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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.10.2013
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG München: Ausübung des steuerbilanzielen Bewertungswahlrechts bei rückwirkendem Formwechsel















FG München , Urteil vom 25.9.2012 - 6 K 4073/09









Gründe

 







I.

 







Die Klägerin ist durch formwechselnde Umwandlung der R Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) entstanden.

 







Die GmbH war mit Gesellschaftsvertrag vom 30. Dezember 1992 gegründet worden. Gesellschafter waren ..., Geschäftsführer war Herr ....

 







Die GmbH reichte am 27. Juni 1997 für den Veranlagungszeitraum 1996 (Streitjahr) eine Körperschaft- sowie eine Gewerbesteuererklärung samt Bilanz zum 31. Dezember 1996 (Testat vom 16. Juni 1997) ein. Ausweislich des Jahresabschlusses wurde ein Verlust von ... DM erklärt. Die Buchwerte des abnutzbaren Anlagevermögens betrugen ... DM. In der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr wurde ein Verlust aus Gewerbebetrieb von ... DM erklärt.

 







Mit jeweils vorbehaltlosem Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid vom 15. Juli 1997 wurde entsprechend den eingereichten Steuererklärungen die Körperschaftsteuer 1996 auf Null DM und der Gewerbesteuermessbetrag auf Null DM festgesetzt. Im Körperschaftsteuerbescheid wurde das zu versteuernde Einkommen, der steuerliche Verlust und das Einkommen i.S.d. § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG auf jeweils ... DM und die Tarifbelastung mit ... DM festgestellt.

 







Mit notariellem Vertrag vom 18. August 1997 beschlossen die Gesellschafter der GmbH die Abtretung eines Geschäftanteils von 500 DM von ... an die sowie den Formwechsel der GmbH in die Klägerin (KG). Nach § 5 Nr. 1 des Notarvertrages sollte der Formwechsel rückwirkend zum 31. Dezember 1996 als erfolgt gelten. Die Eintragung ins Handelsregister wurde nach den Ermittlungen des beklagten Finanzamtes (FA) am 25. August 1997 beantragt und erfolgte am 18. November 1997.

 







Am 18. Mai 1998 reichte die Klägerin erneut eine vom Geschäftsführer der GmbH unterschriebene Körperschaftsteuer- sowie eine Gewerbesteuererklärung für 1996 ein. In der vom Steuerberater unterschriebenen Übertragungsbilanz zum 31. Dezember 1996 (Testat vom 30. April 1998) wurden die Teilwerte angesetzt und ein Jahresüberschuss in Höhe von ... DM, ein Gesamtbetrag der Einkünfte von ... DM und - nach Verlustabzug - ein Einkommen von ... DM - erklärt. In dieser Bilanz war der Wert des abnutzbaren Anlagevermögens mit ... DM ausgewiesen und der Übertragungsgewinn betrug ... DM.

 







Mit Schreiben vom 10. Februar 1999 beantragte die Klägerin die Veranlagung 1996 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung ( AO) zu ändern.

 







Die Klägerin reichte eine vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebene Übertragungsbilanz zum 30. Dezember 1996 ein, die ein abnutzbares Anlagevermögen von ... DM ausweist sowie eine entsprechende Gewinnfeststellungserklärung. Die Teilwertaufstockung begründete die Klägerin mit dem Fax vom 24. September 2012. Aus dem angesetzten Teilwert berechnete die Klägerin folgende Gewinnerhöhung:

 
  





















Teilwert Pkw + LKW


... DM


bisheriger Buchwert


... DM


Unterschied


... DM


neue Steuerrückstellung


... DM


Änderung sonstiges Vermögen


... DM


Übertragungsgewinn lt. Bilanz vom 18. Mai 1998


... DM

  







Die Posten in Höhe von 19.813 DM und 666 DM wurden von der Betriebsprüfung nicht in die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1997 übernommen.

