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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
08.10.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Bilanzierung und Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach einem Schuldbeitritt

FG Münster, Urteil vom 19.8.2009 - 11 K 2899/06 F

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Bilanzierung und Bewertung von Pensionsverpflichtungen und Freistellungsansprüchen.

Die Klägerin ist Geschäftsführerin der G Teppichmanufaktur KG (KG), deren Unternehmensgegenstand die Herstellung von Teppichen ist. Im Jahr 2005 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B bei der KG eine Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2003 durch. Im Rahmen der Prüfung der mit der betrieblichen Altersversorgung zusammenhängenden Sachverhalte kam es zu folgenden Feststellungen:

Aufgrund der allgemeinen Versorgungsordnung vom 21.12.1992 hatten die Mitarbeiter der KG Anspruch auf Alters- und Invalidenrente in Höhe von monatlich 6,50 DM (3,32 €) pro anrechenbarem Dienstjahr.

Am 16.12.2002 schloss die KG mit der A Vermögensverwaltung GmbH (GmbH) einen Vertrag über den entgeltlichen Schuldbeitritt, in dem sich die GmbH als weitere Schuldnerin verpflichtet, für die Pensionszusagen der KG einzustehen. Im Vertrag heißt es u.a.:

㤠2 Entgelt

(1) Für den in § 1 vereinbarten Schuldbeitritt erhält der Schuldbeitretende vom Pensionsverpflichteten ein Basisentgelt in Höhe von ca. EUR 309.700,00. Das Basisentgelt ist mit Abschluss dieses Vertrages sofort zur Zahlung fällig. Das Entgelt kann durch Banküberweisung auf das Konto des Schuldbeitretenden bei der Westdeutschen Landesbank ... oder durch Übertragung von verzinslichen Wertpapieren mit der Bonität von mindestens A bzw. einem entsprechenden Äquivalent sofern sie geratet sind erfolgen... Das Basisentgelt ist die Summe der nach heutigen Erkenntnissen ermittelten Barwerte der bestehenden und entstehenden Zahlungsverpflichtungen des Pensionsverpflichteten gegenüber jedem einzelnen Pensionsberechtigten aus den in § 1 genannten Pensionszusagen...

(2) Das Basisentgelt nach Absatz 1 erhöht sich wenn und soweit die Summe der Auszahlungen an einzelne Pensionsberechtigte das entsprechende Basisentgelt zuzüglich der auf diesen Betrag entfallenden insgesamt erwirtschafteten Erträge übersteigt.

(3) Das Basisentgelt vermindert sich wenn und soweit die Summe der Auszahlungen an einzelne Pensionsberechtigte das entsprechende Basisentgelt zuzüglich der auf diesen Betrag entfallenden insgesamt erwirtschafteten Erträge unterschreitet.

(4) Bei den insgesamt erwirtschafteten Beträgen nach Absätzen 2 und 3 sind Zinserträge (inklusive Zinseszinsen) nach Abzug von anteiligen Steuern und Kosten aus EURO-Staatsanleihen von Staaten mit einer langfristigen Bonität von A bzw. einem entsprechenden Äquivalent anzusetzen.

§ 3 Ausgleichungspflicht und Abwicklung

(1) Im Innenverhältnis vereinbart der Pensionsverpflichtete mit dem Schuldbeitretenden, dass der Schuldbeitretende unter Ausschluss seines Ausgleichsanspruches sämtliche aus den diesem Vertrag zu Grunde liegenden Pensionsverpflichtungen (§ 1) geschuldete Zahlungen mit befreiender Wirkung für beide Vertragsparteien zu leisten hat.

(2) Sämtliche aus diesem Vertrag zu Grunde liegenden Pensionsverpflichtungen (§ 1) geschuldete Zahlungen, die gegen den Pensionsverpflichteten gerichtet werden, sind vom Pensionsverpflichteten im Innenverhältnis für Rechnung des Schuldbeitretenden aber im eigenen Namen des Pensionsverpflichteten an die Pensionsberechtigten auszuzahlen. Die mit diesen Auszahlungen entstehenden Ausgleichsansprüche des Pensionsverpflichteten gegen den Schuldbeitretenden sind einmal jährlich nachschüssig vom Schuldbeitretenden auszugleichen...."

