R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.05.2023
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Der Gewinn aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen kann trotz vorheriger Teilwertabschreibung nach § 3 Nr. 40 EStG/§ 8b Abs. 2 KStG steuerfrei sein, wenn die Anteile aus einer Aufspaltung vor SEStEG herrühren

FG Düsseldorf, Urteil vom 14.3.2023 – 13 K 2780/20 F, Rev. eingelegt (Az. BFH IV R 10/23)

ECLI:DE:FGD:2023:0314.13K2780.20F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2023-1070-1

EStG § 3 Nr. 40; KStG § 8b Abs. 2; UmwStG 1995 §§ 13, 15

Sachverhalt

Streitig ist die Feststellung eines nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. nach § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) steuerfreien Gewinns aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen (SBV) durch die Feststellungsbeteiligte B GmbH & Co. KG (im Folgenden als Beigeladene bezeichnet).

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der C GmbH & Co. KG, die bis Anfang 2014 unter dem Namen A GmbH & Co. KG firmierte (im Folgenden als KG bezeichnet). Die Beigeladene war bis zum 31.05.2011 als Kommanditistin an der KG beteiligt.

Aufgrund notariell beurkundeten Anteilskaufvertrags vom 30.12.2010 (UR-Nr. 0000/2010, Notar Dr. D) übertrug die Beigeladene im Jahr 2011 (Streitjahr) neben ihrem Kommanditanteil auch die in ihrem SBV gehaltenen Geschäftsanteile an der A GmbH (im Folgenden als GmbH-Anteile bezeichnet) auf die E. Die GmbH-Anteile hatte die Beigeladene im Jahr 2001 im Wege einer Aufspaltung durch Neugründung erworben. Die Rechtsvorgängerin der A GmbH, die F GmbH, deren Geschäftsanteile die Beigeladene zuvor ebenfalls als alleinige Gesellschafterin in ihrem SBV gehalten hatte, wurde durch Aufspaltungsvertrag vom 21.06.2001 im Wege der Neugründung auf die A GmbH sowie auf die G GmbH aufgespalten. Als Gegenleistung hatte die Beigeladene jeweils 100 % der Geschäftsanteile an den neuen Gesellschaften erhalten. Vor der Aufspaltung, im Jahr 1999, hatte die Beigeladene auf die Anteile an der F GmbH eine Teilwertabschreibung (TW-AfA) i.H.v. ... € vorgenommen.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr gab die KG gegenüber dem damals für sie zuständigen Finanzamt Z-Stadt u.a. einen nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile durch die Beigeladene an.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr vom 30.08.2013, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung erging, stellte das Finanzamt Z-Stadt erklärungsgemäß u.a. einen steuerfreien Veräußerungsgewinn für die Beigeladene i.H.v. ... € fest.

In der nachfolgenden Zeit führte das Finanzamt Z-Stadt für die Jahre 2010 bis 2012 bei der KG eine Betriebsprüfung (BP) durch. Die Betriebsprüfer fassten ihre Feststellungen im BP-Bericht vom 15.08.2018 – auf dessen Inhalt verwiesen wird – zusammen. U.a. errechneten sie in Tz. 1.2 einen Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile i.H.v. ... €. Hierzu führten sie aus, dass ... € des Veräußerungsgewinns wegen der ursprünglich auf die Anteile an der F GmbH vorgenommenen TW-AfA nicht steuerfrei seien.

In Auswertung der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte (Finanzamt – FA –), als nach einer Sitzverlegung der KG nunmehr örtlich zuständiges Finanzamt, unter dem 10.12.2019 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr und stellte u.a. einen steuerfreien Veräußerungsgewinn i.H.v. ... € fest. Einen Betrag i.H.v. ... € berücksichtigte das FA als tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA auf.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben und trägt zur Begründung vor, dass der lt. BP festgestellte Veräußerungsgewinn i.H.v. ... € insgesamt den Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG unterliege.

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinen Urteilen vom 11.07.2012 I R 47/11 und I R 50/11 für den Fall der Verschmelzung nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 entschieden, dass eine den Anteilen an der übertragenden Körperschaft anhaftende Wertaufholungsverpflichtung nicht auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft übergehe. Nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 gölten die Anteile an der übertragenden Körperschaft, die zu einem Betriebsvermögen gehörten und auf eine andere Körperschaft übertragen würden, im Wege einer Fiktion als zum Buchwert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft. Die fingierten Anschaffungskosten bildeten damit die „neue“ steuerbilanzielle Bewertungsobergrenze. Ein Rückgriff auf die historischen Anschaffungskosten der untergegangenen Beteiligung verbiete sich.