 







Daneben wurde ein weiterer Jahresabschluss zum 30. Dezember 1996 vom 4. März 1999 mit einem abnutzbaren Anlagevermögen von ... DM vorgelegt. Eine neue, den veränderten Werten entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung wurde am 1. April 1999 eingereicht.

 







Das FA setzte eine Buchwertaufstockung in Höhe von ... DM an. Diese Buchwertaufstockung erfolgte im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung zu Umsatzsteuerverbindlichkeiten für die Jahre 1993 und 1995 und ist unstreitig. Die Unterlagen zur Teilwertermittlung des Anlagevermögens wurden im Rahmen der BP eingesehen und das System der Wertermittlung nicht beanstandet; den Ansatz der Teilwerte im Zusammenhang mit der formwechselnden Umwandlung ließ das FA jedoch nicht zu.

 







Mit Bescheid jeweils vom 6. Februar 2001 wurde mit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändertem Körperschaftsteuerbescheid 1996 eine Körperschaftsteuer von Null DM sowie ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid 1996 mit Null DM festgesetzt.

 







Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Nach Bestandskraft der Steuerfestsetzungen sei eine Änderung der Bilanzansätze aufgrund geänderter Ausübung eines Bewertungswahlrechts nicht mehr zulässig. Auch eine Änderung nach § 175 AO sei nicht möglich, da die Ausübung eines Wahlrechts als Verfahrenshandlung kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung sei.

 







Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage wird im Wesentlichen - wie bereits im Einspruchsverfahren - geltend gemacht, dass das Bewertungswahlrecht durch Einreichung einer Übertragungsbilanz am 18. Mai 1998 wirksam zu Gunsten eines Teilwertansatzes der übergegangenen Wirtschaftgüter ausgeübt worden sei. Bei Einreichen des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1996 am 27. Juni 1997 sei der Entschluss der Gesellschafter zum späteren Formwechsel noch nicht gefasst gewesen. Insoweit sei in der ersten eingereichten Bilanz ein steuerliches Bewertungswahlrecht überhaupt nicht ausgeübt worden, da mangels Formwechsel kein Wahlrecht bestanden habe und ein solches Wahlrecht auch nicht habe ausgeübt werden können. Auch die Veranlagung für 1996 sei zeitlich noch vor dem Beschluss zum Formwechsel erfolgt. Erst mit Beurkundung des Umwandlungsbeschlusses am 18. August 1997 habe sich die Notwendigkeit und die Möglichkeit ergeben, über das Wahlrecht zum Ansatz der Vermögensgegenstände erstmals zu entscheiden. Dieses Wahlrecht sei in der am 18. Mai 1998 eingereichten Bilanz zu Gunsten der Teilwerte erstmalig ausgeübt worden. Vorher sei gegenüber dem FA nie vorbehaltlos erklärt worden, dass durch die am 27. Juni 1997 eingereichte Bilanz das Bewertungswahlrecht in einer bestimmten Weise ausgeübt werde oder dass diese Bilanz zugleich die Übertragungsbilanz darstellen solle.

 







Das FA vertrete die Auffassung, das Bewertungswahlrecht nach dem UmwStG könne nicht mehr ausgeübt werden, da die Veranlagung bereits am 18. August 1997 bestandskräftig durchgeführt worden sei. Folge man der Auffassung, so bedeute dies, dass der Zeitraum, innerhalb dessen das gesetzlich vorgesehene Bewertungswahlrecht ausgeübt werden könne, durch die Bearbeitungsdauer einer davon unabhängig eingereichten Steuererklärung von Seiten der Finanzverwaltung nach Belieben verkürzt werden könne, beziehungsweise von dem zufälligen Zeitpunkt des Erlasses eines Steuerbescheides für das betreffende Jahr abhänge. Bei frühzeitiger Einreichung der Steuererklärung samt Bilanz, bevor ein Formwechsel von den Gesellschaftern in Betracht gezogen wurde und bei zügiger Bearbeitung durch das FA, wäre das Ausüben eines Bewertungswahlrechtes nach dem UmwStG nicht mehr möglich. Dies widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, Umwandlungen mit steuerlicher Rückwirkung bis zu acht Monaten durchführen zu können.

