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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.07.2021
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Hessisches FG : Aktivierung von Zinsansprüchen auf Steuererstattungsansprüche

Hessisches FG, Urteil vom 19.1.2021 – 8 K 1612/17, 8 K 822/20, rkr.

ECLI:ECLI:DE:FGHE:2021:0119.8K1612.17.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2021-1841-1

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten unter verschiedenen Gesichtspunkten darüber, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind; ob Verfahrensfehler während der Außenprüfung dazu führen, dass sie wegen Eintritts der Feststellungs- bzw. Festsetzungsverjährung nicht mehr hätten erlassen werden dürfen, weil die Voraussetzungen einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung in der für die Streitjahre geltenden Fassung (AO) nicht mehr gegeben waren, ob die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren noch als Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) und als Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuergesetzes in der für das die Streitjahre geltenden Fassung (GewStG) einzuordnen waren und darüber, ob dann, wenn die Klägerin zur Bilanzierung verpflichtet war, ihr zustehende Zinsen nach § 233a AO bereits zum 31. Dezember 2006 zu aktivieren waren.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit einem dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahr. Sie war mit Vertrag vom 04. August 2000 in der Rechtsform der GmbH gegründet worden und ist mit Umwandlungsbeschluss vom 21. Dezember 2000 mit steuerlicher Wirkung zum 30. Dezember 2000 zu Buchwerten in die heutige Rechtsform umgewandelt worden. Ihr Unternehmensgegenstand besteht im Erwerb und im Halten von Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften sowie in der Verwaltung eigenen Vermögens. Einzige Komplementärin der Klägerin war bis zum 13. November 2006 die A-GmbH. Am 14. November 2006 trat Herr B als weiterer Komplementär in die Gesellschaft ein. Die Komplementäre sind am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt. Geschäftsführer der A-GmbH sind Herr B und Herr C. Alleinige Kommanditistin der Klägerin ist die D-GmbH & Co. KG, an welcher B und C sowohl als Kommanditisten als auch als Gesellschafter der Komplementär-GmbH zu je 50 % beteiligt waren. B und C waren mittelbar ebenfalls zu je 50 % an sieben Schwestergesellschaften der Klägerin mit identischem Unternehmensgegenstand beteiligt, die ebenfalls in der Rechtsform der GmbH gegründet und mit steuerlicher Wirkung zum 30. Dezember 2000 in eine GmbH & Co. KG umgewandelt worden sind.

Die Klägerin (wie auch ihre Schwestergesellschaften (allesamt Gesellschaften für Rücklagenmanagement)), schloss am 09. August 2000 mit der E-Bank einen Vertrag über die Vermittlung von neu auszugebenden Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften, mit dem den Gesellschaften befristet bis zum 31. März 2002 ein Kreditrahmen in Höhe von insgesamt xxx DM eingeräumt wurde. Nach diesem Vertrag sollte der E-Bank für jede vermittelte Beteiligung im Rahmen des Projektes „Rücklagenmanagement“ eine Provision von 16 v.H. des von der Klägerin bzw. ihren Schwestergesellschaften für die jeweilige Beteiligung entrichteten Kaufpreises zustehen. Ziel der Gesellschaften war es, Körperschaftsteuerguthaben (das insbesondere in dem, im Rahmen des im körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren gebildeten sogenannten „EK 56“ enthalten war) im Wege eines sog. Rücklagenmanagements vor der Einführung des sog. Halbeinkünfteverfahrens zu „mobilisieren“ und dies modellmäßig in Teilschritten zu verwirklichen, zunächst durch kreditfinanzierten Erwerb eines Vorzugsgeschäftsanteils (von bis zu x,xx % der sogenannten Zielgesellschaften) am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft mit hohen Gewinnrücklagen zu einem über dem Nominalwert liegenden Kaufpreis und der anschließenden Beschlussfassung einer disquotalen, durch ein Mehrheitsstimmrecht abgesicherten Vorabausschüttung (zur Darstellung des Rücklagenmanagements im Einzelnen vgl. BFH, Urteil vom 28. Juni 2006, I R 97/05, BFH/NV 2006, 2207).

Zur Umsetzung des Rücklagenmanagements erwarb die Klägerin im Herbst 2000 Geschäftsanteile an 15 unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften, die über Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten, die nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) ungemildert der Körperschaftsteuer unterlegen hatten (zur gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen Gestaltung des Erwerbs der Anteile wird ebenfalls auf das BFH-Urteil vom 28. Juni 2006, I R 97/05, a.a.O. verwiesen). Ende des Jahres 2000 schütteten die Zielgesellschaften, nachdem sie (im Regelfall in den Monaten November und Dezember 2000) entsprechende Gewinnverteilungsbeschlüsse über die Verwendung der Bilanzgewinne bzw. Gewinnvorträge gefasst hatten, an die Klägerin die in den jeweiligen Satzungsbestimmungen bezifferten Gewinne bzw. Vorzugsdividenden aus. Die Zahlungen wurden unmittelbar auf das Konto der Klägerin bei der E-Bank überwiesen und dort zur teilweisen Ablösung der gegenüber der E-Bank bestehenden Verbindlichkeiten verwendet.

Die Klägerin behandelte die Ausgabepreise für die Vorzugsgeschäftsanteile zuzüglich der an die E-Bank zu entrichtenden Provisionen als Anschaffungskosten für die Anteile. Die Bruttodividenden (Vorzugsdividenden laut Satzungen zuzüglich der darauf entfallenden anrechenbaren Körperschaftsteuer) erfasste sie als Erträge aus den jeweiligen Anteilen. Zudem nahm sie in der auf den 30. Dezember 2000 aufgestellten Übertragungsbilanz ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen auf die Anteile vor.

In der in 2001 eingereichten Körperschaftsteuererklärung für 2000 erklärte die Klägerin auf der Grundlage des zum 30. Dezember 2000 ermittelten Jahresüberschusses ein entsprechendes zu versteuerndes Einkommen und machte anrechenbare Körperschaftsteuer, anrechenbare Kapitalertragsteuer, anrechenbare Zinsabschläge und anrechenbare Solidaritätszuschläge zur Kapitalertragsteuer und zu den Zinsabschlägen geltend. Das Finanzamt folgte dem in seinem Körperschaftsteuerbescheid für 2000 vom 27. November 2003 (Bl. 15ff. der FG-Akte 4 K 1056/06) nicht. Diesem Bescheid, wie auch den gegenüber den Schwestergesellschaften erlassenen Körperschaftsteuerbescheiden lagen die Ergebnisse von, bei allen Gesellschaften für Rücklagenmanagement durchgeführten Außenprüfungen zu Grunde. Seitens der Finanzverwaltung wurden die als Ausschüttungen an die Klägerin bezeichneten Zahlungen der Beteiligungsgesellschaften nicht als Gewinneinkünfte im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1999 angesehen. Die von der Klägerin erfassten Beteiligungserträge seien deswegen außer Ansatz zu lassen, die Ausgabepreise für die Vorzugsgeschäftsanteile in Höhe des Nominalwerts der Beteiligungen übersteigenden Betrages als Darlehensforderungen der Klägerin und die der E-Bank geschuldete Provision als sofort abzugsfähiger Aufwand zu erfassen. Zudem seien - mit Ausnahme des auf die Festgeldanlagen der Klägerin bei der E-Bank entfallenden Zinsabschlages – keine Anrechnungen von Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag vorzunehmen.

Hinsichtlich der aufgrund der Außenprüfungen bei den Gesellschaften für Rücklagenmanagement ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für 2000 kam es dann in den Folgejahren bei allen Gesellschaften, wie auch bei der Klägerin, zu zahlreichen Rechtsbehelfs- und Klageverfahren:

Ein bei dem Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 9 K 5138/02 K anhängiges Verfahren wurde zunächst durch Zwischenurteil vom 19. August 2005 (veröffentlich in EFG 2006, 205) entschieden, die übrigen sieben bei dem Hessischen Finanzgericht anhängigen Verfahren wurden durch Urteil vom 02. März 2005, Aktenzeichen 4 K 2223/02, 4 K 3171/02, 4 K 3173-3177/02, entschieden (veröffentlicht in EFG 2005, 1587). Während das Urteil des Hessischen Finanzgerichts dann aus verfahrensrechtlichen Gründen durch den BFH aufgehoben wurde, entschied der BFH in dem gegen das Zwischenurteil des FG Münster gerichteten Revisionsverfahren durch Urteil vom 28. Juni 2006 (I R 97/05, a.a.O.), dass das sog. Rücklagenmanagement steuerrechtlich anzuerkennen ist. Da das Urteil des Hessischen Finanzgerichts durch den BFH aufgehoben war, kam es bereits vor Ergehen des BFH-Urteils vom 28. Juni 2006 für die Gesellschaften für Rücklagenmanagement, die in Hessen veranlagt wurden, zu Folgeverfahren: so hatte u.a. die Klägerin unter dem Aktenzeichen 4 K 1056/06 mit Schreiben vom 10. April 2006 Klage erhoben, um die Änderung des Körperschaftsteuerbescheides entsprechend der von ihr eingereichten Erklärungen zu erreichen. Das während des Verfahrens 4 K 1056/06 ergangene klärende Urteil des BFH vom 28. Juni 2006 führte jedoch zunächst nicht dazu, dass das damals beklagte Finanzamt das Urteil vom 28. Juni 2006 zeitnah umsetzte. Parallel dazu kam es zu einem weiteren Verfahren vor dem BFH, weil auch die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen das klärende Urteil des BFH vom 28. Juni 2006 unter Hinweis darauf nicht umsetzte, dass Steuerbescheinigungen über anzurechnende Körperschaftsteuer zwischenzeitlich von einem Teil der Beteiligungsgesellschaften widerrufen oder korrigiert worden seien (vgl. zum Ganzen auch Bl. 63ff. FG-Akte; so wurden die sog. Zielgesellschaften mit Schreiben der OFD Münster vom 21. November 2006 aufgefordert, trotz der ergangenen BFH-Entscheidung unter Hinweis auf die Haftungsfolgen des § 44 Abs. 5 KStG keine Steuerbescheinigungen auszustellen oder auszuhändigen, Bl. 65f. FG-Akte). Insoweit stellte der BFH in einem weiteren Beschluss vom 20. August 2007, I B 98/07 (BFH/NV 2007, 2276) klar, dass diese Umstände, wie auch tatsächliche Verständigungen zwischen den Körperschaften und den jeweiligen Betriebsfinanzämtern hinsichtlich der Gewinnausschüttungen, nicht geeignet seien, die Körperschaftsteueranrechnung zunichte zu machen.

