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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.01.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Auch keine Abzinsung der Rückstellung für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.11.2008 - 6 K 355/08
LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)
Im Hinblick auf die steuerliche Abzinsung werden die erfolgsunabhängigen Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (euRfB) mit der erfolgsabhängigen Rückstellung für Beitragsrückerstattung (eaRfB) gleichgestellt.
SACHVERHALT
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die vom Kläger gebildeten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e Einkommensteuergesetz (EStG) abgezinst werden müssen oder ob § 21 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) der Abzinsung entgegensteht.
Der Kläger ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG). Er betreibt eine so genannte substitutive Krankenversicherung, also eine Krankenversicherung, die an die Stelle der gesetzlichen Krankenversicherung tritt (vgl. § 12 Abs. 1 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen -Versicherungsaufsichtsgesetz- VAG-).
Im Streitjahr 2000 hat der Kläger gem. § 12a Abs. 1 VAG den dort definierten „Überzins" ermittelt und diesen gem. § 12a Abs. 1 - 2a VAG seinen Versicherten gutgebracht. Den danach verbliebenen Teil des „Überzinses" hat er gem. § 12a Abs. 3 VAG einer Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugeführt, die innerhalb von drei Jahren zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung zugunsten der Versicherten zu verwenden ist, die am Bilanzstichtag das 55. bzw. 65. Lebensjahr vollendet haben. In der Bilanz des Klägers auf den 31. Dezember 2000 betrug diese Rückstellung ... DM.
Weiterhin ist der Kläger Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Namen „Pflege-Pool" mit Sitz in Köln. Zweck dieser Gesellschaft ist die Beitragskalkulation gem. §§ 23, 110 und 111 Sozialgesetzbuch -11. Buch- (SGB XI), die Durchführung des finanziellen Ausgleichs gem. § 111 Abs. 1 SGB XI, die Führung einer Gemeinschaftsstatistik sowie die Überprüfung der Risikoprüfung und der Schadensregulierung bei den einzelnen Gesellschaftern für die private Pflegeversicherung. Nach § 8 des Poolvertrages stellen die Gesellschafter für die private Pflegeversicherung eine eigene Abrechnung auf. Sich dort ergebene Überschussmittel sind in der sich ergebenden Höhe unabhängig vom Gesamtergebnis des Versicherungsunternehmens der Rückstellung für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung zuzuführen. Entsprechend dieser Vorgaben hat der Kläger für das Jahr 2000 das versicherungstechnische Ergebnis der Pflegepflichtversicherung unabhängig vom übrigen Gesamtergebnis gesondert ermittelt und Überschussmittel aus der Pflegepflichtversicherung i.H.v. zwei Drittel des jährlichen
Rohüberschusses in eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung eingestellt. Gemäß § 8 Abs. 2 des Poolvertrages sind die Mittel aus der Rückstellung zur Senkung von „Nettobedarfsbeiträgen" und damit zur Reduzierung der Pool-Umlage als Mittel des Risikoausgleichs gem. § 111 SGB XI zu verwenden und insoweit dieser binnen zweier Jahre ab Rückstellungsbildung zu entnehmen und zugunsten der Versicherten einzusetzen. Die von dem Kläger in seiner Bilanz auf den 31. Dezember 2000 nach § 8 des Poolvertrages gebildete Rückstellung betrug ... DM.
Auf der Grundlage dieser Bilanz gab der Kläger für 2000 Steuererklärungen ab, denen der Beklagte (das Finanzamt -FA-) bei der ursprünglichen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Veranlagung folgte. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA dann die Auffassung, dass die nach § 12a Abs. 3 VAG und § 8 des Pflege-Poolvertrages passivierten Rückstellungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e EStG abzuzinsen seien und dementsprechend der Gewinn dieses Jahres um ... DM zu erhöhen sei. Auf der Basis dieser Rechtsansicht erließ das FA am 24. Februar 2005 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2000.
