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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
10.11.2022
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Düsseldorf: Berücksichtigung eines Vergleichs über Abfindungsansprüche und von Planungsrechnungen bei der Ermittlung des Unternehmenswerts

OLG Düsseldorf: Beschluss vom 20.6.2022 – I-26 W 3/20 [AktE]

BB-ONLINE BBL2022-2673-1

Amtliche Leitsätze

1. Eine im Rahmen eines Vergleichs durch den Hauptaktionär erhöhte Kompensationsleistung bildet (nur) dann den Gegenstand der Angemessenheitsprüfung in einem nachfolgenden Spruchverfahren, wenn sie mit Verbindlichkeit und damit mit Wirkung für alle betroffenen Aktionäre zugesagt wurde. Daran fehlt es, wenn ein Vergleich oder eine nach dem Bewertungsstichtag geschlossene, sich auf die Kompensationsleistung erhöhend auswirkende Vereinbarung über den Abkauf etwaiger Abfindungsergänzungsansprüche – hier: im Anschluss an die wechselseitig angegriffene landgerichtliche Entscheidung mit den Inhabern von etwa 40 % der potentiell nachbesserungsberechtigten Aktien - ausschließlich inter partes und zudem nicht mit der Zielsetzung der Erhöhung der Kompensation geschlossen wird. Die darin in Ansatz gebrachten Preise können weder als Maßstab für den objektivierten Unternehmens-wert herangezogen werden, noch besteht Anlass, sie als Untergrenze im Rahmen der gerichtlichen Schätzung des Unternehmenswerts heranzuziehen.

2. Bei der Bewertung eines Versicherungsunternehmens sind die verschiedenen Geschäftsbereiche und ihre Erfolgsquellen separat zu untersuchen und die verschiedenen Versicherungszweige bei der Analyse des Versicherungsgeschäfts hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Risikostrukturen getrennt zu analysieren. Die für die ewige Rente angesetzte nachhaltige Gesamt-Schadenquote ist dann nicht zu beanstanden und der Ermittlung der nachhaltigen Ergebnisse zugrunde zu legen, wenn bei ihrer Ableitung die für die Wertermittlung maß-geblichen Unterschiede der Schadensentwicklung in den betriebenen Versicherungssparten und die Beitragsanteile je Sparte sowie etwaige Sondereinflüsse im Marktzyklus berücksichtigt wurden und sich die für die einzelnen Versicherungssparten angesetzten nachhaltigen Schadenquoten sowohl unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erzielten spartenbezogenen Werte als auch im Vergleich zum Gesamtmarkt als plausibel erweisen.

3. Der Ansatz einer Marktrisikoprämie von 5,5 % nach Steuern ist bezogen auf einen Stichtag Juli 2006 nicht zu beanstanden.

AktG §§ 327a Abs. 1, 327f

Sachverhalt

Die Antragsteller sind ehemalige Aktionäre der B. AG (B.), deren Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung vom 20.07.2006 gegen eine Barabfindung auf die Antragsgegnerin übertragen wurden (sog. Squeeze-out). Die Antragsteller halten die Barabfindung für unzureichend und begehren die gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Barabfindung.

Die B. war die Obergesellschaft des deutschen B.-Konzerns und gehörte über die W. B.V., …, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin, und über deren indirekte Tochtergesellschaft und im Mehrheitsbesitz der W. B.V. stehende L.-AG für Versicherungswerte (L.), …, zur weltweiten B.-Gruppe. Über ihre Tochtergesellschaften bot sie Leistungen in den Bereichen Sach-, Lebens- und Krankenversicherung sowie weitere Finanzdienstleistungen an.

Die B. Versicherung (BVAG) war die bei weitem größte Gesellschaft im Schaden- und Unfallversicherungsbereich im B.-Konzern in Deutschland. Als klassischer Kompositversicherer bot sie Versicherungsschutz in den Sparten Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung, Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, sonstige Kraftfahrt-Versicherungen (Fahrzeugvoll- und -teilversicherung), Feuer- und Sachversicherung, Transport- und Luftfahrt-Versicherung, Kredit- und Kautions-Versicherung sowie sonstige Versicherungen (u. a. die Betriebsunterbrechungsversicherung und die Vertrauensschadenversicherung) im Privat- und Industrie- und Firmenkundengeschäft an. Sie war sowohl im selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft (direktes Geschäft) als auch im in Rückdeckung übernommenen Versicherungsgeschäft (indirektes Geschäft) tätig. Das Geschäftsgebiet war die Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Dänemark, Irland und Luxemburg. -In der Hauptversammlung der BVAG vom 12.07.2005 war einem Gewinnabführungsvertrag mit der B. zugestimmt worden. Die Kompensationsleistungen waren Gegenstand des durch Senatsbeschluss vom 12.12.2012 (n.v.) entschiedenen Verfahrens I-26 W 9/11 (AktE).-

Die B. Art trat als weiterer, auf den Kunstsektor spezialisierter Sachversicherer auf. Sie versicherte Kunstsammler und -händler, Auktionshäuser, Museen und Ausstellungen.

In den Gesellschaften B. Lebensversicherung (BLAG) und E. waren die Aktivitäten im Bereich Lebensversicherung gebündelt. Im Vergleich zur BLAG, die im allgemeinen Privatkundengeschäft tätig war, bot die E. Ärzteversicherung (E.) Versicherungs- und Vorsorgeprodukte für Angehörige der akademischen Heilberufe an.

Die EÄF war als Vertriebsgesellschaft hauptsächlich für Dritte tätig. Sie war auf die berufliche und private Vorsorgeberatung und Finanzplanung für Ärzte und Zahnärzte spezialisiert.

Die B. Krankenversicherung war als privater Krankenversicherer, die Q. Pensionskasse AG seit 2002 im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig.

In der B. Bank konzentrierte der B.-Konzern in Deutschland sein Angebot aller Bankprodukte. Neben der Immobilienfinanzierung erstreckten sich die Geschäftsfelder auf die Bereiche Privatdarlehen, Spar- und Festgeldkonten sowie Depotadministration für Investmentfondsanteile und die fondsbasierte Vermögensverwaltung.

Die B. Investments Managers (B. IM) war weltweit als Vermögensverwaltungsgesellschaft innerhalb der weltweiten B.-Gruppe sowie für externe Dritte tätig.

Die L. hielt 25,6 % der Anteile an der B. KAG; darüber hinaus übte sie keine eigene operative Geschäftstätigkeit aus.

Das Grundkapital der B. betrug 79.840.170,16 Euro. Es war eingeteilt in 26.230.760 auf den Inhaber lautende Stück-Stammaktien und 5.000.000 auf den Inhaber lautende stimmrechtslose Stück-Vorzugsaktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von jeweils rd. 2,56 Euro, die im amtlichen Markt der Wertpapierbörsen Frankfurt, Düsseldorf und im Freiverkehr der Börsen Berlin/Bremen, Hamburg und Stuttgart gehandelt wurden.

Am 21.12.2005 - knapp sieben Monate vor dem Bewertungsstichtag - gab die Antragsgegnerin, die zu diesem Zeitpunkt unmittelbar und mittelbar 92,76 % der Aktien hielt, ihre Entscheidung bekannt, den außenstehenden Aktionären der B. ein Barangebot zum Erwerb ihrer Aktien zu unterbreiten und - nach Erreichen einer (direkten oder indirekten) Beteiligung von 95 % am Grundkapital - im Rahmen des Prozesses zur Straffung der deutschen Beteiligungsstrukturen innerhalb der B.-Versicherungsgruppe einen Squeeze-out durchzuführen. Der Angebotspreis betrug 129,30 Euro je Aktie. Hinsichtlich der Stammaktien lag er um 67 %, hinsichtlich der Vorzugsaktien um 73 % über dem gewichteten Dreimonatsdurchschnittskurs vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots. Dieser hatte lediglich 77,62 Euro je Stamm- und 74,80 Euro je Vorzugsaktie betragen.

In der Folgezeit erwarb die Antragsgegnerin weitere Aktien der B., so dass sie schließlich direkt und indirekt insgesamt rd. 30.243.867 Aktien – entsprechend einer Beteiligung von rd. 96,84 % am Grundkapital - hielt. Die restlichen 3,16 % des Grundkapitals (rd. 986.600 Stückaktien) befanden sich im Streubesitz.

Mit an den Vorstand der B. gerichtetem Schreiben vom 4.04.2006 teilte die Antragsgegnerin ihr Verlangen mit, die Aktien der Minderheitsaktionäre der B. gegen Gewährung einer Barabfindung auf sie – die Antragsgegnerin - zu übertragen; mit weiterem Schreiben vom 15.05.2006 gab sie die im Rahmen des Squeeze-out beabsichtigte Barabfindung mit 134,54 Euro je Aktie bekannt. Dem stimmte die Hauptversammlung der B. mit Beschluss vom 20.07.2006 zu. -Kurz zuvor waren durch Hauptversammlungsbeschlüsse der E. vom 17.07.2006 und der BLAG vom 18.07.2006 die Aktien der Minderheitsaktionäre der jeweiligen Gesellschaften auf die B. gegen Gewährung einer Barabfindung übertragen worden. Über die Angemessenheit der jeweils vorgesehenen Kompensationsleistungen hat der Senat durch Beschlüsse vom 15.03.2018 (I-26 W 9/17 (AktE), n.v.) - und 5.09.2019 (I-26 W 6/18 (AktE), n.v.) entschieden.-

Grundlage für die im Hauptversammlungsbeschluss vom 20.07.2006 festgelegte Barabfindung war u.a. das Gutachten der T. & Partner OHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, …(T.), vom 26.04.2006. Diese hatte den Unternehmenswert anhand der Ertragswertmethode mit 4.201,5 Mio. Euro und daraus resultierend den Wert je Aktie mit 134,54 Euro ermittelt. Die Bewertung wurde unter Berücksichtigung der stichtagsbezogenen Beteiligungsverhältnisse als Gruppenbewertung durchgeführt und die Ergebnisse der jeweiligen Beteiligungen den Planungen der Gesellschaft entsprechend unter der Annahme der Vollausschüttung und phasengleichen Vereinnahmung bei der B. berücksichtigt. Eine Unterscheidung nach Vorzugs- und Stammaktien wurde - wie schon im Rahmen des Barangebots – nicht vorgenommen. Der Basiszins wurde mit 4,0 % veranschlagt, wobei zur Schätzung des künftigen durchschnittlichen Zinsniveaus auf die von der Deutschen Bundesbank bereitgestellten Zinsstrukturdaten im Dreimonatszeitraum vor Abschluss der Bewertungsarbeiten zurückgegriffen wurde. Die Marktrisikoprämie wurde mit 5,5 % nach Steuern, der anhand einer Peer Group ermittelte Betafaktor mit 0,95 angesetzt. Für die Phase der ewigen Rente wurde ein Wachstumsabschlag von 0,5 % berücksichtigt. Danach ergaben sich Kapitalisierungszinssätze von 7,825 % für die Detailplanungsphase und von 7,325 % für die Phase der ewigen Rente.

Der durchschnittliche Börsenkurs im Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe der Absicht zum Squeeze-out wurde nicht für relevant erachtet. Er lag sowohl vor Veröffentlichung des Barangebots am 21.12.2005, vor Bekanntgabe des Erreichens der Schwelle von 95 % am Grundkapital durch die Antragsgegnerin am 13.02.2006 als auch vor Veröffentlichung des Ergebnisses des Erwerbsangebots nach Ablauf der Angebotsfrist am 3.03.2006 unter dem ermittelten Ertragswert.

Die vom Landgericht zur sachverständigen Prüferin bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft U. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, …, bestätigte die Angemessenheit der Barabfindung mit Testat vom 15.05.2006.

Durch gerichtlichen Teilprozess- und Schlussvergleich vom 18.05.2007 hat sich die Antragsgegnerin zur Beilegung von gegen den Übertragungsbeschluss zum Aktenzeichen 82 O 96/06 und 82 O 259/06 beim Landgericht Köln geführten Anfechtungs- und Nichtigkeitsstreitigkeiten verpflichtet, eine um 10,14 Euro höhere Barabfindung von insgesamt 144,68 Euro je Stamm- und eine um 11,70 Euro höhere Barabfindung von insgesamt 146,24 Euro je Vorzugsaktie zu zahlen. Zusätzlich verpflichtete sie sich, den ausscheidenden Minderheitsaktionären eine Dividendenabgeltung von 6 Euro je Stamm- oder Vorzugsaktie zu zahlen. Die erhöhten Barabfindungsbeträge entsprachen dem gewichteten Börsendurchschnittskurs im Dreimonatszeitraum vor der Hauptversammlung am 20.07.2006.

Die Antragsteller haben die gewährte Kompensation - auch unter Berücksichtigung der vergleichsweisen Erhöhung – gleichwohl für zu niedrig gehalten. U.a. haben sie gerügt, der im Bewertungsgutachten ermittelte Unternehmenswert sei zu gering. Die im Übertragungsbericht zugrunde gelegte Ertragsplanung der B. und ihrer Tochtergesellschaften, insbesondere die Kapitalanlagenergebnisse, die Beitrags- und die Bestandsentwicklung seien unplausibel. Die Annahme der Vollausschüttung sei fehlerhaft. Die Kapitalisierungszinssätze und -parameter seien überhöht. Der Ansatz des Wachstumsabschlags für die ewige Rente sei unvertretbar niedrig. Der Börsenkurs sei unzutreffend ermittelt worden.

Sie und der gemeinsame Vertreter der ausgeschiedenen Aktionäre haben beantragt,

eine angemessene Barabfindung gerichtlich festzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge – soweit nicht schon unzulässig – als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, die vergleichsweise gezahlte Barabfindung sei angemessen.

Das Landgericht hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft O. und Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (O.) - verantwortliche Wirtschaftsprüfer Dr. C. und D. - mit der sachverständigen Bewertung beauftragt, ob die auf 144,68 Euro je Stamm- und auf 146,24 Euro je Vorzugsaktie erhöhte Barabfindung angemessen ist.

