OLG Karlsruhe: Barabfindung beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Out – zur Bestimmung des Börsenwerts als Untergrenze
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.4.2024 – 12 W 27/23
Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2024-1329-1
Amtliche Leitsätze
1. Zur Bestimmung der angemessenen Abfindung für die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre.
2. Der Börsenwert der Aktie ist Untergrenze der angemessenen Barabfindung. Dieser ist nach dem Durchschnittskurs innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung der beabsichtigten Strukturmaßnahme zu bestimmen. Der Referenzzeitraum ist nicht vorzuverlegen im Hinblick auf die Bekanntmachung von zeitlich früheren Maßnahmen - hier Anteilserwerb durch die Hauptaktionärin -, die den späteren Squeeze-Out vorbereitet haben.
3. Zu der Voraussetzung eines „längeren Zeitraums“ für eine Hochrechnung des Börsenkurses auf den Tag der Hauptversammlung, an welchem die Strukturmaßnahme beschlossen wird.
4. Eine Verzinsung des Börsenwerts bis zum Bewertungsstichtag hat nicht zu erfolgen.
UmwG § 62; AktG § 327a, §327b
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die angemessene Barabfindung nach § 327a AktG wegen der Übertragung von Anteilen auf die Hauptaktionärin.
Die Antragsteller waren Aktionäre der M. Holding AG mit Sitz in Mannheim. Die M. Holding AG (i.F.: MAG) war die börsennotierte Muttergesellschaft der M. -Gruppe, eines auf Marktnischen und -segmente spezialisierten Versicherungskonzernes. Die MAG betrieb neben ihrer Funktion als konzernleitende Holding in geringem Umfang ein eigenes Rückversicherungsgeschäft. Das operative Versicherungsgeschäft wurde von den Konzerntöchtern M. Versicherung AG (i.F.: MVG), M. Krankenversicherung AG (i.F.: MKV) und ma Lebensversicherung AG (i.F.: maLV), jeweils mit Sitz in Mannheim, betrieben.
Die Antragsgegnerin ist die vormalige d. i. versicherung aktiengesellschaft (i.F.: div) mit Sitz in Dortmund. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts Dortmund unter HRB … eingetragen. Nach der Einschmelzung der MAG firmiert die Antragsgegnerin zunächst als M. Holding Aktiengesellschaft, Dortmund (i.F.: MAG neu). Die Antragsgegnerin ist über die Con. Holding Aktiengesellschaft, Dortmund (i.F.: Con.) eine mittelbare Tochtergesellschaft der Con. Krankenversicherung a.G. Im Jahr 2015 wurde sie mit der Con. Holding Aktiengesellschaft verschmolzen und führt seither diese Firma.
Das Grundkapital der MAG betrug 63.080.000 € und war in ebenso viele auf den Namen lautende Stückaktien aufgeteilt. Die Aktien waren unter der ISIN … (WKN …) zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet. Sie wurden darüber hinaus im Freiverkehr an den Wertpapierbörsen Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart gehandelt.
Die österreichische Versicherungsgruppe U. war seit dem Jahr 2004 Mehrheitsaktionärin der MAG und baute ihre Beteiligung kontinuierlich aus. Im Jahr 2011 hielt die U. 57.883.230 Aktien an der MAG (91,68 %).
Am 24.11.2011 teilte die U. per Ad-Hoc-Mitteilung den beabsichtigten Verkauf der Beteiligung an der MAG an die Con.-Gruppe mit.
Mit Kaufvertrag vom 16.04.2012 erwarb die Antragsgegnerin von der U. deren Anteile an der MAG. Der Kaufpreis für die 57.833.230 MAG-Aktien betrug nach der - von einigen Antragstellern bestrittenen - Behauptung der Antragsgegnerin (AS I 86) 205.583.000 € (= 3,555 €/Aktie). Die U. übernahm gegenüber Gesellschaften der MAG-Gruppe weitere Verpflichtungen, als Gegenleistung zahlte die Con., die Muttergesellschaft der div, einen Betrag von 1.000.000 € an die U. Weitere Einzelheiten des Kaufvertrages unterliegen der Geheimhaltung.
Am 29.06.2012 erfolgte die dingliche Übertragung der von der U. gehaltenen Aktien an die Antragsgegnerin.
Am 07.08.2012 veröffentlichte die Antragsgegnerin eine Angebotsunterlage für ein Pflichtangebot an die Aktionäre der MAG. Im Rahmen des Pflichtangebots erwarb die Antragsgegnerin weitere 991.089 Aktien der MAG. Am 24.10.2012 hielt die Antragsgegnerin 58.824.319 Aktien (93,25 %).
Mit Schreiben vom 16.07.2012 informierte die Antragsgegnerin (damals firmierend als div) den Vorstand der MAG über ihre Verschmelzungsabsicht und die Absicht, einen Beschluss der Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung herbeizuführen. Mit ad-hoc-Mitteilung vom 17.07.2012 wurde die Absicht der Konzernverschmelzung der MAG auf die div und eines Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der MAG im Zusammenhang mit der Verschmelzung (umwandlungsrechtlicher Squeeze-Out) bekannt gegeben.
Die Antragsgegnerin hat die angemessene Barabfindung auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung der MAG unter sachverständiger Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K. auf 3,73 €/Aktie festgelegt. Unter Anwendung des Ertragswertverfahrens nach den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (Standard S1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. in der Fassung vom 02.04.2008; IDW S1) wurde ein Unternehmenswert der MAG zum Bewertungsstichtag 18.12.2012 von 110.671.000 €, mithin 1,75 €/Aktie ermittelt. Der durchschnittliche, volumengewichtete Börsenkurs zum Stichtag 16.07.2012, also bezogen auf den Tag vor der Bekanntmachung der Absicht der Verschmelzung und des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre, betrug nach Auskunft der BaFin 3,73 €/Aktie (Anlage AG 1).
Mit Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 09.08.2012 - 23 AktE 2/12 – wurde die Rö. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum sachverständigen Prüfer zur Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung bestellt. Mit Bericht vom 26.10.2012 bestätigte der Prüfer die Angemessenheit der festgelegten Barabfindung in Höhe von 3,73 €/Aktie.
Am 24.10.2012 schlossen die Antragsgegnerin und die MAG den Verschmelzungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass im Zusammenhang mit der Verschmelzung ein Ausschluss der Minderheitsaktionäre erfolgen soll.
Die außerordentliche Hauptversammlung der MAG beschloss am 18.12.2012 im Rahmen der Verschmelzung der MAG auf die Antragsgegnerin die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der MAG auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung von 3,73 €/Aktie. Der Übertragungsbeschluss wurde am 08.03.2013 im Handelsregister der MAG beim Amtsgericht Mannheim unter HRB … eingetragen mit dem Vermerk, dass die Übertragung erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Register des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft wirksam wird.
Die Verschmelzung der MAG (alt) auf die Antragsgegnerin wurde am 11.03.2013 im Handelsregister beim Amtsgericht Dortmund unter HRB … eingetragen. Der Übertragungsbeschluss und die Verschmelzung wurden am 15.03.2013 im Bundesanzeiger bekannt gemacht.
In der Zeit zwischen dem 25.03.2013 und Montag, dem 17.06.2013 haben ausgeschlossene Minderheitsaktionäre der MAG beim Landgericht Mannheim Anträge auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Barabfindung gestellt. Durch Beschluss vom 24.04.2014 (AS 185 ff) und vom 04.06.2014 (AS 248ff) wurden die Verfahren über die Einzelanträge verbunden. Den ausgeschlossenen Aktionären, die nicht selbst Antragsteller sind, wurde zur Wahrung ihrer Rechte Herr Rechtsanwalt F…, c/o Rechtsanwälte M., …, als gemeinsamer Vertreter bestellt und die Bestellung am 27.05.2014 im Bundesanzeiger bekannt gemacht (AS I 236 ff).
Im Spruchverfahren haben die Antragsteller erstinstanzlich geltend gemacht, die von der Antragsgegnerin gewährte Barabfindung sei zu niedrig bemessen. Insbesondere haben die Antragsteller folgende Einwendungen vorgebracht:
Der der Barabfindung zugrunde gelegte durchschnittliche volumengewichtete Börsenkurs sei zu niedrig. Der ermittelte Kurs im Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntgabe der Squeeze-Out-Absicht (17.04.2012 – 16.07.2012) berücksichtige nicht ausreichend die Verhältnisse der Gesellschaft zum Stichtag 18.12.2012. Denn in dem Zeitraum zwischen dem 17.07.2012 und dem 18.12.2012 habe sich die Börse außergewöhnlich positiv entwickelt, so dass auch die MAG-Aktie ohne die Bekanntgabe des Squeeze-Out an der Kurssteigerung teilgenommen hätte. Daher müsse der zum Stichtag ermittelte Börsenwert auf das Datum der Hauptversammlung hochgerechnet werden.
Zudem bestünden Bedenken, inwieweit die BaFin den durchschnittlichen Börsenkurs der MAG-Aktie zutreffend ermittelt habe, da solche Ermittlungen nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehörten und sie selbst ausweislich ihrer Mitteilung vom 20.09.2012 keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben übernommen habe. Die BaFin habe den Handel im Freiverkehr an den Börsen in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart nicht ausreichend berücksichtigt.
Zudem müssten die genauen Konditionen des Kaufvertrages zwischen der Antragsgegnerin und der U. vom 13.04.2012 ermittelt werden. In internen Kreisen sei bekannt geworden, dass der von der Antragsgegnerin an die U. tatsächlich gezahlte Preis mindestens 4,32 €/Aktie betragen habe.
Einige Antragsteller haben geltend gemacht, der Börsenkurs sei – wie vom gerichtlichen Sachverständigen Fri. angeregt – zum Stichtag 23.11.2011 zu ermitteln, weil bereits die Ankündigung der Übernahme der Mehrheitsbeteiligung an der MAG durch die Con. zu Börsenspekulationen geführt habe und der Börsenkurs sich von der allgemeinen Entwicklung an der Börse abgekoppelt habe.
Der Unternehmenswert der MAG sei ebenfalls unzutreffend ermittelt worden. Der Kapitalisierungsgegenstand sei bereits nicht korrekt bewertet worden. Denn die zugrunde gelegten Planzahlen, die der Vorstand lediglich eine Woche vor Ankündigung des Übertragungsverlangens beschlossen habe, seien anlassbezogen und deutlich zu pessimistisch. Die Belastungen des Krisenjahres 2009 und der Euro-Krise seien übergewichtet worden. Sinkende Ertragsaussichten seien angesichts der langen Tradition und des guten Rufs der Gesellschaft nicht plausibel. Wechselnde Bruttobeiträge und ein erhöhter Bedarf an privater Vorsorge würden gegen den geplanten Rückgang des durchschnittlichen Wachstums sprechen. Die prognostizierte Ausweitung der Schadensquoten sei nicht plausibel. Der Gewinnrückgang 2011 beruhe auf einem einmaligen Ereignis, der Abschreibung griechischer Staatsanleihen. Die Annahme eines „Normalisierungsjahres 2017“ zur Überleitung in die „ewige Rente“ sei von der Sache her nicht begründbar. Die Annahme einer Ausschüttungsquote von 50 % für die Phase II sei abwegig.
