Ziffer 8) und 27) ihre Beschwerden von Anfang an ausdrücklich auf die Zurückweisung ihrer Anträge gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1) beschränkt (Bl. 536, 555).

aa) Ohne eine solche Beschränkung haben dagegen die Antragsteller Ziffer 23), 26) und 31) (Bl. 522) ursprünglich beantragt, auch der Antragsgegnerin Ziffer 2) die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Antragsteller Ziffer 6), 10), 12), 24) haben ihren Kostenantrag zwar nur gegen eine „Antragsgegnerin" gerichtet, im Rubrum ihrer Beschwerdeschrift (Bl. 518) aber beide Antragsgegnerinnen aufgeführt und wie der Antragsteller Ziffer 17) auf ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen (Bl. 519, 46, 72, 83, 138; 566, 107). Der Antragsteller Ziffer 17) hatte in erster Instanz seinen Antrag ausdrücklich auch auf die Antragsgegnerin Ziffer 2) erstreckt (Bl. 106). Die Antragsteller Ziffer 6), 10), 12) und 24) hatten jedenfalls ihre Kostenanträge in erster Instanz auf „die Antragsgegnerinnen" erstreckt (Bl. 46, 83, 138). Der Antragsteller Ziffer 25) hält zwar ausdrücklich seinen Vortrag aus erster Instanz aufrecht, womit er unter anderem auf seinen dort auch gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) gerichteten Kostenantrag verweist (Bl. 574, 140). Im Beschwerdeverfahren beantragt er aber - wie die Antragsteller Ziffer 6), 10), 12) und 24) (Bl. 519) - nur, „der Antragsgegnerin" die Kosten aufzuerlegen (Bl. 513). Die Antragstellerin Ziffer 21) hat lediglich pauschal gegen den Beschluss des Landgerichts Beschwerde eingelegt, ohne in Bezug auf die Zurückweisung ihrer Anträge gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1) zum einen und die Antragsgegnerin Ziffer 2) zum anderen zu differenzieren (Bl. 556).

bb) Auf den Hinweis des Senats vom 27.07.2010, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht passiv legitimiert ist, hat zunächst nur der Antragsteller Ziffer 17) die Beschwerde gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) zurückgenommen (Bl. 703 f.). Die Antragsteller Ziffer 23), 26) und 31) (Bl. 706), Ziffer 21) (Bl. 702), Ziffer 25) (Bl. 701) sowie Ziffer 6), 10), 12) und 24) (Bl. 698) haben dagegen lediglich erklärt, ihre Beschwerden hätten sich nur gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1) gerichtet; in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2011 haben sie allerdings entsprechend dem Antragsteller Ziffer 17) die Rücknahmen ihrer Beschwerden gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) erklärt.

b) Die Antragssteller Ziffer 12), 23), 26) und 31) haben im Beschwerdeverfahren auf die Verfügung des Senats vom 27.07.2010 hin Erklärungen ihrer vormals depotführenden Banken vorgelegt, die ihren Aktienbesitz am 23.05.2003 bestätigten (Bl. 700, 707 bis 709). In der mündlichen Verhandlung am 29.06.2011 haben die Antragsgegnerinnen unstreitig gestellt, dass der Antragsteller Ziffer 17) am 23.05.2003 15 Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) besaß.

c) In der Sache rügen die Beschwerdeführer, die Ertragsprognosen seien zu niedrig angesetzt worden.

aa) Der gerichtliche Sachverständige habe die Auswirkungen der von ihm befürworteten Ergebnisänderungen auf den Unternehmenswert nicht nachvollziehbar dargelegt (Bl. 529). Im Übrigen sei das Verfahren im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts noch nicht entscheidungsreif gewesen, da der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung die Vorlage weiterer Unterlagen zur Beantwortung gestellter Fragen angekündigt habe; diese Unterlagen seien den Antragstellern aber erst mit der Protokollabschrift am 28.11.2008 zugegangen, so dass sie hierzu nicht mehr Stellung nehmen konnten (Bl. 539).

bb) Die Beschwerdeführer rügen insbesondere den Bereich des Investitionsaufwands.

(1) Bei der Bestimmung der Reinvestitionsrate habe das Landgericht einen - angeblich mit vertretbarem Aufwand nicht bestimmbaren - Fehler zulasten der übrigen Aktionäre nicht berücksichtigt; zu Unrecht nähme der gerichtliche Sachverständige an, aus dem Ansatz von linearen handelsrechtlichen Abschreibungen trotz überwiegend degressiver Abschreibung der Antragsgegnerin Ziffer 2) könnten sich sowohl negative als auch positive Abweichungen ergeben, so dass der Fehler insgesamt nicht gravierend sei (Bl. 530, 629). Beim Auseinanderfallen von buchhalterischer und tatsächlicher Nutzungsdauer seien die Ertragsausweise des Unternehmens immer zu gering (Bl. 530); dass die handelsrechtlichen Nutzungsdauern deutlich unter den tatsächlichen lägen, habe die Antragsgegnerin Ziffer 2) selbst eingeräumt (Bl. 629 unter Berufung auf GA S. 48).

(2) Änderungen der im KPMG-Gutachten angesetzten Reinvestitionsrate zulasten der übrigen Aktionäre stehe entgegen, dass insoweit keine Rügen erhoben worden seien, weshalb der Sachverständige keinen Grund gehabt habe, diesen Bereich näher zu untersuchen (Bl. 541). Jedenfalls habe der Sachverständige keine „auffallenden Ungereimtheiten" feststellen können, weshalb seine Erkenntnisse in diesem Bereich nicht zu berücksichtigen seien (Bl. 541). Preissteigerungen in Phase II würden im Übrigen durch den Wachstumsabschlag abgedeckt (Bl. 542).

cc) Die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Erhöhungen der künftigen Ergebnisse könnten nicht durch die von ihm zugleich festgestellten unternehmenswertmindernden Pensionsverpflichtungen negiert werden.

(1) Dies gelte schon deshalb, weil es für die künftigen Erträge nicht auf die Höhe der bilanziellen Rückstellungen, sondern auf die dem Personalaufwand zuzurechnenden tatsächlichen Auszahlungen ankomme (Bl. 529, 628). Jedenfalls stünde Änderungen zulasten der übrigen Aktionäre auch in diesem Punkt entgegen, dass keine Rügen erhoben worden seien, weshalb der Sachverständige keinen Grund gehabt habe, diesen Bereich näher zu untersuchen (Bl. 543). Im Übrigen lägen allenfalls vage, nicht quantifizierbare Vermutungen des Sachverständigen vor (Bl. 544). Die Berechnungen des KPMG-Gutachtens beruhten dagegen zumindest auf einem unter steuerlichen Aspekten erstellten versicherungsmathematischen Gutachten (Bl. 544).

(2) Hinsichtlich des Zinsanteils der Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen habe der Sachverständige übersehen, dass die später einsetzende Entwicklung sinkender Zinsen am Bewertungsstichtag noch nicht absehbar gewesen sei; auf IDW Empfehlungen nach dem Bewertungsstichtag könne es nicht ankommen (Bl. 545). Ob die Pensionsrückstellungen nach HGB oder nach IFRS errechnet worden sei, sei ungeklärt; der Hinweis des Sachverständigen, dass die Pensionsrückstellungen bei Berechnung nach HGB und nach IFRS grundsätzlich gleich hoch seien, verkenne, dass es zu Verschiebungen in den einzelnen Perioden kommen könne, die für den Ertragswert relevant seien (Bl. 545).

d) Die Kapitalisierungszinssätze seien zu hoch angesetzt worden.

aa) Als Basiszinssatz sei 5% anzusetzen (Bl. 519). Man dürfe nicht an den veralteten Vorgaben des IDW S1 Stand 28.06.2000 festhalten (Bl. 566).

bb) Als Marktrisikoprämie dürfe nur 4,5% angesetzt werden (Bl. 519, 527, 567).

(1) Der Antragsteller Ziffer 25) verwies auf das in dem vor dem Senat unter 20 W 2/08 geführten Verfahren vorgelegte Privatgutachten eines Wirtschaftsprüfers und die dortigen Bezugnahmen auf die Studien des D. A. (DAI); danach seien höchstens Überrenditen von 1 bis 2% vertretbar (Bl. 575 f.). Bei einem langfristigen Engagement glichen sich die Volatilität und damit die Risiken von Aktien bzw. festverzinslichen Wertpapieren zudem einander an, weshalb angesichts des bei den Beteiligten in Spruchverfahren regelmäßig langfristigen Engagements nur ein sehr geringer Raum für Risikozuschläge sei (Bl. 576).

(2) Wegen des unentschiedenen Streits über die arithmetische oder die geometrische Mittelung sei jedenfalls der Mittelwert beider Berechnungsarten anzusetzen (Bl. 546). Im Übrigen verkenne das Tax-CAPM, dass der ganz überwiegende Teil der Veräußerungsgewinne bei Aktien als Spekulationsgewinn steuerbar sei (Bl. 547); zudem sei die Beschränkung der Betrachtungsweise auf inländische Anleger nicht gerechtfertigt (Bl. 548).

cc) Der Betafaktor sei zu hoch angesetzt worden.

(1) Wenn man anstelle der eigenen Kursdaten der Antragsgegnerin Ziffer 2) diejenigen einer Peer Group zur Schätzung des Betafaktors heranziehe, seien jedenfalls der aufgrund dieser Kursdaten errechnete „raw beta" - der bei 0,03 bzw. 0,04 (Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008) liege - und nicht der angepasste Wert („adjusted beta") von 0,32 bzw. 0,33 anzusetzen (Bl. 520, 528). Zudem habe das Landgericht den Betafaktor falsch berechnet, weil es den bereits verschuldeten Betafaktor der Peer Group nochmals in einen verschuldeten Betafaktor umgerechnet habe (Bl. 568). Jedenfalls sei der Ansatz einer Bandbreite von 0,4 bis 0,6 willkürlich (Bl. 528).

(2) Die Antragsgegnerin Ziffer 2) habe als Energieversorger sowie angesichts der Kooperationsvereinbarung mit der Antragsgegnerin Ziffer 1) und der wirtschaftlichen Stärke ihres Versorgungsgebietes tatsächlich fast keinen Risiken unterlegen (Bl. 567).

dd) Der Wachstumsabschlag sei zu niedrig bemessen.

(1) Aus dem Umstand, dass in Phase I ein starker Anstieg des Geschäftsvolumens geplant worden sei, könne in Phase II keine reale Schrumpfung gefolgert werden (Bl. 520). Die durchschnittlichen Gewinnsteigerungen deutscher Unternehmen könnten nicht nur bei 45% der Inflationsrate gelegen haben (Bl. 631); eine aktuelle Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) belege, dass sich die Erträge der börsennotierten Unternehmen im Euroraum seit 1974 in etwa im Einklang mit der Entwicklung des Brutto-Inlandsprodukts befänden (Bl. 523). Richtigerweise sei von einem höheren Gewinnwachstum auszugehen als in der vom Sachverständigen zugrunde gelegten Studie (Bl. 578).

(2) Dass Unternehmen der Energie-Grundversorgung wie die Antragsgegnerin Ziffer 2) in der Lage seien, Kostensteigerungen an ihre Kunden weiter zu leiten, belege der Umstand, dass der Haushalts- und Verbraucherpreisindex (HVPI) im Januar 2008 im Wesentlichen wegen der Energiepreise gestiegen sei (Bl. 525, 633). Mengenmäßig entwickle sich der Energieverbrauch in Deutschland nicht nur nach der Bevölkerungsentwicklung, sondern im Einklang mit der Entwicklung des Inlands-Sozialprodukts (Bl. 525). Jedenfalls ein durch Leitungsmonopole geschützter Energieversorger wie die Antragsgegnerin Ziffer 2) erhöhe seine Erträge nicht unterhalb der Inflationsrate (Bl. 633).

(3) Indem der gerichtliche Sachverständige die als Anlage 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung genommenen Übersichten zur Preisentwicklung der Energieversorgung vorlegte, welche der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BdEW) erstellt habe, habe er nachträglich seine Befangenheit bewiesen (Bl. 526 f.). Die daraus resultierende Besorgnis der Befangenheit sei zwar „nicht im Sinne des deutschen Prozessrechts nachweisbar"; der Senat möge dem Sachverständigen aber konkrete Vorgaben zur Überarbeitung seines Gutachtens machen (Bl. 634).

ee) Jedenfalls ergäbe sich bei dem vom Landgericht als Untergrenze angenommenen Kapitalisierungszinssatz von 4,29% in Phase I bzw. 3,39% in Phase II (Bl. 492 f.) eine Abfindung von 459,60 Euro je Aktie (Bl. 555).

e) Die Feststellungen des Landgerichts zum nicht betriebsnotwendigen Grundvermögen setzten sich mit den Einwendungen des Antragstellers Ziffer 17) nicht auseinander (Bl. 568). Dies gelte insbesondere für den Umzug des bisherigen Hauptverwaltungssitzes der Antragsgegnerin Ziffer 2) (Bl. 569). Die Veräußerbarkeit der im KPMG-Gutachten als nicht veräußerbar deklarierten circa 200 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von rund 15.000 qm sei nicht aufgeklärt. Selbst wenn man für die nach dem KPMG-Gutachten veräußerbaren Wohnungen (43.000 qm) einen Quadratmeterpreis von 1.500 Euro und für die übrigen nur von 1.000 Euro ansetzte, ergäbe sich ein Gesamtmarktwert von 80 Mio. anstelle von 60 Mio. Euro (Bl. 568).

f) Jedenfalls gebiete der Börsenwert die Festsetzung einer das Angebot übersteigenden Abfindung. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betrage der Börsenwert je Aktie mindestens 405,31 Euro; im Fall der Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zumindest eine Divergenzvorlage geboten (Bl. 537 f.).

2. Die Antragsgegnerinnen treten den Beschwerden entgegen (Bl. 585 ff.).

a) Die Beschwerden der Antragsteller Ziffer 6), 10), 12), 17), 21), 23), 24), 25), 26) und 31) seien unzulässig, soweit sie sich gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) richteten (Bl. 586 f.).

b) Die Antragsteller Ziffer 12), 17), 23), 26), 27) und 31) seien im Übrigen nicht beschwerdebefugt, da sie im erstinstanzlichen Verfahren nicht nachgewiesen hätten, dass sie tatsächlich Aktionäre der Antragsgegnerin Ziffer 2) waren (Bl. 586).

c) Zwar sei das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008 wohl verspätet versandt worden; die Antragsteller hätten aber nach dem Termin hinreichend Zeit gehabt, Stellung zu nehmen (Bl. 587). Jedenfalls hätten die Antragsteller von der Möglichkeit, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht (Bl. 588).

d) Die Einwendungen der Beschwerdeführer im Bereich der Ertragsprognosen seien unberechtigt.

aa) Zwar sei bei der Bestimmung des durchschnittlichen Alters der differenzierten Anlageklassen zur Vereinfachung unterstellt worden, dass in der Vergangenheit linear abgeschrieben wurde, womit man bewusst in Kauf genommen habe, dass - bezogen auf einzelne Anlagegegenstände, die degressiv abgeschrieben wurden - das durchschnittlich ermittelte Alter vom tatsächlichen Alter im Einzelfall abweichen konnte. Im Zuge dieser Altersbestimmung habe sich im Einzelfall aber sowohl ein höheres als auch ein niedrigeres Alter ergeben können, so dass sich die Abweichungen bezogen auf die untersuchte Anlagengruppe kompensierten (Bl. 593). Dass in Phase I die handelsrechtlichen Abschreibungen angesetzt wurden, sei nicht zu beanstanden, da die den Anteilseignern zukünftig zufließenden Erträge aus den geplanten handelsrechtlichen Überschüssen zu ermitteln seien (Bl. 593). In Phase II seien dagegen die tatsächlichen (betriebswirtschaftlichen) Nutzungsdauern angesetzt worden (Bl. 593). Die Reinvestitionsrate sei vom Gutachtenauftrag umfasst gewesen (Bl. 594 unter Bezugnahme auf Bl. 237).

bb) In Bezug auf die Pensionen habe der gerichtliche Sachverständige nicht die bilanzierten Rückstellungen, sondern die - aus seiner Sicht im KPMG-Gutachten zu niedrig angesetzten - Auszahlungen in Phase II zum Anlass für seine Feststellung genommen, der Unternehmenswert reduziere sich erheblich; die Auszahlungen in Phase II seien nicht aufgrund der bilanziellen Rückstellungen, sondern aufgrund der zum Ende der Phase I geplanten jährlichen Zuführung zur Pensionsrückstellung geschätzt worden (Bl. 589). Von einer nochmaligen Ermittlung des Pensionsaufwands im Rahmen eines versicherungsmathematischen Gutachtens habe der Sachverständige angesichts des Zeit- und Kostenaufwands zu Recht abgesehen, weil sich hieraus keine Erhöhung der Barabfindung ergeben hätte (Bl. 590). Im Übrigen könne dem Sachverständigen nicht entgegen gehalten werden, die Antragsteller hätten in diesem Bereich nichts gerügt (Bl. 589). Im Spruchverfahren gelte der Amtsermittlungsgrundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit; jedenfalls sei der Sachverständige ausdrücklich aufgefordert worden, „sonstige ihm auffallende Ungereimtheiten in der für die Barabfindung vorgenommenen Bewertung" zu berücksichtigen (Bl. 589 f. unter Bezugnahme auf Bl. 237).

cc) Hinsichtlich der energiewirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Antragsgegnerinnen sei zu bedenken, dass dadurch bei einer Gesamtschau ein positiver Beitrag für den Wert des Unternehmens der Antragsgegnerin Ziffer 2) geleistet worden sei; vor diesem Hintergrund komme der Frage, ob ein Abbau der Überproduktion möglich gewesen wäre, keine entscheidende Bedeutung zu (Bl. 712 f.). Dazu führten sie ergänzend aus, dass sich die Erzeugungskosten der Antragsgegnerin Ziffer 2) bei einem Abbau der Überproduktion durch entsprechende Reduzierung der Grundlast von 2,79 ct/kWh auf 3,49 ct/kWh erhöhten, weil dann der Anteil der mit höheren Kosten produzierten Mittel- und Spitzenlast steigen würde (Bl. 751). Mit der geplanten Abschaltung des Blocks I des Kernkraftwerks N. im Jahr 2008 wäre ab dem Jahr 2009 ausschließlich die Produktion von Grundlaststrom um 4.400 GWh reduziert worden (Bl. 752). Im Bewertungsmodell des KPMG-Gutachtens sei aus Vereinfachungsgründen unterstellt worden, dass die wegfallende Grundlastproduktion durch Fremdbezug von „Grundlast" aus einem Kohlekraftwerk substituiert werde (Bl. 752 f.). Da die spezifischen Kosten dieses Fremdbezugs in der Planung mit den ursprünglichen Erzeugungskosten für Atomstrom i.H.v. 2,4 ct/kWh zuzüglich des vom Sachverständigen gebilligten Aufschlags für die Mehrkosten des Bezugs von Grundlaststrom aus Kohlekraftwerken i.H.v. 14%, insgesamt also i.H.v. 2,73 ct/kWh geplant worden seien, sei die Aufrechterhaltung der Überproduktion ergebnisneutral, weil in Phase II zugleich geplant worden sei, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) von der Antragsgegnerin Ziffer 1) für ihre Strompoduktion einen Preis von 2,73 ct/kWh erhalte (Bl. 750, 753). Würde man die Abschaltung des vorgenannten Kraftwerkblocks demgegenüber zur Reduzierung der Überproduktion nutzen, minderte der Wegfall an Grundlastproduktion das Ergebnis der Antragstellerin Ziffer 2) um 14,5 Mio. Euro (4.400 GWh x [2,73 ct/kWh - 2,4 ct/kWh]) jährlich, wenn man ansonsten die Parameter der energiewirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Antragsgegnerinnen übernehme, weil der Strom, der zur Versorgung der eigenen Kunden benötigt werde, zu marktgerechten Bedingungen von der Antragsgegnerin Ziffer 1) bezogen werde (Bl. 753). Schließlich sei zu bedenken, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) im Planjahr 2007 zwar 6.949 GWh Mittel- und Spitzenlaststrom an ihre Kunden geliefert habe, der mit durchschnittlich 4,22 ct/kWh deutlich höhere Erzeugungskosten aufweise, demgegenüber aber nur 3.151 GWh Mittel- und Spitzenlaststrom selbst produziert habe (Bl. 750).

e) Die Einwendungen gegen die Kapitalisierungszinssätze seien verfehlt.

aa) Hinsichtlich des Basiszinssatzes sei nicht auf spätere Erkenntnisse, sondern allein auf die Bewertungstheorie und -praxis im Bewertungsstichtag abzustellen. Die im KPMG-Gutachten zugrunde gelegten Methoden seien nicht zu beanstanden, da sie zum Bewertungsstichtag allgemein anerkannt gewesen seien; die neue Fassung des IDW S1 Stand 18.10.2005 habe am Bewertungsstichtag noch nicht berücksichtigt werden können und dürfe nachträglich jedenfalls nicht isoliert in Bezug auf einzelne Parameter angewendet werden (Bl. 595 f.).

bb) Hinsichtlich der Marktrisikoprämie sei zwar einzuräumen, dass der Senat in einigen Entscheidungen 4,5% angenommen habe; es gäbe aber keinen allgemein „richtigen" Wert, sondern sei jeweils festzustellen, ob der angenommene Wert in einer plausiblen Bandbreite liege (Bl. 597). Fehl gingen die Einwendungen zum Tax-CAPM, da dieses in der von KPMG angewandten Fassung des IDW S1 Stand 28.06.2000 nicht vorgegeben sei (Bl. 598). Eine Überrendite von Aktien gegenüber Renten sei sowohl theoretisch geboten als auch empirisch nachweisbar (Bl. 599). Bei der vom Antragsteller Ziffer 25) angeführten Studie sei zu berücksichtigen, dass einzelne Untersuchungen auf kurzen Beobachtungszeiträumen bzw. besonders schlechten Börsenjahren beruhten (Bl. 600). Schließlich sei der Vergleich der Volatilitäten von Aktien- und Rentenportfolios durch den Antragsteller Ziffer 25) untauglich, da die relevanten Risikomaße des CAPM nicht Volatilitäten einzelner Zahlungsströme, sondern die Korrelationen von Zahlungsströmen mit dem Markt seien (Bl. 603).

cc) Der im KPMG-Gutachten verwendete Betafaktor von 0,32 sei vom Landgericht zu Recht nicht abgeändert worden. Vor diesem Hintergrund gehe der Vorwurf ins Leere, die Annahme einer Bandbreite von 04, bis 0,6 sei willkürlich; gleiches gelte für den Vorwurf, die Verschuldung der Antragsgegnerin Ziffer 2) sei aufgrund der Berechnungen des Sachverständigen mehrfach berücksichtigt worden (Bl. 607).

(1) Der Sachverständige habe den Betafaktor nicht erst in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008, sondern bereits in seinem schriftlichen Gutachten bemessen und dabei neben den Vergleichsunternehmen, der Messperiode und dem Messintervall auch das Bestimmtheitsmaß angegeben (Bl. 606 unter Bezugnahme auf GA S. 88).

(2) Schließlich treffe die Behauptung nicht zu, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) praktisch keinen Risiken unterlegen habe. Da die Energieversorgung nicht mehr staatlich reguliert sei, stünde die Antragsgegnerin Ziffer 2) im bundesweiten Wettbewerb um Kunden (Bl. 607). Dass das Risiko der Antragsgegnerin Ziffer 2) relativ gering sei, spiegele der Risikozuschlag von 1,6% hinreichend wieder; im Übrigen sei für den Betafaktor nicht das Risiko einzelner Geschäftstätigkeiten, sondern die Volatilität der Unternehmensrenditen maßgeblich (Bl. 607).

dd) Hinsichtlich des Wachstumsabschlags verwiesen die Antragsgegnerinnen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag (Bl. 608, 418 ff.). Das Landgericht habe sich insoweit folgerichtig der Auffassung des Sachverständigen angeschlossen, der unter Berufung auf die bekannte Studie von Widmann überzeugend dargestellt habe, dass der Ansatz eines Wachstumsabschlags unterhalb des erwarteten Gesamtdurchschnitts der deutschen Industrie unter Berücksichtigung der Markt- und Wettbewerbsumfelds der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Bewertungszeitpunkt noch plausibel sei; insbesondere lasse es der Wettbewerb im Strommarkt und die Deregulierung des Gasmarktes fraglich erscheinen, ob Kostensteigerungen - vor allen Dingen durch den Ausstieg aus der Kernenergie - in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werden könnten (Bl. 608).

f) Die Einwendungen der Beschwerdeführer zum Grundvermögen träfen nicht zu. Der vom Antragsteller Ziffer 17) angesetzte Quadratmeterpreis von 1.500 Euro sei deutlich überhöht; das Angebot der S. W.-gesellschaft mbH vom 15.05.2000 habe nur einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 1.324 Euro enthalten (Bl. 591). Die im KPMG-Gutachten - zu Recht - als betriebsnotwendiges Vermögen bezeichneten Wohnungen seien bei der Ermittlung des Ertragswerts des betriebsnotwendigen Vermögens berücksichtigt worden (Bl. 591). Hinsichtlich der Grundstücke L.- und B.-str. in S. verwiesen die Antragsgegnerinnen darauf, dass der Sachverständige ermittelt habe, dass die Behandlung als betriebsnotwendiges Vermögen gegenüber der Behandlung als nicht betriebsnotwendiges Vermögen für die übrigen Aktionäre günstiger sei (Bl. 591 unter Bezugnahme auf GA S. 122); die Grundstücke K.-straße und Kr.-straße in S. hätten nicht im Eigentum der Antragsgegnerin Ziffer 2), sondern der E.-V. S. AG (EVS) gestanden (Bl. 592).

g) Die Berücksichtigung des Börsenwerts führe zu keiner das Angebot von 396,50 Euro übersteigenden Abfindung.

aa) Der Börsenwert sei zur Bestimmung der Abfindung schon nicht geeignet. Insoweit beriefen sich die Antragsgegnerinnen unter Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag auf den geringen Free Float und die geringen Handelsumsätze sowie die Bestätigung ihrer Auffassung durch den Sachverständigen (Bl. 609 unter Bezugnahme auf Bl. 292 ff. nebst AG 6 und 7 [Bl. 664 f.] sowie GA S. 131 f.).

bb) Jedenfalls sei nicht der Durchschnittskurs von drei Monaten vor der Hauptversammlung, sondern derjenige von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht maßgeblich, der unter dem angebotenen Betrag liege (Bl. 609).