In ihrem Gutachten vom 28.09.2015 hat O. eine umfassende Neubewertung durchgeführt. Abweichend von der Vorgehensweise der Bewertungsgutachterin hat sie den Wert der wesentlichen Beteiligungsgesellschaften der B. in gesonderten Unternehmensbewertungen (Anlagenbände 1 bis 7 zum Gutachten) ermittelt und im Anhängeverfahren berücksichtigt. Im Ergebnis ist sie - ausgehend von durchweg geringeren Risikozuschlägen und Kapitalisierungszinssätzen und Anpassung der Planergebnisse, insbesondere der BVAG und der BLAG - mit 7.429,9 Mio. Euro zu einem um rd. 77 % höheren Unternehmenswert der B. als T. (4.201,5 Mio. Euro) gelangt. Daraus hat sie Barabfindungsbeträge i.H.v. 237,74 Euro je Stammaktie und von 238,77 Euro je Vorzugsaktie errechnet.

Hinsichtlich der Planergebnisse ist O. – u.a. unter Ansatz einer geringeren Schadenquote in der Phase der ewigen Rente bei der BVAG - zu deutlich höheren Erträgen als T. gelangt. Bei der Bildung des Kapitalisierungszinssatzes hat sie einen höheren Basiszinssatz als T. (4,361 % statt 4 %) in Ansatz gebracht. Die Marktrisikoprämie hat sie mit 5 % nach Steuern niedriger als T. (5,5 %) angesetzt. Die Betafaktoren hat sie sowohl für die Holding-Gesellschaften (B. und L.) als auch für die Lebens-, Kranken- und Sachversicherungsgesellschaften individuell anhand von Peer Group-Betafaktoren ermittelt. Anders als T., die eine internationale Peer Group gewählt hatte, um eine möglichst breite und aussagekräftige Vergleichsbasis zu ermitteln, hat O. die Gruppe der potentiellen Vergleichsunternehmen auf deutsche börsennotierte Erstversicherungsunternehmen beschränkt, da die Bewertung aus der Sicht eines inländischen Anlegers vorzunehmen sei, der primär in Deutschland investiere und ausländische Erstversicherungsunternehmen wegen der unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht vollständig mit deutschen Unternehmen vergleichbar seien. Im Ergebnis ist sie sowohl für die B. und die L., die Lebens-, Kranken-als auch die Sachversicherungsgesellschaften zu (deutlich) geringeren Betafaktoren als T. (zwischen 0,6 und 0,5 statt einheitlich 0,95) gelangt; für die Bewertung der B. Bank und der B. IM hat sie „vereinfachend“ den Betafaktor von T. (0,95) übernommen. Den Wachstumsabschlag für die Phase der ewigen Rente hat sie mit 1% (statt 0,5 %) angesetzt. Zudem hat sie mit Blick auf den satzungsmäßig höheren Dividendenanspruch der Vorzugsaktien unter Berücksichtigung des Kalkulationszinssatzes einen Mehrwert in Höhe von 1,03 Euro je Vorzugsaktie angenommen.

Den (deutlich geringeren) durchschnittlichen Börsenkurs im Dreimonats-Zeitraum vor Bekanntgabe der Squeeze-out-Absicht hat sie – insoweit übereinstimmend mit der diesbezüglichen Einschätzung von T. – für nicht relevant erachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Gegen die Wertermittlung der Sachverständigen haben nur einzelne Antragsteller Einwendungen, u.a. gegen die Erhöhung des Basiszinses, die Ableitung des Betafaktors anhand einer Peer Group und den Ansatz des Wachstumsabschlags, erhoben.

Die Antragsgegnerin hat die Bewertung, u.a. gestützt auf ein Privatgutachten der W. SE (W.), als unvertretbar gerügt. Sie hat gemeint, die von O. – ohne jegliche Plausibilisierung anhand von Marktdaten - vorgenommenen Anpassungen beim Kapitalisierungszinssatz und bei den der Ausgangsbewertung zugrunde gelegten Planungsrechnungen führten zu geradezu grotesken Ergebnissen, die weder sachgerecht noch plausibel seien und außerhalb jeder vertretbaren Bandbreite realistischer Unternehmenswerte lägen. Ihre Einwendungen gegen das Gutachten O. hat die Antragsgegnerin durch Einholung eines Sachverständigengutachtens eines neuen, von O. unabhängigen Sachverständigen unter Beweis gestellt (Bl. 2035 ff.).

Die von der Antragsgegnerin beauftragte Privatgutachterin W. hat in ihrer Stellungnahme vom 15.12.2016 anhand einer vor ihr erstellten „Wertbrücke“ festgestellt, dass der von O. mit 7.429,9 Mio. Euro ermittelte - gegenüber der Bewertung von T. um 3.228,4 Mio. Euro höhere - Unternehmenswert zu 63,6 % auf die von O. vorgenommenen Anpassungen beim Kapitalisierungszinssatz, zu 32 % auf die Anpassungen der Planergebnisse – davon zu 15 % auf die Korrektur der nachhaltigen Schadenquote bei der BVAG - und zu 4,4 % auf Unterschiede in der Bewertungsmethodik zurückzuführen ist. In einer eigenständigen - auftragsgemäß auf dem Bewertungsstandard IDW S1 und den im Dezember 2012 vom Arbeitskreis „Corporate Transactions and Valuations“ verabschiedeten DVFA-Empfehlungen basierenden - Bewertung hat sie einen gegenüber der Bewertung von T. höheren Ertragswert der B. von 4.317,5 Mio. Euro - entsprechend einer von W. als geringfügig eingeschätzten Abweichung um 2,8 % - ermittelt und die von der Antragsgegnerin gewährte Barabfindung mit Blick darauf für angemessen erachtet. Anhand der Multiplikator-Methode hat sie verschiedene Wertbandbreiten mit Hilfe von Börsen- und Transaktions-Multiplikatoren abgeleitet, wobei sie zu einer Wertbandbreite von 3.944,0 Mio. Euro bis 4.676,5 Mio. Euro - mit einem mittleren Wert von 4.310,2 Mio. Euro – gelangt ist. Die von O. gegenüber der Ausgangsbewertung vorgenommenen Anpassungen der Planergebnisse und Kapitalisierungsparameter hat sie – mit Ausnahme des stichtagsbezogen höheren Basiszinses - für nicht sachgerecht gehalten, den von O. ermittelten Ertragswert hat sie als deutlich überhöht eingeschätzt.

Das Landgericht hat die Sachverständige mit einer ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen beauftragt. Diese hat in ihrer unter dem 15.06.2018 vorgelegten Stellungnahme keinen Anlass für eine Korrektur des mit 7.429,9 Mio. Euro ermittelten - als „O. I“ bezeichneten - Unternehmenswertes gesehen. Alternativ hat sie Unternehmenswerte von 6.683,6 Mio. Euro („O. II“; Betafaktor 0,7) und 5.784,1 Mio. Euro („O. III“; Betafaktor 0,9) errechnet. Zudem hat sie – unter Heranziehung einer (von ihr weiterhin nicht für sachgerecht erachteten) „europäischen Investorenperspektive - eine Multiplikator-Betrachtung durchgeführt, bei der sie einen „Plausibilisierungsbereich“ des Unternehmenswerts in Bandbreiten von 2.364,5 Mio. Euro bis 6.689,3 Mio. Euro anhand von historischen Börsenmultiplikatoren, von 3.990,7 Mio. Euro bis 7.261,8 Mio. Euro anhand von zukunftsgerichteten Börsenmultiplikatoren und von 2.834,5 Mio. Euro bis 5.983,6 Mio. Euro anhand von Transaktions-Multiplikatoren ermittelt hat. Diese hat sie auf eine Spannweite zwischen 4,0 Mrd. Euro bis 7,3 Mrd. Euro zurückgeführt. Abschließend hat sie festgestellt, weder der von W. aus der Multiplikator-Bandbreite verdichtete Eigenkapitalwert (4,3 Mrd. Euro) noch die von ihr – O. – abgeleitete Spannweite (4,0 Mrd. Euro bis 7,3 Mrd. Euro) könnten zur Plausibilisierung des von ihr – mit 7.429,9 Mio. Euro - ermittelten Unternehmenswertes der B. herangezogen werden, da beide Plausibilisierungsmaßstäbe aus der Berücksichtigung europäischer Versicherungsunternehmen als Vergleichsunternehmen resultierten, während ihre Ertragswertermittlung auf der Sicht eines inländischen, hauptsächlich in inländische Unternehmen investierten Investors beruhe. Sofern entgegen ihrer Einschätzung dennoch eine europäische Investorenperspektive zugrunde gelegt werde, liege der von ihr ermittelte Unternehmenswert „knapp über der Obergrenze“, während sich die im Bewertungsgutachten T. und in der privatgutachterlichen Stellungnahme von W. ermittelten Unternehmenswerte „am unteren Ende“ der von ihr ermittelten Bandbreite plausibler Unternehmenswerte bewegten.

Dem ist die Antragsgegnerin, u.a. gestützt auf ergänzende Stellungnahmen von W. vom 12.12.2018 und der Bewertungsgutachterin T. vom 18.12.2018, weiter entgegengetreten, wobei sie ihren Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen wiederholt hat. U.a. hat sie gerügt, im Rahmen ihrer Multiplikator-Betrachtung habe O. die Bandbreite der Multiplikator-Ergebnisse einseitig ausgeweitet und nach oben verschoben. Selbst danach werde die Angemessenheit der gewährten Barabfindung indes bestätigt und erweise sich keiner der von O. ermittelten Unternehmenswerte als plausibler gegenüber dem Wert, der sie bei einer Kapitalisierung der im Teilprozess- und Schlussvergleich zugrunde gelegten Durchschnittsbörsenwerte - mit 4.526,3 Mio. Euro - ergebe.

Mit Beschluss vom 12.07.2019 hat das Landgericht die angemessene Barabfindung – gestützt auf die von O. vorgenommenen Anpassungen der Planergebnisse und unter Ansatz des von O. für sachgerecht erachteten Wachstumsabschlags von 1 % – auf 177,58 Euro je Stamm- und Vorzugsaktie – entsprechend einer Erhöhung der im Übertragungsbeschluss festgelegten Kompensationsleistung um 32 % - festgesetzt.

Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, die von der Antragsgegnerin gewährte – durch Prozessvergleich vom 5.07.2007 erhöhte – Barabfindung sei unangemessen. Zwar seien die von der Sachverständigen O. ermittelten Abfindungsbeträge i.H.v. 237,74 Euro je Stammaktie und 238,77 Euro je Vorzugsaktie überhöht, da sie im Wesentlichen auf erheblichen, die Kammer nicht überzeugenden Anpassungen zum Kapitalisierungszinssatz beruhten. Die Annahmen der Sachverständigen zu den Zukunftserträgen seien hingegen im Wesentlichen überzeugend. Danach errechne sich unter Zugrundelegung der vorgelegten Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen eine Barabfindung i.H.v. 177,58 Euro je Stamm- und Vorzugsaktie, da nach der von W. erstellten „Wertbrücke“ auf die Anpassungen der Planergebnisse durch O. „ein Werteffekt“ von 32 % entfalle.

Hiergegen wenden sich die beschwerdeführenden Antragsteller mit ihren (sofortigen) Beschwerden sowie die Antragsgegnerin mit ihrer am 14.10.2019 eingelegten Anschlussbeschwerde. Die Antragstellerin zu 74) sowie die Antragsteller zu 1) und 37) haben ihre zunächst eingelegten Rechtsmittel mit Schriftsätzen vom 22.06.2020 (Antragstellerin zu 74)), 9.11.2020 (Antragsteller zu 1)) und 16.11.2020 (Antragsteller zu 37)) zurückgenommen.

Das Landgericht hat den Rechtsmitteln nicht abgeholfen. In seinem Nichtabhilfebeschluss vom 19.02.2020 hat es richtiggestellt, dass auf das Beschwerdeverfahren – entgegen der Rechtsmittelbelehrung im angegriffenen Beschluss – weiterhin die vor dem 1.09.2009 geltenden Verfahrensregeln und das FGG anzuwenden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses, des Nichtabhilfebeschlusses vom 19.02.2020 und des Berichtigungsbeschlusses vom 13.05.2020 verwiesen.

Die beschwerdeführenden Antragsteller bemängeln, es sei nicht ersichtlich, warum die gerichtliche Festsetzung der Barabfindung hinter den von der Sachverständigen O. ermittelten Beträgen zurückbleiben sollte. Die Kompensationsleistung sei nach Maßgabe des Gutachtens O. auf 237,74 Euro je Stamm- und auf 238,77 Euro je Vorzugsaktie festzusetzen. Mit seiner Entscheidung habe das Landgericht den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ohne Anhörung von O. „einseitig und willkürlich“ in deren „Bewertungssystem“ eingegriffen habe. Die Marktrisikoprämie und der Betafaktor seien zu hoch, der mit 1 % angesetzte Wachstumsabschlag sei noch zu niedrig angesetzt. Die Beteiligungen an der B. Bank und an der B. Pensionskasse seien mit dem Substanzwert zu bewerten. Bezogen auf die E. sei der vergleichsweise erhöhte Wert zugrunde zu legen, der sich bei einer Kapitalisierung der Durchschnittsbörsenwerte im Dreimonatszeitraum vor der beschlussfassenden Hauptversammlung der E. am 17.07.2006 ergebe und der im Rahmen des Spruchverfahrens I-26 W 9/17 (AktE) als Abfindungswert für angemessen befunden worden sei.

Die Antragsteller beantragen,

die Barabfindung höher als mit 177,58 Euro je Aktie gerichtlich festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die (sofortigen) Beschwerden zurückzuweisen,

im Wege der Anschlussbeschwerde,

den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 12.07.2019 abzuändern und die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin meint, für eine Erhöhung der Barabfindung fehle jede Grundlage. Soweit die Kammer der Sachverständigen O. dahingehend gefolgt sei, dass sie werterhöhende Anpassungen der Planergebnisse der B. Leben und der B. Versicherung gegenüber der Ausgangsbewertung vorgenommen habe, seien diese nicht gerechtfertigt und teilweise sogar gesetzeswidrig. Zudem sei nach den Feststellungen der Privatgutachterin W. der im Übertragungsbericht zugrunde gelegte Unternehmenswert (lediglich) um 32 % des sich nach der Wertermittlung der Sachverständigen O. ergebenden Erhöhungsbetrags (3.228,4 Mio. Euro) - rechnerisch 1.033,1 Mio. Euro - zu erhöhen. Danach errechne sich - unter Zugrundelegung der sonstigen Annahmen des Landgerichts – ein Unternehmenswert i.H.v. (maximal) 5.234,6 Mio. Euro, der einer Barabfindung von 167,61 Euro je Aktie entspreche. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf die Anschlussbeschwerdebegründung vom 17.06.2020 und den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.08.2020 verwiesen.

Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin Nachbesserungsansprüche für 619.718 Stammaktien und 212.171 Vorzugsaktien (rd. 40 %) der nachbesserungsberechtigten Aktien der B. von ehemaligen Minderheitsaktionären - u.a. von dem seinerzeit beschwerdeführenden Antragsteller zu 1), der seinerzeit beschwerdeführenden Antragstellerin zu 74) sowie den (weiterhin beschwerdeführenden) Antragstellern zu 14), 57), 61), 62), 75) und 97) - auf deren Angebot hin auf der Grundlage der von ihr vorgelegten Musterkaufverträge „Variante Squeeze-out“ und „Variante Öff. Kaufangebot/Tender Offer“ (Anlage AGG 2 und AGG 3, Bl. 3200 ff., 3206 ff.) erworben. Die nicht am vorliegenden Spruchverfahren beteiligte Sparta AG und die Antragstellerinnen zu 61) und 97) haben dies in ad-hoc-Mitteilungen vom 22.06.2020 bekannt gegeben.

Die noch beschwerdeführenden Antragsteller und der gemeinsame Vertreter bitten vor diesem Hintergrund um Zurückweisung der Anschlussbeschwerde. Sie sind der Ansicht, das Rechtsmittel sei unzulässig, da es gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) verstoße. Die vergleichsweise Erhöhung der Barabfindung gegenüber einzelnen Aktionären verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot in § 53a AktG. Jedenfalls könne die Barabfindung keinesfalls unterhalb des Betrages von 177,58 Euro je Stamm- bzw. Vorzugsaktie festgesetzt werden, den die Antragsgegnerin an einzelne Antragsteller gezahlt habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und in Bezug genommenen Anlagen verwiesen.

Aus den Gründen

II. Die wechselseitigen Rechtsmittel sind überwiegend zulässig.

Aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Landgerichts, das zunächst von der Anwendbarkeit des FamFG ausging, sind die von den Antragstellern eingelegten (sofortigen) Beschwerden nach dem Meistbegünstigungsprinzip als statthaft, form- und fristgerecht zu werten (vgl. BGH, Urteil v. 3.11.1998 – III ZR 29/98 Rn. 21, juris). Nach der Übergangsvorschrift in Art. 111 Abs. 1 FGG-RG sind für das Beschwerdeverfahren das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und die Verfahrensvorschriften des Spruchverfahrens in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung maßgeblich, wie der Senat bereits in seiner auf den bei der B. Leben durchgeführten Squeeze-out bezogenen Entscheidung ausgeführt hat (vgl. bereits zur BLAG Senat, Beschluss v. 5.09.2019 – I-26 W 6/18 (AktE), n.v.). Auf die Ausführungen einzelner Antragsteller zum Beschwerdewert von 600 Euro gemäß § 61 Abs. 1 FamFG kommt es danach nicht an.

Soweit die Antragsteller zu 14), 57), 61), 62), 75) und 97) ihre Nachbesserungsrechte an die Antragsgegnerin veräußert haben, ist ihr Rechtsmittel schon unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis für das von ihnen verfolgte Rechtsschutzziel entfallen ist. Bezogen auf die verkauften Nachbesserungsrechte folgt dies bereits daraus, dass die Antragsteller nach der rechtsgeschäftlichen Übertragung der Rechte höhere Kompensationsleistungen schon dem Grunde nach nicht mehr beanspruchen können. Im Übrigen haben sie ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Musterkaufverträge auf alle weitergehenden Rechte und Ansprüche verzichtet, die ihnen im Hinblick auf die verkauften Nachbesserungsrechte „und/oder die übertragenen Aktien noch zustehen könnten“ (vgl. Ziff. 7 „Variante Squeeze-out“ für am Spruchverfahren als Antragsteller beteiligte Aktionäre sowie entsprechend Ziff. 8 „Variante Öff. Kaufangebot/Tender Offer“ für nicht (potentielle) Antragsteller des Spruchverfahrens). Danach ist ein schutzwürdiges Interesse an der mit den Beschwerden begehrten Entscheidung – einer weiteren Erhöhung der Barabfindung - zu verneinen. 

Die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist hingegen weiterhin zulässig. Eine Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist im Spruchverfahren grundsätzlich statthaft (BGH, Beschluss v. 13.12.2011 – II ZB 12/11 Rn. 10, AG 2012, 173 ff.). Sie kann auch noch nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben werden (vgl. nun ausdrücklich § 66 S. 1 FamFG). Entgegen der Auffassung einzelner Antragsteller und des gemeinsamen Vertreters liegt in der Durchführung des Rechtsmittels weder ein widersprüchliches Verhalten noch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in § 53a AktG. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin im Verlauf des Beschwerdeverfahrens von einzelnen ehemaligen Minderheitsaktionären deren Nachbesserungsrechte erworben hat, rechtfertigt keine abweichende Bewertung, wie nachfolgend zu Ziff. 1 weiter ausgeführt wird.

In der Sache hat allein die unselbstständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin Erfolg. Zu Recht rügt sie, dass das Landgericht die Barabfindung auf 177,58 Euro je Aktie erhöht hat.

Nach § 327f S. 2 AktG ist die angemessene Barabfindung im Spruchverfahren gerichtlich festzusetzen, wenn die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung nicht angemessen ist. Danach kommt eine gerichtliche Festsetzung der Kompensationsleistung nicht in Betracht. Die angemessene Barabfindung liegt keinesfalls über der im Anfechtungsverfahren vergleichsweise auf 144,68 Euro je Stammaktie und 146,24 Euro je Vorzugsaktie erhöhten Barabfindung, so dass sich die gewährte Kompensation jedenfalls als angemessen erweist. Die Anträge auf gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung sind folglich zurückzuweisen; für die vom Landgericht vorgenommene Erhöhung ist kein Raum. Entsprechend sind auch die Rechtsmittel der Antragsteller, die weiterhin die gerichtliche Festsetzung einer noch höheren Kompensation als vom Landgericht festgesetzt fordern, unbegründet.

1. Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung im gerichtlichen Spruchverfahren ist - wie auch das Landgericht mit Recht angenommen hat - die im Anfechtungsverfahren vergleichsweise auf 144,68 Euro je Stammaktie und 146,24 Euro je Vorzugsaktie erhöhte Barabfindung. Eine im Rahmen eines Vergleichs durch den Hauptaktionär erhöhte Kompensationsleistung bildet (nur) dann den Gegenstand der Angemessenheitsprüfung in einem nachfolgenden Spruchverfahren, wenn sie mit Verbindlichkeit und damit mit Wirkung für alle betroffenen Aktionäre zugesagt wurde (vgl. BGH, Beschlüsse v. 29.09.2015 – II ZB 23/14 Rn. 51, BGHZ 207, 114 ff. „Stinnes“; v. 19.07.2010 - II ZB 18/09 Rn. 32, BGHZ 186, 229 ff. „Stollwerck“). Diese Voraussetzung lag bezogen auf den im Jahr 2007 geschlossenen Teilprozess- und Schlussvergleich vor, in dem sich die Antragsgegnerin – mit dem Ziel der Beilegung der vor dem Landgericht Köln (82 O 96/06 und 82 O 259/06) geführten Anfechtungs- und Nichtigkeitsstreitigkeiten  - allen von dem Squeeze-out betroffenen Minderheitsaktionären gegenüber verpflichtet hatte, eine um 10,14 Euro höhere Barabfindung von insgesamt 144,68 Euro je Stamm- und eine um 11,70 Euro höhere Barabfindung von insgesamt 146,24 Euro je Vorzugsaktie zu zahlen.

Hingegen fehlt es an einer für die Angemessenheitsprüfung im Spruchverfahren maßgeblichen Vereinbarung, wenn ein Vergleich oder – wie hier - eine nach dem Bewertungsstichtag geschlossene, sich auf die Kompensationsleistung erhöhend auswirkende Vereinbarung über den Abkauf etwaiger Abfindungsergänzungsansprüche ausschließlich inter partes und zudem nicht mit der Zielsetzung der Erhöhung der Kompensation geschlossen wird (vgl. Senat, Beschluss v. 28.10.2019 – I-26 W 3/17 (AktE) Rn. 37, AG 2020, 254 ff.). Für eine "konsensuale Schätzung" dahingehend, dass die (vergleichsweise) erhöhte Kompensation die gesetzlich geforderte angemessene Abfindung darstellt, ist kein Raum (vgl. Senat, Beschlüsse v. 8.08.2013 – I-26 W 17/12 (AktE) Rn. 34, AG 2013, 807 ff. und I-26 W 15/12 (AktE), NZG 2013, 1393 f.; v. 31.10.2013 - I-26 W 28/12 (AktE), BeckRS 2014, 22094 Rn. 35; MüKoAktG/van Rossum, 5. Aufl. 2020, AktG § 305 Rn. 91). Nicht nur fehlt es dafür derzeit an einer gesetzlichen Grundlage (so auch zutreffend KK-AktG/Dorn, 4. A., § 11 SpruchG Rn. 37; vgl. zu aktuellen Reformüberlegungen Art. 3 des Referentenentwurfs v. 22.04.2022 zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie, dort § 11a SpruchG-E: Möglichkeit der sog. „mehrheitskonsensualen Schätzung“ (nur), wenn der Antragsgegner, der gemeinsame Vertreter sowie „eine weit überwiegende Mehrheit“ (90 %) der Antragsteller eine Kompensation in einer bestimmten Höhe akzeptieren). Auch ist zu berücksichtigen, dass Preise, die am Markt von der herrschenden/übernehmenden Gesellschaft oder Dritten gezahlt werden, in der Regel keine verlässliche Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit der Abfindung darstellen, schon weil sie durch subjektive Wertvorstellungen und Sonderüberlegungen beeinflusst sein können (vgl. Senat, Beschluss v. 8.08.2013 – I-26 W 17/12 (AktE) aaO; van Rossum aaO § 305 Rn. 91).

Danach können die in den Vereinbarungen über den Abkauf von Abfindungsergänzungsansprüchen in Ansatz gebrachten Preise nicht als Maßstab für den objektivierten Unternehmenswert herangezogen werden. Auch besteht kein Anlass, sie – wie von den am vorliegenden Beschwerdeverfahren noch beteiligten Antragstellern gefordert - als Untergrenze im Rahmen der gerichtlichen Schätzung des Unternehmenswerts heranzuziehen.

Es ist schon nicht ersichtlich, dass die im Rahmen des Abkaufs der Abfindungsergänzungsansprüche in Ansatz gebrachten Preise mehrheitlich akzeptiert worden wären. Die Aktien der B. waren der Antragsgegnerin – zum Teil im Zuge des öffentlichen Kaufangebots, zum Teil im Wege des Squeeze-outs – (schon) übertragen worden, so dass sich die Rechte der davon betroffenen Aktionäre nur noch auf die verbliebenen etwaigen Abfindungsergänzungsansprüche beschränkten. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin mit den Inhabern von etwa 40 % dieser potentiell nachbesserungsberechtigten Aktien im Jahre 2020 Vereinbarungen über einen Abkauf der Rechte geschlossen und als Preis die zusätzliche Zahlung von 32,90 Euro (Stammaktien) und 31,34 Euro (Vorzugsaktien) je Nachbesserungsrecht – basierend auf der landgerichtlichen Entscheidung – in Ansatz gebracht hat, kann nicht geschlussfolgert werden, dass sie diesen Betrag als „wahren, wirklichen“ Wert ansieht. Dagegen spricht, dass sie selbst bereits im Oktober 2019 Anschlussbeschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung eingelegt hatte. Als Motiv für die Vereinbarungen in Folge des öffentlichen Kaufangebots/des Squeeze-outs kommt ersichtlich eine Minimierung des wirtschaftlichen Risikos aus etwaigen Abfindungsergänzungs- und Verzinsungsansprüchen und damit etwaiger Rückstellungen in Betracht (s. auch die Begründung des Referentenentwurfs v. 22.04.2022 zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie, dort S. 134: Der Abschluss von verbindlichen Teilvergleichen ermöglicht dem Antragsgegner, sein weiteres Verfahrensrisiko abzuschichten. Insbesondere ein Vergleich mit Zustimmung des gemeinsamen Vertreters entlastet ihn von dem Risiko, dass das Gericht später eine höhere als die ausgehandelte Kompensation für alle (nicht beteiligten) Anteilsinhaber festsetzt). Die durch das Landgericht auf 177,58 Euro je Stamm- und Vorzugsaktie festgesetzte - im Übertragungsbeschluss mit 134,54 Euro je Aktie festgelegte und nachfolgend im Anfechtungsverfahren vergleichsweise auf 144,68 Euro je Stammaktie und 146,24 Euro je Vorzugsaktie erhöhte - Barabfindung stand damit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen erkennbar unter dem Vorbehalt der - vollumfänglichen - Überprüfung im Beschwerdeverfahren.

Im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die im Rahmen der Vereinbarungen gezahlten Preise die angemessene Kompensation widerspiegeln, wie nachfolgend ausgeführt wird.

1.1 Mit dem am 18.05.2007 geschlossenen Vergleich ist die im Übertragungsbeschluss mit 134,54 Euro je Aktie festgelegte Barabfindung um 10,14 Euro auf 144,68 Euro je Stammaktie und um 11,70 Euro auf 146,24 Euro je Vorzugsaktie – orientiert an den jeweiligen Durchschnittsbörsenkursen drei Monate vor der beschlussfassenden Hauptversammlung am 20.07.2006 – mit Wirkung für alle im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister noch vorhandenen Minderheitsaktionäre erhöht worden. Sie übersteigt damit nicht nur (deutlich) den - nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2010 (II ZB 18/09 BGHZ 186, 229 ff.) als Wertuntergrenze maßgeblichen - Durchschnittsbörsenkurs im Dreimonatszeitraum vor der Ankündigung des Squeeze-out. Dieser lag sowohl vor Veröffentlichung des Barangebots am 21.12.2005 (mit 77,62 Euro je Stamm- und 74,80 Euro je Vorzugsaktie), vor Bekanntgabe des Erreichens der Schwelle von 95 % am Grundkapital am 13.02.2006 (mit 121,92 Euro je Stamm- bzw. 120,98 Euro je Vorzugsaktie) als auch vor Veröffentlichung des Ergebnisses des Erwerbsangebots nach Ablauf der Angebotsfrist am 3.03.2006 (mit 126,49 Euro je Stamm- bzw. 125,47 Euro je Vorzugsaktie) unter dem von T. ermittelten Ertragswert (Übertragungsbericht S. 150, Prüfbericht S. 32 f.).

