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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
30.05.2014
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Berlin-Brandenburg: Anerkennung einer gem. § 6a EStG gebildeten Pensionsrückstellung bei Übernahme der Geschäftstätigkeit durch ein anderes Unternehmen

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.12.2013 – 6 K 6326/10, rkr.

LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)

Eine persönliche Probezeit kann auch bei einem früheren Arbeitgeber, die unternehmensbezogene Wartezeit durch ein Vorgängerunternehmen erfüllt werden. Die Finanzierbarkeitsprüfung für eine kongruent rückgedeckte Zusage orientiert sich allein an der Finanzierbarkeit der laufenden Beiträge.

EStG § 6a, KStG § 8 Abs. 3 S. 2

Sachverhalt

Streitig ist die steuerliche Anerkennung einer zum 31.12.2008 gebildeten Pensionsrückstellung im Sinne von § 6a EStG.

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in B…, die im Bereich des ...bauhandwerks tätig ist. Sie wurde im Dezember 2002 gegründet und nahm zum 2.1.2003 ihre Geschäftstätigkeit auf. Alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin waren mit einer Beteiligung von jeweils 50 % der am ... Juli 1954 geborene Herr C… und der am ... Juni 1951 geborene Herr D…. Die ab dem 2.1.2003 tätige Klägerin wollte das Geschäft der zu diesem Zeitpunkt bereits vor der Insolvenz stehenden E… GmbH fortführen.

Gesellschafter-Geschäftsführer der im April 1992 gegründeten E… GmbH waren ebenfalls die Herren C… und D…. Der Unternehmensgegenstand der E… GmbH war mit dem Unternehmensgegenstand der Klägerin identisch. Zwischen der E… GmbH und der F… GbR bestand eine Betriebsaufspaltung sowie eine umsatzsteuerliche Organschaft; die F… GbR überließ der E… GmbH Grundstücke und bewegliches Anlagevermögen zur Nutzung. An der F… GbR waren Herr D… und Herr C… ebenfalls zu 50 % beteiligt.

Die E… GmbH hatte beiden Gesellschaftern am 1.9.1999 eine Pensionszusage mit einer monatlichen Rente für Herrn C… ab 1.10.2019 in Höhe von DM 1 902,33 ohne Dynamik bzw. DM 4 495,67 mit Dynamik inklusive nicht garantierter Überschussanteile und für Herrn D… ab 1.10.2016 in Höhe von DM 1 559,- ohne Dynamik bzw. DM 3 253,42 mit Dynamik inklusive nicht garantierter Überschussanteile zugesagt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Pensionszusagen nimmt der Senat auf Bl. 54 bis 57 der Streitakte Bezug.

Nach den Vereinbarungen über die Pensionszusage sollte die E… GmbH für beide Pensionszusagen eine Rückdeckungsversicherung bei der G… AG abschließen. Die E… GmbH schloss dementsprechend Versicherungen bei der G… AG nach dem X- Tarif … zum 1.10.1999 ab (Versicherungsscheinnummern … für Herrn D… und … für Herrn C…). Bezugsberechtigt war ausschließlich die E… GmbH.

Für beide Versicherungen war jeweils ein monatlich zu zahlender Betrag in Höhe von DM 1 000,- (= Euro 511,29) zu entrichten, für den eine jährliche Steigerung in Höhe von 5,0 % vorgesehen war. Ab dem 01. Oktober 2024, mit Ablauf der Beitragszahlung und Beginn der Rentenzahlung, sollte für den Vertrag von Herrn C… eine garantierte jährliche Rente von DM 37 107,- (= Euro 18 972,51) ausbezahlt werden, wobei die Auszahlung für mindestens drei Jahre garantiert wurde. Außerdem sollte der Vertrag vor Ablauf des 1.10.2024 abgerufen werden können, frühestens aber am 1.10.2019 mit einer jährlichen Rente von DM 22 828,00 (= Euro 11 671,77).

