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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
06.05.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Abgrenzung von gewillkürtem Betriebsvermögen und Privatvermögen sowie von Aufwandsrückstellung und Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten

FG Münster, 16.12.2010 – 11 K 398/06 E (Az. Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH: III B 23/11)
LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)
1. Als Vermögensanlage risikoreiche Wirtschaftsgüter, die keinen weiteren objektivierbaren Bezug zum Betrieb haben, können nicht gewillkürtes Betriebsvermögen sein.
2. Eine bloß allgemeine Entsorgungsverpflichtung genügt nicht für die Annahme einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten.
 

Sachverhalt

Streitig sind bei einem Einzelhandel mit Kraftfahrzeugteilen und Zubehör noch der Betriebsausgabenabzug für eine Teilwertabschreibung für Grundstücke, die Zuordnung von Zinsaufwendungen für die Grundstücke und eine Rückstellung für Entsorgungskosten.

Der Kläger (Kl.) ist ledig und erzielt aus dem Einzelhandel mit Kraftfahrzeugteilen und Zubehör Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er wurde in den Streitjahren zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Die Einkommensteuer wurde jeweils erklärungsgemäß mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 08.10.2001 wegen Einkommensteuer 1999 auf ......... DM und vom 31.07.2002 wegen Einkommensteuer 2002 auf ......... EUR festgesetzt.

Am 03.06.2003 begann eine Betriebsprüfung beim Kl., die mit Bericht vom 24.10.2003 u. a. zu folgenden Feststellungen kam:

1.                Teilwertabschreibung

Der Kl. hat mit Vertrag vom 21.12.1998 das Grundstück Gemarkung L., T., Flur ... Nr. 001 zu einer Größe von 5384 qm und aus dem Grundstück Gemarkung L., T., Flur ... Nr. 002 eine Teilfläche mit einer Größe von 4500 qm zu einem Preis von 280.000,00 DM von dem Landwirt I. C. und seiner Ehefrau K. C. erworben. Die Grundflächen werden vom Kl. gegen Entgelt seither zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassen. Die Grundstücke liegen im Randbereich der Stadt T., außerhalb eines Gewerbe- oder Industriegebietes im Landschaftsschutzgebiet. Zum Zeitpunkt des Kaufs befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Grundstück eine ebenfalls im Bereich der Metallverwertung tätigen Unternehmen (Fa. T1.) tätige Firma. Der Grundstückskauf ist durch die Vermittlung der Volksbank T. zustande gekommen. Die Anschaffungskosten incl. aller Nebenkosten betragen 300.562,50 DM.

Zum Bilanzstichtag 31.12.1999 wurde eine Teilwertabschreibung in Höhe von 116.028,00 DM vorgenommen. Die Berechnung ergibt sich aus Tz. 2.2. des Betriebsprüfungsberichtes vom 24.10.2003. Nach Auffassung der Betriebsprüfung ist die Teilwertabschreibung nicht zulässig. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung hatte die den Grundstücken benachbarte Firma T1. 1996 Kontakt mit der Stadt T. aufgenommen, mit dem Ziel eine begrenzte Erweiterungsmöglichkeit auf die benachbarte Fläche genehmigt zu bekommen. Nach schwierigen Verhandlungen war man nach den Angaben des Kl. Ende 1998 zu dem Ergebnis gekommen, einer begrenzten Erweiterung der Firma T1. auf die benachbarten Flächen positiv gegenüber zu stehen. Die Firma T1. stand zu diesem Zeitpunkt in Verhandlungen mit Herrn C.. Der Kl. hat dann die Grundstücke zum Preis von ca. 28,00 DM pro qm von den Eheleuten C. gekauft. Der übliche Wert für begünstigtes Ackerland lag seinerzeit bei ca. 18,00 DM pro qm. Die Betriebsprüfung ging davon aus, dass der hohe Preis gezahlt worden sei, um dem angrenzenden Betrieb die Erweiterungsmöglichkeit zu nehmen und dass allein der gezahlte Überpreis zu einer Teilwertabschreibung nicht berechtige.

1.                Rückstellungen

Die Betriebsprüfung hat die Bildung folgender Rückstellungen festgestellt:

Rückstellung für Abfallentsorgung

1999 DM Summe

Reifen ..... Stück ... ....... DM

Altöl ..... Liter ... ..... DM

Sonstige ..... DM

1.            Summe 17.000 DM

1.            ohne Aufteilung

und gesonderter

Ermittlung 19.000 DM

Nach Auffassung der Betriebsprüfung handelt es sich um Aufwandsrückstellungen, deren Bildung einem handelsrechtlichen Wahlrecht unterliege, steuerlich liege jedoch ein Passivierungsverbot vor. Nach Meinung des Kl. handele es sich dagegen nicht um eine Aufwandsrückstellung, sondern um eine Drittverbindlichkeit. Der Kl. übernehme die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Altfahrzeugen. Diese Verpflichtung ergäbe sich aus dem Altfahrzeuggesetz. Nach Auffassung der Betriebsprüfung binde das Altfahrzeuggesetz zum einen die Autohersteller und Importeure, zum anderen entfalte dieses Gesetz erst im Veranlagungszeitraum 2002 seine Wirkung, da es erst am 29.06.2002 mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten sei. Die mit Wirkung vom 18.09.2000 in Kraft getretene Altauto-Richtlinie der EU berechtige nach Auffassung der Betriebsprüfung vor Umsetzung in nationales Recht mangels hinreichender Konkretisierung der Verpflichtung nicht zur Bildung einer Rückstellung. Zudem hat die Betriebsprüfung festgestellt, dass in 1999 für die Entsorgung von ....... Liter Öl lediglich ...... DM aufgewandt worden seien.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und setzte mit Änderungsbescheiden vom 16.12.2003 die Einkommensteuer 1999 auf .......... DM bzw. ......... EUR und die Einkommensteuer 2000 auf ......... DM bzw. ......... EUR herauf.