1.2 Diese vergleichsweise erhöhte Kompensation ist auch unter Berücksichtigung des Ertragswertes angemessen. Sowohl die Bewertungsgutachterin, bestätigt durch die sachverständige Prüferin, als auch die von der Antragsgegnerin beauftragte W. haben in ihren Wertermittlungen anhand des Ertragswertverfahrens Unternehmenswerte ermittelt, die mit 4.201,5 Mio. Euro € (T.) - entsprechend dem im Übertragungsbeschluss festgelegten Wert pro Aktie von 134,54 Euro - bzw. 4.317,5 Mio. Euro (W.) deutlich geringer ausfallen als der Wert, der sich bei einer Kapitalisierung der im Teilprozess- und Schlussvergleich vom 18.05.2007 zugrunde gelegten Durchschnittsbörsenwerte - mit rd. 4.526,3 Mio. Euro - ergeben würde. In Anbetracht dessen kommt es nicht entscheidend darauf an, dass der von W. unter Berücksichtigung des IDW S1 und der DVFA-Empfehlungen ermittelte Ertragswert gegenüber der Bewertung von T. um 116,0 Mio. Euro bzw. um 2,8 % (geringfügig) höher ausfällt. In der Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass nicht jede Abweichung von demjenigen Wert, der dem anlässlich einer Strukturmaßnahme festgelegten Angebot zugrunde liegt, dazu führen kann, dass die vor¬gesehene Kompensation als unangemessen anzusehen ist (vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 21.02.2019 - I-26 W 4/18 (AktE) Rn. 81, NZG 2019, 624 (LS) und I-26 W 5/18 (AktE) Rn. 72, ZIP 2019, 1377 (LS), bestätigt durch Nichtannahmebeschluss BVerfG v. 18.11.2020 – 1 BvR 759/19, n.v.; v. 5.09.2019 – I-26 W 6/18 (AktE), n.v.). W. ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass der von ihr ermittelte Wert ebenfalls für die Angemessenheit des im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Unternehmenswerts spricht (vgl. W. Tz. 29 ff.).

1.3 Der von der Bewertungsgutachterin, der sachverständigen Prüferin und W. übereinstimmend als angemessen eingeschätzte Wert erweist sich auch unter Berücksichtigung der durchgeführten Multiplikatorenbetrachtungen als plausibel. W. hat im Rahmen ihrer Multiplikatorenbetrachtung Wertbandbreiten von 3.944,0 Mio. Euro bis 4.676,5 Mio. Euro - mit einem mittleren Wert von 4.310,2 Mio. Euro - abgeleitet. O. ist auf der Basis historischer Börsenmultiplikatoren zu einem „Plausibilisierungsbereich“ für den Unternehmenswert zwischen 2.364,5 Mio. Euro und 6.689,3 Mio. Euro, auf der Basis zukunftsgerichteter Börsenmultiplikatoren zwischen 3.990,7 Mio. Euro und 7.261,8 Mio. Euro und auf der Basis von Transaktions-Multiplikatoren zwischen 2.834,5 Mio. Euro und 5.983,6 Mio. Euro gelangt, in den sich – ausschließlich - der von T. ermittelte, von der sachverständigen Prüferin als angemessen bestätigte Ertragswert einfügt.

1.4 Die gewährte Barabfindung wird auch nicht durch den von O. ermittelten, deutlich höheren Ertragswert in Zweifel gezogen, der im Wesentlichen auf dem Ansatz geringerer Kapitalisierungszinssätze und werterhöhenden Anpassungen der Planergebnisse beruht und mit 7.429,9 Mio. Euro auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen außerhalb der Bandbreite der Multiplikatoren-Unternehmenswerte liegt. Der von O. als „O. I“ bezeichnete Wert (7.429,9 Mio. Euro) fällt damit um 3.228,4 Mio. Euro - bzw. rd. 77 % - höher als im Bewertungsgutachten T. ermittelt aus. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15.06.2018 hat O. alternativ - unter Zugrundelegung von gegenüber ihrem Sachverständigengutachten höheren (von O. ausdrücklich nicht für sachgerecht erachteten) Betafaktoren - Unternehmenswerte errechnet, die mit 6.683,6 Mio. Euro („O. II“, Betafaktor 0,7) bzw. 5.784,1 Mio. Euro („O. III“, Betafaktor 0,9) immer noch deutlich - um rd. 60 % („O. II“) bzw. um rd. 38 % („O. III“) - über dem von der Bewertungsgutachterin ermittelten, von der sachverständigen Prüferin und der Privatgutachterin für angemessen befundenen Ertragswert liegen.

Die von O. anhand des Ertragswertverfahrens ermittelten, auffallend hohen Werte resultieren im Wesentlichen - wie sowohl die Privatgutachterin W. in der von ihr erstellten „Wertbrücke“ als auch die Sachverständige O. in ihrer ergänzenden Stellungnahme bestätigt haben - aus den von O. gebildeten, deutlich niedrigeren Kapitalisierungszinssätzen. Diese hat das Landgericht für seine Schätzung des Unternehmenswerts indes – zu Recht - nicht als maßgeblich erachtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen erfolgen insoweit (zu Ziff. 3) nur Ausführungen zu den im Beschwerdeverfahren noch angegriffenen Punkten; im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss verwiesen.

Daneben beruht die Abweichung zu 32 % auf den von O. vorgenommenen Anpassungen der zu kapitalisierenden Erträge, wobei nach der „Wertbrücke“ W. allein auf die Anpassungen der nachhaltigen Schadenquote im Rahmen der Wertermittlung der BVAG – deren Ertragsüberschüsse den bei weitem größten Anteil an den Ertragsüberschüssen und damit am Wert der B. ausmachen - ein Werterhöhungseffekt von 15 % (rd. 486 Mio. Euro) entfällt (W. Tz. 63 f.). Dass das Landgericht insoweit den von O. vorgenommenen Plananpassungen gefolgt ist, rügt die Antragsgegnerin – wie nachfolgend zu Ziff. 2 näher ausgeführt wird - zu Recht. Danach erweist sich die vergleichsweise erhöhte Barabfindung jedenfalls als angemessen. Auf die übrigen Plananpassungen (Schwankungsrückstellung, Kapitalanlagenergebnis, RfB-Zuführung und Sonstiges) entfällt nach der „Wertbrücke“ W. - allenfalls - ein Werterhöhungseffekt von 17 % (rd. 547 Mio. Euro), so dass sich maximal ein Unternehmenswert von rechnerisch rd. 4.748 Mio. Euro ergibt. Dieser liegt nur um weniger als 5 % - und damit geringfügig - über dem Wert, der sich bei einer Kapitalisierung der im Teilprozess- und Schlussvergleich zugrunde gelegten Durchschnittsbörsenwerte ergibt (rd. 4.526,3 Mio. Euro). Für die von den beschwerdeführenden Antragstellern begehrte Festsetzung der Barabfindung auf "mindestens" 237,74 Euro je Stamm- bzw. 238,77 Euro je Vorzugsaktie – wie von O. ermittelt - ist nach alledem kein Raum.

1.5 Methodische Bedenken gegen die Ermittlung des Unternehmenswerts bestehen nicht. Der Unternehmenswert ist nach einer anerkannten betriebswirtschaftlichen Methode im Wege der Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln. Welche Bewertungsmethode anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgeschrieben. Zu wählen ist die Methode, die den Bewertungszweck erfüllt (van Rossum aaO § 305 Rn. 81). Die eine oder andere Methode scheidet nur aus, wenn sie aufgrund der Umstände des konkreten Falls nicht geeignet ist, den "wahren" Wert abzubilden (BGH, Beschlüsse v. 15.09.2020 – II ZB 6/20 Rn. 20, BGHZ 227, 137 ff. „Stinnes“; v. 12.01.2016 - II ZB 25/14 Rn. 22 f., BGHZ 208, 265 ff.). Nach Maßgabe dessen ist die vom Landgericht – im Einklang mit sämtlichen Bewertern – gewählte Ertragswertmethode nicht zu beanstanden. Sie ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. IDW S1 2008 Tz. 7; IDW S1 2005 Tz. 16; IDW S1 2000 Tz. 16; BGH, Beschlüsse v. 12.01.2016 – II ZB 25/14 Rn. 21; v. 29.09.2015 – II ZB 23/14 Rn. 33, jeweils aaO; v. 21.07.2003 – II ZB 17/01 Rn. 7, BGHZ 156,57 „Ytong“; van Rossum aaO § 305 Rn. 117). Anhaltspunkte dafür, dass sie im konkreten Fall nicht geeignet ist, den „wirklichen, „wahren“ Wert der Beteiligung abzubilden, bestehen nicht. Auf die Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Börsenkurs als eigenständige Methode zur Bestimmung der angemessenen Kompensation maßgeblich sein könnte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.04.2021 - 21 W 139/19, NZG 2021, 979; OLG München, Beschluss v. 14.12.2021 - 31 Wx 190/20, juris), kommt es danach nicht an.

2. Mit Erfolg rügt die Antragsgegnerin, dass das Landgericht seiner Ermittlung der finanziellen Überschüsse der BVAG nicht die von der Bewertungsgutachterin mit 67,6 % abgeleitete, sondern die von O. korrigierte nachhaltige Gesamt-Schadenquote mit lediglich 65,6 % zugrunde gelegt hat. Die im Bewertungsgutachten vorgenommene Ableitung der Schadenquote in der Phase der ewigen Rente ist - auch aus Sicht des maßgeblichen Stichtags 20.07.2006 - plausibel; für die vom Landgericht vorgenommene Korrektur ist kein Raum.

Sowohl die Bewertungsgutachterin, bestätigt durch die sachverständige Prüferin, als auch die Sachverständige O. haben die nach den Planungsrechnungen für den Detailplanungszeitraum der Jahre 2006 bis 2008 in den einzelnen Sparten geplanten Schadenquoten für plausibel erachtet und für Bewertungszwecke übernommen (Übertragungsbericht S. 69 f.; Prüfbericht S. 20; Gutachten O. BVAG S. 51 ff.). Damit haben sie – zutreffend – berücksichtigt, dass Planungen und Prognosen in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen sind (Vorrang der unternehmenseigenen Planung, vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 9.05.2022 – I-26 W 3/21 (AktE) S. 17, bislang n.v.; v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE) Rn. 43, juris; v. 28.10.2019 – I-26 W 3/17 (AktE) Rn. 45, WM 2019, 2319 m.w.N.; van Rossum aaO § 305 Rn. 121). Liegt eine entsprechende Unternehmensplanung vor, beschränkt sich die Überprüfung grundsätzlich darauf, ob die in der Planung enthaltenen Entscheidungen auf zutreffenden Informationen (Tatsachengrundlagen) und daran orientierten, realistischen Annahmen aufbauen; diese dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein (vgl. etwa Senat, v. 2.07.2018 – I-26 W 6/16 (AktE) Rn. 39, AG 2019, 884; v. 14.12.2017 – I-26 W 8/15 (AktE) Rn. 42, AG 2018, 399, jeweils m.w.N.). Insgesamt ist eine Planung dann plausibel, wenn sie sowohl rechnerisch richtig und auf Grundlage eines geeigneten Planungsprozesses erstellt ist, als auch schlüssig an die Ist-Lage des Bewertungsobjekts anknüpft, bestehende Abweichungen zur vergangenen Entwicklung schlüssig erklärbar sind, und sie die erwartete Entwicklung des Bewertungsobjekts widerspiegelt (Franken/Schulte in: Fleischer/Hüttemann, Rhdb Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, Kap. 5 Rn. 5.121). Dagegen kann eine unvertretbare und damit unplausible Planung etwa dann vorliegen, wenn sie im Vergleich zu den Ergebnissen der Vergangenheit, den Planansätzen aus den Planungen der Vorjahre und unter Berücksichtigung von Analystenschätzungen für den Detailplanungszeitraum zu konservativ ist und überdies Planabweichungen zur vergangenen Entwicklung nicht schlüssig erklärbar sind, die Planung einseitige, systematische Verzerrungen aufweist oder wenn bei entsprechender Marktkontinuität ein bisher auch in den besten bzw. schlechtesten Zeiten nie erreichtes Niveau ohne nachvollziehbare Begründung geplant wird (vgl. Senat, Beschluss v. 25.02.2020 - I-26 W 7/18 (AktE) Rn. 45, AG 2020, 593 ff.; v. 14.12.2017 - I-26 W 8/15 (AktE) Rn. 42 f., AG 2018, 399 ff., jeweils m.w.N.).

Die unternehmenseigene Planung sah für die Detailplanungsphase einen Anstieg der Gesamt-Schadenquote vor (Ist 2005: 63,4 %; Plan 2006: 64,9 %, 2007: 65,7 %); für das letzte Jahr der Detailplanungsphase (2008) war eine Gesamt-Schadenquote von 65,6 % geplant. Ebenso wurde ein Anstieg der Summe aus Schaden- und Kostenquote (combined ratio) erwartet (Ist 2005: 93,5 %; Plan 2006: 94,1 %, 2007: 94,2 %); für das letzte Jahr der Detailplanungsphase (2008) sollte sie bei 93,9 % liegen (vgl. Übertragungsbericht S. 70, 76). Zur Plausibilisierung der Planungsrechnung hat T. für den Vergangenheitszeitraum (2001 bis 2005) relevante Kennzahlen abgeleitet und den entsprechenden Kennzahlen im Planungszeitraum (2006 bis 2008) gegenübergestellt (vgl. Übertragungsbericht S. 73, 79). U.a. wurde das Abwicklungsverhalten der BVAG auf der Grundlage der Schadenzahlungen in der Vergangenheit für jede Versicherungssparte analysiert und mithilfe statistischer Verfahren in die Zukunft fortgeschrieben und zur Überprüfung der Angemessenheit der Schadenrückstellung die sog. Chain-Ladder-Methode angewandt (vgl. Übertragungsbericht S. 77). Danach waren die für den Detailplanungszeitraum geplanten Schadenquoten plausibel, wenn auch (deutlich) niedriger als der Durchschnitt der Vergangenheitsjahre. Wie im Übertragungsbericht (dort S. 73 und 79) dargestellt, war die bilanzielle Gesamt-Schadenquote im Vergangenheitszeitraum von 90,9 % (2001) – entsprechend einem Rückgang um rd. 30 % - auf 63,4 % (2005) gesunken (2004: 67,0 %). Korrespondierend dazu war die combined ratio von 120,3 % (2001) auf 93,5 % (2005) – entsprechend einem Rückgang um rd. 22 % - gesunken (2004: 94,6 %).

