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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
08.10.2010
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Niedersächsisches FG: Aufstockung des Investitionsabzugsbetrags im nachfolgenden Veranlagungszeitraum

Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.7.2010 - 16 K 116/10, Rev. eingelegt (Az. BFH X R 25/10)

Leitsatz

Entgegen dem BMF-Schreiben vom 8.5.2009 - IV C 6 - S 2139-b/07/10002, BStBl. I 2009, 633, BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180, Rz. 6 kann der Investitionsabzugsbetrag im nachfolgenden Veranlagungszeitraum aufgestockt werden.

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin eine geplante Investition im Sinne des § 7 g Abs. 1 Nr. 3 EStG hinreichend bezeichnet hat und ob eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für den Umbau von Garagen zu Wohnraum gewährt werden kann.

Die Klägerin betreibt ein Fotostudio. Im Jahresabschluss für 2007 machte sie einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 14 000,- € für eine Entwicklungsmaschine, deren Anschaffungskosten nach Angaben der Klägerin ca. 35 000,- € betragen, geltend. Der Beklagte folgte insoweit der Gewinnermittlung der Klägerin. Die Entwicklungsmaschine hat die Klägerin bis Ablauf des Jahres 2008 noch nicht angeschafft.

Für das Streitjahr 2008 begehrte die Klägerin die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrages in Höhe von 18 000,- € für die Investition in „Studiobedarf". Die voraussichtlichen Anschaffungskosten gab die Klägerin hier mit 45 000,- € an. Den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ermittelte die Klägerin mit 21 351,- €. Nach einer Telefonnotiz vom 3.12.2009 des Veranlagungsbeamten über ein Gespräch mit dem Bevollmächtigten der Klägerin während des Veranlagungsverfahrens (Bl. 103 Bilanzakte) erklärte der Bevollmächtigte, von den 18 000,- € Investitionsabzugsbetrag würden nur 12 000,- € auf den „Studiobedarf" entfallen. Weitere 6 000,- € seien für die Entwicklungsmaschine bestimmt, für die bereits 2007 ein Investitionsabzugsbetrag gewährt wurde, weil sich die voraussichtlichen Investitionskosten von 35 000,- € auf 50 000,- € erhöht hätten.

Weiterhin machte die Klägerin die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Handwerkerleistungen für folgende drei Handwerkerrechnungen geltend:

- Rechnung der Zimmerei F vom 22.12.2008, Lohnkostenanteil: 905,- €. Der Leistungsgegenstand wird in der Rechnung mit „Nutzungsänderung Garage zu Wohnräumen" angegeben.

- Rechnung K GmbH & Co. KG vom 23. Dezember 2008 über Erdarbeiten, Lohnkostenanteil: 792,- €.

- Rechnung des Maurermeisters S vom 18.12.2008 über verschiedene Erd- und Maurerarbeiten, Lohnkostenanteil: 2 091,.- €.

Auch die Rechnungen K und S beziehen sich auf den Umbau der Garage.

Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 18.1.2010 setzte der Beklagte - insoweit abweichend von der Einkommensteuererklärung - die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Betrag von 39 351,- € an. Außerdem erkannte er die haushaltsnahen Dienstleistungen nicht an.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die geplante Investition nach neuer Gesetzeslage nicht mehr individuell zu bezeichnen sei. So reiche beispielsweise der Begriff „Vorrichtung oder Werkzeug für die Herstellung eines Wirtschaftsguts" für die begünstigten Wirtschaftsgüter „Produktionsmaschine, Werkzeug für Reparatur und Wartung" aus. Dann müsse aber auch der Begriff „Studiobedarf" für die Herstellung von Fotos ausreichen. Bei diesem Begriff handele es sich nicht um eine räumliche, sondern um eine technische Bezeichnung des Wirtschaftsguts. Die Anschaffung von Geschäftseinrichtung entfalle auf Ladeneinrichtung und Studiobedarf, wobei die Bezeichnung Studiobedarf als ausreichende stichwortartige Bezeichnung anzusehen sei. Eine Änderung des Investitionsabzugsbetrags für 2007 sei niemals beantragt oder beabsichtigt gewesen.