Unter dem Datum vom 30. Juli 2007 erließ das Finanzamt dann gegenüber der KIägerin für 2000 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, in dem es das Rücklagenmanagement grundsätzlich anerkannt und die Zinsen zur Körperschaftsteuer mit xxx EUR festsetzte (Bl. 159ff. FG-Akte 4 K 1056/06). Am 28. Dezember 2007 erließ es dann einen erneut geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2000, in dem es zwar die Körperschaftsteueranrechnung weiter grundsätzlich anerkannte, aber die anzurechnende Kapitalertragsteuer und den anzurechnenden Solidaritätszuschlag kürzte (vgl. zu dem Inhalt des Bescheides im Einzelnen Bl. 189ff. der Finanzgerichtsakte 4 K 1056/06). In dem Bescheid wurden die Zinsen zur Körperschaftsteuer mit xxx EUR festgesetzt, davon waren laut dem Inhalt des Bescheides xxx EUR bereits getilgt. Letztlich wurde der anhängige Rechtsstreit 4 K 1056/06 erst durch Erledigungserklärungen im Jahre 2010 beendet. Darüber hinaus waren unter den Aktenzeichen 4 K 3685/07, 4 K 1229/08 und 4 K 2221/08 weitere Klagen vor dem Hessischen Finanzgericht hinsichtlich der die Klägerin betreffenden Abrechnungsbescheide erhoben worden.

Hinsichtlich der Streitjahre liegt dem Rechtsstreit folgender Sachverhalt zugrunde:

In den Streitjahren war die Klägerin im Wesentlichen mit den oben bezeichneten Rechtsbehelfs- und Klageverfahren, jeweils vertreten durch ihre damalige Verfahrensbevollmächtigte, die F-AG, befasst. Darüber hinaus kam es zu einer am 06. Juli bzw. 07. Juli 2006 unterzeichneten Vergleichsvereinbarung für alle Gesellschaften für Rücklagenmanagement mit der E-Bank, mit der es seit Ende des Jahres 2000 diverse Auseinandersetzungen gegeben hatte (zum Inhalt der Vereinbarung vgl. Bl. 4 der Feststellungsakte). Die Klägerin hielt den Streitjahren zwar noch die Anteile an den jeweiligen Zielgesellschaften (Bl. 11 und 36 des Bilanzheftes), die aber an die E-Bank verpfändet waren. Sie war auch an der G-KG als Rechtsnachfolgerin der G-GmbH (an der die Klägerin ursprünglich einen Vorzugsgeschäftsanteil erworben hatte) in H-Stadt beteiligt (vgl. dazu Bl. 24 und 41 des Bilanzheftes und Tz. 13 des Prüfungsberichts vom 30. Juni 2014, Bl. 11f. des Akten-Sonderbandes für Betriebsprüfungsberichte).

Die Klägerin reichte ihre Feststellungs- und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2005 und 2006 am 15. September 2006 und 28. April 2008 bei dem damals zuständigen Finanzamt ein. In den den abgegebenen Feststellungserklärungen zu Grunde liegenden Jahresabschlüssen waren die im vorliegenden Verfahren hinsichtlich ihrer steuerlichen Behandlung streitigen, der Klägerin tatsächlich erst ab 2007 zugeflossene Zinsen gemäß § 233a AO in Höhe von xxx EUR nicht, insbesondere auch nicht durch die Aktivierung eines Zinsanspruches, erfasst worden. In dem Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2006 war in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Posten „Aufgabeverlust zum 14. November 2006“ (Eintritt von B als Komplementär) in Höhe von – xxx EUR enthalten. In dem Erörterungstermin am 27. November 2017 hat die Klägerin dazu erläuternd ausgeführt, man sei am 14. November 2006 zur Einnahme-/Überschussrechnung übergegangen, da ab diesem Zeitpunkt kein Gewerbebetrieb mehr bestanden habe. Die Erstattungszinsen hinsichtlich der Körperschaftsteuer seien dementsprechend auch erst ab 2007 im Zeitpunkt ihres tatsächlichen Zuflusses zu erfassen gewesen. Das damals zuständige Finanzamt erließ dann am 17. November 2006 bzw. 28. Oktober 2008 für die Streitjahre 2005 und 2006 jeweils erklärungsgemäße Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuersteuermessbetragsbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 und 31. Dezember 2006, die allesamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen.

Das mittlerweile zuständig gewordene beklagte Finanzamt ordnete mit Schreiben vom 27. April 2010, das an diesem Tag auch abgesandt wurde, eine Außenprüfung bei der Klägerin an, die sich auf die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2005 bis 2006, die Gewerbesteuer 2005 bis 2006 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 sowie den 31. Dezember 2006 erstrecken sollte. Als voraussichtlicher Beginn der Prüfung war der 26. Mai 2010, 9.00 Uhr, angegeben. Die Prüfung sollte im Steuerbüro der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin stattfinden. Tatsächlich erschienen die Prüfer, Amtsrat I und Regierungsoberrat J, am 26. Mai 2010 bei der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin und nahmen eine Daten-CD mit gespeicherten Steuerdaten in Empfang. Herr J speicherte die Rohdaten noch am 26. Mai 2010 auf der Festplatte seines Prüfernotebooks. Die zur Verfügung gestellten Rohdaten wurden von ihm am 02. August 2010 in die Prüfsoftware IDEA importiert worden.

Herr J forderte dann mit Prüfungsanfrage Nr. 1 vom 30. August 2010 unter Fristsetzung zum 20. September 2010 eine Aufgabebilanz an (zum weiteren Inhalt der Anfrage Bl. 54 des Fallheftes). Mit Schreiben vom 31. August 2010 stellte Herr J eine Prüfungsanfrage Nr. 2, in der er u.a. um Erläuterung bat, warum zum 14. November 2006 die Anpassung der Verbindlichkeit gegenüber der E-Bank aufgrund „Vereinbarung“ eingebucht und weshalb der Vorgang als Aufgabeverlust eingestuft worden sei. Er bat auch um eine nachvollziehbare Berechnung der Anpassung (zum Inhalt der Anfrage im Übrigen Bl. 57 des Fallheftes). Die damalige Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin, die F-AG, reagierte mit Schreiben vom 17. September 2010 auf diese Anfragen (Bl. 59b des Fallheftes) und machte mit weiterem Schreiben vom 17. September 2010 weitere Ausführungen zu den in den Jahresabschlüssen gebildeten Rückstellungen für Zinsen zur Gewerbesteuer (Bl. 77 des Fallheftes). Am 29. November 2010 versandten die Prüfer die Prüfungsfeststellung Nr. 1 und ebenfalls am 29. November 2010 stellten sie die Prüfungsanfrage Nr. 3.

Am 06. Februar 2011 versandten die Prüfer die Prüfungsfeststellung Nr. 2 an die Klägerin bzw. deren Verfahrensbevollmächtigte und am 07. Februar 2011 erließ das Finanzamt eine weitere Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin, die sich auf die Jahre 2007 bis 2008 bzw. die Feststellungszeitpunkte 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008 bezog (vgl. im Einzelnen Bl. 2 der Betriebsprüfungsakte).

Am 26. September 2011 richteten die Prüfer eine weitere Prüfungsanfrage Nr. 4 an die Klägerin, in der es u.a. um die Ausbuchung von Rückstellungen für Rückzahlungsrisiken ging (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 62 des Fallheftes), die seitens der damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 04. Oktober 2011 dahingehend beantwortet wurde, dass die Rückstellung ursprünglich wegen einer Zahlung der K-AG vom 02. August 2004 gebildet worden sei (vgl. Bl. 66 des Fallheftes). Im Anschluss daran wurden die Prüfungsfeststellungen 1B sowie 3 bis 7 unter dem Datum des 14. Oktober 2011 am 18. Oktober 2011 an die Klägerin übersandt. In diesem Schreiben wurden auch Vorschläge für Schlussbesprechungstermine unterbreitet, welche die Klägerin jedoch mit Schreiben vom 14. November 2011 unter Hinweis auf die noch offenen Verfahren vor den Finanzgerichten ablehnte (Bl. 112f. des Fallheftes). Bereits mit Schreiben der F-AG vom 12. Mai 2014 hatte die damalige Verfahrensbevollmächtigte im Hinblick auf die bei dem FG Münster bzw. Hessen noch anhängigen Verfahren darauf hingewiesen, dass es „sachdienlich“ sei, den Ausgang dieser Verfahren abzuwarten und derzeit keine Besprechung anzuberaumen. Daneben bedürfe die „Fremdkapitalausstattung der gesamten Gesellschaften für Rücklagenmanagement“ der weiteren Erläuterung (vgl. im Einzelnen Seite 9 des Schreibens vom 12. Mai 2004, Bl. 110 des Fallheftes). Mit Schreiben vom 29. November 2011 schlugen die Prüfer erneut Termine für die Durchführung einer Schlussbesprechung vor (Bl. 114f. des Fallheftes), welche die Klägerin erneut nicht akzeptierte (Bl. 116f. des Fallheftes). Zwischenzeitlich war eine weitere Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin für 2005 bis 2006 hinsichtlich der Feststellung des verrechenbaren Verlustes am 07. November 2011 ergangen. In der Folge kam es zu weiteren Ermittlungen und Vorbereitungen hinsichtlich der Auswirkungen auf § 15a EStG. Darüber hinaus bestand nach dem Vortrag des Finanzamtes Einvernehmen zwischen der Klägerin und den Prüfern, dass bis zum Abschluss der finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die Gesellschaften für Rücklagenmanagement die Außenprüfung nicht beendet werden sollte.

Nach dem Sachvortrag des Finanzamtes ermittelte die Betriebsprüfung in 2013 weiter. Dabei sei zunächst untersucht worden, welche Körperschaftsteuerforderungen noch gegenüber dem Finanzamt bestanden und welche Körperschaftsteuerforderungen durch Zahlungen der Zielgesellschaft als erstattet gegolten hätten. Hintergrund sei gewesen, dass diese Fragen auch Gegenstand der zum damaligen Zeitpunkt anhängigen Finanzgerichtsverfahren gewesen seien. Zudem hätten die Prüfer des Finanzamtes im Laufe des Jahres 2013 unter anderem das umfangreiche Rechenwerk in der Prüfsoftware BpA-Euro aufgearbeitet und in die Prüfungsfeststellungen eingearbeitet (unter Hinweis auf Bl. 68 ff. des Fallheftes). In einem Telefongespräch am 27. November 2013 zwischen dem Prüfer, Herrn L, und dem Berater der Klägerin, Herrn Steuerberater M, sei die weitere Vorgehensweise besprochen worden. Dabei habe die Betriebsprüfung signalisiert, dass sie die Prüfung bei den sieben kleineren Gesellschaften für Rücklagenmanagement (darunter auch die Prüfung bei der Klägerin) abschließen wolle, da nunmehr alle Finanzgerichtsurteile vorgelegen hätten. Die Klägerin habe dies abgelehnt. Zum damaligen Zeitpunkt sei das Klageverfahren in der Sache N-GmbH & Co. KG bei dem BFH noch unter dem Aktenzeichen VII R 49/13 anhängig gewesen.