Die Bedingungen des Rückdeckungsvertrags für die gegenüber Herrn D… erteilte Pensionszusage stimmten mit denen des Rückdeckungsvertrags für die gegenüber Herrn C… erteilte Pensionszusage überein. Allerdings endete die Beitragspflicht bereits am 1.10.2021, und eine frühere Auszahlung war bereits am 1.10.2016 möglich. Die garantierte jährliche Rente sollte zum Zeitpunkt 1.10.2021 DM 31 568,- (= Euro 16 140,46) betragen. Bei Abruf zum 1.10.2016 war eine Rentenzahlung von jährlich DM 18 708,- (= Euro 9 565,25) vereinbart. Hinsichtlich der Rückdeckungsversicherungen verweist der Senat auf die in der Rechtsbehelfsakte befindlichen Versicherungsscheine der G… AG.

Im Jahr 2002 beantragte die E… GmbH bei der G… AG die Stundung der Monatsbeiträge für die Rückdeckungsversicherungen (Bl. 63 der Streitakte).

Über das Vermögen der E… GmbH wurde am ... Oktober 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet, das durch Beschluss vom ... August 2006 mangels Masse eingestellt wurde. Am ... Mai 2009 wurde die E… GmbH von Amts wegen im Handelsregister gelöscht (s. Auszug HRB … des Handelsregisters des Amtsgerichts …).

Die ab dem 2.1.2003 tätige Klägerin setzte zum einen die Geschäfte der E… GmbH fort; zum anderen führte sie als Betriebs-GmbH auch die Betriebsaufspaltung mit der F… GbR mit Vertrag vom 2.1.2003 (modifiziert durch Vertrag vom 20.12.2007) fort.

Die Klägerin erteilte ihren Gesellschaftern am 2.1.2003 Pensionszusagen über eine monatliche Rente für Herrn C… ab 1.10.2019 in Höhe von Euro 972,65 (entspricht DM 1 902,33) ohne Dynamik bzw. Euro 2 298,60 (entspricht DM 4 495,67) mit Dynamik inklusive nicht garantierter Überschussanteile und für Herrn D… ab 1.10.2016 in Höhe von Euro 797,10 (entspricht DM 1 559,-) ohne Dynamik bzw. Euro 1 663,45 (entspricht DM 3 253,42) mit Dynamik inklusive nicht garantierter Überschussanteile. Für beide Pensionszusagen sollte die Klägerin eine Rückdeckungsversicherung bei der I… AG, die infolge einer Umstrukturierung die Geschäfte der G… AG fortführte, abschließen.

Mit Schreiben vom 24.1.2003 teilte die Klägerin der G… AG – nicht jedoch der I… AG – mit, dass seit dem 1.1.2003 die Klägerin existiere und dass sie die beiden von der E… GmbH abgeschlossenen Versicherungsverträge übernehmen wolle.

Nachdem der Insolvenzverwalter der E… GmbH beide Versicherungsverträge frei gegeben hatte, stimmte die I… AG den Vertragsübernahmen zu. Anschließend kam es zu entsprechenden Übertragungen der Versicherungsnehmer-Eigenschaften für beide Gesellschafter; die Klägerin sicherte für das 2. Halbjahr 2003 die Nachzahlung der Versicherungsbeiträge für den Zeitraum 1.7.2002 bis 31.1.2003 zu (Bl. 63 bis 66 der Streitakte). Unter Berücksichtigung der fünfprozentigen Anwartschaftsdynamik für das Jahr 2003 ergab sich ein Beitragssatz für die Rückdeckungsversicherungen der Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von Euro 7 102,20 und Euro 7 102,68, mithin ein jährlicher Gesamtbetrag von Euro 14 204,88.

Die Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen und die Pensionsrückstellung sowie das Eigenkapital entwickelten sich ab 2002 wie folgt (in Euro):

 

Bilanzstichtag

Rückdeckungsversicherung

Pensionsrückstellung

Eigenkapital

31.12.2002

-,-

-,-

21 780,-

31.12.2003

41 023,-

52 879,-

./. 29 140,28

31.12.2004

62 356,-

68 289,-

./. 31 917,19

31.12.2005

79 032,-

51 958,-

./. 68 326,94

31.12.2006

97 142,-

71 725,-

./. 93 326,94

31.12.2007

116 790,-

92 912,-

./. 133 928,91

31.12.2008

138 412,-

115 664,-

+ 27 316,39

 

Die Gründe für die Minderung der Pensionsrückstellung zum 31.12.2005 gegenüber dem 31.12.2004 sind dem Senat nicht bekannt.

