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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
05.03.2020
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Nürnberg: Auch für nicht dem BetrAVG unterliegende Entgeltumwandlungszusagen gilt § 6a Abs. 5 EStG

FG Nürnberg, Urteil vom 2.4.2019 – 1 K 836/18, Rev. eingelegt (Az. BFH XI R 9/19)

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2020-624-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsatz (des Kommentators)

§ 6a Abs. 5 EStG normiert eine allumfassende Geltung für alle Pensionsleistungen; eine Differenzierung nach der Rechtstellung des Pensionsberechtigten findet nicht statt.

EStG § 6a

Sachverhalt

Streitig ist die Bewertung einer Pensionsrückstellung.

Die Klägerin wurde zum 12.06.2013 gegründet und übernahm Vermögenswerte und die Anteile der A1 GmbH. Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer ist seit 01.01.2014 A.

Die Klägerin übernahm mit Vereinbarung vom 15.01.2014 auch die bestehende Versorgungszusage der A1 GmbH für A (geb. 01.01.1963). Weiterhin gewährte sie ihm am 28.02.2014 eine weitere Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen. Die Zusage umfasste eine Altersversorgung durch Altersrente oder vorzeitige Altersrente und eine Hinterbliebenenversorgung durch eine Witwen- und Waisenrentenzusage. Wegen der Einzelheiten wird auf die Versorgungsvereinbarung verwiesen.

Die Entgeltumwandlung bestand laut Vereinbarung vom 28.02.2014 im Verzicht auf einen Teil der monatlichen Vergütung in Höhe von 4.500 €. Dies wurde ab Februar 2014 praktiziert. Mit Vereinbarung vom 25.08.2014 wurde das einbehaltene Entgelt bis auf weiteres auf 3.500 € festgelegt. Für 2014 verzichtete A somit auf Entgelt in Höhe von 45.500 €.

Die Klägerin passivierte zum 31.12.2014 aufgrund eines Gutachtens der K. AG für die arbeitgeberfinanzierte Zusage (unstrittig) 314.467 € und für die arbeitnehmerfinanzierte Pensionszusage eine Rückstellung in Höhe von 46.504 € (zusammen 360.971 €). Diese Werte wurden von B, Institut für Wirtschaftsmathematik u. betriebliche Altersversorgung, ermittelt.

Aus den Berechnungen des Instituts (vgl. versicherungsmathematisches Gutachten vom 15.07.2015), auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ergibt sich für die Versorgungszusage vom 28.02.2014 zum 31.12.2014 aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 45.500 € für den Versorgungbaustein 2014

- ein Endkapitalwert zum Renteneintritt von 99.624 €

- ein Teilwert von 4.874 € (Differenz des Barwertes der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge) und

- ein Barwert von 46.504 € (Barwert der unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres).

Im Jahr 2016 fand für die Jahre 2013 und 2014 eine Außenprüfung statt. Die zugezogene Fachprüferin für versicherungsmathematische Fragen stellte fest, dass die Rückstellung für die arbeitnehmerfinanzierte Versorgungszusage nicht mit dem Barwert, sondern mit dem Teilwert der voraussichtlichen Versorgungsbausteine zu bewerten sei.

Als Teilwert einer Pensionsverpflichtung gelte nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vor Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleich bleibender Jahresbeträge, bei einer Entgeltumwandlung im Sinne von § 1 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes mindestens jedoch der Barwert der gemäß den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres.

Da A als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) falle, sei seine Anwartschaft nicht durch das BetrAVG gesetzlich unverfallbar, sondern werde in Tz 8 der Versorgungszusage nur vertraglich geregelt.

Dies genüge nicht für den Ansatz des Mindestwertes, wie dies auch EStH 6a Absatz 12 Satz 2 sehe, sondern es komme der allgemeine, idR niedrigere Teilwert zum Ansatz.

Die Fachprüferin ermittelte zum 31.12.2014 für die Versorgungszusage vom 28.02.2014 unter Zugrundelegung künftiger jährlicher Entgeltverzichte von 43.155 € einen Teilwert von 42.706 €.

