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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
26.11.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Anforderungen an gewillkürtes Betriebsvermögen

FG München, Urteil vom 5.5.2009 - 6 K 3517/07, rkr.

Leitsatz (Des Kommentators)

Kapitaleinsatz in Form von Wertpapieren ist nicht das kennzeichnende Merkmal einer Tätigkeit, die durch eigene Arbeitskraft sowie dem Einsatz geistigen Vermögens geprägt ist, zumindest nicht soweit die Tätigkeit nur in geringfügigem Umfang ausgeübt wird. Wertpapiere sind demnach auch nicht objektiv geeignet, einem derartigen Betrieb zu dienen.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt seit 1997 nebenberuflich einen gewerblichen Buchhaltungsservice. Im Jahr 1997 erzielte sie Betriebseinnahmen in Höhe von 0 DM, 1995 von 855 DM, 1999 von850 DM und 2000 von 500 DM (ohne Wertpapiergeschäfte).

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 vom 30. April 2001 ermittelte die Klägerin aus diesem Buchhaltungsservice einen Verlust in Höhe von 23.681 DM(= 12.107,90 €). Insoweit wurde die Klägerin, gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann, im Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 26. Juli 2001 wie erklärt veranlagt.

Eine für den Zeitraum 1999 bis 2001 durchgeführte Außenprüfung bei der Klägerin kam zum Ergebnis, dass lediglich ein Verlust in Höhe von 318 DM (= 162,59 €) zu berücksichtigen sei. Zur Begründung führt der Prüfer im Bericht über die Außenprüfung vom 5. Juli 2004 aus, die laut Bilanz zum 1. Januar 2000 als betriebliches Umlaufvermögen behandelten sowie die im Laufe des Veranlagungszeitraums 2000 zugekauften Wertpapiere stellten kein steuerrechtliches Betriebsvermögen dar, und zwar weder notwendiges noch gewillkürtes, weder Anlage- noch Umlaufmögen. Die bei den gewerblichen Einkünften nicht berücksichtigten Gewinne und Verluste aus der Veräußerung der Wertpapiere behandelte der Prüfer als private Veräußerungsgeschäfte. Für den Veranlagungszeitraum 2000 ermittelte er einen verbleibenden Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 13.544,86 DM (= 6.925,38 €).Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Bericht Bezug genommen.

Entsprechend der Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) mit dem Änderungsbescheid vom 20. Juli 2004 die Einkommensteuerveranlagung für 2000. Weitere Änderungen in diesem Änderungsbescheid sind im vorliegenden Klageverfahren nichtstreitig. Ebenfalls unter dem 20. Juli 2004 erließ das FA einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2000. Der verbleibende Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften wurde nach § 10d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 13.545 DM(= 6.925,45 €) festgestellt.

Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche vom 19. August 2004 wurden mit der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2007 im Wesentlichen als unbegründet zurückgewiesen. Lediglich im Einspruchsverfahren nachgemeldete Unkosten in Höhe von 419 DM (= 214,23 €) wurden zusätzlich als Betriebsausgaben berücksichtigt. Der vom FA für 2000berücksichtigte Verlust erhöhte sich dadurch auf 737 DM (= 376,82 €). Die Verlustfeststellung blieb unverändert.

Mit Bescheiden vom 20. Juli 2004 (für 2001) bzw. vom 1. März 2006 (für 2003 und 2004)wurde jeweils der verbleibende Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12. des jeweiligen Jahres gesondert festgestellt. Der verbleibende Verlustvortrag betrug in allen Jahren13.545 DM bzw. 6.925 €. Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche vom 19. August2004 (für 2001) bzw. vom 21. November 2006 (für 2003 und 2004) wurden mit einerweiteren Einspruchsentscheidung vom 27. August 2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diese Einspruchsentscheidungen vom 27. August 2007 wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 28. September 2007, begründet mit weiteren Schriftsätzen vom 11. Januar2008 und 20. April 2008:

- Das 1997 angemeldete Gewerbe des Buchhalters sollte in absehbarer Zeit zur Hauptberuflichen Tätigkeit ausgebaut werden.

- Zunächst seien jedoch keine betrieblichen Mittel zur Deckung der Kosten bis zum Aufbau eines verlässlichen konstanten Kundenstammes vorhanden gewesen. Der Aufbau der Tätigkeit sollte mit einer Angestellten erfolgen.

- Zur Bildung der erforderlichen Liquiditätsreserve seien ab Mai 1999 sukzessive Wertpapiere zur Stärkung des betrieblichen Kapitals angeschafft worden.

- In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2000 sei es zu einem unvorhersehbaren Börsencrash gekommen, hierbei hätten nahezu alle Wertpapiere innerhalb kürzester Zeit einen erheblichen Wertverlust erlitten.

