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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
28.01.2021
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Bremen: Bilanzielle Behandlung von Dauergrabpflegeverpflichtungen

FG Bremen, Urteil vom 27.8.2020 – 1 K 104/17 (3), NZB eingelegt (Az. BFH XI B 53/20)

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2021-304-1

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die bilanzielle Behandlung von Dauergrabpflegeverpflichtungen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, die eine Friedhofsgärtnerei betreibt. Sie ist aufgrund einer Vielzahl von Verträgen zur Dauergrabpflege verpflichtet.

In diesen Dauergrabpflegeverträgen verpflichtet sich die Klägerin als Auftragnehmerin zu einer in der Regel langjährigen Pflege einer Grabstätte in einem bestimmten vereinbarten Umfang. Die Gegenleistung wird in der Weise ermittelt, dass in der dem Vertrag beigefügten Kostenaufstellung die Kosten für ein Jahr berechnet und dann mit der Anzahl der Jahre der Laufzeit vervielfacht werden. Das so ermittelte Entgelt für die gesamte Grabpflegedauer ist vom Auftraggeber in zeitlicher Nähe zur Vertragsunterzeichnung zu zahlen. Der Beginn der Dauerpflege kann für ein bestimmtes Datum oder für den Zeitpunkt des Ablebens des Auftraggebers vereinbart werden.

Neben den unmittelbar zwischen Auftraggebern und der Klägerin abgeschlossenen Dauergrabpflegeverträgen existierte im Streitjahr auch ein Bestand an Dauergrabpflegeverträgen, zu deren Erfüllung sich die Klägerin im Rahmen von Betriebsübernahmen in den Jahren 1990, 1997 und 2002 verpflichtet hatte.

Bei neueren, vom Rechtsstreit nicht betroffenen Dauergrabpflegeverträgen erfolgt die Verwaltung der Verträge treuhänderisch durch die … GmbH, die die Vorauszahlungen der Kunden verwaltet und für die jeweils erbrachten Leistungen Auszahlungen an die Auftragnehmer vornimmt.

In den Betriebsprüfungsakten befinden sich Kopien mehrerer beispielhaft vorgelegter Dauergrabpflegeverträge, auf deren Inhalte Bezug genommen wird.

Im Klageverfahren hat die Klägerin beispielhaft einen von ihr abgeschlossenen Dauergrabpflegevertrag aus 2002 mit einer Kostenaufstellung als Anlage vorgelegt. Dieser Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 3.       Der Auftraggeber zahlt für die vereinbarte Pflegezeit entsprechend der Kostenaufstellung den Betrag von € ____. Die Vertragssumme ist innerhalb von vier Wochen nach gegenseitiger Unterzeichnung des Vertrages fällig.

§ 6.        Der Kunde ist berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen und den nicht verbrauchten Betrag einschließlich vorhandener Zinsen zurückzufordern. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Jahresende. (…) Die durch die Kündigung dem Vertragspartner entstehenden Kosten sowie Aufwendungen für erbrachte Leistungen werden von dem zurück zu zahlenden Betrag in Abzug gebracht.

§ 7.        Meine Erben sind nicht berechtigt den Vertrag zu kündigen. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass Erbfall und Erbnachfolge kein wichtiger Grund zur Vertragsbeendigung sind.“

Die Klägerin hat zudem beispielhaft einen durch die übernommene Friedhofsgärtnerei … abgeschlossenen Dauergrabpflegevertrag aus 1993 vorgelegt. Dieser Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 3        Der Auftraggeber zahlt für die vereinbarte Pflegezeit entsprechend der Kostenaufstellung den Betrag von DM ____.

§ 6         Der Kunde ist berechtigt, den Vertrag zu kündigen und den nicht verbrauchten Betrag einschließlich vorhandener Zinsen zurückzufordern. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Jahresende. Die Kündigung muss durch eingeschriebenen Brief erfolgen. Die durch die Kündigung dem Vertragsgärtner entstehenden Kosten sowie Aufwendungen für erbrachte Leistungen werden von dem zurückzuzahlenden Betrag in Abzug gebracht.

§ 8         Meine Erben sind nicht berechtigt den Vertrag zu kündigen.“

Soweit die Klägerin im Rahmen von Betriebsübernahmen Dauergrabpflegeverpflichtungen übernahm, wurden die übernommenen Verpflichtungen und die durch die Auftraggeber bereits geleisteten Vorauszahlungen bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt.