Ebenfalls unzutreffend sei der angewendete Kapitalisierungszinssatz. Der angenommene Basiszinssatz von 2,25 % vor persönlichen Steuern für die Phase I sei überhöht. Der Ansatz einer - erhöhten - Marktrisikoprämie von 5,5 % sei nicht richtig. Die entsprechenden Empfehlungen des FAUB von September 2012 überzeugten nicht. Nachdem die bedeutenden Notenbanken große Geldmengen bereitstellen, könne nicht die These aufgestellt werden, dass der Geldanleger erhöhte Risikoprämien fordern könne. In der Literatur sei die Auffassung im Vordringen, dass zur Ermittlung des Mittelwertes auf das geometrische Mittel abzustellen sei und nicht den IDW-Empfehlungen gemäß auf das arithmetische Mittel. Jedenfalls seien die jeweiligen methodisch bedingten Verzerrungen abzufedern. Der angewendete Beta-Faktor sei willkürlich gewählt. Die Bildung einer Peer-Group unter Einbeziehung ausländischer Gesellschaften leuchte nicht ein. Das individuelle Marktrisiko einer Versicherungsgesellschaft müsse unter dem allgemeinen Marktrisiko liegen, weil Versicherungsgesellschaften schon von Rechts wegen gehalten seien, Rückstellungen zu bilden.
Auch die angesetzten Wachstumsabschläge von 0,5 % für die MAG, MKV und maLV sowie von 1,0 % für die MVG seien zu niedrig. Richtigerweise müsse der Wachstumsabschlag bei 2,0 % liegen, um nicht von einem ständig schrumpfenden Unternehmen auszugehen.
Der Grundbesitz der MAG (alt) und die Kunstsammlung seien ebenfalls nicht zutreffend bewertet worden.
Die Antragsgegnerin hat ihre Bewertung unter Verweis auf die Bestätigung durch den gerichtlich bestellten Barabfindungsprüfer verteidigt.
Der Börsenwert sei korrekt ermittelt. Nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei der Referenzzeitraum für die Ermittlung des Börsenkurses der Drei-Monats-Zeitraum vor dem Tag der Bekanntgabe der Squeeze-Out-Absicht. Die BaFin habe sämtliche Geschäfte berücksichtigt, auch diejenigen im Freiverkehr. Eine Hochrechnung des Börsenkurses entsprechend der allgemeinen oder branchentypischen Wertentwicklung auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung habe zu unterbleiben, weil zwischen der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und der Hauptversammlung weniger als sechs Monate und mithin kein längerer Zeitraum im Sinne der BGH-Rechtsprechung gelegen habe.
Auch der Ertragswert sei unter korrekter Anwendung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1 2008) zutreffend ermittelt. Dabei handele es sich um eine in der Wirtschaftswissenschaft anerkannte und in der Praxis gebräuchliche Bewertungsmethode. Um die Ertragskraft der MAG und ihrer wesentlichen Tochtergesellschaften vollständig zu berücksichtigen, seien die geplanten finanziellen Überschüsse jeweils einzeln ermittelt worden (Sum-of-the-parts-Bewertung). Basis für die jeweiligen Ertragswertermittlungen seien die am 28.06.2012 erstellten und am 10.07.2012 vom Vorstand der MAG (alt) verabschiedeten HGB-Planungsrechnungen der jeweiligen Gesellschaften für die Jahre 2012-2016 gewesen. Die Planung sei nicht zweckgerichtet gewesen, und, soweit Anpassungen noch am 28.06.2012 vorgenommen wurden, hätten sich diese ausschließlich zugunsten der ausgeschlossenen Aktionäre ausgewirkt. In dieser Planung sei entgegen dem Vorbringen der Antragsteller die beabsichtigte Integration der M.-Gruppe in die Con.-Gruppe nicht zu berücksichtigen. Denn die Integrationsmaßnahme habe gerade unter der Bedingung gestanden, dass die Minderheitsaktionäre ausgeschlossen werden, so dass es sich insoweit um echte Synergie-Effekte gehandelt habe. Der Planungszeitraum bis 2016 sei nicht zu kurz gewesen, die Berücksichtigung eines sogenannten Normalisierungsjahres sachgerecht. Ebenso sei die Vergangenheitsanalyse anhand der Geschäftsjahre 2009 – 2011 unter Bereinigung von einmaligen oder außerordentlichen Effekten korrekt vorgenommen worden. Die Einwendungen gegen die Ertragsplanung der Gesellschaften der MAG-Gruppe würden auf Zahlen einzelner Vergangenheitsjahre gestützt, ohne aber die Entwicklung im gesamten Vergangenheitszeitraum zu berücksichtigen, im Übrigen seien sie pauschal und ohne jegliche Unterlegung ins Blaue hinein erhoben.
Der Kapitalisierungszins sei nicht zu hoch. Sowohl der Basiszins als auch der Risikozuschlag und der Wachstumsabschlag seien methodisch korrekt ermittelt worden. Auch eine den Antragstellern günstigere Berechnung wirke sich nicht auf die angemessene Barabfindung aus.
Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 27.03.2015 (AS I 307 ff.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Wirtschaftsprüfers Ulrich Fri. vom 20.12.2019 (Sonderband) und durch mündliche Anhörung des Sachverständigen am 07.11.2022 (Protokoll vom 07.11.2022, AS I 870 ff).
Mit Beschluss vom 08.05.2023 hat das Landgericht die Anträge zurückgewiesen. Die angemessene Barabfindung sei nach dem Börsenwert zum Stichtag 17.07.2012 zu bestimmen und betrage – wie von der Antragsgegnerin festgesetzt – 3,73 € je Aktie. Der maßgebliche Stichtag für den Referenzzeitraum von drei Monaten für die Ermittlung des Börsenkurses sei der 17.07.2012, da es an diesem Tag erstmals zu einer belastbaren Verlautbarung einer Verschmelzungs- und Squeeze-Out-Absicht gekommen sei. Bezogen auf diesen Stichtag betrage der durchschnittliche volumengewichtete Börsenkurs im Referenzzeitraum 17.04.2012 bis zum 16.07.2012, was vom Sachverständigen Fri. in seinem Gutachten bestätigt worden sei, 3,73 €/Aktie; bei der Ermittlung seien auch die Freiverkehrsumsätze einbezogen worden. Eine Hochrechnung des Börsenkurses des Referenzzeitraumes auf den Stichtag der Hauptversammlung am 18.12.2012 anhand der Entwicklung des allgemeinen bzw. branchenspezifischen Börsenkurses sei nicht vorzunehmen, da zwischen der Mitteilung vom 17.07.2012 und dem 18.12.2012 nur ein Zeitraum von 5 Monaten liege. Der von der Con. an die U. für die Übertragung der Mehrheitsbeteiligung gemäß Kaufvertrag vom 13.04.2012 gezahlte Kaufpreis sei im Rahmen der Ermittlung des Werts der Unternehmensbeteiligung unbeachtlich. Eine höhere Barabfindung ergebe sich auch nicht bei der Berechnung des Abfindungsbetrags nach der Ertragswertmethode. Die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Planzahlen seien methodisch korrekt ermittelt worden; auch der zugrunde gelegte Kapitalisierungszinssatz sei nicht zu beanstanden. Im Ergebnis liege der anteilige Unternehmenswert pro Aktie nach dem Ertragswertverfahren mit 1,75 € deutlich unter dem Börsenwert von 3,73 €/Aktie, so dass selbst bei einer deutlichen Reduktion des Kapitalisierungszinssatzes der Anteilswert nach der Ertragswertmethode niedriger wäre als der nach dem Börsenwert ermittelte.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 08.05.2023 richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsteller
- zu 2), 3), 14) und 40) - 42) mit Schriftsatz vom 07.06.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1056) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 24.05.2023 (AS I 1025),
- zu 5) - 8) mit Schriftsatz vom 26.05.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1034) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 24.05.2023 (AS I 1019),
- zu 9) mit Schriftsatz vom 26.05.2023, eingegangen beim Landgericht am selben TAG (AS I 1047) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 25.05.2023 (AS I 1022),
- zu 28), 29) mit Schriftsatz vom 22.06.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1099) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 23.05.2023 (AS I 998),
- zu 53), 54) mit Schriftsatz vom 27.06.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1089) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 02.06.2023 (AS I 1053),
- zu 57), 58) mit Schriftsatz vom 23.06.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1103) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 23.05.2023 (AS I 997),
- zu 63) mit Schriftsatz vom 29.06.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag (AS I 1096) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 14.06.2023 (AS I 1066),
- zu 64), 65) mit Schriftsatz vom „26.06.2022“, eingegangen beim Landgericht am 26.06.2023 (AS I 1083) nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 31.05.2023 (AS I 1046).
Die Antragsteller machen in erster Linie geltend, dass der Börsenwert gemäß der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2010 (II ZB 18/09) - der Einschätzung des Sachverständigen Fri. entsprechend - auf den Tag der Hauptversammlung als für die Bewertung maßgeblichen Stichtag (18.12.2012) hochzurechnen sei, da es in diesem Zeitraum zu einer erheblichen Steigerung des Branchenindex gekommen sei. Die Aktionäre müssten an der starken Branchenentwicklung seit Bekanntgabe der Maßnahme partizipieren.
Der Antragsteller zu 58) und der Antragsteller zu 9) wenden darüber hinaus ein, es müsse mindestens der von Con. an die U. gezahlte Kaufpreis als Abfindung gezahlt werden. Tatsächlich sei ein Kaufpreis von (mindestens) 3,9215 € je Aktie gezahlt worden.
Der Antragsteller zu 58) vertritt im Übrigen die Auffassung, die ad-hoc-Mitteilung der MAG vom 16.04.2012 stelle eine Marktmanipulation dar, da der Kaufpreis ausgeblendet worden sei. Daher seien spätestens ab dem 16.04.2012 die Kurse ungeeignet, für einen durchschnittlichen Referenzkurs herangezogen zu werden; zudem müsse wegen des langen Zeitraums zwischen dem 16.04.2012 und der beschlussfassenden Hauptversammlung eine Hochrechnung erfolgen. Auch der Ertragswert bedürfe einer Überprüfung. Für die konkreten Planjahre sei ein Basiszins von 1,49 % in Ansatz zu bringen. Für die Erhöhung der Marktrisikoprämien-Empfehlung des IDW habe es keine Grundlage gegeben; es habe maximal eine Marktrisikoprämie von 5 % bzw. 4,5 % in Ansatz gebracht werden können. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, dass der unternehmenseigene Beta-Faktor nicht herangezogen worden sei, da hinsichtlich der Aussagekraft des Börsenkurses keine Bedenken bestünden. Der Wachstumsabschlag sei im Hinblick auf das Inflationsrisiko nicht unter 1,0 % (ohne Steuerabzüge) anzusetzen.