Die KG hatte in den Handels- und Steuerbilanzen zum 31.12.2002 und 2003 keine Rückstellungen für die Pensionsverpflichtungen gebildet, für die der Schuldbeitritt erklärt worden war. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, für sie bestünde keine wirtschaftliche Belastung mehr, nachdem sie von den Pensionsverpflichtungen durch den Schuldbeitritt freigestellt worden sei.

Dem folgte die Betriebsprüfung nicht. Sie vertrat die Auffassung, auch nach dem Schuldbeitritt bleibe der Arbeitgeber, der die Versorgungsleistungen zugesagt habe, weiterhin der Pensionsverpflichtete. Die Pensionsberechtigten könnten im Streitfall ihre Rentenansprüche allein gegenüber der KG geltend machen.

Eine Aufrechnung der Pensionsverpflichtungen mit dem Freistellungsanspruch gegenüber der GmbH sei nicht möglich, weil die Gläubiger nicht identisch seien. Die Pensionsrückstellungen und der im Innenverhältnis mit der GmbH bestehende Freistellungsanspruch stellten unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter dar. Eine Saldierung sei nach § 246 Abs. 2 HGB nicht möglich. Die Auflösung der Pensionsrückstellungen zum 31.12.2002 sei nicht zulässig, weil die Pensionsverpflichtungen der KG auch nach dem Schuldbeitritt fortbestünden. Die Pensionsrückstellungen seien in der Steuerbilanz der KG weiterhin mit den Werten nach § 6 a EStG auszuweisen.

Pensionsrückstellungen

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

HB/StB

227.378 € 0 € 0 €

0 €

0 €

Prüferbilanz

227.378 €

233.860 €

240.343 €

Gewinn

 

./. 233.860 €

./. 6.483 €

Neben der Passivierung der Pensionsrückstellungen nach § 6 a EStG habe die KG den Freistellungsanspruch in Höhe des an die GmbH gezahlten Entgeltes (Anschaffungskosten) mit 309.577,58 € als Forderung zu aktivieren. Dieses Entgelt sei, wie vertraglich vereinbart, mit den Barwerten der Pensionsverpflichtungen ermittelt worden. Die Bewertung der Barwerte erfolgte unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 4 % und einer Anpassungsverpflichtung ab Rentenfall in Höhe von 1 % jährlich. Für die aktiven Mitarbeiter sei eine Fluktuation von 4-5 % unterstellt.

Freistellungsanspruch

31.12.2002

31.12.2003

HB/StB

0,00 €

0,00 €

Prüferbilanz

309.577,58 €

315.856,00 €

Gewinn

+ 309.577,58 €

+ 6.278,42 €

Die Klägerin wandte sich gegen den entsprechend geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 vom 22.8.2005. Zur Begründung trug sie vor, die GmbH sei durch die Schuldübernahme durch Schuldbeitritt verpflichtet, die Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Im Innenverhältnis würde daher der originär Pensionsverpflichtete befreit. Diese Schuldbefreiung sei zwar abstrakt auflösend bedingt, im vorliegenden Fall aber nach dem Willen der Parteien und der tatsächlichen Durchführung endgültig. Als Ausgleich für die mit dem Schuldübernahmevertrag beim Übernehmer entstandenen, bilanziell abzubildenden Verpflichtungen erhalte der Übernehmer vom originär Verpflichteten einen Betrag, des- sen Höhe es dem Übernehmer tatsächlich ermögliche, die Pensionsberechtigten jederzeit rechtzeitig zu befriedigen. Beim schuldbefreiten originär Pensionsverpflichteten entfielen mit Abschluss des Schuldübernahmevertrages die entsprechenden Schulden.

Zu Unrecht habe der Beklagte einen Freistellungsanspruch aktiviert. Ein Ausgleichsanspruch könnte erst dann und insoweit entstehen, wenn der schuldbefreite originäre Schuldner in seiner Eigenschaft als Gesamtschuldner im Außenverhältnis Gläubiger durch Zahlung befriedige. Ohne rechtliche Existenz eines Anspruches sei eine bilanzielle Erfassung durch Ansatz eines Wirtschaftsgutes ausgeschlossen, weil ein solches Wirtschaftsgut nicht existiere.