Im Kaufvertrag zwischen der Klägerin und … vom …1990 übernahm die Klägerin zum …1990 die Friedhofsgärtnerei … inklusive aller Rechte und Pflichten aus laufenden Grabpflegeverträgen. Der Kaufpreis von insgesamt … DM (inkl. USt) wurde in Höhe von … DM (inkl. USt) durch Übernahme der Leistungsverpflichtungen aus den übernommenen Grabpflegeverträgen erbracht. Dieser Kaufpreisanteil entsprach der Höhe nach dem noch vorhandenen Vorauszahlungsguthaben der Kunden aus den übernommenen Grabpflegeverträgen.

Im Kaufvertrag zwischen der Klägerin und … vom …2002 übernahm die Klägerin zum …2003 die Friedhofsgärtnerei … inklusive aller Rechte und Pflichten aus bestehenden Dauergrabpflegeverträgen. Die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von … Euro erfolgte durch Verrechnung mit dem Guthabensaldo für übernommene Dauergrabpflegeverträge. Der Verkäufer hatte das verbleibende Guthaben aus den Dauergrabpflegeverträgen in Höhe von … Euro unter Abzug des Kaufpreises in Höhe von … Euro an die Klägerin zu überweisen.

In beiden Kaufverträgen verpflichtete sich die Klägerin, den Verkäufer von der Inanspruchnahme durch die Auftraggeber freizuhalten. Beide Vertragspartner wollten sich darum bemühen, dass die Auftraggeber der Vertragsübernahme durch die Klägerin und einer Entlassung des Verkäufers aus den Vertragsverpflichtungen zustimmten.

Im Streitjahr setzte die Klägerin in ihrer Bilanz auf den 31.12.2009 für sich aus den eigenen und übernommenen Dauergrabpflegeverträgen in den Folgejahren ergebende Verpflichtungen eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe von … Euro an (Reduzierung gegenüber dem Vorjahr um … Euro). Die Höhe der Rückstellung hatte sie durch ein versicherungsmathematisches Gutachten ermitteln lassen. Die Bewertungsmethode wurde dabei von dem damaligen Steuerberater vorgegeben. In diesem Gutachten vom … wird zur Bewertungsmethodik ausgeführt:

„Bei den Berechnungen wurde die sog. buchhalterische Methode angewendet. Dabei wurde vom eingezahlten Anfangskapital ausgegangen und eine Verzinsung des jeweils vorhandenen Restkapitals von 6 % jährlich sowie eine Kostensteigerung von 4 % jährlich zugrundegelegt.

Es ist zu berücksichtigen, dass bei den übernommenen Verträgen kein Kapital vorhanden ist. Hier wurde der entrichtete Kaufpreis als Höhe der Verpflichtung zum …1990, …1997 bzw. …2002 zugrunde gelegt und entsprechend weitergerechnet, d.h. ohne Verzinsung aber mit Kostensteigerung.“

Am … ging bei dem damals noch zuständigen Finanzamt … die Körperschaftsteuererklärung und Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags der Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2009 ein.

Unter dem … ergingen gegenüber der Klägerin Bescheide über Körperschaftsteuer 2009 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009, die beide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) standen.

Mit nicht angefochtenen Änderungsbescheiden vom … wurde die Körperschaftsteuer auf … Euro festgesetzt und der verbleibende Verlustabzug auf … Euro festgestellt. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom ... wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt, die am ... begann und mit Bericht vom ... abgeschlossen wurde.

Gegenstand der Betriebsprüfung war unter anderem die bilanzielle Behandlung der Dauergrabpflegeverträge.

Diese erläuterte die Klägerin mit Schreiben vom ….

Bei selbst abgeschlossenen Verträgen würde das am Jahresanfang vorhandene Guthaben des Kunden mit einem Zinssatz von 6 % verzinst und bei der Rückstellung als Zuführung behandelt. Die Auflösung der Rückstellung erfolge in den Folgejahren in Höhe der jährlichen Pflegekosten. Der Auflösungsbetrag pro Jahr steige von Jahr zu Jahr an, da eine Kostensteigerung von 4 % unterstellt werde.

Bei den von Dritten übernommenen Dauergrabpflegeverträgen habe die Klägerin nicht nur die Pflegeleistungsverpflichtung übernommen, sondern sich ebenfalls verpflichtet, die Rückzahlungsverpflichtungen der nicht verbrauchten Beträge einschließlich vorhandener Zinsen bei Kündigung der Dauergrabpflegeverträge zu übernehmen. In diesen Fällen seien aber die tatsächlichen Vorauszahlungen der Kunden nicht durch die Klägerin, sondern durch den Betriebsveräußerer vereinnahmt worden. Gegenstand des Kaufvertrages sei dann nur das aktuelle Guthaben der Dauergrabpflegekunden zum Übertragungsstichtag gewesen.