Auch die Antragstellerin zu 63) und die Antragsteller zu 2), 3), 14) und 40) - 42) sind der Auffassung, der vom Landgericht angesetzte Wachstumsabschlag sei unangemessen niedrig. Er beruhe auf einer grundsätzlichen Verkennung der Höhe des Preisüberwälzungsspielraums von Unternehmen.
Die Antragsteller zu 2), 3), 14) und 40) - 42) machen darüber hinaus geltend, die vorgelegten Planungen seien ersichtlich zu Lasten der Minderheitsaktionäre gestaltet und nicht plausibel.
Die Antragsteller zu 57) und 58) meinen, es müsse jedenfalls eine Aufzinsung des Börsenkurses ab Ende des Referenzzeitraums (16.07.2012) bis zum Bewertungsstichtag (18.12.2012) mindestens in Höhe des in § 327b Abs. 2 AktG vorgeschriebenen Zinssatzes erfolgen. Zudem sei zweifelhaft, ob der von der BaFin nach den Regeln der WpÜG-AngebotsVO ermittelte Börsenkurs das Marktgeschehen vollständig erfasst habe; Freiverkehrskurse seien zu berücksichtigen.
Die Antragsgegnerin tritt den Beschwerden entgegen (Schriftsatz vom 27.10.2023, AS I 1171 ff.).
Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 13.11.2023 nicht abgeholfen (AS I 1175 ff.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird, soweit in diesem Beschluss keine abweichenden Feststellungen getroffen sind, auf die angefochtene Entscheidung und auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Aus den Gründen
II. Die Beschwerden sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Zulässigkeit
Die Beschwerden sind nach der hier gemäß § 17 Abs. 3 SpruchG anwendbaren, bis 28.02.2023 gültigen Fassung von §§ 12, 17 SpruchG (vgl. Wittgens in Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl. § 12 Rn. 16a) zulässig. Sie sind binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung der Entscheidung an die jeweiligen Beschwerdeführer bei dem Landgericht eingelegt worden (§ 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. §§ 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 FamFG).
Auch der Beschwerdewert von 600,- € (§ 12 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 61 Abs. 1 FamFG) ist erreicht. Die Beschwer des einzelnen Aktionärs und damit der Wert des Beschwerdegegenstands für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag, den er mit seinem Rechtsmittel für sich pro Aktie an Barabfindung zusätzlich erstrebt (BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BGHZ 219, 348, juris Rn. 19). Die Beschwer aller Beschwerdeführer ist zusammenzurechnen, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und das gleiche Rechtsschutzziel verfolgen (BGH aaO Rn. 24; OLG München, Beschluss vom 05.05.2015 – 31 Wx 366/13, juris Rn. 18; OLG Frankfurt, ZIP 2017, 772, 773). Die Antragsteller verfolgen überwiegend das Ziel einer Anhebung der auf 3,73 € je Aktie festgesetzten Barabfindung im Wege der Hochrechnung des Börsenkurses auf (mindestens) den Wert von 4,59 € je Aktie, woraus sich eine Differenz von 0,86 € je Aktie ergibt. Allein der Antragsteller zu 9) hielt zum maßgeblichen Stichtag mehr als 278.747 Aktien, so dass die Beschwer aller Beschwerdeführer (deutlich) über 600,- € liegt.
2. Begründetheit
Die Beschwerden sind indes unbegründet. Die auf 3,73 € festgesetzte Abfindung ist nicht zu erhöhen.
Bei dem hier vorliegenden verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out (§ 62 Abs. 5 UmwG) hat der Hauptaktionär gemäß § 327a Abs. 1, 327b AktG den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären eine angemessene Abfindung zu gewähren. Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung - hier der Aktie der MAG - entspricht (BVerfG, Urteil vom 07.08.1962 – 1 BvL 16/60, juris Rn. 68; BGH, Beschluss vom 12.03.2001 – II ZB 15/00, juris Rn. 17). Zu ermitteln ist deshalb der Grenzwert, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGH, Beschluss vom 04.03.1998 – II ZB 5/97, BGHZ 138, 136, juris Rn. 12).
Ob die Abfindung angemessen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Gericht zu beantworten ist. Unangemessen ist die angebotene Abfindung, wenn sie den übrigen Aktionären keine volle Entschädigung für den Verlust ihres Aktieneigentums bietet (BVerfG, Urteil vom 07.08.1962 – 1 BvL 16/60 aaO). Die Entschädigung kann nur dann als „volle“ bezeichnet werden, wenn sie den „wirklichen“ oder „wahren“ Wert der Unternehmensbeteiligung an dem arbeitenden Unternehmen unter Einschluss der stillen Reserven und des inneren Geschäftswerts widerspiegelt (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 - 1 BvR 1613/94, juris Rn. 56). Für die Ermittlung des „wahren“ Unternehmenswerts ist grundsätzlich die Ertragswertmethode geeignet, der die Annahme zugrunde liegt, dass der Wert eines Unternehmens in erster Linie von seiner Fähigkeit abhängt, künftig Erträge zu erwirtschaften (BVerfG aaO Rn. 61). Die volle Entschädigung darf indes nicht unter dem Verkehrswert liegen, der bei börsennotierten Unternehmen nicht ohne Rücksicht auf den Börsenkurs festgesetzt werden darf (BVerfG aaO Rn. 53 ff.). Die Minderheitsaktionäre dürfen nicht weniger erhalten als sie bei einer freien Desinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Squeeze-outerlangt hätten (BVerfG aaO Rn. 56; BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, juris Rn. 15 und 21).
a) Börsenwert
Diesen Grundsätzen entsprechend ist das Landgericht zu Recht von einem Börsenwert in Höhe von 3,73 € je Aktie als Untergrenze der Barabfindung ausgegangen. Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, dieser Betrag sei zu niedrig angesetzt.
aa) Die angemessene Abfindung ist nach dem Börsenwert der Aktie zu bestimmen, wenn dieser über dem nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Schätzwert liegt und keine Marktenge bestand. Der Börsenwert ist aufgrund eines nach Umsatz gewichteten inländischen Durchschnittskurses innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung der Maßnahme zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 19.07.2010 - II ZB 18/09, juris Rn. 10; Beschluss vom 21.02.2023 – II ZB 12/21, juris Rn. 16). Eine Unterschreitung des Börsenwerts kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn dieser ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der Aktie widerspiegelt (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 - 1 BvR 1613/94, juris Rn. 66). Das ist der Fall, wenn über einen längeren Zeitraum mit Aktien der Gesellschaft praktisch kein Handel stattgefunden hat, aufgrund einer Marktenge der einzelne außenstehende Aktionär nicht in der Lage gewesen ist, seine Aktien zum Börsenpreis zu veräußern oder der Börsenpreis manipuliert worden ist (BGH, Beschluss vom 12.03.2001 - II ZB 15/00, juris Rn. 20; Beschluss vom 21.02.2023 – II ZB 12/21, juris Rn. 51).
Der maßgebliche Referenzzeitraum für die Ermittlung des Börsenwerts ist grundsätzlich an dem erstmaligen Bekanntwerden von belastbaren Informationen über die beabsichtigte Strukturmaßnahme auszurichten (BGH, Beschluss vom 19.07.2010 aaO Rn. 10; Senat, Urteil vom 22.06.2015 – 12a W 5/15, juris Rn. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2010 – 5 W 15/10, juris Rn. 30 ff.; BeckOGK/Singhof, Stand 01.10.2023 § 327b AktG Rn. 9). Demgegenüber taugt der Stichtag (Tag der Hauptversammlung, hier der 18.12.2012) zur Ermittlung des Börsenwerts auch unter Einbeziehung eines Referenzzeitraums nicht, weil mit der Ankündigung einer Strukturmaßnahme an die Stelle der Markterwartung hinsichtlich der Entwicklung des Unternehmenswerts und damit des der Aktie innewohnenden Verkehrswerts die Markterwartung an die Abfindungshöhe tritt (BGH aaO Rn. 12). Zudem würde die Einbeziehung des Zeitraums ab Bekanntgabe der Abfindung Manipulationen des Börsenkurses nach unten z.B. durch Bekanntgabe eines bewusst zu niedrigen Abfindungsangebots erleichtern. Diese Nachteile eines auf den Tag der Hauptversammlung bezogenen Referenzzeitraums werden durch den Vorteil der zeitlichen Nähe nicht ausgeglichen, so dass zur Ermittlung des Verkehrswerts der Aktie auf den Zeitraum vor Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen ist (BGH aaO Rn. 25 unter Verweis auf die entsprechende Einschätzung des Verordnungsgebers in § 5 Abs. 1 WpÜG-AngebotsVO). Ein Referenzzeitraum von mehr als drei Monaten, insbesondere von mehr als sechs Monaten kommt dabei grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 12.03.2001 - II ZB 15/00, juris Rn. 35).
bb) Nach diesen Maßstäben ist – so zu Recht das Landgericht - der Börsenwert anhand des nach Umsatz gewichteten Durchschnittskurses der MAG-Aktie im Zeitraum vom 17.04.2012 bis zum 16.07.2012 zu ermitteln, also anhand des Drei-Monats-Zeitraums vor dem 17.07.2012.
Die Absicht der Verschmelzung und des Squeeze-out wurde erstmals mit Ad-hoc Mitteilung der div vom 17.07.2012 bekannt gegeben. Erst ab diesem Zeitpunkt war die Umsetzung des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre hinreichend wahrscheinlich, so dass davon auszugehen ist, dass in der Folge der Kurs in erster Linie von der Erwartung der Höhe der Barabfindung nach § 327b AktG geprägt war. Dass zuvor belastbare Informationen über einen beabsichtigten Squeeze-out bekannt gemacht wurden, ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern dargelegt.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass bereits ab dem 24.11.2011 nach den nachvollziehbaren und durch die Anlage 4 zum Gutachten veranschaulichten Ausführungen des Sachverständigen Fri. die Kursentwicklung der MAG-Aktie von der Aktienkursentwicklung der Vergleichsindizes der Versicherungsbrache (CXPI und SXIR) abgekoppelt war (Gutachten S. 13 ff.). An diesem Tag wurde die Grundsatzvereinbarung zwischen der U. (der bisherigen Mehrheitsaktionärin) und der div zum Anteilserwerb bekannt gegeben. Daher hält es der Sachverständige (Gutachten S. 22) für wahrscheinlich, dass ab diesem Tag der Kurs der MAG-Aktie, der sich bis dahin vergleichbar mit den Branchenindizes entwickelt hatte, von Spekulationen über die Höhe eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG und/oder die Höhe einer Barabfindung bei einem nachgelagerten Squeeze-out beeinflusst war.