Der Beklagte erkannte bereits ab 2003 die Pensionszusagen steuerlich nicht an, sondern behandelte die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen als verdeckte Gewinnausschüttungen. Der Beklagte begründete dies mit der fehlenden Erprobung; jedenfalls sei die Finanzierbarkeit zu verneinen.

Die Klägerin erklärte für das Streitjahr 2008 einen Gewinn in Höhe von Euro 161 245,-. Das positive Ergebnis beruhte insbesondere auf einer Steigerung der Umsätze um ca. Euro 260 000,-, auf einer Minderung der Geschäftsführergehälter um Euro 24 000,- sowie auf einem Verzicht der F…GbR auf Pachtzahlungen in Höhe von ca. Euro 60 000,-.

Der Beklagte behandelte die Zuführung zur Pensionsrückstellung zum 31.12.2008 in Höhe von Euro 22 752,- (Euro 115 664,- ./. Euro 92 912,-) im Bescheid über Körperschaft-steuer für 2008 vom 22.1.2010 als verdeckte Gewinnausschüttung. Unter Berücksichtigung der nicht abziehbaren Aufwendungen ergab sich ein Einkommen von Euro 219 400,-, das der Beklagte im Gewerbesteuermessbescheid vom selben Tage als Gewinn aus Gewerbebetrieb übernahm.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und begründete dies damit, dass nach fünfjähriger Tätigkeit die Pensionszusagen steuerlich anzuerkennen seien. Die Finanzierbarkeit der Pensionszusagen sei auf Grund der abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen zu bejahen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte erkannte zwar nunmehr die Probezeit an, weil seit Gründung der Klägerin fünf Jahre vergangen seien, verneinte aber die Finanzierbarkeit.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass sich die Gesellschafter-Geschäftsführer spätestens im Streitjahr die zugesagten Altersversorgungen erdient hätten. Die Finanzierbarkeit der Pensionszusagen sei durch den Bestand von Rückdeckungsversicherungen bei der I… AG gesichert. Zudem sei eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von F… GbR und Klägerin anzustellen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 22.1.2010 und den Gewerbesteuermessbescheid 2008 vom 22.1.2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 29.10.2010 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens in Höhe von Euro 131 204,- auf Euro 19.680,- und der Gewerbesteuermessbetrag von Euro 4 984,- auf Euro 4 189,- herabgesetzt wird, sowie

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Pensionsverpflichtungen im Zeitpunkt der Zusagen nicht für finanzierbar. Die Anwartschaftsbarwerte zum 31.12.2003 betrügen Euro 82 436,- für Herrn C… und Euro 72 320,- für Herrn D…. Die Bilanz der Klägerin im Jahr der Erteilung der Zusage, d. h. zum 31.12.2003, habe unter Berücksichtigung einer Pensionsrückstellung von Euro 52 879,- einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von Euro 29 140,- ausgewiesen. Rückdeckungsversicherungen seien nicht von der Klägerin, sondern von der E… GmbH abgeschlossen worden. Eine Zuführung der Beiträge in Pensionsrückstellung könne nicht mehr erfolgen, weil ein „Hineinwachsen“ in steuerunschädliche Pensionszusagen bei anfänglicher Unfinanzierbarkeit nicht möglich sei.

Weiterhin sei durch die fünfprozentige Anwartschaftsdynamik die Höhe der Mehraufwendungen im jährlichen Zuführungsbetrag gesellschaftsrechtlich veranlasst; denn diese entspräche nicht der gegenwärtigen Entwicklung der Lebenshaltungskosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Streitakten, insbesondere auf die Unterlagen über die Rückdeckungsversicherungen, auf die Pensionszusagen sowie auf die Jahresabschlüsse ab 2003.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Steuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin gemäß  § 100 Abs. 1 S. 1 FGO in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Zuführung zur Pensionsrückstellung in Höhe von Euro 22 752,- zu Unrecht als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 S. 2 KStG gewertet.