3. Der Senat hat ein ergänzendes Gutachten zur Bezifferung der aus Sicht des Sachverständigen bei Ansatz des Pensionsaufwands in Phase II gebotenen Korrekturen eingeholt (Bl. 758) und am 29.06.2011 mündlich verhandelt. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen (Bl. 790 ff.).

Aus den Gründen

B.

Die Beschwerden sind zwar zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Beschwerden sind zwar nicht schon aus formalen Gründen zurückzuweisen.

1. Die von den Antragsgegnerinnen im Beschwerdeverfahren zunächst gerügten Mängel betreffend den Nachweis der Aktionärseigenschaft wurden geheilt.

a) Zur Bejahung der Antragsbefugnis der Antragsteller ausreichend aber auch erforderlich ist, dass sie im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister am 23.05.2003 Aktionäre der Antragsgegnerin Ziffer 2) waren. Da sämtliche Anträge vor dem 01.09.2003 eingegangen waren, war auf das Verfahren in erster Instanz nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG nicht das SpruchG, sondern §§ 327f, 306 AktG in der bis zum 31.08.2003 geltenden Fassung anzuwenden. Danach ist antragsbefugt, wer im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses Aktionär war.(Büchel, NZG 2003, 793, 794; Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 327f Rn. 5 i.V.m. § 320b Rn. 10; Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl., § 327f Rn. 7 i.V.m. § 320b Rn. 17.) Da es sich um einen Squeeze-Out handelt, besteht insoweit kein Unterschied zu der seit dem 01.09.2003 nach § 3 SpruchG geltenden Rechtslage.(Vgl. Simon in Simon, SpruchG, § 3 Rn. 27; Hüffer, AktG, 9. Aufl., Anh § 305 SpruchG § 3 Rn. 6.)

b) Die Antragsteller Ziffer 12), 23), 26) und 31) haben den ordnungsgemäßen Nachweis ihrer Aktionärsstellung am Tag der Eintragung des Übertragungsbeschlusses (23.05.2003) jedenfalls im Beschwerdeverfahren auf den Hinweis des Senats vom 27.07.2010 hin durch Vorlage einer entsprechender Bescheinigung ihrer vormals depotführenden Bank nachgeholt (Bl. 700, 707, 708, 709). Die Nachreichung der Bescheinigungen im Beschwerdeverfahren war zulässig; insbesondere stehen ihr Verspätungsvorschriften nicht entgegen, da das Verfahren hierdurch nicht verzögert wurde.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 81].)

c) Der Antragsteller Ziffer 17) hat zwar seine Aktionärsstellung nicht hinreichend nachgewiesen.

aa) Die von ihm im ersten Rechtszug vorgelegten Unterlagen sind zum Nachweis seiner Aktionärsstellung im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses nicht geeignet. Er hat seinen Aktienbesitz nicht durch Bankbescheinigung nachgewiesen, sondern auf das Teilnehmerverzeichnis der Hauptversammlung am 15.04.2003 Bezug genommen (Anlage ASt 18-107), wo er unter laufender Nummer 76 als in der Versammlung präsenter Aktionär aufgeführt ist. Daraus kann indessen nicht auf seinen Aktienbesitz am 23.05.2003, sondern allenfalls am 15.04.2003 geschlossen werden.

bb) Die Antragsgegnerinnen haben den Aktienbesitz des Antragstellers Ziffer 17) am 23.05.2003 aber in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. Damit kann für dieses Verfahren trotz des fehlenden Nachweises von der Antragsberechtigung des Antragstellers Ziffer 17) ausgegangen werden. Zwar muss das Gericht die Antragsberechtigung grundsätzlich von Amts wegen ermitteln; dazu besteht aber kein Anlass, wenn der Antragsteller seine Antragsberechtigung darlegt und daran keine Zweifel bestehen (Drescher in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 3 SpruchG Rn. 20). Anlass zu Zweifeln besteht jedenfalls dann nicht mehr, wenn die Antragsgegnerin die Antragsberechtigung - wie in diesem Fall - nicht mehr bestreitet.

2. Die Beschwerden waren zwar unbegründet, soweit sie sich nicht nur gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1), sondern auch gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) richteten; sie wurden insoweit aber zurückgenommen.

a) Werden die Anträge gegen den falschen Gegner gerichtet, sind sie unbegründet - und damit vom Landgericht zu Recht zurückwiesen worden -, weil es an der Passivlegitimation fehlt.(OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.06.2010, 20 W 2/09 [juris Rn. 70]; OLG Saarbrücken, Der Konzern 2004, 34 [juris Orientierungssatz]; OLG Hamburg, NZG 2004, 622, 623]; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl., SpruchG § 5 Rn. 1; Puszkajler in Kölner Kommentar, SpruchG, § 11 Rn. 11 auch zum Recht vor dem 01.09.2003; Leuering in Simon, SpruchG, § 4 Rn. 37.) Richtiger Antragsgegner ist hier nur die Antragsgegnerin Ziffer 1), nicht aber die Antragsgegnerin Ziffer 2).Dies folgt für das ab dem 01.09.2003 geltende und nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG im Beschwerdeverfahren anzuwendende Recht aus § 5 Nr. 3 SpruchG, wonach der Antrag gegen den Hauptaktionär zu richten ist.Zwar war § 5 SpruchG im Verfahren vor dem Landgericht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG noch nicht anwendbar. Nach den stattdessen anzuwendenden Bestimmungen der §§ 327f, 306 AktG in der bis zum 31.08.2003 geltenden Fassung gilt aber nichts Anderes.(Gude, AG 2005, 233, 235; OLG Hamburg, AG 2004, 622, 623; OLG Saarbrücken, Der Konzern 2004, 34 [juris Orientierungssatz]; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl., § 327f Rn. 8; a.A. Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 327f Rn. 5.)

b) Grundsätzlich ist anzunehmen, dass sich die Beschwerden gegen beide Antragsgegnerinnen richteten. Haben - wie hier die Antragsgegnerinnen - im ersten Rechtszug mehrere Streitgenossen obsiegt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich ein Rechtsmittel gegen alle Streitgenossen richtet, es sei denn, dass die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt.(BGH, NJW-RR 2006, 1569 [juris Rn. 9]; BGH, MDR 2010, 828 [juris Rn. 11 f.].)Ausdrücklich auf die Antragsgegnerin Ziffer 1) beschränkt haben ihre Beschwerden nur die Antragsteller Ziffer 8) und 27). Die übrigen Beschwerden ließen eine solche Beschränkung aus der maßgeblichen objektiven Sicht(Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., Vor § 128 Rn. 25.) nicht hinreichend deutlich erkennen; unerheblich ist deshalb, dass die betroffenen Beschwerdeführer nach Ablauf der Beschwerdefrist erklärt haben, ihre Rechtsmittel hätten sich nur gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1) richten sollen.

c) Vor diesem Hintergrund haben der Antragsteller Ziffer 17) unmittelbar auf den Hinweis vom 27.07.2010 sowie die Antragsteller Ziffer 6), 10), 12), 21), 23), 24), 25), 26) und 31) im Termin zur mündlichen Verhandlung ihre Beschwerden zurückgenommen, soweit sich diese gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) richteten.

II.

Die Beschwerden bleiben aber in der Sache ohne Erfolg, da die angebotene Abfindung nicht unangemessen ist. Das Landgericht hat die Anträge auf Festsetzung einer höheren Abfindung im Ergebnis zu Recht und in Übereinstimmung mit der Gesamtbeurteilung des Sachverständigen (GA S. 146 f.) zurückgewiesen.

Die Minderheitsaktionäre, deren Aktien auf die Antragsgegnerin Ziffer 1) übertragen wurden (übrige Aktionäre), haben zwar nach §§ 327a Abs. 1 Satz 1, 327b Abs. 1 Satz 1 AktG einen Anspruch auf eine angemessene Barabfindung, die ihnen eine volle wirtschaftliche Kompensation für den Verlust ihrer Beteiligung an dem Unternehmen verschafft.(BVerfG, ZIP 2007, 1261 [juris Rn. 24]; BGH, ZIP 2005, 2107 [juris Rn. 2]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 23]; Singhof in Spindler/Stilz, § 327b Rn. 4; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 327b Rn. 5.) Das Gericht hat aber nach § 327f Satz 2 AktG nur dann eine angemessene Barabfindung zu bestimmen, wenn die angebotene Abfindung unangemessen ist.

Unangemessen ist die angebotene Abfindung, wenn sie den übrigen Aktionären keine volle Entschädigung für den Verlust ihres Aktieneigentums bietet.(BVerfGE 14, 263 [juris Rn. 65 und 68] „Feldmühle".) Die angebotene Abfindung muss deshalb dem Verkehrswert entsprechen.(BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 53] „DAT/Altana".) Der Verkehrswert des Aktieneigentums ist vom Gericht im Wege der Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln.(BGHZ 147, 108 [juris Rn. 21] „DAT/Altana".) Als Grundlage für diese Schätzung stehen dem Gericht fundamentalanalytische Wertermittlungsmethoden wie das Ertragswertverfahren ebenso zur Verfügung wie marktorientierte Methoden, etwa eine Orientierung an Börsenkursen. Das Verfassungsrecht gibt keine bestimmte Wertermittlungsmethode vor.(BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 61] „DAT/Altana"; OLG Stuttgart, ZIP 2009, 1059 [juris Rn. 215].) Die mit den unterschiedlichen Methoden ermittelten rechnerischen Ergebnisse geben aber nicht unmittelbar den Verkehrswert des Unternehmens bzw. den auf die einzelne Aktie bezogenen Wert der Beteiligung daran wieder, sondern bieten lediglich einen Anhaltspunkt für die Schätzung des Verkehrswerts entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2011, 205 [juris Rn. 256].) Mehr als ein Anhaltspunkt kann sich daraus schon deshalb nicht ergeben, weil die Wertermittlung nach den einzelnen Methoden mit zahlreichen prognostischen Schätzungen und methodischen Einzelentscheidungen verbunden ist, die jeweils nicht einem Richtigkeits-, sondern nur einem Vertretbarkeitsurteil zugänglich sind.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 137].) Dabei ist zu bedenken, dass zu zahlreichen Details in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, so dass nicht nur die unterschiedlichen Methoden zu unterschiedlichen Werten führen, sondern auch die unterschiedliche Anwendung derselben Methode unterschiedliche Beträge ergeben kann.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung (dazu unten 5.) ist hier weder nach der Ertragswertmethode (dazu unten 1.) noch bei Berücksichtigung des Liquidationswerts (dazu unten 2.), des Barwerts der Garantiedividende aus dem Unternehmensvertrag des Jahres 2000 (dazu unten 3.) oder der Börsenkurse der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) (dazu unten 4.) die Unangemessenheit der angebotenen Abfindung festzustellen.

1. Die fundamentalanalytische Ermittlung des anteiligen Werts des Unternehmens der Antragsgegnerin Ziffer 2) je Aktie führt zwar zu einem Wert, der rechnerisch über dem angebotenen Betrag von 395,50 Euro liegt; diese Abweichung beträgt aber weniger als 5%.

a) Die von KPMG zur Ermittlung des Unternehmenswerts der Antragsgegnerin Ziffer 2) durchgeführte, von der gerichtlich bestellten Prüferin nicht beanstandete, fundamentalanalytische Bewertung im Ertragswertverfahren zu dem nach § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG maßgeblichen Tag der über die Übertragung beschließenden Hauptversammlung am 15.04.2003 (Bewertungsstichtag) begegnet keinen methodischen Bedenken. Die Ertragswertmethode ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt,(BGH, NJW 2003, 3272, 3273; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 30]; BayObLG, NJW-RR 1996, 1125, 1126; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 305 Rn. 19.) verfassungsrechtlich unbedenklich(BVerfG, NJW 1999, 3769, 3771.) und wurde in diesem Verfahren als geeignete Methode auch nicht in Frage gestellt.

aa) Nach der Ertragswertmethode sind die den Aktionären künftig zufließenden Erträge des Unternehmens der Antragsgegnerin Ziffer 2) zu schätzen (dazu unten b)) und jeweils mit dem Kapitalisierungszinssatz (dazu unten c)) abzuzinsen sowie um Sonderwerte (dazu unten d)) zu ergänzen. Der Orientierung an den künftigen Unternehmenserträgen steht hier nicht entgegen, dass zwischen den Antragsgegnerinnen seit 2000 ein Unternehmensvertrag besteht und sich die Zuflüsse an die außenstehenden Aktionäre eines durch Unternehmensvertrag beherrschten Unternehmens wesentlich nach dem gemäß § 304 AktG zu gewährenden Ausgleich bestimmen. Da die Antragsgegnerin Ziffer 2) keinem Gewinnabführungs-, sondern nur einem isolierten Beherrschungsvertrag unterliegt, können die außenstehenden Aktionäre an den im Unternehmen erwirtschafteten, an die Anteilseigner ausschüttbaren Erträgen partizipieren, soweit sie die Garantiedividende übersteigen.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 92].)

bb) Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist, dass KPMG bei der Anwendung der Ertragswertmethode die Empfehlungen des IDW S1 berücksichtigt hat. Diese bilden als Expertenauffassung eine Erkenntnisquelle für das methodisch zutreffende Vorgehen bei der fundamentalanalytischen Ermittlung des Unternehmenswerts.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 261].) Der Senat wendet hier allerdings IDW S1 nicht in der Fassung vom 28.06.2000 (IDW S1 2000), sondern in der Fassung vom 18.10.2005 (IDW S1 2005) an.

(1) Greift das Gericht bei der gerichtlichen Überprüfung der Ertragswertberechnung im Spruchverfahren auf die Erkenntnisquelle des IDW S1 zurück, wird es in der Regel nicht die im Bewertungsstichtag aktuelle Fassung, sondern den im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidungsfindung aktuellen Stand berücksichtigen, da die aktuellere Expertenauffassung grundsätzlich geeigneter erscheint, das Bewertungsziel der Ermittlung des objektiven Unternehmenswerts zu erreichen, als ältere Fassungen.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 262].) Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Anwendung der aktuelleren Expertenauffassung im konkreten Fall zu unangemessenen Ergebnissen führen würde, insbesondere wenn und soweit die Änderungen gegenüber den Vorfassungen lediglich der Anpassung an eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen diente, die zum Bewertungsstichtag noch gar nicht eingetreten war.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 263].)

(2) Während zum Bewertungsstichtag am 15.04.2003 die von KPMG angewandte Fassung des IDW S1 2000 noch aktuell war, wurde der Standard zwischenzeitlich in der Fassung vom 18.10.2005 (IDW S1 2005) und vom 02.04.2008 (IDW S1 2008) überarbeitet. Die Anwendung der Empfehlungen des IDW S1 2008 auf einen Bewertungsstichtag im Jahr 2003 scheidet indessen aus, weil die Überarbeitung des IDW S1 2008 wesentlich der Anpassung an die Änderung der (steuer-) rechtlichen Rahmenbedingungen im Zuge der Unternehmensteuerreform diente, deren Inhalte im Jahr 2003 noch nicht absehbar waren.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 273].)

cc) Eine erneute umfassende Begutachtung ist zur Ermittlung des fundamentalanalytischen Unternehmenswerts der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht geboten.

(1) Fehl geht die von einigen Antragstellern in erster Instanz vertretene Auffassung, das zeitliche Zusammenfallen von Übertragungsbericht und Prüfungsbericht schließe eine ordnungsgemäße Prüfung nach § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG aus.(Vgl. BGH, ZIP 2006, 2080 [juris Rn. 14]; OLG Stuttgart, NZG 2004, 146 [juris Rn. 21 ff.]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 26].)

(2) Das Gutachten des Sachverständigen leidet unter keinen Mängeln, die eine umfassende Neubegutachtung erforderlich machen würden.Zu Unrecht rügen einzelne Beschwerdeführer, das schriftliche Gutachten des Sachverständigen enthalte keine nachvollziehbaren Angaben zu den Auswirkungen seiner Feststellungen auf die Ertragsprognosen und auf den Unternehmenswert. Soweit der gerichtliche Sachverständige Abweichungen von den Annahmen des KPMG-Gutachtens für nötig erachtetet, hat er deren Auswirkungen zum einen in Bezug auf die periodenspezifischen Ergebnisprognosen (z.B. GA S. 20) und zum anderen auf den Unternehmenswert insgesamt (z.B. GA S. 66) dargestellt.Gründe, welche die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen rechtfertigten, sind nicht ersichtlich. Soweit einzelne Beschwerdeführer die Unparteilichkeit des Sachverständigen bezweifeln, stellen sie zugleich klar, dass ihre Zweifel jedenfalls den Anforderungen an einen Ablehnungsgrund nicht genügen (Bl. 634).

(3) Entgegen der Auffassung einzelner Beschwerdeführer ist auch keine Zurückverweisung an das Landgericht wegen Fehlern im erstinstanzlichen Verfahren geboten.Dahinstehen kann, ob der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30.09.2008 gegenüber seinem schriftlichen Gutachten vom 17.12.2007 neue Feststellungen getroffen hat bzw. ob den Antragstellern „nachgereichte" Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen durch die Übermittlung der Anlagen betreffend den Betafaktor mit der Protokollabschrift erst nach der Beschlussfassung des Landgerichts am 20.11.2008 zur Kenntnis gebracht wurden. Jedenfalls wurde eine etwaige Gehörsverletzung geheilt, weil die Beschwerdeführer Gelegenheit hatten, zu den „nachgereichten" Erläuterungen im Beschwerdeverfahren Stellung zu nehmen.(BVerfGE 22, 282 [juris Rn. 11].)

(4) Eine umfassende Neubegutachtung ist schließlich auch nicht deshalb geboten, weil das Gericht hier anstelle der von KPMG angewandten Empfehlungen des IDW S1 2000 die aktuellere Expertenfassung des IDW S1 2005 berücksichtigt (dazu oben bb)). Der Sachverständige hat im Rahmen des von ihm im ersten Rechtzug erstatteten Gutachtens (GA S. 139 ff.) ausführlich dargelegt, welche Änderungen sich bei der fundamentalanalytischen Ermittlung des Unternehmenswerts gegenüber dem KPMG-Gutachten ergeben, wenn man die Vorgaben des IDW S1 2005 zugrunde legt.

b) Die den Anteilseignern künftig zufließenden Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens der Antragsgegnerin Ziffer 2) bestimmen sich grundsätzlich nach der Unternehmensplanung (dazu unten aa)), die dem KPMG-Gutachten zugrunde liegt. Dabei sind zwar einzelne (dazu unten bb) und cc)), aber nicht alle (dazu unten dd) und ee)) vom Sachverständigen angeregten Korrekturen zu übernehmen; entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre sind jedenfalls keine über die Empfehlungen des Sachverständigen hinausgehenden Korrekturen veranlasst (dazu unten ff)).

aa) Zu beachten ist, dass nicht jede Annahme der Unternehmensplanung, die den übrigen Aktionären wirtschaftlich nachteilig ist, vom Gericht zu korrigieren ist.

(1) Im Allgemeinen ist bei der gerichtlichen Überprüfung der in der Unternehmensplanung angesetzten Erträge im Spruchverfahren dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich nur um Schätzungen handelt, die auf Prognosen über künftige Entwicklungen gründen, von denen es nicht nur eine Richtige gibt und die im seltensten Fall auch so wie vorhergesagt eintreffen.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 137].) Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf ihre Annahme nicht durch andere - letztlich ebenfalls nur vertretbare - Annahmen des Gerichts ersetzt werden.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 146 ff.]; OLG Stuttgart, ZIP 2008, 883 [juris Rn. 65]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 28]; zuletzt OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 106].)

(2) Wird die Gesellschaft - wie hier - im Bewertungsstichtag vertraglich beherrscht, ist bei der gerichtlichen Überprüfung der Unternehmensplanung zudem zu berücksichtigen, dass die vertragliche Beherrschung das herrschende Unternehmen nach § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG grundsätzlich auch zu solchen Maßnahmen ermächtigt, die zwar für die abhängige Gesellschaft nachteilig sind, aber den Interessen des herrschenden Unternehmens bzw. dem Konzerninteresse dienen. Allein der Umstand, dass die Unternehmensplanung auf einer der Antragsgegnerin Ziffer 2) nachteiligen Gestaltung beruht, rechtfertigt demnach nicht, die Auswirkungen dieser Gestaltung bei der Prognose der künftigen Erträge zu eliminieren. Die außenstehenden Aktionäre, die sich im Zuge des Abschlusses eines Unternehmensvertrages nicht für die Abfindung nach § 305 AktG, sondern für den Ausgleich nach § 304 AktG entschieden haben, sind vor einer Reduzierung des Unternehmenswerts der Antragsgegnerin Ziffer 2) infolge der vertraglichen Beherrschung, insbesondere vor einer „Auszehrung" der Gesellschaft, nicht geschützt.(OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 103 f.].)

bb) Trotz dieser Beschränkungen für die Korrektur der Unternehmensplanung ist der in Phase II angesetzte Pensionsaufwand entgegen der vom Sachverständigen aufgrund seiner Erfahrungen aus anderen Verfahren im ersten Rechtszug geäußerten Vermutung (Bl. 447) nicht zu erhöhen, sondern um 16.517 TEuro zu reduzieren.

(1)Zwar hat das im Beschwerdeverfahren erstellte Ergänzungsgutachten zum Pensionsaufwand (Bl. 758, „Zusatzberechnung" [ErgGA]) bestätigt, dass der im KPMG-Gutachten für Phase II prognostizierte Pensionsaufwand zu korrigieren ist.

(1.1) Der im KMPG-Gutachten in Phase II angesetzte Pensionsaufwand i.H.v. 69.172 TEuro wurde aus dem Wert der nach den Vorgaben des HGB berechneten Pensionsrückstellungen zum 31.12.2006 abgeleitet und grundsätzlich für Phase II pauschal fortgeschrieben (ErgGA S. 3 f.). Dieses Vorgehen wäre methodisch nur vertretbar, wenn sich im letzten Jahr der Phase I (2006) bereits ein Gleichgewichtszustand eingestellt hätte.

(1.2) Dies hat der Sachverständige allerdings auf der Grundlage der von den Antragsgegnerinnen vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachten vom 30.09.2010 (Anlage A5, Bl. 724 ff.) bzw. vom 22.11.2010 (Anlage A6, Bl. 739 ff.), in denen die jährlichen Rentenauszahlungen bis 2082 ermittelt wurden, verneint (ErgGA S. 8 und 10). Voraussetzung für die Feststellung eines Gleichgewichtszustands wäre zum einen ein konstantes Verhältnis von aktiven zu passiven Mitarbeitern in einem fortbestehenden Pensionswerk und zum anderen die Entsprechung der jährlichen Zahlungsmittelabflüsse für Pensionsleistungen (Rentenauszahlungen) einerseits sowie der jährlichen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen andererseits (ErgGA S. 10). Nach Auswertung der vorgenannten versicherungsmathematischen Gutachten hat der Sachverständige indessen festgestellt, dass die Aufwendungen und Auszahlungen zwar bis zum Jahr 2025 ansteigen, aber danach rückläufig sind, was der Entwicklung der Anzahl der Leistungsempfänger entspricht, die 2026 letztmals 4.600 erreicht und anschließend bei einem Mittelwert von 3.982 zwischen 3.728 und 4.599 schwankt (ErgGA S. 8).

(2) Im Zuge der danach gebotenen Korrektur ist der Pensionsaufwand in Phase II aber nicht zu erhöhen, sondern um 16.517 TEuro zu reduzieren.

(2.1) Grundlage für die Berechnung des Korrekturwerts ist nicht das versicherungsmathematische Gutachten vom 30.09.2010, sondern dasjenige vom 22.11.2010.

(2.1.1) Im Gegensatz zum zweitgenannten berücksichtigt das erstgenannte Gutachten auch für die Jahre nach 2007 Kostensteigerungen durch Rentenanpassungen und eine Veränderung des Entgeltniveaus. Damit ist es als Grundlage für die Ermittlung des in Phase II anzusetzenden Pensionsaufwands ungeeignet. In dem Phasenmodell, das der fundamentalanalytischen Ermittlung des Unternehmenswerts der Antragsgegnerin Ziffer 2) im KPMG-Gutachten zugrunde gelegt wurde, werden Kostensteigerungen in Phase II durch den Wachstumsabschlag abgebildet. Dementsprechend ist der Pensionsaufwand für Phase II zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung von Kostensteigerungen auf der Grundlage von nicht inflationierten Werten zu ermitteln (ErgGA S. 12).

(2.1.2) Fehl geht der hiergegen seitens der Antragsgegnerinnen erhobene methodische Einwand (Bl. 779 ff.).

Die Antragsgegnerinnen meinen, der Sachverständige fordere zu Unrecht unter Berufung auf die Funktion des Wachstumsabschlags, dass bei der Prognose der Pensionsauszahlungen in Phase II inflationsbedingte Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden; richtigerweise seien hier statt realer Werte nominale Wert anzusetzen, die künftige Kostensteigerungen berücksichtigten (Bl. 779). Dazu verweisen sie darauf, dass der Wachstumsabschlag nicht nur der Abbildung inflationsbedingten, sondern auch der Abbildung mengenbedingten Wachstums diene (Bl. 780). Wolle man im Zähler den Aufwand in Phase II dagegen mit Realwerten ansetzen, dürfe man im Nenner nicht mit dem vollen Kapitalisierungszinssatz, sondern nur mit dem geringeren Realzins abzinsen (Bl. 781 f.).