Die vereinbarte und durchgeführte entgeltliche Schuldbefreiung sei kein Anschaffungsvorgang, sondern ein Veräußerungsvorgang. Die KG habe das negative Wirtschaftsgut Pensionsverpflichtungen durch Weggabe liquider Mittel abgelöst. Die Übertragung positiver Wirtschaftsgüter gegen Schuldübernahme durch den Übernehmer sei ein Veräußerungsvorgang.

Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 9.6.2006 zurück. Zur Begründung nimmt er ergänzend auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16.12.2005 (IV B 2-S 2176-103/05, BStBl. I 2005, 1052) Bezug, dem die Bewertung durch die Betriebsprüfung entspreche. Auch der Bundesfinanzhof (Urteil vom 25.02.2004, I R 54/022, BStBl. II 2004, 654) gehe von der getrennten Bilanzierung von Pensionsverpflichtung und Rückdeckungsanspruch aus.

Mit der Schuldübernahme seien die von der KG eingegangenen Pensionsverpflichtungen nicht entfallen. Sie bleibe gegenüber den Pensionsberechtigten weiterhin verpflichtet und habe lediglich einen Anspruch gegen einen Dritten erworben, der sie letztlich wirtschaftlich von der Verpflichtung freistellen solle. Dieser Anspruch sei - wie die Pensionsverpflichtung - zu bilanzieren.

Mit Schreiben vom 06.07.2006 erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung Klage und verfolgt ihr Begehren weiter. Zur Begründung macht sie geltend, durch die im Vertrag vom 16.12.2002 getroffenen Regelungen sei die GmbH neben die bisherige Schuldnerin als weitere Schuldnerin getreten. Zusätzlich sei im Innenverhältnis zwischen der ursprünglich Pensionsverpflichteten und der GmbH eine Erfüllungsübernahme vereinbart. Trotz der Gesamtschuldnerschaft sei die KG rechtlich und wirtschaftlich von ihren Pensionsverpflichtungen befreit worden. Für die Erfüllungsübernahme habe die Klägerin der GmbH einen Ausgleich zur Finanzierung der späteren Pensionsleistungen gezahlt, der sie tatsächlich in die Lage versetze, die Ansprüche der Pensionsberechtigten jederzeit rechtzeitig zu befriedigen.

Vor diesem Hintergrund sei von der KG keine Pensionsrückstellung mehr zu bilden, weil die Pensionsverpflichtung wirtschaftlich und rechtlich von der GmbH übernommen worden sei. Bei dem vorliegenden Schuldbeitritt mit Erfüllungsübernahme sei die Inanspruchnahme der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme werde im Schrifttum für den ursprünglich Verpflichteten verneint, wenn die Pensionsverpflichtung im Wege eines Schuldbeitritts auf einen weiteren Verpflichteten übergehe, jedoch nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise die überwiegende Wahrscheinlichkeit dahin gehe, dass das zunächst bilanzierende Unternehmen nicht mehr belastet sein werde. Dann bestehe handelsrechtlich ein Passivierungsverbot, das wegen der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze für die Gewinnermittlung auch steuerrechtlich zu beachten sei. Die GmbH sei zum Bilanzstichtag 31.12.2002 solvent und uneingeschränkt in der Lage gewesen, den abgeschlossenen Schuldbeitritt vereinbarungsgemäß zu erfüllen. Auch der Beklagte habe die Leistungsfähigkeit der GmbH zum Bilanzstichtag nicht in Zweifel gezogen.

Korrespondierend sei bei der KG auch keine Forderung wegen eines Freistellungsanspruches zu aktivieren. Eine derartige Forderung sei zum Bilanzstichtag weder rechtlich noch wirtschaftlich vorhanden gewesen. Ein Ausgleichsanspruch gegen die GmbH könne rechtlich erst entstehen, wenn die schuldbefreite originäre Schuldnerin, die KG, in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldnerin im Außenverhältnis Gläubiger durch Zahlung befriedige.