1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist bei einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) anzunehmen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 des EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (BFH, Urteil vom 23.9.2008 – I R 62/07, BStBl.. II 2013, 64). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteile vom 17.3.2010 – I R 19/09, BFH/NV 2010, 1310; vom 16.3.1967 – I 261/63, BStBl.. III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545, BB 1998, 1193 mit weiteren Nachweisen).

2. Die erforderliche Probezeit ist eingehalten worden.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH deren Geschäftsführer eine Pension erst dann zusagen, wenn er die Leistungsfähigkeit des neu bestellten Geschäftsführers zuverlässig abzuschätzen vermag. Ohne Erprobung des Geschäftsführers würde eine Pension nicht zugesagt werden (BFH, Urteile vom 17.3.2010 – I R 19/09, BFH/NV 2010, 1310; vom 23.2.2005 – I R 70/04, BStBl. II 2005, 882, BB 2005, 1947; vom 24.4.2002 – I R 18/01, BStBl. II 2002, 670, BB 2002, 1999, mit weiteren Nachweisen).

b) Ausnahmen von der Erprobung können nur dann gemacht werden, wenn die Kapitalgesellschaft aus eigener Erfahrung Kenntnisse über die Befähigung des Geschäftsleiters hat. Diese Kriterien sind z. B. bei einem Unternehmen erfüllt, das seit Jahren tätig ist und lediglich seine Rechtsform ändert wie z. B. bei einer Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft oder bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung, bei der das bisherige Unternehmen in ein Besitz- und in eine Betriebs-GmbH umgewandelt wird, die nun ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, dem bisherigen Einzelunternehmer, eine Pensionszusage erteilt (vgl. BFH, Urteile vom 29.10.1997 – I R 52/97, BStBl. II 1999, 318, BB 1998, 730; vom 18.2.1999 – I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384; vom 18.8.1999 – I R 10/99, BFH/NV 2000, 225). Gleiches gilt bei einem sog. Management-buy-out, bei dem der bisherige leitende Angestellte eines Unternehmens dieses „aufkauft“ und sodann in Gestalt einer Kapitalgesellschaft fortführt (BFH, Urteil vom 24.4.2002 – I R 18/01, BStBl. II 2002, 670, BB 2002, 1999).

c) Diese Ausnahmen liegen im Streitfall zwar nicht vor; weder ist die Klägerin aus einer Umwandlung, Betriebsaufspaltung noch aus einem Management-Buy-Out hervorgegangen. Jedoch ist die Gründung der Klägerin mit einem der vorstehend genannten Fälle bei wirtschaftlicher Betrachtung vergleichbar, da die Klägerin ausreichend Kenntnisse über die Befähigung ihrer Geschäftsführer hatte.

aa) Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer waren bei der E… GmbH seit 1992 tätig gewesen und hatten dort die erforderliche Erprobungszeit von mehreren Jahren für neugegründete Gesellschaften (vgl. BMF-Schreiben vom 14.12.2012, BStBl. I 2013, 58, wonach fünf Jahre erforderlich seien; vgl. hierzu auch Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 595 ff.) absolviert. Diese Erprobung konnte sich die Klägerin zurechnen lassen.

bb) Die Klägerin hat – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – die Tätigkeit der 1992 gegründeten E… GmbH fortgeführt; diese Fortführung war wirtschaftlich betrachtet keine Neugründung, sondern die Fortführung der bisherigen Tätigkeit in einem neuen Rechtskleid, nämlich nunmehr im Rechtskleid der Klägerin anstatt im Rechtskleid der E… GmbH. Die Klägerin führte auch die zwischen der E… GmbH und der F… GbR begründete Betriebsaufspaltung fort und nutzte dieselben Anlagegüter wie die E… GmbH. Auf Grund dieser wirtschaftlichen Betrachtung ist es unschädlich, wenn die Klägerin die Tätigkeit und die Verträge der E… GmbH nicht als Gesamtrechtsnachfolgerin übernahm, sondern juristisch gesehen neu begründete bzw. abschloss.

cc) Der Erprobung durch die E… GmbH steht nicht entgegen, dass die E… GmbH im Jahr 2002 Insolvenz anmelden musste. Das Kriterium einer Erprobung soll insbesondere sicherstellen, dass die Kapitalgesellschaft die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ihres Geschäftsführers beurteilen kann und hiervon überzeugt ist.