Mittlerweile würden die meisten Dauergrabpflegeverträge in Bremen von der … GmbH verwaltet. Das von der Treuhandstelle verwaltete Vermögen werde am Kapitalmarkt angelegt. Der im Durchschnitt erzielte Zinssatz werde den Guthaben der Dauergrabpflegekunden jedes Jahr gutgeschrieben. Die Guthaben der Kunden würden um die jährlich erbrachten Pflegeleistungen gekürzt. Die an die Friedhofsgärtner gezahlten Erlöse für Pflegeleistungen würden jedes Jahr um eine Kostensteigerung erhöht. Dieser Systematik entspreche auch die von der Klägerin vorgenommene Ermittlung der Dauergrabpflegeguthaben.

Während der Betriebsprüfung erläuterte der Geschäftsführer der Klägerin, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauergrabpflegevertrages praktisch ausschließlich die Rückgabe der Grabstellen sei. Das Grab werde dann wieder eingeebnet.

Im Betriebsprüfungsbericht vom … wurde - neben anderen, nicht mehr streitigen Punkten - ausgeführt, anstelle der gebildeten Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten lägen hinsichtlich eines Teilbetrages von … Euro erhaltene Anzahlungen vor und hinsichtlich eines Teilbetrages von … Euro sei ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten (pRAP) zu bilden.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung entfielen Vorauszahlungen i.H.v. … Euro auf Dauergrabpflegeverträge für die eigenen Gräber noch nicht verstorbener Kunden, so dass insoweit der Leistungszeitraum am Bilanzstichtag noch nicht begonnen habe. Da hier der Zeitpunkt nicht bestimmbar sei, in dem der Anspruch auf die Leistung entstehe, sei insoweit eine Passivierung von erhaltenen Anzahlungen vorzunehmen.

Im Übrigen handele es sich bei den Vorauszahlungen um Einnahmen, die Erträge für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellten. Diesbezüglich sei ein pRAP zu bilden. Eine Verzinsung bzw. Preissteigerung sei nicht zu berücksichtigen.

Die Höhe des pRAP wurde durch die Betriebsprüfung ermittelt, indem die Restlaufzeiten der Dauergrabpflegeverträge mit den jährlichen Pflegekosten laut Kostenaufstellung zum Vertrag multipliziert wurden.

Die Auswirkungen hieraus fielen bei den selbst begründeten Grabpflegeverpflichtungen zuungunsten und bei den übernommenen Grabpflegeverpflichtungen zugunsten der Klägerin aus. Im Ergebnis setzte die Betriebsprüfung Anzahlungen und pRAP in der Summe mit einem Betrag an, der um … Euro niedriger war als die von der Klägerin ursprünglich angesetzte Rückstellung.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und berücksichtigte bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Änderungsbescheide vom … nicht die beanspruchten Rückstellungen, sondern die erhaltenen Anzahlungen und pRAP laut Betriebsprüfungsbericht. Zur Begründung wurde auf den Prüfungsbericht vom … verwiesen. Die Körperschaftsteuer wurde auf … Euro festgesetzt und der verbleibende Verlustabzug wiederum auf … Euro festgestellt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom … Einspruch ein, den sie mit einem Verweis auf ihr Schreiben vom … mit Anlagen begründete.

Mit Einspruchsentscheidung vom … wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Das Finanzamt habe die Verpflichtung aus den Dauergrabpflegeverträgen in zutreffender Höhe passiv abgegrenzt. Nach § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) seien Einnahmen zu passivieren, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellten. Einnahme in diesem Sinne sei das vereinbarte und geflossene Entgelt, soweit ihm für das laufende Jahr noch kein Aufwand gegenübergestanden habe. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bemesse sich die Höhe eines pRAP nach dem zeitlichen Verhältnis der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Leistung. Der pRAP sei Ausdruck einer Leistungsverpflichtung, die der sofort erfolgswirksamen Vereinnahmung entgegenstehe. Bleibe diese nach Art und Umfang gleich, führe dies zu einer dem Zeitablauf entsprechenden linearen Auflösung des pRAP. Aus diesem Verständnis des pRAP folge zugleich, dass eine Auflösung nach dem Kostenverlauf beim Leistenden steuerlich nicht anzuerkennen sei. Er diene der Abgrenzung von Einnahmen und nicht von Aufwand.

Am … hat die Klägerin Klage erhoben.

In der Klagebegründung unterscheidet sie zwischen Dauergrabpflegeverträgen, die durch Unternehmenskäufe übernommen wurden, und selbst abgeschlossenen Dauergrabpflegeverträgen.