Nach Abschluss der Prüfungshandlungen überreichten die Prüfer den Vertretern der Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2014 geänderte Prüfungsfeststellungen und schlugen neue Termine für die Schlussbesprechung vor (Bl. 98 des Fallheftes). Da die Klägerin zum einen alle vorgeschlagenen Termine zur Schlussbesprechung habe verstreichen lassen und zum anderen keine Vorschläge für eine Schlussbesprechung gemacht habe - so das Finanzamt -, hätten die Prüfer am 30. Juni 2014 einen Prüfungsbericht erstellt und übersandt (Bl. 218ff. des Fallheftes). Auch in der Folgezeit gelang es nicht, einen Termin zur Schlussbesprechung zu vereinbaren.

Im November 2014 wurde dann der Prüfungsbericht dem zuständigen Veranlagungsteilbezirk zur Auswertung übersandt. In ihrem Prüfungsbericht vom 30. Juni 2014 gingen die Prüfer unter Textziffer 12 insbesondere davon aus, dass die Klägerin in den Streitjahren gewerblich tätig gewesen sei, da sie als Kommanditgesellschaft an einer anderen Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (der G-GmbH & Co. KG) beteiligt gewesen sei und von dieser gewerbliche Einkünfte bezogen habe. Der Eintritt von Herrn B als persönlich haftendem Gesellschafter der Klägerin habe zwar die gewerbliche Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG beendet, gleichwohl bleibe jedoch die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alternative EStG bestehen. Dementsprechend seien die nach dem 14. November 2006 als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärten Werte weiterhin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen, ein Veräußerungsgewinn sei nicht festzustellen, da keine Betriebsaufgabe vorläge.

Darüber hinaus vertreten die Prüfer unter Textziffer 14 ihres Prüfungsberichts die Ansicht, mit Abschluss des BFH-Verfahrens I R 97/05 seien die für die Entstehung des Anspruchs auf Erstattungszinsen auf Körperschaftsteuer 2000 nach § 233a Abs. 1 AO wesentlichen Ursachen begründet worden. Die Zinsforderungen sei zwar erst zu späteren Zeitpunkten, nämlich mit den Steuerfestsetzungen 2007 und 2009 rechtlich entstanden, jedoch habe die Klägerin spätestens mit Veröffentlichung des o.g. Urteils fest mit der künftigen Zinsfestsetzung rechnen können und habe somit handels- und steuerrechtlich die Zinsansprüche im laufenden Wirtschaftsjahr 2006 aktivieren müssen. Aufgrund der Buchhaltung habe bei Bilanzaufstellung am 15. April 2008 bereits mit dem Zufluss von Zinsen in Höhe von xxx EUR gerechnet werden können, dieser Zinsanspruch erhöhe somit den laufenden Bilanzgewinn 2006.

Darüber hinaus gehen die Prüfer unter Textziffer 30ff. ihres Prüfungsberichts davon aus, dass die Klägerin in den Streitjahren auch einen Gewerbebetrieb i.S.d. GewStG unterhalten habe. Wegen des weiteren Inhalts des Prüfungsberichts wird auf die als Bl. 8ff. des Akten-Sonderbandes Betriebsprüfungsberichte abgeheftete Kopie verwiesen.

Der Innendienst des Finanzamtes schloss sich der Ansicht der Prüfer an und erließ am 11. März 2015 die im Urteilsrubrum bezeichneten, auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für die Streitjahre (Bl. 8ff., 13, 16, 22ff., 27 und 31 des Akten-Sonderbandes Einsprüche). Den dagegen erhobenen Einspruch wies das Finanzamt durch Teil-Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2017 als unbegründet zurück. In der Einspruchsentscheidung stellt das Finanzamt fest, dass zunächst eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen wurde, weil noch nicht darüber entschieden worden sei, ob die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alternative EStG auch Anwendung finde, wenn nur eine geringe Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft bestehe, denn insoweit sei unter dem Az. IV R 30/16 ein Revisionsverfahren bei dem BFH anhängig. Wegen des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Einzelnen wird auf Bl. 73ff. des Akten-Sonderbandes Einsprüche Bezug genommen.

Nach Ergehen der ersten Teil-Einspruchsentscheidung hat die Klägerin (wie auch die übrigen Gesellschaften für Rücklagenmanagement) mit Schriftsatz vom 28. August 2017 Klage erhoben. Im Anschluss daran hat hinsichtlich aller bei dem 6. und 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts anhängiger Verfahren dieser Gesellschaften am 27. November 2017 ein gemeinsamer Erörterungstermin stattgefunden, in dem zwischen allen Beteiligten vereinbart wurde, dass das Verfahren 8 K 1612/17 stellvertretend für alle weiteren Verfahren weiterbetrieben und die übrigen Verfahren zum Ruhen gebracht werden sollen (vgl. zum Einzelnen Bl. 43ff. der Finanzgerichtsakte).

Darüber hinaus bestand nach einem entsprechenden rechtlichen Hinweis des Berichterstatters zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass das Urteil des BFH in dem Verfahren IV R 30/16 abgewartet werden sollte, dass das Finanzamt zur Umsetzung dieses Urteils eine weitere Teil-Einspruchsentscheidung erlässt und dass nach Klageerhebung durch die Klägerin gegen diese Entscheidung die beiden Verfahren miteinander verbunden werden (gerichtliches Schreiben vom 20. November 2018, Bl. 148ff. FG-Akte). Nachdem der BFH durch Urteil vom 06. Juni 2019 in der Sache IV R 30/16 entschieden hat (u.a. BFH/NV 2019, 994), hat das Finanzamt am 28. Mai 2020 die zweite Teil-Einspruchsentscheidung erlassen und den Einspruch der Klägerin auch insoweit als unbegründet zurückzuweisen. Hinsichtlich der Frage der gewerblichen Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG folgt das Finanzamt damit in vollem Umfang der BFH-Entscheidung. Hinsichtlich der Frage der Gewerbesteuerpflicht ist es jedoch der Auffassung, dass das Urteil nicht angewendet werden könne (wegen des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Einzelnen vgl. Bl. 18ff. der FG-Akte 8 K 822/20).

Die Klägerin hat gegen die zweite Teil-Einspruchsentscheidung mit Schriftsatz vom 29. Juni 2020 unter dem Az. 8 K 822/20 Klage erhoben. Der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts hat dann in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2021 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Zur Begründung ihrer nunmehr gegen beide Teil-Einspruchsentscheidungen erhobenen Klagen bringt die Klägerin in materiell-rechtlicher Hinsicht vor, entgegen der Ansicht des Finanzamtes seien die erst in 2007 entstandenen Erstattungszinsen nicht bereits zum 31. Dezember 2006 zu aktivieren gewesen. Zur Frage der Aktivierung von Steuererstattungen nebst Zinsen habe der BFH am 31. August 2011 unter dem Aktenzeichen X R 19/10 im Ergebnis entschieden, dass es darauf ankomme, dass die maßgebliche Forderung so gut wie sicher, die Forderungen also am Bilanzstichtag hinreichend sicher seien. Maßgebend sei dabei bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert habe und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde. Im Einzelnen führe der BFH dazu aus, dass die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Realisierung des Anspruchs im Sinne einer objektiven Klärung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie die Anweisung an die Finanzbehörden, eine konkret ergangene Rechtsprechung auch tatsächlich anzuwenden, bereits zum Bilanzstichtag vorhanden sein müsse. Und wenn dies – aber auch nur dann – so sei, stelle sich in einer solchen Situation der Erlass der Steuerbescheide nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formal rechtlicher Akt dar.

Im vorliegenden Falle sei der Sachverhalt aber diametral entgegengesetzt. Das Finanzgericht Münster habe nur ein Zwischenurteil erlassen, ohne darin die Anrechnungsberechtigung der Gesellschaft für Rücklagenmanagement auszusprechen; die Revision dagegen habe der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen I R 97/05 als unbegründet verworfen. Das Urteil sei den Parteien erst am 04. Oktober 2006 zugegangen. Daraufhin sei es aber nicht zu Steueranrechnungen und in deren Folge zu Steuererstattungen gekommen. Vielmehr habe die Finanzverwaltung weiterhin die Auffassung vertreten, dass keine Steuer anzurechnen sei, insbesondere, weil Ausschüttungsbescheinigungen nicht wirksam gewesen seien. Die Finanzverwaltung habe in 2007 nichts unversucht gelassen, um diese Auffassung gerichtlich und außergerichtlich durchzusetzen und bis Ende Juni 2007, also fast neun Monate nach Bekanntgabe des Urteils I R 97/05, weiterhin jedwede Festsetzung von Steuererstattungen und Zinsen verweigert. Ein gedachter Käufer der Gesellschaften für Rücklagenmanagement habe also zum 31. Dezember 2006 allenfalls von einem Hoffnungswert für die reklamierten Steuererstattungen ausgehen können und hätte nichts für den darauf entfallenden Zins gezahlt. Ein Betriebserwerber hätte also die Erstattungszinsen gar nicht und die Erstattungsansprüche allenfalls in einem Maße berücksichtigt, dass ein erheblicher Veräußerungsverlust entstanden sei.

Hinsichtlich des weiteren Verhaltens der Finanzverwaltung nach Ergehen des BFH-Urteils weist die Klägerin auch darauf hin, dass seitens der Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen die jeweiligen Zielgesellschaften mit Schreiben vom 21. November 2006 wegen der Ausstellung der Steuerbescheinigungen angeschrieben worden seien und dass anschließend, mit Schriftsatz vom 17. Januar 2007, die Steueranrechnungen wegen fehlender bzw. unrichtiger Steuerbescheinigungen verweigert worden seien (wegen des diesbezügliche weiteren Vorbringens der Klägerin, auch zu dem Fortgang der Verfahren vor dem Hessischen Finanzgericht wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Februar 2018 und die diesem Schriftsatz beigefügten Anlagen Bezug genommen, Bl. 62ff. der FG-Akte).