Der Schuldbeitritt sei nicht ausschließlich im Innenverhältnis erfolgt. Es handele sich um einen Vertrag zugunsten Dritter mit der Folge, dass der Arbeitnehmer auch von der Schuldbeitretenden direkt die Leistung einfordern könne. Jedenfalls sei aufgrund des Vertrages sichergestellt, dass die schuldbeitretende GmbH auf jeden Fall die wirtschaftlich Belastete sei, denn für den Fall einer Zahlung durch die KG entstehe zeitgleich und in deckungsgleicher Höhe ein Anspruch der KG gegen die GmbH. Die Schuldbefreiung durch entgeltlichen Schuldbeitritt mit Erfüllungsübernahme sei kein Anschaffungsvorgang, sondern ein Veräußerungsvorgang. Die KG habe liquide Mittel (Entgelt für den befreienden Schuldbeitritt) gegen eine Schuldübernahme veräußert. Durch diesen Veräußerungsvorgang könne beim Veräußerer kein positives Wirtschaftsgut entstehen.

Im Übrigen werde auf die zur Akte gereichte gutachterliche Stellungnahme zur bilanzsteuerrechtlichen Behandlung einer Pensionszusage mit Schuldbeitritt Bezug genommen, die Prof. Dr. C unter dem 05.08.2008 erstellt habe.

Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils vom 25.02.2004 (I R 54/02) seien auf den Streitfall nicht zu übertragen. Wenn der Beklagte das anders sehe, dann verkenne er, dass sowohl die grundsätzliche Einzelbewertung von Wirtschaftsgütern als auch die ausnahmsweise gegebene Saldierung im Grundsatz voraussetzten, dass Ansprüche bzw. Verpflichtungen dem Grund nach überhaupt vorhanden seien. Liege es aber vorliegend so, dass schon handelsrechtlich ein Passivierungsverbot gegeben sei, erübrige sich die Frage nach dem Vorhandensein eines gegebenenfalls zu saldierenden Anspruches.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in der Fassung vom 03.03.2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 09.06.2006 zu ändern und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 301.762,83 € festzustellen (Hinweis auf Anlage 4 zum Bp-Bericht),

hilfsweise, im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung im Übrigen vor, die von der Klägerseite begehrte Auflösung der Pensionsrückstellungen zum 31.12.2002 sei zulässig, wenn der Grund für diese Rückstellung entfallen sei. Das sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

Durch den Schuldbeitritt sei der Schuldbeitretende lediglich im Innenverhältnis Schuldner potentieller Pensionsforderungen geworden. Durch den Schuldbeitritt sei weder die Pensionsverpflichtung der KG entfallen noch bestünden Rechtsverhältnisse zwischen den Pensionsberechtigten und dem Schuldbeitretenden. Die KG sei aus ihrer Verpflichtung den Pensionsberechtigten gegenüber nicht entlassen. Das ergebe sich auch aus § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 16.12.2002. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Inanspruchnahme aus der Pensionsverpflichtung dem Grunde nach so hinreichend bestimmt sei, dass eine Passivierungspflicht zu bejahen sei, könne es nur auf die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Pensionsberechtigten und dem originär Pensionsverpflichteten ankommen. Dass die Inanspruchnahmen durch Ansprüche gegenüber dem Schuldbeitretenden ausgeglichen würden, beruhe auf weiteren Rechtsverhältnissen, die handels- und steuerrechtlich gesondert zu beurteilen seien.

Der Freistellungsanspruch sei durch den Beklagten zu Recht bilanziert worden. Alle Kriterien eines Wirtschaftsgutes seien gegeben. Es handele sich bei dem Ausgleichsanspruch um ein entgeltlich erworbenes Recht, das für die KG einen dauerhaften Wert habe. Darüber hinaus sei der Ausgleichsanspruch übertragbar und einer besonderen Bewertung zugänglich.

