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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
13.01.2022
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster : Abschreibungsbeginn und Rückstellungsbildung für eine Rückbauverpflichtung bei Erwerb einer Windkraftanlage

FG Münster, Urteil vom 15.9.2021 – 13 K 3059/19 G,F

ECLI:DE:FGMS:2021:0915.13K3059.19G.F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2022-113-1

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine im Jahr 2016 gegründete Kommanditgesellschaft. Unternehmensgegenstand ist die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen.

Mit Vertrag vom 28.11.2016 beauftragte die Klägerin die Firma F mit der Herstellung, Errichtung und Inbetriebnahme von fünf Windenergieanlagen („WEA“) des Typs „1“ zum Preis von insgesamt 20,3 Mio. €. Der Vertrag enthält folgende Regelungen zur Abnahme und zum Gefahrübergang der Windenergieanlagen:

§ 4

Vergütung, Abrechnung und Zahlungen

(1)   …

(2)   Die Zahlung der Vergütung erfolgt in folgenden Schritten:             […]             30 % der Gesamtsumme je Windenergieanlage bei Inbetriebnahme (Einspeisung der ersten kWh) oder, sofern die Windenergieanlage(n) aus Gründen, die vom Auftragnehmer zu vertreten sind, nicht in Betrieb genommen werden konnte(n), bei Betriebsbereitschaft der Windenergieanlage(n)             5 % nach Abnahme der jeweiligen Windenergieanlage             […]

(6) Sämtliche Liefergegenstände bleiben bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Auftragnehmers. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Besitz der WEA bereits mit der Anlieferung und Errichtung eingeräumt wird. Die WEA, ihre Einzelteile und Nebeneinrichtungen werden mit der Anlieferung an der Baustelle an den Auftraggeber übergeben. Ein Gefahrübergang i.S.v. § 6 ist damit nicht verbunden und findet erst mit der in § 6 normierten Abnahme statt. Eine etwaige Sicherungsübereignung zugunsten der finanzierenden Bank kann gesondert geregelt werden.

§ 6

Probebetrieb und Abnahme

(1)   Nach Abschluss der Montagearbeiten führt F die Inbetriebnahme der WEA durch und weist den AG in den Betrieb der WEA ein. Nach Inbetriebnahme beginnt der Probebetrieb. Abweichend zu der in Anlage V „Inbetriebnahme und Probebetrieb“ dargestellten Vorgehensweise, gilt der Probebetrieb als erfolgreich abgeschlossen, wenn die Windenergieanlage den Normalbetrieb über einen zusammenhängenden, störungsfreien Zeitraum von 300h absolviert und eine Verfügbarkeit von 93% sowie in Bezug auf den Anlagentyp 1 mindestens 50.000 kWh erreicht hat.

Anschließend lädt der Auftragnehmer den Auftraggeber unter Einhaltung einer Frist von wenigstens zwei Wochen zur Abnahme der Windenergieanlage(n). Mit durchgeführter Abnahme erfolgt der Gefahrübergang hinsichtlich der WEA(s).. Im Falle der Errichtung eines Windparks erfolgt die Abnahme einheitlich als Parkabnahme bis zu zwei WEAs. […]

Die Anlage zu dem Vertrag mit der Bezeichnung „Inbetriebnahme und Probebetrieb“ enthält insbesondere folgende Regelungen:

1.1.3 Vor Aufnahme des regulären gewerblichen Betriebs wird die beschriebene Inbetriebnahme wie in Klausel 2 („Inbetriebnahme“) standardmäßig an jeder WEA durchgeführt. Auf Anforderungen des Auftraggebers/Kunden kann als weitere Prüfung der „Probebetrieb“ durchgeführt werden, um für jede WEA nachzuweisen, dass diese zum zuverlässigen Betrieb […] befähigt ist.

2.1.1 Die Inbetriebnahme beginnt nach Beendigung des Aufbaus. Sie wird für jede WEA separat durchgeführt und umfasst die Aktivitäten und Prüfungen, die während der ersten Zuschalt-, Anlauf- und Vor-Ort-Inbetriebnahmemaßnahmen der WEA durchgeführt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag und dessen Anlagen Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 45ff.).