Auch nach dem letzten hinsichtlich der Steueranrechnung ergangenen Urteil des BFH vom 07. Juli 2015 VII R 49/13 habe die Finanzverwaltung weiter die Abrechnung der Erstattungsbeträge gemäß diesem Urteil verweigert. Die Klägerin habe erst bei dem Finanzgericht Münster Vollstreckungsantrag stellen müssen und erst dann habe die Finanzverwaltung in diesem Fall gezahlt. Im Hinblick auf die grundlegende Entscheidung des BFH zu den Gesellschaften für Rücklagenmanagement sei festzustellen, dass seine Umsetzung erst nach neun Monaten und dann auch nur teilweise nicht mehr als unmittelbare Umsetzung eines BFH-Urteils durch die Finanzverwaltung verstanden werden könne. Unter Zugrundelegung der BFH-Rechtsprechung zur Aktivierung von Zinsansprüchen scheide eine Aktivierung zum 31. Dezember 2006 schon deswegen aus, weil seitens der Finanzverwaltung die Anweisung an die Finanzbehörden existiert habe, bis Mitte 2007 das BFH-Urteil I R 97/05 zunächst nicht anzuwenden und bei der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften überhaupt keine Steuern anzurechnen.

Die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht entspreche im Übrigen auch der Auffassung der Finanzverwaltung (unter Hinweis auf die Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 12. Juli 2013 – S A-21-St210). Die OFD habe insoweit zu dem BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10 verfügt, dass die Aktivierung einer Forderung auf Erstattungszinsen unter Beachtung der o.g. Ausführungen vorzunehmen sei, wenn der Anspruch auf Erstattungszinsen am Bilanzstichtag auch hinreichend sicher sei, was grundsätzlich erst aus der Bekanntgabe der begünstigenden Verwaltungsentscheidung folge. Der Anspruch sei aber bereits zu einem früheren Bilanzstichtag zu aktivieren, wenn zu diesem Zeitpunkt der Realisierung des Anspruchs weder materiell-rechtliche noch verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstünden.

Darüber hinaus sei die Klägerin (wie auch die anderen Gesellschaften für Rücklagemanagement) in den Streitjahren nicht mehr gewerblich tätig gewesen und es habe keine Gewerbesteuerpflicht mehr bestanden. Die steuerlichen Berater der Klägerin hätten dies irrtümlich und ungeprüft für die Zeit bis zum 14. November 2006 unterstellt und deswegen Gewerbesteuererklärungen abgegeben. Die Gesellschaften für Rücklagenmanagement seien objektiv unstreitig und für jeden erkennbar längst nicht mehr werbend tätig gewesen, sondern hätten lediglich versucht, in finanzgerichtlichen Verfahren und in Verfahren gegenüber der E-Bank ihre Rechte durchzusetzen. Spätestens ab 2002 habe es keinerlei Tätigkeiten mehr gegeben, die darauf gerichtet gewesen seien, weitere Beteiligungen zu erwerben und die Klägerin habe sich auch darüber hinaus nicht mehr am allgemeinen Geschäftsverkehr beteiligt. Sie hätte keine Umsatzerlöse erzielt und die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Zinsen und Dividenden würden lediglich aus den an die E-Bank verpfändeten Guthaben bzw. Anteilen an Zielgesellschaften resultierten (wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird insbesondere auch auf ihren Schriftsatz vom 17. Januar 2021 verwiesen).

Wie der BFH nunmehr in seinem Urteil vom 06. Juni 2019 unter dem Az. IV R 30/16 (u.a. BFH/NV 2019, 994) entschieden habe, sei die Gewerbesteuerpflicht trotz einer geringfügigen Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (wie im vorliegenden Falle die Beteiligung an der G-GmbH & Co. KG) nicht allein deswegen gegeben. Die Klägerin sei auch nicht mehr werbend tätig gewesen. Insoweit habe der BFH mit Urteil vom 18. Mai 2017, IV R 30/15, darauf hingewiesen, dass auch bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die sachliche Gewerbesteuerpflicht nur bestehe, wenn und solange sie einen Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts unterhalte. Deshalb ende die sachliche Gewerbesteuerpflicht schon mit der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit. Spätere Maßnahmen zur Vermögensverwertung seien nicht mehr von der Gewerbesteuerpflicht erfasst.

Die Klägerin vertritt darüber hinaus die Ansicht, die Feststellungsfristen für 2005 und 2006 seien zum 31. Dezember 2010 bzw. zum 31. Dezember 2012 abgelaufen gewesen, weil die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO rückwirkend nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO entfallen sei, weil die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn, aus Gründen, die die Finanzverwaltung zu vertreten habe, länger als sechs Monate unterbrochen worden sei. Weder aus den vorgelegten Fallheften noch aus dem Schriftsatz des Finanzamtes vom 31. Januar 2018 ergäben sich Anhaltspunkte, dass in dem maßgeblichen Zeitraum von sechs Monaten vom 26. Mai 2010 bis 26. November 2010 qualifizierte Prüfungshandlungen im Sinne des BFH-Urteils vom 26. April 2017 I R 76/15 erfolgt seien. Soweit das Finanzamt sich darauf berufe, dass nach Übergabe der Daten-CD am 26. Mai 2010 die zur Verfügung gestellten Rohdaten am 02. August 2010 in die Prüfsoftware IDEA importiert worden seien, handele es sich dabei lediglich um eine Vorbereitungshandlung. Als qualifizierte Prüfungshandlung wären zusätzliche Datenausdrucke als Beleg für eine Plausibilitätskontrolle erforderlich gewesen. Auch die Prüfungsanfragen vom 30. August 2010, 31. August 2010 und 29. November 2010 seien offenkundig keine qualifizierten Prüfungshandlungen gewesen. Es habe sich dabei nicht um Prüfungshandlungen gehandelt, die im Sinne der BFH-Rechtsprechung vom Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem gesamten Prüfungsstoff von erheblichem Gewicht gewesen seien oder erste verwertbare Ergebnisse gezeigt hätten. Im Übrigen hätten sich beide Anfragen auf die Betriebsaufgabe bezogen, was bereits im Rahmen der Veranlagung geprüft worden sei. Das Finanzamt habe sich ausweislich der Steuerakte bereits vor der Veranlagung für 2006 die Tatbestände „Aufgabegewinn“ und Auswirkungen der Vergleichsvereinbarung mit der E-Bank ausführlich erläutern lassen.

Darüber hinaus seien die streitgegenständlichen Bescheide vom 11. März 2015 auch aufgrund der Regelung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO nach Ablauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfristen ergangen. Unstreitig habe keine Schlussbesprechung stattgefunden. Deshalb komme es darauf an, wann die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden hätten. Da die angefochtenen Bescheide am 11. März 2015 erlassen worden seien, obliege es dem Finanzamt, geeignete Ermittlungen für die Zeit ab dem 01. Januar 2011 nachzuweisen. Das Finanzamt habe solche qualifizierten Ermittlungshandlungen bisher nicht vorgetragen und nachgewiesen, solche Ermittlungen ergäben sich auch nicht aus den vorgelegten Akten. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auch auf die BFH-Urteile vom 08. Juli 2009 XI R 64/07 und vom 28. Juni 2011 VIII R 6/09. Bei Zugrundelegung dieses letztgenannten Urteils bestünden erhebliche Zweifel, ob entsprechende Ermittlungshandlungen stattgefunden hätten, denn der BFH habe festgestellt, dass der bloße Blick in die Akten oder eine erneute rechtliche Würdigung bereits ermittelter Tatsachen nicht ausreichend seien. Im vorliegenden Falle seien die maßgeblichen Sachverhaltselemente bekannt gewesen. Es seien vor Beginn der Außenprüfung die Beteiligung an einer KG und die sich daraus ergebenden Steuerfragen hinsichtlich § 15 Abs. 3 EStG bekannt gewesen. Und insbesondere sei dem Finanzamt auch bekannt gewesen, dass die Klägerin Erstattungszinsen steuerlich auf Vereinnahmungsbasis erfasst habe. Letztlich sei auch darauf hinzuweisen, dass der BFH mit Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07 entschieden habe, dass Ermittlungshandlungen Handlungen seien, die der Prüfer am Prüfungsort zur Ermittlung des Steuerfalles vornehme. Insoweit sei in den beiden ersten Prüfungsanordnungen das Steuerbüro als Ort der Prüfung benannt worden, „im Steuerbüro“ hätten jedoch unstreitig keinerlei Ermittlungen des Finanzamtes stattgefunden.

Letztlich sei die Außenprüfung nur vorgeschoben. Denn auch nach den Kenntnissen der Finanzverwaltung habe sich die Frage aufgedrängt, ob die Klägerin im Prüfungszeitraum überhaupt noch werbend tätig gewesen sei. Bei dieser Sachlage und weil die Außenprüfung auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen habe, wäre es für die Außenprüfung zwingend gewesen, die Frage der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit der Klägerin wenigstens zum Gegenstand einer Sachverhaltsermittlung zu machen.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG für 2005 und 2006 vom 11. März 2015, die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2005 und 2006, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 und 31. Dezember 2006 sowohl vom 17. November 2006 und vom 25. Oktober 2008 als auch vom 11. März 2015, und die Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli 2017 und vom 28. Mai 2020 aufzuheben,

hilfsweise den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG für 2006 vom 11. März 2015 in der Fassung der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli 2017 und vom 28. Mai 2020 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit – xxx Euro festgestellt werden und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2006 vom 11. März 2015 in der Fassung der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli 2017 und vom 28. Mai 2020 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust mit – xxx Euro festgestellt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt ist der Ansicht, dass der Eintritt der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung hinsichtlich der angegriffenen Bescheide gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO unterbrochen worden sei. Die Ereignisse würden zeigen, dass die Prüfung aufgenommen worden und eine anfängliche Unterbrechung für die Dauer von mindestens sechs Monaten nicht erkennbar sei. Die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung reklamierten Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Die Außenprüfung habe mit der Übergabe der Daten-CD am 26. Mai 2010 begonnen. Bereits in dieser Maßnahme habe der BFH eine qualifizierte Prüfungshandlung gesehen, da sie über eine rein interne Handlung hinausgehe (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 26. April 2017 I R 76/15, BStBl II 2017, 1159). Aber auch die in der Folgezeit durchgeführten Prüfungshandlungen (Datenaufbereitung, Sichtung der Buchhaltungsunterlagen, Formulierung von Prüfungsanfragen) seien zeitnah im Sinne des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO, namentlich bereits innerhalb der ersten sechs Monate nach Prüfungsbeginn, erfolgt. So seien Anfang August 2010 die Rohdaten mit Hilfe der Prüfsoftware IDEA aufbereitet und am 30. und 31. August 2010 seien erste Prüfungsanfragen versandt worden. Auch die seitens der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2016 (1 BvR 3092/15) weise hinsichtlich der Frage des Eintritts der Festsetzungsverjährung in keine andere Richtung.

