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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
12.07.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Berlin-Brandenburg: Buchführungspflicht eines gewerblichen Grundstückhändlers

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.6.2011 – 5 K 5148/07

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL2012-1788-1 unter www.betriebs-berater.de

LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)
Der gewerbliche Grundstückshändler hat nicht notwendigerweise einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. In diesem Fall kann er den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermitteln.

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen gewerblichen Grundstückshandel. Mit Kaufvertrag vom ...12.2000 erwarb sie das bebaute und in Wohnungseigentum aufgeteilte Grundstück E... Straße  in B... zum Kaufpreis von 4,2 Mio. DM. Im März 2001 beauftragte die Klägerin die H... GmbH mit der Sanierung der Immobilie und dem Ausbau des Dachgeschosses zum Pauschalfestpreis von 2 200 240 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises und der Sanierungsmaßnahmen räumte das Bankhaus L... der Klägerin eine Kontokorrentkreditlinie in Höhe von 6,6 Mio. DM ein. Die Vermarktung der sanierten Wohnungen übernahmen das Bankhaus A...  und die C... GbR. In den Jahren 2001 bis 2004 wurden neun der laut Exposé der Klägerin insgesamt zehn Wohnungs- und Gewerbeeinheiten - überwiegend nach Sanierung durch die Klägerin - verkauft. Die Kaufpreiszahlungen wurden überwiegend über die jeweiligen Notar- Anderkonten abgewickelt. Wegen der Vertragsinhalte im Einzelnen wird auf die Anlagen 8 bis 16 zur Antragsschrift vom 16.2.2007 im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (Bl. 77 bis 255 der Gerichtsakte 5 V 5084/07) Bezug genommen. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung und wurde entsprechend ihren Erklärungen veranlagt.

Im Ergebnis einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin habe einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert mit der Folge, dass der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln gewesen sei. Auf den Prüfungsbericht vom 26.9.2006, insbesondere auf Ziffer 8 des Berichts, wird verwiesen. Entsprechend dem Prüfungsergebnis erließ der Beklagte unter dem 10.11.2006 geänderte Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie über den Gewerbesteuermessbetrag 2001 bis 2004 (Bl. 76 bis 79 der Feststellungsakte und Bl. 43 bis 47 der Gewerbesteuerakte). Der Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 8.3.2007 zurückgewiesen.

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Auffassung, dass sie nicht eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes bedurft habe und daher ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung habe ermitteln dürfen, im Wesentlichen Folgendes geltend:

Sie - die Klägerin - sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht als Bauträgerin anzusehen. Der Beklagte habe im Rahmen der Betriebsprüfung einen tatsächlich existierenden kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb auch nicht festgestellt. Sie - die Klägerin - habe in den Streitjahren kein Handelsgewerbe betrieben. Bei der Abgrenzung zwischen Handelsgewerbe einerseits und sonstigem Gewerbebetrieb andererseits seien stets die gesamten Verhältnisse des einzelnen Unternehmens zu berücksichtigen. Weder nach der Art noch nach dem Umfang ihres Unternehmens sei jedoch ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb erforderlich gewesen.

-              Sie habe in den Jahren 2001 bis 2004 140 bis maximal 230 Belegerfassungen (laufende Buchungen) gehabt, die zum größten Teil auf die laufende Verwaltung entfallen seien. Angesichts der getätigten Verkäufe seien die in ihrem Unternehmen abgeschlossenen Geschäfte weder vielgestaltig noch umfangreich gewesen. Die Belege für die Streitjahre könnten in einem Ordner aufbewahrt werden.

-              Für den Erwerb und die Sanierung des Hauses habe sie lediglich einen Kredit bei dem Bankhaus L... aufgenommen, der im Jahre 2003 teilweise auf die  D... AG umgeschuldet worden sei. Auch das mit der Kreditaufnahme verbundene Geschäftsrisiko sei gering gewesen, da der Kredit zum einen durch den Gegenwert der erworbenen Immobilie gedeckt gewesen und zum anderen für die Sanierung ein Pauschalpreis vereinbart worden sei.

-              Beziehungen zu einem größeren Kreis von Lieferanten und Kunden und eine große Zahl schwebender Geschäfte hätten nicht bestanden. Ihre - der Klägerin - Geschäftsbeziehungen hätten sich im Wesentlichen auf die beiden Banken, den Immobilienmakler, den Generalunternehmer und die Käufer beschränkt.