Noch im Veranlagungsjahr 2017 nahmen zwei Windenergieanlagen den Probebetrieb auf, nämlich die WEA 2 am 29.12.2017 und die WEA 4 am 22.12.2017. Die Abnahme beider Windenergieanlagen erfolgte am 26.06.2018 (vgl. Rechtsbehelfsakte, Einspruchsschreiben vom 30.11.2018 nebst der anliegenden Abnahmeprotokolle).

In der Bilanz der Klägerin auf den 31.12.2017 wurden die Aufwendungen der Klägerin für die WEA als geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau ausgewiesen, eine Abschreibung für Abnutzung (AfA) wurde nicht vorgenommen. Am 31.10.2018 erließ der Beklagte einen erklärungsgemäßen Gewinnfeststellungsbescheid; der festgestellte Verlust betrug 249.204,59 €. Am 07.11.2018 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, mit welchem ein Verlust von 249.308,00 € festgestellt wurde. Am 19.11.2018 erließ der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid, in welchem der Gewerbesteuermessbetrag auf 0,00 € festgesetzt wurde; mit Bescheid vom selben Tage hob er den Vorbehalt der Nachprüfung für den gewerbesteuerlichen Verlustfeststellungsbescheid auf.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils fristgemäß Einspruch ein. Sie trug vor, dass sie bei Erstellung der Feststellungserklärung das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.09.2016 (Az. IV R 1/14, BStBl. II 2017, 171) zugrunde gelegt habe; hiernach könne eine AfA auf Windkraftanlagen grundsätzlich erst nach Abnahme bzw. Gefahrübergang vorgenommen werden. Mit dem eingelegten Einspruch wende sich die Klägerin gegen diese Rechtsaufassung des BFH. Ihres Erachtens sei die AfA für die WEA 2 und die WEA 4 bereits ab deren Inbetriebnahme im Dezember 2017 zu berücksichtigen. Die zu berücksichtigende AfA belaufe sich auf 45.610,41 €.

Mit zwei Einspruchsentscheidungen vom 09.09.2021 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er verwies zur Begründung auf das BFH-Urteil vom 22.09.2016 (Az. IV R 1/14, a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieses Urteils sei davon auszugehen, dass die Klägerin im Streitjahr 2017 noch nicht das wirtschaftliche Eigentum an den Windenergieanlagen erlangt habe, so dass sie zur Vornahme der begehrten AfA nicht berechtigt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen vom 09.09.2021 Bezug genommen.

Daraufhin hat die Klägerin fristgemäß die vorliegende Klage erhoben, welche zunächst allein den Gewinnfeststellungsbescheid für 2017 betraf. Das weitere Klageverfahren unter dem Az. 13 K 3060/19, welches den Gewerbesteuermessbetragsbescheid und die Feststellung des Gewerbeverlustes betraf, ist durch Senatsbeschluss vom 19.02.2021 mit dem vorliegenden Klageverfahren verbunden worden.

Die Klägerin begehrt weiterhin die Berücksichtigung der AfA ab Dezember 2017. Sie ist der Auffassung, dass die wirtschaftliche Verfügungsmacht und damit das wirtschaftliche Eigentum an der WEA 2 und der WEA 4 bereits im Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Dezember 2017 auf sie übergegangen sei. Nach Auffassung des Finanzamts sei das wirtschaftliche Eigentum an den Windenergieanlagen erst bei Abnahme am 22.09.2016 auf die Klägerin übergegangen. Nach Auffassung der Klägerin erscheine das alleinige Abstellen auf die Abnahme nicht sachgerecht. Dies gelte im vorliegenden Fall insbesondere deshalb, weil hier zwischen Inbetriebnahme und Abnahme ein vergleichsweise langer Probebetrieb gelegen habe. Richtigerweise sei auf den Zeitpunkt des Besitz- und Nutzenübergangs abzustellen, der hier in den Dezember 2017 falle.

Die Berücksichtigung der AfA sei insbesondere deshalb geboten, weil die im Probebetrieb ab Dezember 2017 erzielen Einspeiseerlöse von überschlägig 1,2 Mio. € bereits der Klägerin zugestanden hätten. Zudem sei die Inbetriebnahme im Dezember 2017 maßgeblich für die Höhe des Einspeisevergütungssatzes für die nächsten 20 Jahre. Folglich hätten die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus der Nutzung der Windenergieanlagen bereits ab Dezember 2017 bei der Klägerin gelegen.