(1) Zwar könnte die Insolvenz der E… GmbH gegen eine Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Geschäftsführer sprechen. Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es möglicherweise Geschäftsführer gibt, die eine Insolvenz der E… GmbH verhindert hätten, weil sie keine Aufträge für ein Großprojekt (hier: …) angenommen, sondern das Risiko auf mehrere kleinere Aufträge verteilt hätten. Möglicherweise hätten andere – bessere – Geschäftsführer auch eine andere, nachhaltige Zahlungspolitik betrieben und z. B. in größerem Umfang Anzahlungen oder die Stellung von Sicherheiten durch den Auftraggeber verlangt oder den Aufbau eines zweiten wirtschaftlichen Standbeins für den Fall einer wirtschaftlichen Krise vorangetrieben.

(2) Das Kriterium der Erprobung soll aber nicht dazu dienen, dass nachträglich einzelne unternehmerische Entscheidungen der Geschäftsführer durch ein Finanzgericht analysiert und gewertet bzw. gewürdigt werden. Die Probezeit setzt nicht voraus, dass die Kapitalgesellschaft in dieser Zeit ausschließlich oder zumindest per Saldo einen Gewinn erwirtschaftet hat. Verlustphasen kommen auch bei erfolgreichen und erst recht bei neugegründeten Unternehmen nicht selten vor und sprechen daher nicht gegen die Erteilung einer Pensionszusage. Entscheidend ist vielmehr, dass die Erteilung der Pensionszusage einem Fremdvergleich stand hält und dass der Senat davon überzeugt ist, dass den Herren D… und C… auch dann eine Pensionszusage erteilt worden wäre, wenn sie nicht Gesellschafter der Klägerin gewesen wären. Hiervon ist der Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung überzeugt.

Die Klägerin konnte die wirtschaftlichen Fähigkeiten beider Geschäftsführer beurteilen und positiv bewerten, weil die Klägerin nichts anderes gemacht hat als die Vorgängergesellschaft E… GmbH, für die die beiden Geschäftsführer ebenfalls tätig gewesen waren. Die Geschäftsführer haben die Geschicke der E… GmbH über einen Zeitraum von zehn Jahren geleitet und damit bewiesen, dass sie ein ...bauunternehmen leiten können. Dass diese Tätigkeit nach zehn Jahren in der Insolvenz endete, spricht nicht gegen die Befähigung der beiden Personen, da im Baubereich Insolvenzen nicht ungewöhnlich sind und Insolvenzen im Regelfall nicht nur den Geschäftsführern anzulasten sind. Anders als bei einer Kapitalgesellschaft, die den neu einzustellenden Geschäftsführer nur nach seiner Papierform oder nur auf Grund von Empfehlungen Dritter positiv einzuschätzen vermag, wusste die Klägerin als wirtschaftliche Nachfolgerin die Stärken und Schwächen ihrer Geschäftsführer einzuschätzen und gelangte zu einem – zumindest vertretbaren – positiven Urteil. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es sich nicht nur um einen Gesellschafter handelte, sondern um zwei Gesellschafter handelte, die von einer erfolgreichen Weiterführung der Tätigkeit der E… GmbH in Gestalt der Klägerin überzeugt waren.

dd) Soweit das Erfordernis einer Probezeit bei einer neugegründeten Kapitalgesellschaft auch dazu dienen soll, dass die Kapitalgesellschaft zunächst gesicherte Erkenntnisse über ihre Ertragsentwicklung erlangt (vgl. hierzu Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 KStG Anm. 300), ergeben sich hieraus ebenfalls keine Bedenken gegen die Erteilung der Pensionszusage. Auf Grund der wirtschaftlichen Tätigkeit der E… GmbH, die die Klägerin fortsetzen wollte, konnte die Klägerin ihre wirtschaftliche Entwicklung in einer Weise prognostizieren, wie dies auch eine bereits seit mehreren Jahren am Markt tätige Gesellschaft vermocht hätte.