Das Finanzamt folgte der Feststellung und minderte im Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2014 vom 29.09.2017 u.a. die Rückstellung um 3.798 €.

Die Klägerin legte am 17.10.2017 erfolglos Einspruch ein und hat am 25.05.2018 fristgerecht Klage erhoben.

Sie trägt vor, dass die Pensionsrückstellung mit dem Barwert für unverfallbare künftige Pensionsleistungen und nicht lediglich mit dem quotierten Teilwert anzusetzen sei.

Das Finanzamt verkenne die gesetzgeberischen Techniken der Normverweisung, wenn es § 6a Abs. 3 Satz 2 EStG nicht anwende, nur, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fiele.

1. Der Verweis in § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 2. Halbsatz EStG auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG auf die dortige Entgeltumwandlung beziehe sich auf die dortige Legaldefinition. Der arbeits- und der steuerrechtliche Begriff sei somit identisch.

§ 6a EStG differenziere an keiner Stelle danach, ob eine konkrete Versorgungszusage unter das BetrAVG falle. In § 6a Abs. 5 EStG stelle der Gesetzgeber vielmehr klar, dass § 6a EStG ein allumfassender Geltungsanspruch für ausnahmslos alle Fälle der Pensionszusage zukomme, denn die dort benannten sonstigen Rechtsverhältnisse unterfielen nicht dem BetrAVG.

Ebenso verhalte es sich mit dem Verweis in § 6a EStG auf § 1b Abs. 5 BetrAVG und die dortige Legaldefinition der Unverfallbarkeit der Ansprüche bei Entgeltumwandlung. Auch hier solle Zivil- und Steuerrecht in Gleichlauf gebracht werden.

Gerade wegen des allumfassenden Geltungsanspruchs gemäß § 6a Abs. 5 EStG für alle Rechtsverhältnisse komme es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf an, ob die Entgeltumwandlung gesetzlich oder nur vertraglich unverfallbar sei. Denn bei allen Rechtsverhältnissen, die kein Dienstverhältnis seien, gelte nicht nur § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 S. 1 HS. 2 EStG sinngemäß, sondern auch dessen Verweis auf die Definition der Unverfallbarkeit bei Entgeltumwandlungen.

Die Pensionszusage an A enthalte eine Entgeltumwandlung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, also um betriebliche Altersversorgung, und die Unverfallbarkeit sei gemäß den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes geregelt.

2. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG fordere als zentrale Bewertungsvorschrift den Ansatz der Teilwerte. § 6a EStG modifiziere die diesbezügliche Bewertung der Pensionsrückstellung, um zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen. Um für die einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Versorgungszusage eine von der allgemeinen Regelung abweichende Bewertung zu statuieren, wäre es gerade im Lichte des § 6a Abs. 5 EStG systematisch erforderlich gewesen, eine entsprechende ausdrückliche Ausnahmevorschrift beizufügen. Daran fehle es aber.

3. § 6a EStG habe die Aufgabe, die Besonderheiten der Bewertung einer Pensionszusage bei der Ermittlung des Teilwerts zu berücksichtigen. Bei der Bewertung zum Schluss des Wirtschaftsjahres stehe die künftige Pensionsverpflichtung noch nicht fest, da der Erwerbsvorgang noch nicht abgeschlossen sei. § 6a Abs. 3 EStG gehe daher von den voraussichtlichen Ansprüchen aus, bringe aber die verbleibende Erdienzeit angemessen in Abzug. Bei Entgeltumwandlungen bestehe aber die Besonderheit, dass mit der einzelnen Umwandlung bereits ein Versorgungsbaustein in unverfallbarer Weise erworben worden sei. Dies treffe sowohl für Fälle, die unter das BetrAVG fielen, als auch für Gesellschafter-Geschäftsführer zu, da die Unverfallbarkeit vor der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bereits nach der Rechtsprechung anerkannt gewesen sei. Dem entspreche § 6a Abs. 3 EStG, indem er den Teilwert-Barwert-Vergleich als die Methode vorschreibe, die zu zutreffenden Ergebnissen führe indem sie den Barwert als Untergrenze festlege. Diese besondere Bewertungsmethode sei durch die Entgeltumwandlung begründet, unabhängig davon, warum die Unverfallbarkeit eingetreten sei. Die wertbildenden Faktoren seien in beiden Fallgruppen identisch. Da § 6a Abs. 5 EStG allumfassend für alle Dienstverhältnisse gelte, jedoch sonstige Dienstverhältnisse nicht unbedingt Arbeitnehmer voraussetzen, tauge dieses Merkmal nicht als Unterscheidungskriterium.

