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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.07.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Bilanzberichtigung hinsichtlich nicht mehr vorhandener Wirtschaftsgüter

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 7.5.2008 - 5 K 172/05

Leitsatz

Sind Milchlieferrechte ohne Berücksichtigung eines entsprechenden Buchwertes veräußert und die entsprechenden ESt-Bescheide bestandskräftig geworden, sind lediglich die noch vorhandenen Milchlieferrechte vom Grund und Boden abzuspalten und mit dem verbleibenden Buchwert in der ersten „offenen" Schlussbilanz anzusetzen. Eine gewinnmindernde Änderung des Bilanzansatzes „Grund und Boden" kommt nicht in Betracht (gegen FG Münster, Urteil vom 1.3.2007 - 6 K 2399/04E, EFG 2007,1315)

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob aufgrund der Nichtberücksichtigung eines Milchquotenbuchwertes im Zusammenhang mit Veräußerungsvorgängen in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung des Buchwertansatzes des Grund und Bodens im ersten offenen Wirtschaftsjahr erfolgen kann.

Der Kläger betrieb im Streitjahr einen landwirtschaftlichen Betrieb.

In den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 hatte der Kläger einen Teil seiner Milchquote veräußert. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigte er keinen Buchwert im Sinne des BMF-Schreibens vom 14.1.2003 (BStBl. I 2003, 78) und der dem BMF-Schreiben zugrunde liegenden BFH-Rechtsprechung.

Zusammen mit seiner ESt-Erklärung für das Kalenderjahr 2001 reichte der Kläger am 19.9.2003 eine berichtigte Bilanz für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 ein, in der er einen um 48 455,67 DM auf 86 537,77 DM geminderten Gewinn auswies. Zur Erläuterung trug er vor, dass es sich bei dieser Berichtigung um getätigte Milchquotenverkäufe der vorangegangenen Wirtschaftsjahre handele, für die derzeit noch keine Buchwerte gemäß der Abspaltungsberechnung gewinnmindernd berücksichtigt worden seien.

Unter Beachtung der Verlustausschlussklausel des § 55 EStG errechnete er den sich im Rahmen der erfolgswirksamen Bilanzberichtigung zu berücksichtigenden Buchwert wie folgt:

Milchquote gesamt (vor Verkauf):                215 706 kg

davon verkauft:                104 706 kg           (= 48,54 %)

auf die Milchquote entfallender Buchwert gesamt:                                109 650,54 DM

davon entfällt auf die verkaufte Milchquote:                                                          53 225,55 DM

abzüglich Verluste gemäß § 55 EStG:                                                           - 4 769,85 DM

= zu berücksichtigende Bilanzberichtigung im Wj. 2000/2001:                           48 455,70 DM

davon entfällt 50 % auf das Veranlagungsjahr 2001 (gerundet):                24 228,00 DM

Das FA folgte dem nicht, sondern legte mit ESt-Bescheid für 2001 vom 15.1.2003 den ursprünglich erklärten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft der ESt-Festsetzung zu Grunde.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Gewinnminderung durch den Buchwertabgang für die Milchquote im Wirtschaftsjahr 2000/2001 i.H.v. 48 455,67 DM. Da eine Bilanzberichtigung für den Milchquotenverkauf der Wirtschaftsjahre 1995/96 und 1997/98 nicht mehr möglich sei, müsse diese in der ersten offenen Bilanz, hier (unstreitig) diejenige des Wirtschaftsjahres 2000/2001, nachgeholt werden. Da der Grund und Boden in der letzten noch änderbaren Bilanz weiterhin zu hoch ausgewiesen sei, sei zunächst die Abspaltung des Milchquotenbuchwerts (erfolgsneutral) nachzuholen. Nachdem der Bilanzierungsfehler hinsichtlich des Grund und Bodens behoben worden sei, stehe nunmehr der Buchwert des Wirtschaftsguts "Milchquote" in der Bilanz, welches bereits in früheren Wirtschaftsjahren erfolgswirksam aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei. Die Ausbuchung habe ertragswirksam zu erfolgen.