Das vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. C führe zu keiner anderen Beurteilung. Auch nach dem Schuldbeitritt eines Dritten bleibe der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer die Versorgungsleistungen schriftlich zugesagt habe, weiter der Pensionsverpflichtete. Der Arbeitgeber habe daher weiter eine Pensionsrückstellung auszuweisen. Die Passivierungspflicht sei durch den Schuldbeitritt nicht entfallen. Der Schuldbeitritt sei ausschließlich im Innenverhältnis erfolgt. Im Außenverhältnis bleibe die KG die Pensionsverpflichtete. Gegen sie richteten sich die Pensionsansprüche der Arbeitnehmer.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG verweise nicht auf den Inhalt der im konkreten Fall erstellten Handelsbilanz, sondern nur auf die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. Ein Ansatz in der Handelsbilanz sei deshalb nur dann für die Besteuerung maßgeblich, wenn er diesen Grundsätzen entspreche. Die Pensionsrückstellung nach § 6a EStG sei nur dann gewinnerhöhend aufzulösen, wenn die Schuld durch eine vertragliche Vereinbarung mit Zustimmung des Versorgungsberechtigten auf einen Dritten in arbeitsrechtlich zulässiger Weise übertragen und das arbeitgebende Unternehmen von der Versorgungsschuld befreit werde. Entsprechende Vereinbarungen seien im Streitfall nicht getroffen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Der Senat hat am 19.8.2009 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Aus den Gründen

I. Pensionsrückstellung

Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die KG in der Bilanz des Streitjahres für die von der vertraglichen Vereinbarung mit der GmbH vom 16.12.2002 erfassten Pensionsverpflichtungen Pensionsrückstellungen zu passivieren habe.

Die Verpflichtung der KG, künftig Versorgungsleistungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erbringen, ist eine ungewisse Verbindlichkeit i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB. Auch im Anwendungsbereich des § 6 a EStG darf eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nur gebildet werden, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtages eine Inanspruchnahme des Verpflichteten wahrscheinlich ist (BFH, Urteil vom 08.10.2008 I R 3/06, BFH/NV 2009, 301, 304). § 6 a EStG ist Spezialregelung für den Ansatz von Pensionsrückstellungen nur insoweit, dass in ihrem Anwendungsbereich der vom Großen Senat des Bundesfinanzhofes aufgestellte Grundsatz nicht gilt, nach dem ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht steuerrechtlich zu einem Passivierungsverbot führt (s. dazu BFH, Urteil vom 05.04.2006 I R 46/04, BStBl. II 2006, 689). Im Übrigen sind für den Ansatz von Pensionsrückstellungen die handelsrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätze nach § 5 Abs. 1 EStG auch steuerrechtlich zu beachten.

Im Streitfall ist es nicht wahrscheinlich, dass die KG aus der Pensionsverpflichtung in Anspruch genommen wird.

a) In der Vereinbarung vom 16.12.2002 ist die GmbH der Schuld der KG gegenüber den Empfängern der Pensionszusage beigetreten. Sie ist damit zusätzlich neben der bisherigen Schuldnerin in das Schuldverhältnis eingetreten. Es handelt sich bei der zwischen der KG und der GmbH geschlossenen Vereinbarung um einen Vertrag zugunsten Dritter. Dazu ist die Zustimmung der Pensionsberechtigten nicht erforderlich, weil sich deren Position ausschließlich verbessert, wenn neben die bisherige Schuldnerin eine weitere Schuldnerin tritt, an die sie sich zur Erfüllung ihres Anspru- ches ebenfalls wenden können. KG und GmbH sind gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Pensionszusage verpflichtet.

b) Zwar ist die KG nach dem Schuldbeitritt der GmbH weiterhin auch selbst gegenüber den Pensionsberechtigten zur Erfüllung der Pensionszusage verpflichtet. Ihre Inanspruchnahme ist jedoch nicht wahrscheinlich, weil die GmbH nach der vertraglichen Abrede vom 16.12.2002 im Innenverhältnis gegenüber der KG verpflichtet ist, die von der KG aufgrund der Pensionszusagen erbrachten Zahlungen letztlich auszugleichen hat. Die GmbH hat sich unter Ausschluss des Ausgleichsanspruches an die KG als weitere Gesamtschuldnerin zur Erfüllung der Pensionszusage verpflichtet.