§ 6a Abs. 3 EStG stelle eine Rechtsfolgenverweisung dar, denn das BetrAVG habe nur für Arbeitnehmer festgeschrieben, was nach der Rechtsprechung des BAG bereits für alle Dienstverhältnisse gegolten habe.

4. § 1b Abs. 5 BetrAVG habe mit der sofortigen Unverfallbarkeit der Ansprüche aufgrund Entgeltumwandlung einen Insolvenzschutz bezweckt. Eine Differenzierung zwischen gesetzlicher und vertraglicher Unverfallbarkeit sei nicht das Ziel gewesen.

§ 6a EStG habe bereits 1954 die Rechtsprechung des RFHs umgesetzt, für Pensionszusagen eine eigene Bewertungsmethode zu verwenden. Mit der Kodifizierung der Entgeltumwandlung im BetrAVG 1995 und der Flankierung im EStG 2001 sei keine Differenzierung nach der Dienststellung des Pensionsberechtigten verbunden gewesen. Der Gesetzgeber habe laut der Gesetzesbegründung mit dem Barwert-Teilwert-Vergleich die Ausbreitung der Altersversorgung durch Entgeltumwandlung steuerlich begünstigen wollen und in § 6a Abs. 5 EStG klargestellt, dass dies für alle Pensionsberechtigten und nicht nur für Arbeitnehmer gelten solle.

5. Darüber hinaus scheitere die Auffassung des Finanzamts am im Steuerrecht geltenden Gleichheitssatz. Die folgerichtige Umsetzung verbiete es, die Stellung des Pensionsberechtigten als Arbeitnehmer oder Mehrheit-Gesellschafter-Geschäftsführer als Differenzierungskriterium heranzuziehen, da in beiden Fällen die Pensionsverpflichtung in identischer Höhe zu bewerten sei. Entweder sei die Norm verfassungskonform auszulegen oder die Norm scheitere selbst am Gleichheitsgrundsatz, da andernfalls das Prinzip der Besteuerung der Leistungsfähigkeit nicht gewahrt werde.

6. Die Regelung der R 6a 12 Satz 4 EStR 2012, wonach der Barwert-Teilwert-Vergleich für vertragliche Unverfallbarkeit nicht gelte, sei für die Klägerin und die Gerichte unmaßgeblich. Die Rechtsprechung habe bereits bei der Erdienbarkeit die Ansicht der Finanzverwaltung zu Entgeltumwandlungen bei Gesellschafter-Geschäftsführern gekippt (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 07. März 2018 - I R 89/15 -, BFHE 261, 110, BStBl II 2019, 70 [BB 2018, 1826 m. BB-Komm. Hainz, BB 2018, 3047 Ls m. BB-Komm. Selig-Kraft]).

7. In der Literatur werde in § 6a EStG einhellig keine Einschränkung für Entgeltumwandlungen bei Gesellschafter-Geschäftsführern gesehen.

Der Vertreter der Klägerin hat beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer 2014 vom 29.09.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.05.2018 dahin zu ändern, dass die Pensionsrückstellung zum 31.12.2014 um 3.798 € erhöht wird.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten beantragen im Falle des Unterliegens die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Das Finanzamt macht sich die Äußerungen der Fachprüferin zu eigen und gibt an, dass nach erneuter Berechnung der Teilwert zum 31.12.2014 unter Berücksichtigung der künftigen Entgeltumwandlungen 42.720 € betrage.