Bei den übernommenen Dauergrabpflegeverträgen seien die tatsächlichen Vorauszahlungen der Kunden nicht durch die Klägerin, sondern durch den ursprünglichen Vertragspartner vereinnahmt worden. Diese Vorauszahlungen seien auch nicht übernommen worden. Aus den Kaufverträgen ergebe sich insbesondere keine Übernahme von Bankguthaben. Deshalb fehle es bei der Klägerin am Tatbestand der Einnahmen vor dem Abschlussstichtag gemäß § 5 Abs. 5 S. 1 EStG. Dennoch hätten die Kunden nicht nur einen Anspruch auf Erbringung der Grabpflegeleistungen, sondern zusätzlich einen Anspruch auf Verzinsung ihres Guthabens. Es seien auch faktisch bei Kündigungen Guthaben inklusive Zinsen an die Kunden ausgezahlt worden. Da ein konkreter Zinssatz in den Verträgen nicht genannt worden sei, müsse man im Wege der Auslegung der Verträge dazu kommen, dass eine marktgerechte Verzinsung zu erfolgen habe. Durch die Kombination aus Leistungsverpflichtung und Verzinsungsanspruch der Kunden liege hier eine Verbindlichkeit vor, die der Höhe nach ungewiss sei.

Bei den selbst abgeschlossenen Dauergrabpflegeverträgen habe die Klägerin zwar die Kundenvorauszahlungen vereinnahmt. Die Bildung eines pRAP komme aber deshalb nicht infrage, weil die Grabpflegeverträge eine Zinsklausel enthielten. In den Grabpflegeverträgen der Klägerin sei ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vorgesehen. In diesem Fall sei der Kunde berechtigt, den nicht verbrauchten Betrag einschließlich vorhandener Zinsen zurückzufordern. Hieraus ergebe sich ein Anspruch des Kunden auf Verzinsung des Guthabens. Durch die in den versicherungsmathematischen Gutachten der Klägerin berücksichtigten Kostensteigerungen würden die durch die Zinsberücksichtigung erhöhten Rückstellungen wiederum vermindert. In den Grabpflegeverträgen der Klägerin sei zu den Kostensteigerungen keine Regelung getroffen worden. Würde man deshalb die Kostensteigerung nicht berücksichtigen, würden die Grabpflegeverpflichtungen noch höher auszuweisen sein. Wegen der fehlenden Konkretisierung des Zinssatzes in den Verträgen sei ein marktgerechter Zinssatz anzuwenden. Die Verpflichtung sei danach der Höhe nach ungewiss, was ein Argument für den Ausweis als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten sei.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide vom … über Körperschaftsteuer 2009 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 und die Einspruchsentscheidung vom … insoweit zu ändern, dass der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ein um … Euro geminderter Gewinn zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Rückstellungsberechnung der Klägerin führe dazu, dass der Passivposten in den ersten Jahren ansteige, das gesamte Geschäft also nicht nur durch die entstehenden Kosten für die Grabpflege zu Aufwand führe, sondern durch das erfolgswirksame Ansteigen des Passivpostens ein weiterer Aufwand entstehe.

Aus dem Kaufvertrag vom …1990 betreffend die Friedhofsgärtnerei … ergebe sich, dass der Kaufpreis für die Grabpflegeverträge durch die Übernahme der daraus resultierenden Leistungsverpflichtungen in derselben Höhe entrichtet werde. Die Vertragsparteien seien also von einer Ausgeglichenheit von (übernommenen) Aktivposten und Verpflichtung ausgegangen.

Dabei sei unerheblich, ob die Klägerin die Vorauszahlungen ursprünglich selber vereinnahmt habe. Der Passivposten als Korrektivposten der erhaltenen Einmalzahlung als Vorauszahlung sei linear aufzulösen. Der tatsächliche Kostenverlauf der Verträge spiegele sich dagegen in der laufenden Buchhaltung wieder und sei nicht zuletzt vom kaufmännischen Geschick der Klägerin abhängig.

Auch für den unwahrscheinlichen Fall der Kündigung der Verträge sei keine Rückstellung für die gegebenenfalls zu zahlenden Zinsen zu bilden.

Ansprüche und Verbindlichkeiten aus fortbestehenden schwebenden Geschäften seien so lange nicht zu bilanzieren, wie und soweit sie einander ausgeglichen gegenüberstünden (§ 5 Abs. 4 Buchst. a EStG). Schwebende Geschäfte seien als Vertragsverhältnisse definiert, die zum Bilanzstichtag auf einen gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet seien. Darunter fielen auch solche, die eine (ratierliche) Leistungserbringung auf Dauer zum Gegenstand hätten (Dauerschuldverhältnisse).

Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setze eine betrieblich veranlasste, dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem anderen voraus, sofern wahrscheinlich sei, dass die Verbindlichkeit bestehe oder entstehen werde und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen werde. Es genüge aber nicht die bloße Möglichkeit einer Inanspruchnahme. Die Klägerin habe hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten und einer Verzinsung unterschiedliche Verträge geschlossen. Eine einer Garantierückstellung entsprechende allgemeine Rückstellung für auszukehrende Zinsen sei allenfalls möglich, wenn die Klägerin einen objektiven Maßstab für das Entstehen nennenswerter künftiger Leistungen aus ihrem Betrieb gewonnen hätte. Dies sei nicht dargelegt.