Gegen diese Änderungsbescheide wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Er ist der Ansicht, dass § 21 Abs. 3 KStG der vom FA vorgenommenen Abzinsung entgegenstehe. Insoweit beziehe sich der Wortlaut des § 21 Abs. 3 KStG entsprechend der Überschrift des § 21 KStG auf Aufwendungen für alle Arten von Beitragsrückerstattungen und nicht nur auf Aufwendungen für die in § 21 Abs. 1 KStG genannten erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattungen. Diese Auslegung werde auch gestützt von dem Willen des historischen Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Norm. Die terminologische Differenzierung zwischen erfolgsabhängigen und erfolgs- unabhängigen Rückerstattungen sei ausschließlich im Zusammenhang mit der in § 21 Abs. 1 und 2 KStG geregelten beschränkten Abziehbarkeit der Aufwendungen bzw. der aufwandswirksamen Zuführung zu entsprechenden Rückstellungen relevant, um im Sinne eines Instruments der Markt- und Wettbewerbsordnung Versicherungsunternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft und des VVaG partiell gleichzustellen. Im Hinblick auf die Abzinsung sei eine solche Differenzierung nicht vorzunehmen, da in beiden Fällen der Zinsvorteil nicht beim steuerpflichtigen Versicherungsunternehmen verbliebe, sondern über eine Einbeziehung dieser Zinsen in die Berechnung der Folgejahre den Versicherten wieder zugute komme. Schließlich würde mit einer Abzinsung der streitigen Rückstellungen der Zweck der Überzins-Rückgewähr gem. § 12a VAG und der des „Pool-Ausgleichs" gem. §§ 110, 111 SGB X, nämlich die Stabilisierung der Beiträge in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung im Alter, konterkariert, da durch die Abzinsung die den Versicherten zustehenden Mittel aus rein fiskalischen Erwägungen reduziert würden.
Selbst wenn man das oben vertretene Ergebnis aufgrund der Auslegung des § 21 Abs. 3 KStG nicht erreichen könne, so sei von der Abzinsung zumindest aufgrund einer analogen Anwendung des § 21 Abs. 3 KStG abzusehen.
Zum selben Ergebnis könne man auch über die direkte oder analoge Anwendung der in § 6 Abs.1 Nr. 3a lit. e Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG normierten Ausnahmen vom Abzinsungsgebot gelangen. Die für diese so genannten „Bereichsausnahmen" maßgeblichen Gesichtspunkte (Systematik, Gesetzgebungsgeschichte und Sinn und Zweck des Abzinsungsgebots) führten nach der oben genannten Argumentation ebenfalls dazu, dass auch für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen gebildete Rückstellungen nicht abzuzinsen seien.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2000, jeweils vom 24. Februar 2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. August 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Danach seien die hier streitigen Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen gem. § 6 Abs.1 Nr. 3a EStG abzuzinsen. Soweit § 21 Abs. 3 KStG eine Ausnahme vom Abzinsungsgebot mache, gelte dies nur für Rückstellungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen. Dieses Auslegungsergebnis ergebe sich aus der Systematik des § 21 KStG. Zwar enthalte nur dessen Abs. 1 eine ausdrückliche Beschränkung auf erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen; in der Rechtsprechung sei jedoch anerkannt, dass sich Abs. 2, der dem Wortlaut nach (wie auch Abs. 3) keine derartige Einschränkung enthalte, sich nur auf erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen beziehe (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999, BStBl II 1999, 739; BFH-Urteil vom 7. März 2007, BStBl II 2007, 589). Dasselbe müsse auch für den später neu eingefügten Abs. 3 der Vorschrift gelten, da dieser wiederum ersichtlich an Abs. 2 anknüpfe. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich keine andere Auslegung. So sei dem Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999 auf Seite 36 der Bundestagsdrucksache 14/443 zu entnehmen, dass der Ausschluss der Anwendung der allgemeinen Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG für erforderlich angesehen worden sei, weil die Sonderregelungen in § 21 KStG ohnehin den zurzeit steuerlich anzuerkennenden Höchstbetrag dieser Rückstellungen festlege. Damit habe der Gesetzgeber ausdrücklich Bezug auf Abs. 2 der Vorschrift genommen.
AUS DEN GRÜNDEN
I. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide über Körperschaftsteuer 2000 und Gewerbesteuermessbetrag 2000 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FA hat die von dem Kläger gebildeten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen zu Unrecht gewinnerhöhend abgezinst.
1. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 EStG durch Betriebsvermögensvergleich. Dementsprechend muss er gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e EStG Rückstellungen für Verpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 v.H. abzinsen, sofern nicht die Laufzeit der zugrunde liegenden Verbindlichkeiten am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt.