Die Regelung des § 6a EStG sei 2001 eingeführt worden. Der Anwartschaftsbarwert sei als Rückstellung nur zugelassen, wenn die Zusage bei einer Entgeltumwandlung kraft Gesetzes sogleich unverfallbar sei; eine vertragliche Vereinbarung reiche nicht aus.

Das gesetzgeberische Motiv 2001, die betriebliche Altersversorgung auszuweiten, lasse den Rückschluss zu, dass die gesetzliche Rechtsfolge der Unverfallbarkeit durch den höheren Wertansatz ausgeglichen werden solle.

Aus § 6a Abs. 5 EStG sei keine Geltung des § 6a EStG für Gesellschafter-Geschäftsführer abzuleiten, sondern in Absatz 3 seien Dienstverhältnisse und in Absatz 5 andere Rechtsverhältnisse gemeint.

Der Gesetzgeber habe bewusst den Anwartschaftsbarwert nur für die gemäß den Vorschriften des BetrAVG unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen zugelassen, da er darauf Bezug genommen habe. Dies gelte nicht nur für Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern für alle vertraglich vereinbarten Unverfallbarkeiten. Vertragliche Vereinbarungen hätten nicht einbezogen werden sollen, da die Parteien völlig frei in der Ausgestaltung seien. Der Gesetzgeber habe eben nicht alle unverfallbaren Ansprüche, sondern nur solche nach dem BetrAVG einbezogen.

In der Literatur werde diese Rechtsansicht der Finanzverwaltung einhellig geteilt.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Der Barwert-Teilwert-Vergleich ist auch im Streitfall vorzunehmen und der höhere Barwert als Rückstellung zu passivieren.

Versorgungszusagen gegenüber A sind nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst

1. Die beiden Versorgungszusagen gegenüber A sind nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Die Vereinbarungen wurden wie mit fremden Dritten geschlossen, insbesondere sind die Kriterien für eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarungen, die tatsächlich durchgeführt werden und das Verbot der Nur-Pensionszusage beachtet worden.

Pensionsverpflichtung gegenüber A ist mit dem höchsten Wert aus dem Barwert-Teilwert-Vergleich anzusetzen

2. Die Auslegung dieser Norm führt zu dem Ergebnis, dass auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, dem aufgrund einer Entgeltumwandlung, die den Tatbestandsmerkmalen des § 1 Abs. 2 BetrAVG entspricht, mindestens der Barwert der unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen zu passivieren ist.

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Als Teilwert einer Pensionsverpflichtung gilt vor Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleich bleibender Jahresbeträge, bei einer Entgeltumwandlung im Sinne von § 1 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes mindestens jedoch der Barwert der gemäß den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres.

Maßgebend für die Auslegung der Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten. Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu. Bei mehreren (nach dem Wortsinn) möglichen Auslegungen ist diejenige maßgebend, die dem im Wortlaut des Gesetzes und in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht (BFH, Urteil vom 18. April 2012 - X R 57/09 -, BFHE 237, 311, BStBl II 2012, 770, Rn. 18 [BB 2012, 2545 m. BB-Komm. Köhler]).

Der Wortlaut des § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG ist hinsichtlich der Streitfrage nicht eindeutig.

Die vordergründige Betrachtung des § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG spricht für die Interpretation des Finanzamts, wonach es sich um eine Entgeltumwandlung im Sinne des BetrAVG und um Pensionsleistungen handeln muss, die aufgrund der Regelungen des BetrAVG unverfallbar geworden sind.

Der Einwand des Klägervertreters, durch die Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 BetrAVG werde ein Gleichklang zwischen arbeits- und steuerrechtlichen Begriffen herbeigeführt, ist zutreffend, belegt jedoch nicht, dass die Bewertung der Pensionszusagen bei Gesellschafter-Geschäftsführern dem Grund und der Höhe nach mit Zusagen gegenüber Arbeitnehmern, die unter das BetrAVG fallen, identisch ist. Ob die Wortwahl „im Sinne von“ einen weiteren Anwendungsbereich erfasst, als „gemäß“, wie die Klägerin meint, ist fraglich; für das Gericht jedenfalls nicht zwingend.