Im Fall des Squeeze-out ist indes die für die Ausrichtung der Referenzperiode relevante Maßnahme der Ausschluss der Minderheitsaktionäre. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit muss die erstmals zu berücksichtigende Mitteilung dieser Maßnahme bestimmte Mindestkriterien erfüllen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2010 – 5 W 15/10, juris Rn. 34; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 449, 451). Gemäß dem Zweck der Ausrichtung der Referenzperiode an dem Zeitpunkt der erstmaligen Bekanntgabe ist entscheidend, dass der bekanntgegebenen Information aus der Sicht eines verständigen Anlegers ein nicht nur geringfügiges Kursbeeinflussungspotential zukommt. Maßgeblich ist, dass die Umsetzung der Strukturmaßnahme infolge der Bekanntgabe aus Sicht des Kapitalmarktes wahrscheinlich ist und deswegen im Kurs ihren Niederschlag erfährt. Dann ist davon auszugehen, dass der Kurs in erster Linie von Abfindungsspekulationen und weniger vom Wert des Unternehmens geprägt wird (Senat, Beschluss vom 22.06.2015 – 12a W 5/15, juris Rn. 29; OLG Frankfurt aaO Rn. 39; Großfeld/Egger/Tönnes, Unternehmensbewertung, 9. Aufl. Rn. 1175; Wasmann, ZGR 2011, 83, 90). Bloße Spekulationen über eine etwaige Squeeze-out Absicht nach Kontrollerlangung und eine ggf. dadurch bedingte Abkoppelung des Börsenkurses vom allgemeinen Markttrend oder von Branchenindizes genügen nicht (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.06.2014 – 1 W 18/13, juris Rn. 37 und 49; Bungert/Wettich, ZIP 2012, 449, 451). Hier war ab Bekanntgabe der Übernahmevereinbarung vom 24.11.2011 im Hinblick auf den Umfang des Aktienpakets der U. (91,68 %) ein nachgelagerter verschmelzungsrechtlicher Sqeeze-out, der nach § 62 Abs. 5 UmwG bereits ab einer Mehrheit von 90 % des Grundkapitals in der Hand der übernehmenden Gesellschaft (Hauptaktionär) möglich ist, zwar theoretisch denkbar, nicht aber hinreichend wahrscheinlich. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Markt eine Verschmelzung der MAG auf die div und einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out zu diesem Zeitpunkt bereits als wahrscheinlich angesehen hat, sind nicht ersichtlich. Dementsprechend war auch eine Beeinflussung des Kurses durch die Erwartung einer späteren Barabfindung nach § 327b AktG ab dem 24.11.2011 noch nicht naheliegend. Naheliegend ist vielmehr die Annahme, dass die nachfolgende Abkopplung der Kursentwicklung von den Branchenindizes auf die Erwartung eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG zurückzuführen ist.
Einer Ausrichtung der Referenzperiode für die Bemessung des Börsenkurses an diesen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Vereinbarung über den Anteilserwerb bedarf es auch zum Schutz der Aktionäre nicht. Die Gefahr einer Marktmanipulation, etwa durch Bekanntgabe eines zu niedrigen Abfindungsangebots bestand zu diesem Zeitpunkt nicht, da eine Abfindung nach § 327b AktG noch nicht im Raum stand. Dass bereits ab dem 24.11.2011 an die Stelle der Markterwartung hinsichtlich der Entwicklung des Unternehmenswertes und damit des der Aktie innewohnenden Verkehrswertes Spekulationen über die Höhe eines Pflichtangebots nach erfolgtem Mehrheitserwerb getreten sind, erfordert ebenfalls keine derart weitgehende Vorverlegung des Referenzzeitraums. Denn hier geht es um die Bemessung des Börsenkurses als Untergrenze der Barabfindung. Dabei ist zu gewährleisten, dass den Minderheitsaktionären das ersetzt wird, was sie ohne die zur Entschädigung verpflichtende Intervention des Hauptaktionärs oder die Strukturmaßnahme bei einem Verkauf des Papiers erlöst hätten (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, juris Rn. 63; BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, juris Rn. 21). Diese zur Entschädigung verpflichtende Intervention ist hier nicht der Mehrheitserwerb, sondern der zeitlich nachgelagerte Squeeze-out. Das wird vom Sachverständigen verkannt, soweit er vorschlägt, den Durchschnittsbörsenkurs an dem Zeitpunkt zu orientieren, in dem der Kurs noch nicht „von Spekulationen im Zuge der Mehrheitsübernahme beeinflusst“ war (Gutachten S. 22). Einer weiten Vorverlegung des Referenzzeitraums auf die Veröffentlichung von Maßnahmen, die einen späteren Squeeze-out in der Rückschau vorbereitet haben, steht auch entgegen, dass die angemessene Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft „im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung“ berücksichtigen muss (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG; BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, juris Rn. 69).
Sollte der Börsenkurs im auf die Bekanntgabe des Squeeze-out bezogenen Referenzzeitraum aus den dargelegten Gründen nicht die Markterwartung hinsichtlich der Entwicklung des Unternehmenswertes und damit nicht den „wahren Wert“ des Anteils widerspiegeln, könnte das allenfalls Anlass geben, den Börsenkurs hier nicht als Untergrenze der Abfindung anzusetzen und stattdessen ausschließlich den nach dem Ertragswertverfahren ermittelten – hier deutlich niedrigeren – Anteilswert (s.u. unter b) der gerichtlichen Schätzung zugrunde zu legen. Die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung des Verkehrswertes der Aktie als Untergrenze der Abfindung erfordert nicht die Vorverlegung des Referenzzeitraums auf den Zeitpunkt, in dem die Entwicklung des Kurses der Aktie zuletzt den Branchenindizes gefolgt ist, mit einer - gemäß der „Stollwerck“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, juris Rn. 29) - anschließenden Hochrechnung in Orientierung an den Branchenindizes. Art. 14 Abs. 1 GG fordert vielmehr, den Minderheitsaktionären das zu ersetzen, was sie ohne die zur Entschädigung verpflichtende Intervention des Hauptaktionärs oder die Strukturmaßnahme bei einem Verkauf des Papiers – hier also ohne den Squeeze-out - erlöst hätten, soweit dieser Betrag den Verkehrswert der Aktie widerspiegelt. Hier hätten die Aktionäre bei einem auf den Bewertungsstichtag (18.12.2012) bezogenen Verkauf ohne den Squeeze-out maximal den bereits durch die Grundsatzvereinbarung vom 24.11.2011 beeinflussten Börsenkurs der Aktie erhalten können. Die Frage, ob dieser Börsenkurs nicht dem Verkehrswert entspricht, mithin eine Unterschreitung in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, juris Rn. 66), kann im hiesigen Beschwerdeverfahren wegen des Verschlechterungsverbots (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2023 – II ZB 12/21, juris Rn. 25) offenbleiben.
Daher greift auch der Einwand des Antragstellers zu 58) nicht, bei der ad-hoc-Mitteilung der U. vom 16.04.2012 über den Verkauf ihrer Mehrheitsbeteiligung an den Versicherungsverbund der Con. handele es sich um eine Marktmanipulation, da hierin der Kaufpreis nicht mitgeteilt worden sei (AS I 1157 f.). Anhaltspunkte für die Annahme, dass seit dieser ad-hoc-Mitteilung der Markt einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out als wahrscheinlich angesehen hat, der Referenzzeitraum mithin an dieser Bekanntgabe auszurichten ist, sind nicht ersichtlich. Von der Entwicklung der Branchenindizes hatte sich die Kursentwicklung der MAG-Aktie schon zuvor abgekoppelt. Auf die Frage, ob seit dieser Abkoppelung der Aktienkurs der MAG-Aktie den Verkehrswert nicht mehr widerspiegelte, kommt es aus den dargelegten Gründen im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot nicht an.
Vor Nachteilen infolge der Übernahmevereinbarung vom 24.11.2011 waren die Aktionäre im Übrigen durch das Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG geschützt. Der Bieter (hier die div), der die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, muss den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anbieten (§ 39 i.V.m. § 31 Abs. 1 WpÜG), bei deren Bestimmung der gewichtete Durchschnittsbörsenkurs drei Monate vor Bekanntgabe der Kontrollerlangung (§ 5 Abs. 1 WpÜG-AngebotsVO) und darüber hinaus Preise berücksichtigt werden, die der Bieter sechs Monate vor Abgabe des Pflichtangebots gezahlt hat (§ 4 Satz 1 WpÜG-AngebotsVO). Die Minderheitsaktionäre, die sich nach einem Kontrollerwerb oder -wechsel dem (neuen) Kontrollaktionär gegenübersehen, erhalten durch diese Regelungen eine Austrittsmöglichkeit zu einer „fairen“, durch die Übernahme nicht nachteilig beeinflussten Gegenleistung, die dem Börsenkurs oder dem höchsten Vorerwerbspreis entspricht (Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktsrechts-Komm., 5. Aufl. § 31 WpÜG Rn. 2).
(2) Anhaltspunkte dafür, dass in dem danach maßgeblichen Referenzzeitraum vom 17.04.2012 bis 16.07.2012 nach den dargelegten Kriterien unter Berücksichtigung der Maßstäbe des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO eine Marktenge vorlag, sind nicht ersichtlich. In Anwendung von § 5 WpÜG-AngebotsVO wurde ein Durchschnittskurs in Höhe von 3,73 € für diesen Referenzzeitraum von der BaFin mitgeteilt (Anlage AG 1), die keinen Kurs übermittelt hätte, wenn die Mindestvoraussetzungen für die Ermittlung eines Durchschnittskurses nicht vorgelegen hätten (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, juris Rn. 39). Daher ist davon auszugehen, dass der Börsenkurs im Referenzzeitraum grundsätzlich geeignet ist, den Verkehrswert der MAG-Aktie widerzuspiegeln. Im Ergebnis kommt es hier auf diese Frage nicht an, da bei Unmaßgeblichkeit des Börsenwerts die Barabfindung anhand der Ertragswertmethode zu schätzen wäre, was zu einem Wert deutlich unter der von der Antragsgegnerin angebotenen Abfindung führen würde (s.u. unter b), und eine Verschlechterung zum Nachteil der Beschwerdeführer ausscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2023 – II ZB 12/21, juris Rn. 25).
cc) Der nach Umsatz gewichtete durchschnittliche Börsenkurs im Referenzzeitraum beläuft sich auf 3,73 €. Es bestehen keine Bedenken, diesen von der BaFin mitgeteilten, nach Umsatz gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs im Referenzzeitraum als Untergrenze der Barabfindung zugrunde zu legen, zumal der Sachverständige bei der Überprüfung auf Basis der Bloomberg-Daten zu demselben Ergebnis kommt.
Der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs nach § 5 Abs. 3 WpÜG-AngebotsVO ist nach dem Gesamtumsatz im Berechnungszeitraum dividiert durch die Gesamtzahl der umgesetzten Aktien zu berechnen (Beurskens/Oechsler in Beurskens/Ehricke/Ekkenga, WpÜG, 2. Aufl. § 31 WpÜG Rn. 26; Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl. § 31 WpÜG Rn. 16; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, WpÜG, § 31 Rn. 27). Dementsprechend ermittelt die BaFin die umsatzgewichteten Durchschnittskurse auf Basis des Volumens jedes einzelnen Handels im Referenzzeitraum (Gutachten S. 17). Berechnet wird auf Basis der Einzelgeschäfte der Gesamtumsatz im Referenzzeitraum, der wiederum durch die Stückzahl aller relevanten Geschäfte dividiert wird (vgl. https://www.bafin.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/Datenbanken/ db_Mindestpreise.html). Hier wurde von der BaFin ein volumengewichteter Durchschnittskurs im maßgeblichen Referenzzeitraum in Höhe von 3,73 € ermittelt und mitgeteilt (Anlage AG 1).