Eine Rückstellung für die Auszahlung des Guthabens im Kündigungsfall sei nicht denkbar, da in diesem Fall der pRAP (erfolgsneutral) aufzulösen wäre.

Nach dem Ergehen eines Gerichtsbescheides unter dem … hat die Klägerin am … mündliche Verhandlung beantragt.

Die für die Klägerin geführten Steuerakten des Beklagten (…) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist, ebenso wie der der Gerichtsakten, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung, FGO).

Die angefochtenen Änderungsbescheide durften auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 Satz 1 AO ergehen. Danach kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam ist.

Ansatz des Betriebsvermögens nach GoB

I.          Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid ist rechtmäßig. Der der Besteuerung zugrunde gelegte Gewinn ist nicht durch die Berücksichtigung der von der Klägerin errechneten Rückstellungen im Zusammenhang mit den von der Klägerin zu erfüllenden Dauergrabpflegeverträgen zu mindern.

Nach § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin in ihren Steuerbilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist.

Ansatz von erhaltenen Anzahlungen ist unstrittig

1.         Den Ansatz von erhaltenen Anzahlungen in Höhe von insgesamt … Euro für übernommene und eigene Verträge anstelle von Rückstellungen für solche Vorauszahlungen, bei denen der Beginn der Leistungspflicht vom Ableben des Auftraggebers abhing und dieser am Bilanzstichtag noch nicht verstorben war, hat die Klägerin im Klageverfahren nicht angegriffen. Es bestehen auch keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Handhabung.

Gemäß § 266 Abs. 3 C. 3. Handelsgesetzbuch (HGB) sind erhaltene Anzahlungen auf der Passivseite der Bilanz mit dem Nennwert auszuweisen. Der BFH geht von einem weiten Verständnis des Begriffs der Anzahlungen aus; danach kommen als Anzahlungen Vorleistungen auf schwebende Verträge aller Art in Betracht (BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 65/91 –, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312 [BB 1995, 869]). Auch in Fällen, in denen vertragsgemäß zeitraumbezogene Leistungen zu erbringen sind, ist vor Beginn des entsprechenden Erfüllungszeitraums zur Gewinnneutralisierung des Zahlungseingangs in der Höhe der Vorauszahlung ein Passivposten „erhaltene Anzahlung“ auszuweisen (vgl. zu geleisteten Anzahlungen: BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 65/91 –, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, Rn. 41 [BB 1995, 869]).

Streit, ob Rückstellungen oder ein pRAP anzusetzen waren, musste nicht entschieden werden

2.         Hinsichtlich der Leistungspflichten aus übernommenen Dauergrabpflegeverträgen, für die der Leistungszeitraum am Bilanzstichtag bereits begonnen hatte, muss der Streit, ob Rückstellungen oder ein pRAP anzusetzen waren, nicht entschieden werden, weil insoweit der Wert der von der Klägerin ursprünglich berücksichtigten Rückstellungen nicht über den Werten liegt, die der Beklagte als erhaltene Anzahlungen und pRAP angesetzt hat. Das ergibt sich aus der Aufstellung der Betriebsprüfung über die vorgenommenen Änderungen (…).

Für die 1990 übernommenen Verpflichtungen hatte die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von … Euro berechnet. Der Beklagte hat demgegenüber Anzahlungen in Höhe von … Euro und einen pRAP in Höhe von … Euro und damit insgesamt … Euro passiviert.

Für die in 1997 übernommenen Verpflichtungen hatte die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von … Euro berechnet. Der Beklagte hat demgegenüber einen pRAP in Höhe von … Euro passiviert.

Für die in 2003 übernommenen Verpflichtungen hatte die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von … Euro berechnet.  Der Beklagte hat demgegenüber Anzahlungen in Höhe von … Euro und einen pRAP in Höhe von … Euro und damit insgesamt … Euro passiviert.

In Bezug auf die Bilanzierung der übernommenen Grabpflegeverpflichtungen wirkten sich die Änderungen aufgrund der Betriebsprüfung somit zugunsten der Klägerin aus. Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin mit einer Rückkehr zu ihren ursprünglichen Rückstellungen für die übernommenen Grabpflegeverpflichtungen in keinem Fall zu einem (teilweisen) Klageerfolg gelangen kann.