c) Nach Schuldbeitritt der GmbH und der Erfüllungsübernahme im Innenverhältnis ist eine Inanspruchnahme der KG aufgrund ihrer Pensionszusagen nicht mehr wahrscheinlich, zumal auch die im Vertrag vom 16.12.2002 getroffenen Abreden sicherstellen, dass die schuldbeitretende GmbH finanziell so ausgestattet ist bzw. wird, dass sie ihrer Ausgleichspflicht gegenüber der KG auch nachkommen kann. Das für den Schuldbeitritt gezahlte Basisentgelt orientiert sich der Höhe nach an der Summe der ermittelten Barwerte der bestehenden und entstehenden Zahlungspflichten gegenüber jedem einzelnen Pensionsberechtigten (§ 2 Abs. 1 der Vereinbarung vom 16.12.2002). Es erhöht/vermindert sich, wenn und soweit die Summe der Auszahlungen an einzelne Pensionsberechtigte zuzüglich der auf diesen Betrag entfallenden insgesamt erwirtschafteten Erträge übersteigt/unterschreitet (§ 3 Abs. 2, 3 der Vereinbarung vom 16.12.2002). Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH zum 31.12.2002 nicht leistungsfähig war und den im Vertrag vom 16.12.2002 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

d) Nichts anderes ergibt sich aus der Beurteilung von durch Versicherungen rückgedeckten Pensionsverpflichtungen, für die die Bildung einer Pensionsrückstellung trotz der Rückdeckung nicht ausgeschlossen ist (Schmidt/Weber-Grellet EStG § 6a Rz. 12 m.w.N.). Zwar kommt der Streitfall vom tatsächlichen Ablauf und vom wirtschaftlichen Ergebnis her der Konstellation nahe, in der eine Pensionszusage durch eine Rückdeckungsversicherung abgesichert wird. Wie im Streitfall leistet dort die Arbeitgeberin, die sich gegenüber den Mitarbeitern zu Pensionsleistungen verpflichtet hat, die Pensionen an die Berechtigten. Die erbrachten Zahlungen fließen in beiden Fällen an die Arbeitgeber zurück, im Streitfall durch die schuldbeitretende GmbH, bei Abschluss einer Rückdeckungsversicherung durch die Versicherungsgesellschaften.

Anders als im Streitfall bleibt jedoch bei Pensionsverpflichtungen, die durch Versicherungen rückgedeckt sind, aus dem Pensionsversprechen allein der Arbeitgeber verpflichtet. Der konkreten Versorgungsverpflichtung des Arbeitgebers steht ein Anspruch gegen das Versicherungsunternehmen als selbständig zu bilanzierendes Wirtschaftsgut gegenüber, aus dem heraus der zur Versorgung Verpflichtete nach Eintritt des Versorgungsfalles die von ihm zu erbringende Leistung abdecken kann (BFH, Urteil vom 08.10.2008 I R 3/06, BFH/NV 2009, 301, 304). Demgegenüber ist im Streitfall die GmbH der Pensionsverpflichtung der KG beigetreten, ist selbst den Pensionsberechtigten gegenüber verpflichtet und hat im Innenverhältnis deren Erfüllung gegenüber der KG übernommen.

II. Freistellungsanspruch

Die für Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme erbrachte Zahlung an die GmbH in Höhe von 309.577,58 € ist im Streitjahr als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe gewinnmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht um Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut.

Ein Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit aus der Pensionszusage ist nicht zu aktivieren.

a) Die Schuld aus der Pensionszusage der KG ist zum Bilanzstichtag 31.12.2002 (noch) ungewiss. Ihre Passivierung als Verbindlichkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie dem Grund und der Höhe nach am Bilanzstichtag weder gewiss noch quantifizierbar ist. Ihr Bilanzausweis ist grundsätzlich als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Form einer Pensionsrückstellung zu erwägen, scheitert im Streitfall jedoch daran, dass die Inanspruchnahme der KG nach Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme durch die GmbH nicht wahrscheinlich ist. Ein Anspruch auf Freistellung von einer Verbindlichkeit, deren Entstehen selbst noch ungewiss ist, ist kein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut. Es ist nicht klar, ob der Anspruch überhaupt werthaltig ist. Der wirtschaftliche Wert von Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme spiegelt sich bilanziell darin wider, dass die ungewisse Verbindlichkeit aus der Pensionszusage nicht mehr als Pensionsrückstellung auszuweisen ist (s. unter I.)

b) Zum 31.12.2002 ist auch kein Anspruch der KG gegen die GmbH auf Erstattung der von ihr tatsächlich geleisteten Pensionszahlungen zu aktivieren. Dieser Anspruch aus der Vereinbarung vom 16.12.2002 entsteht erst, wenn und soweit die KG entsprechende, auszugleichende Pensionsleistungen erbracht hat. Das ist aber im Streitjahr unstreitig nicht geschehen.