Die Nichtberücksichtigung der AfA ab Inbetriebnahme widerspreche dem Zweck des § 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Denn bereits während des Probebetriebes komme es zu einer technischen Abnutzung der Windenergieanlagen, die auch steuerlich berücksichtigt werden müsse. Die Nichtberücksichtigung der AfA verstoße weiterhin gegen den Grundsatz der Periodenabgrenzung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 5 des Handelsgesetzbuches (HGB). Da die Klägerin schon während des Probebetriebs Betriebseinnahmen aus der Stromeinspeisung erzielt habe, müssten auch die mit diesen Einnahmen verbundenen Aufwendungen bereits in diesem Zeitraum berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung der AfA würde letztlich zu dem merkwürdigen Ergebnis führen, dass die AfA während des Probebetriebs weder beim Veräußerer noch beim Käufer berücksichtigt werden könnte.

Weiterhin begehrt die Klägerin, dass die AfA für die Zuwegung und die externe Verkabelung für den Monat Dezember 2017 berücksichtigt wird. Die Anschaffungskosten für die Verkabelung betrügen 1.231.205,71 € (AfA-Betrag mithin 6.412,53 €), die Anschaffungskosten für die Zuwegung (99.336,96 € (AfA-Betrag mithin 517,38 €). Die Zuwegung und die externe Verkabelung stellten nach der BFH-Rechtsprechung selbständige Wirtschaftsgüter dar. Die Verkabelung für die WEA 2 und die WEA 4 seien noch im Dezember 2017 fertiggestellt worden; denn anderenfalls hätten diese Windenergieanlagen nicht den Probebetrieb aufnehmen können. Die Abnahme hätte ursprünglich am 13.02.2018 stattfinden sollen. Wegen rechtlicher Unstimmigkeiten sei es jedoch erst am 15.11.2018 zur Abnahme gekommen. Die Klägerin verweist auf diverse Prüfberichte bzw. Prüfnachweise der beauftragen Firmen, die sie dem Gericht vorgelegt hat (Gerichtsakte Bl. 203ff.). Bezüglich der Zuwegung existiere kein schriftliches Abnahmeprotokoll. Da die Zuwegung für die Errichtung der Windenergieanlagen notwendig gewesen sei, könne eine Fertigstellung der Zuwegung im Jahr 2017 jedoch unterstellt werden. Die Nutzungsdauer der externen Verkabelung und der Zuwegung sei aufgrund des Nutzungszusammenhangs mit den Windenergieanlagen ebenfalls mit 16 Jahren anzusetzen.

Hilfsweise – für den Fall, dass der Senat der Rechtsauffassung der Klägerin nicht folgt – begehrt die Klägerin, dass die Einspeiseerträge, die sie vor Gefahrübergang der Anlagen erzielt hat, durch Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens neutralisiert werden. Dieser Rechnungsabgrenzungsposten sei sodann analog mit der Abschreibung der Windkraftanlagen aufzulösen. Eine sofortige Besteuerung der Einspeiseerträge würde gegen das Prinzip der periodengerechten Gewinnermittlung verstoßen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 31.10.2018, den Bescheid für 2017 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 19.11.2018 sowie den Bescheid auf den 31.12.2017 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts vom 19.11.2018 – sämtliche Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 09.09.2019  – dergestalt zu ändern, dass eine AfA für die WEA 2 und die WEA 4 in Höhe von 45.610,41 €, eine AfA für die externe Verkabelung in Höhe von 6.412,53 €, eine AfA für die Zuwegung in Höhe von 517,38 € sowie eine Rückstellung für den Rückbau der Windenergieanlagen in nicht konkret bezifferter Höhe gewinnmindernd berücksichtigt werden,

hilfsweise, die vorgenannten Steuerbescheide dergestalt zu ändern, dass ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe der Stromeinspeisungserträge von 17.695,23 € gewinnmindernd berücksichtigt wird,

weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen. Ergänzend trägt er vor, dass auch für die Zuwegung und die Verkabelung keine AfA vorgenommen werden könne. Die Klägerin habe nicht den Nachweis erbracht, dass diese Wirtschaftsgüter noch im Streitjahr fertiggestellt und abgenommen worden seien. Im Übrigen stelle sich die Frage, weshalb die Klägerin in ihre Bilanz auf den 31.12.2017 keinen entsprechenden Aktivposten gebildet habe. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens im Hinblick auf die Einspeiseerträge seien nicht erfüllt.

