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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.12.2010
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Aktivierung streitiger Steuererstattungsansprüche

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.9.2010 - 6 K 1271/08 K, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 96/10)

Sachverhalt

Der Beklagte ist mit Beschluss des Amtsgerichts "L-Stadt" vom "..." ("...") zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der "T-GmbH" (GmbH) bestellt worden.

Die GmbH betrieb im Streitjahr Spielstätten, in denen sich u. a. Geldspielautomaten befanden.

Im Rahmen der Festsetzungen von Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer 2005, zum Solidaritätszuschlag 2005 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2005 reichte die GmbH beim Kläger eine betriebswirtschaftliche Auswertung für das Kalenderjahr 2005 ein, die einen Verlust von 6.588,06 Euro auswies. Der Kläger legte die betriebswirtschaftliche Auswertung für die Festsetzung der Vorauszahlung zugrunde, erhöhte das Ergebnis von 6.588,06 Euro jedoch um 268.283,08 Euro. Hintergrund für die Erhöhung des Einkommens war der Umstand, dass im Jahr 2005 Umsatzsteuererstattungen für 1996 bis 2003 in einer Gesamthöhe von 224.798,95 Euro und damit korrespondierend Zinsen nach § 233 a Abgabenordnung -AO- in einer Gesamthöhe von 43.484,03 Euro zugunsten der GmbH festgesetzt wurden. Grund für die Festsetzung der Umsatzsteuererstattungen war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs -EuGH-vom 17. Februar 2005 (Rs. C - 453/02 - Linneweber -) und dem folgend das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH vom 12. Mai 2005 (V R 7/02, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 210, 164, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 617), wonach Umsätze von Geldspielautomaten nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Die auf Grund eines Gewinns aus Gewerbebetrieb in Höhe von 261.695 Euro erlassenen Bescheide über Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer 2005 und zum Solidaritätszuschlag 2005, jeweils vom 29.06.2006, sowie zum Gewerbesteuermessbetrag 2005 und über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2005, jeweils vom 10. Juli 2006, wurden zum Gegenstand eines zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens gegen die zuvor ergangenen Vorauszahlungsbescheide.

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Vorauszahlungsänderungsbescheide hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 11. Dezember 2006 (6 V 3513/06) abgelehnt.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Kalenderjahr 2005 erklärte die GmbH einen Verlust in Höhe von 7.044,00 Euro. Der Kläger legte der Körperschaftsteuerfestsetzung 2005 das erklärte Ergebnis zu Grunde, erhöhte dieses aber um 310.245,00 Euro. Die gegenüber dem Vorauszahlungsbescheid erhöhte Hinzurechnung ergab sich aus der zusätzlich in 2006 festgesetzten und ausgezahlten Umsatzsteuererstattung für 2004 in Höhe von 30.995,29 Euro sowie um Zinsen, die in 2004 in Höhe von 10.966,78 Euro vom Kläger nicht gewinnerhöhend berücksichtigt wurden.

Gegen den entsprechenden Bescheid für 2005 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer vom 10. Januar 2007 legte die GmbH mit Schreiben vom 16. Januar 2007 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Nachdem der Kläger diesen Antrag abgelehnt hatte, lehnte der erkennende Senat eine gerichtliche Aussetzung der Vollziehung ebenfalls ab (Beschluss vom 16. August 2007, 6 V 325/07).

Der Kläger wies die Einsprüche gegen die Steuerfestsetzungen durch Einspruchsentscheidungen vom 11. März 2008 als unbegründet zurück, weshalb die GmbH unter dem 11. April 2008 Klage erhoben hat. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH hat der Kläger das Verfahren durch Schriftsatz vom 25. August 2009 aufgenommen, nachdem der Beklagte den angemeldeten Forderungen für Körperschaftsteuer 2005 und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2005 sowie Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer 2005 und zum Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2005 in einer Gesamthöhe von 55.149,50 EUR am 15. Juli 2008 widersprochen hatte.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, die Steuererstattungsansprüche und die Zinsansprüche zu Recht im Veranlagungszeitraum 2005 erfasst zu haben.