Hinsichtlich der Handwerkerleistungen sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem begünstigten Objekt nicht um einen Neubau samt Flächenerweiterung handele. Es werde lediglich schon vorhandene Nutzfläche in Wohnfläche umgewandelt.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 18.1.2010 und der Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer 2008 auf 613,- € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Investitionsabzugsbetrag mangels hinreichender Bezeichnung des zu erwerbenden Wirtschaftsguts nicht berücksichtigt werden könne. Auch wenn nach § 7g EStG n. F. für die Bezeichnung des Investitionsguts nur noch auf dessen Funktion abzustellen sei, müsse dennoch erkennbar sein, für welchen Zweck das Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt werden solle. Der von der Klägerin gewählte Oberbegriff „Studiobedarf" sei zu allgemein gehalten, es lasse sich daraus nicht ableiten, welcher Art das Wirtschaftsgut sei. Außerdem sei bei der gewählten Bezeichnung nicht zu erkennen, ob ein oder mehrere Wirtschaftsgüter angeschafft werden sollen. Sollten hier mehrere Wirtschaftsgüter angeschafft werden, wovon nach der telefonischen Auskunft des Bevollmächtigten auszugehen sei, so sei der Investitionsabzugs auch deshalb zu versagen, weil eine Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter unter einer Funktionsbezeichnung nicht möglich sei. Ebenfalls sei keine Erhöhung des Abzugsbetrags für die Entwicklungsmaschine möglich, weil dies voraussetze, dass die Steuerfestsetzung des ursprünglichen Abzugsjahrs verfahrensrechtlich noch änderbar sei. Das sei im Streitfall aber nicht der Fall.

Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG könne nur für Erhaltungs-, Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen gewährt werden, nicht aber für die Neuschaffung von Wohnflächen.

Aus den Gründen

            Teilweise Begründetheit der Klage

Die Klage ist teilweise begründet.

            I.      Investitionsabzugsbetrag

Die Klage ist insoweit begründet, als die Klägerin eine Aufstockung des Investitionsabzugsbetrags für die Entwicklungsmaschine um 6 000,- € begehrt, für die sie bereits in 2007 einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen hat. Ein weitergehender Investitionsabzugsbetrag kann mangels hinreichender Bezeichnung des Investitionsguts nicht berücksichtigt werden.

Gem. § 7g Abs. 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Der Investitionsabzugsbetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahrs, in dem der Abzug vorgenommen wird, bestimmte Größenmerkmale nicht überschreitet (Nr. 1), der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen, mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (Nr. 2) und der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt (Nr. 3).

            a)      Aufstockung des Investitionsabzugsbetrages für eine Entwicklungsmaschine

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten steht es der Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrages nicht entgegen, dass die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2007 bereits einen Investionsabzugsbetrag von 14 000,- € für die geplante Anschaffung einer Entwicklungsmaschine geltend gemacht hat und der Einkommensteuerbescheid 2007 bestandskräftig ist. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass sich die voraussichtlichen Investitionskosten von bisher 35 000,- € auf 50 000,- € erhöht haben. Damit kann ein Investitionsabzugsbetrag von maximal 6 000,- € für die voraussichtliche Kostensteigerung von 15 000,- € in Anspruch genommen werden. Mit „Entwicklungsmaschine" hat die Klägerin bereits für den Veranlagungszeitraum 2007 in den beim Beklagten eingereichten Unterlagen die Funktion des zu beschaffenden Wirtschaftsguts hinreichend bezeichnet; mit dem Telefonvermerk vom 3.12.2009 ist die sich nach neuer Schätzung ergebende Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten festgehalten worden. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG ist nicht zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige die Erhöhung des Investitionsbetrages dem Finanzamt schriftlich anzuzeigen hat.