Zwar trifft der Einwand zu, dass der Wachstumsabschlag im Allgemeinen nicht nur als Geldentwertungsabschlag der Abbildung inflationsbedingter Kostensteigerungen dient (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rn. 930). Ausweislich des Übertragungsberichts (ÜB S. 79) stand das Geldentwertungsrisiko hier aber im Zentrum der für den Wachstumsabschlag angestellten Überlegungen; jedenfalls lässt der Übertragungsbericht nicht erkennen, dass wesentliche Mengenänderungen geplant waren (dazu unten c) cc) (1) (1.1)). Der im Unternehmenswertgutachten der KPMG angesetzte Wachstumsabschlag von 0,5% bringt im Zusammenhang mit dem dortigen Ansatz realer Werte in Phase II die Erwartung zum Ausdruck, die Antragsgegnerin Ziffer 2) werde im Allgemeinen nachhaltig Kostensteigerungen im unternehmensspezifischen Bereich durch Preiserhöhungen auf ihre Kunden überwälzen oder durch Effizienzgewinne kompensieren können und darüber hinaus noch ein Gewinnwachstum erzielen, das zwar hinter der allgemeinen Inflationserwartung zurückbleibt, aber immerhin 0,5% erreicht (vgl. ÜB S. 79, GA S. 92, ErgGA S. 11; im einzelnen dazu unten c) cc) (1) (1.2)).

Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass der Ansatz nominaler Werte für den Pensionsaufwand in Phase II entsprechend der Forderung der Antragsgegnerinnen methodisch nicht vertretbar wäre. In gleicher Weise wie bei dem von ihm abgelehnten Ansatz eines Korrekturbetrags in Höhe von 2.500 TEuro durch KPMG beim Übergang von Phase I nach Phase II (dazu unten (2.3) (2.3.2)) würde damit die dem Wertgutachten der KPMG im Übrigen zugrunde liegende Prämisse der Überwälzbarkeit bzw. Kompensationsfähigkeit künftiger Kostensteigerungen in Frage gestellt (Bl. 803, ErgGA S. 12 f.). Es ist indessen weder dargetan noch ersichtlich, warum die Antragsgegnerin Ziffer 2) gerade im Bereich des Pensionsaufwands - anders als bei anderen Aufwandsarten - keine Möglichkeit zur vollständigen Überwälzung bzw. Kompensation von Kostensteigerungen haben sollte (ErgGA S. 13 und 16 f.).

(2.2) Anhand der im versicherungsmathematischen Gutachten vom 22.11.2010 (Anlage A6, Bl. 739 ff.) prognostizierten Rentenauszahlungen bis zum Jahr 2082 hat der Sachverständige für den in Phase II anzusetzenden Pensionsaufwand unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Finanzergebnis und die Besteuerung einen Barwert von 52.655 TEuro ermittelt (ErgGA S. 14 f. i.V.m. dortiger Anlage 1).

(2.2.1) Da der Pensionsaufwand im KPMG-Gutachten bislang in Phase II mit 69.172 TEuro angesetzt war, sind die Ertragsprognosen in Phase II (vor Steuern) um 16.517 TEuro zu erhöhen (ErgGA S. 15).

(2.2.2) Dieser Korrekturbetrag erscheint plausibel, wenn man bedenkt, dass der im KPMG-Gutachten angesetzte Wert von 69.172 TEuro deutlich über den in Phase I geplanten (GA S. 45) und im versicherungsmathematischen Gutachten vom 22.11.2010 für den Zeitraum 2007 bis 2082 prognostizierten (ErgGA S. 8) Rentenauszahlungen liegt. Er dürfte sich im Wesentlichen daraus erklären, dass mit dem Pensionsaufwand des letzten Jahres von Phase I (2006) auch die dort geplante Zuführung zu den Pensionsrückstellungen in Phase II übernommen und damit auf Dauer entsprechende Zuführungen unterstellt wurden, obwohl die Höhe der Rentenauszahlungen und die Anzahl der Leistungsempfänger ab 2026 rückläufig sein werden (ErgGA S. 8).

(2.2.3) Die Plausibilität des Korrekturbetrags wird entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen (Bl. 777 f.) nicht durch einen Vergleich mit dem zum Zweck der Bildung von Rückstellungen nach den Bestimmungen des HGB ermittelten Wert der Pensionsverpflichtungen in Frage gestellt.

Die Plausibilitätsüberlegung der Antragsgegnerinnen beruht auf dem vom Sachverständigen grundsätzlich bestätigten (GA S. 45 f., dazu unten (3) (3.3)) Umstand, dass die nach dem steuerrechtlichen Teilwertverfahren gemäß § 6a EStG ermittelten Pensionsrückstellungen für Jahresabschlüsse nach HGB vor den Änderungen durch das BilMoG - insbesondere wegen der fehlenden Dynamisierung - zu Beträgen führen, die tendenziell unter den künftig durch Pensionsauszahlungen zu erwartenden Liquiditätsabflüssen liegen (Bl. 777).

Dies dürfte aber keinen Erst-recht-Schluss des Inhalts rechtfertigen, der negative Wertbeitrag der Pensionsverpflichtungen innerhalb des Unternehmenswerts (laut Ergänzungsgutachten des Sachverständigen 671,784 Mio. Euro, vgl. ErgGA S. 15) könne jedenfalls nicht unter den nach HGB errechneten Pensionsrückstellungen zum 31.12.2002 liegen (laut Gutachten vom 17.12.2009 772,013 Mio. Euro, vgl. GA S. 45). Dieser Schluss wäre wohl nur zulässig, wenn bereits am 31.12.2002 ein Gleichgewichtszustand eingetreten wäre, was der Sachverständige jedoch - ohne dass dies von den Antragsgegnerinnen angegriffen worden wäre - verneint hat. Der Sachverständige hat vor diesem Hintergrund in seinem Ergänzungsgutachten ausdrücklich festgestellt, dass eine pauschale Fortschreibung des Werts der Pensionsrückstellungen in Phase II hinein nicht mit der tatsächlichen Entwicklung der Pensionsverpflichtungen vereinbar sei (ErgGA S. 17).

Im Übrigen hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend darauf hingewiesen, dass der Erst-recht-Schluss der Antragsgegnerinnen nicht berücksichtige, dass es sich bei dem von ihm errechneten Wertbeitrag der Pensionsverpflichtungen zum Unternehmenswert um einen Nachsteuerwert handele, der notwendig geringer ausfallen müsse als der nach HGB errechnete Betrag der Pensionsrückstellungen, der einen Vorsteuerwert darstelle (Bl. 803).

(2.3)Der vom Sachverständigen errechnete Wert bedarf keiner weiteren Korrektur zugunsten der Antragsgegnerinnen.

(2.3.1) Zwar sind im versicherungsmathematischen Gutachten vom 22.11.2010 im Gegensatz zur Vorfassung vom 30.09.2010 für den Zeitraum ab 2007 nicht nur Renten- und Entgelterhöhungen, sondern auch die Berücksichtigung des Karrieretrends gestrichen worden, so dass die auf dem Gutachten vom 22.11.2010 beruhende Korrekturrechnung des Sachverständigen den Karrieretrend nicht berücksichtigt (vgl. ErgGA S. 16). Dieser Umstand ist für die Ermittlung des Unternehmenswerts aber nicht wesentlich.

(2.3.2) Zwar wurde im KPMG-Gutachten der für 2006 geplante Pensionsaufwand bei der Übernahme in Phase II um 2.500 TEuro erhöht (ErgGA S. 11 und 16). Diese pauschale Korrektur, die den Unternehmenswert insgesamt um gut 26 Mio. Euro mindern würde (ErgGA S. 11), hat der Sachverständige bei der Ermittlung des Pensionsaufwands in Phase II aber zu Recht nicht übernommen (vgl. ErgGA S. 16). Sie unterstellt, dass die zukünftigen Kostensteigerungen der Pensionsverpflichtungen nicht vollständig im Rahmen der Preisgestaltung an die Kunden der Antragsgegnerin Ziffer 2) weitergereicht werden können; ein Grund für eine besondere Beschränkung der Überwälzbarkeit von Kostensteigerungen im Bereich des Pensionsaufwands im Verhältnis zu sonstigen Kostensteigerungen ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich (ErgGA S. 13 und 16 f. sowie oben (2.1) (2.1.2)).

(3) Die Einwendungen der übrigen Aktionäre zur Berechnung der Pensionsrückstellungen gebieten keine weitere Korrektur der Unternehmensplanung zu ihren Gunsten.

(3.1) Dabei ist zunächst zu bedenken, dass der Höhe der Pensionsrückstellungen für die Berechnung des Ertragswerts des Unternehmens nur mittelbar Bedeutung zukommt. Entscheidend für den Ertragswert ist nicht die Höhe der Pensionsrückstellungen, sondern der künftig mit Pensionen verbundene Aufwand. Dieser setzt sich zusammen aus Pensionsauszahlungen und Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen. Die künftigen Pensionsauszahlungen wurden hier unabhängig von den Pensionsrückstellungen ermittelt (dazu oben (2)). Bedeutung kommt der Höhe der Pensionsrückstellungen hier deshalb nicht als Grundlage für die Ableitung der künftigen Auszahlungen, sondern nur hinsichtlich des Aufwands für die jährlichen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen zu.

(3.2) Zwar bestimmt sich der letztgenannte Aufwand wesentlich auch nach dem bei der Rückstellungsberechnung verwendeten Zinssatz; dieser ist aber entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Unternehmensplanung die von einem Versicherungsmathematiker mit einem Zinssatz von 5% ermittelten Rückstellungsbeträge übernommen habe (GA S. 45 f.). Dieser Zinssatz liegt unter dem in § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG genannten Zinssatz von 6%. Zwar wäre ein Zinssatz von 6% anstelle von 5% für die übrigen Aktionäre günstiger, da die Rückstellung - und damit der für ihre Bildung anfallende Aufwand - umso höher ist, je niedriger der Zinssatz gewählt wird.(Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 4. Aufl., E 1640.) Allein aus dem Umstand, dass anstelle des steuerrechtlichen Zinssatzes ein niedriger Zinssatz gewählt wurde, folgt aber nicht, dass die Planung unvertretbar wäre. Der Sachverständige hat den Ansatz von 6% ausdrücklich vor dem Hintergrund der sich bereits zum Bewertungsstichtag abzeichnenden rückläufigen Zinsentwicklung als „zu hoch gegriffen" bezeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er den Ansatz von 5% für angemessen erachtet (GA S. 45).

(3.3) Fehl geht im Übrigen der Einwand, es sei ungeklärt, ob die Pensionsrückstellungen nach HGB oder nach IFRS berechnet wurden (Bl. 545). Der Sachverständige hat festgestellt, dass sowohl Berechnungen nach HGB (mit einem Zinssatz von 5%) als auch nach IFSR (mit einem Zinssatz von 6%) durchgeführt wurden. Dabei falle die Berechnung nach HGB trotz des geringeren Zinssatzes zugunsten der übrigen Aktionäre aus, weil die Vorgaben des HGB im Gegensatz zu denen der IFRS/IAS die künftig zu erwartenden Gehaltssteigerungen nicht berücksichtigten (GA S. 45 f.), wodurch sich tendenziell ein geringerer Aufwand errechnet. Zugunsten der übrigen Aktionäre wurden indessen die Ergebnisse der Berechnungen nach HGB angesetzt (GA S. 46).

cc) Entsprechend der zutreffenden Auffassung des Landgerichts sind darüber hinaus einzelne Korrekturen der Unternehmensplanung entsprechend den Anregungen des Sachverständigen im ersten Rechtszug geboten. Diese Korrekturen gehen indessen teils zugunsten und teils zulasten der übrigen Aktionäre; per Saldo reduzieren sie den Unternehmenswert geringfügig.

(1) Mit dem Landgericht und dem Sachverständigen ist zugunsten der übrigen Aktionäre der Ertragsteueraufwand in allen Perioden von Phase I und Phase II um jeweils 1,5 Mio. Euro zu reduzieren (GA S. 64). Die Unternehmensplanung ist hinsichtlich des Ertragsteueraufwands nicht vertretbar, soweit nach den Feststellungen des Sachverständigen bei der Ermittlung des Körperschafts- und Gewerbesteueraufwands die Kürzung von Erträgen der Beteiligungen an Stadtwerke E., N.C. sowie F.E. nach § 8b Abs. 1 KStG bzw. § 9 Nr. 7 GewStG unterlassen wurden, wodurch in Bezug auf diese Beteiligungen der Steueraufwand verdoppelt wurde (GA S. 64).

(2) Zugunsten der übrigen Aktionäre ist außerdem entsprechender Auffassung von Landgericht und Sachverständigem der in allen Perioden geplante Aufwand durch Wertberichtigungen auf Forderungen zu reduzieren (in 2003 um 2,465 Mio. Euro, in 2004 um 3,265 Mio. Euro, in 2005 um 4,065 Mio. Euro, in 2006 um 4,165 Mio. Euro und in Phase II um 4,165 Mio. Euro; vgl. GA S. 53). Der geplante Anstieg der Wertberichtigungen auf Forderungen von 6,735 Mio. Euro in 2002 auf 10,9 Mio. Euro in Phase II erscheint jedenfalls mit der im KPMG-Gutachten gegebenen Begründung nicht vertretbar. Zur Begründung des erheblichen Anstiegs der Wertberichtigungen wurde dort angeführt, dass der zunehmende Wettbewerb das in der Vergangenheit praktizierte harte Vorgehen gegenüber säumigen Kunden nicht mehr zulassen werde. Nach den Ausführungen des Sachverständigen steht diese Annahme im Widerspruch zu dem Umstand, dass am 12.09.2002 und am 13.12.2002 trotz zunehmenden Wettbewerbs Tariferhöhungen gegenüber den Kunden durchgesetzt werden konnten (GA S. 53). Ein Zusammenhang zwischen der Zunahme des Wettbewerbs und der Durchsetzbarkeit von Forderungen gegenüber Kunden ist im Übrigen nicht ersichtlich; man wird kaum annehmen dürfen, dass nur Monopolisten ihre Forderungen mit genügend Nachdruck durchsetzen können. Mit dem Sachverständigen ist deshalb davon auszugehen, dass der Wertberichtigungsaufwand in etwa auf dem Niveau des Jahres 2002 verharrt (GA S. 54).

(3) Entsprechend der Auffassung von Landgericht und Sachverständigem sind schließlich beim geplanten Personalaufwand die Ansätze für Sozialabgaben zu ändern; in allen Perioden der Phasen I und II ist der Personalaufwand zugunsten der übrigen Aktionäre um 2 Mio. Euro zu reduzieren (GA S. 42 f.). Die Unternehmensplanung erscheint insoweit nicht vertretbar, als bei der Prognose des Aufwands für Sozialabgaben ohne nähere Begründung ein Verhältnis der Sozialabgaben zu den Löhnen und Gehältern von 21% angenommen wurde, was dem für 2003 veröffentlichten Durchschnitt aller Unternehmen entspricht, obwohl in den Vorjahren die Relation jeweils um circa einen Prozentpunkt unter der Durchschnittsrelation lag (GA S. 42).

(4) Mangels nennenswerter Auswirkungen auf die Höhe des Unternehmenswerts zum Bewertungsstichtag kann offenbleiben, ob darüber hinaus zugunsten der übrigen Aktionäre entsprechender Auffassung von Landgericht und Sachverständigem der in Phase II geplante Zinsaufwand um 0,307 Mio. Euro zu reduzieren ist (GA S. 61). Dieser Betrag ergibt sich als Differenz zwischen den Guthabenzinsen von 5,0%, die für Guthaben der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Cash Pool der Antragsgegnerin Ziffer 1) in Phase II geplant ist, und der nach der Unternehmensplanung in Phase II geplanten Verzinsung von 5,6% für ein Darlehen der Stadt S. an die Antragsgegnerin Ziffer 2) über 51,1 Mio. Euro (GA S. 61). Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist der Darlehensvertrag zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der Stadt S. ab dem 01.01.2007 kündbar. Die Unternehmensplanung hat allerdings anstelle einer Kündigung des Darlehens zu diesem Zeitpunkt seine Fortsetzung zu einem um 0,9 Prozentpunkte niedrigeren Zinssatz angenommen. Da nicht ersichtlich ist, warum die angesichts des parallel geplanten Cash-Pool-Guthabens bestehende Tilgungsmöglichkeit nicht genutzt wurde und die vom Sachverständigen angeregte Korrektur sich im Ergebnis nicht auswirkt, wird zugunsten der übrigen Aktionäre insoweit ein Planungsfehler unterstellt.

(5) Zulasten der übrigen Aktionäre ist demgegenüber mit Landgericht und Sachverständigem der Investitionsaufwand in Phase II um 10,638 Mio. Euro zu erhöhen (GA S. 50).Insoweit ist die Unternehmensplanung zulasten der Antragsgegnerinnen unvertretbar.

(5.1)Nach den Feststellungen des Sachverständigen wurde die Reinvestitionsrate in Phase II insoweit nicht stimmig ermittelt, als die angesetzten Wiederbeschaffungskosten auf dem Niveau der Vergangenheit (2002) basieren; Kostensteigerungen während der Phase I (2003 - 2006) wurden nicht berücksichtigt (GA S. 49). Anders als die Kostensteigerungen innerhalb von Phase II wird den Kostensteigerungen in Phase I nicht durch den Wachstumsabschlag Rechnung getragen.

(5.2) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Antragsgegnerinnen sich zuvor nicht auf Fehler beim Investitionsaufwand berufen hatten.Zum einen gilt für die Tatsachenermittlung im Spruchverfahren - vorbehaltlich der Modifikationen durch den im Beschwerdeverfahren nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG anwendbaren § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG - nicht der Beibringungsgrundsatz, sondern nach § 17 Abs. 1 SpruchG bzw. §§ 327f Abs. 2 Satz 3, 306 Abs. 2, 99 Abs. 1 AktG in der bis zum 31.08.2003 geltenden Fassung i.V.m. § 12 FGG der Amtsermittlungsgrundsatz. Zum anderen ist zu bedenken, dass der vom Landgericht am 09.12.2003 (Bl. 237) beschlossene Gutachtenauftrag weit gefasst war; der Sachverständige sollte sich danach nicht nur mit konkreten Einwendungen der Verfahrensbeteiligten auseinandersetzen, sondern auch „eventuelle sonstige [...] auffallende Ungereimtheiten in de[n] für die Barabfindung vorgenommenen Bewertungen berücksichtigen" (Bl. 237).

(6) Ebenfalls zulasten der übrigen Aktionäre ist mit Landgericht und Sachverständigem der Aufwand für Konzessionsabgaben in der Sparte Strom - in allen Perioden von Phase I und II - um jeweils 1 Mio. Euro Euro zu erhöhen (GA S. 53).Die Unvertretbarkeit der Prognosen der Unternehmensplanung folgt hier aus dem Umstand, dass diese die Konzessionsabgaben für 2002 bis 2006 nicht auf der Basis der zum Bewertungsstichtag bereits bekannten Ist-Werte von 2002 plante, sondern auf Basis der Ist-Werte 2001, von denen sie pauschal rund 1 Mio. Euro abschlug. Dieser Abschlag lässt sich aus der Vergangenheitsanalyse nicht plausibel ableiten (GA S. 53).

dd) Entgegen der Auffassung von Landgericht und Sachverständigem sind die Ertragsprognosen im Bereich Gas allerdings aus Rechtsgründen nicht zu korrigieren.

(1) Der Sachverständige hat im ersten Rechtszug angeregt (GA S. 38), die Prognose der Erträge aus der Sparte Gas und das Ergebnis im letzten Jahr der Phase I (2006) sowie in Phase II um jeweils 0,938 Mio. Euro zu erhöhen, weil anstelle des in der Unternehmensplanung angenommenen Wegfalls eines Großkunden in der Sparte Gas die Fortsetzung der Lieferbeziehungen zu weniger attraktiven Konditionen von 2,00 Ct/kWh unterstellt werden könne (GA S. 37).

(2) Die Ausführungen des Sachverständigen rechtfertigen jedoch keine Korrektur der Unternehmensplanung. Die Unternehmensplanung nimmt aufgrund der im Bewertungsstichtag absehbaren Liberalisierung des Gasmarktes an, dass im Geschäftsjahr 2006 ein Großkunde (Sondervertragskunde) im Bereich Gas verloren geht, wodurch sich der Absatz um 1.000 Mio. kWh jährlich verringert (ÜB S. 63). Der Sachverständige hat diese Annahme vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Liberalisierung des Strommarktes ausdrücklich als „nicht unplausibel aber [...] auch nicht zwingend" bezeichnet; „denkbar" sei stattdessen ein weiterer Gasbezug durch den Großkunden zu weniger attraktiven Konditionen (GA S. 35). Damit hat er lediglich eine vertretbare Annahme durch eine andere ersetzt.

ee) Ebenfalls entgegen der Auffassung von Landgericht und Sachverständigem sind die Ertragsprognosen des KPMG-Gutachtens im Bereich Strom aus Rechtsgründen nicht zu korrigieren.

(1) Der Sachverständige meinte, das prognostizierte Ergebnis der Antragsgegnerin Ziffer 2) sei zu erhöhen, um negative Margen der Antragsgegnerin Ziffer 2) aus dem Stromhandel mit den Tochtergesellschaften der Antragsgegnerin Ziffer 1) E. KWG bzw. E. SHG zu eliminieren. Diese Margen errechnete er, indem er die in den einzelnen Perioden geplanten Gesamtverkaufspreise bzw. Gesamtrückkaufspreise durch die jeweils geplante Verkaufsmenge bzw. Rückkaufsmenge teilte und die so ermittelten Preise je Mengeneinheit (ct/KWh) einander gegenüberstellte (GA S. 31). Die von ihm festgestellten Differenzen zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) hielt der Sachverständige für nicht begründbar. Er empfahl zum einen, das Ergebnis der Antragsgegnerin Ziffer 2) in Phase II um 1.831 TEuro zu verbessern, weil nicht nachhaltig unterstellt werden könne, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) mehr Strom produziere als sie an ihre Kunden liefere (GA S. 20). Aus diesem Grund und weil zwischen den Antragsgegnerinnen vereinbart worden sei, dass sich der Bezugspreis der Antragsgegnerin Ziffer 2) für den Rückerwerb des Stroms von der E. SHG „direkt und kostenneutral" aus der Vergütung ableiten solle, welche die Antragsgegnerin Ziffer 2) für den Verkauf ihrer Stromproduktion an die E. KWG erhält, empfahl er zum anderen, das Ergebnis der Antragsgegnerin Ziffer 2) in Phase II um weitere 34.082 TEuro zu verbessern (GA S. 21). Das Landgericht hat diese Empfehlungen zwar unter Verweis auf die Ausführungen des Sachverständigen aufgegriffen (Bl. 480); aus Rechtsgründen verbietet sich aber eine Korrektur der Unternehmensplanung im Bereich des Stromhandels zwischen den Antragsgegnerinnen.

(2) Entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre kann zur Rechtfertigung einer Eliminierung negativer Margen aus dem Stromhandel der Antragsgegnerinnen nicht angeführt werden, dass die Antragsgegnerin Ziffer 1) kraft ihrer durch den Unternehmensvertrag begründeten Leitungsmacht den Stromhandel zum wirtschaftlichen Nachteil der Antragsgegnerin Ziffer 2) ausgestaltet hätte.

(2.1) Unerheblich ist dabei, ob der Stromhandel in seiner Ausgestaltung zum Bewertungsstichtag und dementsprechend die hierauf beruhende Unternehmensplanung die Antragsgegnerin Ziffer 2) tatsächlich zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 1) wirtschaftlich benachteiligt. Die Unternehmensplanung darf als unternehmerische Entscheidung nur dann durch eigene Annahmen des Gerichts ersetzt werden, wenn die Annahmen der Unternehmensplanung nicht vertretbar sind. Unvertretbar sind die Annahmen der Unternehmensplanung jedoch nicht schon, wenn sie sich für die Gesellschaft und damit auch für die übrigen Aktionäre als wirtschaftlich nachteilig erweisen, sondern nur dann, wenn die zugrunde liegenden Entscheidungen nicht auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufbauen oder in sich widersprüchlich sind und die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise nicht annehmen kann, ihre Planung sei realistisch (dazu oben aa) (1)).Die Feststellung der wirtschaftlichen Nachteiligkeit der Planung für das eigene Unternehmen genügt diesen Anforderungen jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - die Gesellschaft vertraglich beherrscht wird, da die vertragliche Beherrschung das herrschende Unternehmen nach § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG grundsätzlich auch zu solchen Maßnahmen ermächtigt, die zwar für die abhängige Gesellschaft nachteilig sind, die aber den Interessen des herrschenden Unternehmens bzw. dem Konzerninteresse dienen (dazu oben aa) (2)).

(2.2) Die Auswirkungen des Stromhandels der Antragsgegnerinnen sind auch nicht aus methodischen Gründen auszublenden. Zu Unrecht berufen sich einzelne Antragsteller (Bl. 150, 151, 232) insoweit auf das Gebot, die Antragsgegnerin Ziffer 2) „stand-alone" zu bewerten.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 100].) Maßgeblich für die Prognose der künftigen Erträge ist nicht die fiktive Planung eines unabhängigen Unternehmens, sondern die tatsächliche Planung der Antragsgegnerin Ziffer 2) als Unternehmen, das von der Antragsgegnerin Ziffer 1) vertraglich beherrscht wird.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 95].)

(3) Aus Rechtsgründen nicht zu folgen ist der Schlussfolgerung des Sachverständigen, die Planung der Auswirkungen des Stromhandels der Antragsgegnerinnen widerspreche den im Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Regelungen.

(3.1) Die Feststellung des Sachverständigen, im Rahmen des Stromhandels sei vereinbart worden, dass sich der Bezugspreis für den Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) „direkt und kostenneutral" aus der Vergütung für die von ihr verkaufte Produktionsmenge ableiten soll, trägt nach Auswertung der auf Ziffer III. 1. der Verfügung vom 27.07.2010 hin vorgelegten Verträge seine Schlussfolgerung nicht, die Unternehmensplanung widerspreche den im Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen.

(3.1.1) Zum einen schließt eine etwaige Vereinbarung, den Bezugspreis für den Rückerwerb des Stroms durch die Antragsgegnerin Ziffer 2) „direkt und kostenneutral" aus der Vergütung für den Verkauf ihrer Stromproduktion im Rahmen des Stromhandels abzuleiten, die Entstehung negativer Margen zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht aus.