Für die Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses (Geschäftsjahre 2009 ff.) ist T. aufgrund der Zyklizität des Versicherungsgeschäfts und der zukünftig höher erwarteten Kapitalerträge insgesamt (über alle Sparten) von einer gegenüber dem Detailplanungszeitraum erhöhten Gesamt-Schadenquote (67,6 %) und combined ratio (96,2 %) ausgegangen (Übertragungsbericht S. 78, Prüfbericht S. 21). Dem Übertragungsbericht zufolge befand sich das Unternehmen im Detailplanungszeitraum in einer Phase vergleichsweise günstiger Schadenquoten; in der durch die ewige Rente abgebildeten langfristigen Entwicklung war nach Einschätzung der Bewertungsgutachterin tendenziell wieder mit einer Annäherung an langfristige Durchschnittswerte zu rechnen. Dieser Marktzyklus wurde dadurch berücksichtigt, dass langfristig Schadenquoten angesetzt wurden, die sich an dem um Sondereinflüsse in den einzelnen Sparten bereinigten Mittelwert der Jahre 2001 bis 2008 orientierten (Übertragungsbericht S. 76 f.). Überdies ließen die in den Planwerten unterstellten höheren Kapitalanlageerträge nach Einschätzung der Bewertungsgutachterin einen verschärften Wettbewerb und daraus resultierend geringere Beitragserhöhungen erwarten (Übertragungsbericht S. 77).

Zur Beantwortung eines im Rahmen der Neubewertung der Sachverständigen übersandten Fragenkataloges hat die Antragsgegnerin diesbezüglich nach Abstimmung mit der Bewertungsgutachterin T. – mittlerweile firmierend unter S.T. GmbH & Co. KG – mit Schreiben vom 22.11.2012 weiter erläutert, die nachhaltig angenommenen Schadenquoten sowie deren Ableitung seien spartenweise unter Berücksichtigung von Effekten aus zyklischen Schwankungen durch den Ansatz einer langfristigen Gesamtjahres-Schadenquote, orientiert an dem bereinigten Mittelwert der Jahre 2001 bis 2008, geplant worden (Anlage AG 2 zum Schriftsatz „AGG 2017“ S. 7). Die technische Ableitung der nachhaltigen Schadenquoten der einzelnen Sparten ist in der dem Schreiben ebenfalls beigefügten Übersicht (Anlage AG 2 S. 8), aufgeschlüsselt nach Anpassungen aufgrund zyklischer Schwankungen einerseits und wegen höheren Kapitalerträgen andererseits, dargestellt (Anlage AG 2 S. 8). Aus den so ermittelten nachhaltigen Schadenquoten je Versicherungssparte hat T. unter Berücksichtigung der Beitragsanteile je Sparte die nachhaltige Gesamt-Schadenquote der BVAG errechnet. Diese lag - mit insgesamt 67,6 % - rechnerisch über dem Wert des letzten Jahres der Detailplanungsphase (65,6 %).

Die Sachverständige ist bezogen auf die Phase der ewigen Rente – unter Fortschreibung der in allen Versicherungssparten für das Jahr 2008 geplanten Schadenquoten und damit auch der bilanziellen Gesamt-Schadenquote (65,6 %) - von einer deutlich geringeren Gesamt-Schadenquote als T. (67,6 %) ausgegangen. Dies hat O. damit begründet, T. habe „die Änderung“ im nachhaltigen Ergebnis nicht anhand der einzelnen Versicherungszweige vorgenommen, sondern „nicht differenziert“ auf Basis der Schadenaufwendungen im Gesamtgeschäft (Gutachten O. BVAG S. 50). O. hat die von ihr angesetzten Schadenquoten für die jeweiligen Versicherungssparte – nahezu wortgleich – damit erläutert, für den Zeitraum der ewigen Rente hätten ihr für die verschiedenen Versicherungszweige keine Unterlagen vorgelegen. Überdies habe es keine Aufteilung der nachhaltigen Schadenquote nach Versicherungszweigen bzw. -sparten gegeben, die den Ansatz anderer Schadenquoten konkret begründen würden. Daher habe sie – O. – die Planungswerte der Gesellschaft für die Jahre 2006 bis 2008 unverändert übernommen und die Schadenquote des letzten Jahres des Beobachtungszeitraums (2008) für die ewige Rente (2009 ff.) fortgeführt (Gutachten O. BVAG S. 48, 50, 56, 57). Dieser Ansatz sei „im Gesamtkontext vertretbar“ (Gutachten O. BVAG S. 51 ff., 58). Bezogen auf die Versicherungssparten der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und des indirekten Versicherungsgeschäfts hat sie den nachhaltigen Ansatz der Schadenquote des Jahres 2008 für die ewige Rente „unter isolierter Betrachtung der Schadenquoten in der Vergangenheit und Gegenüberstellung in der Zukunft“ jeweils als „ambitioniert“ eingeschätzt. Eine genaue Schätzung der „richtigen“ handelsrechtlichen Schadenquote im nachhaltigen Ergebnis sei jedoch nicht möglich. „Mangels besserer Erkenntnisse“ hinsichtlich einer Abkehr von der zum Bewertungsstichtag eingeleiteten selektiven Zeichnungspolitik lege sie daher die im letzten Jahr des Detailplanungszeitraums geplante Schadenquote i.H.v. 65,6 % auch für die ewige Rente zugrunde (vgl. Gutachten O. BVAG S. 53, 54).

In Anbetracht dessen rügt die Antragsgegnerin zu Recht, dass das Landgericht die von T. ermittelte nachhaltige Gesamt-Schadenquote für nicht überzeugend erachtet hat, weil die BVAG keine auf eine „Erhöhung“ der Schadenquote hindeutenden Überlegungen in ihrer Planung geäußert habe. Die Prognose der finanziellen Überschüsse ist das Kernproblem einer jeden Unternehmensbewertung. Sie erfordert eine umfangreiche Informationsbeschaffung und darauf aufbauende vergangenheits-, stichtags- und zukunftsorientierte Unternehmensanalysen, die durch Plausibilitätsüberlegungen im Hinblick auf ihre Angemessenheit und Widerspruchsfreiheit zu überprüfen sind (IDW S1 2005 Tz. 76; IDW S1 2008 Tz. 68). Da die Phase der ewigen Rente regelmäßig nicht Gegenstand der Unternehmensplanung ist, obliegt es dem sachverständigen Bewerter, die ewige Rente unter Berücksichtigung gesonderter Analysen - wie hier geschehen - selbstständig herzuleiten (vgl. Senat, Beschluss v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 65; so auch OLG München, Beschluss v. 12.05.2020 - 31 Wx 361/18 Rn. 41, jeweils juris). Die ewige Rente spiegelt einen Gleichgewichts- oder Beharrungszustand wider; sie basiert auf einer langfristigen Fortschreibung von Trendentwicklungen. Daher ist zyklischen Entwicklungen der Unternehmensergebnisse Rechnung zu tragen (z.B. Produktlebenszyklen, Entwicklung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes). Wegen des starken Gewichts der finanziellen Überschüsse in der zweiten Phase kommt der kritischen Überprüfung der zu Grunde liegenden Annahmen eine besondere Bedeutung zu. Diese sind unter Berücksichtigung sorgfältiger Analysen und Plausibilitätsüberlegungen selbstständig herzuleiten. Dies gilt umso mehr, als Prognosen über zukünftige Versicherungsleistungen besonderer Unsicherheit unterliegen (Hartung in: Petersen/Zwirner, Handbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2017, Kap. H.8 Rn. 9). Die in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Überschüsse können daher eine erste Orientierung sein (vgl. zur Bewertung von Versicherungsunternehmen Graßl/Beck in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. Aufl. 2010, S. 150). Das letzte Planjahr darf jedoch nicht unreflektiert für die Phase der ewigen Rente übernommen werden (vgl. IDW S1 2005 Tz. 87; IDW S1 2008 Tz. 79; van Rossum aaO § 305 Rn. 119 f.).

Nach Maßgabe dessen hat die Bewertungsgutachterin ihre Ableitung der nachhaltigen Ergebnisse - einschließlich der zugrunde gelegten Gesamt-Schadenquote - überzeugend und in Gänze plausibel erläutert. Nicht nur wurde diese – entgegen der Darstellung im Gutachten – spartenweise unter Berücksichtigung der Beitragsanteile je Versicherungssparte geplant. Die für die einzelnen Versicherungssparten angesetzten nachhaltigen Schadenquoten erweisen sich sowohl unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erzielten spartenbezogenen Werte als auch im Vergleich zum Gesamtmarkt der Schaden- und Unfallversicherer in Deutschland (im selbst abgeschlossenen Geschäft) als plausibel. Nach alledem ist für die vom Landgericht vorgenommene Korrektur kein Raum.

Zu Recht rügt die Antragsgegnerin die Darstellung im Gutachten O. BVAG (dort S. 50), wonach die Ableitung der im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Gesamt-Schadenquote „nicht anhand der einzelnen Versicherungszweige vorgenommen, sondern – nicht differenziert – auf Basis der Schadenaufwendungen im Gesamtgeschäft“ erfolgt sei. Bei der Bewertung eines Versicherungsunternehmens sind die verschiedenen Geschäftsbereiche und ihre Erfolgsquellen separat zu untersuchen und die verschiedenen Versicherungszweige bei der Analyse des Versicherungsgeschäfts hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Risikostrukturen getrennt zu analysieren (vgl. Senat, Beschluss v. 6.04.2011 – I-26 W 2/06 (AktE) Rn. 45, juris). Im Einklang damit hat die Bewertungsgutachterin T. bei ihrer Ableitung der nachhaltigen Gesamt-Schadenquote sowohl die für die Wertermittlung der BVAG maßgeblichen Unterschiede der Schadensentwicklung in den betriebenen Versicherungssparten (vgl. dazu den Überblick bei Hartung aaO, Kap. H.8 Rn. 5 ff.) als auch die Beitragsanteile je Sparte berücksichtigt. Auch wenn zuzugestehen ist, dass die diesbezüglichen Ausführungen im Übertragungsbericht recht knapp gehalten sind, ergibt sich bereits aus der Formulierung auf S. 76 f. („Diesen Marktzyklus haben wir dadurch berücksichtigt, dass wir langfristig Schadenquoten angesetzt haben, die sich am um Sondereinflüsse in den einzelnen Sparten bereinigten Mittelwert der Jahre 2001 bis 2008 orientieren“), dass die Ableitung gerade nicht undifferenziert „auf Basis der Schadenaufwendungen im Gesamtgeschäft“ (vgl. O. BVAG S. 50) erfolgt ist, sondern anhand einer Betrachtung der einzelnen Versicherungssparten. Ebenso folgt aus der in Abstimmung mit der Bewertungsgutachterin bzw. deren Rechtsnachfolgerin zur Beantwortung des Fragenkataloges der Sachverständigen im Jahre 2012 erstellten Auskunft – und überdies der beigefügten technischen Ableitung mit den darin enthaltenen spartenbezogenen Aufschlüsselungen - eindeutig, dass sowohl „die nachhaltig angenommenen Schadenquoten sowie deren Ableitung spartenweise“ erfolgten. Danach wurden die Werte für die einzelnen Sparten jeweils unter Berücksichtigung der langfristigen Durchschnittswerte sowie gegebenenfalls sonstiger relevanter Gesichtspunkte (vgl. Anmerkungen zum gewichteten Mittel) angepasst, wobei sich für die Sparten Unfall, Hausrat, Feuer- und Sachversicherung jeweils geringere, in anderen Sparten (u.a. Haftpflicht, Kraftfahrt-Haftpflicht, sonstige Kraftfahrt, Gebäude, Transport und Luftfahrt, Kredit und Kaution) höhere nachhaltige Schadenquoten als im letzten Jahr des Detailplanungszeitraums ergaben (vgl. Anlage AG 2 S. 7, 8). Wie die Antragsgegnerin schließlich bereits erstinstanzlich gestützt auf die ergänzende Stellungnahme der Bewertungsgutachterin vom 18.12.2018 nochmals ausführlich erläutert hat, wurde die der Wertermittlung zugrunde gelegte nachhaltige Gesamt-Schadenquote aus den bottom-up ermittelten nachhaltigen Schadenquoten je Versicherungssparte unter Berücksichtigung der Beitragsanteile je Sparte errechnet (vgl. erg. Stellungnahme T. S. 17 Tz. 31 ff., 51). Daraus resultierte - mit insgesamt 67,7 % - rechnerisch ein Gesamtwert über dem des letzten Jahres der Detailplanungsphase (65,6 %).