Anders als das FA meine, schließe § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG nicht aus, da auf die GmbH-Anteile zu keinem Zeitpunkt eine TW-AfA vorgenommen worden sei und die auf die Anteile an der F GmbH vorgenommene TW-AfA den GmbH-Anteilen auch nicht zuzurechnen sei. Bezugspunkt der in § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG getroffenen Regelung sei der Anteil, der veräußert worden sei, also der jeweilige GmbH-Anteil. Maßgeblich für die Ermittlung des daraus resultierenden Veräußerungsgewinns seien damit die Anschaffungskosten, die für diesen Anteil aufgewendet bzw. – wie vorliegend – gesetzlich fingiert worden seien.

Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn der „neue“ Anteil mit dem „alten“ Anteil „steuerrechtlich identisch“ sei. Der BFH habe ein solches „allgemeines Prinzip der wirtschaftlichen Identität“ für den Bereich der Sonderregelung in § 13 Abs. 4 UmwStG 2002 ausdrücklich abgelehnt. Dies könne allenfalls für den zeitlichen Geltungsbereich des UmwStG 2006 vertreten werden, denn dort sei in § 13 Abs. 2 UmwStG 2006 ein neuer Satz 2 aufgenommen worden, demzufolge „die Anteile an der übernehmenden Körperschaft steuerlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaften treten“. Diese Änderung sei aber gemäß § 27 Abs. 1 UmwStG 2006 erst auf Umwandlungen nach dem 12.12.2006 anwendbar.

Für den hier zu beurteilenden Fall der Aufspaltung durch Neugründung nach § 123 Abs. 2 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes könne nichts anderes als für die vom BFH entschiedene Verschmelzung gelten. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 sei § 13 UmwStG 2002 auf Ab- und Aufspaltungen entsprechend anzuwenden. Die Ausführungen des BFH zum UmwStG 2002 gölten überdies auch für die im Jahr der Aufspaltung geltende Rechtslage, da der Wortlaut der §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 UmwStG 1995 mit dem Wortlaut der §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 UmwStG 2002 übereinstimme.

Nachdem die Klägerin dem FA innerhalb der Klagefrist mitgeteilt hatte, dass die Bekanntgabe der Feststellungsbescheide für 2011 vom 10.12.2019 sowie vom 23.04.2020 und die Einspruchsentscheidung vom 30.09.2020 nach Erlöschen der KG an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin hätte erfolgen müssen, hat das FA die Feststellungsbescheide vom 10.12.2019 und vom 23.04.2020 sowie die Einspruchsentscheidung vom 30.09.2020 aufgehoben und unter dem 13.11.2020 einen neuen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften für das Streitjahr mit unveränderten Feststellungen erlassen.

Die Klägerin und die Beigeladene beantragen,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften für das Jahr 2011 vom 13.11.2020 dahingehend zu ändern, dass der nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG steuerfreie Anteil am Gewinn der Beigeladenen aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der A GmbH auf ... € und deren tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn i. S. von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG um ... € niedriger festgestellt werden;

für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen;

für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Es ist der Auffassung, der BFH habe zwar entschieden, dass die fingierten Anschaffungskosten die neue Bewertungsobergrenze für die Anteile an der übernehmenden Körperschaft bildeten. Nicht entschieden habe er jedoch, ob bei einer späteren tatsächlichen Veräußerung der Anteile § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG anzuwenden sei. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen von Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 8b KStG Rz. 159 verwiesen. Da die Anteile an der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft dieselbe steuerliche Qualität verkörperten, ginge die den Altanteilen anhaftende Wertaufholungsverpflichtung auf die Neuanteile über.

Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG sei der auf die TW-AfA entfallende Betrag daher nicht steuerfrei. Da dies keine Frage der Bewertung des Bilanzansatzes, sondern der einkommensmäßigen Erfassung des tatsächlich realisierten Veräußerungsgewinns sei, sei die Anschaffungsfiktion nach § 13 Abs. 1 UmwStG 2002 für die Anwendung von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG bedeutungslos.