Etwas anders würde nur dann gelten, wenn man das Gebot der „Kostenneutralität" dahin verstünde, der Bezugspreis für den Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) müsse je Mengeneinheit der Vergütung für den Verkauf ihrer Produktionsmenge entsprechen. Erhielte die Antragsgegnerin für jede verkaufte Kilowattstunde denselben Preis, den sie für den Rückkauf einer Kilowattstunde aufwendet, wäre die Entstehung einer negativen Marge im Sinne der Berechnungen des Sachverständigen (dazu oben (1) und GA S. 31) ausgeschlossen, solange - wie geplant - die verkaufte Produktionsmenge die zurück gekaufte Absatzmenge übersteigt.

Eine solche Auslegung entspricht allerdings nicht dem für die Auslegung von Verträgen maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont. Danach bedeutet „kostenneutral" nur, dass auf keiner Seite Handelsaufschläge anfallen sollen.War ein Verbot von Handelsaufschlägen vereinbart, schließt dies nicht aus, dass aus dem Stromhandel eine negative Marge zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Sinne der Berechnungen des Sachverständigen (dazu oben (1)) entsteht, weil die von ihr erbrachte Leistung im Vergleich zu der von ihr bezogenen Leistung weniger wert ist. Letzteres haben die Antragsgegnerinnen bereits im ersten Rechtszug substantiiert dargelegt, indem sie die Unterschiede in der Stromqualität zwischen der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) und ihrem Stromabsatz im Bewertungsstichtag erläuterten. Danach produzierte die Antragsgegnerin Ziffer 2) angesichts ihres hohen Anteils an Kernkraftwerken zu rund 70% Grundlaststrom und nur zu 30% Mittel- und Spitzenlaststrom (Bl. 401). Entsprechend dem Bedarf ihrer Kunden benötigte die Antragsgegnerin Ziffer 2) demgegenüber deutlich mehr Mittel- und Spitzenlaststrom als sie selbst produzierte (Bl. 402, 750). Diese Ausführungen wurden von den Antragstellern und vom gemeinsamen Vertreter nicht bestritten. Bedenkt man, dass Mittel- und Spitzenlaststrom angesichts seiner höheren Erzeugungskosten unstreitig höherwertig ist als Grundlaststrom und dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) im Rahmen des Stromhandels im Gegenzug für die Lieferung ihres überwiegend aus Grundlast bestehenden Stroms eine ihrem Bedarf entsprechende Stromqualität erhielt (Bl. 402), ist im Zuge des Stromhandels zwischen den Antragsgegnerinnen eine Veredelung der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) durch die Antragsgegnerin Ziffer 1) festzustellen. Aus den Wertunterschieden zwischen den wechselseitigen Leistungen können dabei Preisunterschiede folgen, ohne gegen das Gebot der Kostenneutralität zu verstoßen.

Dagegen kann das in § 2 Abs. 2 Satz 2 enthaltene Gebot der „stand-alone-Betrachtung" nicht angeführt werden. Ohne den Stromhandel zwischen den Antragsgegnerinnen könnte die Antragsgegnerin Ziffer 2) zwar ihren Grundlaststrom an Dritte verkaufen, müsste im Gegenzug aber von Dritten höherwertigen und deshalb teureren Mittel- und Spitzenlaststrom zurückkaufen. Ebensowenig lässt sich nicht einwenden, aus dem Gebot der Kostenneutralität sei abzuleiten, die Antragsgegnerin Ziffer 2) müsse durch den Stromhandel zumindest ihre Erzeugungskosten ersetzt erhalten mit der Folge, dass die Entstehung einer negativen Marge zu ihren Lasten auszuschließen sei. Hiergegen spricht, dass das vom Sachverständigen angeführte Gebot der Kostenneutralität nicht nur einseitig zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 2), sondern wechselseitig zugunsten beider Vertragsparteien eingreift. Ist der von der Antragsgegnerin Ziffer 1) gelieferte Strom mit höheren Erzeugungskosten verbunden, weil er mehr Mittel- und Spitzenlastanteile enthält, erscheint die Entstehung einer „negativen Marge" zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) damit sogar folgerichtig.Dahinstehen kann entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre (Bl. 800), ob zwischen den Antragsgegnerinnen mangels eines Gewinnabführungsvertrages die Voraussetzungen der steuerrechtlichen Organschaft nicht erfüllt waren mit der Folge, dass für Zwecke der Steuererhebung eine Gewinnabgrenzung unter Berücksichtigung von Gewinnaufschlägen geboten war. Entscheidend ist nicht, was steuerrechtlich möglicherweise geboten, sondern was vertraglich zwischen den Antragsgegnerinnen vereinbart war. Andernfalls wäre im Übrigen vor dem Hintergrund der Veredelung der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) die Berücksichtigung von Gewinnaufschlägen nicht zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 2), sondern zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 1) zu überlegen.

(3.1.2) Zum anderen ist die Schlussfolgerung des Sachverständigen mit dem Stichtagsprinzip(Vgl. dazu BGHZ 156, 47 [juris Rn. 13] „Ytong".) nicht vereinbar. Maßgeblich für die Wertermittlung sind danach grundsätzlich die Regelungen, die am 15.04.2003 galten.

Die für die Überprüfung der Unternehmensplanung zum Stromhandel zwischen den Antragsgegnerinnen im Bewertungsstichtag maßgeblichen Verträge haben den Antragsgegnerinnen vollständig vorgelegt. Es sind keine Umstände dargetan oder ersichtlich, die dem Senat Anlass gäben, an der entsprechenden Bestätigung der Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung (Bl. 800) zu zweifeln.

Die vom Sachverständigen aufgegriffene Wendung findet sich indessen nur in § 2 Abs. 2 der Vereinbarung zwischen den Antragsgegnerinnen über die energiewirtschaftliche Zusammenarbeit vom 20.12.2000 (A2, Bl. 715 ff.). Dort wurden zwar die Grundsätze der Verrechnung der wechselseitigen Stromlieferungen im Rahmen des ab dem 01.01.2001 geplanten Stromhandels festgelegt. Nach § 3 dieser Vereinbarung handelte es sich dabei aber nur um eine Übergangsregelung, die im Laufe des Jahres 2001 durch konkrete Stromlieferungsverträge zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und den Tochtergesellschaften der Antragsgegnerin Ziffer 1) ersetzt werden sollte.

Tatsächlich wurden solche Stromlieferungsverträge noch vor dem Bewertungsstichtag abgeschlossen, nämlich der den Verkauf der Produktionsmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) betreffende Stromlieferungsvertrag zwischen dieser und der E. KWG vom 13.11.2001 / 24.10.2001 (A3, Bl. 717 ff.) einerseits und der den Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) betreffende Stromlieferungsvertrag zwischen dieser und der E. SHG vom 26.09.2001 (A4, Bl. 721 ff.) andererseits. Die vom Sachverständigen angeführte Wendung „kostenneutral" findet sich dort nicht mehr.

(3.1.3) Schon aus diesem Grund ist - entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre (Bl. 800) - auch die Wendung im Schlusssatz von § 3 Vertrages vom 20.12.2000 (A2) unerheblich, so dass keine Feststellungen zu den Handelsaktivitäten zwischen den Parteien vor der vertraglichen Beherrschung zu treffen waren. Im Übrigen bringt die vorgenannte Wendung bereits ihrem Wortlaut nach lediglich eine einseitige Erwartung der Antragsgegnerin Ziffer 2) zum Ausdruck, die nicht geeignet ist, die Wirksamkeit der später geschlossenen Verträge in Frage zu stellen oder diesen einen anderen Inhalt zu geben.

(3.2) Legt man die im Bewertungsstichtag geltenden, die Entgeltregelungen zum Stromhandel enthaltenden Stromlieferungsverträge (dazu oben (3.1) (3.1.2)) zugrunde, erscheint die Planung der vom Sachverständigen errechneten negativen Margen zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) folgerichtig.

(3.2.1) Zur Ermittlung des Ergebnisses des Stromhandels ist eine Gesamtschau beider Stromlieferungsverträge erforderlich. Entscheidend ist dabei die Regelung in § 4 Abs. 1 des Stromlieferungsvertrags zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. SHG vom 26.09.2001 (A4, Bl. 721 ff.) in Verbindung mit der dort in Bezug genommen Anlage.

In der letztgenannten Anlage ist der Bezugspreis für den Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) von der E. SHG in Abhängigkeit von der Vergütung für den Verkauf ihrer Produktionsmenge an die E. KWG bestimmt. Für die Ermittlung des Ergebnisses des Stromhandels kommt es demnach nicht auf die Vergütung für den Verkauf der Produktionsmenge, sondern auf den daran anknüpfenden Bezugspreis für den Rückkauf der Absatzmenge an. Nach dem Wortlaut der eingangs genannten Bestimmung "entspricht" die Vergütung für den Verkauf - vorbehaltlich des Einschubs „abzüglich der Brennstoffkosten (...)" - dem Bezugspreis für den Rückkauf (vgl. oben A. I. 1. e) bb)).

Verstünde man dieses „Entsprechensgebot" dahin, dass die Vergütung je Kilowattstunde bzw. der Bezugspreis je Kilowattstunde identisch sein sollen, wäre zwar die Entstehung einer negativen Marge zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) ausgeschlossen (dazu oben (3.1) (3.1.1)).

Eine solche Auslegung widerspräche aber angesichts des Einschubs dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont. Legte man die Bestimmung dahin aus, dass Vergütung und Bezugspreis je Kilowattstunde übereinstimmen müssten, machte der Einschub „abzüglich der Brennstoffkosten (...)" keinen Sinn. Dieser Einschub hat zur Folge, dass sich der von der Antragsgegnerin für den Rückerwerb ihrer Absatzmenge zu zahlende Gesamtbezugspreis gegenüber der ihr für ihre Produktionsmenge zustehenden Gesamtvergütung um einen Teil der Erzeugungskosten - nämlich die Brennstoffkosten - reduziert, die für die Differenz zwischen ihrer Produktionsmenge und ihrer Absatzmenge - also für ihre Überproduktion - anfallen. In der Gesamtschau von Gesamtvergütung und Gesamtbezugspreis liegt darin eine Teilerstattung der Erzeugungskosten für die Überproduktion. Eine solche Teilkostenerstattung ist jedoch nur dann veranlasst, wenn die Antragsgegnerin für ihre Überproduktion im Übrigen keine Vergütung erhält. Diese Situation ergibt sich nur, wenn man das Entsprechensgebot nicht auf die Vergütung je Kilowattstunde einerseits und den Bezugspreis je Kilowattstunde andererseits bezieht, sondern auf die Gesamtvergütung für die gelieferte Produktionsmenge einerseits und den Gesamtpreis für die um die Überproduktion reduzierte Absatzmenge andererseits. In diesem Fall muss die Antragsgegnerin für ihre Absatzmenge insgesamt so viel bezahlen, wie sie für ihre Produktionsmenge (Absatzmenge + Überproduktion) erhält; sie muss ihre Überproduktion also - vorbehaltlich der vereinbarten Teilkostenerstattung - der Antragsgegnerin Ziffer 1) kostenlos überlassen.

(3.2.2) Die so verstandene Regelung der Entgeltbeziehungen zwischen den Antragsgegnerinnen ist in der Unternehmensplanung zutreffend abgebildet, wie sich anhand der Phase II mit den vom Sachverständigen ermittelten Daten (GA S. 31) zeigt.

Danach war in Phase II der Verkauf der Produktionsmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) von 14.667 GWh an die E. KWG zum Preis von 2,73 ct/kWh geplant, woraus sich eine Gesamtvergütung von 400.409 TEuro errechnet. Zugleich war ein Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) von der E. SHG im Umfang von 11.582 GWh zum Preis von 3,03 ct/kWh geplant, woraus sich ein Gesamtbezugspreis von 350.935 TEuro errechnet. Die geplante Differenz zwischen Gesamtvergütung und Gesamtbezugspreis beträgt 49.475 TEuro und repräsentiert im Wesentlichen die Brennstoffkostenerstattung für die in Phase II geplante Überproduktion von 3.085 GWh.

Dies stimmt sowohl mit der Darstellung der Antragsgegnerinnen überein, aus deren Sicht im Rahmen des Stromhandels in Phase II ein Rohertrag der Antragsgegnerin Ziffer 2) in Höhe von etwa 50 Mio. Euro geplant war (Bl. 405), als auch mit der Feststellung des Sachverständigen, zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 2) sei in Phase II zumindest eine teilweise Deckung der Kosten ihrer Überproduktion geplant gewesen (GA S. 20).

(4) Der Auffassung des Sachverständigen, die Planung der Auswirkungen des Stromhandels zwischen den Antragsgegnerinnen sei zu korrigieren, weil sie nicht berücksichtige, dass die Überkapazitäten der Antragsgegnerin Ziffer 2) abgebaut werden könnten, ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu folgen.

(4.1) Da die Unternehmensplanung die im Bewertungsstichtag geltende Regelung der Entgeltbeziehungen zwischen den Antragsgegnerinnen zutreffend abbildet (dazu oben (3) (3.2) (3.2.2)) und die Beschränkung der Vergütung der Antragsgegnerin Ziffer 2) für ihre Überproduktion auf eine bloße Teilkostenerstattung zu den wesentlichen Inhalten dieser Regelung gehört, beruhen die vom Sachverständigen errechneten negativen Margen im Wesentlichen auf dem Umstand, dass die Unternehmensplanung den Fortbestand der Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) annimmt. Für die Beurteilung der Vertretbarkeit dieser Annahme ist unerheblich, ob es für die Antragsgegnerin Ziffer 2) bzw. für die übrigen Aktionäre wirtschaftlich vorteilhafter gewesen wäre, wenn der Abbau der im Bewertungsstichtag bestehenden Überproduktion im Laufe der Phase I bzw. spätestens in Phase II für die Antragsgegnerin Ziffer 2) wirtschaftlich vorteilhafter wäre. Nach Auswertung der auf Ziffer III. 1. der Verfügung vom 27.07.2010 hin vorgelegten Stromlieferungsverträge lässt sich kein Planungsfehler feststellen, der es rechtfertigte, die Unternehmensplanung insoweit als unvertretbar einzustufen und zu korrigieren. Dabei ist zwar nicht im Ergebnis, aber im gedanklichen Ausgangspunkt zwischen der Situation ohne den gesetzlich vorgegebenen Atomausstieg einerseits (dazu unten (4.2)) und der Berücksichtigung des im Bewertungsstichtag von der rot-grünen Bundesregierung bereits eingeleiteten Atomausstiegs andererseits (dazu unten (4.3)) zu unterscheiden, da das KPMG-Gutachten die Auswirkungen des Atomausstiegs auf die künftigen Unternehmenserträge durch die Bildung des Sonderwerts Kernkraft dargestellt hat.

(4.2) Blendet man den Atomausstieg in einem ersten Schritt aus, ist die geplante Fortführung der Überproduktion im Strombereich vertretbar; jedenfalls sind die vom Sachverständigen empfohlenen Korrekturen rechtlich nicht geboten.

(4.2.1) Zunächst stellt die Entscheidung, ob die im Wesentlichen im Bereich der Kernkraftwerke angesiedelten Überkapazitäten der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Bewertungsstichtag abgebaut werden, eine unternehmerische Entscheidung der Geschäftsleitung der Antragsgegnerin Ziffer 2) dar, die grundsätzlich nicht durch eine Ermessensentscheidung des Gerichts ersetzt werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass die Investitionen zum Aufbau der Kraftwerkskapazitäten im Fall der Stilllegung von Kraftwerksblöcken mit dem Ziel des Abbaus der Überkapazitäten nicht anderweitig genutzt werden könnten, sondern verloren gingen. Ob der Aufbau entsprechender Überkapazitäten - etwa zur Gewinnung kostengünstigen Stroms - wirtschaftlich sinnvoll oder - etwa wegen Schwierigkeiten beim Absatz einer Überproduktion im Grundlastbereich - wirtschaftlich nachteilig war, ist dabei nicht zu prüfen, weil die Überkapazitäten im Bewertungsstichtag aufgrund früherer unternehmerischer Entscheidungen bereits entstanden waren.

(4.2.2) Zu bedenken ist des Weiteren, dass die Möglichkeiten zum Abbau der Überkapazitäten beschränkt waren, weil sich aus den Regelungen des Stromlieferungsvertrages zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. KWG vom 13.11.2001 / 24.10.2001 (A3, Bl. 717 ff.) eine vertragliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung bestimmter Kraftwerkskapazitäten ergab.

§ 5 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 zu diesem Vertrag, in der unter anderem die beiden Blöcke des Gemeinschaftskernkraftwerks N. (GKN I und GKN II) und das Kernkraftwerk O. (KWO) genannt sind, verpflichteten die Antragsgegnerin Ziffer 2), in diesen Kernkraftwerken - die unstreitig Ursache der Überproduktion waren - ständig eine bestimmte Mindestleistung und damit im Ergebnis auch bestimmte Produktionskapazitäten bereit zu halten. Damit war die Stilllegung einzelner Kernkraftwerksblöcke - etwa des Blocks I des Gemeinschaftskraftwerks N., mit der die jährliche Stromproduktion um 4.400 GWh gesenkt (Bl. 753) und damit die für Phase II geplante jährliche Überproduktion von 3.085 GWh beseitigt werden könnte - nicht zu vereinbaren.

Zwar ist dem Stromlieferungsvertrag nur eine Verpflichtung zur Bereithaltung von Kapazitäten, nicht aber zur Produktion bestimmter Strommengen zu entnehmen. Der Sachverständige hat aber festgestellt, dass die Überlassung der mittels der Überkapazitäten erzeugten Strommenge an die Antragsgegnerin Ziffer 1) im Zuge des Stromhandels „wirtschaftlich nachvollziehbar" sei, weil die Antragsgegnerin Ziffer 2) auf diese Weise ihre Überproduktion veräußern und zumindest eine teilweise Deckung der Kosten für die Aufrechterhaltung ihrer Überkapazitäten erzielen kann (GA S. 20).

(4.2.3) In jedem Fall verbieten sich aber die vom Sachverständigen bei Unterstellung der Abbaubarkeit der Überkapazitäten der Antragsgegnerin Ziffer 2) (GA S. 20 f.) empfohlenen Korrekturen aus Rechtsgründen.

Bei der Eliminierung der von ihm errechneten negativen Margen unterstellt der Sachverständige, die im Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen würden auch dann unverändert fortbestehen, wenn die Produktionsmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) ihrer Absatzmenge entspräche. Denn nur bei unverändertem Fortbestand der Vereinbarungen entspräche nach Abbau der Überproduktion die Vergütung je Kilowattstunde dem Bezugspreis je Kilowattstunde, so dass eine negative Marge zulasten der Antragsgegnerin Ziffer 2) trotz der schlechteren Qualität ihrer Stromproduktion ausgeschlossen wäre (dazu oben (3) (3.1) (3.1.1)). In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bedenken, dass mit dem Abbau der Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) das Bedürfnis für die Veredelung ihrer Stromproduktion nicht entfällt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerinnen (Bl. 750) produzierte die Antragsgegnerin Ziffer 2) im Planjahr 2007 11.516 GWh an Grundlaststrom und nur 3.151 GWh an Mittel- und Spitzenlaststrom, wohingegen sie für die Lieferung an ihre Kunden 4.633 GWh an Grundlaststrom und 6.949 GWh an Mittel- und Spitzenlaststrom benötigte. Selbst wenn die Antragsgegnerin Ziffer 2) ihre Überproduktion abgebaut und diesen Abbau ausschließlich im Bereich der Grundlastproduktion vollzogen hätte, hätte ihr Veredelungsbedarf danach fortbestanden, weil sie im Umfang von 3.798 GWh jährlich von ihr produzierten Grundlaststrom hätte in höherwertigen Mittel- und Spitzenlaststrom umwandeln müssen.

Die Korrekturüberlegungen des Sachverständigen verkennen, dass im Fall des Abbaus der Überproduktion deshalb nicht der Fortbestand der im Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Regelungen des Stromhandels im Übrigen angenommen werden konnte. Hätte die Antragsgegnerin Ziffer 2) ihre Überproduktion abgebaut, wären die Antragsgegnerinnen zu einer Abänderung der ihrem Stromhandel zugrundeliegenden vertraglichen Regelungen verpflichtet gewesen. Dies folgt zum einen aus § 6 des Stromlieferungsvertrages zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der E. KWG (A3, Bl. 717 ff.), der ausdrücklich bestimmt, dass im Fall der Stilllegung von Kraftwerksblöcken die „Entgeltbeziehungen" angemessen anzupassen sind; dabei lässt die weite Formulierung der „Entgeltbeziehungen" erkennen, dass nicht nur die Vergütungsregelung für den Verkauf der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2), sondern auch die damit - aufgrund der Bezugnahme auf die Verkaufsvergütung - in Zusammenhang stehende Regelung des Bezugspreises für den Rückkauf der Absatzmenge der Antragsgegnerin Ziffer 2) anzupassen wäre. Dies folgt zum anderen aus § 313 Abs. 1 BGB bzw. dem Institut der Störung der Geschäftsgrundlage, da die Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) Geschäftsgrundlage des Stromhandels zwischen den Antragsgegnerinnen ist. Der Fortbestand der Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) war für beide Antragsgegnerinnen erkennbar Voraussetzung des Stromhandels in seiner konkreten Ausgestaltung zum Bewertungsstichtag. Die Antragsgegnerin Ziffer 2) erlangte aus dieser Gestaltung des Stromhandels Vorteile durch die Veredelung ihrer Stromproduktion (dazu oben (3) (3.1) (3.1.1)); die Antragsgegnerin Ziffer 1) erlangte im Gegenzug Vorteile, indem sie die Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) gegen eine bloße Teilkostenerstattung erhielt (dazu oben (3.2) (3.2.1)). Fällt die Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) weg, tritt demnach eine Äquivalenzstörung ein. Dies bestätigt nicht zuletzt folgende Überlegung: Würde die Antragsgegnerin Ziffer 2) im Rahmen der zum Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Regelungen - unter Ausblendung einer etwaigen Verpflichtung zur Vorhaltung einer Mindestleistung in bestimmten Kraftwerksblöcken (dazu oben (4.2.2)) - ihre Produktionsmenge unter ihre Absatzmenge absenken, erhielte sie nicht nur die Veredelung ihrer Stromqualität, sondern auch die Differenz zwischen ihrer Produktionsmenge und ihrer Absatzmenge von der E. SHG kostenlos; dies kann redlicherweise von beiden Seiten nicht gewollt gewesen sein.

Steht die Überlassung der Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) an die Antragsgegnerin Ziffer 1) gegen eine bloße Teilkostenerstattung danach in einem Äquivalenzzusammenhang mit der Veredelung der Stromproduktion der Antragstellerin Ziffer 2) durch die Antragstellerin Ziffer 1), kann jedenfalls nicht unterstellt werden, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) bei Anpassung der vertraglichen Regelungen des Stromhandels an den Abbau der Überproduktion ihren Vorteil der Veredelung ihrer Stromproduktion unverändert aufrecht erhalten könnte. Stattdessen müssten die Antragsgegnerinnen entweder zum Ausgleich des weggefallenen Vorteils der Antragsgegnerin Ziffer 1) eine Ausgleichszahlung der Antragsgegnerin Ziffer 2) vereinbaren oder den Stromhandel insgesamt beenden. Im letztgenannten Fall müsste die Antragsgegnerin Ziffer 2) für die Veredelung ihrer Stromqualität allerdings selbst Sorge tragen, indem sie etwa knapp die Hälfte ihres geringerwertigen Grundlaststroms an Dritte veräußert und im Gegenzug den von ihr zusätzlich in diesem Umfang benötigten höherwertigen Mittel- und Spitzenlaststrom bei Dritten einkauft. In der Tendenz dürften beide Varianten zu einem wirtschaftlich ähnlichen Ergebnis führen, nämlich zu einem zusätzlichen Aufwand der Antragsgegnerin Ziffer 2). Selbst wenn man mit dem Sachverständigen die von ihm errechneten negativen Margen eliminieren wollte, müsste man diesen Mehraufwand im Gegenzug berücksichtigen.

(4.3) Berücksichtigt man in einem zweiten Schritt den Atomausstieg, gilt im Ergebnis nichts Anderes.

(4.3.1) Zwar erscheint die Unternehmensplanung auf erste Sicht widersprüchlich und damit korrekturbedürftig, weil sie die im Zuge des Atomausstiegs gesetzlich gebotene Kapazitätsreduzierung durch die Stilllegung des Kernkraftwerks O. im Jahr 2005 und der beiden Blöcke des Gemeinschaftskernkraftwerks N. in den Jahren 2008 und 2022 nicht zum Abbau ihrer Überproduktion nutzt, sondern unterstellt, dass die wegfallenden Kraftwerkskapazitäten in Kernkraftwerken in vollem Umfang durch die Eigenproduktion von Strom in Kohlekraftwerken bzw. den Erwerb entsprechenden Stroms von Dritten ersetzt wird, obwohl die Antragsgegnerin Ziffer 2) für ihre Überproduktion nur eine Teilkostenerstattung erhält (dazu oben (3) (3.2) (3.2.1)). Auf diesen Umstand hatte der Senat in seiner Verfügung vom 27.07.2010 unter Ziffer III. 2. (Bl. 678) hingewiesen. Dieser Widerspruch löst sich aber auf, wenn man unter Auswertung der im Bewertungsstichtag bestehenden vertraglichen Vereinbarungen, die dem Senat auf seine Anforderung unter Ziffer III. 1. der Verfügung vom 27.07.2010 hin vorgelegt wurden, berücksichtigt, dass der Stromhandel mit der Antragsgegnerin Ziffer 1) der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht nur eine Teilkostendeckung für ihre Überkapazitäten verschafft, sondern bei einer Gesamtschau des Stromhandels zwischen den Antragsgegnerinnen die Gegenleistung der Antragsgegnerin Ziffer 2) für die Veredelung ihrer grundlastorientierten Stromproduktion durch die Antragsgegnerin Ziffer 1) darstellt (dazu oben (3) (3.1) (3.1.1)). Jedenfalls würde dieser Widerspruch nicht die Eliminierung der vom Sachverständigen errechneten negativen Margen gebieten.

(4.3.2) Trägt man dem Umstand Rechnung, dass der Stromhandel auch der Veredelung der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) dient, stellt die Perpetuierung der Überproduktion über den Atomausstieg hinaus eine vertretbare Prognose der Unternehmensplanung dar, die einer gerichtlichen Korrektur im Spruchverfahren grundsätzlich nicht zugänglich ist.