Unbehelflich ist auch die Heranziehung des § 6a Abs. 5 EStG, der § 6a Absatz 3 EStG auch für andere Rechtsverhältnisse für anwendbar erklärt. Dieser Umstand und die Geltung des § 6a EStG für die Bewertung aller Pensionsrückstellungen ist für die Beteiligten und das Gericht unstrittig, ohne jedoch eine Entscheidung zu § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG dahin zu treffen, dass eine Unverfallbarkeit außerhalb des BetrAVG mit dem Teilwert oder mindestens dem Barwert zu bewerten ist.

Auch wenn der Wortlaut des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG mit seiner Bezugnahme auf das BetrAVG es nahelegt, dessen Anwendbarkeit vorauszusetzen, so geht der Wortlaut nicht so weit, dass er eine eindeutige Regelung formuliert für die Pensionsleistungen, die nicht durch das BetrAVG begründet sind. Lediglich wenn man annimmt, die Zusage gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer sei nicht unter § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG zu subsumieren, erfolgt ein Rückfall in die Bewertung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG.

Die systematische Auslegung der Norm spricht dafür, auch für Gesellschafter-Geschäftsführer bei einer Entgeltumwandlung den Barwert-Teilwert-Vergleich vorzunehmen.

§ 6a EStG regelt die Bewertung der Pensionsrückstellungen für alle Rechtsverhältnisse. Absatz 3 enthält umfangreiche und detaillierte Festlegungen, wie die Höhe der Pensionsrückstellung im Einzelnen, abhängig von mannigfaltigen Parametern, zum jeweiligen Bilanzstichtag anzusetzen ist. Eine Differenzierung jedoch nach der Rechtstellung des Pensionsberechtigten, insbesondere, ob er unter das BetrAVG fällt, Gesellschafter-Geschäftsführer ist oder in einem anderen Rechtsverhältnis zum Pensionspflichtigen steht, findet nicht statt. Im Gegenteil normiert § 6a Abs. 5 EStG eine allumfassende Geltung für alle Pensionsleistungen.

Es ist auch kein systematischer Ansatz ersichtlich, wonach für Berechtigte außerhalb des Anwendungsbereichs des BetrAVG eine andere Bewertung, dem Grunde, der Höhe oder dem Zeitpunkt nach, vorzunehmen wäre. Sofern keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung, wie im Streitfall, festzustellen ist, sind aus Sicht der Verpflichteten und Berechtigten die Pensionsansprüche in allen Varianten, unter Berücksichtigung der Berechnungsgrößen, nach denselben Grundlagen zu bewerten.

Hinzu kommt, dass eine für Gesellschafter-Geschäftsführer zunächst niedrigere Bewertung im Vergleich zu einer hinsichtlich der Berechnungsgrößen identischen Zusage gegenüber einem Arbeitnehmer iSd BetrAVG spätestens im Zeitpunkt des Renteneintritts angeglichen würde. Es ist kein systematischer Grund ersichtlich, der Anlass für diese temporäre Differenzierung geben könnte.

Auch die Motivation des Gesetzgebers und die historische Entstehung sprechen dafür, für die Pensionsrückstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers ebenso den Barwert-Teilwert-Vergleich vorzunehmen.

Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (AVmG) hat der Gesetzgeber u.a. die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit bei Entgeltumwandlungen von Arbeitnehmern geregelt. In diesem Gesetz hat er § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG die für das Streitjahr anzuwendende Fassung gegeben (Bundesratsdrucksache 764/00 S. 47).

Zur Begründung führt der Gesetzgeber aus, dass diese Änderung notwendig ist, um den versicherungsmathematisch zutreffenden Ansatz der Pensionsverpflichtung in der Steuerbilanz sowohl vom Ansatz als auch von der Bewertung zu gewährleisten (BR-Drs. 764/00 S. 143). Die erstmalige Bildung wird für das Jahr des Eintritts der Unverfallbarkeit zugelassen. Die bisherige Bewertung wird mit der Maßgabe modifiziert, dass mindestens der Barwert der nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres anzusetzen ist.