Aus den Gründen

Begründetheit der Klage

I. Die Klage ist begründet.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr vom 13.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Das FA hat den nach §§ 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 1, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Anteil am Gewinn der Beigeladenen aus der Veräußerung der GmbH-Anteile um ... € zu niedrig und den nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn um ... € zu hoch festgestellt. Der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile i.H.v. ... € unterliegt insgesamt den Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG.

Gewinn aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen

1. Bei dem Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Beigeladene veräußerte mit den GmbH-Anteilen eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und damit einen Teilbetrieb i.S.d. §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

Ansatz mit fortgeführtem Buchwert

2. Der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile beträgt ... €. Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Der Wert des Betriebsvermögens ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln.

Zu Recht – und zwischen den Beteiligten aufgrund der BFH-Urteile vom 11.07.2012 I R 47/11 und I R 50/11 nicht in Streit stehend – wurde bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Wert der GmbH-Anteile mit dem fortgeführten Buchwert nach § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 und nicht mit den historischen Anschaffungskosten der F GmbH angesetzt. Bewertungsobergrenze für Zuschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 i.V.m. Nr. 2 Sätze 1 und 3 EStG sind grundsätzlich jeweils die Anschaffungs- oder Herstellungskosten desjenigen Wirtschaftsguts, um dessen Bewertung es geht (BFH-Urteil vom 11.07.2002 I R 50/11, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2013, 40, unter II.2.a). Gemäß § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 in der im Jahr der Aufspaltung gültigen Fassung vom 24.03.1999, der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 1. Variante UmwStG 1995 bei der Übertragung eines Teilbetriebs im Wege der Aufspaltung von einer Körperschaft auf andere Körperschaften – wie vorliegend – entsprechend anwendbar ist, gelten die Anteile an der übertragenden Körperschaft, die – wie vorliegend bei der Beigeladenen – zu einem Betriebsvermögen gehören, als zum Buchwert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft. Der gemäß §§ 13 Abs. 1 i.V.m. 15 Abs. 1 Satz 1 1. Variante UmwStG 1995 fingierte Anschaffungswert der GmbH-Anteile bildete damit die neue Bewertungsobergrenze für steuerbilanzielle Zwecke.

Veräußerungsgewinn unterliegt Steuerbefreiungen

3. Der Veräußerungsgewinn i.H.v. ... € unterliegt insgesamt den Steuerbefreiungen nach §§ 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 1, 3c Abs. 2 EStG bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG.

Infizierungs- oder Fußstapfentheorie …

a) Gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 1 EStG sind 40 % des Veräußerungspreises i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG steuerfrei, soweit er – wie vorliegend – auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG gehören, entfällt. Korrespondierend dürfen gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile i.S.d. § 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 1 EStG sowie die mit der Veräußerung wirtschaftlich im Zusammenhang stehenden Veräußerungskosten nur i.H.v. 60 % abgezogen werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §§ 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 3 i.V.m. 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 3 EStG. Hiernach gilt § 3 Nr. 40 Buchst. b Satz 1 EStG – und damit die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens – nicht, soweit Abzüge nach § 6b EStG oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind. Ungeachtet der Kontroverse um die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 2 EStG – keine Einbeziehung von Teilwertzuschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG in das Teileinkünfteverfahren – im Rahmen des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG (vgl. zum Streitstand Tormöhlen in Korn, EStG, 110. Ergänzungslieferung – Erg.-Lfg. –, Juli 2018, § 3 Nr. 40 Rn. 26.3; siehe auch Intemann in Her[r]mann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 274. Lieferung, April 2016, § 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz Rn. 91, 96), besteht für die GmbH-Anteile schon keine Wertaufholungsverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG. Zu keinem Zeitpunkt wurde auf die von der Beigeladenen im Streitjahr veräußerten GmbH-Anteile eine TW-AfA vorgenommen, die es aufzuholen gelten könnte. Den GmbH-Anteilen ist auch nicht die ursprünglich auf die Anteile an der F GmbH vorgenommene TW-AfA zuzurechnen. Eine solche Zurechnung ergibt sich weder unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. hierzu Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Auflage 2003, § 13 UmwStG Rn. 5a) noch ergibt sie sich aus einer steuerlichen Identität zwischen den Anteilen an der F GmbH und den GmbH-Anteilen.