-              Es sei kein Personal beschäftigt worden. Sämtliche Geschäfte seien durch die Gesellschafter G... und F... abgewickelt worden, die daneben beide in anderen Berufen hauptberuflich tätig seien. Herr F... habe die Tätigkeiten für die GbR am Wochenende in seinem Arbeitszimmer erledigt.

-              Branchenspezifische Besonderheiten, die ein kompliziertes Rechnungswesen erforderten oder ein hohes Maß an Arbeitsteiligkeit, hätten nicht bestanden.

-              Sie - die Klägerin - habe entgegen der Auffassung des Beklagten in den Räumen der H... nicht über einen eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügt. Die H.... sei die Hausverwalterin der Immobilie gewesen. Der Gesellschafter G... habe in ihren Räumen sein Architekturbüro gehabt. Sie - die Klägerin - habe jedoch weder in dessen Räumlichkeiten noch in den Räumen der H... über Büroräume verfügt.

-              Werbemaßnahmen seien zu keiner Zeit ergriffen worden. Der Vertrieb der Wohnungen sei über den Makler erfolgt.

Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Anzahl der Geschäftsvorgänge gering, der Umsatz allerdings hoch gewesen sei. Ein hoher Umsatz als solcher führe jedoch nicht notwendig zu einem kaufmännisch eingerichteten Betrieb. Der Verkauf von durchschnittlich drei Wohneinheiten im Jahr habe den Geschäftsbetrieb nicht umfangreich und kompliziert gemacht. Die Kredite seien bei Verkäufen automatisch zurückgeführt worden. Die Auffassung des Beklagten, die von ihr - der Klägerin - übernommene Gewährleistung für die erbrachten Bauleistungen sowie die Verpflichtung zur Verwendung normgerechter Baustoffe und zur Herstellung nach den anerkannten Regeln der Baukunst begründeten ein Handeln nach kaufmännischen Grundsätzen, sei unzutreffend. Zum einen sei diese Vereinbarung nur in dem Kaufvertrag mit P.../V... enthalten, zum anderen seien Bauausführungen nach den anerkannten Regeln der Baukunst und unter Verwendung normgerechter Baustoffe eine Selbstverständlichkeit und unabhängig davon, wer der Verkäufer sei. Auch für die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen benötigte es keines kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetriebs. Die damit verbundenen finanziellen Risiken seien feststehende Risiken gewesen, die keiner ständigen Überwachung und neuer Kalkulationen bedurft hätten. Gleiches gelte für die Überwachung der Fertigstellungstermine in den Kaufverträgen mit den Erwerbern X... und Y..., in denen ein Schadensersatz bei verspäteter Fertigstellung vereinbart worden sei. Die Bauausführung sei insoweit durch den Gesellschafter Horn überwacht worden. Die den Käufern eingeräumten Zahlungsziele seien - genauso wie die quotale Ablösung der Grund­pfandrechte - in erster Linie von den Notaren und nicht von ihr - der Klägerin - überwacht worden. Soweit der Beklagte meine, die Aktivitäten der Gesellschafter in anderen Grundstücksgesellschaften seien bei der Beurteilung eines kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetriebs zu berücksichtigen, irre er. Insoweit handele es sich um verschiedene selbstständige Unternehmen.

Die Klägerin beantragt, die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 bis 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2002, 2003 und 2004 sowie über die gesonderte und einheitliche Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2001, 31.12.2002, 31.12.2003 und 31.12.2004, alle vom 11.10.2006, und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 8.3.2007 dahingehend zu ändern, dass den Feststellungen bzw. Festsetzungen nicht der durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG, sondern der durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 As. 3 EStG ermittelte Gewinn zugrunde gelegt wird, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Feststellungen der Betriebsprüfung, wonach die Klägerin als Kaufmann im Sinne des § 1 HGB anzusehen sei und ihren Gewinn daher nach § 4 Abs. 1 EStG habe ermitteln müssen. Typisierend habe das Niedersächsische FG mit Urteil vom 3.2.1998 (VII 576/96, EFG 1999, 275) die Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes in den Fällen verneint, in denen überschaubare Vorhaben (etwa Bau und Verkauf von bis zu zehn Wohnungen) abgewickelt worden seien. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass weniger überschaubare Vorhaben, also Bau/Sanierung und Verkauf von mehr als zehn Wohnungen dann durchaus einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderten. Das FG Berlin habe mit Urteil vom 8.4.2003 (5 K 5291/01) in einem vergleichbaren Sachverhalt die Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes bejaht. Im Streitfall sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin für ihre Bauleistungen die Gewährleistung für einen Zeitraum von fünf Jahren übernommen habe. Da sie zu Beginn der Gewährleistung noch nicht habe abschätzen können, welche Ansprüche auf sie zukommen würden, habe es bereits aus diesem Grund eines nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführten Geschäftsbetriebes bedurft. Ein wichtiger Aspekt sei auch das Erscheinungsbild des Unternehmens gegenüber Dritten. Die Tätigkeiten der von der Klägerin eingeschalteten Berater und Beauftragten (Architekt, Generalübernehmer, Rechtsanwalt/Notar, Makler) könnten nicht isoliert betrachtet werden, sondern seien ihr - der Klägerin - im weitesten Sinne zuzurechnen, da sie der Bauherr gewesen sei. Zumindest habe die Tätigkeit der Berater und Beauftragten überwacht und kontrolliert werden müssen. Zudem hätten die Gesellschafter der Klägerin mehrere Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegründet, die den gleichen Gesellschaftszweck wie die Klägerin verfolgt hätten und alle von dem Büro in der E... Straße aus betrieben worden seien. Die Klägerin habe daher gegenüber den Wohnungserwerbern, die nicht zwischen den einzelnen Gesellschaften differenzierten, einen nicht unerheblichen Betriebsumfang repräsentiert.