Fällt eine (nicht noch ungewisse) Schuld weg, weil ein Dritter gegen Entgelt unter Erfüllungsübernahme der Schuld beitritt, wird die Schuld gegen ein Geldkonto erfolgsneutral ausgebucht. Fällt - wie im Streitfall - eine ungewisse Verbindlichkeit durch Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme weg, kann es zur erfolgsneutralen Ausbuchung der Verbindlichkeit nicht kommen. In diesem Fall ist der entlastende Gegenwert der Zahlung der Umstand, dass die Inanspruchnahme der KG aus der Pensionszusage nicht mehr wahrscheinlich ist. Die wirtschaftliche Befreiung von der ungewissen Verbindlichkeit spiegelt sich bilanziell in der (erfolgswirksamen) Auflösung der Pensionsrückstellung wider. Dieser Gewinnerhöhung durch die Auflösung der Rückstellung steht die aufwandswirksame Erfassung der Gegenleistung für die wirtschaftliche Befreiung von der ungewissen Verbindlichkeit gegenüber. Im Ergebnis ist - wie beim Wegfall einer (nicht noch ungewissen) Verbindlichkeit - nur die Differenz zwischen der Höhe der aufzulösenden Pensionsrückstellung und dem von der KG gezahlten Entgelt erfolgswirksam.

Dass das für Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme an die konzernverbundene GmbH gezahlte Entgelt unangemessen ist, hat der Beklagte nicht vorgetragen, vielmehr hat die Betriebsprüfung das Entgelt insgesamt als angemessen beurteilt (Anlage 2, Tz. 5 zum Bp-Bericht vom 03.01.2006). Es ist auch weder ersichtlich noch von dem Beklagten vorgetragen, dass die im Konzernverbund gewählte Gestaltung des entgeltlichen Beitritts der GmbH zu den Verpflichtungen der KG aus der Pensionszusage und der im Innenverhältnis erfolgten Erfüllungsübernahme durch die GmbH ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO sein könnte.

Der Bundesminister der Finanzen vertritt im Schreiben vom 16.12.2005 (IV B 2 - S 2176 - 103/05, BStBl. I, 1052 - Tz 2) die Auffassung, auch nach einem Schuldbeitritt eines Dritten habe der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer die Versorgungsleistungen schriftlich zugesagt habe, weiterhin eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG auszuweisen. Diese Auffassung teilt der Senat jedenfalls dann nicht, wenn - wie im Streitfall - neben dem entgeltlichen Schuldbeitritt im Innenverhältnis eine Erfüllungs- übernahme vereinbart und die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Schuldbeitretenden nicht wahrscheinlich ist.

Der Senat teilt aus den oben unter II. dargestellten Gründen auch nicht die im zitierten Schreiben (Tz 4) vorgetragene, nicht näher begründete Auffassung des Bundesministers der Finanzen, in Höhe des für den Freistellungsanspruch gezahlten Entgeltes sei eine Forderung zu aktivieren.

Die festzustellenden Einkünfte der KG für 2002 werden wie folgt ermittelt:

Gewinn lt. Betriebsprüfung (Anlage 4 Bp-Bericht)

300.996,48 €

./. Entgelt für Schuldbeitritt

309.577,58 €

+ Auflösung Pensionsrückstellung

233.860,00 €

+ Gewerbesteuerrückstellung lt. Prüfung

12.442,00 €

Gewinn lt. Urteil

237.720,90 €

+ Ergebnisse von Sonderbilanzen (Anl. 8 Bp-Bericht)

63,90 €

+ sonstige Zu- und Abrechnungen (Anl. 8 Bp-Bericht)

63.978,03 €

festzustellende Einkünfte 2002

301.762,83 €

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

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