Eine steuerliche Identität zwischen den Anteilen an der Überträgerin und den Anteilen an der Übernehmerin i.S.e. Infizierungs- oder Fußstapfentheorie (vgl. Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhelnbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 13 UmwStG Rn. 27; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 98. Erg.-Lfg., Februar 2020, § 13 UmwStG Rn. 55) wird nach Auffassung des Senats erstmalig durch den gemäß § 27 Abs. 1 UmwStG 2006 auf Umwandlungen nach dem 12.12.2006 anwendbaren § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006, eingeführt durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (– SEStEG –, Bundesgesetzblatt I 2006, 2782), begründet. § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 in der im Jahr der Aufspaltung geltenden Fassung begründete demgegenüber keine solche steuerliche Identität (so wohl auch Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 98. Erg.-Lfg., Februar 2020, § 13 UmwStG Rn. 55).

… folgt nicht bereits aus BFH I R 47/11 und I R 51/11

aa) Dies folgt allerdings nicht bereits aus den Urteilen des BFH vom 11.07.2012 I R 47/11 und I R 51/11 [richtig wohl: I R 50/11, die Red.]. Die dort angesprochene Kontroverse um ein allgemeines Prinzip der wirtschaftlichen Identität der Alt- und Neuanteile, ließ der BFH mangels Entscheidungserheblichkeit offen.

Sperrbetrag verlagert sich im Zuge einer Verschmelzung auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft

bb) Vielmehr ergibt es sich daraus, dass der Gesetzgeber in § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 für den Fall, dass den Anteilen an der übertragenden Körperschaft ein Sperrbetrag im Sinne des § 50c EStG anhaftet, ausdrücklich vorgesehen hat, dass dieser Sperrbetrag sich im Zuge einer Verschmelzung auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft verlagert. Wäre schon durch die Formulierung „die an ihre Stelle tretenden Anteile“ in § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 eine steuerliche Identität zwischen den Anteilen an der übertragenden und an der übernehmenden Körperschaft begründet worden, wäre die Aufnahme der Regelung in § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 überflüssig gewesen (kritisch, aber i.E. zustimmend Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl. 2003, § 13 UmwStG Rn. 5a). Zwar wird in der Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 4 UmwStG (Drucksache des Bundestags – BT-Drs. – 14/265, Seite 195) ausgeführt, die Regelung solle insbesondere klarstellen, dass der Sperrbetrag nach § 50c EStG auch im Rahmen der Aufwärtsverschmelzung nicht untergehe und solle darüber hinaus der Klarstellung und der Verhinderung von Steuerausfällen dienen. Jedoch widerspricht der Gesetzgeber damit seinen Ausführungen in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Umwandlungssteuerrechts vom 24.02.1994 zu § 4 UmwStG – Auswirkungen auf den Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft – (BT-Drs. 12/6885, Seite 17). Dort führt er aus, dass bei Umwandlungsvorgängen grundsätzlich eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegen soll und nur in Fällen, in denen – wie vorliegend – ein Anschaffungsvorgang fingiert wird, keine Gesamtrechtsnachfolge eintreten soll. Dies gilt im Übrigen auch für Verschmelzung oder Vermögensübertragung (Vollübertragungen) auf eine andere Körperschaft, da § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG über § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG für diese Fälle entsprechende Anwendung findet. § 13 Abs. 4 UmwStG stellt damit keine rein deklaratorische, sondern eine konstitutive Regelung dar, die wiederum den Schluss zulässt, dass die Verlagerung von den Altanteilen anhaftenden Besteuerungsmerkmalen auf die Neuanteile bei einer Verschmelzung eine ausdrückliche Regelung erfordert.