Die mündliche Verhandlung am 21.04.2021 ist vertagt worden. Die Verfahrensbeteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 21.04.2021 wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Die angefochten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

I. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG für die zwei Windenergieanlagen WEA 2 und WEA 4 im Streitjahr 2017 nicht zu berücksichtigen ist, da die Klägerin die zwei betreffenden Windendenergieanlagen erst im August 2018 angeschafft hat.

1. Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG in gleichen Jahresbeträgen abzusetzen. Die AfA bemisst sich gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Sie kann erstmals im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung vorgenommen werden, wobei sich gem. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG für dieses Jahr der Absetzungsbetrag um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat ermäßigt, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht.

Jahr der Anschaffung ist nach § 9a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung das Jahr der Lieferung. Geliefert ist ein Wirtschaftsgut nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, wenn der Steuerpflichtige (Erwerber) zumindest die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut in dem Sinne erlangt hat, dass er als dessen wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist (vgl. hierzu sowie zu den nachfolgenden Rechtsausführungen: BFH-Urteil vom 22.09.2016 – IV R 1/14, BStBl. II 2017, 171, mit weiteren Nachweisen aus der BFH-Rechtsprechung).

Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ist wirtschaftliches Eigentum zu bejahen, wenn ein anderer als der (zivilrechtliche) Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Wirtschaftliches Eigentum liegt im Falle der Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter daher vor, wenn (Eigen-)Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind. Dabei ist unter Besitz nicht der Eigenbesitz i.S. von § 854 des Bürgerlichen Gesetzbuchens (BGB), sondern der Besitz in Erwartung des Eigentumserwerbs zu verstehen. Wirtschaftliches Eigentum an einem Wirtschaftsgut geht daher nicht schon dann auf den Erwerber über, wenn diesem die Nutzung (Fruchtziehung) des Wirtschaftsguts überlassen wird. Die das zivilrechtliche Eigentum verdrängende steuerrechtliche Zuordnung eines Wirtschaftsguts auf einen anderen setzt vielmehr voraus, dass die Substanz des Wirtschaftsguts auf diesen übergeht. Davon ausgehend erlangt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum an einem Wirtschaftsgut regelmäßig erst in dem Zeitpunkt, in dem auf ihn nach dem Vertrag oder mangels vertraglicher Regelung nach den zivilrechtlichen Regelungen die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung übergeht. Wird ein Wirtschaftsgut aufgrund eines Werklieferungsvertrags angeschafft, kommt es für die Entscheidung, wann die Gefahr auf den Erwerber übergeht, ebenfalls auf die vertraglichen Vereinbarungen an. Hat der Verkäufer (Werklieferant) eine technische Anlage zu übereignen, die vom Erwerber erst nach dem erfolgreichen Abschluss eines Probebetriebs abgenommen werden soll, geht das wirtschaftliche Eigentum an der technischen Anlage erst mit der nach dem durchgeführten Probebetrieb erfolgten Abnahme über. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erwerber während des Probebetriebs die Nutzung ziehen kann, oder ob der Probebetrieb mit den Betriebsmitteln des Erwerbers ggf. unter Einsatz dessen Betriebspersonals durchgeführt wird. Denn der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums setzt in diesen Fällen voraus, dass der Erwerber das Wirtschaftsgut in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko betreibt.

2. Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätze, denen sich der Senat anschließt, kann die Klägerin im streitbefangenen Veranlagungsjahr 2017 keine AfA für die im Dezember dieses Jahres in (Probe)Betrieb genommenen Windenergieanlagen in Anspruch nehmen.

Aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 1 Unterabsatz 2 des abgeschlossenen Vertrages – die gegenüber den gesetzlichen Regelungen in §§ 640, 644 BGB für Werkverträge bzw. in § 650 BGB i.V.m. § 446 BGB für Werklieferungsverträge vorrangig ist – ging die Gefahr des zufälligen Untergangs erst mit der Abnahme am 26.06.2018 auf die Klägerin über. Erst zu diesem Zeitpunkt ging auch das wirtschaftliche Eigentum an den Windenergieanlagen auf die Klägerin über, so dass ab diesem Zeitpunkt AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden kann.

3. Die von der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen die vorstehende rechtliche Würdigung greifen nach Auffassung des Senats nicht durch.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der bloße Besitz- und Nutzungsübergang an den Windenergieanlagen nicht ausreichen, um den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf die Klägerin zu bewirken. Hiergegen spricht – wie schon in dem BFH-Urteil vom 22.09.2016 ausgeführt wird –, dass der Lieferant des Wirtschaftsguts bis zu dessen Gefahrübergang auf den Erwerber weiterhin das Risiko des Wertverzehrs trägt, sollte das Wirtschaftsgut nach der Nutzungsphase im Probebetrieb etwa auf Grund nicht behebbarer technischer Probleme oder wegen Untergangs des Wirtschaftsguts nicht abgenommen werden (BFH-Urteil vom 22.09.2016 – IV R 1/14, BStBl. II 2017, 171, Juris Rn. 22). Es erschiene systemwidrig, dem Steuerpflichtigen die AfA für ein Wirtschaftsgut zuzubilligen, dessen eventuelle Wertminderungen – z.B. aufgrund eines nicht behebbaren Mangels – ihn aufgrund der maßgeblichen vertraglichen Abreden nicht unmittelbar berühren.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berücksichtigung der AfA auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin im Probebetrieb ab Dezember 2017 bereits Einnahmen aus dem Betrieb der Windenergieanlagen in Form von Einspeiseerlösen erzielt hat. Bei Wirtschaftsgütern, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen und von diesem im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen genutzt werden, verhält es sich zwar regelmäßig so, dass diese Wirtschaftsgüter zeitgleich zu der betrieblichen Nutzung gem. § 7 Abs. 1 EStG abgeschrieben werden. Aus dieser üblichen Koinzidenz von betrieblicher Nutzung und Inanspruchnahme der AfA lässt sich jedoch nicht ableiten, dass dem Steuerpflichtigen AfA auch für solche Wirtschaftsgüter zu gewähren ist, die zwar betrieblich genutzt werden, jedoch (noch) nicht in seinem Eigentum stehen. Eine rechtssystematisch überzeugende Begründung für eine solche vorgezogene AfA vor Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums ist nach Auffassung des Senats nicht ersichtlich.

Auch der Einwand der Klägerin, dass die Windkraftanlagen bereits während des Probebetriebes vor Abnahme einer technischen Abnutzung unterliegen, greift nach Auffassung des Senats nicht durch. Insoweit ist zu bedenken, dass die für die Höhe der AfA maßgebliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG ohnehin in stark typisierender Weise festgelegt wird. Es kann nach Auffassung des Senats regelmäßig unterstellt werden, dass ein üblicher Probebetrieb nicht zu einer derart erheblichen technischen Abnutzung führt, dass sich die betriebsübliche Nutzungsdauer mindert. Konkrete Indizien dafür, dass es im vorliegenden Fall zu einer übermäßigen technischen Abnutzung schon im Probebetrieb gekommen ist, liegen nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, dass aufgrund des Probebetriebs vor Abnahme ein verkürzter Abschreibungszeitraum anzusetzen sei, ist dies nach Auffassung des Senats erheblichen Bedenken ausgesetzt. Diese Frage ist für das vorliegende Klageverfahren jedoch nicht entscheidungserheblich und kann daher offengelassen werden.

II. Auch für die externe Verkabelung und die Zuwegung kann eine AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG im Streitjahr 2017 nicht berücksichtigt werden.

Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass es sich bei der externen Verkabelung (in Verbindung mit der Übergabestation) und bei der Zuwegung jeweils um ein selbständiges Wirtschaftsgut handelt (vgl. BFH-Urteil vom 14.04.2011 – IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696). Dies wird auch durch das beklagte Finanzamt nicht bestritten.