Ansatz eines pRAP mit linearer jährlicher Auflösung ist dem Grunde und der Höhe nach richtig

3.         Hinsichtlich der selbst abgeschlossenen Dauergrabpflegeverträge, für die der Leistungszeitraum am Bilanzstichtag bereits begonnen hatte, und für die sich die Änderungen aufgrund der Betriebsprüfung zulasten der Klägerin auswirkten, erweist sich der durch den Beklagten vorgenommene Ansatz eines pRAP mit linearer jährlicher Auflösung dem Grunde und der Höhe nach als richtig.

Ansatz und Höhe des pRAP

a)         Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind bei der Gewinnermittlung auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag als Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.

Diese Vorschrift entspricht dem Wortlaut des § 250 Abs. 2 HGB. Diese Regelung soll gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5 HGB) erst dann -durch Auflösung des pRAP- erfolgswirksam wird, wenn der Steuerpflichtige seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat. Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags i.S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit „nach diesem Zeitpunkt“ darstellt, muss eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Der pRAP dient dazu, die Ertragswirkung der Einnahmen in das Wirtschaftsjahr zu verlagern, in dem die korrespondierenden Aufwendungen anfallen (BFH, Urteil vom 25. April 2018 – VI R 51/16 –, BFHE 261, 418, BStBl II 2018, 778 [BB 2018, 2416 m. BB-Komm. Kleinmanns]).

Der Vorleistungscharakter ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der Empfänger die Leistung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zeitanteilig zurückzuzahlen hat (BFH, Urteil vom 22. Juni 2011 – I R 7/10 –, BFHE 234, 168, BStBl II 2011, 870 [BB 2011, 2351 m. BB-Komm. Bolik, RdF-Entscheidungsreport Günkel, RdF 2011, 432]). Im Hinblick auf die für eine Rechnungsabgrenzung erforderliche zeitliche Zuordenbarkeit des Entgelts („bestimmte Zeit“) muss die noch ausstehende Gegenleistung des Kaufmanns zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Dies setzt eine zumindest qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung voraus, die einem „Wertverzehr“ unterliegt (BFH, Urteil vom 23. Februar 2005 – I R 9/04 –, BFHE 209, 248, BStBl II 2005, 481 [BB 2005, 1160 m. BB-Komm. Berndt, BB 2005, 1496]).

Die Höhe des pRAP richtet sich dann grundsätzlich nach dem Verhältnis der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Gegenleistung. Der pRAP ist in dem Umfang aufzulösen, in dem er auf den am jeweiligen Bilanzstichtag abgelaufenen Zeitraum entfällt (BFH, Urteil vom 25. April 2018 – VI R 51/16 –, BFHE 261, 418, BStBl II 2018, 778 [BB 2018, 2416 m. BB-Komm. Kleinmanns]). Bleibt die Leistungspflicht nach Art und Umfang gleich, führt dies zu einer dem Zeitablauf entsprechenden linearen Auflösung des pRAP (BFH, Urteil vom 24. Juli 1996 – I R 94/95 –, BFHE 181, 64, BStBl II 1997, 122 [BB 1996, 2190]).

Die Höhe der Zahlungspflicht der Auftraggeber der Klägerin errechnete sich ausweislich der im Verfahren vorgelegten Dauergrabpflegeverträge, indem die jährlichen Unterhaltungskosten mit der Anzahl der Laufzeitjahre des Vertrages multipliziert wurden. Die Vertragsparteien gingen dabei offensichtlich von qualitativ und wertmäßig jedenfalls weitgehend gleichbleibenden Leistungspflichten des Auftragnehmers über die Vertragslaufzeit aus. Die Vorleistung des Auftraggebers sollte dabei über die Laufzeit des Grabpflegevertrages Jahr für Jahr durch den Auftragnehmer „abgearbeitet“ werden. Bei Kündigung des Vertrages bestand das Recht, den „nicht verbrauchten“ Betrag zurückzufordern.

Die Vorleistung ihrer Auftraggeber stellte damit eine Gegenleistung für zeitanteilig in den Folgejahren zu erbringende jährlich gleichbleibende Grabpflegeleistungen der Klägerin dar (vgl. auch zu Gebühren für die Überlassung von Grabstätten für die Dauer einer Ruhezeit VG Greifswald, Urteil vom 09. Mai 2017 – 2 A 2246/16 HGW –, juris). Der Ansatz eines pRAP sorgt hier dafür, dass der Ertrag nicht bereits im Jahr der Zahlung voll zu versteuern ist, sondern verteilt auf die Laufzeit des Vertrages gewinnrelevant wird. Gründe dafür, den Ertrag nicht linear zu verteilen, liegen angesichts der gleichbleibenden Leistungspflicht und der ebenfalls linearen Berechnung der Gegenleistung nicht vor.

Der Beklagte hat den Betrag des pRAP zum Ende des Streitjahres daher richtigerweise ermittelt, indem die Restlaufzeiten der Grabpflegeverträge mit den jährlichen Kosten laut Kostenaufstellung zum Vertrag multipliziert wurden.