 







Für Umwandlungen nach dem 1. Januar 2007 regle § 3 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in der Fassung des SEStEG bezüglich des Antrages auf Fortführung der Buchwerte, dass der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen sei. Aus dieser Neuregelung werde geschlossen, dass zukünftig jede erstmalig eingereichte Steuerbilanz eine Ausübung des Wahlrechts unmöglich mache, auch wenn diese bereits zeitlich vor dem Umwandlungsbeschluss eingereicht worden sei. Eine entsprechende Befristung zur Ausübung des Bewertungswahlrechts sei in der im Streitjahr geltenden Gesetzesfassung nicht enthalten. Es sei davon auszugehen, dass die aufgrund der Gesetzesänderung geschaffene verschärfende Auslegung für das Streitjahr nicht zulässig sei.

 







In Umwandlungsfällen seien die Ansätze der ursprünglichen Bilanz nicht zwingend für die Besteuerung zugrunde zu legen. Hinter die gesetzgeberische Wertung des UmwStG habe auch die Bestandskraft des Steuerbescheides vom 15. Juli 1997 zurückzutreten. Die Feststellung des FA, dass eine Bilanzänderung am Tag der Beurkundung des Umwandlungsbeschlusses im Wege des Einspruchsverfahrens noch möglich gewesen sei, da die Einspruchsfrist an diesem Tag abgelaufen sei, sei nicht von Bedeutung. Die Klärung dieser hypothetischen Frage sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Außerdem sei der Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ein von mehreren Faktoren abhängiger zufälliger Zeitpunkt. Zwar möge die Ausübung des Bewertungswahlrechtes eine Verfahrenshandlung sein. Jedoch sei der Beschluss zum Formwechsel und die Rückbeziehung des Formwechsels ein rückwirkendes Ereignis. Durch die im Jahr 1998 eingereichte Bilanz sei keine bereits vorhandene Bilanz geändert, sondern erstmals eine entsprechende Bilanz vorgelegt worden. Hierbei hätten die Teilwerte angesetzt werden können. Die Klägerin habe bis zur Einreichung ihrer Übertragungsbilanz am 18. Mai 1998 das Bewertungswahlrecht noch nicht ausgeübt und musste es daher nicht ändern.

 







In der mündlichen Verhandlung hielt die Klägerin folgende Berechnung für zutreffend:

 





































Teilwerte der Fahrzeuge nach Buchwertaufstockung


1.794.297 DM


Buchwerte Jahresbilanz


- 1.259.373 DM


Summe der Teilwertaufstockung


534.924 DM


bisheriger Verlust


- 341.366 DM


Jahresgewinn


193.558 DM


zzgl. nicht abziehbare Betriebsausgaben


+ 306 DM


Gewerbesteuerrückstellung


- 14.467 DM


Summe


179.397 DM


Verlustvortrag


- 178.472 DM


zu versteuerndes Einkommen


925 DM


Körperschaftsteuer


416 DM








Zum weiteren Vorbringen der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom ... verwiesen.

 







Die Klägerin beantragt,

 







den Körperschaftsteuerbescheid 1996 sowie den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1996 jeweils vom 6. Februar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 nach vorstehender Berechnung abzuändern.

 







Der Beklagte beantragt,

 







die Klage abzuweisen.

 







Zur Klageerwiderung wird im Wesentlichen vorgetragen: Der Formwechsel der Klägerin sei zum 18. November 1997 wirksam geworden. Im Streitfall sei der 31. Dezember 1996 zum Umwandlungsstichtag bestimmt worden. Eine Übertragungsbilanz sei daher auf diesen Stichtag zu erstellen gewesen. Nach § 3 UmwStG könnten die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden. Die Übertragungsbilanz und die letzte Jahresbilanz könnten identisch sein. Von der Klägerin sei bereits am 27. Juni 1997 eine Bilanz mit Buchwertansätzen eingereicht worden. Diese sei der Körperschaftsteuerfestsetzung sowie der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zu Grunde gelegt worden. Die Festsetzungen seien bestandskräftig. Der Ablauf der Rechtsbehelfsfrist sei im Übrigen der Tag der notariellen Beurkundung des Formwechsels.