Dem entspricht im Ergebnis die Berechnung des Sachverständigen (Gutachten S. 9). Dieser hat die Berechnung der BaFin auf Basis der von Bloomberg mitgeteilten Daten für alle inländischen Handelsplätze überprüft. Aus der Anzahl der gehandelten Aktien und den entsprechenden Tagesschlusskursen hat der Sachverständige die durchschnittlichen Börsenkurse je Handelsplatz ermittelt und diese zu einem Gesamtdurchschnitt von 3,7296 € (gerundet 3,73 €) zusammengefasst.
Dass das Landgericht auf dieser Grundlage von einem durchschnittlichen nach Umsatz gewichteten Börsenkurs im Referenzzeitraum in Höhe von 3,73 € ausgegangen ist, begegnet keinen Bedenken. Im Rahmen des § 5 WpÜG-AngebotsVO ist für die Berechnung des Durchschnittswerts im Referenzzeitraum nicht auf die Tagesschlusskurse, sondern auf den Gesamtumsatz abzustellen, der durch die Gesamtzahl der gehandelten Aktien (137.542) zu dividieren ist. Entsprechend - also auf Basis des tatsächlichen Umsatzes der einzelnen Geschäfte (BaFin-Methode), nicht auf Basis der Tagesschlusskurse - ist grundsätzlich auch der als Untergrenze der Barabfindung nach § 327b AktG anzusetzende, nach Umsätzen gewichtete Börsenkurs im Referenzzeitraum zu berechnen (Senat, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, juris Rn. 31 und 36). Daher kann auf den von der BaFin mitgeteilten Wert abgestellt werden, der im Ergebnis durch die auf den Tagesschlusskursen basierende Berechnung des Sachverständigen bestätigt wurde. Zutreffend weist der Sachverständige darauf hin, dass die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der verschiedenen Rechenmethoden verschwindend gering sind (Gutachten S. 9 f.).
Ohne Erfolg wenden die Antragsteller zu 57) und 58) ein, dass die BaFin bei der Berechnung des Börsenwertes Freiverkehrskurse nicht berücksichtigt habe (AS II 48). Tatsächlich stellt die BaFin bei der Berechnung des gewichteten durchschnittlichen Börsenkurses nach § 5 Abs. 3 WpÜGAngebotsVO allein auf den regulierten Markt (inländische organisierte Märkte) ab (vgl. https://www.bafin.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/Datenbanken/db_Mindestpreise.html; Santelmann aaO). Die Frage, ob und unter welchen Umständen daneben oder stattdessen auch Freiverkehrskurse bei der Durchschnittsbildung berücksichtigt werden können oder zu berücksichtigen sind, wird uneinheitlich beurteilt (dagegen: Senat, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, juris Rn. 34; dafür: OLG Hamburg, Beschluss vom 07.09.2020 – 13 W 122/20, juris Rn. 26 ff. bei ausschließlichem Handel im Freiverkehr; Santelmann aaO; Ziemons in Ziemons/Binnewies, HdB AG, 93. Lieferung Rn. 12.1010: mit Verweis auf § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Auflage § 305 AktG Rn. 64; differenzierend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2015 – I-26 W 2/13, juris Rn. 34: Berücksichtigung, wenn der Handel überwiegend im Freiverkehr stattfand; OLG München, Beschluss vom 17.07.2014 – 31 Wx 407/13, juris Rn. 12 und Schnorbus in Schmidt/Lutter, AktG, 4./5. Aufl. § 327b Rn. 3a: Freiverkehr nur dann zu berücksichtigen, wenn preisrelevante Informationen in die Kursbildung eingeflossen sind;Holzborn/Lappe in Bürgers/Körber/Lieder, AktG § 327b Rn. 9: nur wenn Freiverkehr den Verkehrswert widerspiegelt;Koch, AktG, 18. Aufl. § 305 Rn. 41: jedenfalls der qualifizierte Freiverkehr ist zu berücksichtigen). Einer grundsätzlichen Entscheidung unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Angleichung des Freiverkehrs an den regulierten Markt (vgl. MünchKomm-AktG/van Rossum, 6. Aufl. § 305 Rn. 107) bedarf diese Frage hier nicht. Jedenfalls dann, wenn – wie hier – nach den Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO im regulierten Markt keine Marktenge besteht, bedarf es für die Durchschnittsbildung keiner (zusätzlichen) Berücksichtigung des Handels im Freiverkehr, so dass der von der BaFin mitgeteilte Wert als Untergrenze der Barabfindung zugrunde gelegt werden kann (Senat aaO; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2024 – 21 W 129/22, juris Rn. 47 ff.). Im Übrigen kommt die Berechnung durch den Sachverständigen Fri., die alle Transaktionen aller Handelsplätze, also insbesondere auch diejenigen im Freiverkehr, einbezogen hat (Gutachten S. 21), zu demselben Ergebnis wie die BaFin. Auch im Hinblick darauf bestehen keine Bedenken, den Börsenwert auf den von der BaFin mitgeteilten Wert zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO).
dd) Eine Hochrechnung des Börsenkurses auf den maßgeblichen Stichtag hat – so zu Recht das Landgericht – nicht zu erfolgen.
Die vom Bundesgerichtshof mit Grundsatzentscheidung vom 19.07.2010 (II ZB 18/09, juris Rn. 29 – „Stollwerck“) geforderte Hochrechnung dient dem Schutz der Minderheitsaktionäre davor, dass der mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ermittelte Börsenwert zugunsten des Hauptaktionärs fixiert wird, ohne dass die angekündigte Maßnahme umgesetzt wird, und die Aktionäre von einer positiven Börsenentwicklung ausgeschlossen werden (BGH aaO). Daher hat eine Hochrechnung entsprechend der allgemeinen oder branchentypischen Wertentwicklung zu erfolgen, wenn zwischen der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme als dem Ende des Referenzzeitraums und dem Tag der Hauptversammlung ein längerer Zeitraum verstreicht und die Entwicklung der Börsenkurse eine Anpassung geboten erscheinen lässt (BGH aaO). Ein längerer Zeitraum in diesem Sinne liegt jedenfalls dann vor, wenn zwischen der Ankündigung und dem Stichtag 7 ½ Monate liegen (BGH aaO Rn. 30).
Daran gemessen bedarf es hier keiner Hochrechnung, da zwischen der Bekanntgabe des Squeeze-out am 17.07.2012 und der Hauptversammlung am 18.12.2012 nur 5 Monate lagen. Dabei handelt es sich nicht um einen längeren Zeitraum im Sinne der „Stollwerck“-Entscheidung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Hochrechnung die Ausnahme bleiben muss, da sie den Aktionär lediglich vor einem Missbrauch der mit der Bekanntgabe verbundenen Gestaltungsmöglichkeit durch den Mehrheitsaktionär schützen soll (OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Januar 2011 – 20 W 3/09, juris Rn. 90; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.08.2020 – 21 W 59/19, juris Rn. 23; Schnorbus in Schmidt/Lutter, AktG, 4./5. Aufl. § 327b Rn. 5a). Im Hinblick darauf ist eine Hochrechnung nicht geboten, wenn die Maßnahme innerhalb eines normalen oder üblichen Fahrplans durchgeführt wurde. Normal oder üblich ist angesichts des Aufwands für Bewertungsgutachten, Prüfung der Angemessenheit und Vorbereitung der Hauptversammlung nach allgemeiner Auffassung jedenfalls ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (OLG Stuttgart aaO Rn. 91; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.06.2014 – 1 W 18/13, juris Rn. 43 ff.: bis zu 7 Monate kein längerer Zeitraum; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.08.2020 – 21 W 59/19, juris Rn. 23: üblich sind jedenfalls 4-5 Monate; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2024 – 21 W 129/22, juris Rn. 54: keine Hochrechnung bei einem Zeitraum von 4,5 Monaten; MünchKomm-AktG/van Rossum, 6. Aufl. § 305 Rn. 106: bis zu 6 Monate; weitergehend Bungert/Wettich, ZIP 2012, 449, 451 f.: bis zu 7-7 1/2 Monate; ebenso Bungert/Becker, DB 2021, 940, 941 f.).
Da hier mangels eines längeren Zeitraums zwischen Bekanntgabe und Beschlussfassung eine Missbrauchsgefahr nicht besteht, kommt es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auf das Ausmaß der Abweichung des Börsenkurses der MAG-Aktie von den Branchenindizes nicht an. Nur wenn ein längerer Zeitraum zwischen Bekanntgabe der Maßnahme und dem Bewertungsstichtag liegt, stellt sich die Frage, ob eine Hochrechnung im Hinblick auf die Entwicklung der Branchenindizes geboten ist. Dass sich die branchentypischen Indizes bis zum Stichtag deutlich positiver entwickelt haben als die MAG-Aktie, ist daher ohne Belang.
Im Übrigen kommt hier eine Hochrechnung auch deshalb nicht in Betracht, weil sich der Börsenkurs der MAG-Aktie spätestens ab der Grundsatzvereinbarung zum Anteilserwerb vom 24.11.2011, also lange vor der Bekanntgabe des Squeeze-out von der Entwicklung der Branchenindizes (CXPI und SXIR) abgekoppelt hatte (s.o. unter bb), was sich eindrucksvoll aus der vom Sachverständigen erstellten grafischen Gegenüberstellung der Kursentwicklung (Anlage 4 zum Gutachten Fri.) ergibt. In diesem Fall ist eine Hochrechnung nicht geboten, da sie nicht zu einer realistischen Einschätzung des hypothetischen Börsenwerts am Bewertungsstichtag führen würde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.08.2020 – 21 W 59/19, juris Rn. 28-35; OLG Saarbrücken aaO Rn. 49; van Rossum aaO).
ee) Eine Verzinsung des Börsenwerts bis zum Bewertungsstichtag scheidet entgegen der Auffassung der Antragsteller zu 57) und 58) (AS II 46 ff.) aus. § 327b Abs. 2 AktG sieht eine Verzinsungspflicht erst ab der Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister vor; darüber hinaus sind Zinsen bei der Ermittlung des Verkehrswerts der Aktie nicht zu berücksichtigen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Januar 2011 – 20 W 3/09, juris Rn. 94; Beschluss vom 04.05.2011 – 20 W 11/08, juris Rn. 99). Erst mit Eintragung des Übertragungsbeschlusses entsteht der Anspruch auf die Barabfindung (Schnorbus in Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl. § 327b Rn. 19). Mangels einer Verpflichtung des Hauptaktionärs zur Zahlung der Barabfindung vor dem Bewertungsstichtag, besteht die von den Beschwerdeführern geltend gemachte „Verzinsungslücke“ im Zeitraum zwischen Bekanntgabe des Squeeze-out-Verlangens und dem Tag der Hauptversammlung nicht. Eine Verzinsung anhand des Verzugszinssatzes wäre auch deshalb systemwidrig, da der für den Referenzzeitraum ermittelte Börsenkurs den Verkehrswert der Aktie zum Bewertungsstichtag (18.12.2012) widerspiegelt und aus diesem Grund die Untergrenze der Barabfindung bildet. Bedarf es einer Hochrechnung des Börsenkurses anhand der Marktentwicklung wegen hinreichender zeitlicher Nähe des Referenzzeitraums zum Stichtag nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2011 – II ZB 2/10, juris Rn. 8), kommt eine Verzinsung, die keinen Bezug zur Entwicklung des Verkehrswerts der Aktie bis zum Bewertungsstichtag aufweist, erst Recht nicht in Betracht.