Er verweist zunächst darauf, dass die streitigen Ansprüche auf Umsatzsteuererstattung und damit korrespondierend die Zinsen nach § 233 a AO frühestens in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres zu aktivieren seien, das nach dem Ergehen des EuGH-Urteils am 17. Februar 2005 ende. Eine frühere Aktivierung scheide aus, da die Finanzverwaltung das Bestehen entsprechender Ansprüche ausdrücklich bestritten habe und daher im Zeitpunkt der Bilanzerstellung mit ihrer Erfüllung nicht habe gerechnet werden können. Bestrittene Erstattungsansprüche dürften nämlich nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen nicht aktiviert werden (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl. II 1991, 213). Gleiches gelte für die streitigen Erstattungszinsen nach § 233 a AO.

Entgegen der Behauptung des Beklagten seien die dem Gewinn 2005 hinzugerechneten Beträge auch nicht im Betriebsvermögen auf den 31. Dezember 2004 enthalten. Zwar habe die GmbH im Rahmen berichtigter Bilanzen für 2002 und 2003 Umsatzsteuern und Zinsen für die Jahre 1996 bis 2001 erfolgsneutral und für die Jahre 2002 und 2003 erfolgswirksam eingebucht. Diese Buchungen seien aber durch die Betriebsprüfung - ebenso wie die in 2004 als Ertrag erfassten Erstattungsansprüche - rückgängig gemacht worden.

Der Kläger beantragt,

die zur Tabelle angemeldeten Forderungen aus Körperschaftsteuer 2005 und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2005 und Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer 2005 sowie Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2005 in Höhe von 55.149,50 EUR zum 15. Juli 2008 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wendet sich weiterhin gegen die Erfassung der Umsatzsteuererstattungen als Einnahme im Veranlagungszeitraum 2005.

Er verweist zunächst darauf, dass die vom Kläger dem Einkommen 2005 hinzugerechneten Beträge bereits in der Bilanz zum 31. Dezember 2004 aktiviert gewesen seien. Infolge des geltenden Bilanzenzusammenhangs sei damit eine Gewinnerhöhung im Jahre 2005 ausgeschlossen.

Die GmbH habe zudem ihre Jahresabschlüsse 2002 bis 2004 auf der Grundlage "steuerfreier Umsätze" aus dem Glücksspiel erstellt. Einzig der Kläger habe im Rahmen der Betriebsprüfung die Gewinne fälschlicherweise um die ausgewiesenen Umsatzsteuerforderungen sowie die anteiligen Zinsforderungen gemindert. Dieses sei geschehen, obwohl zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung das Urteil des BFH vom 12. Mai 2005 (V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) bereits bekannt gewesen sei. Die von der GmbH berücksichtigte Umsatzsteuerforderung sei daher nicht mehr strittig gewesen. Die Berichtigung der fehlerhaften Bilanzansätze sei folglich im ersten offenen Veranlagungszeitraum, mithin in 2002 bis 2004 vorzunehmen gewesen. Im Übrigen hätten die gefertigten Jahresabschlüsse den gesetzlichen Regelungen entsprochen, da der BFH die Steuerfreiheit der Geldspielumsätze bestätigt habe.

Weiterhin verweist der Beklagte auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 07. April 2010 (I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739). Unter Berücksichtigung der dort vertretenen Auffassung, wonach ein Bilanzansatz nur dann fehlerhaft ist, wenn der ordentliche Kaufmann die Fehlerhaftigkeit nach seinen Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt der Bilanzerstellung erkennen konnte, hätten keine fehlerhaften Bilanzen bzw. Änderungsbilanzen vorgelegen. Da die Rechtsprechung des EuGH zum Zeitpunkt der Bilanzänderung durch den Kläger bereits bekannt gewesen sei, habe der Kläger die Bilanzen nicht mehr ändern dürfen. Doch auch vor diesem Zeitpunkt seien die Bilanzen nicht "fehlerhaft" gewesen, weil die Rechtslage im Hinblick auf die Steuerfreiheit von Glücksspielumsätzen ungeklärt gewesen sei.