- Um die Verluste möglichst gering zu halten, sei noch innerhalb des Jahres 2000 ein

Großteil der Wertpapiere veräußert worden. Wenige Wertpapiere seien weiter im Betriebsvermögen

gehalten worden, deren Wert in den Jahren 2000 und 2001 noch weiter nach unten gesunken sei.

- Ab dem 1. Januar 2000 sei eine doppelte Buchhaltung, mit der Möglichkeit gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden, eingerichtet worden.

- Die Wertpapiere, die zum Verlust geführt hätten, seien zeitnah eingebucht worden.

Die Klägerin beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 2000 hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berichtigen, indem die bilanzierten Wertpapiere als Betriebsvermögen anerkannt werden. In Folge dessen sind die Veräußerungsgewinne und -verluste sowie die vorgenommene Wertberichtigung in Höhe von 6.951,19 DM und die Darlehenszinsen in Höhe von 643,19 DM als Betriebseinnahmen beziehungsweise Betriebsausgaben zu berücksichtigen und die Verlustfeststellungsbescheide für die Jahre 2000, 2001, 2003 und 2004 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

- Eine betriebliche Veranlassung für die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens sei nicht gegeben.

- Es sei nicht ersichtlich, inwieweit Wertpapiere bei einem Buchhaltungsservice betriebsdienlich seien, denn bei dieser Art des Unternehmens stehe die eigene Arbeitskraft im Vordergrund, hohe Investitionen seien nicht zu tätigen.

- Das Argument, die Wertpapiere seien zur Stärkung des Kapitals angeschafft worden, weil damit die Möglichkeit bestanden habe, eine Angestellte zu beschäftigen, könne nicht nachvollzogen werden. Es erscheine fraglich, inwieweit durch den teilweise kreditfinanzierten Erwerb von Wertpapieren das Gehalt einer Angestellten gesichert sein solle.

- Da keine vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen dargelegt worden seien, seien diese Wertpapiere dem Privatvermögen zuzuordnen.

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Aus den Gründen

II. 1. Die Klage ist unbegründet. Die Verluste aus den Wertpapieren kann die Klägerin nicht als Betriebsausgaben geltend machen. Die streitgegenständlichen Wertpapiere waren in den Streitjahren kein Betriebsvermögen im gewerblichen Buchhaltungsservice der Klägerin.

a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass kein notwendiges Betriebsvermögen vorliegt.

b) Auch liegt kein gewillkürtes Betriebsvermögen vor.

Voraussetzung für die Qualifizierung eines Wirtschaftsguts als gewillkürtes Betriebsvermögen ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass die Wirtschaftsgüter ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind (vgl. Urteil des BFH vom 19. März 1981, IV R 39/78, BStBl II 1981, 731; Beschluss des BFH vom 7. November 1995, III B 66/93, BFH/NV 1996, 327). Der objektive Förderungszusammenhangbedingt, dass gewillkürtes Betriebsvermögen nicht allein kraft einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen gebildet werden kann (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990, GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817).Vielmehr wird ein durch die tatsächliche Nutzung des Wirtschaftsgutes vermittelter objektiver Zurechnungszusammenhang mit dem Betrieb vorausgesetzt.

Der Gegenstand des konkreten Betriebes zieht bei der Beurteilung des objektiven Förderzusammenhangs den Rahmen, innerhalb dessen Wirtschaftsgüter dem Betriebobjektiv dienen und damit in den für die Bildung gewillkürten Betriebsvermögenserforderlichen Funktionszusammenhang treten können (vgl. Beschluss des BFH vom 7. November 1995, aaO). Damit ist das Berufsbild im Einzelfall entscheidend für die Zuordnung von Betriebsvermögen (vgl. Urteil des BFH vom 31. Mai 2001, IV R 49/00, BStBl II 2001, 828).

Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass die Wertpapiere dem Buchhaltungsservice der Klägerin förderlich sein könnten.

Wesentlich ist, dass ein Buchhaltungsservice maßgebend durch die eigene Arbeitskraft sowie dem Einsatz des geistigen Vermögens und durch eine qualifizierte Ausbildung erworbene Kenntnisse geprägt ist. Kapitaleinsatz ist nicht das kennzeichnende Merkmal dieser Tätigkeit, die im Streitfall nur in geringfügigem Umfang ausgeübt wurde.

Der Aufbau eines Kapitalstocks kann nicht einen erforderlichen Förderzusammenhang mit dem gewerblichen Betrieb der Klägerin begründen. Insbesondere ist nichtnachvollziehbar, wie damit das Gehalt einer Angestellten gesichert werden könnte.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 der Finanzgerichtsordnung.

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