ff) Die von der Con. an die U. gezahlten Vorerwerbspreise sind für die Barabfindung nach § 327b AktG nicht relevant (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, juris Rn. 57 ff. – „DAT/Altana“; BGH, Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, juris Rn. 31 – „Stollwerck“). Die Berücksichtigung von Vorerwerben ist in § 327b AktG, anders als im Übernahmerecht nach § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, nicht vorgesehen. Eine Berücksichtigung ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, da der Preis, den ein Bieter bzw. Mehrheitsaktionär zur Kontrollerlangung bzw. Verstärkung der Kontrolle zu zahlen bereit ist, zu dem „wahren“ Wert und zum Verkehrswert des Anteilseigentums in der Hand des Minderheitsaktionärs regelmäßig keinen Bezug hat. Vielmehr kommt in diesem Preis der Grenznutzen zum Ausdruck, den der Mehrheitsaktionär bzw. der Bieter aus den erworbenen Aktien – hier im Wege der Kontrollerlangung und anschließenden Verschmelzung - ziehen kann (BVerfG aaO Rn. 58 f.). Für eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG besteht bereits aus diesem Grund kein Anlass (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2024 – 21 W 129/22, juris Rn. 137). Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.02.2023 (II ZB 12/21), die die marktorientierte Methode unter Rückgriff auf den Börsenkurs als für die Schätzung des Werts der Beteiligung grundsätzlich geeignet ansieht (juris Rn. 18 ff.), folgt - entgegen der Auffassung des Antragstellers zu 9) - nichts anderes. Auch nach dieser Entscheidung beruht die Berücksichtigung des Börsenwerts auf der Annahme, dass die Marktteilnehmer auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewerten und sich diese Marktbewertung im Börsenkurs niederschlägt (aaO Rn. 20 und 45). Maßgeblich für den Börsenwert ist daher der Handel der Minderheitsaktionäre im Free Float, nicht der Vorerwerb durch den Hauptaktionär, in dessen Preis nicht die allgemeine Marktbewertung, sondern der Grenznutzen für den Hauptaktionär aus der Kontrollerlangung bzw. -verstärkung zum Ausdruck kommt. Ein Anlass, weitere Ermittlungen zur Höhe des durch die Con. gezahlten Kaufpreises anzustellen, besteht bereits aus diesem Grund nicht.
Auch aus der von mehreren Antragstellern zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss vom 13.09.2021 – 21 W 38/15, juris) ergibt sich nichts Anderes. Hierin wurde ausnahmsweise unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles der Wert des Unternehmens anhand eines Vorerwerbspreises geschätzt, da der Kaufpreis des letzten außerbörslichen Erwerbs durch eine Schätzung des Unternehmenswertes anhand der Ertragswertmethode nahezu vollständig bestätigt wurde (aaO Rn. 34 ff.). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die den Grundsatz, dass Vorerwerbspreise für die Bemessung der angemessenen Abfindung bei einem Squeeze-out keine Rolle spielen, nicht in Frage stellt (aaO Rn. 32).
Im Übrigen hat der Sachverständige die Angebotsunterlage für das Pflichtangebot der div nach § 35 Abs. 2 WpÜG – hier von der Antragsgegnerin als Anlage AG 2 vorgelegt - eingesehen, in der die Daten über die Kontrollerlangung bezüglich Terminen, erworbenen Stücken und Kaufpreis ausführlich dargelegt sind (Gutachten S. 23 f.). Danach beläuft sich der Preis aus der Transaktion zur Kontrollerlangung auf 3,57 €/Aktie und aus den weiteren Vorerwerben auf 3,54 €/Aktie. Bei der Berechnung des Preises aus der Transaktion zur Kontrollerlangung wurde vorsorglich (zugunsten der Minderheitsaktionäre) zum gezahlten Kaufpreis für das Aktienpaket der für die Übernahme weiterer Verpflichtungen der U. durch die Con. gezahlte Betrag von 1.000.000 € addiert (Anlage AG 2 S. 20). Aus dem Gesamtbetrag von 206.583.000 € errechnet sich bei einer Stückzahl von 57.833.230 erworbenen Aktien der Betrag von (gerundet) 3,57 € je Aktie. Die Abfindung von 3,73 € liegt damit deutlich über diesem höchsten Vorerwerbspreis und knapp über dem (anfänglichen, nach §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO als Drei-Monats-Durchschnittskurs vor der Veröffentlichung der Kontrollerlangung berechneten) Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 WpÜG von 3,70 € (Anlage AG 2 am Ende). Konkrete Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Daten in der Angebotsunterlage zu zweifeln, hatte der Sachverständige nicht; auch für den Senat sind solche nicht erkennbar. Aus den oben dargelegten Gründen kommt es hierauf indes im Ergebnis nicht an.
b) Unternehmenswert
Die Ermittlung des Unternehmenswerts nach dem Ertragswertverfahren ergibt, so zutreffend das Landgericht, keinen über dem Börsenwert liegenden Anteilswert.
aa) Zu Recht hat das Landgericht die Planung und die darauf basierendeErmittlung der zu kapitalisierenden Ergebnisse als plausibel bewertet. Anhaltspunkte für eine in wesentlichen Aspekten unplausible Planung sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Fri. nicht zu erkennen.
Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen den für die Bewertung gewählten „sum-of-the-parts“-Ansatz, d.h. die Ermittlung von vier separaten Unternehmenswerten für die drei Tochtergesellschaften und die Holdinggesellschaft MAG. Dieses „Vielheitskonzept“, bei dem jedes Konzernunternehmen bzw. jeder Geschäftsbereich einzeln und isoliert bewertet wird und bei dem sich der Wert des Gesamtkonzerns durch Addition dieser Einzelwerte ergibt, ist nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Sachverständigen im Hinblick auf die unterschiedlichen Versicherungssparten der MAG-Gruppe zweckmäßig und nicht zu beanstanden (Gutachten S. 33).
Gleiches gilt für die Berücksichtigung eines „Normalisierungsjahres“ 2017 zur Überleitung der Detailplanung für die Jahre 2012 bis 2016 zum nachhaltigen Ergebnis ab 2018 (ewige Rente). Wie der Sachverständige überzeugend erläutert, setzt der Ansatz eines konstanten, nachhaltigen Ergebnisses als ewige Rente voraus, dass plausibel von konstanten Verhältnissen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ausgegangen werden kann. Hier ist es nachvollziehbar, dass für bestimmte Sachverhalte - insbesondere betreffend die versicherungstechnischen Rückstellungen - zum Ende der Detailplanungsphase noch kein „Gleichgewichts- oder Beharrungszustand“ unterstellt werden konnte (Gutachten S. 41 f. und 57).
Auch im Übrigen hat sich der Sachverständige ausführlich mit den Einwendungen der Antragsteller gegen die Planannahmen befasst und diese mit fundierten und überzeugenden Begründungen entkräftet. Als nicht plausibel hat der Sachverständige allein die temporäre Erhöhung der PKV-Schadensquote zu Beginn der Planungsrechnung für die MKV bewertet, während der mittelfristige Planansatz nicht zu pessimistisch sei. Eine Korrektur des unplausiblen Anstiegs der Schadensquote zu Beginn der Planungsrechnung führe zu einer Erhöhung des Ertragswerts der MKV um rund 2,4 Mio. €, was im Gesamtkontext der Bewertung der MAG-Gruppe von untergeordneter Bedeutung sei (Gutachten S. 46 und 57 f.). Diese Einschätzung ist nachvollziehbar. Eine Erhöhung des Gesamtunternehmenswerts von 110,671 Mio. € (vgl. Übertragungsbericht S. 131 f.) um 2,4 Mio. € würde bei 63.080.000 Stückaktien zu einem Unternehmenswert pro Aktie von 1,79 € (gegenüber 1,75 € gemäß Übertragungsbericht S. 132) führen, der immer noch deutlich unter dem als Abfindung angebotenen Börsenwert liegen würde.
Der pauschale Einwand der Antragsteller zu 2), 3), 14), 40-42), die vorgelegten Planungen seien ersichtlich zu Lasten der Minderheitsaktionäre gestaltet, die sinkenden Ertragsaussichten der Gesellschaft seien nicht plausibel (AS II 35), verfängt nicht. Soweit die Antragsteller gelten machen, nach ihrer Überzeugung seien auch zukünftig in der Versicherungsbranche „nachhaltig auskömmliche Margen“ zu erzielen, steht dies nicht im Widerspruch zu der im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Planung und der Einschätzung des Sachverständigen. So hat der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ertragsaussichten im Planungshorizont nicht sinkend geplant sind. Insbesondere für die MVG steigt in der angepassten Planung das Ergebnis vor Steuern von 10,9 Mio. € im Plan 2012 auf 16,5 Mio. € im nachhaltigen Ergebnis für die ewige Rente (Übertragungsbericht S. 98 und Gutachten S. 39). Gleiches gilt für die Ertragsaussichten der MKV (Übertragungsbericht S. 111) und der maLV (Übertragungsbericht S. 121), die sowohl im Zeitraum 2012 bis 2016 als auch unter Einbeziehung des nachhaltigen Ergebnisses jeweils steigend geplant sind.
Die Einschätzung des Sachverständigen wird bestätigt durch den Plan/Ist-Vergleich für das Jahr 2012 (Gutachten Fri. S. 56). Dieser deutet darauf hin, dass die Planung für das Jahr 2012 sowohl hinsichtlich der MVG als auch im Gesamtergebnis eher optimistisch und damit für die Antragsteller günstig war. Nur bei der MKV war das Ergebnis tatsächlich deutlich besser als geplant, was der Sachverständige nachvollziehbar auf die oben angesprochene - im Gesamtkontext der Bewertung der MAG-Gruppe unwesentliche - überhöhe Schadensquote im Planansatz zurückführt.
Ergänzend wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen, denen sich der Senat anschließt.
bb) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Berechnung des Ertragswerts aus den zu kapitalisierenden Ergebnissen der bereits im Übertragungsbericht (S. 85) für die MAG und die Tochtergesellschaften angenommene und durch den Sachverständigen Fri. bestätigte Kapitalisierungszinssatz (6,66 % für die MAG, 5,88 % für die MVG, 7,21 % für die MKV und die maLV) zugrunde zu legen ist.