Das KPMG-Gutachten hat die Auswirkungen des Atomausstiegs in methodisch nicht zu beanstandender Weise von der allgemeinen Prognose der Entwicklung der Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens getrennt und in einem Sonderwert abgebildet (Sonderwert Kernkraft). Anlass hierfür war, dass wegen des im Bewertungsstichtag schrittweise vorgesehenen Atomausstiegs im Jahr 2006 - also am Ende von Phase I - noch kein Gleichgewichtszustand festgestellt werden kann, der es rechtfertigte, die für 2006 prognostizierten Ergebnisse zur Grundlage für die Prognose der Entwicklung im nachhaltigen Zeitraum (Phase II) zu machen (GA S. 100 f.). Während deshalb das Bewertungsmodell des KPMG-Gutachtens in einem ersten Schritt unterstellt, dass nachhaltig Kernenergie produziert wird, sind in einem zweiten Schritt - im Rahmen des Sonderwerts - die Änderungen zu berücksichtigen, die sich aus dem Atomausstieg ergeben (GA S. 101). Dieser zweite Schritt beschränkt sich jedoch nicht auf eine bloße Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben des Atomausstiegs oder auf die rechnerische Darstellung seiner Auswirkungen. Stattdessen enthält dieser zweite Schritt ebenso wie der erste Schritt eine Vielzahl von Annahmen und Prognosen - in diesem Fall bezüglich der Bewältigung der Folgen des Atomausstiegs - die im Spruchverfahren nicht als richtig oder falsch eingestuft, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit hin untersucht werden können (dazu oben aa)).

Im Lichte der auf Ziffer III. 1. der Verfügung vom 27.07.2010 hin vorgelegten Verträge erscheint das Absehen von einer Reduzierung der Stromproduktion im Zuge der Substitution der wegfallenden Atomstromproduktion jedoch vertretbar. Dient der Stromhandel zwischen den Antragsgegnerinnen nicht nur der Erzielung eines Kostendeckungsbeitrags für die Überkapazitäten der Antragsgegnerin Ziffer 2), sondern auch zur Veredelung ihrer Stromproduktion (dazu oben (3) (3.1) (3.1.1)), hat die Unternehmensplanung unterstellt, der Vorteil der Veredelung der Stromproduktion könne trotz des Atomausstiegs erhalten werden, indem die Überproduktion durch Substitution wegfallender Kernkraftwerkskapazitäten aufrechterhalten und damit eine Beendigung des Stromhandels oder seine wesentliche Umgestaltung durch Änderung der Verträge vermieden wird (vgl. Bl. 753). In diesem Fall wird zwar der Nachteil der nur teilweisen Erstattung der Erzeugungskosten für die Überproduktion perpetuiert, zugleich wird aber der Vorteil der Veredelung der Stromproduktion erhalten, ohne dass dafür an einen Dritten oder im Rahmen des Stromhandels der Antragsgegnerinnen eine Zuzahlung geleistet werden müsste (dazu oben (3) (3.1) (3.1.1)).

Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass der Aspekt der Veredelung der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Zuge der schrittweisen Stilllegung von Kernkraftwerken wegen des Atomausstiegs an Bedeutung verliert, weil der Atomstrom nach der Planung für den Atomausstieg durch Kohlestrom ersetzt wird und der Mehraufwand hierfür im Sonderwert Kernkraft bereits berücksichtigt ist (GA S. 103); die Berücksichtigung dieses Umstands stellt die Vertretbarkeit der Unternehmensplanung nicht in Frage. Unvertretbar wäre die Unternehmensplanung allenfalls dann, wenn die geplante Substitution den Fortbestand des Veredelungsbedarfs in Bezug auf die Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) in Phase II per se ausschließen würde, sodass die Annahme eines Veredelungsbedarfs zur Planung der Substitution in Widerspruch stünde; dies trifft jedoch nicht zu.

Zunächst kann eine vollständige Substitution der Atomstromproduktion nicht schon zu Beginn von Phase II im Jahr 2007, sondern erst im Jahr 2022 angenommen werden. Die für 2008 geplante Stilllegung des Blocks I des Gemeinschaftskernkraftwerks N. reduziert die Grundlastproduktion der Antragsgegnerin zwar um 4.400 GWh jährlich; danach verbleibt aber ein Überhang an Grundlaststrom bzw. ein korrespondierendes Defizit an Mittel- und Spitzenlaststrom von 3.798 GWh jährlich in den Jahren 2008 bis 2022 (dazu oben (4.2) (4.2.3)).

Des Weiteren ist zu bedenken, dass zwar eine Substitution des Atomstroms durch Kohlestrom geplant war. Dabei tritt eine Qualitätsverbesserung ein, soweit Kohlestrom in täglich an- und abfahrbaren Steinkohlekraftwerken erzeugt wird; in diesem Fall wird Grundlaststrom durch Mittellaststrom substituiert (Bl. 399); wird der Kohlestrom dagegen in rund um die Uhr laufenden Braunkohlekraftwerken erzeugt, bleibt es bei der Produktion von Grundlaststrom (Bl. 399). Selbst wenn danach hier im Zuge der Substitution von Atomstrom durch Kohlestrom eine gewisse Verschiebung der produzierten Stromqualität von Grundlast zu Mittellast in Betracht zu ziehen ist, verbessert sich aber jedenfalls der Anteil der Spitzenlast an der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht, da Spitzenlaststrom nur in kurzfristig anzufahrenden Gasturbinen- und Speicherkraftwerken, nicht aber in Kohlekraftwerken produziert werden kann (Bl. 399).

Die Unvertretbarkeit der Prognose kann auch nicht mit der Überlegung begründet werden, die Antragsgegnerin Ziffer 2) könne fortbestehende Defizite im Mittel- und Spitzenlastbereich durch Verkauf ihres Grundlastüberhangs und Zukauf des korrespondierenden Mittel- und Spitzenlastbedarfs bei Dritten auf lange Sicht günstiger bewältigen als durch eine Fortsetzung des Stromhandels mit der Antragsgegnerin Ziffer 1) um den Preis der Perpetuierung ihrer Überproduktion über den Atomausstieg hinaus. Soweit der Sachverständige demgegenüber meint, bei Abbaubarkeit der Überkapazitäten im Zuge des Atomausstiegs diene die Fortsetzung des Stromhandels „nur" noch als „Versicherung" gegen „kurzfristige Schwankungen auf Erzeugungs- und Abnehmerseite" (GA S. 21), übersieht er, dass die Bewertung dieses Risikos und die Festlegung der Mittel zur Reaktion hierauf eine unternehmerische Entscheidung der Geschäftsleitung der Antragsgegnerin Ziffer 2) darstellen. Entscheidet sich diese für die Fortsetzung des Stromhandels um den Preis der Perpetuierung der Überproduktion zur Vermeidung der Risiken, die mit der Deckung des Veredelungsbedarfs bei konzernfremden Dritten verbunden sind, kann diese Entscheidung wegen der ex ante bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des Umfangs des Veredelungsbedarfs und der Preisdifferenzen zwischen den verschiedenen Stromqualitäten nicht nachträglich als richtig oder falsch eingestuft werden. Allein die wirtschaftliche Nachteiligkeit einer Annahme der Unternehmensplanung vermag ihre Unvertretbarkeit in keinem Fall zu begründen (dazu oben aa) und (2)).

Selbst wenn man darüber hinwegsehen wollte, ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Unternehmensplanung zur Bewältigung des Atomausstiegs im Übrigen nach den in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekräftigten Feststellungen des Sachverständigen eine deutliche Tendenz zugunsten von für die übrigen Aktionäre günstigen, optimistischen Annahmen aufweist. Der Sachverständige hat insgesamt, aber auch in den einzelnen Punkten festgestellt, dass sich die im Sonderwert Kernkraft zusammengefassten Korrekturwerte zur Abbildung der Auswirkungen des Atomausstiegs am oberen Ende einer möglichen sachgerechten Wertbandbreite bewegen (GA S. 108). Dies schließt er unter anderem aus dem Umstand, dass das Ausstiegsszenario zugunsten der übrigen Aktionäre unterstelle, dass das Endlager G. realisiert wird, obwohl die Bundesregierung die weitere Erkundung des Salzstocks bereits am 01.01.2001 ausgesetzt hatte und im Bewertungsstichtag angesichts der ungeklärten Endlagerung das erhebliche Risiko einer Erhöhung der Entsorgungskosten gegenüber dem geplanten Aufwand bestand (GA S. 107 f.). Zudem wurde der Mehraufwand für die Erzeugung bzw. die Beschaffung von Kohlestrom zur Substitution des Atomstroms zugunsten der übrigen Aktionäre nur bei einem Aufschlag von 14% gegenüber den Erzeugungskosten für Atomstrom im Gemeinschaftskernkraftwerk N. in Höhe von 2,5 ct/kWh angesetzt, obwohl die Erzeugungskosten für Kohlestrom in neuen Kohlekraftwerken mit den Kernkraftwerken der Antragsgegnerin Ziffer 2) vergleichbaren Kapazitäten nach Studien aus dem Jahr 2002 bei 3,2 ct/kWh lagen (GA S. 103).

(4.3.3) Selbst wenn man in der Perpetuierung der Überproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) über den Atomausstieg hinaus einen Planungsfehler sehen wollte, wäre dieser jedenfalls nicht durch die Eliminierung der vom Sachverständigen (GA S. 31) errechneten negativen Margen aus dem Stromhandel zu korrigieren.

Wollte man die Unternehmensplanung für den Fall des Atomausstiegs dahin korrigieren, dass die Überproduktion nicht im Rahmen der Substitution aufrecht erhalten wird, sondern im Zuge des Atomausstiegs Überkapazitäten abgebaut werden, könnte der Stromhandel jedenfalls nicht im Übrigen unverändert fortgesetzt werden. Vielmehr müsste dem Umstand, dass mit dem Wegfall der Überproduktion der Vorteil der Antragsgegnerin Ziffer 1) entfällt, der zu der Veredelung der Stromproduktion der Antragsgegnerin Ziffer 2) in einem Äquivalenzzusammenhang steht, durch die Vereinbarung einer Ausgleichszahlung oder durch die Beendigung des Stromhandels mit der Folge eines Mehraufwands der Antragsgegnerin Ziffer 2) für die Veredelung ihrer Stromproduktion durch Zukauf von Mittel- und Spitzenlaststrom von Dritten Rechnung getragen werden (dazu oben (4.2) (4.2.3)). Jedenfalls ist eine einseitige Korrektur zugunsten der Antragsgegnerin Ziffer 2) ohne Berücksichtigung dieses Mehraufwands mittels Eliminierung der vom Sachverständigen errechneten negativen Margen in keinem Fall gerechtfertigt.

ff) Mit dem Landgericht und dem Sachverständigen ist indessen von den übrigen Annahmen der Unternehmensplanung in Bezug auf die künftigen Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens nicht abzuweichen; die von übrigen Aktionären insoweit erhobenen Einwände greifen nicht durch.

(1) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Bereinigung der Vergangenheitswerte.

(1.1) Nach den Feststellungen des Sachverständigen wurden Sondereffekte durch Auflösung und Zuführung von Rückstellungen, Sondererträge aus Anlagenabgängen, Effekte aus bilanzpolitischen Maßnahmen und Betriebsprüfung sowie aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen bereinigt (GA S. 11). Im Zuge der Vergangenheitsbereinigung sei insbesondere der einmalige Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung an der GVS im Jahr 2002 eliminiert worden; Anhaltspunkte für überhöhte Abschreibungen in der Vergangenheit hätten sich nicht ergeben (GA S. 12).

(1.2) Bei der Auflösung der Rückstellungen wurden zugleich die Zuführungen dieser Rückstellungen in den Vorjahren berücksichtigt (GA S. 11). Zwar hat der Sachverständige erklärt, er habe für das Jahr 2001 für die Auflösung einer Rückstellung in Höhe von 3,5 Mio. Euro keine korrespondierende Zuführungseliminierung feststellen können (GA S. 12). Dies lässt die der Ertragswertermittlung zugrunde liegende Unternehmensplanung aber nicht unvertretbar erscheinen. Dabei wird nicht verkannt, dass die Prognosen der Unternehmensplanung für die Phasen I (2003 bis 2006) und II (ab 2007) aus den Daten der Vergangenheit abgeleitet werden und Fehler bei den Vergangenheitsdaten deshalb grundsätzlich zu Prognosefehlern führen können. Solches ist hier allerdings nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 (Bl. 441) auszuschließen. Da die Auflösung der Rückstellung das Jahr 2001 betraf, stammen die Zuführungen zu der aufgelösten Rückstellung aus früheren Perioden. Soweit durch die Zuführungen zu der Rückstellung Aufwand entstanden ist, der nach Auflösung der Rückstellung zu eliminieren wäre, betrifft dies also den Zeitraum bis 2000. Die Prognose der künftigen Erträge basiert indessen auf den Ist-Daten der Jahre 2000 bis 2002 (ÜB S. 48). Eine nach Rückstellungsauflösung fehlerhaft nicht eliminierte Rückstellungszuführung kann demnach allenfalls in Bezug auf das Jahr 2000 die Ertragsprognosen beeinflusst haben. Vor diesem Hintergrund und angesichts der geringen Höhe der Rückstellung hat der Sachverständige zu Recht eine Beeinflussung der Ertragsprognosen ausgeschlossen.

(2) Die Prognosen der Rohmargen in den Bereichen Strom und Gas erscheinen nach den Feststellungen des Sachverständigen - jenseits der unter dd) bzw. ee) erörterten Einzelpunkte - nicht unvertretbar; insbesondere widersprechen die Prognosen nicht zulasten der übrigen Aktionäre den zum Bewertungsstichtag bestehenden Verhältnissen. Die Rohmargen in den Bereichen Strom und Gas wurden nicht erst durch die Prognosen für den Planungszeitraum reduziert. Dieser Rückgang der Margen hat nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bereits im Jahr 2002 begonnen; er wurde lediglich durch den Einmaleffekt der Veräußerung der Beteiligung an der GVS im Jahr 2002 überdeckt (GA S. 14). Die Unternehmensplanung habe die Rohmarge für das erste Planjahr (2003) indessen am höheren Niveau des Jahres 2001 orientiert (GA S. 14). Für den weiteren Planungszeitraum habe die Unternehmensplanung zwar eine weitere Reduzierung der Rohmarge angenommen, wegen sich verringernder Abschreibungen aber dennoch eine weitgehend stabile Entwicklung des Vorsteuerergebnisses unterstellt; das Vorsteuerergebnis für Phase II sei unter anderem wegen einer gegenüber dem letzte Planjahr der Phase II (2006) verbesserten Strommarge leicht über dem des Jahres 2006 geplant worden (GA S. 15).

(3) Die Beanstandungen des Sachverständigen im Bereich der Abschreibungen stellen die Vertretbarkeit der Ertragsprognosen entgegen der Auffassung der übrigen Aktionäre (Bl. 530, 629, 800) nicht in Frage.

(3.1) Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist die Investitionsplanung des Unternehmens insoweit plausibel, als sie der konkreten Situation der Antragsgegnerin Ziffer 2) entspricht, die sich durch hohe Investitionen in der Vergangenheit und lange Nutzungsdauern in den einzelnen Anlageklassen auszeichnet (GA S. 49). Abgesehen von laufenden Erhaltungsmaßnahmen, die im sonstigen betrieblichen Aufwand berücksichtigt sind, ist in der näheren Zukunft kein unmittelbarer Reinvestitionsbedarf geplant.

(3.2) Der Sachverständige hat lediglich die rechnerische Umsetzung dieser Annahmen bei der Ermittlung der Reinvestitionsrate in Phase II beanstandet. Neben der Prognose der Wiederbeschaffungskosten (dazu oben cc) (5) (5.1)) hat er dabei zwar gerügt, dass die zur Ermittlung des durchschnittlichen Alters der Vermögensgegenstände einzelner Anlagenklassen angesetzten linearen handelsrechtlichen Abschreibungen der tatsächlich degressiven Abschreibung der Antragsgegnerin Ziffer 2) widersprächen (GA S. 49). Er hat daraus aber zu Recht nicht auf eine Unvertretbarkeit der Prognosen zum Reinvestitionsaufwand in Phase II geschlossen.

(3.2.1) Die Feststellungen des Sachverständigen betreffen nicht die Nutzungsdauer bis zur Wiederbeschaffung eines Wirtschaftsguts in Phase II, sondern das Alter der Wirtschaftsgüter zu Beginn von Phase II (GA S. 49: „zur Bestimmung des ... Alters der Vermögensgegenstände"); dies hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt (Bl. 800). Danach wurde im Rahmen der Altersschätzung zu Vereinfachungszwecken entgegen der Abschreibungspraxis der Antragsgegnerin Ziffer 2) eine lineare statt einer degressiven Abschreibung unterstellt. Das auf diese Weise ermittelte Alter der Wirtschaftsgüter kann deshalb zwar von ihrem tatsächlichen Alter abweichen. Der Sachverständige hat aber festgestellt, dass sich dabei im Einzelfall Abweichungen zu ihren Gunsten wie zu ihren Lasten ergeben können (GA S. 49).

(3.2.2) Unabhängig davon haben diese Abweichungen - wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat (Bl. 800) - keine wesentliche Auswirkung auf die Ermittlung des Ertragswerts. Entscheidend für den nachhaltigen Investitionsaufwand ist nicht das Alter der Wirtschaftsgüter zu Beginn von Phase II. Dieser Parameter entscheidet nur darüber, wann ein Wirtschaftsgut in Phase II zum ersten Mal ersetzt werden muss. Für den Ertragswert maßgeblich ist dagegen, wie oft ein Wirtschaftsgut in Phase II zu ersetzten ist. Hier wirkt sich der vom Sachverständigen festgestellte, auf die Schätzung des Alters der Wirtschaftsgüter beschränkte Fehler jedoch nicht aus.

(3.3) Zu Unrecht sehen im Übrigen einzelne Antragsteller in der Berücksichtigung von Abschreibungen als nicht zahlungswirksamen Aufwandspositionen eine Beeinträchtigung der übrigen Aktionäre bei der Ermittlung des Unternehmenswerts (Bl. 802). In der für den Unternehmenswert maßgeblichen Phase II wird der nachhaltige Investitionsaufwand nicht durch die Fortschreibung der bisherigen Abschreibungen prognostiziert, sondern durch eine gesonderte Investitionsrechnung, die sich nicht an Abschreibungen, sondern an den künftigen Ausgaben orientieren, welche unter Berücksichtigung der Wiederbeschaffungskosten der einzelnen Güter (dazu oben cc) (5)) und ihrer voraussichtlichen Nutzungsdauer prognostiziert werden.

(4) Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller ist die Unternehmensplanung schließlich nicht deshalb unvertretbar, weil zu wenig Wachstum geplant wurde.

(4.1) Allein die Planung von Investitionen trotz verhaltener Wachtsumserwartungen macht die Planung nicht widersprüchlich (Bl. 231). Investitionen sind nicht nur zum Ausbau, sondern auch zum Erhalt einer Marktstellung erforderlich.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 173].)

(4.2) Angesichts der Feststellungen des Sachverständigen ist nicht davon auszugehen, dass die Unternehmensplanung die Auswirkungen der Aufhebung der Gebietsmonopole bei Strom und Gas in unvertretbarer Weise überbewertet hätte.

(4.2.1) Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Unternehmensplanung im Strombereich angesichts eines verhaltenen Mengenrückgangs im Tarif- und Sonderkundenbereich sowie bei den Weiterverteilern (GA S. 23 f.) - bei folgerichtiger Erhöhung der Einnahmen aus Durchleitungsentgelten von Dritterzeugern (GA S. 24) - ein angesichts der zum Bewertungsstichtag bereits eingeleiteten Liberalisierung des Strommarktes „maßvolles Wettbewerbsszenario" widerspiegelten (GA S. 25). Dabei ist zu bedenken, dass Absatzrückgänge nicht nur durch Versorgerwechsel, sondern auch durch Energieeinsparmaßnahmen der Abnehmer zu erwarten sind (GA S. 23). Im Übrigen ist zu bedenken, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) als ehemaliger Gebietsmonopolist im Zuge einer Liberalisierung des Strommarktes grundsätzlich nur Kunden verlieren kann; die Gewinnung neuer Kunden setzte dagegen ein unternehmerisches Engagement außerhalb des eigenen Versorgungsgebietes voraus (GA S. 27).

(4.2.2) Entsprechendes gilt für den Gasbereich, in dem zum Bewertungsstichtag eine Deregulierung zu erwarten war. Hier hat der Sachverständige ebenfalls ein „maßvolles Wettbewerbsszenario" festgestellt, das zwar im Gegensatz zum Strombereich leichte Preisrückgänge annehme, diesen aber überkompensierende Mengenzuwächse gegenüberstelle (GA S. 34).

gg) Danach sind gegenüber dem im KPMG-Gutachten auf der Grundlage der Unternehmensplanung angesetzten Vorsteuerergebnis folgende Änderungen geboten:


Beträge in TEuro

Phase I

Phase II

        

2003

2004

2005

2006

        

Ergebnis vor Steuern

und vor Korrektur

 166.004 

 163.833 

 162.995 

 167.781 

169.458

Saldo Korrektur Ertragsprognosen

3.465

4.265

5.065

5.165

11.351

Korrektur Ertragsprognosen Strom

        

        

        

        

        

 - Eliminierung negative Marge

   aus Zwischenhandel

0

0

0

0

0

 - Eliminierung negative Marge

   wegen Überkapazität

        

        

        

        

0

Korrektur Ertragsprognosen Gas

(Wegfall Großkunde)

        

        

        

0

0

Korrektur Ertragsprognosen wegen

Korrektur Aufwand

        

        

        

        

        

 - Sozialabgaben

2.000

2.000

2.000

2.000

2.000

 - Reinvestitionsrate

        

        

        

        

-10.638

 - Konzessionsabgaben

-1.000

-1.000

-1.000

-1.000

-1.000

 - Wertberichtigung Forderungen

2.465

3.265

4.065

4.165

4.165

 - Zinsen Darlehen Stadt S.

        

        

        

        

307

 - Pensionen

        

        

        

        

16.517

Unternehmenssteuern nach Korrektur  

59.741

45.024

52.580

58.482

66.186

Unternehmenssteuern vor Korrektur

59.911

44.887

52.136

57.999

63.328

Änderung infolge Korrektur

1.330

1.637

1.944

1.983

4.358

Korrektur Ertragsteueraufwand

Beteiligungen

-1.500

-1.500

-1.500

-1.500

-1.500

Ergebnis nach Steuern

und nach Korrektur

109.728

123.074

115.480

114.464

 114.623 

Nach den hier anzuwendenden (dazu oben a) bb)) Empfehlungen von IDW S1 2005(IDW S1 2005, Rn. 45 ff.) ist - anders als nach den Empfehlungen von IDW S1 2000 - nicht die vollständige Ausschüttung der finanziellen Überschüsse an die Anteilseigner zu unterstellen, sondern nur eine Teilausschüttung. Entsprechend der Berechnung des Ertragswerts anhand der Vorgaben des IDW S1 2005 durch den Sachverständigen ist hier eine hälftige Ausschüttung anzunehmen, die in etwa der durchschnittlichen Ausschüttungsquote von DAX-Unternehmen entspricht (GA S. 144). Den übrigen Aktionären werden dadurch keine Werte vorenthalten, da die thesaurierten Beträge den Anteilseignern zum Zweck der Ertragswertermittlung fiktiv unmittelbar zugerechnet werden. Sie werden vielmehr gegenüber dem Vorgehen nach den Empfehlungen des IDW S1 2000 im KPMG-Gutachten insoweit besser gestellt, als persönliche Ertragsteuern der Anteilseigner nur in Bezug auf den zur Ausschüttung gestellten Teil der Überschüsse berücksichtigt werden.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 184].) Die generelle Kritik einzelner Antragsteller (Bl. 109) an der Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern der Anteilseigner greift nicht durch, da sich der Wert eines Unternehmens für den Anteilseigner nach den ihm zukommenden Nettoeinahmen bestimmt.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 147]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 54].) Dahinstehen kann, ob die im KPMG-Gutachten angesetzten Steuersätze - entsprechend dem zum Bewertungsstichtag geltenden Halbeinkünfteverfahren und den Empfehlungen des IDW(IDW S1 2005, Rn. 39.)auf der Ertragseite von 17,5% bzw. bei den Kapitalisierungszinssätzen 35% - von den tatsächlichen Grenzsteuersätzen der übrigen Aktionäre abweichen; diese Abweichung ist angesichts der notwendigen Typisierung nicht zu beanstanden.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 212].)

Bei Annahme einer hälftigen Teilausschüttung und Berücksichtigung der typisierten persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner errechnen sich die zu kapitalisierenden Überschüsse in den einzelnen Perioden wie folgt:

Beträge in TEuro

Phase I

Phase II

        

2003

2004

2005

2006

        

Ergebnis nach Steuern

und nach Korrektur

 109.728 

 123.074 

 115.480 

 114.464 

 114.623 

Erhöhung 0,5% im Hinblick

auf nachhaltiges Wachstum

        

        

        

        

573

Zwischensumme

        

        

        

        

115.197

Ausschüttquote

50%

50%

50%

50%

50%

Ausschüttung brutto

54.864

61.537

57.740

57.232

57.598

typisierte persönliche Ertragsteuern

Anteilseigner

-9.601

-10.769

-10.104

-10.016

-10.080

zu kapitalisierende künftige Überschüsse  

100.127

112.305

105.375

104.449

104.544

c) Die den Anteilseignern zukünftig zufließenden Erträge (dazu oben b)) sind mit dem Kapitalisierungszinssatz zu diskontieren, um ihren Barwert zu erhalten. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich dabei aus einem risikolosen Basiszinssatz (dazu unten aa)) sowie einem Risikozuschlag (dazu unten bb)) zusammen; da der Unternehmensbewertung eine Nominalrechnung zugrunde liegt, ist in der Phase II zudem ein Wachstumsabschlag (dazu unten cc)) zu berücksichtigen.

aa) Der Basiszinssatz vor Steuern ist angesichts der Anwendung der Empfehlungen des IDW S1 2005 nicht mit dem im KPMG-Gutachten angesetzten Wert von 5,5%, sondern nur mit 5,0% zu bemessen.