Darüber hinaus lässt auch die Einfügung des § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 den Umkehrschluss zu, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Umwandlungssteuerreform durch das SEStEG gerade nicht davon ausging, durch § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 bereits eine steuerliche Identität und damit die Verlagerung anhaftender Besteuerungsmerkmale zwischen den Alt- und Neuanteilen begründet zu haben. Der in der Einfügung dieser Regelung zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers findet auch in der Gesetzesbegründung zu § 13 UmwStG 2006 seinen Niederschlag. Hiernach sollen die Anteile an der übernehmenden Körperschaft in die Rechtsstellung der bisherigen Anteile eintreten und etwaige frühere Teilwertabschreibungen auf die Altanteile deshalb ggf. bei den Neuanteilen wieder steuerwirksam aufzuholen seien (BT-Drs. 16/2710, Seite 41).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 UmwStG 1995

cc) Etwas anderes ergibt sich – anders als das FA meint – auch nicht aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 UmwStG 1995. Die Formulierung „und die an ihre Stelle tretenden Anteile“ fingiert lediglich einen Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang (so auch Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz/Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl. 2020, § 13 UmwStG Rn. 23 und 24; Neumann in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl. 2019, § 13 Rn. 2). Ausgehend von dem Sinn und Zweck des § 13 UmwStG, wonach die Auswirkungen einer Verschmelzung von Körperschaften auf Ebene des Anteilseigners geregelt werden sollen (Neumann in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl. 2019, § 13 Rn. 1; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 175. Erg.-Lfg., Dezember 2018, § 13 UmwStG Rn. 1), meint der Gesetzgeber mit den Worten „ihre Stelle“ die Inhaberschaft des Anteilseigners. D.h. der Anteilseigner hält nach Durchführung des Verschmelzungsvorgangs die neuen Anteile an der übernehmenden Körperschaft anstatt zuvor die Anteile an der übertragenden Körperschaft. Es bedeutet nicht, dass den Neuanteilen dieselben Besteuerungsmerkale, wie den Altanteilen anhaften. In Abgrenzung hierzu wählte der Gesetzgeber bei der Formulierung des neuen § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 die Worte „treten die Anteile […] steuerlich an die Stelle der Anteile“ (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Neumann in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl. 2019, § 13 Rn. 78).

Kritik an der Vorschrift des § 13 UmwStG 1995 wird vereinzelt insoweit geübt, als dass die Vorschrift dem eigentlich zugrundliegenden Prinzip, wonach die Anteile an der aufnehmenden Körperschaft die identische steuerliche Qualität haben sollen, die die untergegangenen Anteile an der Körperschaft hatten, nicht gerecht würde (so z.B. Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, 5. Auflage 2003, § 13 UmwStG Rn. 5a). Zu § 13 Abs. 1 UmwStG 2006 führt derselbe Autor aus, dass die an den Anteilen der übertragenden Körperschaft anhaftenden steuerlichen Merkmale, z.B. eine Wertaufholungsverpflichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG, nicht auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft übergehen (Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Auflage 2007, § 13 UmwStG Rn. 18). Hier wird deutlich, dass auch die vermeintliche Gegenauffassung in der Literatur, in der Formulierung „und die an ihre Stelle tretenden Anteile“ keine Begründung einer steuerlichen Identität zu sehen vermag (siehe hierzu auch Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Auflage 2007, § 13 UmwStG Rn. 27). Entgegen der Auffassung des FA erschöpfen sich die Ausführungen von Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 102. Erg.-Lfg., Juni 2021, § 8b KStG Rn. 198, darin, dass der BFH über die Frage der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG in Fällen wie dem vorliegenden bisher nicht entschieden habe.

Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz

b) Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger – wie vorliegend – zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Dies gilt gemäß § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Wie bereits zuvor ausgeführt, wurde auf die GmbH-Anteile zu keinem Zeitpunkt eine TW-AfA vorgenommen (siehe hierzu unter I.3.a).

Berechnung des festzustellenden Veräußerungsgewinns

4. Der Senat berechnet den festzustellenden Veräußerungsgewinn wie folgt:

nach §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 2 KStG steuerfreier Veräußerungsgewinn

nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn

... €

... €

+ ... €

./. ... €

= ... €

= ... €

Kostenentscheidung

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig. Da die Beigeladene durch Stellung eines Antrags ein Kostenrisiko getragen hat, entspricht es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Klageverfahren dem Beklagten aufzuerlegen (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1997 I R 10/92, BStBl II 1998, 63, unter II.C. [BB 1998, 255]).

Zulassung der Revision

III. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob im Fall einer Aufspaltung vor Einführung des SEStEG eine TW-AfA, die vor der Umwandlungsmaßnahme auf die Anteile an der übertragenden Gesellschaft vorgenommenen worden ist, im Falle einer späteren Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft, dieser zuzuschreiben ist, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt.

Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren

IV. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

 

stats