Im Ergebnis wird so in jedem Veranlagungszeitraum ein gleichbleibender Betrag des pRAP gewinnerhöhend aufgelöst. Dem stehen die gewinnmindernden Kosten der Klägerin gegenüber. Je nachdem, ob diese im jeweiligen Jahr höher oder niedriger ausfallen als der aufgelöste pRAP, ergibt sich ein Gewinn oder Verlust der Klägerin aus dem jeweiligen Vertrag.

Rückstellungsbildung wegen möglicher künftiger Kostensteigerungen ist nicht zulässig …

b)         Neben dem Ansatz des durch den Beklagten berücksichtigten pRAP ist eine Rückstellungsbildung wegen möglicher künftiger Kostensteigerungen nicht zulässig.

Abgesehen von der lediglich pauschalen Behauptung einer Kostensteigerung durch die Klägerin, ohne dass diese konkret belegt wurde und ohne dass im Ergebnis der Eintritt eines Gesamtverlusts aus den Grabpflegeverträgen wahrscheinlich erscheint (vgl. zum Erfordernis eines Gesamtverlusts: BFH, Urteil vom 19. Juli 1983 – VIII R 160/79 –, BFHE 139, 244, BStBl II 1984, 56 [BB 1984, 120]), ergibt sich schon aus § 5 Abs. 4a EStG, dass Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften steuerrechtlich -anders als handelsrechtlich- nicht gebildet werden dürfen. Der Schwebezustand eines gegenseitigen Vertrages gilt dabei erst als beendet, wenn die zur Sach- und Dienstleistung verpflichtete Vertragspartei ihre Leistung erbracht hat (BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 65/91 –, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312 [BB 1995, 869]).

… ebensowenig wie eine Rückstellungsbildung wegen möglicher Rückzahlungsverpflichtungen bei vorzeitiger Kündigung eines Grabpflegevertrags …

c)         Die Bildung einer Rückstellung wegen möglicher Rückzahlungsverpflichtungen bei vorzeitiger Kündigung eines Grabpflegevertrages ist ebenfalls nicht zulässig.

Die Rückzahlungsverpflichtung bezieht sich nur auf den „nicht verbrauchten“ Betrag. Sie kann sich –unabhängig von der Wahrscheinlichkeit ihres Entstehens- also nur auf Beträge beziehen, die wegen Ansatzes eines pRAP noch nicht erfolgswirksam geworden sind. Im Fall der Vertragskündigung tritt die Rückzahlungspflicht an die Stelle der verbliebenen Leistungspflicht. Sachleistungsverpflichtung und Rückzahlungsverpflichtung können somit nur alternativ, nicht aber gleichzeitig bestehen. Dasselbe gilt notwendigerweise für die hierfür anzusetzenden Passivposten.

… oder für Zinszahlungsverpflichtungen im Falle einer Kündigung

d)         Auch die Bildung einer Rückstellung für Zinszahlungsverpflichtungen im Falle einer Kündigung ist nicht möglich.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Inanspruchnahme der Klägerin aus solchen Zahlungsverpflichtungen am Bilanzstichtag wahrscheinlich erschien.

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.

Eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit ist zu bilden, wenn sie im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht und ihre Geltendmachung gegenüber dem Steuerpflichtigen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (BFH, Urteil vom 17. Dezember 1998 – IV R 21/97 –, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116 [BB 1999, 1702]). Soll für eine mögliche Inanspruchnahme auf (Rück-)Zahlung eine Rückstellung gebildet werden, so ist anhand der am Bilanzstichtag erkennbaren und bis zur Bilanzaufstellung nach den Grundsätzen der Wertaufhellung zu berücksichtigenden tatsächlichen Verhältnisse eine Prognose darüber anzustellen, ob und ggf. in welcher Höhe eine Inanspruchnahme ernsthaft zu erwarten ist (BFH, Urteil vom 17. Dezember 1998 – IV R 21/97 –, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116 [BB 1999, 1702]; BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001 – VIII R 34/99 –, BFH/NV 2002, 486). Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit besteht, wenn mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen (BFH, Beschluss vom 06. Mai 2003 – VIII B 163/02 –, BFH/NV 2003, 1313).