Hinsichtlich der Berücksichtigung von Zinsansprüchen gemäß § 233 a AO verweist der Beklagte zudem auf die Verfügungen der OFD Düsseldorf vom 23.07.1993 und der OFD Hannover vom 28.05.1993 zur "bilanzsteuerrechtlichen Behandlung von Zinsen auf Steuererstattungen und Steuernachforderungen nach § 233 a AO".

In jedem Fall habe der Kläger fehlerhaft gehandelt, soweit er die erst in 2006 erfolgte Erstattung der Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von 30.995,29 Euro bereits zum 31. Dezember 2005 als Forderung gewinnerhöhend berücksichtigt habe. Auch die Erhöhung des Einkommens um den in 2004 nicht berücksichtigten Zinsanspruch in Höhe von 10.966,78 Euro sei nicht zutreffend, weil der Kläger ausweislich der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008 bereits zuvor die Ansprüche auf Erstattungszinsen laut den Zinsbescheiden vom 21. Dezember 2005 erfasst habe.

Aus den Gründen

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

I.

Die vom Kläger angemeldeten Insolvenzforderungen zur Körperschaftsteuer 2005 und zum Solidaritätszuschlag 2005 sind im Grundsatz berechtigt, da die Umsatzsteuererstattungsansprüche ebenso wie die Zinsansprüche im Veranlagungszeitraum 2005 zu erfassen waren.

Die GmbH ermittelte ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz i.V.m. §§ 5, 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG-. Danach ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Da der Kläger die streitige Umsatzsteuer 1996 bis 2004 und die dazugehörigen Zinsen im Jahre 2005 tatsächlich erstattet hat, hat sich das Betriebsvermögen zum Ende des Wirtschaftsjahres 2005 entsprechend erhöht. Diesem Betriebsvermögen ist das Betriebsvermögen zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gegenüber zu stellen. Denn nach den Grundsätzen über den formellen Bilanzenzusammenhang hat der Bilanzansatz zum Beginn des Wirtschaftsjahres dem zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu entsprechen (vgl. nur BFH-Urteile vom 03. Juni 1993 VIII R 26/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994, 366 und vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84, BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594). Dabei ist das Betriebsvermögen zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auch dann zwingend in der Anfangsbilanz des unmittelbar folgenden Wirtschaftsjahres zu Grunde zu legen, wenn sich bei korrekter Anwendung der steuerlichen Bilanzierungsvorschriften in der Schlussbilanz ein anderes Betriebsvermögen ergeben hätte (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 XI R 41/95, BFHE 180, 572, BStBl II 1996, 601; Crezelius in Kirchhof, EStG, 9. Auflage, § 4 Rz. 112).