 







Ein vor dem 1. Januar 1999 ggf. zulässiger Antrag auf Bilanzänderung sei stets vor Bestandskraft der Veranlagung zu stellen gewesen. Dies gelte auch in Umwandlungsfällen. Nach Bestandskraft der Steuerfestsetzungen mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist am 18. August 1997 sei eine Änderung der Bilanzansätze nicht mehr zulässig. Die Klägerin habe den Eintritt der Bestandskraft verhindern können, zumal offensichtlich bereits am 22. Juli 1997 der notarielle Termin für den Formwechsel festgestanden habe (ausweislich der Urkunde vom 18. August 1997 wurde bereits am 22. Juli 1997 Einsicht ins Handelsregister genommen).

 







Die von der Klägerin während der Außenprüfung aufgestellte Übertragungsbilanz sei nicht der Besteuerung zugrunde zu legen. Für die Übertragungsbilanz würden die Vorschriften über die Jahresbilanz entsprechend gelten. Im Falle einer GmbH bedeute dies, dass die Übertragungsbilanz vom Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter zu unterschreiben und durch Beschluss der Gesellschafterversammlung festzustellen sei. Die Übertragungsbilanz zum 31. Dezember 1996 erfülle diese Vorgaben nicht.

 







Der Umstand, dass die im Streitfall geltende Fassung des UmwStG keine der gesetzlichen Neufassung des § 3 Abs. 2 Satz 2 UmwStG vergleichbare Regelung enthalte, lasse nicht darauf schließen, dass für die auf die Klägerin übergegangenen Wirtschaftsgüter ein von den Buchwerten abweichender, höherer Ansatz auch nach Bestandskraft der Steuerbescheide möglich sei. Ein vor dem 1. Januar 1999 ggf. zulässiger Antrag auf Bilanzänderung habe jedenfalls stets vor Bestandskraft der Veranlagung gestellt werden müssen.

 







Eine Änderungsmöglichkeit der Steuerbescheide ergebe sich nicht aus § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Formwechsel sei ein Ereignis. Die Ausübung des Wahlrechts sei jedoch als Verfahrenshandlung kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung.

 







Zum weiteren Vorbringen des Beklagten wird auf die Schriftsätze vom verwiesen.

 










Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

 
  







II.

 







Die Klage ist begründet. Die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Dabei sind der Besteuerung die in der Übertragungsbilanz angesetzten Teilwerte für das abnutzbare Anlagevermögen zugrunde zu legen.

 







1. Nach § 14 Umwandlungssteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung ( UmwStG) sind im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft (hier der GmbH) in eine Personengesellschaft (hier die KG) die §§ 3 - 8 und 10 UmwStG entsprechend anzuwenden. Die Kapitalgesellschaft hat nach § 14 Satz 2 UmwStG für steuerliche Zwecke auf den Zeitpunkt, in dem der Formwechsel wirksam wird, eine Übertragungsbilanz, die Personengesellschaft eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. Die Bilanzen nach Satz 2 können gem. § 14 Satz 3 UmwStG auch für einen Stichtag aufgestellt werden, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister liegt (Umwandlungsstichtag hier der 31.12.1996).

 







Nach § 3 Satz 1 UmwStG können die Wirtschaftsgüter, die Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft werden, in der steuerlichen Schluss- bzw. Übertragungsbilanz mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden. Die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter dürfen nicht überschritten werden (§ 3 Satz 4 UmwStG).