Dem Gericht haben neben den Gerichtsakten je ein Band Gewerbesteuerakten, Akten zur Feststellung der Einkünfte, Bilanzakten, Akten mit Betriebsprüfungsberichten sowie zwei Bände mit Arbeitsbögen vorgelegen.

Aus den Gründen

  • Begründetheit der Klage

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Den Steuerfestsetzungen und den Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen war der durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn zugrunde zu legen.

Nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG können Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Die Klägerin hat keine Bücher geführt und keine Abschlüsse gemacht und war hierzu auch mangels Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs. 2 HGB nicht gemäß §§ 238, 242 HGB, § 140 AO verpflichtet. Weder hat sie einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb tatsächlich geführt, den es nur steuerlich nachzuvollziehen galt, noch erforderte ihr Unternehmen nach Art oder Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb.

  • Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs ...

Ob ein nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, ist anhand der Gesamtumstände, die die Tätigkeit des Unternehmens prägen, zu beurteilen (vgl. Beschluss des BFH vom 21.4.1998 - IX B 16/98, BFH/NV 1998, 1220). Danach sind beim gewerblichen Grundstückshändler insbesondere der Umfang der An- und Verkaufsgeschäfte, die Komplexität der Beschaffungs- und Veräußerungsvorgänge (Marktbeobachtung, Akquisition von Kunden), während der Besitzzeit stattfindende erhebliche Baumaßnahmen/Bearbeitungen, die typischerweise erfolgende Kreditfinanzierung, die Gewährung von Zahlungszielen und der Bestand des Umlaufvermögens (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2005 - 3 K 2148/00; Urteil des FG Hamburg vom 12.3.2001 - II 297/00) zu berücksichtigen.

  • ... ist im Streitfall nicht gegeben

Bei Zugrundelegung dieser Kriterien kann die Notwendigkeit eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs nicht festgestellt werden. Ausweislich der Kaufverträge hat die Klägerin in 2001 und in 2002 jeweils drei, in 2003 zwei Wohnungen und in 2004 eine Wohnung veräußert und damit zahlenmäßig überschaubare Verkaufsgeschäfte getätigt. In der Rechtsprechung werden der Bau und der Verkauf von bis zu zehn Wohnungen als überschaubares Projekt beurteilt (vgl. Urteil des FG Niedersachsen vom 3.11.1998 - VII 576/96, EFG 1999, 275). Selbst wenn dies nicht als starre Grenze zu verstehen ist, bewegen sich die hier in Rede stehenden Aktivitäten der Klägerin doch klar in einer Größenordnung, die ohne kaufmännischen Geschäftsbetrieb zu bewältigen ist, zumal sie auch ihrer Art nach nicht von einer Komplexität oder Vielgestaltigkeit waren, die einen solchen erfordert hätte. Auch die von dem Beklagten herangezogenen Vertragspflichten der Klägerin, soweit sie überhaupt vollumfänglich Bestandteil sämtlicher Kaufverträge sind, vermögen eine andere Beurteilung nicht zu begründen. Weder die selbstverständliche Verpflichtung zur Durchführung von Baumaßnahmen nach den anerkannten Regeln der Baukunst und unter Verwendung normgerechter Baustoffe noch die Übernahme von Gewährleistungspflichten durch die Klägerin kann nur durch einen kaufmännisch geführten Geschäftsbetrieb sichergestellt werden; zudem ist eine Gewährleistung - soweit ersichtlich - nur in drei Kaufverträgen (X..., Y... und Z...) vereinbart worden und bewegte sich mithin in einem übersichtlichen Rahmen. Hinzukommt, dass mit eventuellen Gewährleistungsansprüchen letztlich der beauftragte Generalunternehmer zu befassen gewesen wäre.