Der ESt-Bescheid für 2001 wurde aus hier nicht streiterheblichen Gründen mit Bescheid vom 16.1.2004 geändert.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10.8.2005 wies das FA den Einspruch unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 14.1.2003 (BStBl. I 2003, 78) als unbegründet zurück. Ein unrichtiger Bilanzansatz sei in der ersten Schlussbilanz richtig zu stellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgebenden Vorschriften möglich sei, und zwar grundsätzlich erfolgswirksam. Dies wäre hier die Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 2000/2001. Anzusetzen sei dabei der Wert, mit dem das Wirtschaftsgut bei von vornherein zutreffender bilanzieller Behandlung - also bei Beachtung sämtlicher Gewinnermittlungsvorschriften - in dieser Bilanz erscheinen würde (BFH, BStBl. II 1998, 377). Die Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes setze jedoch voraus, dass noch ein Bilanzierungsfehler vorliege. Sei - wie im Streitfall - das Milchlieferrecht bereits veräußert, der dazugehörende Grund und Boden jedoch zurückbehalten worden und eine Buchwertabspaltung noch nicht erfolgt, sei damit bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes insoweit kein Buchwert abgezogen worden. In diesem Fall stehe der Grund und Boden demnach noch mit dem unverminderten Buchwert in der Bilanz und der Bilanzansatz sei diesbezüglich fehlerhaft. Gleichwohl könne eine Bilanzberichtigung für das Wirtschaftsgut „Milchlieferrecht" nicht mehr vorgenommen werden. Das Wirtschaftsgut „Milchlieferrecht" sei nicht mehr Teil des Betriebsvermögens, ein Bilanzierungsfehler könne für dieses Wirtschaftsgut daher nicht mehr vorliegen (BFH, BStBI. II 1998, 503; BMF-Schreiben vom 14.1.2003, a.a.O., Rz. 20, 22).

Am 13.9.2005 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:

Mit Einführung der Milchgarantiemengen-Verordnung zum 2.4.1984 habe sich ein Teil des Buchwertes des Grund und Bodens auf die auf diesen Flächen ruhende Milchreferenzmenge abgespalten, da es sich ab diesem Zeitpunkt bei der Milchreferenzmenge um ein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut gehandelt habe. Es hätte somit separat in der Bilanz ausgewiesen werden müssen. Durch diesen Bilanzierungsfehler sei bei der Veräußerung der Milchreferenzmenge kein Buchwert gewinnmindernd berücksichtigt, d. h. ein zu hoher Veräußerungsgewinn für die Milchquote ausgewiesen worden. In den Fällen, in denen (wie vorliegend) eine Änderung der betroffenen Veranlagungszeiträume nicht mehr möglich sei, sei (soweit der Bilanzansatz von Wirtschaftsgütern unrichtig sei) eine Bilanzberichtigung in der Schlussbilanz im ersten offenen Veranlagungsjahr durchzuführen. Im Streitfall liege entweder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit (§ 239 Abs. 2 HGB; § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB) oder gegen den Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) vor. Beide Verstöße erforderten eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung in der Schlussbilanz im ersten offenen Veranlagungsjahr:

1. Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit

Seit Einführung der Milchgarantiemengenverordnung zum 2.4.1984 sei der Buchwert des Grund und Bodens in der Bilanz zu hoch ausgewiesen worden, da eine Buchwertabspaltung für die Milchquote nicht erfolgt sei. In der Bilanz sei weiterhin ein separater Wertansatz für die Milchquote nicht enthalten gewesen. Es handele sich hierbei um einen Bilanzierungsfehler, da ein Wirtschaftsgut mit einem falschen Wert und ein weiteres überhaupt nicht in der Bilanz berücksichtigt worden sei. Dieser fehlerhafte Bilanzansatz habe sich nicht im Entstehungsjahr auf den Gewinn ausgewirkt, da lediglich ein Aktivtausch hätte stattfinden müssen. Sei jedoch eines der Wirtschaftsgüter zum Berichtigungszeitpunkt nicht mehr vorhanden, so liege insoweit kein Bilanzierungsfehler mehr vor und ein Aktivtausch sei nicht mehr durchführbar. Die Fehlerberichtigung könne hier also nur einseitig durch Verminderung des Buchwertes des Wirtschaftsguts "Grund und Boden" erfolgen.