 







Ein Bewertungswahlrecht wie der Ansatz der Teilwerte ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige Steuererklärungen und eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Steuerbilanz beim Finanzamt einreicht und vorbehaltlos erklärt, das Wahlrecht in bestimmter Weise ausüben zu wollen. Eine Bindung an den handelsbilanziellen Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens besteht nicht (BFH-Urteil vom 28. Mai 2008 I R 98/06, BStBl II 2008, 916). Die Übertragungsbilanz/Schlussbilanz und die letzte Jahresbilanz können identisch sein (Widmann in Widmann/Mayer, UmwStG, § 14 Rz. 71). Neben der steuerlichen Schlussbilanz ist zweckmäßigerweise eine weitere Bilanz zu erstellen, wenn die umgewandelte Kapitalgesellschaft in der steuerlichen Schlussbilanz nicht die Buchwerte ansetzt (Widmann in Widmann/Mayer, UmwStG, § 3 Rz. 46). Das Bewertungswahlrecht des § 3 UmwStG wird durch den Ansatz in der steuerlichen Schlussbilanz ausgeübt (Widmann in Widmann/Mayer, UmwStG, § 3 Rz. 49; für das neue Recht siehe AEUmwStG 2006 vom 11. November 2011 I. Pflicht zur Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz: „Die steuerliche Schlussbilanz i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ist eine eigenständige Bilanz und von der Gewinnermittlung i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu unterscheiden. Als Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz gilt auch die ausdrückliche Erklärung, dass die Steuerbilanz i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 EStG gleichzeitig die steuerliche Schlussbilanz sein soll..."). Die Schlussbilanz im Sinne des § 3 UmwStG ist eine eigenständige Bilanz.

 







Die wirksame Ausübung des Wahlrechts ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht davon abhängig, ob die Gesellschafterversammlung die Bilanz festgestellt hat. Zwar obliegt gemäß § 46 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ( GmbHG), soweit die Satzung nichts Abweichendes bestimmt, den Gesellschaftern die Feststellung des Jahresabschlusses. Die Geschäftsführung ist nur für die Aufstellung des Jahresabschlusses zuständig (§ 42a Abs. 1 GmbHG). Diese Vorschriften gelten jedoch nur für die Handelsbilanz. Für die Steuerbilanz sieht das Gesetz dagegen keine Formvorschriften vor. § 60 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ( EStDV) bestimmt, dass in Fällen, in denen der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermittelt wird, der Steuererklärung eine Abschrift der Bilanz, die auf dem Zahlenwerk der Buchführung beruht, beizufügen ist; ferner ist eine Gewinn- und Verlustrechnung einzureichen, sofern Bücher geführt werden, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen. Dabei steht es dem Steuerpflichtigen frei, der Steuererklärung entweder eine Steuerbilanz oder eine Handelsbilanz beizufügen, in der Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften angepasst sind (§ 60 Abs. 2 EStDV). Formelle Anforderungen - zum Beispiel die Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung - sind steuergesetzlich nicht vorgesehen. Auch ohne Feststellung der Bilanz durch die Gesellschafterversammlung liegt demnach eine wirksame Steuerbilanz vor (vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 2008 I R 98/06, BStBl II 2008, 916).

 







Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Bilanzänderung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG der Ersatz eines handelsrechtlich und steuerrechtlich zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen ebenfalls zulässigen Bilanzansatz. Die Bilanzänderung bezieht sich auf die Bewertung von Gegenständen des Betriebsvermögens. Es handelt sich vor allem um Fälle, in denen der Steuerpflichtige einen Bilanzansatz im Rahmen eines Bewertungswahlrechts ändert, nachträglich eine Bewertungsfreiheit ausübt oder auf deren Ausübung verzichtet. Eine Zustimmung des FA erübrigt sich nur in dem Fall, dass die Änderung der Bilanz keine Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis hat. Eine Bilanz kann auch in der Weise geändert werden, dass sich der Gewinn erhöht. Das FA hat einer beantragten Bilanzänderung im Allgemeinen dann zuzustimmen, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen, von denen der Steuerpflichtige bei der Ausübung eines (Bewertungs-)Wahlrechts ausgegangen ist, nach Einreichung der Bilanz erheblich verändert haben. Nach Bestandskraft der auf der Bilanz beruhenden Einkommensteuerveranlagung ist eine Bilanzänderung grundsätzlich nicht mehr möglich (speziell zur Änderung der Bilanzansätze bei Umwandlungen Widmann in Widmann/Mayer, UmwStG, § 3 Rz 55 ff.).