Die AfA für die externe Verkabelung nebst Übergabestation sowie für die Zuwegung kann dennoch nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin hat nicht den notwendigen Nachweis erbracht, dass sie diese Wirtschaftsgüter schon im Streitjahr 2017 – wie von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG verlangt – „angeschafft“, also das wirtschaftliche Eigentum hieran erworben hat. Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass es noch im Streitjahr 2017 zur Abnahme dieser Wirtschaftsgüter gekommen und die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung mithin auf die Klägerin übergegangen ist:

Die Klägerin hat das Angebot der Firma B-Bauunternehmung GmbH vom  05.12.2016 betreffend die Kabelverlegung (Gerichtsakte Bl. 197) vorgelegt. Nach Ziffer 9 des Verhandlungsprotokolls sollte der Gefahrübergang erst „nach erfolgreicher Inbetriebnahme (Anschluss sämtlicher WEA) und Erledigung aller Restpunkte aus den Abnahmeprotokollen“ eintreten. Unter Zugrundelegung dieser Vereinbarung können die vertraglichen Werkleistungen nicht im Streitjahr 2017 abgenommen worden sein, da die Abnahme nach der vertraglichen Vereinbarung erst nach Inbetriebnahme sämtlicher WEA erfolgen sollte. Weiterhin hat die Klägerin die Schlussrechnung der Firma B-Bauunternehmung GmbH vom 09.05.2018 (betr. Verkabelung, Gerichtsakte Bl. 285ff.) sowie das Abnahmeprotokoll zur Netzanbindung des Windparks B vom 01.11.2018 (Gerichtsakte Bl. 212) vorgelegt. Auch diese Dokumente sind ersichtlich kein Nachweis dafür, dass es im Dezember 2017 bereits zur Abnahme der externen Verkabelung gekommen ist.

Weiterhin hat die Klägerin im Hinblick auf die externe Verkabelung mehrere Prüfberichte bzw. Prüfnachweise der Firmen L und J vom 07.12.2017, 23.11.2017, 27.12.2017 und vom 13.01.2018 vorgelegt (Gerichtsakte Bl. 203ff.). Daneben hat sie eine Errichter- und Prüfbestätigung für elektrische Anlagen und Betriebsmittel nach DGUV der Firma B-Bauunternehmung GmbH vom 13.02.2018 (Gerichtsakte Bl. 210) eingereicht. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Prüfberichte in Verbindung mit einer etwaigen Abnahme im Dezember 2017 stehen, dies gilt insbesondere deshalb, weil jedenfalls zwei Prüfberichte erst aus dem Jahr 2018 stammen und das vertraglich vorgesehene Abnahmeprotokoll tatsächlich sogar erst im November 2018 erstellt worden ist.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Abnahme der externen Verkabelung nach ursprünglicher Planung bereits am 13.02.2018 habe stattfinden sollen, mag dies zutreffen. Ungeachtet dessen bleibt festzustellen, dass die Abnahme tatsächlich erst am 01.11.2018 erfolgt ist. Selbst wenn man den Termin der geplanten Abnahme am 13.02.2018 als maßgeblich ansehen wollte, würde dies im Übrigen nicht die Inanspruchnahme der AfA ab Dezember 2017 rechtfertigen.

Auch bezüglich des selbständigen Wirtschaftsguts „Zuwegung“ hat die Klägerin nicht den Nachweis erbracht, dass sie dieses bereits im Dezember 2017 abgenommen hat. Die Klägerin hat erklärt, dass diesbezüglich keine schriftliche Abnahmeerklärung existiere. Andere tatsächliche Umstände, die auf eine Abnahme schon im Dezember 2017 schließen lassen, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Falls die Vertragsparteien auf die Durchführung einer formellen Abnahme verzichtet haben, dürfte diese wahrscheinlich mit der Begleichung der Schlussrechnung der Firma B-Bauunternehmung GmbH vom 16.04.2018 (Gerichtsakte Bl. 233ff.) zusammenfallen oder jedenfalls kurz zuvor in konkludenter Weise erfolgt sein. Dies kann indes dahinstehen; für Zwecke des vorliegenden Klageverfahrens reicht die Feststellung aus, dass jedenfalls für eine Abnahme im Dezember 2017 kein Nachweis vorliegt. Der Umstand, dass Teile der Zuwegung wie auch der Verkabelung schon vor dem vertraglichen Gefahrübergang durch die Klägerin genutzt worden sind, führt nicht dazu, dass die Klägerin AfA für diese Zeiträume in Anspruch nehmen kann. Insoweit verweist der Senat auf die vorstehenden Rechtsauführungen unter Gliederpunkt I.