Im Veranlagungszeitraum der Aufstockung des Investitionsabzugsbetrages war weder die Investition bereits erfolgt, noch der Investitionszeitraum von drei Jahren (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2a) EStG abgelaufen. An der Investitionsabsicht (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2b) EStG hatte sich ebenso wenig etwas geändert. Dass der Betrieb der Klägerin die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a) EStG nicht überschreitet, ergibt sich eindeutig aus den Akten und ist zwischen den Verfahrensbeteiligten auch unstreitig.

Das Gericht folgt nicht der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht, dass der Investitionsabzugsbetrag für das begünstige Wirtschaftsjahr ausschließlich in einem Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden kann (Schreiben des BMF vom 8.5.2009 - IV C 6 - S 2139-b/07/10002 - 2009/0294464, BStBl. I 2009, 633, BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180, Rz. 6, ebenso Plitzke, NWB 2009, 2063). Eine dementsprechende Einschränkung ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzestextes (ebenso Blümich-Brandis, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 60, Hermann/Heuer/Raupach-Meyer, § 7g Rz. 25). Soweit die Verwaltung das Aufstockungsverbot daraus ableiten will, dass in der Einleitung des S. 2 des § 7g Abs. 1 EStG von „der Investitionsabzugsbetrag" statt „ein Investitionsabzugsbetrag" die Rede ist, und daraus folgert, es dürfe für ein und dasselbe Wirtschaftsgut nur in einem Veranlagungszeitraum ein Investitionsabzugsbetrag in Ansatz gebracht werden, hält das Gericht diese Schlussfolgerung nicht für überzeugend.

Den Gesetzgebungsmaterialien (Bundestagsdrucksache 16/4841, Seite 51f) ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass mit der gewählten Formulierung beabsichtigt war, die Bildung von Investitionsabzugsbeträgen dementsprechend einzuschränken. Da es nach allgemeiner Rechtsmeinung zu der Vorgängervorschrift möglich war, die Rücklagenbildung beliebig über den Ansparzeitraum zu verteilen (vgl. z. B. Schmidt-Drenseck, Kommentar zum EStG, 25. Auflage 2006, § 7g Rz. 23) hätte es nahegelegen, dass der Gesetzgeber, der ansonsten in den Materialien die Rechtsänderungen im Verhältnis zur bisherigen Gesetzeslage im Einzelnen darlegt, auch auf diesen Punkt eingegangen wäre.

Auch wenn die Rücklage über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg verteilt gebildet wird, so handelt es sich der Sache nach dennoch nur um einen Investitionsabzugsbetrag für ein Wirtschaftsgut und nicht um mehrere Investitionsabzugsbeträge. Von daher kann sich die Finanzverwaltung auch nicht auf den Wortlaut des Gesetzestextes berufen.

Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung beruht nach Auffassung des Gerichts lediglich aus der syntaktischen Verknüpfung der S. 1 und 2 des § 7g Abs. 1 EStG: Zunächst wird der Begriff des Investitionsabzugsbetrags für eine bestimmte Art Rücklage eingeführt und sodann unter Bezugnahme auf den in einem Klammerzusatz genannten Begriff dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Rücklage gebildet werden kann. Die Verwendung des Relativpronomens „der" resultiert allein auf der Bezugnahme auf den zuvor als Abstraktum genannten Begriff, nicht aber aus der Absicht, ein zusätzliches Kriterium für die Bildung des Investitionsabzugsbetrags aufzustellen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden darf, werden vielmehr unter den Ziffern 1.-3. im Einzelnen aufgeführt; dort hätte der Gesetzgeber systematisch zutreffend statuieren müssen, dass der Investitionsabzugsbetrag nur in einem einzigen Veranlagungszeitraum gebildet werden darf.