(1) Der Basiszinssatz entspricht dem landesüblichen Zinssatz für eine (quasi) risikofreie Anlage.(Vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rn. 565.) Er wird aus dem durchschnittlichen Zinssatz für öffentliche Anleihen abgeleitet.(Vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 38]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 199].) Dabei kommt es nicht auf die aktuellen Zinssätze am Bewertungsstichtag an, die mehr oder weniger zufällig sind, sondern auf den aus der Sicht des Stichtags von kurzfristigen Einflüssen bereinigten, künftig auf Dauer zu erzielenden Nominalzins.(OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 39]; vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rn. 574.)

(2) Der im KPMG-Gutachten angesetzte Basiszinssatz von 5,5% vor Steuern (ÜB S. 77) ist zwar nicht zu beanstanden, wenn man der Ertragswertermittlung die Empfehlungen von IDW S1 2000 zugrunde legt. Der Sachverständige hat festgestellt, dass der Zinssatz von 5,5% mit den zum Bewertungsstichtag am 15.04.2003 geltenden Empfehlungen des IDW für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2003(IDW Fachnachrichten 2003, 26.) übereinstimmt (GA S.76). Der Zinssatz von 5,5% ergebe sich zudem, wenn man in Übereinstimmung den Empfehlungen von IDW S1 2000 für die Bestimmung der Wiederanlageverzinsung auf die in der Vergangenheit beobachtete Zinsentwicklung zurück greife(Vgl. IDW S1 2000 Rn. 121.) (GA S. 75).

(3) Nach den Empfehlungen des hier anzuwendenden IDW S1 2005 (dazu oben a) bb)) ist die Wiederanlageverzinsung dagegen an der Zinsstrukturkurve zu orientieren.(Vgl. IDW S1 2005 Rn. 127.) Der Sachverständige hat festgestellt, dass sich bei Anwendung der in IDW S1 2005 niedergelegten aktuelleren Expertenauffassung für die Ermittlung des Basiszinssatzes zum Bewertungsstichtag ein Basiszinssatz von nur noch 5,0% vor Steuern ergibt (GA S. 77 und 140).

bb) Da bei der Investition in ein Unternehmen im Gegensatz zur Anlage in öffentlichen Anleihen die Risiken der unternehmerischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind, ist ein Risikozuschlag anzusetzen. Trotz des theoretisch denkbaren Ausgleichs von Chancen und Risiken der unternehmerischen Tätigkeit gebietet die Risikoaversion der Marktteilnehmer, das Unternehmerrisiko durch entsprechend höhere Renditechancen abzugelten.(OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 48]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 202].) Die hier im Rahmen des KPMG-Gutachtens durchgeführte Ermittlung des Risikozuschlags anhand des Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) ist methodisch nicht zu beanstanden.(OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 48]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 204]; für eine Anwendung des CAPM auch OLG Düsseldorf, ZIP 2009, 2003 [juris Rn. 122]; OLG Düsseldorf, AG 2006, 287 [juris Rn. 36]; KG, AG 2009, 199 [juris Rn. 46]; zustimmend Paulsen, Wpg 2008 Sonderheft, 109, 113; Reuter, AG 2007, 1, 5.) Dabei wird die aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und (quasi) risikofreien öffentlichen Anleihen (Überrendite) ermittelte durchschnittliche Risikoprämie (Marktrisikoprämie, dazu unten (1)), mit einem unternehmensspezifischen Faktor multipliziert (Betafaktor, dazu unten (2)).

(1) Im KPMG-Gutachten wurde im Zuge einer Bewertung anhand der Empfehlungen von IDW S1 2000 eine Marktrisikoprämie von 5,0% vor Steuern angesetzt (ÜB S. 77). Legt man der Ermittlung des Ertragswerts die aktuellere Expertenauffassung des IDW S1 2005 zugrunde (dazu oben a) bb)), ist die Marktrisikoprämie jedoch mit 5,5% zu bemessen.

(1.1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Marktrisikoprämie bei der Anwendung des IDW S1 2005 im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO mit 5,5% anzusetzen.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 220]; OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 284]; OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 177].) In Übereinstimmung damit hat der Sachverständige festgestellt, dass bei der gutachterlichen Bewertung anhand der Vorgaben des IDW S1 2005 im Regelfall dieser Wert angesetzt werde (GA S. 142).

(1.2) Bei der Marktrisikoprämie nach IDW S1 2005 handelt es sich um einen Nachsteuerwert, der grundsätzlich über dem korrespondierenden Vorsteuerwert liegt.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 266].) IDW S1 2005 empfiehlt - für die hier gebotene Nachsteuerbetrachtung (dazu oben b) gg)) - im Gegensatz zur Vorfassung des IDW S1 2000 nicht die Anwendung des CAPM in seiner Standardform, sondern die modifizierte Form des Tax-CAPM, sofern - wie hier - im Bewertungsstichtag das steuerrechtliche Halbeinkünfteverfahren bereits galt.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 230 bis 232]; OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 259].) Für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes anhand des Tax-CAPM lässt sich anführen, dass es die empirisch beobachtbaren Aktienrenditen bei Geltung des steuerrechtlichen Halbeinkünfteverfahrens realitätsnäher zu erklären vermag, indem es die unterschiedliche Besteuerung von Zinseinkünften, Dividenden und Kursgewinnen besser abbildet.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 217] m.w.N.; OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 268 f.].)

(1.3) Die hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

(1.3.1) Dies gilt zunächst für die Kritik an der Anwendung des Tax-CAPM im Allgemeinen (Bl. 548). Zwar ergibt sich bei der Ermittlung des Unternehmenswerts anhand des Tax-CAPM regelmäßig ein geringerer Wert als anhand des CAPM in seiner Standardform. Die Unternehmensbewertung muss sich aber nicht nach derjenigen Methode richten, welche zum höchsten Wert führt.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 217] m.w.N.) Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Tax-CAPM nicht unumstritten ist; er vermag aber nicht festzustellen, dass das Tax-CAPM durch empirische Erkenntnisse widerlegt wäre.(Vgl. Peemöller, BB 2005, 90, 95.) Fehl geht demgegenüber der Hinweis des Antragstellers Ziffer 25) auf das in dem unter 20 W 2/08 vor dem Senat geführten Verfahren vorgelegte Privatgutachten sowie auf die bereits dort in Bezug genommene Studie des DAI; insoweit kann auf die veröffentlichte Entscheidung des Senats im dortigen Verfahren verwiesen werden.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 206 f. und 224].) Der Sachverständige hat die Eignung des Tax-CAPM jedenfalls nicht in Zweifel gezogen (GA S. 140 ff., Bl. 803).

(1.3.2) Der Anwendung des Tax-CAPM steht hier im Übrigen nicht entgegen, dass die im Bewertungsstichtag geltende Fassung des IDW S1 nur die Anwendung des CAPM in seiner Standardform empfahl.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 274 ff.].) Da es sich bei den Empfehlungen des IDW S1 nicht um eine Rechtsnorm, sondern um eine Expertenauffassung aus dem Kreis der Wirtschaftsprüfer handelt, steht der in Artikel 170 EGBGB verankerte Rechtsgedanke nicht entgegen; eine Verzögerung des Verfahrens ist nicht zu befürchten, da die Anwendung des Tax-CAPM keine erneute Begutachtung erforderlich macht (dazu oben a) cc) (4)). Insbesondere kann gegen die Anwendung des Tax-CAPM nicht das Stichtagsprinzip angeführt werden, da dieses nicht für die angewandte Bewertungsmethode gilt.(OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 277] m.w.N.) Schließlich lassen sich gegen die Anwendung des Tax-CAPM keine Gründe der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes anführen.(Ausführlich dazu OLG Stuttgart, AG 2011, 420 [juris Rn. 278 ff.] m.w.N.)

(1.3.3) Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung den vom Senat gewählten Zinssatz für dieses Verfahren für angemessen erachtet (Bl. 803). Der Senat sieht deshalb derzeit keinen Anlass, seine Auffassung zur Bemessung der Nachsteuermarktrisikoprämie zu revidieren.(Ausführlich dazu jüngst OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 174 bis 198].)

Eine empirisch genaue Festlegung der Marktrisikoprämie ist angesichts der Vielzahl der bei einer empirischen Untersuchung zu klärenden Fragen zu den maßgeblichen Zeitrahmen und zu den zu berücksichtigenden Papieren(Dazu gehören auch die in der mündlichen Verhandlung (Bl. 803) angesprochenen steuerrechtlichen Aspekte.) auch im Lichte jüngerer Veröffentlichungen(Vgl. Knoll/Wala/Ziemer, BewertungsPraktiker 1/2011, 2 ff. und Knoll/Wenger/Tartler, ZSteu 2011, 47 ff.) weiterhin nicht möglich.(OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 176].) Dem derzeit noch unentschiedenen Streit in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur über die arithmetische oder geometrische Mittelung ist bei dem vom Senat angenommenen Wert durch die Ansiedelung in der Mitte der vom Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW empfohlenen Bandbreite zwischen 5,0 und 6,0%(IDW Fachnachrichten 2005, 70, 71.) grundsätzlich Rechnung getragen.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [229 und 231]; OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 189, 196 und 247].) Die vorgenannte Empfehlung besteht trotz des andauernden Meinungsstreits fort. Soweit sie auf empirische Untersuchungen zurückgeht, sind diese nicht durch neuere Erkenntnisse der Untersuchungspersonen überholt.(OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 190 und 244].) Jedenfalls ist die Existenz einer Überrendite von Aktien gegenüber Renten bislang nicht empirisch widerlegt.(OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 177 ff.].)

Der Umstand, dass die vorgenannten Untersuchungen zur Ermittlung der Überrendite von Aktien anders als bei der Ermittlung des Basiszinssatzes nicht auf langfristige Anleihen abstellen, sondern auf den aus Anleihen mit vergleichsweise kürzeren Laufzeiten zusammengesetzten REXP, spricht nicht notwendig gegen ihre Eignung für die Ermittlung der Marktrisikoprämie; da das Abstellen auf kürzere Laufzeiten beim REXP geringere Ausschläge bewirkt, lässt sich demgegenüber die Auffassung vertreten, dass dieser Umstand die Betrachtung sicherer mache (Bl. 803). Dahinstehen kann, ob sich entsprechend der Behauptung des Antragstellers Ziffer 25) die Renditen von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren bei langfristiger Anlagedauer einander immer mehr annähern (Bl. 576 f.; dagegen Bl. 603). Bei der zur Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung nach § 327f AktG gebotenen objektiven Unternehmensbewertung kann nicht auf die individuellen Verhältnisse bzw. das Anlageverhalten einzelner Aktionäre abgestellt werden. Bei der deshalb gebotenen Typisierung ist nicht von einem besonders langfristig orientierten Anleger auszugehen, da nicht festgestellt werden kann, dass Minderheitsaktionäre, deren Aktien im Rahmen eines Squeeze-Out auf den Hauptaktionär übertragen werden, ihre Aktien typischer Weise langfristig angelegt haben.

(2) Der Betafaktor ist gegenüber dem im KPMG-Gutachten angesetzten Wert von 0,32 geringfügig auf 0,33 zu erhöhen; eine weitere Reduzierung oder Erhöhung ist demgegenüber nicht veranlasst.

(2.1) Zu Recht wurde der Betafaktor im KPMG-Gutachten nicht anhand der historischen Kursdaten der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) ermittelt.

(2.1.1) Der Betafaktor gibt an, wie sich die Rendite der Aktien des zu bewertenden Unternehmens im Vergleich zum Marktportfolio verhält.(Vgl. Ballwieser, Unternehmensbewertung, S. 93; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rn. 728 f..) Er drückt demnach die Höhe des unternehmensindividuellen Risikos aus.(Vgl. Riegger in Kölner Kommentar, SpruchG, Anh § 11 Rn. 21; Simon/Leverkus in SpruchG, Anh § 11 Rn. 129; Spremann, Valuation, S. 133.) Dabei misst der Betafaktor das systematische Risiko einer Aktie; er beschreibt, welche Änderung der Rendite der zu bewertenden Aktie bei einer Änderung der Rendite des Marktportfolios zu erwarten ist.(Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, S. 309; Spremann, Valuation, S. 136.) Dies bedeutet, dass der im Rahmen des (Tax-)CAPM einzusetzende Betafaktor kein empirisch feststellbarer Vergangenheitswert, sondern ein durch Schätzung zu ermittelnder Zukunftswert ist.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 235]; ebenso Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rn. 745; Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, S. 68.) Grundlage für die Schätzung des Betafaktors können zwar der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst, aber auch derjenige einer Gruppe von Vergleichsunternehmen (Peer Group) oder allgemeine Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios sein.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 235]; ebenso Spremann, Valuation, S. 138; Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, S. 324 f.; Simon/Leverkus in Simon, SpruchG, Anh § 11 Rn. 129.)

(2.1.2) Ausweislich der vom Sachverständigen als Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 eingereichten Übersicht hat die KPMG auf der Grundlage der historischen Kurse der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) einen Betafaktor von 0,34 („adjusted") bzw. 0,01 („raw") ermittelt (nach Bl. 456). Zu Recht haben indessen weder die KPMG noch der Sachverständige oder das Landgericht diese Werte zur Schätzung des künftigen Betafaktors der Antragsgegnerin Ziffer 2) herangezogen. Der aus den historischen Kursdaten der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) errechnete „raw beta" ist zur Prognose des künftigen Betafaktors nicht geeignet; damit erscheint auch ein aus diesem Wert abgeleiteter adjustierter Betafaktor(Zur Adjustierung von Betafaktoren vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 178].) ungeeignet.

(2.1.3) Zwar lässt sich die fehlende Eignung nicht schon anhand der statistischen Gütewerte(Dazu OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 245 ff.].) feststellen, da weder das bei der Berechnung erreichte Bestimmtheitsmaß r2 noch der erreichte t-Wert bekannt sind.Unabhängig von den im Rahmen der Berechnungen der KPMG erreichten statistischen Gütewerten lässt sich aber bereits anhand der vom Sachverständigen ermittelten Daten zum Börsenhandel der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) feststellen, dass ein aufgrund der historischen Kurse der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) errechneter „raw beta" wegen des geringen Handels mit Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) für eine Betaschätzung ungeeignet ist. Eine geringe Liquidität der Aktie beeinträchtigt die Aussagekraft historisch ermittelter Betafaktoren.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 255]; vgl. Zimmermann, Schätzung und Prognose von Betawerten: Eine Untersuchung am deutschen Aktienmarkt, S. 115 ff.; Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, S. 325; ähnlich Stock, Zur Relevanz von CAPM-Anomalien für den deutschen Aktienmarkt, S. 66; Dörschell/Franken/Schulte, Kapitalkosten 2010 für die Unternehmensbewertung, S. 49.) Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerinnen zum Handelsvolumen der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Zeitraum vom 26.08.2002 bis zum Tag vor dem Bewertungsstichtag (14.04.2003) (vgl. Bl. 294 nebst Anlage 6 zum Schriftsatz vom 14.05.2005, Bl. 664) wurde der ohnehin nur geringe Streubesitz lediglich an 74 von 167 Börsentagen überhaupt gehandelt, wobei zwar an sechs Tagen mehr als 1.000 Stück, an 37 Handelstagen aber nur zwischen einem und 100 Stück und im Durchschnitt an jedem Handelstag nur 157 Aktien gehandelt wurden. Der Sachverständige hat im Zeitraum eines Jahrs vor der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht am 26.11.2002(Vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitraums für die Bestimmung der Messperiode OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 168].) sogar nur einen Handel mit Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) an 58 von 253 Börsentagen (entspricht 22,9%) bei einem durchschnittlichen Handelsvolumen von 62 Stück je Handelstag festgestellt (GA S. 132). Angesichts der Gesamtzahl der Aktien (8.440.000) entspricht das durchschnittliche Handelsvolumen während eines Jahres vor der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht damit nur rund 0,0007% des Aktienbestandes (GA S. 132); das durchschnittliche Handelsvolumen während eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag liegt mit 0,0017% des Aktienbestandes nicht wesentlich höher. Vor diesem Hintergrund ist mit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (GA S. 87) festzustellen, dass die historische Entwicklung der Renditen der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) das unternehmensspezifische Risiko nicht hinreichend zum Ausdruck zu bringen vermag. Zwar werden Korrekturverfahren vorgeschlagen, welche die Aussagekraft von historisch ermittelten Betafaktoren bei geringem Handelsvolumen verbessern sollen, etwa die Entnahme der Stichproben an den Tagen, an denen tatsächlich Handelstätigkeit festzustellen ist; dass die Beeinträchtigungen der Aussagekraft historisch ermittelter Betafaktoren auf diese Weise beseitigt werden können, ist aber nicht gesichert.(Vgl. dazu OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 169] m.w.N.)

(2.1.4) Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass dennoch die Heranziehung des eigenen historischen Betafaktors der Antragsgegnerin Ziffer 2) methodisch geboten sei. Fehl geht insbesondere der Einwand, dass andernfalls die Rechtfertigung zur Ermittlung des Risikozuschlags anhand des (Tax-)CAPM entfiele. Zwar liegt der wesentliche Ansatz des CAPM in der Ermittlung des Risikozuschlags anhand von Kapitalmarktdaten. Diese müssen aber nicht zwingend den eigenen Kursen der Aktien des Bewertungsobjekts entnommen werden. Entgegen einer in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur vertretenen Auffassung ist auch nicht davon auszugehen, dass geringe Betafaktoren typische Folge der Beherrschung eines Unternehmens sind. Zwar kommen empirische Studien bei Gesellschaften, bei denen ein Squeeze-Out durchgeführt wurde, zu dem Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen kleinen Betafaktoren und beherrschten Gesellschaften bestehe. Hiergegen spricht aber schon die in diesen Fällen wegen des geringen Handelsvolumens typischer Weise fehlende Aussagekraft der Kursdaten. Jedenfalls vermag die Auffassung vor dem Hintergrund einer Kontrollüberlegung nicht zu überzeugen: Tendierte der Betafaktor beherrschter Unternehmen gegen Null, entspräche der Kapitalisierungszinssatz in diesen Fällen tendenziell dem Basiszinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen. Es ist indessen nicht ersichtlich, warum sich der Mehrheitsaktionär sein aufgrund seines Beteiligungsumfangs entsprechend höheres unternehmerisches Risikos auch aus Sicht der außenstehenden Aktionäre nicht durch einen Risikozuschlag abgelten lassen sollte; allein die Beherrschung eines Unternehmens senkt zudem das unternehmerische Risiko nicht - durch die Abhängigkeit von einem Hauptaktionär kommt eher das Risiko von dessen Insolvenz als zusätzliches Risiko hinzu.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 170 bis 173]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 255].)

(2.1.5) Im konkreten Fall der Antragsgegnerin Ziffer 2) können die Antragsteller auch nicht darauf verweisen, dass die operative Tätigkeit der Antragsgegnerin Ziffer 2) als Energieversorger insbesondere vor dem Hintergrund des Stromhandels mit der Antragsgegnerin Ziffer 1) nahezu risikofrei sei (Bl. 113, 567). Energieversorgungsunternehmen mögen zwar einem geringeren unternehmensspezifischen Risiko unterliegen als Unternehmen anderer Branchen; dem trägt ein Risikozuschlag von insgesamt nur 1,6% im KPMG-Gutachten bzw. 1,815% nach den Ansätzen des Senats aber grundsätzlich Rechnung. Der Stromhandel mit der Antragsgegnerin Ziffer 1) nimmt der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Übrigen nicht das unternehmerische Risiko ab.

(2.1.6) Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein aus historischen Kursdaten der eigenen Aktie ermittelter Betafaktor bei vertraglich beherrschten Unternehmen ohnehin ungeeignet für eine Prognose des künftigen Betafaktors des Unternehmens ist (ÜB S. 78; GA S. 87), weil die durch die Garantiedividende geschützten außenstehenden Aktionäre nur noch eingeschränkt am Risiko des Unternehmens teilhaben.

(2.2) Sind die historischen Renditen der Aktie des zu bewertenden Unternehmens nicht zur Schätzung des künftigen Betafaktors geeignet, ist auf die Daten geeigneter Vergleichsunternehmen (Peer Group) abzustellen. Dabei ist hier allerdings nicht auf den von KPMG abgeleiteten Wert von 0,32, sondern auf den - wenn auch nur geringfügig - höheren Wert des Sachverständigen von 0,33 abzustellen.

(2.2.1) KPMG leitete aus einer Peer-Group-Betrachtung einen Betafaktor von 0,32 ab. Dabei wurden die M. E. AG, die B. AG, die L.-E. AG und die K. R. AG einbezogen. Daraus ermittelte die KPMG nach Ausblendung des Kapitalstrukturrisikos der Vergleichsunternehmen(Zur Berücksichtigung des Kapitalstrukturrisikos beim Betafaktor vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 272].) einen Betafaktor der unverschuldeten Unternehmen („unleveraged raw beta") von durchschnittlich 0,03. In ihrem Rechenmodell verwendete KMPG jedoch nicht diesen, sondern einen durch weitere Rechenschritte - im Zweifel durch anteilige Berücksichtigung des Risikos des Marktportfolios - korrigierten Wert („adjusted beta")(Zur Adjustierung von Betafaktoren vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 178].) von 0,32 (vgl. Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008).

(2.2.2) Der Sachverständige leitete den Betafaktor demgegenüber selbständig aus einer von ihm abweichend zusammengestellten Peer Group ab.

Dabei ermittelte er die historischen Renditen von Versorgungsunternehmen während einer Messperiode von fünf Jahren auf der Grundlage monatlicher Intervalle und mit dem DAX als Bezugsindex. Auf dieser Grundlage bezog er von insgesamt 12 Unternehmen nur die X. AG, die Y. AG und die L. E. AG in seine Peer Group ein, weil deren Betafaktoren ein Bestimmtheitsmaß r2 von mehr als 0,1 aufwiesen. Unter Ausblendung des Kapitalstrukturrisikos errechnete der Sachverständige für diese Peer Group einen durchschnittlichen Betafaktor der unverschuldeten Unternehmen („unleveraged beta") von 0,33 (GA S. 88; vgl. zu den Einzelheiten Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008).

Anders als bei dem Betafaktor der KPMG von 0,32 handelt es sich bei dem Betafaktor des Sachverständigen von 0,33 - wie dieser in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat (Bl. 803) - nicht um einen adjustierten Wert, sondern um einen „raw beta" (vgl. Anlage 3 und 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008). Etwaige Bedenken gegen die Adjustierung von Betafaktoren können dem Wert des Sachverständigen deshalb nicht entgegen gehalten werden.

Nicht zu beanstanden ist entgegen der Auffassung einzelner Antragsteller (Bl. 803), dass der Sachverständige einzelne der von ihm untersuchten Unternehmen, deren Betafaktor zwar deutlich unter demjenigen der X. AG, der Y. AG und der L. E. AG lag, aber das Bestimmtheitsmaß von 0,1 nicht erreichte, nicht in die Peer Group aufgenommen hat. Hierdurch wurde die Peer-Group-Ableitung des Betafaktors nicht nach oben verzerrt(Bl. 342). Die Nichtberücksichtigung von Unternehmen, deren Betafaktor nur ein geringes Bestimmtheitsmaß aufweist, hat nicht den Ansatz zu niedriger Betafaktoren zur Folge, sondern dient der Plausibilitätskontrolle.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 177].) Dabei ist zu bedenken, dass die Betafaktoren der ausgeschiedenen Unternehmen schon vor ihrer Bereinigung um das Kapitalstrukturrisiko einen Wert zwischen 0,11 und -0,13 aufwiesen, also nahe Null oder sogar negativ waren (vgl. Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008; ähnlich verhielt es sich bei den von der KPMG betrachteten, bei Zusammenstellung der Peer Group aber ausgeschiedenen Unternehmen mit Betafaktoren zwischen 0,12 und -0,06, vgl. Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2008). Ein negativer Betafaktor unterstellt indessen, dass sich das unternehmensspezifische Risiko entgegen dem Marktrisiko entwickelt, das heißt, dass die Rendite der Aktie fällt, während die Rendite des Marktportfolios steigt; eine solche Entwicklung ist in der Praxis nur selten anzutreffen. Ein Betafaktor von Null oder gar unter Null unterstellt, dass das unternehmensspezifische Risiko demjenigen eines (quasi) risikofreien Wertpapiers entspricht oder gar darunter liegt; eine solche Annahme widerspricht regelmäßig den tatsächlichen Gegebenheiten (dazu oben (2.1) (2.1.4)).(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 177].)

(2.2.3) Wenngleich damit eine - allerdings nur marginale - Reduzierung des Unternehmenswerts zulasten der übrigen Aktionäre einhergeht, ist hier nicht der Wert der KPMG, sondern derjenige des Sachverständigen anzusetzen. Die Peer-Group-Ableitung des Sachverständigen zeichnet sich durch eine deutlich höhere Richtigkeitsgewähr aus, weil seine Peer Group nur Betafaktoren mit hinreichenden Bestimmtheitsmaßen enthält.

(2.3) Nicht zu entscheiden ist, ob der Betafaktor demgegenüber im Hinblick auf die weiteren Überlegungen des Sachverständigen zur Unter- bzw. Obergrenze einer plausiblen Bandbreite von Betawerten (Bl. 491 f., GA S. 90) weiter zu erhöhen ist. Setzte man anstelle eines Betafaktors von 0,33 einen solchen von 0,40 an, errechnete sich - bei Zugrundelegung der Auffassung des Senats im Übrigen - anhand der Ertragswertmethode ein Betrag je Aktie, der unter dem angebotenen Betrag von 396,50 Euro läge. Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob der vom Sachverständigen lediglich zur Begründung der Vertretbarkeit einer Erhöhung des Betafaktors auf 0,4 angeführten, seitens der übrigen Aktionäre kritisierten (Bl. 801) Überlegung zu folgen ist, aus den Pensionsverpflichtungen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und aus den Rückstellungen für den Ausstieg aus der Kernenergie, die „bei Zahlung zukünftig zu einem Anstieg der Verschuldung führen, soweit die fälligen Zahlungen nicht aus thesaurierten Mitteln gedeckt werden können" (GA S. 88), folge eine „faktische Verschuldung", welche die Berücksichtigung eines Kapitalstrukturrisikos neben dem operativen Risiko nahe legen könnte.

cc) Mit dem Sachverständigen und dem Landgericht nicht zu beanstanden ist schließlich der im KPMG-Gutachten in Höhe von 0,5% angesetzte Wachstumsabschlag.