2. Für die streitigen Rückstellungen schließt jedoch § 21 Abs. 3 KStG die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG und damit die Abzinsung dieser Rückstellungen aus. Soweit das FA demgegenüber der Ansicht ist, dass die von dem Kläger gebildeten Rückstellungen von dem in § 21 Abs. 3 KStG normierten Ausschluss des Abzinsungsgebotes nicht erfasst seien, da es sich um Rückstellungen für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen handele, während § 21 Abs. 3 KStG nur Rückstellungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen erfasse, folgt das Gericht dem nicht. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des zwischen den Beteiligten streitigen Umfangs der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 3 KStG.
a) Erstes Auslegungskriterium ist der Wortlaut der Norm. § 21 Abs. 3 KStG lautet: „§ 6 Abs. 1 Nr. 3a des Einkommensteuergesetzes ist nicht anzuwenden." Eine Unterscheidung im Anwendungsbereich zwischen Rückstellungen für erfolgsabhängige und erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen kommt dort nicht zum Ausdruck. Insoweit lässt der Wortlaut beide Auslegungen zu.
b) Ein weiteres Auslegungsmerkmal ist der Wille des historischen Gesetzgebers. Das in § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a lit. e EStG enthaltene Abzinsungsgebot ist im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I, 402) in das EStG aufgenommen worden. Mit demselben Gesetz wurde die Nichtanwendungsvorschrift des § 21 Abs. 3 KStG in das Gesetz eingefügt. In dem dritten Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999 wird ausgeführt, dass es sich bei der Regelung des § 21 KStG um eine steuerliche Sonderregelung für Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen von Versicherungsunternehmen handele; diese lege unter anderem den zurzeit steuerlich anzuerkennenden Höchstbetrag dieser Rückstellungen fest. Vor diesem Hintergrund bedürfe es insoweit der Anwendung der allgemeinen Vorschriften des § 6a Abs. 1 Nr. 3a EStG nicht (Bundestagsdrucksache 14/443, Seite 36).
Soweit das FA aus diesen Ausführungen den Schluss zieht, dass der historische Gesetzgeber damit den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 3 KStG auf die Fälle des § 21 Abs. 2 KStG und damit auf Rückstellungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen habe beschränken wollen, folgt das Gericht dem nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber die konkrete Vorstellung hatte, dass die bestehende gesetzliche Regelung des § 21 KStG für Beitragsrückerstattungen von Versicherungsunternehmen für alle Arten von Rückerstattungen eine realitätsnahe Bewertung sicherstelle und dementsprechend eine Ausnahme vom Abzinsungsgebot gerechtfertigt sei; zumindest lässt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Vorstellung hatte, mit der Anknüpfung an die für Rückstellung geltende Regelung des § 21 Abs. 2 KStG eine Einschränkung auf die in § 21 Abs. 1 KStG genannten erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattungen vorzunehmen. Zwar bezieht sich die für Rückstellungen geltende Regelung des § 21 Abs. 2 KStG nach der Rechtsprechung des BFH ausschließlich auf die in § 21 Abs. 1 genannten erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattungen; das entsprechende Grundsatzurteil datiert jedoch vom 9. Juni 1999 (I R 17/97, BStBl II 1999, 739) und war dementsprechend bei den Gesetzesberatungen und der Beschlussfassung im März 1999 noch nicht bekannt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber die Vorstellung hatte, dass die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen sowohl für erfolgsabhängige als auch für erfolgsunabhängige gelte und demzufolge der Ausschluss vom Abzinsungsgebot für beide Arten von Rückstellungen gerechtfertigt sei.
c) Die systematische Auslegung führt ebenfalls nicht zu eindeutigen Ergebnissen. Zwar spricht auf den ersten Blick vieles für den vom FA angenommenen systematischen Zusammenhang. Denn für § 21 Abs. 2 KStG ist inzwischen anerkannt, dass die dort geregelte Beschränkung der steuerlichen Auswirkung für Zuführung zu einer Rückstellung für Beitragsrückerstattungen nur auf Rückstellungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen anzuwenden ist, obwohl der Wortlaut selbst eine solche Einschränkung nur in § 21 Abs. 1 KStG nicht aber in dessen Abs. 2 vornimmt. Dies legt den Schluss nahe, dass der später eingefügte § 21 Abs. 3 KStG ebenfalls diese Einschränkung beinhaltet, auch wenn sie in seinem Wortlaut nicht explizit zum Ausdruck kommt (so auch Groß in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 21 Rdn. 47). Dieser auf der Systematik des Gesetzes gründenden Schlussfolgerung steht jedoch entgegen, dass der BFH in seiner Grundsatzentscheidung vom 9. Juni 1999 (I R 17/97, BStBl II 1999, 739) den eingeschränkten Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 KStG nicht in erster Linie auf den systematischen Zusammenhang mit § 21 Abs. 1 KStG, sondern vielmehr auf den Sinn und Zweck der Norm gestützt hat (ebenso Schick in Erle/Sauter, Heidelberger Kommentar zum KStG, 2. Aufl. 2006, § 21 Rdn. 64).