III. Dem Hilfsantrag der Klägerin, die im Monat Dezember 2017 erzielten Einspeiseeinnahmen durch Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens zu neutralisieren, kann ebenfalls nicht entsprochen werden.

Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind gem. § 250 Abs. 2 HGB für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen; dem entspricht wörtlich auch § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5 HGB) erst dann – nämlich durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens – erfolgswirksam wird, wenn er seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat. Es muss also eine Verpflichtung zu einer nach dem Bilanzstichtag noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen; für eine bereits erbrachte Leistung kann ein Rechtsabgrenzungsposten nicht gebildet werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.02.2017 – VI R 96/13, BStBl. II 2017, 884, Rn. 18; BFH-Urteil vom 24.06.2009 – IV R 26/06, BStBl. II 2009, 781). Unbeachtlich für die Bildung eines passiven Rechnungsposten ist, in welchem Veranlagungsjahr die Betriebsausgaben anfallen, die mit den entsprechenden Betriebseinnahmen in einem Verursachungszusammenhang stehen (so ausdrücklich: BFH-Urteil vom 31.05.1967 – I 208/63, BStBl. III 1967, 607). Demnach sind die Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Unter Zugrundelegung des Klägervortrags ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin im Jahr 2017 erzielten Einnahmen aus Stromeinspeisungen resultieren, die sie bereits in diesem Jahr erbracht hat. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens. Dass die Klägerin den eingespeisten Strom unter Verwendung von Windenergieanlagen produziert hat, die noch nicht in ihrem wirtschaftlichem Eigentum standen, rechtfertigt nicht die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens in Höhe der Einnahmen.

IV. Soweit die Klägerin die Bildung einer Rückstellung für den Rückbau der Windenergieanlagen begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet.

1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz der Klägerin zu beachten. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, so kann eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.01.2017 – I R 70/15, BStBl. II 2017, 780, mit weiteren Nachweisen). Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.

2. Vorliegend bestand schon zum 31.12. des Streitjahres die rechtliche Verpflichtung der Klägerin zum späteren Rückbau der Windenergieanlagen. Denn nach § 7 des Durchführungsvertrages zwischen der Stadt W-Stadt und der Klägerin vom 24.11.2016 ist die Klägerin verpflichtet, bei Einstellung der Baumaßnahmen oder bei der endgültigen Einstellung des Betriebs die Windenergieanlage vollständig zurückzubauen (Gerichtsakte Bl. 159ff.). Diese Verpflichtung der Klägerin wird durch zwei von ihr gestellte Bankbürgschaften abgesichert (Gerichtsakte Bl. 178ff.).

3. Dennoch ist vorliegend die Bildung der Rückstellung für die Rückbauverpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann eine Rückstellung nur in dem Umfang gebildet werden, in welchem die Verpflichtungen im wirtschaftlichen Sinne durch den laufenden Betrieb verursacht werden. Die Vorschrift gilt für all jene Verpflichtungen, die am Bilanzstichtag zwar bereits rechtlich begründet sind, aber unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf die für ihr Entstehen ursächlichen Geschäftsjahre verteilt werden müssen; sie findet insbesondere auch im Falle von Rückbauverpflichtungen Anwendung (sog. echte Ansammlungsrückstellung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 05.05.2011 – IV R 32/07, BStBl. II 2012, 98).

Im vorliegenden Fall führt die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG nicht nur zu einer Beschränkung der Rückstellung der Höhe nach, sondern vielmehr zu einem vollständigen Ausschluss der Rückstellungsbildung. Denn die Rückbauverpflichtung der Klägerin ist nicht – wie von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG vorausgesetzt – im wirtschaftlichen Sinne durch den laufenden Betrieb im Veranlagungsjahr 2017 veranlasst. Die Windenergieanlagen 2 und 4 hatten im streitbefangenen Veranlagungsjahr 2017 noch nicht den regulären Betrieb aufgenommen, sondern befanden sie sich lediglich im Probebetrieb; weiterhin war das wirtschaftliche Eigentum an den Windenergieanlagen noch nicht auf die Klägerin übergegangen (s.o.). Nach Auffassung des Senats kann ein solcher Probebetrieb vor Gefahrübergang nicht unter den Begriff des „laufenden Betriebs“ gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG subsumiert werden. Die Rückstellung für die Rückbauverpflichtung kann daher erst ab dem Veranlagungsjahr 2018 – beginnend mit der Abnahme am 26.06.2018 – ratierlich gebildet werden.