Maßgeblich sind für die Berechnung des Gewinns nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der herrschenden Meinung in der Literatur aber die Werte der Schlussbilanz zum Vorjahr, wie sie der Veranlagung tatsächlich zu Grunde gelegen haben (vgl. die Nachweise bei Heinicke in Schmidt, EStG, 29. Aufl., § 4, Rz. 689, 700 ff. sowie Crezelius in Kirchhof, EStG, § 4 Rz. 113).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die streitigen Steuererstattungsansprüche und Zinsansprüche zu Recht in 2005 einkommenserhöhend berücksichtigt, da den Veranlagungen bis 2004 die für die Vorjahre entstandenen Steuererstattungsansprüche und Zinsansprüche tatsächlich nicht zu Grunde gelegt worden sind. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Doch selbst wenn der Mindermeinung zu folgen sein sollte und an die materiell-rechtlich richtige Bilanz zum 31. Dezember 2004 anzuknüpfen sein sollte (vgl. dazu Crezelius in Kirchhof, EStG, § 4 Rz. 114), ist die Veranlagung für 2005 nicht zu beanstanden. Denn bestrittene Forderungen dürfen erst am Schluss des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem der Schuldner den Anspruch anerkannt hat (vgl. nur Crezelius in Kirchhof, EStG, § 5 Rz. 81). Dieses gilt auch für Steuerforderungen (vgl. BFH-Urteile vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588 und vom 15. Oktober 1997 II R 56/94, BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796), weshalb die zwischen den Beteiligten streitigen Umsatzsteuerforderungen und Zinsansprüche erst - wie vom Kläger vorgenommen - zum 31. Dezember 2005 zu bilanzieren gewesen wären. Der von der GmbH vorgenommene Ausweis in den vorhergehenden Jahresabschlüssen entsprach dagegen nicht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Der Kläger war daher berechtigt, anderslautende Bilanzen zu ändern und beantragten Bilanzänderungen der GmbH nicht zuzustimmen. Im Übrigen ist die Ablehnung der Bilanzänderungen bestandskräftig. Dieses gilt auch hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2004. Zwar waren das Urteil des EuGH vom 17. Februar 2005 (RS. C - 453/02 - Linneweber -) und das Urteil des BFH vom 12. Mai 2005 (V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) bereits bekannt, als die GmbH ihre Bilanz für 2004 aufgestellt hat. Allerdings kommt den Gerichtsentscheidungen keine wertaufhellende Wirkung zu. Vielmehr stellen derartige Umstände wertbeeinflussende Faktoren dar (vgl. Fischer in Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 16; Winkeljohann/Büssow in Beck'scher Bilanzkommentar, 7. Auflage, § 252 Rn. 38), weshalb sie bei der Bilanzaufstellung für 2004 nicht berücksichtigt werden durften.

Die Zinsansprüche teilen insoweit das Schicksal der Hauptforderung, da auch sie nur entstehen, wenn die Hauptforderung tatsächlich entsteht. Soweit der Beklagte auf Verfügungen verschiedener oberster Landesfinanzbehörden verweist, sind diese nicht einschlägig, da sie nur den Fall betreffen dürften, dass weder Einwendungen der Finanzbehörde gegen die errechnete Steuererstattung noch gegen die ermittelten Erstattungszinsen zu erwarten sind. Im Übrigen ist das erkennende Gericht an gesetzesauslegende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden.

II.

Auch hat der Kläger die erst im Jahr 2006 erfolgte Umsatzsteuererstattung für 2004 zu Recht bereits als Forderung zum 31. Dezember 2005 gewinnerhöhend berücksichtigt.

Der Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen bestimmt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2.Hs. Handelsgesetzbuch sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Nach dem darin kodifizierten Realisationsprinzip als Ausprägung des Vorsichtsprinzips dürfen Vermögensmehrungen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, BStBl II 1993, 786, m. w. N. und vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650).

Die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz und damit der Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) bestimmt sich in erster Linie nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Maßgeblich ist nicht, ob eine Forderung fällig oder ein Recht realisierbar ist, sondern ob der Vermögensvorteil wirtschaftlich ausnutzbar ist und einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert darstellt. Letzteres ist bei einer bestrittenen Forderung typischerweise nicht der Fall. Sie ist erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt ist oder der Schuldner sein Bestreiten aufgibt und sie anerkennt (BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588, unter II.2.b aa der Gründe und BFH-Urteil vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, jeweils m. w. N.; Ellrott/Roscher in Beck'scher Bilanzkommentar, § 247 Rn. 75; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 "Forderungen"). Umstrittene Forderungen können erst am Schluss des Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem über den Anspruch rechtskräftig entschieden wird bzw. in dem eine Einigung mit dem Schuldner zustande kommt (BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213, unter 2. der Gründe; BFH-Beschluss vom 27. März 2007 I B 94/06, BFH/NV 2007, 1669). Diese aus dem handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip abgeleiteten Grundsätze gelten nicht nur für zivilrechtliche Ansprüche, sie gelten gleichermaßen auch für Steuererstattungsansprüche i.S. des § 37 Abs. 2 AO (BFH-Urteile vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588 und vom 15. Oktober 1997 II R 56/94, BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796).

