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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
26.07.2010
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Bewertung von verfallbaren Pensionsansprüchen bei Verzicht des Gesellschafters

FG Düsseldorf, Urteil vom 15.6.2010 - 6 K 2357/08 K, F, Rev eingelegt (Az. BFH I R 62/10)
 

Sachverhalt

Streitig ist, ob der Verzicht auf verfallbare Pensionsansprüche eine gewinnmindernde Einlage der verzichtenden Gesellschafter darstellt.

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom „3. Quartal".1992 gegründet und unterhielt im Streitjahr ein Unternehmen zur Abwicklung von Medienaufträgen und Werbeproduktionen. Gesellschafter der Klägerin waren Frau „L", Herr „T" sowie Herr „S" zu gleichen Teilen.

Den sämtlich zu Geschäftsführern bestellten Gesellschaftern der Klägerin wurden mit Vereinbarung vom 20.11.1993 ab dem 01.12.1993 Pensionszusagen erteilt, durch die ihnen jeweils eine Altersrente von monatlich 3.000,00 DM nach Vollendung des 65. Lebensjahres zugesagt worden war. Bei einem Ausscheiden vor Eintritt des Versorgungsfalls sollten die §§ 1 und 2 des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung - BetrAVG - angewendet werden.

Mit Vertrag vom „3. Quartal".2002 veräußerten die Gesellschafter ihre Anteile an Herrn „F". Gleichzeitig wurde unter § 6 „Gewährleistungen der Verkäufer" der Vereinbarung unter I. Nr. 1 Buchstabe g (6) Folgendes vereinbart:

„... Die Parteien sind sich einig, dass die den Verkäufern erteilten Pensionszusagen nicht den Bestimmungen des BetrAVG unterfallen und auch bis zum heutigen Tag keine Unverfallbarkeit entsprechend § 1 BetrAVG eingetreten ist. Die Verkäufer garantieren demzufolge, dass die Verkäufer (richtig wohl: den Verkäufern) mit dem in diesem Vertrag geregelten Ausscheiden als Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft keinerlei Ansprüche mehr aus den erteilten Pensionszusagen zustehen. Der Käufer ist über die Auflösung der für die Verkäufer gebildeten Pensionsrückstellungen und die daraus resultierende Steuerbelastung der Gesellschaft informiert."

Unter IV. vereinbarten die am Anteilsübertragungsvertrag Beteiligten, dass Herr „T", Frau „L" sowie Herr „S" mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen werden. Die Anstellungsverträge der Klägerin mit den genannten Personen sind zudem durch ausdrückliche Vereinbarung in der Vertragsurkunde mit sofortiger Wirkung aufgehoben worden.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren die Anstellungsverträge der Geschäftsführer frühestens zum 31.12.2003 kündbar.

Im Rahmen einer durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung „E-Stadt" durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 stellte der Prüfer u. a. fest, dass die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31.12.2002 die Pensionsrückstellungen erfolgsneutral auf das Rücklagenkonto gebucht hat, da die Klägerin von einer Werthaltigkeit der Pensionsrückstellung ausgegangen war. Der Prüfer war dementgegen der Auffassung, dass der Verzicht auf eine noch nicht unverfallbare Pensionsanwartschaft nicht zu einer Einlage in Höhe der Pensionsrückstellung führe, da der Teilwert mit null Euro zu bemessen sei. Der Prüfer schlug dementsprechend vor, die Pensionsrückstellung i. H. von 109.896,35 EUR gewinnerhöhend aufzulösen.

Der Beklagte erließ entsprechend geänderte Bescheide zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2001 und 2002 sowie zur Körperschaftsteuer 2001 als für das Verlustentstehungsjahr 2002 maßgebliche Rücktragsjahr.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidungen vom 26.05.2008 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage vom 27.06.2008 macht die Klägerin weiterhin geltend, der Verzicht auf die Pensionsansprüche stelle in voller Höhe eine Einlage dar. Soweit der Beklagte im Rahmen der Einspruchsentscheidungen unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 03.05.1967 die Auffassung vertrete, eine Anwartschaft aus einer verfallbaren Pensionszusage sei per se kein einlagefähiges Wirtschaftsgut, sei diese Entscheidung durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.10.1997 (I R 58/93) überholt. Danach sei bei der Ermittlung des Teilwertes des Pensionsanspruchs die Höhe der Wiederbeschaffungskosten maßgeblich. Danach komme es darauf an, welchen Betrag der Gesellschafter zu dem Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden müssen, um eine gleich hohe Pensionsanwartschaft gegen einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben. Dabei könne - so der BFH - die Bonität des Forderungsschuldners ebenso berücksichtigt werden, wie der Umstand, ob die Pension unverfallbar sei, oder ob sie voraussetze, dass der Berechtigte bis zum Pensionsfall für den Verpflichteten nichtselbständig tätig sei.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2001, sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschafts-

steuer auf den 31.12.2001 und 31.12.2002, jeweils vom 18.12.2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 26.05.2008 aufzuheben, soweit der Gewinn um 109.896 EUR erhöht wurde,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass der Teilwert der zum Zeitpunkt des Verzichts noch verfallbaren Pensionsansprüche mit null Euro zu bewerten sei.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist unzulässig, soweit sich die Klägerin gegen die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2001 und 31.12.2002 wendet. Die angefochtenen Bescheide haben zu keiner Änderung des vortragsfähigen Verlustes geführt, sondern haben diesen weiterhin mit 0 EUR ausgewiesen. Zudem wäre auch bei einem Erfolg der Klage kein vortragsfähiger Verlust festzustellen.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Der Beklagte hat den Teilwert der Pensionsanwartschaft zu Recht mit 0 EUR bewertet.

Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarung vom 28.08.2002 tatsächlich, wie von den Beteiligten angenommen, einen Erlassvertrag zwischen der Klägerin und den Gesellschafter-Geschäftsführern i.S. des § 397 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- (dann in der Form eines negativen Schuldanerkenntnisses i.S. des § 397 Abs. 2 BGB) darstellt, oder ob es sich lediglich um eine "Gewährleistung" handelt, wie die Überschrift zu § 6 des Vertrages nahelegt. Denn auch wenn es sich um einen Verzicht gegenüber der Klägerin gehandelt haben sollte, hat der Beklagte die streitige Gewinnerhöhung zu Recht vorgenommen.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft. Als solche hat sie ihren Gewinn gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- zu ermitteln. Bei einem auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Verzicht eines Gesellschafters auf seine Forderung ist nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 9. Juni 1997 (GrS 1/94, Bundesteuerblatt -BStBl- II 1998, 307) die damit verbundene Einlage mit dem Teilwert der Forderung zu bewerten. Liegt der Teilwert der Pensionsanwartschaft unter dem Buchwert der Pensionsrückstellung, so ergibt sich in Höhe des Differenzbetrages ein laufender Gewinn. Diese Grundsätze gelten auch für einen Verzicht auf eine Pensionszusage (BFH vom 15.10.1997 I R 58/93, BStBl II 1998,305; anders noch BFH vom 19. Mai 1993 I R 34/92, BStBl II 1993, 804).

Abzustellen ist für die Bewertung auf den Teilwert der Pensionsanwartschaft und nicht auf den gemäß § 6a EStG ermittelten "Teilwert" der Pensionsverbindlichkeit der Klägerin. Der Teilwert ist unter Beachtung der allgemeinen Teilwertermittlungsgrundsätze im Zweifel nach den Wiederbeschaffungskosten zu ermitteln. Demnach kommt es darauf an, welchen Betrag ein Erwerber der Pensionsanwartschaft zu dem Zeitpunkt des Verzichtes hätte aufwenden müssen, um eine gleich hohe Pensionsanwartschaft gegen einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben. Dabei kann die Bonität des Forderungsschuldners berücksichtigt werden. Außerdem kann von Bedeutung sein, ob die Pension unverfallbar ist oder ob sie voraussetzt, dass der Berechtigte bis zum Pensionsfall für den Verpflichteten nichtselbständig tätig ist (BFH vom 15.10.1997 I R 58/93, BStBl II 1998,305).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Teilwert der Pensionsanwartschaft mit 0 EUR zu bemessen.

Die streitigen Pensionsanwartschaften waren- insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit - noch nicht unverfallbar. Dieses ergibt sich aus § 1 BetrAVG, der ausweislich der Pensionszusage für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens ausdrücklich Anwendung finden soll. Die zeitlichen Voraussetzungen des § 1 BetrAVG sind aber unstreitig nicht erfüllt.

Angesichts der Tatsache, dass lediglich verfallbare Pensionsansprüche bestanden haben, hätte jedoch ein fremder Dritter keine Zahlung für die Übernahme des Pensionsanspruchs geleistet. Denn einem verfallbaren Pensionsanspruch kommt ein wirtschaftlicher Wert nur dann zu, wenn im Zeitpunkt des Verzichts auf die Versorgungszusage noch die Möglichkeit besteht, dass diese unverfallbar wird. Ist es dagegen ausgeschlossen, dass der Pensionsanspruch in der Zukunft noch in die Unverfallbarkeit hineinwächst, steht fest, dass keine Zahlungen auf die Pensionszusage erfolgen werden. Der Pensionsanspruch ist damit wertlos (vgl. zum vergleichbaren Fall der Abfindung eines verfallbaren Pensionsanspruchs: FG Düsseldorf vom 14.05.2002 6 K 7467/98, EFG 2002, 1450).

Im Streitfall war mit der notariellen Vereinbarung festgelegt, dass die Gesellschafter als Geschäftsführer ausscheiden und ihre Arbeitsverhältnisse mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden. Mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse stand jedoch zugleich fest, dass die zeitlichen Voraussetzungen des § 1 BetrAVG durch die Geschäftsführer nicht mehr zu erfüllen waren, weshalb der Pensionsanwartschaft kein wirtschaftlicher Wert mehr zukam. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Geschäftsführeranstellungsverträge erst zum 31.12.2003 hätten ordentlich gekündigt werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

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