Gegen die wirtschaftliche Zuordnung der Rückbauverpflichtung zu einem Zeitraum, in welchem sich die betreffende technische Anlage noch im Probebetrieb befindet und noch nicht abgenommen worden ist, spricht auch die Erwägung, dass es vor der Abnahme der technischen Anlage durch den Auftraggeber regelmäßig noch ungewiss ist, ob und in welcher Höhe dieser durch die Kosten des Rückbaus tatsächlich wirtschaftlich belastet sein wird. Falls nämlich die Fertigstellung der technischen Anlagen aufgrund eines von dem Hersteller zu vertretenen Umstandes nicht möglich sein sollte und die Abnahme der Windkraftanlagen aus diesem Grund unterbleibt, sind die hieraus entstehenden Schäden – zu denen grundsätzlich auch die Rückbaukosten gehören – grundsätzlich vom Hersteller zu tragen. So dürfte es sich auch im vorliegenden Fall verhalten: Zwar trifft die Rückbauverpflichtung nach Maßgabe nach § 7 des Durchführungsvertrages zwischen der Stadt W-Stadt und der Klägerin vom 24.11.2016 unmittelbar die Klägerin; diese verfügt bei Nicht- bzw. Schlechterfüllung durch den Hersteller jedoch ihrerseits über einen vertraglichen Regressanspruch gegen diesen.

Zudem erscheint es auch aus rechtsystematischen Gründen sachgerecht, die wirtschaftliche Zuordnung der Rückbauverpflichtung zum laufenden Betrieb des jeweiligen Veranlagungsjahres erst dann zu bejahen, wenn auch das Wirtschaftsgut, auf welches sich die Rückbauverpflichtung bezieht, im wirtschaftlichen Eigentum des jeweiligen Steuerpflichtigen steht. Es erschiene nach Auffassung des Senats widersprüchlich, wenn einerseits der Steuerpflichtige vor Übergang des wirtschaftlichen Eigentums keine AfA für ein Wirtschaftsgut in Anspruch nehmen kann, wenn andererseits für die sich auf dieses Wirtschaftsgut beziehende Rückbauverpflichtung auch schon für die Zeit des – bis zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durchgeführten – Probebetriebs von einem im wirtschaftlichen Sinne laufenden Betrieb i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG ausgegangen würde.

Auch der Vergleich mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 3 EStG rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Nach dieser Bestimmung sind Rückstellungen für die Verpflichtung, ein Kernkraftwerk stillzulegen, schon ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Nach dieser Vorschrift kann mit der Ansammlung der Rückbaurückstellung unter Umständen schon während eines Probebetriebs begonnen werden (nämlich nach der erstmaligen Ingangsetzung der Kernreaktion, vgl. Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Werndl, EStG, § 6 Rn. Da 36). Nach Auffassung des Senats ist der Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 3 EStG eine gesonderte gesetzliche Regelung für Kernkraftwerke eingeführt hat, jedoch Indiz dafür, dass die Ansammlung einer Rückbaurückstellung während eines Probebetriebes in anderen Fällen unzulässig sein soll. Denn anderenfalls hätte aus Sicht des Gesetzgebers keine Notwendigkeit bestanden, für Kernkraftwerke eine gesonderte gesetzliche Regelung einzuführen, die in ihrem Wortlaut von der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 1 EStG abweicht. Aus der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 3 EStG ist mithin im Umkehrschluss zu folgern, dass bei anderen technischen Anlagen als Kernkraftwerken die Bildung einer Rückbaurückstellung nicht schon ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung, sondern – so der ausdrückliche Gesetzeswortlaut – erst nach Aufnahme des laufenden Betriebs in Betracht kommt.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung folgt den Rechtsgrundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und beruht auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalles.

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