Die stichtagsbezogene künftige Strategie der BVAG war, wie im Übertragungsbericht (dort S. 72) ausgeführt wird und die Bewertungsgutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme (dort S. 20 f. Tz. 60 f. und Anlage 6) zu Recht nochmals hervorgehoben hat, auf Wachstum ausgerichtet. Danach erwartete die Gesellschaft im Planungszeitraum bis 2008 wieder ein moderates Wachstum, insbesondere in den Kraftfahrtsparten und hier vor allem mit den Tarifen der ehemaligen B. dA. In der Vergangenheit verfolgte die BVAG primär das Ziel, die Bestände zu sanieren und so das Geschäft profitabler zu gestalten („Ertrag vor Wachstum“). So hatte sich die BVAG etwa im Flottengeschäft von schadenträchtigen Verträgen getrennt, was zulasten des Wachstums ging. Künftig war die Strategie der Gesellschaft hingegen wieder auf Wachstum ausgerichtet. Durch eine stärkere Segmentierung der Kundenansprache wurde dabei neben einem Mengenwachstum auch eine Durchsetzbarkeit von Preiserhöhungen am Markt erwartet. Die geplanten Wachstumsraten sollten auch durch neue Produkte in der Unfall- und Haftpflichtversicherung erreicht werden. In der Haftpflichtversicherung erwartete die BVAG durch spezielle Produkte für Handwerker, die Kundenbindung zu erhöhen. Im Bereich Kraftfahrt sollte durch gezielte Werbemaßnahmen insbesondere das Geschäft mit Jahreswechslern weiter forciert werden. Durch die Einführung eines Eco-Produkts auch bei der BVAG sollte der Marktanteil am Kraftfahrtgeschäft gesteigert werden. In der Hausratversicherung hatte die BVAG in der Vergangenheit vermehrt hochpreisiges Geschäft verloren mit der Folge eines gesunkenen Durchschnittsbeitrags. Nach der Erwartung der Gesellschaft sollte sich dieser Prozess im Jahr 2006 noch fortsetzen, so dass zunächst mit einem weiteren Rückgang der Beiträge gerechnet wurde. Durch den Ausbau der Organisation und eine flexiblere Zusammenarbeit mit Maklern wurde jedoch ab 2007 wieder ein leichtes Wachstum erwartet. Durch Sanierungen waren die Beiträge in der Gebäudeversicherung im Jahr 2004 einmalig zurückgegangen. Zukünftig war auch hier ein Ausbau der Vertriebsaktivitäten beabsichtigt. Überdies plante die Gesellschaft in der Feuer- und sonstigen Sachversicherung den Ausbau des Vertriebsnetzes und die Einführung neuer Produktgenerationen. Wie in der Haftpflichtversicherung sollte hierbei die Kundenbindung im gewerblichen Bereich verbessert werden. In Anbetracht dessen kann es nicht überzeugen, dass die Sachverständige O. – etwa bezogen auf die nachhaltige Fortschreibung der Schadenquote des Jahres 2008 für die Phase der ewigen Rente in der Haftpflichtsparte - (lediglich) auf die bei der BVAG eingeleitete selektive Zeichnungspolitik verwiesen hat, nach der Verträge mit hohem Risikopotenzial nicht mehr gedeckt werden sollten (vgl. Gutachten O. BVAG S. 52). Vor diesem Hintergrund kann die Darstellung im Gutachten (dort S. 50) nicht überzeugen, die „Erhöhung der Schadenquote“ sei (lediglich) mit „allgemeinen Ausführungen“ – einem erwarteten langfristig steigenden Schadenniveau und einer langfristig höher erwarteten Schadenquote aufgrund höherer Verzinsung der Kapitalanlagen – begründet worden.

Auch kann die Einschätzung der Sachverständigen, dass aufgrund der Sanierung der Versicherungsbestände in der Vergangenheit „historische Schadenquoten nur begrenzt geeignet“ seien (erg. Stellungnahme O. S. 42), die von der Bewertungsgutachterin ermittelte Gesamt-Schadenquote nicht in Zweifel ziehen. Wie bereits ausgeführt wurde, basiert die von T. ermittelte Gesamt-Schadenquote nicht auf dem Ansatz historischer Schadenquoten für die ewige Rente; vielmehr wurden die historischen Schadenquoten - in Übereinstimmung mit der üblichen Bewertungspraxis - plausibilisierend und für die Ableitung eines langfristig zu erwartenden Durchschnittswertes herangezogen. Danach sind die im Bewertungsgutachten für die Phase der ewigen Rente (Geschäftsjahre 2009 ff.) angesetzten Schadenquoten plausibel. Ausweislich der Darstellung im Übertragungsbericht (dort S. 73), im Erstgutachten O. BVAG (dort S. 47 f.) und in der ergänzenden Stellungnahme T. vom 18.12.2018 (dort Anlage 5) lagen die Brutto-Schadenquoten zu Beginn des Vergangenheitszeitraumes (Geschäftsjahr 2001) sowohl in den Sparten Haftpflicht-, Kraftfahrzeug-Haftpflicht-, Sonstige Kraftfahrt-, Hausrat-, Feuer- und sonstige Sach- als auch Transport- und Luftfahrtversicherung nicht nur deutlich über den im letzten Detailplanungsjahr 2008 geplanten als auch immer noch über den betreffenden für die ewigen Rente von T. abgeleiteten Schadensquoten. Wie die sachverständige Prüferin überdies im Prüfbericht (dort S. 20) bestätigt und die Bewertungsgutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme (dort S. 8) nochmals erläutert hat, ist der Versicherungsmarkt – gerade im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft – von Zyklen geprägt. Entsprechend wechseln sich Phasen mit einem aus Sicht des Versicherers günstigen Preis-/Leistungsverhältnis mit Phasen ungünstiger Verhältnisse ab. So waren die Jahre 2001 und 2002 gekennzeichnet durch mehrere Großschäden mit der Folge steigender Prämien. In den Folgejahren 2003 bis 2005 gingen die Großschäden dagegen deutlich zurück, was zu verbesserten Ergebnissen führte. Die Bewertungsgutachterin ist daher nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass der Schadenverlauf in den Jahren 2003 bis 2005 ausgesprochen günstig war und sich nicht unverändert in die Zukunft fortschreiben ließ. Vor diesem Hintergrund hat sie plausibel angenommen, dass auch dann, wenn in der nahen Zukunft diese günstige Phase noch weiter anhalten würde, langfristig zu erwarten war, dass sich Preissteigerungen nicht mehr so leicht würden durchsetzen lassen mit der Folge dann wieder steigender Schadenquoten. Auch die Annahme eines Anstiegs der Schadenhäufigkeit auf ein durchschnittliches Niveau (vgl. Übertragungsbericht S. 76, erg. Stellungnahme T. S. 8) war aus Sicht des hier maßgeblichen Stichtags 20.07.2006 nicht unplausibel.

Die im Rahmen des Bewertungsgutachtens für die Phase der ewigen Rente (Geschäftsjahre 2009 ff.) angesetzten Schadenquoten liegen überdies im Vergleich zum Gesamtmarkt der Schaden- und Unfallversicherer in Deutschland (im selbst abgeschlossenen Geschäft) in einer realistischen Größenordnung. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18.12.2018 hat die Bewertungsgutachterin anhand der BaFin-Statistik für das Jahr 2005 (Tabelle 542) einen Marktvergleich durchgeführt, für den sie die von ihr ermittelten nachhaltigen Schadenquoten der von der BVAG betriebenen Versicherungssparten den jeweiligen historischen Schadenquoten und Durchschnittswerten über Referenzzeiträume von fünf, acht und zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag gegenübergestellt hat (vgl. erg. Stellungnahme T. S. 27 f. Tz. 52 und dortige Anlage 4). Damit hat sie zur Berücksichtigung der Markt- und Schadenzyklen einen Betrachtungszeitraum herangezogen, der – ausgehend von einer durch empirische Studien bestätigten durchschnittlichen Zykluslänge von 7,4 Jahren (s. erg. Stellungnahme T. aaO FN 12) – für die Ableitung eines langfristig zu erwartenden Durchschnittswertes sachgerecht ist. Die nachhaltigen Schadenquoten in den Sparten Haftpflicht, Kraftfahrt-Haftpflicht, sonstige Kraftfahrt, Hausrat, Feuer und sonstige Sach sowie Transport und Luftfahrt lagen danach unter den langfristigen mittleren Marktdaten (über acht und zehn Jahre); lediglich in den Sparten Unfall und Gebäude sowie Kredit und Kaution ergaben sich im Marktvergleich vergleichbare bzw. (teilweise) geringere Werte. Überdies lag – wie bereits im Übertragungsbericht (dort Seite 80) ausgeführt - auch die nachhaltige combined ratio (96,2 %) unterhalb des mit der Bestandsstruktur gewichteten Marktdurchschnitts der Jahre 2001 bis 2004 sowie (deutlich) unter dem Mittelwert der Vergangenheit der BVAG (100,9 %) (vgl. Übertragungsbericht S. 80).

Durch den dagegen vorgetragenen Einwand, die Planzahlen für die Jahre 2006 bis 2008 hätten „bereits eine Erhöhung“ gegenüber dem Ist-Jahr 2005 vorgesehen (vgl. erg. Stellungnahme O. S. 42), werden die für die Phase der ewigen Rente angesetzten, spartenbezogen ermittelten Schadenquoten nicht in Zweifel gezogen. Ausweislich der Darstellung im Übertragungsbericht (dort S. 73) und im Erstgutachten O. BVAG (dort S. 47 f.) lagen die für die ewige Rente angesetzten Schadenquoten in der Unfall- und der Haftpflichtsparte immer noch unter den im Jahr 2005 erzielten Ist-Werten (Unfall: Ist 2005 54,2 %; 2009 ff. 45,7 %; Haftpflicht: Ist 2005 64,2 %; 2009 ff. 62,9 %). Weiter zeigt die von der Privatgutachterin durchgeführte Gegenüberstellung der von T. ermittelten nachhaltigen Gesamt-Schadenquote mit dem um die Gewichtung nach Versicherungssparten angepassten historischen Branchendurchschnitt, dass die von T. ermittelte Gesamt-Schadenquote plausibel ist. Diese lag mit 67,5 % sowohl im Betrachtungszeitraum 1996 bis 2005 (Branchendurchschnitt 70,0 %) als auch im Zeitraum 1999 bis 2005 (Branchendurchschnitt 70,7 %) unter dem Branchendurchschnitt (W. Tz. 336). Damit lagen die von T. angenommenen nachhaltigen Schadenquoten bereits unter den langfristigen durchschnittlichen Marktdaten. Für eine Korrektur der Gesamt-Schadenquote „nach unten“ bestand nach alledem kein Anlass.

Die im Gutachten dargestellte Vermutung der Sachverständigen, die BVAG weise im Vergleich zur Branche deutlich höhere Rückstellungsquoten auf, was „tendenziell“ auf vergleichsweise höhere – bei der Schadenquote für einzelne Sparten im nachhaltigen Ergebnis zu bereinigende - stille Reserven in der Schadenrückstellung hindeute (vgl. Gutachten O. BVAG S. 42, 53, 57, 58), rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Wie die Antragsgegnerin, gestützt auf die Ausführungen der Privatgutachterin W. (dort Tz. 312, 325 ff.) überzeugend dargelegt hat, wird bei dem von O. als Indiz herangezogenen Vergleich mit den Rückstellungsquoten der Branche die BVAG mit deren Gesamtgeschäft (einschließlich übernommenem Geschäft (üG)) betrachtet, während für die Branche auf die - deutlich niedrigere - Quote des selbst abgeschlossenen Geschäfts (s.a.G.) zurückgegriffen wird. Überdies wird der globale Branchendurchschnitt (nach Kennzahlen der BaFin) zum Vergleich herangezogen, ohne die abweichende Gewichtung der Versicherungszweige der BVAG vom Branchendurchschnitt zu berücksichtigen (W. Tz. 328 f.). Schließlich ist die Rückstellungsquote bezogen auf das Gesamtgeschäft der BVAG auch durch die im Jahr 2002 vollzogene Veräußerung der Erneuerungsrechte im Großkundengeschäft in den Sparten Allgemeine Haftpflicht-, Feuer- und Sach- sowie Transportversicherung an die B. Corporate Solutions Assurance erhöht (vgl. W. Tz. 330). Nach alledem besteht schon kein hinreichender Anhalt für die von O. vermuteten überhöhten stillen Reserven und demzufolge auch kein Anlass für die von ihr gewählte Vorgehensweise, die Schadenquote im nachhaltigen Ergebnis um diese zu bereinigen.

In Anbetracht all dessen ist die von T. ermittelte Schadensquote für die ewige Rente plausibel und unter Berücksichtigung der unternehmensspezifischen Besonderheiten ermittelt. Sie trägt insbesondere den spartenspezifischen Unterschieden der Schadensentwicklung und etwaigen Sondereinflüssen im Marktzyklus Rechnung und wird durch das Gutachten der Sachverständigen O. nicht entkräftet. Dies gilt umso mehr, als die Sachverständige selbst festgestellt und bezogen auf die einzelnen Versicherungssparten erläutert hat, dass die Vergangenheitsentwicklung der Schadenquoten in den einzelnen Sparten durch einen „uneinheitlichen Verlauf“ - mit einer Verbesserung der Schadenquoten etwa in den Versicherungszweigen allgemeine Haftpflicht, verbundener Hausrat und Feuer einerseits und einer nicht kontinuierlichen Entwicklung in anderen Versicherungszweigen andererseits – gekennzeichnet und der nachhaltige Ansatz der Schadenquote des Jahres 2008 für die ewige Rente bezogen auf einzelne Sparten (Allgemeine Haftpflichtversicherung, Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung) „ambitioniert“ war (vgl. Gutachten O. BVAG S. 53, 54).

Sonstige Analysen oder Plausibilitätsüberlegungen, die für den niedrigeren Ansatz der nachhaltigen Gesamt-Schadenquote sprechen könnten, liegen nicht vor. Dies gilt umso mehr, als das Ist-Ergebnis der BVAG im Zeitraum der ewigen Rente – nach Verschmelzung mit der E. Versicherung AG und der F. Versicherung AG, bereinigt um den Anteil gemäß Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung – durchgehend deutlich unter den Plan-Werten lag, wie die Antragsgegnerin bereits erstinstanzlich dargelegt hat (vgl. „AGG 2017“ S. 27). Danach lagen selbst die in der Bewertung von T. angesetzten Werte durchgehend deutlich über den tatsächlich erzielten Ergebnissen. Für eine weitere Erhöhung der im Übertragungsbericht zugrunde gelegten bereits als optimistisch einzustufenden Plan-Ansätze bestand daher auch aus Sicht des maßgeblichen Bewertungsstichtags 20.07.2006 kein Anlass.