Die Einschätzung der Klägerin, dass ihr die Pensionszusage finanziell möglich sein würde, wurde von Beginn dadurch bestätigt, dass die Klägerin bereits im ersten Jahr ihrer Tätigkeit einen Umsatz von mehr als Euro 500 000,- erzielte und sich damit von einer „echten“ neugegründeten Gesellschaft, die zunächst mit geringen Umsätzen anfängt, deutlich abhob. Zu Gunsten der Klägerin ist dabei auch zu berücksichtigen, dass sie sich im Rahmen der Grundgehälter zurückhielt und beiden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Jahresgehalt von zusammen Euro 72 000,- zahlte, mithin ein Monatsgehalt pro Geschäftsführer von lediglich Euro 3 000,-.

d) Der Senat weist die Beteiligten darauf hin, dass die Pensionszusage im Fall einer unzureichenden Erprobung nicht in die Zulässigkeit hineingewachsen wäre. Denn eine fehlende Erprobung wirkt sich nicht nur während der Dauer der erforderlichen, aber nicht eingehaltenen Probezeit aus, sondern strahlt auf die gesamte Dauer der Pensionszusage aus (BFH, Urteil vom 28.4.2010 – I R 78/80, BStBl. II 2013, 41; ebenso nunmehr: Schreiben vom 14.12.2012, BStBl. I 2013, 58, unter Aufgabe der früheren Auffassung im BMF-Schreiben vom 14.5.1999, BStBl. I 1999, 512). Damit kann eine Pensionszusage, die unter Verstoß gegen das Erfordernis einer Probezeit erteilt worden ist, nicht mehr nach Ablauf der Probezeit in die steuerliche Zulässigkeit hineinwachsen (Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 612 ff.). Denn maßgeblich für die steuerliche Anerkennung ist der Zeitpunkt der Erteilung der Zusage.

Der Beklagte wird aber – anders als das Finanzgericht – in vergleichbaren Fällen das BMF-Schreiben vom 14.12.2012 beachten müssen, wonach die neue Rechtsprechung des BFH nur für solche Pensionszusagen gelten soll, die nach dem 29.7.2010, dem Datum der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 28.4.2010 (I R 78/80, BStBl. II 2013, 41) erteilt worden sind.

3. Die Pensionszusagen waren auch finanzierbar.

a) Eine Pensionszusage für einen Gesellschafter-Geschäftsführer wird steuerlich nicht anerkannt, wenn sie nicht finanzierbar ist (vgl. hierzu Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 KStG Anm. 301).

b) Die Finanzierbarkeit einer Pensionszusage hängt grundsätzlich davon ab, ob die Passivierung des Anwartschaftsbarwertes der Pensionsverpflichtung i.S.v. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG im Zusagezeitpunkt zur Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne führen würde. Wurde aber für die Pensionszusage eine (kongruente oder teilkongruente) Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, spricht dies grundsätzlich für die Finanzierbarkeit der Pensionszusage, wenn die jährlichen Versicherungsbeiträge von der Kapitalgesellschaft auf Grund der wirtschaftlichen Lage im Zusagezeitpunkt aufgebracht werden können (BFH, Urteil vom 31.3.2004 I R 65/03, BStBl. II 2005, 664, BB 2004, 1845).

c) Im Streitfall sind kongruente Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen worden. Die nach den Rückdeckungsversicherungen garantierten monatlichen Altersrenten beliefen sich für die Pensionszusage des Herrn C… auf Euro 1.105,18 (Bl. 10 der Klageakte) und für die Pensionszusage des Herrn D… auf Euro 903,50 (Bl. 8 der Klageakte) und deckten damit die monatlichen Pensionsleistungen in Höhe von Euro 972,65 für Herrn C… bzw. Euro 797,10 für Herrn D… ab. Sowohl die Pensionszusagen als auch die Rückdeckungsversicherungen waren mit einer jährlichen Dynamik von 5 % versehen.