 







Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Der Begriff „Ereignis" umfasst alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge. Dazu rechnen nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge. Das Ereignis muss stattgefunden haben, nachdem der Steueranspruch entstanden ist und für die Fälle der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides, nachdem dieser Steuerbescheid ergangen ist. Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegen nicht vor, wenn das Finanzamt wie im Fall des § 173 Abs. 1 AO lediglich nachträglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlangt. Die nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhaltsänderung muss sich darüber hinaus steuerlich in der Vergangenheit auswirken, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte an Stelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zu Grunde zu legen ist. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, d. h. ob eine solche Änderung dazu führt, dass bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 2003 XI R 13/02, BStBl II 2003, 554; BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897). Die nachträgliche Erhöhung der Wertansätze eines zu Buchwerten im Rahmen einer verschmelzenden Umwandlung eingebrachten Betriebsvermögens ist keine Bilanzänderung, sondern eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099 m.w.N.).

 







2. Im Streitfall wurde die formwechselnde Umwandlung zum 18. November 1997, dem Tag der Eintragung des Formwechsels ins Handelsregister, wirksam. Zum Umwandlungsstichtag war nach § 5 des notariellen Vertrages der 31. Dezember 1996 bestimmt (§ 14 Satz 3 UmwStG bei Anmeldung der Eintragung ins Handelsregister am 25. August 1997). Auf diesen Tag hat die Klägerin eine Übertragungsbilanz mit dem Bewertungswahlrecht des § 3 UmwStG aufgestellt und dieses Bewertungswahlrecht zugunsten des Ansatzes der Teilwerte ausgeübt.

 







Die Übertragungsbilanz der Klägerin genügt den formellen Voraussetzungen zur Ausübung des Wahlrechts. Im Streitfall hat die Klägerin das Wahlrecht ausgeübt, indem sie eine vom Geschäftsführer der GmbH unterschriebene Körperschaftsteuererklärung samt einer Übertragungsbilanz mit Teilwerten eingereicht hat. Die Notwendigkeit der Unterschrift des Geschäftsführers auf der Übertragungsbilanz ist § 60 EStDV nicht zu entnehmen. Auch wenn die Übertragungsbilanz auf den 30. Dezember 1996 aufgestellt wurde, jedoch der 31. Dezember 1996 als Übertragungsstichtag vereinbart wurde, hat die Klägerin hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie auf den Übertragungszeitpunkt die Teilwerte ansetzen will. Formelle Voraussetzungen wie die Feststellung der Übertragungsbilanz durch die Gesellschafterversammlung sind nicht formelle Voraussetzung für die steuerliche Übertragungsbilanz.

 







Dem Ansatz der Teilwerte in der Übertragungsbilanz steht nicht entgegen, dass die Steuerfestsetzungen zur Körperschaftsteuer 1996 und dem Gewerbesteuermessbetrag 1996 bestandskräftig wurden.

 







Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Änderung der Bilanzansätze nicht mehr zulässig, wenn sie bestandskräftigen Steuerfestsetzungen zugrunde liegen. Im Streitfall handelt es sich jedoch nicht um eine (unzulässige) Bilanzänderung, sondern um die erstmalige Ausübung des Bewertungswahlrechts in der Übertragungsbilanz, die für das Bewertungswahlrecht des § 3 UmwStG maßgeblich ist. Zwar liegen dem Körperschaftsteuer- und dem Gewerbesteuermessbetragsbescheid ein für steuerliche Zwecke erstellter Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 zu Grunde (Bilanz und Erklärung vom 27. Juni 1997). Dieser Jahresabschluss ist jedoch nicht die Schluss- bzw. Übertragungsbilanz i. S. d. § 3 UmwStG, die für die erstmalige Ausübung des Bewertungswahlrechts maßgeblich ist.