(1) Der Wachstumsabschlag dient der Berücksichtigung der nachhaltig erwarteten Gewinnsteigerungen des Unternehmens; vereinfacht formuliert handelt es sich um einen hinsichtlich der Konjunkturzyklen geglätteten Wachstumstrend.(Widmann/Schieszl/Jeromin, Finanz Betrieb 2003, 800, 808.)

(1.1) Ein thesaurierungsbedingtes Wachstum scheidet hier aus, da zwar entsprechend den Empfehlungen von IDW S1 2005 nur eine Teilausschüttung geplant ist, die thesaurierten Überschüsse aber den Anteilseignern fiktiv unmittelbar zugerechnet werden (dazu oben b) gg)). Vor dem Hintergrund der verhaltenen Wachstumsannahmen der Unternehmensplanung (dazu oben b) ff) (5)) dürften Mengenänderungen in Phase II ebenfalls keine wesentliche Rolle spielen.

(1.2) Stattdessen dient der Wachstumsabschlag hier im Wesentlichen dazu, darzustellen, inwieweit das Unternehmen nachhaltig in der Lage sein wird, die in seinem Fall erwarteten - nicht notwendig mit der Inflationsrate identischen Preissteigerungen auf der Beschaffungsseite (z.B. Materialkosten und Personalkosten) - durch entsprechende eigene Preissteigerungen an seine Kunden weiterzugeben. Der im Unternehmenswertgutachten der KPMG angesetzte Wachstumsabschlag von 0,5% bringt dabei die Erwartung zum Ausdruck, die Antragsgegnerin Ziffer 2) werde zwar nachhaltig Kostensteigerungen im unternehmensspezifischen Bereich durch Preiserhöhungen auf ihre Kunden überwälzen oder durch Effizienzgewinne kompensieren können und darüber hinaus eine Gewinnwachstum von 0,5% erreichen, sich der allgemeinen Geldentwertung aber nicht entziehen können, weil ihr Gewinnwachstum hinter der allgemeinen Inflationserwartung zurückbleibt (vgl. ÜB S. 79, GA S. 92, ErgGA S. 11).

(2) Die Einwände der Antragsteller gegen die Ausführungen des Sachverständigen zur allgemeinen Gewinnerwartung deutscher Wirtschaftsunternehmen greifen demgegenüber nicht durch.

(2.1) Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass vor dem Hintergrund des durchschnittlichen Gewinnwachstums der deutschen Unternehmen in der Vergangenheit im Durchschnitt ein Gewinnwachstum von 0,7% bis 0,9% plausibel sei. Dazu führte er aus, dass das durchschnittliche Gewinnwachstum in der Vergangenheit stets unter der Inflationsrate gelegen habe und zwar vergleichsweise konstant bei 45% der Inflationsrate (GA S. 92). Setze man den Wachstumsabschlag bei 45% der Inflationserwartungen an, errechne sich bei einer - angesichts des Zielwerts EZB von 2% - zu erwartenden Inflation in Höhe von 1,5% bis 2% ein Wert von 0,7% bis 0,9% (GA S. 92).

(2.2) Die demgegenüber erhobenen Einwände gehen fehl.

(2.2.1)Der Annahme von Gewinnsteigerungen unterhalb der Inflationsrate kann nicht entgegen gehalten werden, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Fall „schrumpfen" würde (Bl. 523). Die erwarteten Gewinnsteigerungen sind vom erwarteten Wachstum einer Volkswirtschaft zu unterscheiden. Stimmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur weisen darauf hin, dass das erwartete Wachstum des Bruttoinlandsprodukts die Wachstumserwartungen der Unternehmen nach oben begrenze, weil jedenfalls nicht auf Dauer unterstellt werden könne, dass ein einzelnes Unternehmen rascher wachse als die Volkswirtschaft.(Vgl. Kruschwitz/Löffler/Essler, Unternehmensbewertung für die Praxis, S. 103.)

(2.2.2)Dahinstehen kann, dass einzelne wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen des historischen Gewinnwachstums deutscher Unternehmen jüngst zu dem Ergebnis kommen, dass die Unternehmensgewinne in der Vergangenheit stärker gestiegen sein sollen als die Inflation.(Knoll/Lobe/Thomas, BewertungsPraktiker Nr. 1/2009, 12 ff.; Creutzmann, BewertungsPraktiker Nr. 1/2011, 24 ff.; anders allerdings Widmann/Schieszl/Jeromin, Finanz Betrieb 2003, 800, 809.) Dies gilt auch für die von den übrigen Aktionären in der mündlichen Verhandlung angesprochene Untersuchung.(Christina Bark, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, S. 151 Tabelle 10: Geometrisches Wachstum der nominellen Jahresüberschüsse von 1988 bis 2007 im Durchschnitt aller Gewerbe 3,0%.) Soweit es sich dabei um Untersuchungen mit vergleichsweise kurzen Erhebungszeiträumen vom Beginn der 1990er Jahre bis 2007 / 2009 handelt,(Vgl. Creutzmann, BewertungsPraktiker Nr. 1/2011, 24 ff.) scheint bereits ihre Eignung für die Prognose des langfristigen Gewinnwachtsums fraglich. Gerade bei der Untersuchung kurzer Zeiträume kommt der Auswahl des Erhebungszeitraums angesichts der Volatilität der Gewinnentwicklung in den einzelnen Jahren eine überragende Bedeutung zu. Untersuchungen mit Erhebungszeiträumen, die vor Beginn der Finanzkrise enden, kommen beispielsweise im Vergleich zu Untersuchungen, die kurze Zeit später enden, zu Unterschieden von rund 100%.(Vgl. Creutzmann, BewertungsPraktiker Nr. 1/2011, 24, 26: Durchschnittliches Gewinnwachstum 1992 bis 2009: 2,4% p.a. - durchschnittliches Gewinnwachstum 1992 bis 2007: 4,8% p.a.) Im Übrigen führen die Auswahl der Untersuchungszeiträume, Friktionen infolge der Berücksichtigung nicht abgeschlossener Konjunkturzyklen sowie das Erfordernis der Ausblendung von Kapitalerhöhungen und steuerrechtlichen Effekten grundsätzlich zu unterschiedlichen Untersuchungsergebnissen. Eine gefestigte Auffassung ist in der wirtschaftswissenschaftlichern Literatur deshalb derzeit nicht ersichtlich. Für den Senat besteht vor diesem Hintergrund kein Anlass, von den Annahmen des Sachverständigen abzuweichen.

(2.2.3)Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von einzelnen Beschwerdeführern angeführten Studien der EZB (Bl. 523).(EZB, Monatsbericht September 2007, 47 ff.) Zwar findet sich dort für den Euroraum die Feststellung, dass von 1974 bis 2004 die Unternehmensgewinne stärker gestiegen seien als das Bruttoinlandsprodukt. Dieses Ergebnis wird von der Studie aber selbst relativiert. Neben dem Umstand, dass die Zusammensetzung der Gruppe der Unternehmen im Untersuchungszeitraum mit der Änderung der Zusammensetzung der Aktienindizes wechselt, wird insbesondere auf den Umstand hingewiesen, dass große Teile der Unternehmensgewinne duch Tätigkeiten in anderen Volkswirtschaften erzielt wurden.(EZB, Monatsbericht September 2007, 47, 50.) Für die Überprüfung der Prognose des Gewinnwachstums eines im Wesentlichen in Deutschland tätigen Unternehmens wie der Antragsgegnerin Ziffer 2) ist die Studie schon aus diesem Grund nicht hinreichend aussagekräftig.

(3) Die konkreten Verhältnisse der Antragsgegnerin Ziffer 2) gebieten nicht, den Wachstumsabschlag über 0,5% anzusetzen; sie rechtfertigen seine Verortung unterhalb des durchschnittlichen Gewinnwachstums der Wirtschaftsunternehmen.

(3.1) Zunächst ist zu bedenken, dass bei der Bestimmung des Wachstumsabschlags nicht schematisch auf das erwartete Durchschnittswachstum der Gesamtwirtschaft abgestellt werden kann, weil sich dieses aus der Summe des Wachstums aller gegenwärtig und künftig tätigen Unternehmen speist und dadurch Einbrüche einzelner Unternehmen mit Zuwächsen bei ihren Wettbewerbern oder durch den Markteintritt neuer Unternehmen kompensiert werden.(OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 288].)

(3.2) Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) ein Versorgungsunternehmen ist, gebietet nicht, anzunehmen, dass sie sich künftig nachhaltig der allgemeinen Geldentwertung durch eine der allgemeinen Inflationsrate entsprechende Ergebnissteigerung entziehen könnte.

(3.2.1)Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Entwicklung der Haushalts- und Verbraucherpreise in den letzten Jahren nach einer Studie der EZB(EZB, Monatsbericht März 2008, 64, 64 f.) wesentlich durch die Energiepreise bestimmt wurde (Bl. 525). Dass die Energiepreise für die Haushalte und Verbraucher gestiegen sind, bedeutet nicht notwendig, dass es den Energieversorgungsunternehmen gelungen ist, gegenüber ihren Kunden Preiserhöhungen durchzusetzen, die wesentlich über ihre - nicht notwendig mit der allgemeinen Geldentwertung identischen - Kostensteigerungen auf der Beschaffungsseite hinausgehen. Erst recht lässt die Entwicklung der Haushalts- und Verbraucherpreise keine Schlüsse auf den Bereich der Sondervertragskunden und der Weiterverteiler zu, die einen wesentlichen Teil der geplanten Umsatzerlöse der Antragsgegnerin Ziffer 2) ausmachen (GA S. 22).

(3.2.2) Aus dem nach Aufhebung des Versorgungsmonopols fortbestehenden „Leitungsmonopol" der Antragsgegnerin Ziffer 2) als Netzbetreiber (Bl. 633) folgt nichts Anderes. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die zum Bewertungsstichtag eingeleitete Deregulierung der Strom- und Gasmärkte, welche die Trennung von Netzbetreiber und Versorger zulässt, die Möglichkeit der vollständigen Weitergabe künftiger Kostensteigerungen an die Kunden in Frage stellte (GA S. 92). Dem entspricht, dass die Absatzpreise der Antragsgegnerin Ziffer 2) nach Einleitung der Deregulierung des Strommarktes 1999 und 2000 rückläufig waren (ÜB S. 46). Dabei ist zu bedenken, dass ein ehemaliger Gebietsmonopolist nach Aufhebung des Monopols in seinem Versorgungsgebiet grundsätzlich nur Kunden verlieren kann und Absatzrückgänge durch Energieeinsparmaßnahmen drohen (vgl. oben b) ff) (4)).

(3.2.3) Zwar geht die Unternehmensplanung davon aus, dass die Antragsgegnerin Ziffer 2) zur Durchsetzung von Preissteigerungen in der Zukunft in der Lage sein wird (ÜB S. 46 f.). Dabei ist zu bedenken, dass mit einem weiteren erheblichen Anstieg der gesetzlichen Belastungen zu rechnen ist, etwa durch die Einspeisevergütung für Solarstrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die gesetzlichen Belastungen machen zwar ausweislich der vom Sachverständigen anlässlich des Termins zur mündlichen Verhandlung am 30.09.2008 zur Veranschaulichung vorgelegten Unterlagen des Branchenverbandes BdEW einen wesentlichen Teil des Strompreises für den Endabnehmer aus, bilden aber nur einen Teil der Kosten der Antragsgegnerin Ziffer 2) ab. Entgegen der Ansicht der übrigen Aktionöre kann nicht unterstellt werden, dass der weitere Anstieg der gesetzlichen Belastungen die Preise „mitziehe" (Bl. 801). Im Gegenteil ist mit dem Sachverständigen davon auszugehen, dass ein weiterer Anstieg gesetzlicher Belastungen die Möglichkeit der vollständigen Überwälzung anderer Kostensteigerungen auf Beschaffungsseite, etwa bei den Brennstoffkosten oder den Kosten des Atomausstiegs, in Frage stellt (GA S. 92), weil damit die Spielräume für durchsetzbare Preiserhöhungen insgesamt reduziert werden.

(3.3) Mit dem Sachverständigen ist daher der im KPMG-Gutachten angesetzte Wachstumsabschlag von 0,5% nicht zu beanstanden. Dahinstehen kann, dass der Sachverständige eine Bemessung des Wachstumsabschlags mit 0,9% ebenfalls für „plausibel" erachtet und den Wert von 0,5% als „eher vorsichtig bemessen" bezeichnet (GA S. 92 f.). Die Bemessung des Wachstumsabschlags mit 0,5% erscheint hier jedenfalls im Ergebnis zutreffend, weil dieser Wert die vertretbaren Wachstumserwartungen der Unternehmensplanung (dazu b) ff) (4)) folgerichtig widerspiegelt, die rechnerisch durch eine Erhöhung des für Phase II nominell prognostizierten Ergebnisses um 0,5% umgesetzt wurden (ÜB S. 76).

dd) Daraus ergeben sich folgende Kapitalisierungszinssätze:

Phase I

Phase II

        

2003

2004

2005

2006

        

Basiszinssatz

 5,000% 

 5,000% 

 5,000% 

 5,000% 

5,000%

nach Steuern

3,250%

3,250%

3,250%

3,250%

3,250%

Marktrisikoprämie

5,500%

5,500%

5,500%

5,500%

5,500%

Betafaktor

0,33

0,33

0,33

0,33

0,33

Risikozuschlag

1,815%

1,815%

1,815%

1,815%

1,815%

Zwischensumme

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

Zwischensumme

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

Wachstumsabschlag

        

        

        

        

 -0,500% 

Kapitalisierungszinssatz  

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

4,565%

Anhand dieser Kapitalisierungszinssätze errechnet sich zum 31.12.2002 ein Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens von rund 2,25 Mrd. Euro:

Beträge in TEuro

Phase I

Phase II

        

2003

2004

2005

2006

        

zu kapitalisierendes Ergebnis

100.127

112.305

105.375

104.449

104.544

Kapitalisierungszinssatz

5,065%

5,065%

5,065%

5,065%

4,565%

        

 1,050650 

 1,050650 

 1,050650 

 1,050650 

        

        

1

2

3

4

        

        

0,95179

0,90591

0,86224

0,82067

17,97740

Barwerte

95.300

101.738

90.858

85.718

 1.879.425 

Barwert per 31.12.2002

2.253.039

d) Diesem Barwert der künftigen Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens zum 31.12.2002 sind Sonderwerte hinzuzurechnen.

aa) Dies gilt zunächst für den Sonderwert Kernkraft in Höhe von 1.155.433 TEuro, der im Rechenmodell des KPMG-Gutachtens den Saldo der Auswirkungen des Atomausstiegs auf den Barwert der künftigen Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens abbildet; der Sonderwert Kernkraft wurde nach den Feststellungen des Sachverständigen jedenfalls nicht zum Nachteil der übrigen Aktionäre bemessen (dazu oben b) ee) (4) (4.3) (4.3.2)).

bb) Einen weiteren Sonderwert bildet der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, das im Fall der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Wesentlichen aus Grundvermögen besteht. Gegen die Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Grundvermögens haben sich in erster Instanz vor allen Dingen der gemeinsame Vertreter (Bl. 236) sowie der Antragsteller Ziffer 17) (Bl. 115 ff., 262 ff.) gewandt; letzterer hält seine Einwände im Beschwerdeverfahren aufrecht (Bl. 568 f.). Mit dem Landgericht und dem Sachverständigen sind allerdings keine Umstände festzustellen, die Anlass zu einer wesentlichen Erhöhung des Unternehmenswerts zugunsten der übrigen Aktionäre gäben. Im Einzelnen ist zwischen Grundstücken mit Wohnbebauung (dazu unten (1)), Freiflächen (dazu unten (2)) sowie dem vormaligen Hauptverwaltungssitz der Antragsgegnerin Ziffer 2) in S. (dazu unten (3)) zu unterscheiden.

(1) Bei den Grundstücken mit Wohnbebauung wenden sich die Antragsteller zum einen gegen die Bewertung der im KPMG-Gutachten mit insgesamt 43.000 qm ausgewiesenen nicht betriebsnotwendigen Wohnungen (dazu unten (1.1)) und zum anderen gegen die dort angenommene Abgrenzung zwischen betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Vermögen (dazu unten (1.2)). In beiden Fällen ist das KPMG-Gutachten allerdings mit dem Sachverständigen nicht zu beanstanden.

(1.1) Zur Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ist der Liquidationswert zu ermitteln. Dies ist der Erlös, der sich bei bestmöglicher Einzelveräußerung der Vermögensgegenstände nach Abzug der Liquidationskosten erzielen ließe.(Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2008, 883 [juris Rn. 96].) Der Wertansatz für die Wohnimmobilien ist danach im KPMG-Gutachten zutreffend ermittelt worden.

(1.1.1) Im KPMG-Gutachten wurde für die dort als nicht betriebsnotwendig ausgewiesenen Wohnimmobilien (ca. 600 Wohnungen mit insgesamt 43.000 qm) ein Marktwert von 60 Mio. Euro angesetzt (ÜB. S. 84), der in etwa einem Quadratmeterpreis von 1.395,00 Euro entspricht. Die pauschale Behauptung einzelner Antragsteller, der Quadratmeterpreis sei bei 1.500,00 Euro anzusetzen, dringt gegenüber den auf Einzelabschätzungen der erzielbaren Erlöse beruhenden Ansätzen des KPMG-Gutachtens nicht durch.

(1.1.2) Der Sachverständige hat den Vortrag der Antragsgegnerinnen bestätigt, wonach die Schätzung des Marktwertes auf einem Schreiben der S. W.gesellschaft mbH vom 15.05.2000 beruht, die für damals rund 725 Wohnungen der Antragsgegnerin Ziffer 2) bzw. eine Wohnfläche von 53.000 qm im Einzelnen mögliche Verkaufserlöse schätzte (AG 5, Bl. 654 ff.). Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass sich bei Fortschreibung der dortigen Wertangaben mit einer jährlichen Preissteigerungsrate von 1,6% zum Bewertungsstichtag ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 1.440,00 Euro ergibt, der nur geringfügig über dem im KPMG-Gutachten angesetzten Wert liegt (GA S. 116); dieser Durchschnittspreis berücksichtigte auch die relativ höheren Preise für Grundstücke in S. (GA S. 117).

(1.2) Dahinstehen kann, ob die weiteren rund 200 Wohnungen der Antragsgegnerin Ziffer 2) mit einer Wohnfläche von rund 15.000 qm entsprechend der Auffassung einzelner Antragsteller und des gemeinsamen Vertreters (Bl. 236) entgegen ihrer Zuordnung im KPMG-Gutachten ebenfalls als nicht betriebsnotwendiges Vermögen einzuordnen sind.

(1.2.1) Die fehlende Betriebsnotwendigkeit folgt entgegen der Auffassung eines Antragstellers nicht schon aus dem Umstand, dass die Grundstücke, auf denen sich die Wohnungen befinden, bereits vor dem Bewertungsstichtag auf eine Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin Ziffer 2) ausgegliedert wurden (Bl. 232). Anders als bei einem Verkauf an nicht konzernangehörige Dritte behält die Antragsgegnerin Ziffer 2) - wenn auch vermittelt durch eine Tochtergesellschaft - ihre Nutzungsrechte als Eigentümerin.

(1.2.2) Ob die rund 200 Wohnungen im KPMG-Gutachten zu Recht als betriebsnotwendiges Vermögen eingeordnet wurden, weil sie sich entweder direkt auf oder neben einem Betriebsgelände befinden bzw. weil dort Trafostationen eingebaut sind, ist im Übrigen nicht zu entscheiden. Selbst wenn man mit dem gemeinsamen Vertreter annähme, die Wohnungen seien durch Begründung von Sondereigentum, Ausmessen von Teilflächen oder Begründung von Grunddienstbarkeiten veräußerbar, würde sich der Unternehmenswert nicht nennenswert zugunsten der übrigen Aktionäre erhöhen. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die gemischte Nutzung der Grundstücke, auf denen sich die rund 200 Wohnungen befinden, eine Veräußerung jedenfalls erheblich erschwere. Wegen der infolgedessen nur geringen Verkaufserlöse erhöhe sich der Unternehmenswert im Fall ihrer Behandlung als nicht betriebsnotwendiges Vermögen nur um unwesentliche Beträge, wenn Liquidationskosten, Steuern und der Wegfall der Erträge dieser Objekte gegenüber gestellt werden (GA S. 118).

(2) Eine differenziertere Betrachtung ist nach den Ausführungen des Sachverständigen indessen bei den Freiflächen geboten.

(2.1) Für die überwiegende Anzahl der Freiflächen, die im KPMG-Gutachten als nicht betriebsnotwendiges Vermögen behandelt wurden, hat der Sachverständige diese Einstufung bestätigt.

(2.1.1) Dabei ging der Sachverständige zu Recht davon aus, dass betriebsnotwendiges und nicht betriebsnotwendiges Vermögen funktional abzugrenzen sind; nicht betriebsnotwendig sind danach nur diejenigen Vermögensgegenstände, die frei veräußert werden können, ohne dass hierdurch die eigentliche Unternehmensaufgabe berührt wird (GA S. 115).(Vgl. OLG Düsseldorf, AG 2002, 398 [juris Rn. 48].)

(2.1.2) Überzeugend hat der Sachverständige vor diesem Hintergrund sämtliche Freiflächen als betriebsnotwendig eingeordnet, die zum Bewertungstichtag mit Umspannwerken, Netzstationen oder Verwaltungsgebäuden der Antragsgegnerin Ziffer 2) bebaut waren. Ebenso überzeugend hat er darüber hinaus nicht bebaute Grundstücke mit einer Grundfläche von weniger als 100 qm dem betriebsnotwendigen Vermögen zugerechnet, weil sich diese Flächen nur für eine Bebauung mit Umspannwerken oder Trafohäuschen eignen, nicht aber für eine Nutzung zu Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken außerhalb des Unternehmensgegenstandes der Antragsgegnerin Ziffer 2) (GA S. 118). Hinsichtlich des von einem Antragsteller angeführten Parkplatzes in L. hat der Sachverständige zu Recht aus seiner ausschließlichen Nutzung durch die Mitarbeiter des dortigen Regionalzentrums der Antragsgegnerin Ziffer 2) auf seine Betriebsnotwendigkeit geschlossen (GA S. 123).

(2.2) Hinsichtlich einzelner Freiflächen hat der Sachverständige die Zuordnung zum betriebsnotwendigen Vermögen durch das KPMG-Gutachten zwar zutreffend verneint. Daraus folgt aber keine wesentliche Änderung des Unternehmenswerts zugunsten der übrigen Aktionäre; das nicht betriebsnotwendige Vermögen zum 31.12.2002 ist lediglich um 7,2 Mio. Euro zu erhöhen.

(2.2.1) Nicht betriebsnotwendig sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zehn Bauplätze mit Einzelflächen von jeweils zwischen 100 und 1.000qm im Umland von S., die jeweils einen Veräußerungserlös von höchstens 300.000 Euro erwarten lassen, insgesamt also 3,0 Mio Euro (GA S. 118), sowie die vom Antragsteller Ziffer 17) beanstandeten, bis 2007 ungenutzten oder bis dahin veräußerten Grundstücke in K., deren Liquidationserlös insgesamt rund 600.000 Euro beträgt (GA S. 120).

(2.2.2) Des Weiteren hat der Sachverständige überzeugend zwar die Betriebsnotwendigkeit einer Renaturierungsfläche von 1.2445 qm verneint, dafür wegen eines geringeren Bodenwerts aber nur einen Liquidationswert von rund 500.000 Euro angenommen (GA S. 119). Angesichts der Einstellung der Gaskokerei L. und der bereits teilweise durchgeführten Veräußerung des Betriebsgeländes hat der Sachverständige nachvollziehbar auch die restliche Fläche des vormaligen Betriebsgeländes als nicht betriebsnotwendiges Vermögen eingestuft und einen Liquidationswert von 400.000 Euro ermittelt (GA S. 123). Daneben hat der Sachverständige den von der Antragsgegnerin Ziffer 2) überlassenen Unterlagen zwei weitere Grundstücke entnommen, die mangels Nutzung für den Unternehmenszweck der Antragsgegnerin Ziffer 2) von ihm zutreffend als nicht betriebsnotwendig eingestuft wurden: Dies betrifft zum einen ein Grundstück in B. mit einem Liquidationswert von 900.000 Euro und zum anderen ein in S.-M. als Lagerfläche genutztes Grundstück mit einem Liquidationswert von 800.000 Euro (GA S. 123).

(2.2.3) Schließlich hat der Sachverständige überzeugend Ausgleichsflächen entgegen der Einordnung des KPMG-Gutachtens als nicht betriebsnotwendig eingestuft. Diese Flächen dürfen zwar nicht bebaut werden, sondern müssen als Grünland erhalten werden; dies steht aber ihrer Veräußerung jedenfalls nicht in Bezug auf die gesamte Fläche entgegen. Bei Ansatz eines - den Nutzungsbeschränkungen entsprechenden - geringen Verkaufserlöses von 2,50 Euro je Quadratmeter nebst einem Abschlag von 30% für einzelne betriebsnotwendige Flächen hat der Sachverständige einen Veräußerungserlös ermittelt. Dieser Wert sei mangels stiller Reserven zwar nicht um Unternehmenssteuern, aber um die typisierten persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner zu reduzieren, so dass sich der Unternehmenswert im Ergebnis um 1,0 Mio. Euro erhöhen würde (GA S. 120).

(2.2.4) Behandelt man die vorgenannten Freiflächen entgegen dem KPMG-Gutachten als nicht betriebsnotwendiges Vermögen, erhöht sich der Unternehmenswert allerdings nicht um die prognostizierten Veräußerungserlöse, sondern nur um denjenigen Betrag, der hiervon nach Abzug der Kosten und Steuern verbleibt. Dabei sind zum einen die im Veräußerungsfall zu entrichtenden Unternehmenssteuern abzuziehen.(OLG Düsseldorf, AG 2002, 398 [juris Rn. 57].) Zum anderen sind - parallel zum Vorgehen bei der Ausschüttung der Überschüsse des betriebsnotwendigen Vermögens - die typisierten persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner in Abzug zu bringen (dazu oben b) gg)).