Die Gesetzesbegründung entspricht zwar insoweit dem Wortlaut des § 6a EStG und bietet daher alleine keine Auslegungshilfe. Da jedoch auch ausgeführt wird, dass diese Änderungen dem zutreffenden versicherungsmathematischen Ansatz geschuldet sind, kann geschlossen werden, dass es sich nicht zugunsten des Arbeitgebers um einen Ausgleich wegen der gesetzlich angeordneten Unverfallbarkeit handelt, so wie das Finanzamt mutmaßt. Eine bewusste Differenzierung des Gesetzgebers dahin, welcher Ansatz stattdessen zu wählen ist, wenn sich die Unverfallbarkeit nicht aus dem BetrAVG ergibt, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Wenn es aber alleine die zutreffende versicherungsmathematische Bewertung ist, so muss diese gleichermaßen für eine Entgeltumwandlung eines Gesellschafter-Geschäftsführers gelten, da nicht nachvollziehbar wäre, hier einen versicherungsmathematisch unzutreffenden Wert als den richtigen zu erachten.

Der Geltungsbereich der geänderten Pensionsverpflichtung soll auch deshalb nicht auf den Geltungsbereich des BetrAVG beschränkt sein, da die weitere Formulierung „Dies gilt z.B. für Pensionsanwartschaften im Zusammenhang mit Entgeltumwandlungen gemäß § 1 Abs. 2 zweite Alternative BetrAVG“ soweit ersichtlich, die einzige Entgeltumwandlung nach dem BetrAVG ist und damit das Beispiel auch Anwendungsfälle außerhalb erfasst.

§ 6a EStG enthielt seit seiner Existenz keine Differenzierung hinsichtlich der Bewertung der Pensionsverpflichtung gegenüber Arbeitnehmern, die unter das BetrAVG fielen, und anderen Berechtigten. Das AVmG wollte eine solche auch nicht einführen.

Auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat bisher keinen Anlass gesehen, zwischen Entgeltumwandlungen i.S.d. BetrAVG und der eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der nicht unter den Anwendungsbereich des BetrAVG fällt, zu differenzieren.

Ganz im Gegenteil hat der BFH in seinem Urteil vom 07.03.2018 (I R 89/15, BB 2018, 1826 m. BB-Komm. Hainz, BB 2018, 3047 Ls m. BB-Komm. Selig-Kraft]) klargestellt, dass er beide Personengruppen in dem zu entscheidenden Aspekt der Erdienbarkeit gleichstellt.

Soweit der Wortlaut des § 6a EStG auch eine Auslegung dahin zuließe, dass der Barwert-Teilwert-Vergleich nicht bei Entgeltumwandlungen außerhalb des BetrAVG vorzunehmen ist, gebietet jedenfalls die verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 6a EStG den Inhalt beizumessen, der sich aus dem Prinzip der Folgerichtigkeit aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitet.

Es ist kein Kriterium ersichtlich, das es sachlich rechtfertigen würde, die Pensionsverpflichtung aus einer Entgeltumwandlung mit sofortiger Unverfallbarkeit der Ansprüche anders zu bewerten, wenn sich die ansonsten gleich hohen Ansprüche aus dem BetrAVG oder aus Vertrag ergeben. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn - wie im Streitfall in Tz. 8 der Versorgungszusage - die Unverfallbarkeit entsprechend § 1b Abs. 5 1. Halbsatz BetrAVG nachgebildet ist. Der Einwand des Finanzamts, vertragliche Unverfallbarkeiten könnten mannigfaltig geregelt werden, mag zutreffen; jedoch weicht im Streitfall die vertragliche Unverfallbarkeit von der des BetrAVG nicht ab.