Auf die weiteren Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die vom Landgericht vorgenommenen Anpassungen der Planergebnisse und den mit der Anschlussbeschwerdebegründung gerügten Rechenfehler kommt es nicht an. Nach der „Wertbrücke“ W. entfällt allein auf die Anpassungen der nachhaltigen Schadenquote im Rahmen der Wertermittlung der BVAG ein Werterhöhungseffekt von 15 % (rd. 486 Mio. Euro) bzw. rd. 50 % des Werteffekts aufgrund der Anpassung der Planungsrechnung (W. Tz. 63 f.). Da – wie nachfolgend ausgeführt wird – die weiteren, im Wesentlichen auf den Kapitalisierungszinssatz bezogenen Einwendungen der Antragsteller unbegründet sind, erweist sich die vergleichsweise erhöhte Barabfindung damit jedenfalls als angemessen. Sie liegt deutlich über dem Durchschnittsbörsenkurs in dem – nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2010 (II ZB 18/09, BGHZ 186, 229) als Wertuntergrenze maßgeblichen - Zeitraum von drei Monaten vor Bekanntmachung der Barabfindung am 3.03.2006, den die Sachverständige O. in ihrem Gutachten vom 28.09.2015 mit 126,49 Euro je Stamm- und 125,47 Euro je Vorzugsaktie ermittelt hat (Gutachten O. S. 58). Wie sich überdies aus den in den Anlagen 4a bis d zum Hauptgutachten dargestellten Börsenkursdaten ergibt, betrug der Börsenkurs auch in dem von der Sachverständigen untersuchten Zeitraum seit dem 21.09.2005 – zehn Monate vor der beschlussfassenden Hauptversammlung - bis zu der am 21.12.2005 erfolgten Bekanntgabe der Ankündigung der Antragsgegnerin, den außenstehenden Aktionären der B. ein Barangebot zum Erwerb ihrer Aktien unterbreiten zu wollen, an keinem Handelstag mehr als 86,46 Euro (vgl. Anlage 4c). Im Durchschnitt lag er sowohl vor Veröffentlichung des Barangebots am 21.12.2005 (mit 77,62 Euro je Stamm- und 74,80 Euro je Vorzugsaktie), vor Bekanntgabe des Erreichens der Schwelle von 95 % am Grundkapital am 13.02.2006 (mit 121,92 Euro je Stamm- bzw. 120,98 Euro je Vorzugsaktie) als auch vor Veröffentlichung des Ergebnisses des Erwerbsangebots nach Ablauf der Angebotsfrist am 3.03.2006 (mit 126,49 Euro je Stamm- bzw. 125,47 Euro je Vorzugsaktie) weit unter dem von T. ermittelten Ertragswert (Übertragungsbericht S. 150, Prüfbericht S. 32 f.) und noch immer deutlich unter dem Durchschnittswert im Dreimonatszeitraum vor der beschlussfassenden Hauptversammlung, der der Barabfindung im Prozessvergleich zugrunde gelegt wurde. Auf die übrigen Plananpassungen (Schwankungsrückstellung, Kapitalanlagenergebnis, RfB-Zuführung und Sonstiges) entfällt nach der „Wertbrücke“ W. - allenfalls - ein Werterhöhungseffekt von rechnerisch 17 % (rd. 547 Mio. Euro), so dass sich maximal ein Unternehmenswert von rd. 4.748 Mio. Euro ergibt. Dieser liegt, wie bereits ausgeführt, nur um weniger als 5 % - und damit geringfügig - über dem Wert, der sich bei einer Kapitalisierung der im Teilprozess- und Schlussvergleich zugrunde gelegten Durchschnittsbörsenwerte ergibt (rd. 4.526,3 Mio. Euro). Die Geringfügigkeit der Abweichung zu dem – für die Angemessenheitsprüfung im Spruchverfahren maßgeblichen - im Teilprozess- und Schlussvergleich zugrunde gelegten Unternehmenswert rechtfertigt nach alledem nicht die gerichtliche Festsetzung einer höheren Barabfindung.

3. Die gegen die vom Landgericht – dem Bewertungsgutachten und dem Prüfbericht folgend – zugrunde gelegten Kapitalisierungszinssätze für die Jahre der Detailplanungsphase (7,825 % im Detailplanungszeitraum bzw. 6,825 % im Zeitraum der ewigen Rente) sowie gegen einzelne Elemente des Kapitalisierungszinssatzes gerichteten Einwendungen der Antragsteller bleiben ohne Erfolg. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen erfolgen nur Ausführungen zu den im Beschwerdeverfahren noch angegriffenen Punkten; im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss verwiesen.

3.1 Bedenken gegen den Basiszins, den das Landgericht – den Feststellungen der Sachverständigen O. folgend – mit 4,361 % angesetzt hat, bestehen nicht. Der Zins ist ausgehend von der mittlerweile gebräuchlichen und anerkannten Methodik (vgl. etwa Senat, Beschluss v. 10.04.2019 - I-26 W 6/17 (AktE) Rn. 56, AG 2019, 836) ermittelt worden aus der Zinsstrukturkurve für Staatsanleihen, wobei auf die Datenbasis der Deutschen Bundesbank zurückgegriffen wurde. Zur Glättung kurzfristiger Marktschwankungen sowie möglicher Schätzfehler wurden aus den vorangegangenen drei abgeschlossenen Monaten geschätzte Renditen periodenspezifischer Durchschnittszinssätze abgeleitet. Die Rechtsprechung legt die Zinsstrukturkurve in Spruchsachen inzwischen regelmäßig für die Berechnung des Basiszinssatzes zugrunde (vgl. van Rossum aaO § 305 Rn. 138 m.w.N.). Wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt hat, wirkt sich der gegenüber der Ausgangsbewertung höhere Wert entgegen den sonst üblichen Folgen bei der Bewertung von Industrie- und sonstigen Unternehmen im Rahmen der vorliegenden Wertermittlung aufgrund der korrespondierenden Anpassungen beim Kapitalanlagenergebnis für die Antragsteller günstig aus, da er zwar isoliert betrachtet zu einem um rd. 125,3 Mio. Euro geringeren Wert führt, dem aber eine Werterhöhung infolge der korrespondierend angepassten Kapitalanlageergebnisse um rd. 265 Mio. Euro gegenübersteht (vgl. W. Tz. 61, 63). Einwendungen dagegen haben die Verfahrensbeteiligten nicht geltend gemacht.

3.2 Die Einwendungen gegen die vom Landgericht – der Bewertungsgutachterin (vgl. Übertragungsbericht S. 59) und der sachverständigen Prüferin (Prüfbericht S. 25 ff.) folgend - mit 5,5 % nach Steuern angesetzte Marktrisikoprämie bleiben ohne Erfolg.

Der auch im Bewertungsgutachten T. gewählte, von der sachverständigen Prüferin u.a. anhand der vom Deutschen Aktieninstitut herausgegebenen Studie „Aktie versus Rente“ plausibilisierte Ansatz entspricht dem Mittelwert der Bandbreite von 4,0 % bis 5,0 % vor bzw. 5,0 % bis 6,0 % nach Steuern, die der AKU des IDW – insbesondere gestützt auf die Ergebnisse der 2004 veröffentlichten Kapitalmarktstudie von Stehle (WPg 2004, 906 ff.) – für Unternehmensbewertungen im Geltungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens mit Bewertungsstichtagen ab dem 31.12.2004 empfiehlt (vgl. FN-IDW Nr. 1-2/2005, 71). Die Empfehlungen des IDW zur Bestimmung der Marktrisikoprämie stellen zwar keine Rechtsnormen dar, sie gelten aber als – wenn auch nicht unbestrittene, so doch anerkannte – Expertenauffassungen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 28.10.2019 – I-26 W 3/17 (AktE) Rn. 65, AG 2020, 254, 257; v. 2.07.2018 – I-26 W 4/17 (AktE) Rn. 38, AG 2019, 92, 95).

Der Ansatz mit dem Mittelwert der vom IDW empfohlenen Bandbreite entspricht gängigen Annahmen der Bewertungspraxis (vgl. Senat, Beschlüsse v. 22.03.2018 – I-26 W 18/14 (AktE) Rn. 77, AG 2019, 732, 738 „Mannesmann/Vodafone I“ und I-26 W 20/14 Rn. 92, juris „Mannesmann/Vodafone II“, jeweils m.w.N.). Er wurde von der obergerichtlichen Praxis auch in Bewertungsfällen mit vergleichbaren Stichtagen herangezogen (vgl. etwa Senat, Beschlüsse v. 9.01.2014 - I-26 W 22/12 (AktE), n.v. (Stichtag 4.11.2005); v. 5.09.2019 – I-26 W 8/17 (AktE) Rn. 53 (Stichtag 29./30.05.2006); v. 25.05.2016 – I-26 W 2/15 (AktE) Rn. 64 (Stichtag Mai 2007); OLG Frankfurt, Beschluss v. 27.09.2019 – 21 W 64/14 Rn. 51 (Stichtag 30./31.05.2006), jeweils juris; OLG Stuttgart, Beschlüsse v. 14.09.2011 - 20 W 4/10 Rn. 144, AG 2012, 221 ff. (Stichtag: 30.11.2006); v. 4.05.2011 - 20 W 11/08 Rn. 175, AG 2011, 560 ff. (Stichtag: 26.6.2007)) und ist danach im Rahmen einer Schätzung, die sich zwischen einer Vielzahl unterschiedlicher Werte zu bewegen hat, auch bezogen auf den vorliegenden Bewertungsstichtag 20.07.2006 nicht zu beanstanden.

Der mit dem Mittelwert geschätzte Wert wird durch die - vornehmlich gegen die Ausarbeitung von Stehle (WPg 2004, 906 ff.) gerichteten und dem ständig mit Spruchverfahren befassten Senat bereits aus anderen Verfahren hinlänglich bekannten - Einwände nicht in Frage gestellt. Sowohl die Frage, welche Mittelwertbildung bei der Ableitung der Marktrisikoprämie verwendet werden sollte, als auch die konkrete Höhe der Marktrisikoprämie ist innerhalb der Wirtschaftswissenschaften sehr umstritten. Eine allgemein anerkannte Höhe hat sich bislang nicht herausgebildet; eine empirisch genaue Festlegung ist nach dem aktuellen Stand der Wirtschaftswissenschaften nicht möglich (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 4.07.2012 - I-26 W 8/10 (AktE) Rn. 52, AG 2012, 797, 800; ebenso BGH, Kartellsenat, Beschlüsse v. 27.04.2022 – EnVR 48/18 Rn. 14, juris; v. 3.03.2020 – EnVR 26/18 Rn. 33, RdE 2020, 319 ff. Eigenkapitalzinssatz  III“; v. 9.07.2019 – EnVR 52/18 Rn. 37, RdE 2019, 456 „Eigenkapitalzinssatz II“; v. 27.01.2015 - EnVR 37/13 Rn. 29 ff., ZNER 2015, 133 ff. „ONTRAS Gastransport GmbH“). Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion andauert, kann die Marktrisikoprämie stets nur eine mit Zweifeln behaftete Schätzung sein (vgl. etwa Senat, Beschluss v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 78, AG 2021, 25 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.09.2021 - 21 W 38/15 Rn. 123, AG 2022, 83 ff.; zum tatrichterlichen Schätzermessen zuletzt OLG München, Beschluss v. 7.01.2022 – 31 Wx 399/18 Rn. 60). Entscheidend ist, dass die Studie Stehles in Zusammenschau mit den Ergebnissen anderer Studien, allgemeinen Plausibilitätserwägungen, der Rechtsprechung anderer Gerichte und den Empfehlungen des einschlägigen Berufsverbandes als ausreichende Schätzgrundlage angesehen werden kann (vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 24.09.2020 aaO Rn. 78; v. 28.10.2019 – I-26 W 3/17 (AktE) Rn. 65, AG 2020, 254, 257). Die IDW-Standards und die sonstigen Verlautbarungen des FAUB stellen insoweit eine anerkannte Expertenauffassung und Erkenntnisquelle dar.

Vor diesem Hintergrund bleiben die Einwendungen der Antragsteller, die - u.a. gestützt auf zwei frühere Senatsentscheidungen - den Ansatz der Marktrisikoprämie am unteren Rand der vom IDW empfohlenen Bandbreite fordern, ohne Erfolg. Prüfungsmaßstab für die gerichtliche Überprüfung im Spruchverfahren ist auch hinsichtlich der Marktrisikoprämie § 287 Abs. 2 ZPO; tauglich für die Schätzung sind damit alle Werte, die nach anerkannter und gebräuchlicher Methodik ermittelt worden sind. Grundsätzlich ohne weiteres akzeptabel sind all diejenigen Werte, die innerhalb der Bandbreite der bezogen auf den Bewertungszeitpunkt in einschlägigen betriebswirtschaftlichen Untersuchungen wie auch in der Bewertungspraxis herkömmlich anzutreffenden, mithin anerkannten und gebräuchlichen Werte für Marktrisikoprämien liegen, insbesondere solche Werte, die sich innerhalb der Spanne in Verlautbarungen des IDW empfohlener Marktrisikoprämien halten (Senat, Beschluss v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE) Rn. 62, aaO; Steinle/Liebert/Katzen-stein MHdB GesR VII, 6. Aufl., § 34 Spruchverfahren Rn. 145 mit umfangr. Nachw. zur Rspr.). Danach gebietet der Umstand, dass der Senat mit Beschluss vom 6.04.2017 (I-26 W 10/15 (AktE)) – bezogen auf einen Bewertungsstichtag im Oktober 2004 – einen Ansatz der Marktrisikoprämie mit 5 % als ebenfalls zulässigen Schätzwert am unteren Rand der vom IDW empfohlenen Bandbreite unbeanstandet gelassen hat (vgl. Senat, Beschluss v. 6.04.2017 – I-26 W 10/15 (AktE) Rn. 42, BeckRS 2017, 113400), keine abweichende Bewertung. In der ebenfalls angeführten Senatsentscheidung vom 12.11.2015 (I-26 W 9/14 (AktE) Rn. 55, AG 2016, 329 ff.), die einen Bewertungsfall mit nahezu identischem Stichtag im August 2006 betraf, hat der Senat lediglich festgestellt, dass für eine weitere Herabsetzung – wie von den dort beschwerdeführenden Antragstellern gefordert – kein Anlass bestand (vgl. Beschluss v. 12.11.2015 – I-26 W 9/14 (AktE) Rn. 54, AG 2016, 329 ff.). Danach ist es nicht geboten, die Marktrisikoprämie niedriger anzusetzen.