Der Beklagte vertrete die Ansicht, dass die Berichtigung des Buchwertes „Grund und Boden" erfolgsneutral zu geschehen habe, da sich dieser Fehler an der Fehlerquelle nicht auf den Gewinn ausgewirkt habe. Außerdem sei das Wirtschaftsgut „Milchquote" nicht mehr im Betriebsvermögen des Klägers vorhanden und somit eine Berichtigung des Buchwertes der Milchquote nicht mehr möglich. Aus zweierlei Gründen sei diese Rechtsauffassung nicht zutreffend:

Durch die nicht erfolgte Abspaltung eines Buchwertes für das Wirtschaftsgut „Milchquote" und somit die nicht erfolgte Herabsetzung des Buchwertes für das Wirtschaftsgut „Grund und Boden" sei die erfolgswirksame Veräußerung der Milchquote zu hoch besteuert worden. Somit bestehe eine direkte Kausalität zwischen der erfolgswirksamen Veräußerung der Milchquote und der nun zu erfolgenden Berichtigung des Bilanzansatzes des Wirtschaftsguts „Grund und Boden". Im Übrigen sei die Auffassung des Beklagten, dass das Wirtschaftsgut „Milchquote" nicht mehr im Betriebsvermögen des Klägers sei, nicht zutreffend. Nach wie vor sei eine Milchquote im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen vorhanden, wenn auch durch die Veräußerungen in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 in verminderter Form. Gemäß dem BFH-Urteil vom 24.8.2000 (IV R 42/99, BStBl. II 2003, 64, BB 2001, 91) sei das Milchlieferrecht ein einheitliches, selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Die Veräußerung von Teilen dieses Wirtschaftsgutes ändere nichts daran, dass dieses Wirtschaftsgut nach wie vor vorhanden sei. Infolgedessen sei im Rahmen der Bilanzberichtigung ein Bilanzansatz für das Wirtschaftsgut „Milchquote", und zwar in Höhe des Abspaltungsbetrages der originären Milchquote, zu bilden. Da bereits ein Teil der Milchquote aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei, sei der darauf entfallende Buchwert der Höhe nach zu berichtigen.

Alternativ werde folgende Rechtsauffassung vertreten:

2. Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung

Bei Einführung des § 55 EStG zum 1.7.1970 sei das Recht zur Milchgewinnung und Vermarktung noch ein unselbstständiges Recht gewesen, das in dem Wirtschaftsgut „Grund und Boden" mit enthalten gewesen sei und daher zusammen mit diesem Wirtschaftsgut bewertet worden sei. Mit Einführung der Milchgarantiemengenverordnung zum 2.4.1984 habe sich das Wirtschaftsgut „Milchquote" vom Grund und Boden abgespalten. Nunmehr seien unzulässigerweise das Wirtschaftsgut "Grund und Boden" und das immaterielle Wirtschaftsgut „Milchquote" innerhalb eines Bilanzpostens zusammengefasst worden. Dieser Fehler sei bis zum ersten offenen Veranlagungszeitraum fortgeführt worden. Das beklagte FA irre daher insoweit, als dass der Wertansatz für das Wirtschaftsgut „Milchquote" im Berichtigungszeitpunkt - zum Ende des Wirtschaftsjahres 2000/2001 - in der Bilanz nicht mehr vorhanden gewesen sei. Denn vielmehr seien der Bilanzposten „Grund und Boden" nicht nur insoweit fehlerhaft gewesen, dass Wertansätze zweier Wirtschaftsgüter unzulässigerweise in einem Bilanzansatz zusammengefasst gewesen seien, sondern dass auch eines dieser Wirtschaftsgüter nicht mehr in der ursprünglichen Höhe zum Betriebsvermögen gehört habe. Zur Behebung des ersten Fehlers, d. h. der zu hohe bzw. gemeinsame Ausweis des Buchwertes „Grund und Boden" mit der Milchquote, sei zunächst in der letzten noch änderbaren Bilanz die Abspaltung des Milchquotenbuchwertes nachzuholen. Dies habe gemäß BMF-Schreiben vom 14.1.2003 erfolgsneutral zu geschehen. Nachdem der Bilanzierungsfehler hinsichtlich des Grund und Bodens behoben worden sei, stehe nunmehr der Buchwert eines Wirtschaftsgutes (Milchquote) in der Bilanz, das teilweise in früheren Wirtschaftsjahren erfolgswirksam aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei. Auch bei dieser Sichtweise wäre deshalb der Buchwertansatz des Wirtschaftsgutes „Milchquote" der Höhe nach zu berichtigen.