Da die Ungewissheit hinsichtlich Bestehen bzw. Höhe einer Verbindlichkeit Wesensmerkmal der Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist, sind bei der Bewertung notwendigerweise Schätzungen erforderlich (BFH, Urteil vom 05. Mai 2011

– IV R 32/07 –, BFHE 233, 524, BStBl II 2012, 98 [BB 2011, 1965 m. BB-Komm. Schulze-Osterloh]). Dabei liegt es nahe, auch die von den Vertragsparteien selbst getroffenen Vereinbarungen und die ihnen zugrundeliegenden kalkulatorischen Vorstellungen zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 21. Juli 1976

– I R 43/74 –, BStBl II 1976, 778, BFHE 120, 32). Die Feststellungslast für Tatsachen, die eine Rückstellung dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen sollen, trägt letztlich der Steuerpflichtige (BFH, Urteil vom 19. Juli 2011 –X R 48/08–, BFH/NV 2011, 2032).

Aus den im Streitfall geschlossenen Dauergrabpflegeverträgen ergibt sich zwar das Recht des Vertragspartners, bei Kündigung den „nicht verbrauchten Betrag einschließlich vorhandener Zinsen“ zurückzufordern. Die Klägerin hat aber nicht dargelegt, in welchem Umfang tatsächlich Zinsen erzielt wurden. Eine Verpflichtung der Klägerin zur verzinslichen Anlage der Vorauszahlungsbeträge ergibt sich aus den Verträgen nicht.

Außerdem hat die Klägerin nicht dargelegt, ob und in welcher Höhe die Inanspruchnahme für Zinsen am jeweiligen Bilanzstichtag konkret drohte. Nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin ist die Rückgabe der Grabstelle mit anschließender Einebnung praktisch der einzige Grund für eine vorzeitige Kündigung des Grabpflegevertrages. Sie ist dementsprechend sehr selten.

Aus den vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, dass im Streitjahr Kündigungen erfolgt sind, aus denen sich Rückzahlungsverpflichtungen ergaben. Im Veranlagungszeitraum 2008 ist ausweislich des Jahresabschlusses eine Kündigung erfolgt, die zu einer Rückzahlung in Höhe von … Euro (netto) führte. Ob bzw. in welchem Umfang hierin Zinszahlungen enthalten waren, ist nicht ausgewiesen. Für den Veranlagungszeitraum 2010 lassen sich aus dem Jahresabschluss wiederum keine Rückzahlungen wegen Kündigungen erkennen.

Hieraus wird deutlich, dass die Kündigung eines Dauergrabpflegevertrages und damit insbesondere auch die Inanspruchnahme auf Zinsen in diesem Zusammenhang ausgesprochen unwahrscheinlich und betragsmäßig gering waren.

Letztlich hat die Klägerin in keiner Weise beziffert, in welchem Umfang am Bilanzstichtag mit Kündigungen und Rückzahlungen und insbesondere mit Zinszahlungen in diesem Zusammenhang zu rechnen war. Sie hat eine mögliche Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen demgegenüber pauschal mit 6 % des gesamten Restguthabens aus den selbst erhaltenen Vorauszahlungen angesetzt. Dass dies dem tatsächlichen oder zumindest wahrscheinlichen jährlichen Umfang von Zinsrückzahlungen aufgrund von Vertragskündigungen nicht entsprach, ist offensichtlich.

Angefochtener Bescheid über gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 ist rechtmäßig

II.         Der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 ist rechtmäßig, da die Besteuerungsgrundlagen hierin so berücksichtigt wurden, wie sie der Körperschaftsteuerfestsetzung 2009 zugrunde gelegt wurden.

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nicht nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.

Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zugrunde gelegt worden sind. Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Diese Regelung gilt gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung vom 08.12.2010 für alle Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird.

Für die der tariflichen Einkommensteuer (bzw. Körperschaftsteuer) unterliegenden Einkünfte wird mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheides an den Einkommensteuerbescheid (bzw. Körperschaftsteuerbescheid) erreicht, obwohl dieser kein Grundlagenbescheid ist. Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrages die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu überprüfen sind (vgl. BFH, Urteil vom 13. Januar 2015 - IX R 22/14 -, BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829 [BB 2015, 1382 m. BB-Komm. Hildebrand]; BFH, Urteil vom
12. Juli 2016 - IX R 31/15 -, BFHE 255, 1, BFH/NV 2017, 100; BFH, Urteil vom 7. Dezember 2016 - I R 76/14 -, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704 [BB 2017, 852 Ls]; BFH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VI R 17/16 -, BFHE 260, 532, BFH/NV 2018, 768 [BB 2018, 2792 Ls m. BB-Komm. Selig-Kraft, BB 2018, 2019 m. BB-Komm. Heinmüller]).

Bei der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 gegenüber der Klägerin wurden die Besteuerungsgrundlagen so berücksichtigt, wie sie im Körperschaftsteuerbescheid 2009 der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wurden. Danach hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2009 keine bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte.

Da die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 wegen dessen Rechtmäßigkeit erfolglos ist, kann somit auch die Klage gegen den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2009 keinen Erfolg haben.

Kostenentscheidung

III.        Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Nichtzulassung der Revision

IV.        Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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