Bei der Klägerin habe die Außenprüfung bereits im Jahre 2010 begonnen und Ermittlungshandlungen seien bis in das Jahr 2014 hinein vorgenommen worden. Dass die übergebene Daten-CD auch ausgelesen bzw. ausgewertet worden sei, könne in der Prüfersoftware IDEA nachvollzogen werden. Die zeitlichen Dokumentationen über die Verarbeitung der Daten seien unveränderlich und insofern hinreichend perpetuiert. Die Daten könnten bei Bedarf mittels eines Datenträgers zur Verfügung gestellt werden. Auf einzelne in der Akte hinterlegte Ausdrucke sei hinzuweisen (beispielsweise Bl. 198 des Fallheftes). Dass die Daten ausgewertet worden seien, würden auch die gestellten Prüfungsanfragen zeigen, wie sie auf das Konten- und Buchführungswerk der Klägerin eingehen würden. Dies ergebe sich beispielhaft aus den Prüfungsanfragen Nr. 2 und 3 (Bl. 57 und 61 des Fallheftes).

Anders als die Klägerin vortrage, könnten auch Datenimport und die Aufbereitung der Daten in der Prüfsoftware IDEA nicht lediglich als Vorbereitungshandlungen angesehen werden. Ermittlungen und Prüfungen würden u.a. durch die Anwendung der Software vorgenommen. Dass die Schwelle zur Prüfungshandlung erst mit der Anfertigung von Datenausdrucken überschritten werde, könne nicht aus der Rechtsprechung des BFH abgeleitet werden. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 26. April 2017 anhand der Datenausdrucke die qualifizierte Ermittlungshandlung lediglich plausibilisiert. Die Prüfungsanfrage Nr. 1 könne schon deswegen nicht als „Leichtgewicht“ qualifiziert werden, weil sie die Aufforderung enthalten habe, eine Aufgabebilanz mit der Ermittlung der gemeinen Werte der Vermögensgegenstände, die in der Aufgabebilanz berücksichtigt worden seien, vorzulegen. Bei einer Betriebsaufgabe ergäben sich oftmals komplexe Fragen, die vielfach im Innendienst nicht abschließend geklärt werden könnten. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand auch durch die Abgabenordnung akzeptiert werde, wie beispielsweise durch die §§ 164f. und 193ff. AO. Im Übrigen habe die Außenprüfung die Grundaufzeichnungen, Eingangsrechnungen und sonstigen Belege zu dieser Betriebsaufgabe auch deshalb angefordert, weil sie dem Innendienst nicht vorgelegt worden seien. Anders als die Klägerin meine, könne trotz einer teilweisen Prüfung einer bestimmten Frage im Rahmen der Veranlagung sehr wohl eine Außenprüfung durchgeführt werden, die sich mit derselben Frage beschäftige. Dies zeige sich insbesondere schon in der Regelung des § 164 Abs. 3 Satz 3 AO, nach der eine zwingende Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nur nach einer Außenprüfung zu erfolgen habe.

Die Prüfungsanfrage Nr. 2 beziehe sich auf den Wertansatz von Verbindlichkeiten gegenüber der E-Bank, die aufgrund einer Vereinbarung eingebucht worden seien. Dazu habe die Außenprüfung rückgefragt, wie der Wert dieser Verbindlichkeiten ermittelt worden sei. Dieser Sachverhalt erfordere die Vorlage von Berechnungsgrundlagen, da diese aus der Vereinbarung nicht hervorgehen würden. Wegen der diesbezüglichen weiteren Ausführungen des Finanzamtes wird auf die Seite 3 seines Schreibens vom 17. August 2018, Bl. 142 der Finanzgerichtsakte, verwiesen.

Soweit die Klägerin mit Blick auf den Prüfungsort der Auffassung sei, eine Prüfungshandlung könne ausschließlich an dem Ort vorgenommen werden, der auf der Prüfungsanordnung als Prüfungsort festgelegt sei, könne diese Rechtsauffassung unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 18.02.2009 – V R 82/07, BStBl II 2009, 876) nicht gefolgt werden, denn der BFH habe in seinem Urteil lediglich Handlungen aufgezählt, die als Prüfungshandlungen anzusehen seien. Damit sei aber nicht die Aussage verbunden, dass Prüfungshandlungen ausschließlich am angegebenen Prüfungsort vorgenommen werden könnten. Im vorliegenden Falle komme hinzu, dass aufgrund des Unternehmenssitzes unter der Adresse des Steuerberaters Unterlagen bei ihm vorhanden gewesen seien. Deshalb sei der Prüfungsort auch (einvernehmlich) zunächst in die Räumlichkeiten des Steuerberaters verlegt worden. Dass darüber hinaus auch Prüfungen an Amtsstelle vorgenommen worden seien, bedeute für die Klägerin keinen Nachteil und liege unabhängig hiervon im Hinblick auf die Recherchetätigkeiten in der Natur der Sache. Bestimmte Hilfsmittel stünden den Prüfern lediglich an Amtsstelle zur Verfügung.

An der steuerlichen Erfassung der Zinsen im Jahre 2006 werde festgehalten, weil das BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 zwar nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden sei, der BFH aber das sog. Rücklagenmanagement für zulässig erachtet habe, sodass die Klägerin mit einer Realisierung der Körperschaftsteuerguthaben und den damit in Zusammenhang stehenden Erstattungszinsen seit der Bekanntgabe dieser Entscheidung habe rechnen können. Auch über die Höhe der Ansprüche hätten bis zur Aufstellung der Bilanz keine Zweifel bestanden. Spätestens mit dem Körperschaftsteuerbescheid vom 30. Juli 2007 – und damit fast ein Jahr vor der Aufstellung der Bilanz zum 31. Dezember 2006 am 15. April 2008 – hätten die Zinsansprüche der Höhe nach im Wesentlichen festgestanden. Dass es in der nachfolgenden Zeit noch zu Änderungen bei dem Anrechnungsbetrag gekommen sei, die in der Folge zu geänderten Körperschaftsteuerbescheiden geführt hätten, dürfe an der rechtlichen Würdigung nichts ändern.

Entgegen den Ausführungen der Klägerin sei den von ihr überlassenen Unterlagen eine vollumfängliche Verweigerung der Anrechnung der Steuerabzugsbeträge durch die Finanzverwaltung nicht zu entnehmen. In dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der OFD Münster an eine der Zielgesellschaften werde lediglich gebeten, die Ausstellung der für die Anrechnung erforderlichen Steuerbescheinigungen zunächst zurückzustellen. Grund hierfür sei vermutlich gewesen, dass die weitere Vorgehensweise innerhalb der Verwaltung noch abgestimmt habe werden müssen. Auch der übrige von der Klägerin überlassene Schriftverkehr gebe eine grundsätzliche Verweigerungshaltung der Finanzverwaltung zur Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nicht her. Im Wesentlichen gehe es in dem Schriftverkehr um die Frage der Ausstellung der Steuerbescheinigungen, die eine Formvoraussetzung für die Anrechnung der Beträge darstelle. Die grundsätzliche Anrechenbarkeit der Beträge werde hierdurch aber nicht in Frage gestellt. Auch die von der Klägerin weiter angeführten Verfahren würden einen Rückschluss auf eine grundsätzliche Verweigerungshaltung der Finanzverwaltung nicht zulassen. Die Verfahren hätten im Wesentlichen Fragen die Ausstellung von Steuerbescheinigungen zum Thema und beträfen damit die zur Anrechnung erforderlichen Formvorschriften. Die grundsätzliche Anrechenbarkeit der Beträge werde hierdurch aber nicht bestritten.

Das Finanzamt ist der Ansicht, dass die Klägerin in den Streitjahren gewerbesteuerpflichtig war. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Klägerin - was nach Ergehen des BFH-Urteils vom 06. Juni 2019 IV R 30/16 unstreitig sei - gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG gewerbliche Einkünfte i.S.d. EStG erzielt habe. Hinsichtlich der Frage der Gewerbesteuerpflicht könne das BFH-Urteil im vorliegenden Falle keine Anwendung finden, weil der BFH zum einen über die Frage der Gewerbesteuerpflicht letztlich nicht zu entscheiden gehabt habe und weil die BFH-Entscheidung zum anderen nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG auf die vorliegende Fallkonstellation hinsichtlich der Frage der Gewerbesteuerpflicht nicht angewendet werden könne (wegen der diesbezüglichen weiteren Ausführungen des Finanzamts wird auf seinen Schriftsatz vom 13. Januar 2021 in dem Verfahren 8 K 822/20, Bl. 33ff. der FG-Akte 8 K 822/20 Bezug genommen).

Darüber hinaus habe die Klägerin in den Streitjahren auch weiterhin einen stehenden Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG betrieben. Aus dem Umstand, dass die Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben im Rahmen des Rücklagenmanagements nur im Zusammenhang mit dem Systemwechsel in den Jahren 2000 und 2001 habe stattfinden können, könne nicht abgeleitet werden, dass die originäre werbende Tätigkeit der Klägerin bereits in 2002 beendet gewesen sei. Vielmehr habe das Geschäftsmodell der Klägerin darin bestanden, die Körperschaftsteuerguthaben über ein Steuergestaltungsmodell zu heben. Da dieses Modell aber von der Finanzverwaltung zunächst nicht anerkannt worden sei und deshalb mehrjährige Rechtsstreite stattgefunden hätten, sei die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin zumindest in 2006 noch nicht beendet gewesen. Aber auch darüber hinaus sei die werbende Tätigkeit noch nicht beendet gewesen, weil die Betätigung der Klägerin auch darauf gerichtet gewesen sei, die Körperschaftsteuerguthaben zu vereinnahmen, die entsprechenden Anrechnungen hätten sich jedoch teilweise bis in das Jahr 2013 erstreckt. Ein Geschäftsbetrieb erstrecke sich auch auf die Leistungserbringung gegenüber den Kunden (wegen der weiteren Ausführungen zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin wird auf die S. 4ff. der Teil-Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2020, Bl. 186ff. FG-Akte, Bezug genommen).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Klägerin in den Verfahren 8 K 1612/17 vom 19. Oktober 2017, 16. Februar 2018, 22. Juni 2018, 20. Dezember 2018, 22. Dezember 2020 und 17. Januar 2021 und auf ihren Schriftsatz in dem Verfahren 8 K 822/20 vom 29. Juni 2020 sowie auf die Schriftsätze des Finanzamtes vom 31. Januar 2018, 09. März 2018, 17. August 2018, 03. Dezember 2019 und 13. Januar 2021 (letzterer unter dem Az. 8 K 822/20) verwiesen. Dem Gericht haben sechs Bände Steuerakten, das aus zwei Bänden bestehende Fallheft über die Außenprüfung bei der Klägerin, die Akten des gerichtlichen Verfahrens 8 V 1604/17 und die Akten der die Klägerin betreffenden gerichtlichen Verfahren bei dem Hessischen Finanzgericht 4 K 1056/06, 4 K 3685/07, 4 K 1229/08 und 4 K 2221/08 vorgelegen.