Unabhängig von der Frage, gegen welche Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung verstoßen worden sei, habe die Berichtigung des Buchwertes des Wirtschaftsgutes „Milchquote" erfolgswirksam zu erfolgen. Mit Urteil vom 21.10.1976 (BStBl. II 1977, 148) habe der BFH entschieden, dass für den Fall, dass ein Wirtschaftsgut aus betrieblichen Gründen aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden, jedoch weiter bilanziert worden sei, die Ausbuchung erfolgswirksam zu erfolgen habe. Habe ein fehlerhafter Bilanzansatz (noch) keine Erfolgsaussichten gehabt, seien aber Ergebnisse von Zwischenjahren tangiert worden, sei das Wirtschaftsgut in der nächsten Anfangsbilanz mit dem Wert anzusetzen, mit dem es bei zutreffender Bilanzierung in der ursprünglichen Bilanz zu Buche stehen würde. Anschließend sei die erfolgswirksame Berichtigung aufgrund der in den Zwischenjahren eingetretenen Ereignisse (hier: anteilige Veräußerung der Milchquote) durchzuführen, insbesondere wenn dies - wie im vorliegenden Fall - nicht z. B. wegen unlauteren Verhaltens des Steuerpflichtigen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße (vgl. Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rz C 139).

Zusammengefasst ergebe sich Folgendes: Zunächst müsse geprüft werden, ob ein Bilanzierungsfehler vorliege. Unstreitig sei zwischen den Parteien, dass der Buchwert des Grund und Bodens in der Bilanz zu hoch ausgewiesen sei, da in ihm nach wie vor der Buchwert der am 2.4.1984 zugeteilten Milchquote enthalten sei. Daraus folge zudem, dass die Milchquote in der Bilanz nicht separat als eigenständiges, einheitliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ausgewiesen sei. Deshalb sei unabhängig davon, inwieweit das Wirtschaftsgut „Milchquote" noch in der Bilanz vorhanden sei, wegen des zu hoch bewerteten Grund und Bodens und der nicht separat bilanzierten Milchquote ein Bilanzierungsfehler zu bejahen.

In einem weiteren Schritt sei dann zu klären, wie die vom BFH entwickelten Grundsätze zur Buchwertabspaltung „Milchquote" im streitgegenständlichen Fall anzuwenden seien. Hierbei sei der volle Buchwert der am 2.4.1984 zugeteilten Milchquote vom Grund und Boden abzuspalten. Die Tatsache, dass ein Teil der Milchquote zum Zeitpunkt der Bilanzberichtigung bereits veräußert worden sei, sei für die Abspaltung des Buchwertes vom Grund und Boden zunächst ohne Bedeutung. Bei der Abspaltung sei der Betrag zugrunde zu legen, der am 2.4.1984 zugeteilt worden sei. Auswirkungen hätten die in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 getätigten Veräußerungen lediglich bei der spiegelbildlichen Bilanzierung des Wirtschaftsgutes „Milchquote". Hier könne nicht der volle Wert i.H.v. 109 650,54 DM (Abspaltungsbetrag) ausgewiesen werden, da bereits 104 706 kg der am 2.4.1984 zugeteilten 215 706 kg veräußert worden seien. Folglich sei im Zuge der Berichtigung der Schlussbilanz zum 30.6.2001 der auf die bereits verkaufte Milchmenge von 104 706 kg entfallene Buchwert von 48 455,70 DM auszubuchen.

In einem weiteren Schritt sei dann zu prüfen, ob die Ausbuchung der 48 455,70 DM erfolgswirksam oder erfolgsneutral zu geschehen hat. Unstreitig sei, dass - soweit die Milchquoten noch vorhanden seien - ein erfolgsneutraler Aktivtausch durchzuführen sei. Streitig sei die Frage, ob eine Bilanzberichtigung hinsichtlich der in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 veräußerten Milchquote erfolgswirksam vorgenommen werden könne. Das sei hier aus den o. g. Gründen, die auf dem BFH-Urteil vom 21.10.1976 (BStBl. II 1977, 148) basieren, der Fall.