(2.2.5) Soweit der Sachverständige die Liquidationswerte der Freiflächen angegeben hat (GA S. 119, 120, 123), sind diese Abzugsposten indessen bereits berücksichtigt, so dass sich der Unternehmenswert bei Behandlung der Freiflächen als nicht betriebsnotwendiges Vermögen unmittelbar um diese Beträge erhöht. Bei den nicht betriebsnotwendigen Bauplätzen hat der Sachverständige zwar nur Veräußerungs- bzw. Liquidationserlöse geschätzt (GA S. 118, 120). Angesichts des überschaubaren Gesamtbetrages dieser Posten dürften die Abzüge durch Liquidationskosten und Steuern aber hier ebenfalls überschaubar sein, so dass es insgesamt angemessen scheint, den Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zum 31.12.2002 unmittelbar um die Summe der vorgenannten Einzelwerte - also um 7,2 Mio. Euro - zu erhöhen.

(3) Dahinstehen kann schließlich, ob zum Bewertungsstichtag der Umzug der Hauptverwaltung der Antragsgegnerin Ziffer 2) von eigenen Grundstücken in der S. Innenstadt in angemietete Räume in S.-F. bereits geplant war und ob deshalb die entsprechenden Grundstücke - anders als im KPMG-Gutachten geschehen - nicht als betriebsnotwendiges, sondern als nicht betriebsnotwendiges Vermögen zu behandeln sind.

(3.1) Der Sachverständige hat ermittelt, dass bei Berücksichtigung des zusätzlichen Aufwands durch einmalige Umzugskosten und laufende Mietkosten, der Ertragseinbußen durch den Wegfall von Mieteinnahmen aus fremdgenutzten Gebäudeteilen sowie der Belastungen durch Veräußerungskosten und durch Steuern der Unternehmenswert bei einer Behandlung der Grundstücke als nicht betriebsnotwendiges Vermögen zu Lasten der übrigen Aktionäre um 22,3 Mio. Euro geringer ausfiele als im Fall ihrer Behandlung als betriebsnotwendiges Vermögen entsprechend dem KPMG-Gutachten (GA S. 122).

(3.2) Die vom Antragsteller Ziffer 17) (Bl. 263) der Antragsgegnerin Ziffer 2) zugerechneten Grundstücke K.-straße und Kr.-straße in S. gehörten ausweislich des vom Sachverständigen durchgeführten Abgleichs mit der zur Hauptversammlung am 15.04.2003 vorgelegten Immobilienaufstellung nicht der Antragsgegnerin Ziffer 2) (GA S. 122). Zwar werden diese Grundstücke heute von der Antragsgegnerin Ziffer 1) genutzt. Dies beruht aber nicht darauf, dass sie ursprünglich im Eigentum der Antragsgegnerin Ziffer 2) standen; vielmehr gehörten sie ursprünglich der E.-V. S. AG (EVS) (Bl. 592).

e) Nach Hinzurechnung der Sonderwerte (dazu oben d)) ermittelt sich ein Unternehmensbarwert zum 31.12.2002 in Höhe von knapp 3,5 Mrd. Euro.

Beträge in TEuro

Erträge betriebsnotwendiges Vermögen

ohne Sonderwert Kernkraft

        

2.253.039

Sonderwert Kernkraft

(Auswirkungen Atomausstieg)

NKK

 517.692 

  1.155.433  

        

TKK

637.741

        

Grundvermögen

./. aus technischen Gründen

nicht veräußerbar

Buchwert

11.609

47.574

        

 Marktwert geschätzt 

60.000

        

Veräußerungsgewinn

        

48.391

        

Veräußerungskosten

        

-11.061

        

ausschüttbar an Anteilseigner

        

48.939

        

typisierte persönliche

Ertragsteuern Anteilseigner

        

-8.564

        

Werterhöhung Freiflächen

(dazu oben d) bb) (2) (2.2) (2.2.5))  

        

7.200

        

Unternehmenswert per 31.12.2002

        

        

3.456.046

Dieser Wert ist zum Bewertungsstichtag am 15.04.2003 aufzuzinsen. Dabei ist entgegen dem KPMG-Gutachten nicht nur der Nachsteuerbasiszinssatz anzusetzen, sondern der volle Kapitalisierungszinssatz für die Phase I. Der Sachverständige hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht erst die nach dem Bewertungsstichtag erwarteten, sondern sämtliche in der ersten Periode erwarteten Erträge risikobehaftet sind (GA S. 147).

Zinst man den für den 31.12.2002 ermittelten Wert von 3.456.046 TEuro für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis zum 15.04.2002 mit 5,065% p.a. auf, errechnet sich zum Bewertungsstichtag ein Betrag von 3.505.774 TEuro; davon entfallen auf jede Aktie 415,38 Euro. Der nach der Ertragswertmethode errechnete Wert liegt damit geringfügig - nämlich um 18,88 Euro je Aktie bzw. um 4,76% - über dem angebotenen Betrag von 396,50 Euro je Aktie.

2. Die Berücksichtigung des Liquidationswerts des Unternehmens der Antragsgegnerin Ziffer 2) führt bei anteiliger Betrachtung je Aktie zu keinem höheren Betrag als 396,50 Euro. Dahin gestellt bleiben kann, ob bei der Ermittlung der angemessenen Abfindung der Liquidationswert stets dann als Unternehmenswert anzusetzen ist, wenn er den unter Fortführungsgesichtspunkten ermittelten Ertragswert übersteigt, oder ob ein höherer Liquidationswert zu vernachlässigen ist, wenn eine Liquidation weder notwendig noch beabsichtigt ist, sondern das Unternehmen fortgeführt werden soll und dies auch wirtschaftlich vertretbar ist. Jedenfalls ist trotz der verhaltenen Wachstumsaussichten der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht ersichtlich, dass die Veräußerung des betriebsnotwendigen Vermögens nach Abzug der Kosten zugunsten der übrigen Aktionäre einen höheren Wert ergäbe als den Barwert der künftigen Nettozuflüsse an die Anteilseigner im Fall der Unternehmensfortführung. Die Antragsgegnerinnen haben überzeugend dargelegt, dass eine überschlägige Ermittlung des Liquidationswerts einen Betrag von rund 2 Mrd. Euro ergeben hat (Bl. 292). In einem solchen Fall ist die gesonderte Ermittlung des Liquidationswerts des Unternehmens nicht geboten.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 218].)

3. Den übrigen Aktionären steht auch unter dem Aspekt, dass sie durch den Squeeze-Out ihren Anspruch auf den künftigen Bezug der Garantiedividende aus dem isolierten Beherrschungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der Antragsgegnerin Ziffer 1) vom 20.07.2000 verlieren, keine den angebotenen Betrag von 396,50 Euro je Aktie übersteigende Abfindung zu.

a) Zwar kann die Forderung einiger Antragsteller nach Berücksichtigung der Garantiedividende bei der Bestimmung der angemessenen Abfindung der übrigen Aktionäre nicht per se abgelehnt werden.(Vgl. zur Bedeutung des Barwerts der Garantiedividende für die Bemessung der Abfindung im Fall eines auf einen Unternehmensvertrag folgenden Squeeze-Out OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 243-250].)

b) Ob die angemessene Abfindung im Fall eines Squeeze-Out mindestens den Barwert der Garantiedividende eines vorausgegangenen Unternehmensvertrags erreichen muss und wie dieser vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Beendigung des zugrundeliegenden Unternehmensvertrages zu ermitteln ist, kann in diesem Verfahren aber offen bleiben. Selbst wenn man annähme, der Unternehmensvertrag zwischen der Antragsgegnerin Ziffer 2) und der Antragsgegnerin Ziffer 1) vom 20.07.2000 bestünde auf Dauer fort, läge der Barwert der - von den übrigen Aktionären ohne den Squeeze-Out aus diesem Vertrag zu beanspruchenden - Garantiedividende im Bewertungsstichtag unter dem angebotenen Betrag von 396,50 Euro je Aktie.

aa) Diskontiert man die in den kommenden Jahren zu erwartenden Ausgleichszahlungen, ist als Ausgangswert der Nettobetrag einzusetzen, welcher der Garantiedividende korrespondiert. Da es sich bei dem festen Ausgleich nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG um einen Bruttowert handelt, ist die Garantiedividende in einen Nettowert umzurechnen, wenn man zu einem Wert gelangen will, der dem im Ertragswertverfahren ermittelten Barwert der künftigen Erträge des Unternehmens vergleichbar ist.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 252].) Folgerichtig ist dabei der in der Ertragswertberechnung verwendete typisierte Steuersatz für die persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner von 35% zu verwenden. Demnach ist die Brutto-Garantiedividende von 26,61 DM bzw. 13,61 Euro (ÜB S. 85) in einen Nettowert von 11,22 Euro umzurechnen.

bb) Dieser Betrag ist mit einem Mischsatz zwischen den risikoadjustierten vollen Kapitalisierungszinssätzen und dem (quasi) risikofreien Basiszinssatz nach Steuern zu diskontieren, um der unterschiedlichen Risikostruktur von Ausgleich und Dividende Rechnung zu tragen.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 254].) Dabei errechnet sich ein Barwert je Aktie, der deutlich unter 396,50 Euro liegt.

cc) Selbst wenn man anstelle dieses Mischsatzes nur den Nachsteuerbasiszinssatz (dazu oben c) aa)) von 3,25% (entspricht 5,0% vor Steuern) verwendete, ergäbe sich ein Barwert von unter 396,50 Euro je Aktie. Würde man anstelle der Nachsteuerzinssätze mit Vorsteuerzinssätzen rechnen, ergäben sich noch geringere Barwerte.(Vgl. OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 255].)

4. Schließlich liegt auch der Börsenwert der Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) unter dem angebotenen Betrag von 396,50 Euro.

a) Zur Bestimmung des Börsenwerts der Aktien der Antragsgegnerin Ziffer 2) ist nicht auf den Tageskurs am Bewertungsstichtag 15.04.2003 oder auf den höchsten erreichten Kurs (Bl. 120), sondern auf einen Durchschnittskurs abzustellen, der auf den Bewertungsstichtag bezogen ist.(BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 69] „DAT/Altana"; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 98].)

b) Dieser Durchschnittskurs errechnet sich dabei grundsätzlich aus dem nach Handelsumsätzen gewichteten Durchschnittskurs einer dreimonatigen Referenzperiode, die nicht erst am Bewertungsstichtag (Bl. 120, 188, 229 f.), sondern bereits mit der Bekanntgabe der beabsichtigten Strukturmaßnahme endet.(BGH, AG 2010, 629 [juris Rn. 20 und 25] „Stollwerck"; OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 222]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 111]; ebenso OLG Düsseldorf, AG 2010,35 [juris Rn. 49].)

aa) Danach ist nicht auf den Betrag von 429,74 Euro abzustellen, der sich als Durchschnittskurs einer Referenzperiode von drei Monaten ergibt, die am Bewertungsstichtag (15.04.2003) endet (GA S. 132), sondern auf den nach Handelsumsätzen gewichteten Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor Bekanntgabe der Ausschlussabsicht am 26.11.2002.(BGH, AG 2010, 629 [juris Rn. 20 und 25] „Stollwerck"; OLG Stuttgart, AG 2010, 510 [juris Rn. 222]; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 274 [juris Rn. 111]; ebenso OLG Düsseldorf, AG 2010,35 [juris Rn. 49].) Daraus errechnet sich ein Durchschnittskurs von 355,17 Euro (GA S. 132).

bb) Zwar kann im Einzelfall geboten sein, den aus einer dreimonatigen Referenzperiode vor Bekanntgabe der Ausschlussabsicht ermittelten Durchschnittskurs anhand der allgemeinen oder branchentypischen Wertentwicklung hochzurechnen, wenn zwischen der Bekanntgabe und dem Bewertungsstichtag ein längerer Zeitraum verstreicht und die vorgenannte Entwicklung eine Anpassung geboten erscheinen lässt.(BGH, AG 2010, 629 [juris Rn. 29] „Stollwerck".) Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt.

(1) Das Erfordernis der Berücksichtigung der Entwicklung über die Bekanntgabe der Strukturmaßnahme hinaus im Wege der Hochrechnung soll lediglich vor Missbrauch der mit der Bekanntgabe verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten durch den Mehrheitsaktionär schützen. Dieser soll insbesondere nicht in der Lage sein, durch ein frühzeitiges Ankündigen der Maßnahme und anschließendes Zuwarten mit ihrer Umsetzung die Minderheitsaktionäre von einer positiven Börsenentwicklung auszuschließen.(BGH, AG 2010, 629 [juris Rn. 29] „Stollwerck".)

(2) Vor diesem Hintergrund muss die Berücksichtigung von Entwicklungen über die Bekanntgabe der Strukturmaßnahme hinaus auf Ausnahmefälle beschränkt sein, in denen die Durchführung der angekündigten Maßnahmen ohne sachlichen Grund verzögert wurde. Nicht geboten ist die Berücksichtigung nachträglicher Entwicklungen dagegen in den Fällen, in denen die Maßnahme innerhalb eines normalen oder üblichen Fahrplans durchgeführt wurde. Als normal oder üblich wird man angesichts des Aufwands für Bewertung, Prüfung und Vorbereitung der Hauptversammlung jedenfalls noch einen Zeitraum bis zu sechs Monaten ansehen müssen.(OLG Stuttgart, BB 2011, 1522 [juris Rn. 97]; Bungert, BB 2010, 2227, 2229; Bücker, NZG 2010, 967, 970; Wasmann, ZGR 2011, 83, 94.) Der Bundesgerichtshof hat einen „längeren Zeitraum" erst ab einer Dauer von siebeneinhalb Monaten angenommen.(BGH, AG 2010, 629 [juris Rn. 30] „Stollwerck".) Zwischen der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht am 26.11.2002 und der Fassung des Übertragungsbeschlusses durch die Hauptversammlung am 15.04.2003 liegen hier indessen nur etwa viereinhalb Monate.

5. Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass die angebotene Abfindung unangemessen ist. Der Verkehrswert des Aktieneigentums der übrigen Aktionäre lag im Bewertungsstichtag nicht über 396,50 Euro. Zwar gelangt von den in Betracht kommenden Wertermittlungsmethoden die Ertragswertmethode zu einem Betrag, der um 4,76% über dem angebotenen Betrag liegt (dazu oben 1. e)), daraus ist hier aber nicht zu schließen, dass der Verkehrswert über dem angebotenen Betrag läge.

a) Das rechnerische Ergebnis der Anwendung der Ertragswertmethode ist nicht mit dem Verkehrswert gleichzusetzen, sondern bietet lediglich einen Anhaltspunkt für die Schätzung des Verkehrswert entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO (dazu oben eingangs II.). Im Rahmen dieser Schätzung hat das Gericht entsprechend § 287 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 ZPO alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Diese Würdigung ergibt hier, dass der Verkehrswert zum Bewertungsstichtag nicht über 396,50 Euro lag.

aa) Dabei ist zu bedenken, dass das im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ertragswertberechnung des KPMG-Gutachtens ermittelte Ergebnis auf einer Vielzahl von Annahmen bzw. Prognosen und von methodischen Detailentscheidungen beruht, die zwar im Einzelfall rechtlich begründet, aber nicht in jedem Fall zwingend sind.

bb) Vor diesem Hintergrund kann hier nicht außer Betracht bleiben, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen die im Sonderwert Kernkraft zusammengefassten Korrekturwerte zur Abbildung der Auswirkungen des Atomausstiegs, die im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ertragswertberechnung übernommen wurden, sowohl insgesamt als auch im Einzelfall am oberen Ende einer sachgerechten Wertbandbreite angesetzt wurden (dazu oben 1. b) ee) (4) (4.3) (4.3.2)). Ergibt eine darauf beruhende Ertragswertberechnung einen um weniger als 5% über dem Angebot liegenden Betrag, kann nicht festgestellt werden, dass der Verkehrswert ebenfalls über dem angebotenen Betrag liegt.

b) Dem entspricht im Ergebnis die Auffassung von Rechtsprechung und Literatur, dass geringfügige Abweichungen des bei der gerichtlichen Überprüfung des Unternehmenswerts im Spruchverfahren errechneten Betrags von der angebotenen Abfindung nicht deren Unangemessenheit begründen.(Vgl. dazu OLG Stuttgart, AG 2011, 205 [juris Rn. 256 ff.].) Als geringfügig wird danach im Allgemeinen jedenfalls eine Abweichung angesehen, die unter 5% liegt. Das Oberlandesgericht Celle hat im Fall eines Unternehmensvertrages angenommen, dass der darin festgesetzte Ausgleich noch angemessen sei, wenn er nach einer anderen Berechnungsmethode um 3,7% höher anzusetzen sei.(OLG Celle, AG 2007, 865 [juris Rn. 35].) Das Landgericht München I hat eine Abweichung „deutlich unter der Größenordnung von 10%" noch als geringfügig bezeichnet.(LG München I, ZIP 2000, 1055, 1057; aufrecht erhalten von BayObLG, BB 2003, 275 [juris 49] allerdings ohne Bezifferung der zulässigen Abweichung.) In der Literatur werden sogar Abweichungen um bis zu 10%,(Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024; hierauf verweisen ohne eigene Stellungnahme Bungert, BB 2003, 699, 701 und Simon/Leverkus in Simon, SpruchG, Anh § 11 Rn. 11.) jedenfalls aber solche um bis zu 5% noch als geringfügig angesehen.(Puszkajler, BB 2003, 1692, 1694; tendenziell für die Zulassung noch größerer Abweichungen Puszkajler, ZIP 2010, 2275, 2279.)

c) Die Angemessenheit der angebotenen Abfindung wird hier im Übrigen durch eine Plausibilitätsbetrachtung anhand des Börsenkurses der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) bestätigt.

aa) Eine solche Berücksichtigung des Börsenkurses steht nicht im Widerspruch zu höchstrichterlicher Rechtsprechung. In der „DAT/Altana"-Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht seine Feststellung, der Börsenkurs dürfe bei der Berechnung der von Artikel 14 Abs. 1 GG geforderten vollen Entschädigung nicht außer Betracht bleiben,(BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 62] „DAT/Altana".) im Ausgangspunkt damit begründet, dass „der Vermögensverlust, den der Minderheitsaktionär [durch die Strukturmaßnahme] erleidet, [...] sich für ihn als Verlust des Verkehrswerts der Aktie dar[stellt]. Dieser [ist] mit dem Börsenkurs der Aktie regelmäßig identisch".(BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 63] „DAT/Altana".) Der Bundesgerichtshof bemisst den für die Beurteilung der Angemessenheit angebotenen Abfindung maßgeblichen Verkehrswert des Aktieneigentums zwar nur dann nach dem Börsenwert, wenn dieser über dem fundamentalanalytisch ermittelten Unternehmenswert je Aktie liegt,(BGHZ 147, 108 [juris Rn. 21] „DAT/Altana"; zu diesem Verständnis der Entscheidung auch Stilz, ZGR 2001, 875, 892.) was in diesem Fall nicht zutrifft (dazu oben 4.). Die Berücksichtigung des Börsenkurses dient hier aber nicht dazu, den für die Angemessenheit der Abfindung maßgeblichen Verkehrswert zu ermitteln, sondern nur der Überprüfung, ob die Angemessenheit der angebotenen Abfindung trotz der rechnerischen Abweichung des mit fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Betrags noch zu bejahen ist; sie ist also lediglich eine Kontrollüberlegung.(OLG Stuttgart, AG 2011, 205 [juris Rn. 261].)

bb) Nach den Feststellungen des Sachverständigen (GA S. 132) lag der nach Handelsumsätzen gewichtetet Börsenkurs der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) nicht nur im Zeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht am 26.11.2002, sondern auch während einer längeren Referenzperiode von einem Jahr vor diesem Zeitpunkt unter dem angebotenen Betrag von 396,50 Euro. Der Durchschnittskurs betrug im Dreimonatszeitraum vor dem 26.11.2002 355,17 Euro. Die Ermittlung des Durchschnittskurses im Zeitraum von einem Jahr vor dem 26.11.2002 ergibt mit 353,90 Euro einen im Wesentlichen identischen Wert. Beide Werte liegen um gut 10% unter dem Abfindungsangebot.

cc) Der Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) im Rahmen einer Plausibilitätsüberlegung steht nicht entgegen, dass die Kursdaten der Aktie wegen des geringen Handelsvolumens nicht für die Schätzung des Betafaktors geeignet sind (dazu oben 1. c) bb) (2) (2.1) (2.1.3)).

(1) Zur Plausibilisierung eines mit anderen Methoden ermittelten Werts können Börsenkurse grundsätzlich auch bei weniger liquiden Aktien berücksichtigt werden, wenn ihr Kurs während eines längeren Zeitraums hinreichend stabil war.(OLG Stuttgart, AG 2011, 205 [juris Rn. 262]; OLG Stuttgart, AG 2008, 783 [juris Rn. 59].) Anders als bei der Schätzung des Betafaktors, der im Rahmen einer fundamentalanalytischen Wertermittlung das künftige Verhalten der Rendite der Aktie im Vergleich zum Marktportfolio ausdrücken soll (dazu oben 1. c) bb) (2) (2.1) (2.1.1)), kommt der Liquidität der Aktie bei einer bloßen Plausibilitätsüberlegung keine entscheidende Bedeutung zu, da die Börsendaten hier nicht der Identifizierung eines unternehmensindividuellen Risikos dienen, sondern lediglich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Feststellung ermöglichen sollen, ob der Verkehrswert dem rechnerischen Ergebnis der fundamentalanalytischen Wertermittlung entspricht. Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang auch, dass die Rechtsprechung den Börsenwert bislang nur bei hochliquiden Aktien anstelle fundamentalanalytischer Methoden zur Ermittlung des Verkehrswerts herangezogen hat.(OLG Frankfurt, AG 2010, 751 [juris Rn. 126].)

(2) Die für eine Plausibilitätsbetrachtung erforderliche, aber auch ausreichende Kursstabilität über einen längeren Zeitraum hinweg ist hier zu bejahen.

(2.1) Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass der Durchschnittskurs während drei Monaten vor der Bekanntgabe der Ausschlussabsicht mit demjenigen während eines Jahres vor diesem Zeitpunkt nahezu identisch ist (dazu oben bb)). Für die Stabilität der Kursentwicklung in diesen Zeiträumen spricht außerdem, dass der Sachverständige dort nur einen bzw. zwei Kurssprünge im Sinne von § 5 Abs. 4 WpÜG-Angebotsverordnung festgestellt hat (GA S. 132).

(2.2) Diese Kursstabilität wurde vom Sachverständigen auch im Rahmen der darüber hinausgehenden Untersuchung der Kursentwicklung vom 01.02.2011 bis zum 02.05.2003 (GA S. 131) bestätigt. Danach bewegte sich der Kurs der Aktie der Antragsgegnerin Ziffer 2) vom 01.02.2011 bis etwa zum 01.03.2002 zwar stetig, aber ohne wesentliche Ausschläge von unter 325,00 in Richtung 375,00 Euro. Zwar brach diese Entwicklung im März 2002 vor Erreichen der 375,00-Euro-Marke durch einen Kurssturz auf unter 350,00 Euro ab, anschließend stieg er aber erneut an, wobei er sich während der nächsten 8 bis 9 Monate bis zur Bekanntgabe der Ausschlussabsicht am 26.11.2002 gegenüber dem bisherigen Verlauf vergleichsweise stärker auf- und abbewegte. Schriebe man die Kursentwicklung vom 01.02.2001 bis zum 01.03.2002 fort, indem man die aus der Abstraktion des Kursverlaufs in diesem Zeitraum folgende Gerade verlängerte, ergäbe sich zum 26.11.2002 ein Kurs von unter 400,00 Euro.

III.

1. Da gegenüber der angebotenen Abfindung kein zusätzlicher Betrag festgesetzt wird, ist der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens mit 200.000 Euro anzusetzen. Anders als im Verfahren erster Instanz findet im Beschwerdeverfahren über § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Alternative 1 SpruchG Anwendung. Da die Beschwerden gegen die Antragsgegnerinnen denselben Gegenstand haben, ist kein gesonderter Geschäftswert festzusetzen, soweit sie gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) gerichtet sind.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Antragsgegnerin Ziffer 1) zu tragen. Eine Billigkeitsentscheidung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG zulasten der Beschwerdeführer kommt nicht in Betracht, da die Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sind.(Zur Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG bei offensichtlich unbegründeten Rechtsmitteln vgl. OLG Karlsruhe, AG 1998, 288 [juris Rn. 23]; Puszkajler, ZIP 2003, 518, 521; Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 69; zu seiner Anwendung bei offensichtlich unzulässigen Rechtsmitteln Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 64 ff.; OLG Hamburg, AG 2003, 694, 694.) Soweit sich die Beschwerden gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) richten, gilt im Ergebnis nichts Anderes. Trotz der insoweit evident fehlenden Erfolgsaussichten gebietet die Billigkeit hier keine Auferlegung von Gerichtskosten zulasten der entsprechenden Beschwerdeführer, weil durch die zurückgewiesenen bzw. zurückgenommenen Beschwerden gegen die Antragsgegnerin Ziffer 2) keine zusätzlichen Gerichtskosten entstanden sind.

3. Eine Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Tragung von außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen scheidet aus.Zwar könnte man eine solche Anordnung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin Ziffer 2) überlegen, soweit Beschwerden auch gegen diese gerichtet waren. § 15 SpruchG sieht eine solche Rechtsfolge aber nicht vor. Sie lässt sich auch nicht durch einen Rückgriff auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG in der Fassung bis 31.08.2009 ableiten, da § 17 Abs. 1 SpruchG einen solchen Rückgriff - auch im Beschwerdeverfahren - nicht zulässt.(OLG Stuttgart, ZIP 2009, 1059 [juris Rn. 281] m.w.N.)

4. Schließlich ist es nicht geboten, gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG die Verpflichtung der Antragsgegnerin Ziffer 1) zur Tragung außergerichtlicher Kosten der Beschwerdeführer auszusprechen, da die Beschwerden ohne Erfolg bleiben.(Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 92 m.w.N. zur Gesetzesbegründung.)

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