Die den Antragstellern zukünftig zufließenden Erträge des betriebsnotwendigen Vermögens sind um den Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren, um ihren Barwert zu erhalten. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich aus einem risikolosen Basiszinssatz sowie einem Risikozuschlag zusammen. Für die der Detailplanung nachgelagerte Phase der ewigen Rente ist ein Wachstumsabschlag zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, juris Rn. 60 m.w.N.).
(1) Basiszins
Der Basiszinssatz ist hier - den Berechnungen im Übertragungsbericht (S. 75) und im Gutachten des Sachverständigen (S. 64) entsprechend – einheitlich mit 2,25 % (vor Steuern) anzusetzen.
Für den Basiszinssatz ist die aus Sicht des Bewertungsstichtags auf Dauer zu erzielende Verzinsung maßgeblich (Senat, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, juris Rn. 68). Allgemein anerkannt ist die Ableitung laufzeitkongruenter Basiszinsfüße aus der aktuellen Zinsstrukturkurve für Staatsanleihen (Senat aaO; Großfeld/Egger/Tönnes, Unternehmensbewertung, 9. Aufl. Rn. 594 und 621).
In Anwendung dieser üblichen und anerkannten Methode hat der Sachverständige die Berechnungen der Antragsgegnerin im Übertragungsbericht (S. 75) für die Monate Juli bis September 2012 nachvollzogen und bestätigt (Gutachten S. 63). Darüber hinaus hat er auf Basis der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichen Zinsstrukturkurven eigene Berechnungen sowohl für den Drei-Monats-Zeitraum vor dem 18.12.2012 als auch (ohne Verwendung eines Drei-Monats-Durchschnitts) zum 17.12.2012 - also vertretbar bezogen auf den Bewertungsstichtag (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – I-26 W 2/10, juris Rn. 55; OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.11.2020 - 21 W 76/19, juris Rn. 48; Beschluss vom 29.01.2016 – 21 W 70/15, juris Rn. 57; Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. Rn. 12.70) - angestellt, die ebenfalls im Wege der kaufmännischen Rundung (hier Abrundung) einen Basiszins von 2,25 % ergeben haben (Gutachten S. 63 f.).
Der Einwand des Antragstellers zu 58), der Basiszins aus der ewigen Rente könne nicht auf die konkreten einzelnen Planjahre übertragen werden (AS I 1158 f.), greift nicht. Im Basiszins kommt die Rendite einer laufzeitäquivalenten, risikofreien Alternativanlage zum Ausdruck. Geht es – wie hier - um die Bewertung des Ertrags eines Unternehmens mit unbegrenzter Laufzeit, wird gemäß der Forderung nach Laufzeitäquivalenz ein einheitlicher Basiszinssatz mit möglichst langer Laufzeit verwendet (Böcking/Nowak in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 4. Aufl. Teil 2 § 4 Rn. 4.41; Lenckner/Müller in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 10. Aufl. Kap. 3 Rn. 3.397). Dementsprechend hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass die Einbeziehung von Zinssätzen für Restlaufzeiten größer als 10 Jahre bei der Ermittlung des Basiszinssatzes richtig und notwendig ist, da die zu diskontierenden Zahlungsströme im Rahmen der ewigen Rente ebenfalls ohne zeitliche Begrenzung angesetzt werden (Gutachten S. 64). Die Anwendung dieses einheitlichen Wertes auch für die Detailplanungsphase ist zwar nicht zwingend, aber aus Praktikabilitätsgründen zweckmäßig und als Basis für die Schätzung eines realistischen Unternehmenswertes mindestens vertretbar (OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.06.2013 – 20 W 6/10, juris Rn. 195; OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.11.2020 - 21 W 76/19, juris Rn. 50; Beschluss vom 05.12.2013 – 21 W 36/12, juris Rn. 69; Beschluss vom 18.12.2014 – 21 W 34/12, juris Rn. 72; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2017 - I-26 W 8/15, juris Rn. 54; Beschluss vom 08.07.2021 - I-26 W 10/20, juris Rn. 52).
Die kaufmännische Rundung des Basiszinssatzes, die sich hier im Wege der Abrundung zugunsten der Antragsteller auswirkt, ist nicht zu beanstanden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, juris Rn. 80; OLG München, Beschluss vom 06.08.2019 – 31 Wx 340/17, juris Rn. 49 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2021 – I-26 W 10/20, juris Rn. 52 f.).
(2) Risikozuschlag
(a) Der Basiszinssatz ist um einen Risikozuschlag zu erhöhen, da bei der Investition in ein Unternehmen im Gegensatz zur Anlage in öffentlichen Anleihen die Risiken der unternehmerischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Der Risikozuschlag soll dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Kapitalanlage in einem Unternehmen regelmäßig mit höheren Risiken verbunden ist, deren Übernahme sich die Marktteilnehmer durch eine Risikoprämie abgelten lassen (Senat, Beschluss vom 15.11.2012 – 12 W 66/06, juris Rn. 151; Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, juris Rn. 73).
Die beiden Modellparameter, die nach dem CAPM (Capital Asset Pricing Modell) zur Berechnung der Höhe des Risikozuschlags benötigt werden, sind die Marktrisikoprämie sowie der Betafaktor (Senat, Beschluss vom 15.11.2012 – 12 W 66/06, juris Rn. 152; Gutachten Rn. 242), wobei der Beta-Faktor das Maß für die Höhe des unternehmensindividuellen Risikos im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios ist. Der CAPM wird mittlerweile in der Regel um den steuerrechtlichen Aspekt erweitert und findet als Tax-CAPM Anwendung, das im Vergleich zum CAPM durch die Berücksichtigung der Wirkung persönlicher Ertragssteuern eine realitätsnähere Erklärung der empirisch beobachtbaren Aktienrenditen bietet. Die Anwendung des Tax-CAPM als Grundlage der am Marktwert orientierten Schätzung des Unternehmenswertes ist nicht zu beanstanden (Senat, Beschluss vom 30.04.2013 – 12 W 5/12, juris Rn. 46; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.07.2014 – 20 W 3/12, juris Rn. 107; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2022 - I-26 W 3/21, juris Rn. 43 f.; OLG München, Beschluss vom 14.12.2021 – 31 Wx 190/20, juris Rn. 82; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.04.2021 – 21 W 139/19, juris Rn. 31) und wird von den Beschwerdeführern nicht gerügt.
(b)Entsprechend der Einschätzung des Sachverständigen ist, so zu Recht das Landgericht, unter Anwendung der Grundsätze des Tax-CAPMund Berücksichtigung der Empfehlungen des Fachausschusses für Unternehmensbewertung (FAUB) des IDW die im Übertragungsbericht angesetzte Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern in Höhe von 5,5 % als angemessen zu beurteilen.
Im Übertragungsbericht (S. 76 f.) wurde der Mittelwert der vom FAUB in der Veröffentlichung vom 19.09.2012 (Anlage AG 10) unter Berücksichtigung der Finanzmarktkrise empfohlenen Bandbreite von 5,0 % bis 6,0 % verwendet. Mit dieser Veröffentlichung wurde die – infolge der damals aktuellen Finanzmarktkrise und Kapitalmarktsituation – gestiegene Unsicherheit an den Kapitalmärkten und die damit einhergehende veränderte Risikotoleranz berücksichtigt, so dass im Vergleich zu den Vorjahren nach Empfehlung des FAUB höhere Marktrisikoprämien anzusetzen waren. Nach Einschätzung des Sachverständigen sind die Erwägungen und Methoden des FAUB mangels einheitlicher Auffassung über den „richtigen“ Weg zur Ermittlung der „wahren“ Marktrisikoprämie nicht zwingend, aber nachvollziehbar und plausibel (Gutachten S. 80). Unter ausführlicher Darstellung und Auswertung späterer Fachartikel von Mitgliedern des FAUB aus den Jahren 2013 und 2018 und der darin mitgeteilten Analysen hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, dass die vom FAUB im September 2012 empfohlene Erhöhung der Marktrisikoprämie durch die unterschiedlichen Untersuchungen bestätigt werden, die sich nicht nur auf historische Analysen stützen, sondern einen Methodenpluralismus mit Betrachtung verschiedener Ansätze beinhalten.
Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Durchgreifende Einwendungen gegen die angesetzte Marktrisikoprämie werden mit den Beschwerden nicht vorgebracht. Der Einwand des Antragstellers zu 58), es gebe in der Nachschau keine tragfähige oder empirisch belegte Begründung für die vom FAUB empfohlenen Marktrisikoprämien (AS I 1159 ff.), steht einer Zugrundelegung des Mittelwerts von 5,50 % nicht entgegen. Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion andauert, kann die Marktrisikoprämie stets nur eine mit Zweifeln behaftete Schätzung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, BGHZ 207, 114, juris Rn. 49; Senat, Beschluss vom 18.05.2016 - 12a W 2/15, juris Rn. 68). Dem Gericht obliegt es nicht, im Rahmen seiner eigenen Schätzung des anteiligen Unternehmenswertes, umfassende wissenschaftliche Studien zu der Höhe der Marktrisikoprämie als einer letztlich ohnehin nicht zweifelsfrei ermittelbaren Größe durchzuführen, wenn der Verband der Wirtschaftsprüfer und damit der maßgeblichen Experten auf dem fraglichen Gebiet eine Bandbreite bekannt gibt, die zwar gegebenenfalls diskussionswürdig, aber zumindest nicht abwegig erscheint (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2017 – 21 W 37/12, juris Rn. 108). Die Orientierung der Marktrisikoprämie an den Empfehlungen des FAUB ist in der spruchverfahrensrechtlichen Rechtsprechung als vertretbare Schätzgrundlage anerkannt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.03.2021 – 20 W 8/20, juris Rn. 66; OLG München, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16, juris Rn. 46; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2018 – I-26 W 4/16 (AktE), juris Rn. 46; Beschluss vom 09.05.2022 - I-26 W 3/21, juris Rn. 31; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2016 – 21 W 75/15, juris Rn. 76).
Im Übrigen kommt dieser Frage hier keine entscheidende Bedeutung zu. Die Verwendung einer Marktrisikoprämie von nur 4,50 %, d.h. entsprechend dem vom FAUB ab 01.01.2009 (vor der Veröffentlichung aus September 2012) empfohlenen Mittelwert (vgl. Gutachten S. 69), würde den Unternehmenswert der MAG-Gruppe auf ca. 137,2 Mio € erhöhen, was einem Anteilswert von 2,17 € entspricht. Dieser liegt immer noch deutlich unter der angebotenen, auf dem durchschnittlichen Börsenkurs beruhenden Abfindung von 3,73 € (Gutachten S. 80).
(c)Auch gegen die im Übertragungsbericht (S. 83) angesetzten Beta-Faktoren von 1,10 für die MKV und die maLV (Bereich „Leben“), von 0,95 für die MVK (Bereich „Komposite“) und 1,00 für die MAG bestehen – wie vom Landgericht angenommen – keine Bedenken.