d) Angesicht der sich danach ergebenden Rückdeckung bestehen keine grundsätzlichen Zweifel an der Finanzierbarkeit der Pensionszusagen. Die Klägerin braucht die Pensionszusagen wirtschaftlich betrachtet nicht aus dem eigenen Vermögen zu leisten, sondern kann auf die Rückdeckungsversicherungen zurückgreifen. Sie wird daher durch die Pensionszusagen wirtschaftlich nicht belastet.

aa) Eine wirtschaftliche Belastung entsteht lediglich auf Grund der Beiträge für die Rückdeckungsversicherungen, die sich im Jahr 2003 auf Euro 14 204,88 beliefen. Der Senat hat aber keine Zweifel daran, dass die Klägerin diese Beiträge aufbringen konnte. Auf Grund der Fortsetzung der Tätigkeit der E… GmbH konnte die Klägerin absehen, dass sie von Beginn ihrer Tätigkeit an erhebliche Umsätze erzielen würde, die ausreichen würden, den Gesamtjahresbeitrag von Euro 14 204,88 zu entrichten; tatsächlich hat sie auch bereits im ersten Jahr ihrer Tätigkeit einen Umsatz von mehr als Euro 500 000,- erzielt. Die Finanzierbarkeit ist umso mehr zu bejahen, als der in den Beiträgen enthaltene Sparanteil zu einer Aktivierung führte, die bereits zum 31.12.2004 über dem Wert der Pensionsrückstellung lag. Im Übrigen ist auch hier zu berücksichtigen, dass sich die Festgehälter der Geschäftsführer eher am unteren Rand orientierten und eine um insgesamt Euro 14 000,- höhere Gesamtvergütung im Bereich der Grundgehälter nicht am Kriterium der Finanzierbarkeit gescheitert wäre.

bb) Der Finanzierbarkeit der rückgedeckten Pensionszusagen steht nicht entgegen, dass die Klägerin in den Jahren 2003 bis 2007 Verluste erzielt hat. Unabhängig davon, ob die Klägerin mit diesen Verlusten rechnen musste oder hätte rechnen müssen, steht allein eine zu erwartende Verlustphase nicht der Finanzierbarkeit entgegen. Denn anderenfalls wären rückgedeckte Pensionszusagen bei Kapitalgesellschaften, die vorübergehend Verluste erzielen, nicht möglich – wohl aber entsprechend höhere Gehälter. Der Senat folgt daher nicht der Auffassung, wonach für die Prüfung der Finanzierbarkeit einer rückgedeckten Pensionszusage der jährliche Beitrag für die Rückdeckungsversicherung einerseits und der durchschnittliche Gewinn der Kapitalgesellschaft in den letzten drei Jahren gegenüber zu stellen sind (so Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 649). Im Übrigen gäbe es bei neugegründeten Kapitalgesellschaften keinen Gewinn der letzten drei Jahre, der für die Vergleichsrechnung zu Grunde gelegt werden könnte.

Die Finanzierbarkeit rückgedeckter Pensionszusagen ist daher bei Kapitalgesellschaften, die (vorübergehend) Verluste erwarten, nach der Überzeugung des Senats erst dann zu verneinen, wenn die Beitragspflicht der Kapitalgesellschaft zu einer Zahlungsunfähigkeit führen würde; diese Voraussetzung ist im Streitfall erkennbar nicht erfüllt.

cc) Nicht nachgehen konnte der Senat dem in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argument des Prozessbevollmächtigten, wonach bezüglich der Finanzierbarkeit der Pensionszusage eine finanzielle Gesamtbetrachtung von Besitz-GbR und der Klägerin angestellt werden müsste; denn die Klägerin hat dem Senat keine Zahlen der F… GbR vorgelegt. Da die Klage aber bereits aus den unter Buchst. aa) bis bb) genannten Gründen Erfolg hat, brauchte der Senat keine weiteren Ermittlungen in dieser Hinsicht durchzuführen, um zu klären, ob der Gedanke der Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen (vgl. hierzu BFH, Urteile vom 14.10.2009 – X R 45/06, BStBl. II 2010, 274, BB 2010, 368; vom 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618, BB 2006, 207) auch zu Gunsten der Steuerpflichtigen durchschlagen kann.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten folgt aus § 139 Abs. 3 S. 3 FGO.

 

 

 

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