  • Auch die sonstigen Umstände, die die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren ausmachten, führen zu keinem anderen Ergebnis

Auch die sonstigen Umstände, die die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren ausmachten, führen zu keinem anderen Ergebnis. So hat die Klägerin, anders als der typische gewerbliche Grundstückshändler, in den Streitjahren lediglich das Grundstück E... Str.  erworben und die vorhandenen Wohnungen und die ausgebauten Dachgeschosswohnungen in vier Jahren sukzessive bis auf drei Wohnungen saniert und veräußert. Der Vertrieb der Wohnungen erfolgte über einen Makler und machte daher keine eigenen Werbemaßnahmen und sonstige Vertriebsaktivitäten der Klägerin erforderlich. Auch die Finanzierung des Objektes durch lediglich zwei Bankinstitute und die damit zusammenhängende Bedienung der Annuitäten war überschaubar, da, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, die Kredite ohne ihr besonderes Zutun durch Abtretung der Kaufpreisansprüche bedient worden sind. Die Kaufpreiszahlung wurde durch die Notariate überwacht. Umfangreiche Geschäftsbeziehungen waren mit dem Geschäft der Klägerin nicht verbunden, da sich ihre geschäftlichen Kontakte auf die Banken, den Generalunternehmer, den Makler und die Käufer beschränkt hat. Durch die Einschaltung eines Generalunternehmers war sie insbesondere nicht gehalten, selbst Ausschreibungen vorzunehmen und Geschäftskontakte mit Bauunternehmen einzugehen. Die Kontrolle der Tätigkeiten der von ihr eingeschalteten Banken bzw. Unternehmer erforderte angesichts ihrer geringen Zahl entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls keine kaufmännische Geschäftsorganisation. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, die Tätigkeit der von der Klägerin eingeschalteten Unternehmer sei ihr bei der Beurteilung des Umfangs ihrer Tätigkeiten zuzurechnen, ist diese Auffassung schlicht nicht nachvollziehbar und verkennt, dass dann ein nicht buchführungspflichtiger Immobilienunternehmer nicht mehr denkbar wäre.

  • Der Umsatz der Klägerin ist ebenso wenig ein Grund, eine kaufmännische Buchführung zu verlangen

Der Umsatz der Klägerin, der zweifellos bei Immobiliengeschäften dieser Größenordnung als hoch anzusehen ist, ist ebenso wenig ein Grund, eine kaufmännische Buchführung zu verlangen. Denn ein in der Immobilienbranche regelmäßig hoher Umsatz bedeutet nicht zwangsläufig eine komplexe Unternehmensstruktur (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 12.3.2001 - II 297/00). Wie ausgeführt, war eine solche im Streitfall tatsächlich auch nicht gegeben. Gleiches gilt für das von der Klägerin in Anspruch genommene Kreditvolumen, zumal dieses durch dingliche Grundpfandrechte gesichert war und die Kaufpreisforderungen an die Bank abgetreten waren. Diese bei Immobiliengeschäften standardmäßige Verfahrensweise enthob die Klägerin eines entsprechenden eigenen Tätigwerdens.

  • Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin kein Personal beschäftigte

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin kein Personal beschäftigte, sondern, wie sie unwidersprochen vorgetragen hat, in der Lage war, die anfallenden Arbeiten durch ihre Gesellschafter zu erledigen.

Schließlich kann der Beklagte nicht mit dem Argument durchdringen, die Gesellschafter der Klägerin hätten weitere Gesellschaften bürgerlichen Rechts betrieben, die auf demselben Gebiet wie die Klägerin und mit demselben Zweck tätig geworden seien. Abgesehen davon, dass jeglicher substantiierter Vortrag zu den weiteren Gesellschaften fehlt, handelt es sich jeweils um rechtlich selbständige Unternehmen, die rechtlich selbständig zu beurteilen sind. Für eine irgendwie geartete Zurechnung der Tätigkeit etwaiger anderer Gesellschaften ist daher kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig, da die Sach- und Rechtslage nicht so einfach war, dass die Klägerin sich hätte selbst vertreten können (§ 139 Abs. 3 S. 1 FGO).

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