Aus den Gründen

1. Die Klage ist zum ganz überwiegenden Teil begründet, weil zwar bei Erlass der im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide vom 11. März 2015 die Feststellungs- bzw. Festsetzungsfristen noch nicht abgelaufen waren (dazu unten a)), die streitigen Zinsansprüche nach § 233a AO (Verzinsung der aus dem Rücklagenmanagement sich ergebenden Erstattungsansprüche) in den Streitjahren aber noch nicht aktiviert werden mussten (dazu unten b)) und die Klägerin in den Streitjahren nicht mehr gewerbesteuerpflichtig war (dazu unten c)).

a) Der Ablauf der für die Streitjahre jeweils maßgeblichen vierjährigen Feststellungs- bzw. Festsetzungsfristen (die aufgrund der Abgabe der maßgeblichen Steuer- bzw. Feststellungserklärungen in 2006 und 2008 gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf der Jahre 2006 und 2008 begonnen hatten) war nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt, weil mit der Außenprüfung noch in 2010 begonnen worden und keiner der Ausnahmetatbestände in § 171 Abs. 4 Satz 2 und 3 AO erfüllt war.

Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) wird der Ablauf der Festsetzung- bzw. Feststellungsfrist gehemmt, wenn vorher mit einer Außenprüfung begonnen oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wird. Dies gilt nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als 6 Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Festsetzungsfrist endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.

aa) Die von dem Finanzamt nach Erlass der Prüfungsanordnung ergriffenen Maßnahmen erfüllen die Voraussetzungen für den Beginn einer Außenprüfung.

Der Beginn einer Außenprüfung setzt voraus, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen wurde und - wenn auch nur stichprobenweise - tatsächliche Prüfungshandlung für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden. Unter dem Begriff der Außenprüfung kann nicht jede, sondern nur eine sog. qualifizierte Ermittlungshandlung des Finanzamtes verstanden werden, die für den Steuerpflichtigen erkennbar darauf gerichtet ist, den für die richtige Anwendung der Steuergesetze wesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und zu überprüfen. Dabei muss es sich um Maßnahmen handeln, die für den Steuerpflichtigen im Sinne der § 193ff. AO als Prüfungshandlung erkennbar sind und geeignet erscheinen, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (vgl. dazu bereits BFH, Urteil vom 24. April 2003, VI R 3/02, BStBl II 2003, 739).

Eine Außenprüfung ist tatsächlich noch nicht begonnen, wenn der Prüfer erscheint und die Prüfungsanordnung übergibt, sondern erst dann, wenn er nach der Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls vornimmt. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die Handlungen die der Prüfer am Prüfungsort vornimmt, solche zur Ermittlung des Steuerfalls sind und zwar auch dann, wenn sie nur auf die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren u.Ä. gerichtet sind. Als Prüfungshandlungen kommen insoweit das informative Gespräche, das Verlangen nach Belegen und Unterlagen oder Auskünften, ggf. auch von Dritten, in Betracht. Der Prüfer muss nur ernsthaft mit der Prüfung begonnen haben auch wenn die Prüfungshandlungen für den Steuerpflichtigen nicht als solche evident sind (vgl. dazu insbesondere BFH, Urteil vom 26. April 2017, I R 76/15, BFH/NV 2017, 1473 m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe, haben die Prüfer im vorliegenden Falle die angeordnete Außenprüfung durch ihr Erscheinen am Prüfungsort (im Steuerbüro der damaligen Verfahrensbevollmächtigten) am 26. Mai 2010 begonnen, weil sie auf ihre entsprechende Aufforderung hin eine CD mit den gespeicherten Steuerdaten der Klägerin in Empfang genommen haben. Nach der oben zitierten Rechtsprechung steht die Anforderung und Entgegennahme einer Daten-CD dem von der Rechtsprechung als qualifizierte Prüfungshandlung anerkannten Verlangen nach der Übergabe von Belegen und Unterlagen gleich. Bei der Anforderung und Entgegennahme einer solchen CD handelt es sich um keine interne Maßnahme des Finanzamtes; vielmehr ist sie ohne weiteres geeignet, das Vertrauen der Klägerin in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen.

bb) Die eingetretene Ablaufhemmung ist nicht deshalb rückwirkend nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO entfallen, weil die Außenprüfung nicht unmittelbar nach ihrem Beginn aus Gründen, die von der Finanzverwaltung zu vertreten gewesen wäre, für länger als 6 Monate unterbrochen worden ist.

Die Frage, ob eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden ist, ist grundsätzlich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu beurteilen. Dabei sind neben dem zeitlichen Umfang der bereits durchgeführten Prüfungsmaßnahmen alle Umstände zu berücksichtigen, die Aufschluss über die Gewichtigkeit der Prüfungshandlungen vor der Unterbrechung geben. Unabhängig vom Zeitaufwand ist eine Unterbrechung unmittelbar nach Beginn der Prüfung dann anzunehmen, wenn der Prüfer über Vorbereitungshandlungen, allgemeine Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalles bzw. ein allgemeines Aktenstudium nicht hinausgekommen ist. Eine Außenprüfung ist danach nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen, wenn die Prüfungshandlungen vom Umfang und Zeitaufwand gemessen an den gesamten Prüfungsstoff erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse gezeitigt haben. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass die ermittelten Ergebnisse geeignet sein müssen, unmittelbar als Besteuerungsgrundlage Eingang in einen Steuer- oder Feststellungsbescheid zu finden; ausreichend ist vielmehr das Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei der Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann. Für die Beendigung einer Prüfungsunterbrechung hat der BFH es insoweit als Nachweis ausreichen lassen, dass der Prüfer seine Erkenntnisse in seiner Arbeitsakte festhält, so dass im Falle eines Streites durch die Vorlage der Handakte des Prüfers beim FG die Prüfungstätigkeit nachvollzogen werden kann. Auch hinreichend dokumentierte interne - d.h. nach außen nicht offengelegte - Prüfungshandlungen des Finanzamtes sind insoweit geeignet, das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen (BFH, Urteil vom 26. April 2017, I R 76/15, BFH/NV 2017, 1473 und vom 12. Juni 2018, VIII R 46/15, BFH/NV 2018, 1239, jeweils m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Prüfung der Klägerin im vorliegenden Falle hinsichtlich der Streitjahre nicht unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von 6 Monaten unterbrochen worden. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die übergebende Daten-CD ausgelesen bzw. ausgewertet worden ist und nach dem unwidersprochenen Sachvortrag des Finanzamtes am 02. August 2010 in die Prüfungssoftware IDEA übertragen worden ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist davon auszugehen, dass bei einer Übertragung in das Programms IDEA, die jeweiligen Prüfer die Buchführungsdaten vor dem Ausdruck zunächst in dieses Programm eingelesen und sodann einer vom Programm vorgesehenen Plausibilitätskontrolle unterzogen haben (vgl. nur BFH, Urteil vom 26. April 2017, I R 76/15, Rz. 27). Darüber hinaus folgt aber auch aus den seitens der Prüfer gestellten Prüfungsanfragen Nr. 1 und Nr. 2 vom 30. August 2010 bzw. 31. August 2010, dass die am 26. Mai 2010 begonnene Außenprüfung nicht für einen über 6 Monate hinausgehenden Zeitraum unterbrochen worden ist. So ist zwar hinsichtlich des Themas der Prüfungsanfrage Nr. 1 vom 30. August 2010 bereits nach Abgabe der Feststellungserklärung für 2006 seitens des Innendienstes des Finanzamtes mit Schreiben vom 23. Mai 2008 die damalige Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin hinsichtlich des in dem Jahresabschluss enthaltenen Aufgabeverlustes aufgefordert worden, die gemeinen Werte der Aktiva darzustellen (ohne dass dies dann bei der Prüfung der Feststellungserklärung weiter thematisiert worden wäre), die Prüfungsanfrage geht aber insofern darüber hinaus, als mit ihr die Vorlage einer Aufgabebilanz und die Ermittlung der gemeinen Werte angefragt worden ist. Letztlich geht aber die zur weiteren Sachverhaltsermittlung gestellte Prüfungsanfrage Nr. 2 vom 31. August 2010 über die bei Prüfung der Feststellungserklärung erbetenen Erläuterungen hinaus (dort war nur um die Vorlage einer Kopie der Vergleichsvereinbarung mit der der E-Bank gebeten worden), denn mit ihr bittet der Prüfer u.a. um Erläuterung, warum zum 14. November 2006 die Anpassung der Verbindlichkeit gegenüber der E-Bank aufgrund „Vereinbarung“ eingebucht und weshalb der Vorgang als Aufgabeverlust eingestuft worden sei. Er bat auch um eine nachvollziehbare Berechnung der Anpassung (zum Inhalt der Anfrage im Übrigen Bl. 57 des Fallheftes).