Schließlich gibt es unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks, Liquidität und Eigenkapitalausstattung kleinerer und mittlerer Betriebe zu fördern keinerlei Veranlassung dafür, die nachträgliche Aufstockung des Abzugsbetrages zu untersagen, wenn sich herausstellt, dass die Investitionskosten höher sind als ursprünglich eingeschätzt.

Kann die Klägerin für den künftigen Erwerb einer Entwicklungsmaschine einen weiteren Investitionsabzugsbetrag von 6 000,- € abziehen, so mindern sich ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 39 351,- € auf 33 351,- €.

            b)      Investitionsabzugsbetrag für „Studiobedarf"

Die Klage ist hingegen unbegründet, soweit die Klägerin die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrages für „Studiobedarf" begehrt. Die Klägerin hat mit dieser Angabe das begünstigte Wirtschaftsgut nicht seiner Funktion nach benannt, wie es von § 7g Abs. 1 Nr. 3 EStG vorausgesetzt wird. Dabei kann dahinstehen, ob § 7g EStG n. F. mit diesem Tatbestandsmerkmal lediglich die zu § 7g EStG a. F. bisher ergangene Rechtsprechung kodifiziert, ohne dass es zu einer inhaltlichen Änderung gekommen wäre, wie teilweise in der Literatur vertreten wird (Schmidt-Kulosa, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 21; Littmann/Bitz/Pust-Handzik, § 7g Rz. 44) oder ob dergestalt geringere Anforderungen an die Bezeichnung des Wirtschaftsguts gestellt werden, dass eine abstrahierte Formulierung der betrieblichen Funktion ausreicht, wovon die Finanzverwaltung ausgeht (Schreiben des BMF vom 8.5.2009 - IV C 6 - S 2139-b/07/10002 - 2009/0294464, BStBl. I 2009, 633, BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180, Rz. 41). Aus der von der Klägerin genannten Bezeichnung ergibt sich keine betriebliche Funktion des Wirtschaftsguts innerhalb des Fotostudios der Klägerin, sie umfasst vielmehr die gesamte Branche, in der die Klägerin tätig wird (vergleichbar wäre „Landwirtschaftsbedarf" für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder „Bankbedarf" für ein Bankhaus). Ob später ein dem Investitionsabzugsbetrag entsprechendes Wirtschaftsgut erworben wurde, lässt sich bei derart allgemein gehaltenen Bezeichnungen nicht überprüfen. Soll das Erfordernis, das Investitionsgut seiner Funktion nach zu bezeichnen, nicht gänzlich inhaltslos werden und die Rechtsnorm des § 7g EStG ihren Charakter als Instrument zur Förderung betrieblicher Investitionen behalten - anstelle eines von einer konkreten Investition abgelösten Steuerstundungswahlrechts -, so muss der Steuerpflichtige auch weiterhin in groben Umrissen bezeichnen, welcher Art Wirtschaftsgut er zu erwerben gedenkt.

            II. Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen

Die Klägerin kann für den Umbau der Garage zu Wohnflächen keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen.

Gem. § 35a Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs- Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, um 20 v. H., höchstens 600,- €. Die Neuschaffung von Wohnflächen ist danach nicht begünstigt. Aus der Begrenzung der begünstigen Aufwendungen auf Renovierungs- Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen folgt, dass nur funktionserhaltende-, nicht aber funktionsändernde Baumaßnahmen von der Rechtsnorm erfasst werden. Die Klägerin hat jedoch reine Nutzflächen in Wohnflächen umgewandelt und damit deren Funktion verändert. Derartige Investitionen werden nicht durch § 35a EstG gefördert (ebenso Schmidt-Drenseck, Kommentar zum EStG, § 35a Rz. 11 für den Ausbau von Dachflächen zu Wohnraum; Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuergesetz, § 35a Rz. 26 für Maßnahmen im Zusammenhang mit Wohnflächenerweiterung).