Der Kläger beantragt,

den ESt-Bescheid für 2001 vom 15.12.2003, geändert durch Bescheid vom 16.1.2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.8.2005 zu ändern, die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft um eine hälftig zu berücksichtigende Buchwertberichtigung in Höhe von 24 228 DM zu mindern und die ESt 2001 entsprechend niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner Rechtsauffassung fest. Ergänzend trägt es vor: Da die Veranlagung des Veräußerungsjahres der streitbefangenen Milchquote bereits in Bestandskraft erwachsen sei, komme eine Abspaltung des Milchlieferrechtes vom Grund und Boden nicht in Betracht, da diese Bilanzposition nicht mehr dem Betriebsvermögen zugeordnet werden könne. Insoweit werde dieser Wertansatz in der Bilanzposition „Grund und Boden" noch mit dem unverminderten - also zu hohen - Buchwert in der Bilanz ausgewiesen. Demnach sei dieser Bilanzansatz fehlerhaft, so dass der Buchwert des Grund und Bodens, mangels einer entsprechenden Abspaltungsmöglichkeit, erfolgsneutral um den Wert zu mindern sei, der sich nach erfolgter Buchwertabspaltung für das nach den Verhältnissen zum 2.4.1984 zum Grund und Boden gehörende Milchlieferrecht ergeben hätte. Gerade aufgrund des bereits vollzogenen Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen entfalle die Möglichkeit der Abspaltung, da ein Wirtschaftsgut, das sich nicht mehr im Betriebsvermögen befinde, zwangsläufig nicht mehr abgespalten werden könne. Dass bei der Veräußerung des Milchlieferrechtes ein zu hoher Gewinn erzielt worden sei, stelle keinen Bilanzierungsfehler, sondern einen bloßen Gewinnermittlungsfehler dar, der allenfalls im Jahr seines Auftretens hätte korrigiert werden können. Andernfalls würde die Bestandskraft der einschlägigen Veranlagungen unterlaufen, indem im Streitjahr eine gewinnmindernde Berichtigung durchgeführt würde, die ihre Grundlage jedoch in den vorangegangenen Jahren gehabt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen ESt-Akten, Bilanzakten und 1 Hefter Einspruchsvorgänge des Finanzamts betreffend den Kläger Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist nicht begründet.

        Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Bilanz) nach ihrer Einreichung beim FA ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht.

Ein Bilanzansatz ist unrichtig, wenn er gegen zwingende Vorschriften des Handels- oder des Steuerrechts oder die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt und der Steuerpflichtige diese Rechtsverletzung nach den Erkenntnismöglichkeiten eines ordentlichen Kaufmannes im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung erkennen konnte (st. BFH-Rspr.; z.B. BFH, Urteil vom 5.4.2006 - I R 46/04, BStBl. II 2006, 688, BB 2006, 1626; Wied in Blümich, EStG § 4 Rz. 983 m.w.N.). Hingegen ist ein Bilanzansatz nicht fehlerhaft, wenn er der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH, Urteil vom 12.11.1992 - IV R 59/91, BStBl. II 1993, 392, BB 1993, 830).

        Bilanzansätze der Wirtschaftsjahre 1995/96 und 1997/98 waren im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung richtig

Ausgehend von diesen Grundsätzen waren die Bilanzansätze der Wirtschaftsjahre 1995/96 und 1997/98 zunächst richtig. Zwar hatte der Kläger in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 einen Teil seiner Milchquote veräußert und bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns keinen Buchwert berücksichtigt. Allerdings hat der BFH erst mit Urteil vom 25.11.1999 (IV R 64/98, BStBl. II 2003, 61, BB 2000, 137 Ls) entschieden, dass es sich bei der Milchreferenzmenge um ein selbstständiges, immaterielles Wirtschaftsgut handelt, das losgelöst vom Grund und Boden zu bilanzieren und dementsprechend steuerlich auch als selbstständiges Wirtschaftsgut zu behandeln ist. Bis dahin war eine Abspaltung der Milchlieferrechte sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der Verwaltungspraxis nicht erforderlich und dementsprechend die Bilanzen als richtig i.S. des § 4 Abs. 1 EStG anzusehen.

        Bilanzansätze für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 waren nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlerhaft

Kommt es - wie im Streitfall - nach Bilanzaufstellung zu einer Änderung, Klarstellung oder Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, so wird der Bilanzansatz in der Bilanz fehlerhaft, in der die Änderung der Rechtsprechung erstmals berücksichtigt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 12.11.1992 - IV R 59/91, BStBl. II 1993, 392, BB 1993, 830). Vorliegend hätten die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils vom 25.11.1999 (IV R 64/98, BStBl. II 2003, 61, BB 2000, 137 Ls) erstmals bei der Aufstellung der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 vom 20.2.2001 berücksichtigt werden können. In dieser Bilanz wäre nach der zitierten Rechtsprechung des BFH jedenfalls für im Betriebsvermögen noch vorhandene Milchlieferungsrechte ein eigenständiger Buchwert (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB-) neu anzusetzen und der Bilanzansatz Grund und Boden entsprechend zu korrigieren gewesen. Beides ist nicht geschehen. Diese Bilanz ist mithin aus zwei Gründen fehlerhaft.