Es kann dahinstehen, ob eine Aktivierung bestehender Steuererstattungsansprüche grundsätzlich so lange nicht in Betracht kommt, als ihrer Geltendmachung wirksame Steuerfestsetzungen entgegenstehen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 56/94, BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 (zum Bewertungsrecht); Finanzgericht -FG- Baden-Württemberg, Urteil vom 28. März 1996 3 K 194/90, EFG 1998, 268, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 2. November 2000 X R 85/97, n.v.; Schreiber in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 5 Rn. 481; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 38 AO Rn. 71 ff., 76). Denn nach Ansicht des Senats gilt dieses nicht, wenn die Finanzbehörde gegenüber dem Steuerpflichtigen bereits vor Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Bescheide auf andere Weise eindeutig zu erkennen gibt, dass sie ihren bisherigen Standpunkt aufgibt und den Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang akzeptieren wird (vgl. insgesamt auch FG Düsseldorf vom 30. Juni 2010 15 K 4281/08, juris).

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine Aktivierung der Umsatzsteuererstattungsansprüche für den Veranlagungszeitraum 2004 bereits zum 31. Dezember 2005 vorzunehmen. Zwar lag zu diesem Zeitpunkt noch ein anderslautender Umsatzsteuerbescheid für 2004 vor, jedoch hat der Kläger durch die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2003 klar zu erkennen gegeben, dass er seinen bislang vertretenen Rechtsstandpunkt zur Steuerpflicht der Geldspielautomatenumsätze nicht aufrecht erhält. Es war daher für die GmbH bereits im Jahr 2005 erkennbar, dass der Kläger den begehrten Erstattungsansprüchen zustimmen und einen entsprechenden Steuerbescheid zur Umsatzsteuer 2006 erlassen werde.

III.

Allerdings hat der Kläger zu Unrecht den Gewinn der GmbH um den Zinsanspruch für 2004 in Höhe von 10.966,78 Euro erhöht. Denn dieser in 2004 von der GmbH eingebuchte Zinsanspruch ist in dem tatsächlich festgesetzten und bei der Berechnung des Gewinns für 2005 berücksichtigten Gesamtzinsanspruch enthalten. Dieses folgt aus der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008, wonach in 2005 die für die Umsatzsteuer-Erstattungen 1996 bis 2003 tatsächlich festgesetzten Zinsen gewinnerhöhend berücksichtigt wurden (vgl. Seite 3 oben der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008). Für eine weitere Gewinnerhöhung ist deshalb kein Raum. Angesichts eines Körperschaftsteuersatzes von 25% war die angemeldete Forderung um 2.892,50 Euro (2.741,70 Körperschaftsteuer 2005 zuzüglich 150,80 Euro Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2005) zu ermäßigen.

IV.

Soweit der Beklagte auf den Beschluss des BFH vom 07.April 2010 I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739 verweist, führt dieser zu keiner anderen Beurteilung. Denn anders als der Beklagte meint, war für die Frage, ob die von der GmbH teilweise vollzogene und teilweise über geänderte Bilanzen erstrebte Bilanzierung vertretbar war oder nicht, ausschließlich maßgeblich, ob die Rechtslage hinsichtlich einer möglichen Aktivierung - von der Finanzverwaltung - bestrittener Forderungen unklar war. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Es war im Jahr 2002 (die GmbH hat erst in dieser Bilanz die bis dahin aufgelaufenen möglichen Erstattungsansprüche erstmalig bilanziell erfasst) allgemein anerkannt, dass bestrittene Forderungen nicht bilanziert werden dürfen, bevor der Anspruch anerkannt oder rechtskräftig festgestellt wird (BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98, BStBl II 2000, 588). Zudem war bekannt, dass diese Grundsätze auch für mögliche Steuererstattungsansprüche gelten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588 und vom 15. Oktober 1997 II R 56/94, BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796). Die Bilanzierung der im Streit stehenden Umsatzsteueransprüche war damit eine der kaufmännischen Sorgfalt nicht entsprechende Entscheidung der GmbH. Der Kläger war daher nicht an einer Änderung anderslautender Bilanzen gehindert (vgl. BFH vom 19. Mai 2010 I R 65/09, BFH/NV 2010, 1724).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

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