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin endete die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO auch nicht aufgrund des Tatbestandes des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO, weil vor Erlass der maßgeblichen Feststellungs- bzw. Festsetzungsbescheide in einem Zeitraum von 4 Jahren keine qualifizierten Funktionshandlungen mehr stattgefunden hätten. Dies folgt allein schon daraus, dass die Prüfer am 26. September 2011 eine weitere Prüfungsanfrage (Nr. 4) an die Klägerin richteten und im Anschluss daran am 14. Oktober 2011 und am 18. Oktober 2011 Prüfungsfeststellungen an die Klägerin übersandt haben. Bei dieser Prüfungsanfrage handelt es sich eindeutig um eine (weitere) Maßnahme zur Sachverhaltsermittlung, da es in ihr u.a. um die Ausbuchung von Rückstellungen für Rückzahlungsrisiken ging (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 62 des Fallheftes), die seitens der damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 04. Oktober 2011 dahingehend beantwortet wurde, dass die Rückstellung ursprünglich wegen einer Zahlung der K-AG vom 02. August 2004 gebildet worden sei (vgl. Bl. 66 des Fallheftes). Darüber hinaus greift der Ausschlusstatbestand des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO nach Überzeugung des Gerichts auch deswegen nicht, weil die damalige Verfahrensbevollmächtigte u.a. mit Schreiben vom 12. Mai 2014 darauf hingewiesen hatte, dass es im Hinblick auf die bei dem FG Münster bzw. Hessen noch anhängigen Verfahren „sachdienlich“ sei, den Ausgang dieser Verfahren abzuwarten und derzeit keine Besprechung anzuberaumen. Daneben bedürfe die „Fremdkapitalausstattung der gesamten Gesellschaften für Rücklagenmanagement“ der weiteren Erläuterung (vgl. im Einzelnen Seite 9 des Schreibens vom 12. Mai 2004, Bl. 110 des Fallheftes).

dd) Darüber hinaus scheitert das Eingreifen der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO auch nicht daran, dass die Prüfungshandlungen des Finanzamtes nicht weiter an dem zunächst vorgesehenen Ort der Prüfung stattfanden, sondern an Amtsstelle. Insoweit die Klägerin dazu gegenteilige Schlussfolgerungen aus dem BFH-Urteil vom 18. Februar 2009, V R 82/07 (BStBl II 2009, 876) ableiten will, lassen sich solche Aussagen der zitierten BFH-Entscheidung nicht entnehmen. Ebenso wenig kann der Klägerin gefolgt werden, wenn sie ausführt, dass die Außenprüfung ohnehin nur vorgeschoben gewesen sei.

b) Der angegriffene Feststellungsbescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 11. März 2015 war inhaltlich zu ändern, weil die hier streitigen Zinsansprüche (Verzinsung der aus dem Rücklagenmanagement sich ergebenden Erstattungsansprüche) steuerlich in dem Streitjahr 2006 noch nicht zu berücksichtigen waren. Sie waren nach der im vorliegenden Falle maßgeblichen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und den damit geltenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in den Streitjahren entgegen der Ansicht des Finanzamtes noch nicht zu aktivieren.

aa) Die Klägerin war in den Streitjahren zur Gewinnermittlung gem. § 5 Abs. 1 EStG (i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG) verpflichtet, weil sie zum einen in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG und (bis zum 13. November 2006) auch solche i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG erzielte und zum anderen als KG gem. § 6 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.V.m. §§ 238 und 242 HGB verpflichtete war, Bücher zu führen.

Während des hier laufenden Verfahrens hat der BFH durch ein grundlegendes Urteil vom 06. Juni 2019 unter dem Az. IV R 30/16 (u.a. BFH/NV 2019, 994) entschieden, dass einkommensteuerrechtlich jede Beteiligung (ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze), aus der eine Gesellschaft gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht (wie die Klägerin in den Streitjahren aus ihrer geringfügigen Beteiligung an der G-GmbH & Co. KG) aufgrund des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte dieser Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb führt. Allerdings bedürfe es für den Bereich der Gewerbesteuer einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG dahin, dass ein Unternehmen, das nur kraft der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG als Gewerbebetrieb gelte nicht der Gewerbesteuer unterliege. Daraus folgt im vorliegenden Fall für den Bereich der Einkommensteuer, dass auch die Klägerin alleine aufgrund ihrer Beteiligung an der G-GmbH & Co. KG während der Streitjahre Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG erzielt hat. Dies ist aufgrund der oben zitierten Entscheidung des BFH auch zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Darüber hinaus handelte es sich bei der Klägerin bis zum 13. November 2006, also bis zum Eintritt von B als weiterem Komplementär, um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG. Insoweit die Klägerin dies mit dem Hinweis auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht bestritten hat, kann dem nicht gefolgt werden, weil sie auch dann, wenn sie lediglich noch mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf gerichtlichem oder außergerichtlichem Wege befasst war, ihre Einkünfteerzielungsabsicht, verstanden als Absicht zur Erzielung eines Totalgewinns, in 2005 und 2006 noch nicht aufgegeben hatte.

bb) Die sich aus § 233a AO wegen der Körperschaftsteuererstattungsansprüche für den Veranlagungszeitraum 2000 ergebenden Zinsansprüche in Höhe von xxx Euro waren entgegen der Ansicht des Finanzamts zum 31. Dezember 2006 noch nicht zu aktivieren, weil ihre Durchsetzbarkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend gesichert war.

Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) - von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen - so gut wie sicher ist (BFH, Urteil vom 23. März 2011, X R 42/08, BFHE 233, 398, Deutsches Steuerrecht (DStR) 2011, 1603, mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend sind Forderungen (§ 266 Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind (BFH, Urteile vom 12. Mai 1993, XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 3. August 2005, I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 14. März 2006, VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650).

Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde (BFH, Urteil vom 28. September 1967, IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). Zivilrechtliche Ansprüche können selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann (BFH, Urteil vom 9. Februar 1978, IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978, 370; BFH, Urteil vom 31. August 2011, X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190, Rn. 15 - 20).

Im Zusammenhang mit der Frage, ob und wann öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche und damit in Zusammenhang stehende Zinsansprüche zu aktivieren sind, hat der BFH maßgeblich darauf abgestellt, ob einer Realisierung dieser Ansprüche im konkreten Fall materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstanden und ob das zuständige Finanzamt aufgrund der verwaltungsinternen Weisungslage verpflichtete war, ggf. zu diesen Erstattungsansprüchen ergangene BFH-Entscheidungen umzusetzen. Letzteres wäre insbesondere dann der Fall, wenn eine Veröffentlichung dieser Rechtsprechung in den BStBl II erfolgt wäre. Denn die Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein - über den entschiedenen Einzelfall hinaus - anzuwenden. In einer solchen Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide - ähnlich wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH, Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786) - nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar (vgl. zum Ganzen grundlegend BFH, Urteil vom 31. August 2011, X R 19/10, BStBl II 2012, 190 m.w.N.). In einer anderen Entscheidung weist der BFH darauf hin, dass es in der Rechtsprechung geklärt sei, dass auch Steuererstattungsansprüche nur dann in der Bilanz ausgewiesen werden könnten, wenn sie einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert verkörpern, und dass es der Annahme einer solche hinreichend sicheren und wirtschaftlich durchsetzbaren Position entgegensteht, wenn und solange die Ansprüche von dem Finanzamt bestritten würden (BFH, Urteil vom 15. November 2011, I R 96/10, BFH/NV 2012, 991).

Im vorliegenden Falle bestand zum 31. Dezember 2006 keine Situation in der davon ausgegangen werden konnte, dass es sich bei der Festsetzung der sich aufgrund der Körperschaftsteuererstattungsansprüche ergebenden Zinsansprüche gem. § 233a AO (wie auch die steuerliche Berücksichtigung der Erstattungsansprüche selbst) nur noch um einen wirtschaftlich unwesentlichen formalrechtlichen Akt handeln würde. Die Finanzverwaltung unternahm jedenfalls bis zum 31. Dezember 2006 keine Schritte aus denen ersichtlich gewesen wäre, dass eine entsprechende Änderung der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide 2000 im Hinblick auf das grundlegende BFH-Urteil zur steuerlichen Anerkennung des Rücklagenmanagements vom 28. Juni 2006 beabsichtigt gewesen wäre. Vielmehr war in dem bei dem Hessischen Finanzgericht hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheides 2000 anhängigen, die Klägerin betreffenden Klageverfahren 4 K 1056/06, in dem gerade über die Anerkennung des Rücklagenmanagements gestritten wurde, seitens der Klägerin mit Schriftsätzen vom 30. November 2006 und 06. Dezember 2006 nachdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das bereits am 28. Juni 2006 unter dem Aktenzeichen I R 97/05 ergangene Urteil von der Finanzverwaltung offensichtlich nicht umgesetzt werde, und beantragt worden, einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dabei war dem Schriftsatz vom 06. Dezember 2006 ein Schreiben des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 28. November 2006 beigefügt worden, in dem seitens des Ministeriums darauf hingewiesen wurde, dass ein „die Hessische Finanzverwaltung bindendes BFH-Urteil“ nicht „existiere“ und dass „so bald wie möglich eine Entscheidung über den Fortgang der anhängigen Verfahren getroffen“ werde (Bl. 141 FG-Akte 4 K 1056/06). Das seitens des Gerichts zur Stellungnahme aufgeforderte Finanzamt äußerte sich zu dem ergangenen BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 nicht, sondern bat dann - wiederholt - sowohl telefonisch (am 08. Januar 2007) als auch schriftlich (am 16. Januar 2007 und 19. April 2007) um die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme, weil „das weitere Vorgehen bezüglich dieses Klageverfahrens im Rahmen der nächsten Referatsleiterbesprechung der Bund-Länder Referenten besprochen werden“ solle (vgl. zum Ganzen auch Bl. 135ff. FG-Akte 4 K 1056/06). Einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2000, in dem es das Rücklagenmanagement grundsätzlich anerkannte und die Zinsen zur Körperschaftsteuer mit xxx EUR festsetzte, erließ das Finanzamt dann zwar am 30. Juli 2007 (Bl. 159ff. FG-Akte 4 K 1056/06), das Verfahren 4 K 1056/06 konnte aber erst im Jahre 2010 durch einvernehmliche Erledigungserklärungen beendet werden, weil die Beteiligten unter anderem wegen der Rückforderung von Steuerbescheinigungen über die Höhe der anrechenbaren Körperschaftsteuer und später – nach Ergehen des BFH-Beschlusses vom 20. August 2007, I B 98/07 – über die Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag weiter gestritten haben.

Der Verlauf der übrigen bei dem Hessischen Finanzgericht anhängigen Klageverfahren betreffend die Gesellschaften für Rücklagenmanagement gestaltete sich ähnlich. Auch in dem einzigen bei dem FG Münster anhängigen, die N-GmbH & Co. KG betreffenden Verfahren war die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung zunächst nicht bereit, das grundlegende BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 umzusetzen. Im Gegenteil vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass der BFH mit seinem Urteil letztlich nicht über die Körperschaftsteueranrechnung und damit über Erstattungsansprüche entschieden habe (vgl. dazu das Finanzamt O-Stadt als Verfahrensbeteiligter gegenüber dem FG Münster mit Schreiben vom 17. Januar 2007, Bl. 68 FG-Akte). Vgl. zu dem weiteren Vorgehen der nordrheinwestfälischen Finanzverwaltung die Darstellung in dem Schriftsatz der Klägerin vom 16. Februar 2018 und die diesem Schriftsatz beigefügten Anlagen, Bl. 62ff. FG-Akte.