        Korrektur in der ersten noch „offenen" Schlussbilanz

Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine Änderung des für das Fehlerjahr ergangenen Steuerbescheids - wie hier der ESt-Bescheide 1999 bzw. 2000 - wegen Festsetzungsverjährung nicht in Betracht, ist die Richtigstellung grundsätzlich in der ersten, verfahrensrechtlich noch „offenen" Schlussbilanz vorzunehmen, im Streitfall mithin in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 2000/2001 (vgl. BFH, Urteile vom 13.6.2006 - I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, BB 2006, 1849, und vom 10.12.1997 - XI R 52/96, BStBl. II 1998, 377, BB 1998, 1256). Dabei sind fehlerhafte Bilanzansätze grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der Bilanzierungsfehler sich erfolgswirksam ausgewirkt hat (vgl. BFH, Urteil vom 6.8.1998 - V R 67/97, BStBl. II 1999, 14).

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass nach diesen Grundsätzen ein erfolgsneutraler Aktivtausch durchzuführen ist, soweit die Milchquoten noch vorhanden sind.


 

        Abspaltung lediglich des noch vorhandenen Milchlieferrechts vom Grund und Boden

Fraglich ist aber im Streitfall, ob für die Bilanzberichtigung zunächst der volle Buchwert der am 2.4.1984 zugeteilten Milchquote vom Grund und Boden abzuspalten ist, wie der Kläger vertritt, und damit der Tatsache, dass ein Teil der Milchquote zum Zeitpunkt der Bilanzberichtigung bereits veräußert war, für die Abspaltung des Buchwertes vom Grund und Boden keine Bedeutung zukommt. Nur dann würde sich die Folgefrage stellen, ob der auf die verkaufte Milchquote entfallene Buchwert erfolgswirksam auszubuchen wäre.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein zu Unrecht nicht aktiviertes Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens - wie im Streitfall das Milchlieferungsrecht - in der ersten noch offenen Bilanz bilanzberichtigend und gewinnneutral einzubuchen. Dabei entspricht es dem Grundgedanken der Fehlerberichtigung, dass bei der bilanzberichtigenden Einbuchung eines bisher zu Unrecht nicht bilanzierten Wirtschaftsguts dieses in der Regel mit dem Wert angesetzt wird, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (BFH, Urteile vom 12.10.1977 - I R 248/74, BStBl. II 1978, 191; vom 10.12.1997 - XI R 52/96, BStBl. II 1998, 377, BB 1998, 1256, und vom 24.10.2001 - X R 153/97, BStBl. II 2002, 75, BB 2002, 507). Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist im Streitfall daher als Buchwert der Milchquote der Wert anzusetzen, der sich nach Veräußerung von Teilen des Milchlieferungsrechts ergibt. Im Wege der Bilanzberichtigung ist im Ergebnis lediglich das noch vorhandene Milchlieferrecht vom Grund und Boden abzuspalten. Der danach noch verbleibende überhöhte Wert des Grund und Bodens ist gewinnneutral auszubuchen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 14.1.2003, BStBl. I 2003, 78 Rz. 22, wonach aus Billigkeitsgründen insoweit auf eine Abspaltung eines Buchwerts vom Grund und Boden verzichtet werden kann), denn insoweit handelt es sich um einen Bilanzierungsfehler ohne Gewinnauswirkung, der mithin gewinnneutral zu korrigieren ist (vgl. auch BFH, Urteil vom 6.8.1998 - IV R 67/97, BStBl. II 1999, 14, BB 1998, 2354 Ls; im Ergebnis ebenso FG Münster, Urteil vom 26.10.2006 - 8 K 4705/04 F, EFG [2007,] 528; im Ergebnis a. A. FG Münster, Urteil vom 1.3.2007 - 6 K 2399/04 E, EFG 2007, 1315).

        Grundsätze des BFH-Urteils IV R 222/72 sind nicht auf den Streitfall übertragbar

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21.10.1976 (IV R 222/72, BStBl. II 1977, 148) vermochte der Senat nicht auf den Streitfall zu übertragen. Nach dieser Entscheidung ist zwar ein Bilanzansatz für ein Wirtschaftsgut, das in früheren Wirtschaftsjahren aus betrieblichen Gründen aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden, aber in den folgenden Wirtschaftsjahren gleichwohl weiterhin als Betriebsvermögen bilanziert worden ist, in der Schlussbilanz des ersten berichtigungsfähigen Veranlagungszeitraums nach dem Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs grundsätzlich erfolgswirksam auszubuchen. Im Streitfall ist aber das Wirtschaftsgut „Milchquote" zu keiner Zeit bilanziert worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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