d) Damit kommt es für die Auslegung des § 21 Abs. 3 KStG hinsichtlich seines Anwendungsbereiches entscheidend auf den Sinn und Zweck der Norm an. Das in § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a lit. e EStG normierte Abzinsungsgebot ist in das Gesetz aufgenommen worden, um die Gewinnermittlung zu objektivieren, da die bis dahin geltenden Gewinnermittlungsvorschriften wegen ihrer auf dem Prinzip des Gläubigerschutzes basierenden Prinzipien nur einen eingeschränkten Blick in die tatsächliche Ertragslage ermöglichten. Aus diesem Grund sollte die Bildung stiller Reserven beschränkt werden, um die Unternehmen nach ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern (vgl. Dritter Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999, Bundestagsdrucksache 14/443, Seite 18). Eine Ausnahme vom Abzinsungsgebot ist jedoch dann gerechtfertigt, wenn die bestehenden gesetzlichen Regelungen bereits eine realitätsnahe Bewertung sicherstellen. Diese Einschränkung kommt unter anderem in den in § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG zugelassenen so genannten Bereichsausnahmen zum Ausdruck. Als weitere gesetzliche Regelungen, die bereits eine realitätsnahe Bewertung sicherstellen, hat der Gesetzgeber ausdrücklich auch § 21 KStG bei Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen von Versicherungsunternehmen angesehen (Dritter Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999, Bundestagsdrucksache 14/443, Seite 18).
Insoweit ist zwischen den Beteiligten und auch in Rechtsprechung und Literatur unstreitig, dass eine derartige Ausnahme vom Abzinsungsgebot für Rückstellungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen gerechtfertigt ist. Das FA hat jedoch vorliegend keine Gründe dargelegt, warum eine solche Ausnahme für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen unter dem Gesichtspunkt der realitätsnahen Bewertung nicht gerechtfertigt wäre. Derartige Gründe sind auch für das Gericht nicht ersichtlich. Vielmehr spricht der Sinn und Zweck der Norm insoweit für eine Gleichstellung von Aufwendungen und Rückstellungen sowohl für erfolgsabhängige als auch für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen (so auch Hauswirth in Ernst & Young, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 21 KStG Rdz. 40; Schick, a.a.O., § 21, Rdn. 65).
Darüber hinaus würde eine Abzinsung der Rückstellungen für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen auch dem gesetzgeberischen Zweck der jeweils zugrunde liegenden Normen diametral entgegenlaufen, so z.B. bei § 12a VAG der Beitragsermäßigung im Alter (vgl. Schick, a.a.O., § 21, Rdn. 65, m.w.N.). Schließlich ist auch zu beachten, dass die Rückstellung für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen ebenso wie die für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattungen dem Rechtsgedanken der Verzinslichkeit bereits Rechnung trägt, da in beiden Fällen der Zinsvorteil nicht beim steuerpflichtigen Versicherungsunternehmen verbleibt, sondern über eine Einbeziehung dieser Zinsen in die Berechnung der Folgejahre den Versicherten wieder zugute kommt (so auch Rosa in Gosch, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 21 Rdn. 43 unter Hinweis auf § 12a Abs. 1 VAG).
Damit führt die Auslegung des § 21 Abs. 3 KStG unter Gewichtung der einzelnen Auslegungsmethoden und besonderer Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Norm zu dem Ergebnis, dass der dort normierte Ausschluss des Abzinsungsgebotes auch für Rückstellungen für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen gilt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen; die Frage, ob auch Rückstellungen für erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattungen vom Abzinsungsgebot ausgenommen sind, ist von grundsätzlicher Bedeutung.


 

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