Vor diesem Hintergrund spricht der Umstand, dass das grundlegende BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 entgegen der ursprünglichen Annahme des Finanzamts im vorliegenden Verfahren nicht im BStBl II veröffentlicht worden ist, gerade nicht dafür, dass zum 31. Dezember 2006 davon ausgegangen werden konnte, dass das Finanzamt die streitigen Erstattungsansprüche und damit einhergehenden Zinsansprüche nicht mehr bestreiten oder deren Durchsetzung nicht nachhaltig erschweren würde. Die hier streitigen Zinsansprüche verkörperten zum 31. Dezember 2006 noch keinen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert, den ein gedachter Betriebserwerber bereits zu diesem Zeitpunkt mitvergütet hätte, denn er hätte zum 31. Dezember 2006 noch nicht fest mit einer Zahlung rechnen können. Dass das Finanzamt dann erstmals mit Bescheid vom 30. Juli 2007, und damit vor Bilanzerstellung, Zinsen festgesetzt hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn es handelt sich dabei nicht um einen wertaufhellenden Umstand, der bereits am Bilanzstichtag vorgelegen hätte, aber erst später bekannt geworden wäre (vgl. dazu auch gerade im Zusammenhang mit Steuererstattungsansprüchen BFH, Urteil vom 15. November 2011, I R 96/10, BFH/NV 2012, 991).

cc) Der Bescheid zur einheitlich und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2005 vom 11. März 2005 war nicht zu ändern, da die geringfügige Abweichung zu dem ursprünglichen Bescheid in Höhe von xxx Euro keinen rechtlichen Bedenken begegnet, was auch seitens der Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 akzeptiert worden ist.

c) Die Klägerin war in den Jahren 2005 und 2006 nicht mehr gewerbesteuerpflichtig, weil sie in diesen Jahren keinen stehenden Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG mehr unterhielt.

aa) Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BFH (insbesondere BFH, Urteile vom 18. Mai 2017, IV R 30/15, BFH/NV 2017, 1191 und vom 06. Juni 2019, IV R 30/16, BFH/NV 2019, 994), der der Senat folgt, unterlag die Klägerin in den Streitjahren nicht bereits deswegen der sachlichen Gewerbesteuerpflicht, weil es sich bei ihr bis zum 13. November 2006 um eine gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelte oder weil sie in den Streitjahren durch ihre Beteiligung an G-GmbH & Co. KG einkommensteuerlich gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG erzielte (vgl. zu letzterem die Ausführungen oben unter 1. b) aa) der Entscheidungsgründe).

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende, im Inland betriebene Gewerbebetrieb. Unter Gewerbebetrieb ist zwar grundsätzlich ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Da der Gewerbesteuer jedoch nur ein stehender Gewerbebetrieb unterliegt, sind Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften - und damit auch gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG - daher sachlich nur gewerbesteuerpflichtig, wenn und solange sie einen Gewerbebetrieb i.S.d. Gewerbesteuerrechts unterhalten. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht endet deshalb schon mit der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit. Maßnahmen zur Vermögensverwertung nach Einstellung des Betriebs werden danach --anders als bei Kapitalgesellschaften, deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt-- nicht mehr von der Steuerpflicht erfasst (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20. September 2012, IV R 36/10, BFHE 238, 429, BStBl II 2013, 498, Rz. 17, m.w.N.; vom 24. April 1980, IV R 68/77, BFHE 131, 70, BStBl II 1980, 658).

Während des hier laufenden Verfahrens hat der BFH darüber hinaus durch Urteil vom 06. Juni 2019 unter dem Az. IV R 30/16 (u.a. BFH/NV 2019, 994) zwar entschieden, dass jede Beteiligung (ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze), aus der eine Gesellschaft gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht, aufgrund des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG einkommensteuerrechtlich zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte dieser Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb führt. In dieser Entscheidung führt der BFH aber weiter aus, dass es für den Bereich der Gewerbesteuer einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG dahingehend bedürfe, dass ein Unternehmen, das nur kraft der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG als Gewerbebetrieb gelte, nicht der Gewerbesteuer unterliege.

bb) Die Klägerin war in den Streitjahren letztlich auch deswegen nicht mehr gewerbesteuerpflichtig, weil sie ihre werbende Tätigkeit jedenfalls in den Streitjahren 2005 und 2006 bereits dauerhaft eingestellt hatte.

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht endet mit der dauerhaften Einstellung der werbenden Tätigkeit (z.B. BFH, Urteil vom 20. September 2012, IV R 60/11, BFH/NV 2013, 410). Daher kann auch eine nach Einkommensteuerrecht nicht begünstigte "allmähliche Abwicklung" eines Gewerbebetriebs im Gewerbesteuerrecht zu nicht gewerbesteuerbaren Gewinnen führen, wenn sie auf Maßnahmen zur Vermögensverwertung nach Einstellung der werbenden Tätigkeit des Betriebs beruht (z.B. BFH, Urteile vom 26. Juni 2007, IV R 49/04, BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289 und vom 17. März 2010, IV R 41/07, BFHE 228, 381, BStBl II 2010, 977). Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlage- wie auch des Umlaufvermögens können zum gewerbesteuerbaren (laufenden) Gewinn oder zum nicht gewerbesteuerbaren Aufgabegewinn gehören. Maßgeblich ist, ob mit der Veräußerung die bisherige normale Geschäftstätigkeit fortgesetzt wird oder ob die Veräußerung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebs erfolgt (BFH, Urteil in BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289, unter II. 2. c) cc) der Gründe). Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein (z.B. BFH, Urteil in BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927, Rz. 22 m.w.N.). Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz; letztlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (z.B. BFH, Urteil vom 20. November 2003, IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464).

Die Tätigkeiten der Klägerin in den Jahren 2005 und 2006 waren keine werbenden Tätigkeiten mehr zur Umsetzung des von der Klägerin in 2000 angebotenen „Rücklagenmanagements“, das unstreitig letztlich den für die Frage der Gewerbesteuerpflicht maßgeblichen, von der Klägerin verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit darstellt. Diese tatsächlich von der Klägerin verfolgte Aktivität bestand darin Körperschaftsteuerguthaben (das insbesondere in dem, im Rahmen des im körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren gebildeten sogenannten „EK 56“ enthalten war) im Wege eines sog. Rücklagenmanagements vor der Einführung des sog. Halbeinkünfteverfahrens zu „mobilisieren“. Dies wurde modellmäßig in Teilschritten zu verwirklicht, zunächst durch kreditfinanzierten Erwerb eines Vorzugsgeschäftsanteils (von bis zu x,xx % der sogenannten Zielgesellschaften) am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft mit hohen Gewinnrücklagen zu einem über dem Nominalwert liegenden Kaufpreis und der anschließenden Beschlussfassung einer disquotalen, durch ein Mehrheitsstimmrecht abgesicherten Vorabausschüttung (zur Darstellung des Rücklagenmanagements im Einzelnen vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2006, I R 97/05, BFH/NV 2006, 2207).

Die werbenden Tätigkeiten zur Umsetzung des Rücklagenmanagements fanden vorwiegend in den Jahren 2000 und 2001 statt. Sie bestanden insbesondere darin, „am Markt“ geeignete Zielgesellschaften zu „akquirieren“ mit diesen Gesellschaften die erforderlichen vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung zu schaffen und die zur Finanzierung notwendigen Verträge mit der E-Bank abzuschließen. Dieser werbenden Phase können auch die Abwicklung der auf den vertraglichen Vereinbarungen beruhenden zeitnahen Zahlungsvorgänge und wohl auch noch die Einreichung der entsprechenden Steuererklärungen unter Beifügung der entsprechenden Steuerbescheinigungen zugerechnet werden. Die nachfolgenden Rechtsbehelfs- und Klageverfahren bei der Finanzverwaltung bzw. bei den Finanzgerichten können jedoch nicht mehr als werbende Tätigkeit i.S.d. angebotenen Steuergestaltungsmodells qualifiziert werden. Vielmehr ging es in den Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung darum, die sich aus dem angebotenen Modell „Rücklagenmanagement“ ergebenden Ansprüche auf der Ebene der Klägerin durchzusetzen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Finanzverwaltung konkret mit einzelnen Zielgesellschaften Kontakt aufgenommen hatte, um diese zum Widerruf der ausgestellten Steuerbescheinigungen zu bewegen. Denn dies geschah gerade nicht auf Initiative der Klägerin hin. Auch die Auseinandersetzungen der Klägerin mit der E-Bank waren nicht mehr Bestandteil der originären werbenden Tätigkeit der Klägerin. Sie betrafen die mit dieser getroffenen Vereinbarung auf der Ebene der Klägerin bzw. die sich daraus für die Klägerin ergebenden Ansprüche und Verbindlichkeiten. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes sind die sich aus der ursprünglichen Nichtanerkennung des Gestaltungsmodells „Rücklagenmanagement“ durch die Finanzverwaltung folgenden jahrelangen Rechtsbehelfs- und Klageverfahren kein notwendiger Bestandteil des angebotenen Gestaltungsmodells dar, denn sie wurden nicht im Rahmen dieses Modells gegenüber den Zielgesellschaften als Dienstleistung angeboten und sind darüber hinaus auch nicht besonders vergütet worden. Auch die spätere Vereinnahmung der Körperschaftsteuerguthaben als solche war nicht mehr Bestandteil der werbenden Tätigkeiten der Klägerin, sondern war bloße Folge der durch das Rücklagenmanagement erlangten Ansprüche und damit der Phase der Abwicklung des ursprünglich betriebenen Gewerbebetriebs zuzuordnen.

Im Ergebnis konnte die Klägerin über ihre Aktivitäten in den Streitjahren nicht mehr im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit frei entscheiden, sie war vielmehr gezwungen zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem „Rücklagenmanagement“ die anhängigen Klageverfahren zu betreiben bzw. Vergleichsverhandlungen mit der E-Bank zu führen. Darüber hinaus bestand für sie auch finanziell nicht die Möglichkeit, weiter werbend tätig zu sein, denn das Betriebsvermögen war weitgehend zugunsten der E-Bank verpfändet. Da letztlich ein aktives Betreiben des Rücklagenmanagements in der angebotenen Form auch nur in den Jahren 2000 und 2001 möglich war, waren die in den Streitjahren 2005 und 2006 entfalteten Aktivitäten der Klägerin letztlich nur noch auf die Abwicklung ihres Gewerbebetriebs gerichtet.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 S. 3 FGO, weil die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 und Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.

4. Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Finanzverwaltung die in dem BFH-Urteil vom 06. Juni 2019, IV R 30/16, (BStBl II 2020, 649) zum Ausdruck kommenden gewerbesteuerlichen Grundsätze nicht allgemein anwenden will (vgl. die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 01. Oktober 2020, BStBl I 2020, 1032).

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