Es kann dahinstehen, ob bei der Teilwertermittlung auch künftige Entgeltumwandlungen nach dem Bilanzstichtag einzubeziehen sind

3. Da die Normauslegung somit ergibt, dass die Pensionsverpflichtung gegenüber A nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG mit dem höchsten Wert aus dem Barwert-Teilwert-Vergleich (46.504 € zum 31.12.2014) anzusetzen ist, kann dahinstehen, ob bei der Teilwertermittlung auch künftige Entgeltumwandlungen nach dem Bilanzstichtag einzubeziehen sind. Die diesbezügliche Ansicht, die das Finanzamt auf eine Literaturmeinung (Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht Bd. II Kap 2, Rz 222; 357ff) stützt, stünde im Widerspruch zu dem Bewertungsgrundsatz für Rückstellungen.

Zudem kann das Gericht diese Aussage nicht aus der Zitierung entnehmen. Höfer trifft keine Rechtsaussage dahin, dass künftige Entgeltumwandlungen in die Berechnung einzubeziehen wären. Lediglich in der Beispielsrechnung 2 in Rz 357 legt er künftige Entgeltumwandlungen, die auf einer rechtlich bindenden Vereinbarung beruhen, zugrunde. In der Grafik sind jedoch die einzelnen Versorgungsbausteine als Schichten dargestellt, die erst im Jahr der weiteren Entgeltumwandlung den Barwert erhöhen.

Zwar hat der BFH (BFH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - I R 34/95 -, BFHE 179, 274, BStBl II 1996, 403, Rn. 14 [BB 1996, 582]) bei der Rückstellungsberechnung eine Dynamisierung in Form einer klaren und angemessenen Erhöhung um einen bestimmten Prozentsatz einbezogen. Er hat jedoch klargestellt, dass es sich hierbei nicht um ungewisse Erhöhungen künftiger Jahre handelt, sondern um die feststehende Berechnung einer bereits fest zugesagten Rente handelt.

Der dortige Sachverhalt unterscheidet sich jedoch entscheidend vom Streitfall. Hier werden nicht schon durchgeführte Entgeltumwandlungen um eine jährliche feste Erhöhung dynamisiert, sondern es bedarf weiterer Entgeltumwandlungen in den Folgejahren. Auch wenn diese rechtlich bereits vereinbart sind, so handelt es sich dennoch um schwebende Geschäfte, die von keiner Seite erfüllt sind, und daher nicht zu bilanzieren sind. Die Bilanzierung einer Verbindlichkeit in Form einer Rückstellung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da ihre Verwirklichung in der Zukunft liegt und daher ungewiss ist.

Es kommt auch nicht mehr darauf an, ob der vom FA neu ermittelte Teilwert zutreffend ist

4. Weiterhin kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der vom Finanzamt neu ermittelte Teilwert mit 42.720 € zutreffend ist, da der anzusetzende Barwert auch diesen Wert übersteigt.

Literaturmeinungen führen keine tiefergehende Begründuing an und verweisen allenfalls auf den Wortlaut der EStR

5. Soweit sich das Finanzamt auf Literaturmeinungen beruft (Gosch in Kirchhof, EStG, § 6a Rz 13; Heger in Blümich, EStG, § 6a Rz 348; Schmitz in Lippross/Seibel, Basiskommentar zum Steuerrecht, § 6a Rz 59), ist festzustellen, dass diese für ihren Rechtsstandpunkt keine tiefergehende Begründung anführen und allenfalls auf den Wortlaut der Einkommensteuerrichtlinien R 6a Abs. 12 Satz 4 EStR 2012 verweisen.

Berechnung der Körperschaftsteuer

6. Die Körperschaftsteuer für 2014 berechnet sich wie folgt:

 

 

GdE lt. Einspruchsentscheidung

4.939

Erhöhung Rückstellung

- 3.798

Verlustabzug aus 2013

- 1.141

GdE lt.Urteil

0

festgesetzte KSt

0

   

nachrichtlich

 

Verlustvortrag 31.12.2013

1.814

Verbrauch 2014

- 1.141

Verlustvortrag zum 31.12.2014

673

 

Kosten

7. Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen, da es in der Sache unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten der Klägerin sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Zulassung der Revision

8. Finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Streitfrage liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Die Revision war daher nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen.

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