Ohne Erfolg machen einzelne Antragsteller geltend, der Bundesgerichtshof habe in seinen Entscheidungen zum Energiewirtschaftsrecht (z.B. Beschluss v. 9.07.2019 - EnVR 41/18, ZNER 2019, 431 ff.) „für die Jahre nach 2013“ eine Marktrisikoprämie von 3,8 % „nachgewiesen“, die für Bewertungen im Rahmen aktienrechtlicher Spruchverfahren zu übernehmen sei. Unabhängig von der Frage der Übertragbarkeit einer Entscheidung, die die gerichtliche Überprüfung des von der Regulierungsbehörde gewählten Zuschlags nach § 7 Abs. 4, 5 Strom/GasNEV – hier: der dritten Regulierungsperiode und damit die Eigenkapitalverzinsung der Netzbetreiber der Jahre 2019 bis 2024 - betrifft, heißt es dort vor dem Hintergrund der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte regulierungsbehördlicher Entscheidungen lediglich, dass es sich bei den Empfehlungen des FAUB um eine alternativ in Betracht kommende Berechnungsmethode handele, die dem von der Bundesnetzagentur gewählten Ansatz nicht klar überlegen sei (BGH aaO Rn. 55, 56; zur Bedeutung für Bewertungen im aktienrechtlichen Spruchverfahren Senat, Beschluss v. 13.09.2021 – I-26 W 1/19 (AktE), aaO; so auch OLG München, Beschluss v. 3.09.2019 – 31 Wx 358/16 Rn. 111, AG 2020, 133, 136; OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.09.2020 – 21 W 121/15 Rn. 132, juris). Der Hinweis auf das vom Landgericht Hannover in dem Spruchverfahren 23 AktE 191/09 eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. H. vermag daran nichts zu ändern. Dass sich die auf das dortige Spruchverfahren bezogenen Feststellungen auf das vorliegende übertragen ließen, ist nicht dargelegt (vgl. zuletzt Senat, Beschluss v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 78 aaO). Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, von dem vom Landgericht angenommenen Wert abzuweichen.

Die Forderung der beschwerdeführenden Antragsteller zu 64) und 65) nach einer selektiven Ausblendung der „Wirtschaftswunderjahre“ bei der Ermittlung der historischen Renditen bleibt ohne Erfolg. Grundsätzlich spricht es für die Verwendung eines längeren Betrachtungszeitraums, dass von einer weitgehenden Konstanz der Prämie im Zeitablauf ausgegangen wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.01.2015 – 21 W 26/13 Rn. 48, AG 2015, 504 ff.). Eine einheitliche Meinung, wonach der Zeitraum von 1955 bis Ende 1959 bei der Ermittlung der historischen Marktrisikoprämie auszublenden wäre, hat sich weder in der wissenschaftlichen Diskussion herausgebildet, noch wird ein Ausschluss der 1950er Jahre bei der Ermittlung der Marktrisikoprämie von der Rechtsprechung für geboten erachtet (OLG Frankfurt aaO; OLG Stuttgart, Beschluss v. 4.05.2011 – 20 W 11/08 Rn. 188 f.; v. 18.12.2009 – 20 W 2/08 Rn. 228, jeweils juris). Durch die vom DAI abgeleitete Rendite-Bandbreite wird die für Bewertungsfälle im Bereich des Halbeinkünfteverfahrens ausgesprochene Empfehlung des IDW nicht in Zweifel gezogen, wie auch die sachverständige Prüferin im Rahmen ihrer Plausibilisierung bestätigt hat (vgl. Prüfbericht S. 25 ff.; ebenso Senat, Beschluss v. 11.05.2020 – I-26 W 14/17 (AktE) Rn. 46, BeckRS 2020, 28412; ebenso OLG Stuttgart, Beschlüsse v. 18.12.2009 – 20 W 2/08 Rn. 224 ff.; v. 17.10.2011 - 20 W 7/11 Rn. 325; v. 3.04.2012 - 20 W 7/09 Rn. 110, jeweils juris). Der FAUB sieht die in der Stehle-Studie ermittelten Marktrisikoprämien trotz der wiederkehrend geäußerten Bedenken nach wie vor als eine geeignete Ausgangsgröße zur Prognose der künftigen Risikoprämien an (Senat, Beschluss v. 22.03.2018 – I- 26 W 18/14 (AktE) Rn. 79, aaO „Mannesmann/Vodafone I“ m.w.N). Dies wird durch die nicht näher begründete Einschätzung der Antragsteller zu 64) und 65), „dass der Indexbetreiber über deutlich gefestigteres Datenmaterial verfügt als ein Hochschullehrer, der sich einen Phantom-DAX zusammenbastelt“, nicht in Zweifel gezogen, wie der Senat bereits auf den nahezu identischen Einwand der – dort als Antragstellerin zu 18) beteiligten - beschwerdeführenden Antragstellerin zu 64) entschieden hat (vgl. Senat, Beschluss v. 8.07.2021 – I-26 W 10/20 (AktE) Rn. 60, juris).

3.3 Der vom Landgericht angesetzte Betafaktor von 0,95 ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Betafaktor dient dazu, das künftige, den finanziellen Überschüssen des Bewertungsobjekts inhärente systematische Risiko abzubilden, indem er die Schwankungsbreite (Volatilität) des Kurses einer Aktie oder Branche im Verhältnis zum Gesamtmarkt beschreibt. In der Praxis werden Betafaktoren ganz überwiegend aus Vergangenheitsdaten berechnet und unterstellt, dass diese ein vernünftiger Schätzer für das nachhaltig zu erwartende Beta sind. Je nachdem, ob ein börsen- oder nicht-börsennotiertes Unternehmen zu bewerten ist, kann der Betafaktor anhand der historischen Börsenkursentwicklung der zu bewertenden Aktie selbst bzw. - soweit es sich um ein nicht-börsennotiertes Unternehmen handelt oder die Börsenkurse nicht aussagekräftig sind - anhand einer Peer Group oder auch auf der Grundlage allgemeiner Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Marktportfolio geschätzt werden (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschlüsse v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) aaO Rn. 82; v. 21.02.2019 - I-26 W 5/18 (AktE) Rn. 67, juris).

Nach Maßgabe dessen hat das Landgericht den Betafaktor vorliegend zu Recht anhand des Betafaktors einer Peer Group anstelle des unternehmenseigenen Betafaktors der B. abgeleitet, da für letzteren keine statistisch signifikanten Werte vorlagen und er damit kein geeignetes Maß für die Messung des systematischen Risikos war (Übertragungsbericht S. 60). Die sachverständige Prüferin hat diese Vorgehensweise gebilligt (vgl. Prüfbericht S. 27). Auch die Sachverständige O. hat die unternehmenseigenen Betafaktoren der B. und ihrer börsennotierten Beteiligungsgesellschaften nach einer Analyse der statistischen Güte, der Liquidität und des Kursverlaufs der Aktien nicht zur Ermittlung des Unternehmenswertes herangezogen (Gutachten O. S. 102).

Bedenken gegen die Zusammensetzung der Peer Group bestehen nicht. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte vor, die für die Vorzugswürdigkeit der von O. gebildeten Peer Group sprechen könnten. Die im Bewertungsgutachten herangezogene Peer Group wurde so ausgewählt, dass eine möglichst breite und aussagekräftige Vergleichsbasis herangezogen werden konnte (vgl. Übertragungsbericht S. 60; Prüfbericht S. 27). Dies hat das Landgericht gegenüber der von O. vorgenommenen Beschränkung auf deutsche Unternehmen zu Recht für vorzugswürdig erachtet. Bei den von T. ausgewählten Vergleichsunternehmen handelt es sich um börsennotierte Versicherungsunternehmen, die wie die B. international tätig sind. Die sachverständige Prüferin hat die im Bewertungsgutachten zur Auswahl der Vergleichsunternehmen verwendeten Kriterien für nachvollziehbar befunden (Prüfbericht aaO). Die Möglichkeit der Heranziehung einer europäischen/internationalen Peer Group ist in der Bewertungspraxis gebräuchlich und wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt (vgl. zuletzt Senat, Beschluss v. 24.09.2020 – I-26 W 5/16 (AktE) Rn. 85 aaO).

Nach alledem geht die Forderung der Antragsteller fehl, den Betafaktor – wie von O. ermittelt – im Ergebnis mit Werten zwischen 0,5 und 0,6 anzusetzen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin, gestützt auf die diesbezüglichen Ausführungen der Privatgutachterin W. (Tz. 255 ff.), darauf hin, dass der vom Landgericht angenommene Betafaktor in Höhe von 0,95 zudem durch Branchendaten und Ansätze in anderen Bewertungsfällen bestätigt wird. Auch fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, weshalb das zukünftige Risiko der B. – abweichend vom allgemeinen Marktrisiko – deutlich geringer sein sollte. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der gegenüber der Vergangenheit ambitionierten Geschäftsstrategie.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der von O. ermittelte Ertragswert – basierend auf der Verwendung des deutlich niedrigeren Betafaktors – in einem nicht überbrückbaren Widerspruch zu der seinerzeitigen Marktbewertung wie auch den aktuellen Börsenkursen stehen würde (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 5.09.2019 - I-26 W 8/17 (AktE) Rn. 68, BeckRS 2019, 48249; OLG Frankfurt, Beschluss v. 5.12.2013 - 21 W 36/12 Rn. 95, NZG 2014, 464 ff.).

Nach alledem ist der vom Landgericht angenommene Wert nicht zu beanstanden.

3.4 Die Forderung der Antragsteller, den Wachstumsabschlag höher als vom Landgericht angenommen anzusetzen, geht fehl.

Der Wachstumsabschlag hängt vom Einzelfall ab, wobei im Allgemeinen Werte zwischen 0,5 % und 2 % als üblich angesehen werden können. Entscheidend ist, ob und in welcher Weise das konkrete Unternehmen aufgrund der Unternehmensplanung, der Erwartungen an die Marktentwicklung und die Inflation in der Lage sein wird, nachhaltige Wachstumserwartungen zu erfüllen; die Geldentwertungsrate kann dabei nur ein erster Anhalt sein (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss v. 14.12.2017 – I-26 W 8/15 (AktE) Rn. 60). Der Wachstumsabschlag von Versicherungsunternehmen wird regelmäßig zwischen 0,5 % und 1 % angesiedelt und liegt damit tendenziell unterhalb dem von Industrieunternehmen (vgl. Senat, Beschlüsse v. 29.10.2018 – I-26 W 13/17 (AktE) Rn. 55; v. 6.09.2018 – I-26 W 1/18 (AktE) Rn. 50, AG 2019, 309 ff.: 1 %; v. 19.12.2013 - I-26 W 9/08 (AktE): 0,75 %; v. 12.12.2012 - I-26 W 9/11 (AktE): 0,5 %, n.v.; v. 6.04.2011 - I-26 W 2/06 (AktE), juris: 0,75 %; OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.04.2011 - 21 W 13/11, Rn. 88, jeweils juris; Graßl/Beck in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. A., 139, 151 f.). Der hier mit 1 % angesetzte Wachstumsabschlag bewegt sich damit bereits am oberen Rand dieser Bandbreiten; auch die Sachverständige O. hat offensichtlich keinen Raum für einen noch höheren Ansatz gesehen. Vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Prognosen, der Erwartung für die Entwicklung des Versicherungsmarktes in den für die B. relevanten Märkten sowie des zum Ende des Detailplanungszeitraum erreichten relativ hohen absoluten Geschäftsvolumens besteht jedenfalls kein Anlass, den Wachstumsabschlag noch höher anzusetzen.

4. Die Rüge einzelner Antragsteller, das Landgericht habe mit seiner Schätzung des Unternehmenswerts einseitig und willkürlich in das „Bewertungssystem“ der Sachverständigen O. eingegriffen, entbehrt jeder Grundlage. Eine vorherige Anhörung der Sachverständigen war nicht geboten. Dass die Angemessenheit der gewährten Kompensation unter Berücksichtigung des nach dem IDW S1 ermittelten Unternehmenswerts in Frage stand, lag als Beweisthema offen zu Tage. Alle Verfahrensbeteiligten hatten im Rahmen des rd. 13 Jahre andauernden Verfahrens ausreichend Gelegenheit, zu den maßgeblichen Bewertungsprämissen und -parametern – auch unter Berücksichtigung der hierzu erstatteten gutachterlichen Stellungnahmen sämtlicher sachverständiger Bewerter - Stellung zu nehmen. Vor diesem Hintergrund bestand auch für den Senat kein Anlass, die Sachverständige ergänzend anzuhören, da davon kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.

5. Auch die sonstigen Einwendungen der Antragsteller bleiben ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht bei seiner Schätzung des Unternehmenswerts der B. auch hinsichtlich der zu bewertenden Tochterunternehmen auf die Ertragswertmethode abgestellt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss verwiesen.

Nach alledem ist für eine gerichtliche Festsetzung der angemessenen Barabfindung kein Raum. Die auf Erhöhung der gewährten Barabfindung gerichteten Anträge waren daher vollumfänglich zurückzuweisen.

III. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst. Die Entscheidung des Senats beruht im Wesentlichen auf der Würdigung (bewertungs)rechtlicher Fragestellungen und Sachverhalte, die bereits erstinstanzlich zwischen den Verfahrensbeteiligten ausführlich thematisiert wurden. Insbesondere wurde zu den erhobenen Einwendungen eine 124 Seiten umfassende ergänzende Stellungnahme erhoben, zu der den Beteiligten nochmals rechtliches Gehör gewährt worden ist.

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters hat die Antragsgegnerin zu tragen. Sie ganz oder teilweise gemäß § 15 Abs. 1 SpruchG den Antragstellern aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, ist nicht veranlasst. Gleichzeitig entspricht es angesichts des Verfahrensausgangs nicht der Billigkeit, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren trägt. Dies gilt erst Recht für die außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Antragsteller, deren Rechtsmittel erfolglos geblieben sind.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG  a.F. (§ 136 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 GNotKG), für das Beschwerdeverfahren auf § 74 S. 1 GNotKG. Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung oder werden die Anträge oder in zweiter Instanz das Rechtsmittel – wie hier – als unbegründet zurückgewiesen, ist der Mindestgeschäftswert von 200.000 Euro maßgeblich.

Der gemeinsame Vertreter kann gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG von der Antragsgegnerin in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 S. 3 SpruchG auch für die Bemessung seiner Vergütung.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

 

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