Der Betafaktor drückt die spezielle (unternehmens- und branchenspezifische) Risikostruktur des zu bewertenden Unternehmens im Verhältnis zum durchschnittlichen Risiko des Marktes (der Marktrisikoprämie) aus. Damit ist der Betafaktor kein empirisch feststellbarer Vergangenheitswert, sondern ein durch Schätzung zu ermittelnder Zukunftswert. Der historische Verlauf des Börsenkurses der zu bewertenden Aktie selbst kann allenfalls Grundlage für die Schätzung des Betafaktors sein, ebenso wie derjenige einer Peer-Group oder auch allgemeine Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios (Senat, Beschluss vom 18.05.2016 – 12a W 2/15, juris Rn. 71).
Hier ist es gemäß den überzeugenden Erläuterungen des Sachverständigen (Gutachten S. 85-88) nicht zu beanstanden, dass im Übertragungsbericht - gebilligt durch den Angemessenheitsprüfer - nicht der eigene Beta-Faktor der MAG angewendet wurde. Anders als der Antragsteller zu 58) meint, ist die Nichtanwendung des Beta-Faktors der MAG plausibel. Der Sachverständige hat nachvollziehbar deutliche Hinweise darauf erkannt, dass der Beta-Faktor der MAG nicht aussagekräftig ist, d.h. die operative Risikosituation des Unternehmens nicht abbildet. Denn dieser liegt deutlich unter den Beta-Faktoren der Branchenindizes, obwohl ökonomisch kein Grund ersichtlich ist, weshalb die MAG ein deutlich geringeres Risiko im Vergleich zum breiten Markt und zur Branche haben soll. Zudem bestehen Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Liquidität. Dabei wird nicht verkannt, dass die Aktien der MAG an mehr als 3/4 der Handelstage tatsächlich gehandelt wurden, mithin die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO nicht vorliegen (vgl. Gutachten S. 87). Auf eine eingeschränkte Liquidität im Handel mit MAG-Aktien deutet indes der hohe Bid-Ask-Spread von rund 3,1 % bis 4,2 % hin. Bei einer deutlich über 2 % liegenden Geld-Brief-Spanne bestehen erhebliche Zweifel an der Liquidität der Aktie (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, juris Rn. 34).
Daher wurde folgerichtig auf Betafaktoren börsennotierter Vergleichsunternehmen (Peer-Group) zurückgegriffen (vgl. Senat, Beschluss vom 18.05.2016 – 12a W 2/15, juris Rn. 72). Laut Ausführungen im Gutachten des Sachverständigen (S. 94) ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die im Übertragungsbericht angesetzten Beta-Faktoren aus zwei Gruppen von Vergleichsunternehmen – MKV und maLV aus dem Bereich „Leben“ mit 1,10 und MVG aus dem Bereich „Komposite“ mit 0,95 sowie MAG als Holding mit 1,00 – außerhalb einer angemessenen und plausiblen Bandbreite liegen könnten. Die Berechnungen der Antragsgegnerin hat der Sachverständige nachvollzogen und mit eigenen Berechnungsvarianten, bei denen er u.a. die als kritisch bewertete Verwendung des „adjusted Beta“ korrigiert und stattdessen Raw Betas ohne weitere Anpassungen ermittelt hat, plausibilisiert.
Unter Berücksichtigung dieser überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die von den Beschwerdeführern nicht konkret angegriffen werden, sind die im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Beta-Faktoren nicht zu beanstanden.
(d) Im Ergebnis ist der Risikozuschlag hier im Wege der Schätzung mit 5,50 % für die MAG, 5,23 % (5,50 % x 0,95) für die MVG und 6,05 % (5,50 % x 1,10) für die MKV und die maLV anzusetzen (§ 287 Abs. 2 ZPO).
(3) Wachstumsabschlag
Soweit die Beschwerdeführer meinen, die für die Phase der ewigen Rente angesetzten Wachstumsabschläge seien zu niedrig (AS I 1167, II 21, 35), kann dem nicht gefolgt werden. Die vom Sachverständigen und vom Landgericht angenommenen Wachstumsabschläge von 1,0 % für die MVG und von jeweils 0,5 % für die MAG, die MKV und die maLV sind nicht zu beanstanden und werden auch vom Senat der nach § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmenden Schätzung zugrunde gelegt.
(a) Der Wachstumsabschlag berücksichtigt bei der Unternehmensbewertung für die Phase II (ewige Rente) das im langfristigen Durchschnitt erwartete Gewinnwachstum. Die Höhe des Wachstumsabschlags bringt zum Ausdruck, welches Wachstum für das betrachtete Unternehmen zu erwarten ist. Dies bedeutet nicht, dass der Wachstumsabschlag notwendig der erwarteten Inflationsrate entsprechen muss. Er richtet sich vielmehr danach, inwieweit das Unternehmen nachhaltig in der Lage ist, die in seinem Fall erwarteten - nicht notwendig mit der Inflationsrate identischen - Preissteigerungen auf der Beschaffungsseite (z.B. Materialkosten, Personalkosten) durch entsprechende Preissteigerungen an seine Kunden weiterzugeben oder durch Effizienzsteigerungen zu kompensieren (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11, juris Rn. 433). Ob danach ein künftiges Wachstumspotential besteht, ist damit eine Frage aller Umstände des Einzelfalls. Einflussfaktoren sind die langfristige Markt- und Branchenentwicklung, die zu erwartenden Veränderungen der Wettbewerbssituation oder mögliche regulatorische Änderungen (Senat, Beschluss vom 30.04.2013 – 12 W 5/12, juris Rn. 54).
(b) Hier wurde im Übertragungsbericht der Ansatz des niedrigeren Wachstumsabschlags für die MAG, die MKV und die maLV von jeweils 0,5 % damit begründet, dass im Detailplanungszeitraum im Vergleich zur Branche ein sehr hohes Wachstum geplant worden sei, das in einer von zunehmendem Wettbewerbs- und Preisdruck gekennzeichneten Branche nachhaltig nicht erwirtschaftet werden könne. Demgegenüber entspreche bei der MVG die Wachstumsrate im Detailplanungszeitraum der erwarteten Sektorenentwicklung. Bei der MAG basiere die Wachstumsrate auf ihrer Holdingfunktion und dem Wachstum der Töchter (Übertragungsbericht S. 84 f.). Diese Werte wurden im Bericht von Rö. AG unter Berücksichtigung der allgemeinen Wachstumserwartung in der Versicherungsbranche und der Wettbewerbsintensität im Versicherungsmarkt als angemessen bewertet.
Nach Auffassung des Sachverständigen liegen diese Wachstumsabschläge innerhalb einer plausiblen Bandbreite. Nachvollziehbar hat er darauf verwiesen, dass die durchschnittlichen Gewinnsteigerungen deutscher Unternehmen in der Vergangenheit immer unter der Inflationsrate lagen; die Gewinnwachstumsrate habe vergleichsweise konstant bei rund 45 % der Inflationsrate gelegen. Nach diesen Erkenntnissen ergebe sich bei einer erwarteten langfristigen Inflationsrate von 1,5 % bis 2,0 % ein Wachstumsabschlag von 0,7 bis 0,9 % im gesamten Durchschnitt der deutschen Industrie. Unter Berücksichtigung des Markt- und Wettbewerbsumfelds der Gesellschaften im Bewertungszeitraum liege der Ansatz eines Wachstumsabschlags von 0,5 % bzw. 1,0 %, also geringfügig unter bzw. über der Bandbreite des erwarteten Gesamtdurchschnitts der deutschen Industrie in einem plausiblen Bereich und sei nicht zu beanstanden (Gutachten S. 97).
Dieser überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen schließt sich der Senat an. Die Auffassung der Beschwerdeführer, der Wachstumsabschlag dürfe nicht deutlich unter der erwarteten Inflationsrate liegen, ist im Hinblick auf die vom Sachverständigen erläuterten Durchschnittswerte der deutschen Industrie bereits im Ansatz unzutreffend.
(4) Im Ergebnis sind die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die im Übertragungsbericht zugrunde gelegten Kapitalisierungszinssätze von 6,66 % (MAG), 5,88 % (MVG) und 7,21 % (MKV und maLV) nicht geeignet, einen nach dem Ertragswertverfahren geschätzten Anteilswert zu begründen, der über dem als Abfindung angebotenen Börsenwert von 3,73 € liegt. Selbst bei einer deutlichen Reduktion der Kapitalisierungszinssätze auf einheitlich ca. 3,1 % (nach persönlichen Steuern und Wachstumsabschlag) - die aus den dargelegten Gründen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt veranlasst ist - würde sich nach den Berechnungen des Sachverständigen (Gutachten S. 98) keine Erhöhung der Abfindung ergeben.
cc) Auch die Kunstsammlung als nicht betriebsnotwendiges Vermögen wurde im Übertragungsbericht (S. 131) mit einem Sonderwert von 3 Mio. € angemessen berücksichtigt. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug, die von den Beschwerdeführern nicht angegriffen werden. Auch das als Sonderwert angesetzte Körperschaftssteuerguthaben von 2,363 Mio. € wirkt sich im Verhältnis zum Unternehmenswert vor Sonderwerten von 105,308 Mio. € nicht wesentlich aus, so dass der Sachverständige vertretbar auf eine eingehende Untersuchung verzichtet hat (Gutachten S. 99).
dd) Unter Verwendung der dargestellten Faktoren ergibt sich ein Unternehmenswert der MAG nach dem Ertragswertverfahren von insgesamt 110,671 Mio. € und 1,75 € je Aktie zum Stichtag 18.12.2012.
Gegen die Angemessenheit der auf Basis des Börsenkurses angebotenen Barabfindung von 3,73 € je Aktie bestehen daher im Ergebnis keine Bedenken.
III. Der Senat hat gemäß § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung abgesehen, da der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und von einer weiteren mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 15, 6 Abs. 2 SpruchG. Einem Beschwerdeführer sind die Gerichtskosten nicht schon bei Erfolglosigkeit des Rechtsmittels aufzuerlegen, sondern nur dann, wenn die Beschwerde aus ex-ante-Sicht offensichtlich aussichtslos war (BGH, Beschluss vom 12.12.2011 – II ZB 12/11, juris Rn. 23). Hiervon kann hier nicht ausgegangen werden. Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer sind der Antragsgegnerin nicht aufzuerlegen, da dies im Fall eines gänzlich unbegründeten Rechtsmittels in der Regel nicht der Billigkeit entspricht (vgl. MünchKomm-AktG/Kubis, 4. Aufl. § 15 SpruchG Rn. 21).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 70 Abs. 2 FamFG).Einer Zulassung hinsichtlich der Frage, an welchem Zeitpunkt der Referenzzeitraum für die Ermittlung des Börsenwerts der Aktie auszurichten ist und unter welchen Voraussetzungen eine Hochrechnung auf den Bewertungsstichtag zu erfolgen hat, bedarf es nicht. Diese Fragen sind seit der „Stollwerck“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19.07.2010 – II ZB 18/09, juris Rn. 10 ff.) geklärt. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall ist Sache des Tatrichters.