 







Ein ausdrücklicher Antrag oder eine vorbehaltlose Erklärung zur Ausübung des Wahlrechts nach § 3 UmwStG liegt im Rahmen des Jahresabschlusses nicht vor. Nach dem ausdrücklichen Inhalt der Bilanz vom 16. Juni 1997 (eingegangen beim FA am 27. Juni 1997) handelt es sich um eine Jahressteuerbilanz.

 







Für die Auslegung der Bilanz gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze. Die Ausführungen und Erläuterungen zur Bilanz lassen nicht erkennen, dass die Klägerin die Umwandlung in der Bilanz berücksichtigt hat. Auch aus den Umständen, insbesondere dem zeitlichen Ablauf, lässt sich nicht auf die konkludente Ausübung des Bewertungswahlrechts schließen. In der Praxis erstellen Steuerpflichtige häufig in Umwandlungsfällen nur eine Bilanz. Wird eine solche Bilanz vom Steuerpflichtigen nach dem Umwandlungsvorgang eingereicht, liegt es nahe, in der Bilanz die konkludente Ausübung des Wahlrechts zu sehen. Im Streitfall wurde jedoch die Bilanz vom 16. Juni 1997 vor dem Umwandlungsvorgang erstellt, beim FA eingereicht und veranlagt. Die Umwandlung wurde erst am 18. November 1997 mit der Eintragung ins Handelsregister zivilrechtlich wirksam. Im Zeitpunkt der Veranlagung des Jahresabschlusses stand der Klägerin das Wahlrecht nach § 3 UmwStG noch gar nicht zu. Nach dem Empfängerhorizont konnte der Beklagte nach den Umständen des Streitfalles nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vorlage des Jahresabschlusses ihr Wahlrecht nach § 3 UmwStG ausgeübt hat.

 







Im Übrigen wird zum Umwandlungssteuerecht 2006 für die Unterscheidung von Jahresabschluss und Übertragungsbilanz - ohne Änderung der bisherigen Rechtslage - klargestellt, dass „die steuerliche Schlussbilanz i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ... eine eigenständige Bilanz und von der Gewinnermittlung i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu unterscheiden (ist). Als Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz gilt auch die ausdrückliche Erklärung, dass die Steuerbilanz i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 EStG gleichzeitig die steuerliche Schlussbilanz sein soll" (vgl. AEUmwStG 2006 vom 11. November 2011 I. Pflicht zur Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz).

 







Soweit in der Einspruchsentscheidung ein Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid verlangt wird, ist festzuhalten, dass der Körperschaftsteuerbescheid bei Ablauf der Einspruchsfrist rechtmäßig war, da das Wahlrecht nach § 3 UmwStG noch nicht bestand.

 







Das Entstehen und die erstmalige Ausübung des Bewertungswahlrechts nach § 3 UmwStG durch die Erstellung und Einreichung der Übertragungsbilanz zum 31. Dezember 1996 am 18. Mai 1998 stellt eine anzuerkennende rückwirkende Sachverhaltsgestaltung dar. Im Streitfall wurde - anders als in den in der Rechtsprechung bisher behandelten Sachverhalten - gerade nicht ein Bewertungswahlrecht nach einer bestandskräftigen Veranlagung geändert; das Bewertungswahlrecht mit einer nach dem UmwStG zulässigen Rückwirkung ist erst nach der bestandskräftigen Veranlagung entstanden und wurde auch erst nach der bestandskräftigen Veranlagung erstmalig ausgeübt. Dies ist ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Bescheide sind daher in der von der Klägerin beantragten Höhe zu ändern. Die von der Klägerin ermittelten Teilwerte des Anlagevermögens in Höhe von 1.794.297 DM wurden im Rahmen der Außenprüfung überprüft und nicht beanstandet; das Gericht hält den Wert für zutreffend.

 







3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

 







4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

 

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