            Kostenentscheidung und Revision

III. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 S. 2 FGO übertragen, weil sie mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 2 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Das Gericht lässt die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu im Hinblick auf die Frage, ob der Investitionsabzugsbetrag für ein Wirtschaftsgut nur in einem Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden kann (Abweichung vom Schreiben des BMF vom 8.5.2009 IV C 6 - S 2139-b/07/10002 - 2009/0294464, BStBl. I 2009, 633, BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180, Rz. 6).

[Foto von Glasenapp liegt vor BB 2010, 2106]

BB-Kommentar

Gero von Glasenapp, RA/StB, Unverzagt von Have Rechtsanwälte Steuerberater, Hamburg

„Entscheidung gegen die Auffassung der Finanzverwaltung"

Problem

Nur wenn der Steuerpflichtige u. a. die Funktion eines künftig anzuschaffenden oder herzustellenden Wirtschaftsguts dem FA gegenüber benennt, kann er dafür nach dem neu geregelten § 7g EStG den Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten außerbilanziell gewinn- und damit steuermindernd geltend machen. Erhöhen sich die einmal geschätzten Kosten oder wurde der zulässige Höchstbetrag im Erstjahr nicht ausgeschöpft und möchte der Steuerpflichtige deshalb den Investitionsbetrag für dieses konkrete Wirtschaftsgut in einem der folgenden Veranlagungszeiträume erhöhen, will ihm dies die Finanzverwaltung verwehren (BMF-Schreiben vom 8.5.2009 - IV C 6 - S 2139-b/07/10002, BStBl. I 2009, 633, BB-Verwaltungsreport Abele, BB 2009, 1180, Rz. 6).

Entscheidung

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ließ das Gericht die Aufstockung des Investitionsabzugsbetrags zu. Es stützte dabei seine Entscheidung im Wesentlichen auf den bei der Neugestaltung des § 7g EStG zu Tage getretenen Willen des Gesetzgebers sowie den Sinn und Zweck des § 7g EStG. Zur Vorgängervorschrift sei anerkannt gewesen, dass eine Aufstockung in Folgejahren möglich war; hätte der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 7g EStG dies zu ändern beabsichtigt, so das Gericht, hätte er dies auch entsprechend kundgetan bzw. kodifiziert. Dies sei nicht geschehen. Zudem widerspreche eine Beschränkung der Aufstockung nicht dem Sinn und Zweck der Regelung, die zum Ziel habe, die Liquiditäts- und Eigenkapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken. Hingegen lehnte das Gericht den Abzug des lediglich mit einem Sammelbegriff bezeichneten Teils des Abzugsbetrags ab, weil sich daraus keine betriebliche Funktion des Wirtschaftsgutes ableiten lasse. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Aufstockung des Investitionsabzugsbetrags ließ das Gericht die Revision zu, die beim BFH bereits anhängig ist (BFH X R 25/10).

Praxisfolgen

In der Praxis sollten zum einen Steuerpflichtige mit Blick auf die vor dem BFH anhängige Revision bei Fällen der Versagung der Aufstockung eines Investitionsabzugsbetrags unter Hinweis auf das laufende Verfahren die verfahrensrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Fälle offen zu halten. Dadurch bleibt eine spätere Änderung anderslautender Steuerbescheide nach einer Entscheidung durch den BFH gegebenenfalls erhalten. Gleichwohl sollte wegen der fehlenden Rechtssicherheit in diesem Punkt eine Aufstockung nicht geplant, sondern nur zur Not in Anspruch genommen werden bis hier Klarheit herrscht. Somit bleibt es einstweilen entscheidend, von Anfang an die zukünftigen Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes möglichst genau zu schätzen und den Höchstbetrag des Investitionsabzugsbetrags von 40 % bereits im Erstjahr geltend zu machen. Zum anderen sollte bei Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages das anzuschaffende Wirtschaftsgut so konkret wie möglich bezeichnet werden, um nicht deshalb die Versagung des Abzugs zu riskieren.

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