Hiergegen hat der Kl. mit Schreiben vom 23.12.2003 Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass mangels Durchführung einer Schlussbesprechung die Voraussetzung für die Erteilung eines Betriebsprüfungsberichts sowie dessen Auswertung durch Bescheid nicht vorlägen. Zu den Streitpunkten führte er im Einzelnen aus:

1.                Teilwertabschreibung

Der Kl. hat die Auffassung vertreten, dass der Grundstückserwerb eine Fehlmaßnahme darstelle, der durch eine Teilwertabschreibung Rechnung zu tragen sei. Er begehre eine Erhöhung der bisher geltend gemachten Teilwertabschreibung verteilt auf die Jahre 1998 in Höhe von 5.000,00 DM, 1999 in Höhe von 200.000,00 DM und 2000 in Höhe von 29.427,00 DM. Er begründe diese damit, dass der übliche Wert für die erworbenen Grundstücke laut Richtwertkartei bei 6,00 bis 7,00 DM qm liege und er beantrage die Teilwertabschreibung auf 6,50 DM/qm, da es sich bei den erworbenen Flächen um Flächen im Außenbereich handele, die lediglich landwirtschaftlich genutzt werden könnten. Selbst eine begrenzte Erweiterung der angrenzenden Firma auf die erworbene Fläche sei Ende 1998 nicht gesichert gewesen. Im Rahmen einer Standortsicherung - so behauptet er wieder - wäre allenfalls die Erweiterung als Schrottbetrieb möglich gewesen, nicht aber als zertifizierter Autoverwertungsbetrieb.

Der Kl. hat sich gegen die Auslegung gewandt, dass die Flächen letztendlich erworben worden seien, um den Mitbewerber jedwede Erweiterungsmöglichkeit zu nehmen. Er hat ausgeführt, dass es sich bei der Firma T1. in keinem Zeitpunkt um einen Konkurrenten des Kl. gehandelt habe, da diese lediglich Schrottverwertung betreibe. Er, der Kl. hingegen betreibe neben diesem seiner Meinung nach ertragsschwachen Betriebszweig noch einen Unfallwagenhandel und die Verwertung neuwertiger Fahrzeuge durch Zerlegung in neuwertige Ersatzteile. Dieser Betriebszweig sei ertragsstärker, so dass eine Expansionsabsicht im Bereich des Tätigkeitsfeldes der Firma T1. nicht beabsichtigt gewesen sei. Im Übrigen sei die Expansion der Firma T1. durch den Flächenerwerb nicht zu verhindern gewesen, da diese auf anderen Flächen habe ausweichen bzw. den Standort hätte verlegen können. Der Kl. hat in diesem Zusammenhang später mitgeteilt, dass die Firma T1. in 1999 Industriegrundstücke in H. erworben habe, die mit einem lizensierten Autoverwertungsbetrieb bebaut worden seien.

Der Kl. hat weiter ausgeführt, dass eine Geschäftserweiterung am jetzigen Standort in der C1.-Straße nur durch Zukäufe von Nachbarbetrieben möglich sei. Eine Erweiterung außerhalb des jetzigen Gewerbegebiets durch Zukauf landwirtschaftlicher Flächen sei über den jetzigen Grabenverlauf hinaus nicht möglich, da diese Flächen im Wasserschutzgebiet lägen. Da die Kommunen nur ungerne reine Lagerflächen für ausgeschlachtete Autokarossen veräußerten, habe er eine Möglichkeit gesehen, sich an der Stadt vorbei eine gewerbliche, durch seinen Betrieb zu nutzende Lagerfläche zu sichern. Der Preis von 28,00 DM/qm sei ihm angemessen erschienen, da dieser Wert nur unbedeutend über dem Preisangebot der Stadt gelegen hätte, welches ihm aus Gesprächen mit anderen Gewerbetreibenden bekannt gewesen sei. Er sei gerne bereit gewesen, den Überpreis zu bezahlen, da er über die Stadt für seine Zwecke kaum Aussicht gehabt habe, Erweiterungsflächen zu erwerben.

1.                Rückstellungen

Der Kl. hat hierzu ausgeführt, dass er aufgrund der Zertifizierung als Entsorgungsbetrieb Problemabfälle, wie Altreifen, Altöl, Restkraftstoffe und Elektroschrott auch vor Inkrafttreten des Altfahrzeuggesetzes ab dem Veranlagungszeitraum 2002 gesetzeskonform zu entsorgen gehabt habe. Dies sei eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Auch wenn im Jahre 1999 nur geringe Mengen Altöl entsorgt worden seien, so seien doch für die Lagerbestände Rückstellungen zu bilden. Die Lagerbestände seien angegeben und mit den verkehrsüblich anfallenden Entsorgungskosten bewertet worden.

Der Kl. hat im Verlauf des Einspruchsverfahrens ein Gutachten des Sachverständigen L1. vom 14.02.2005 eingeholt, wonach der Verkehrswert der landwirtschaftlichen Flächen mit 62.000,00 DM bzw. 31.700 EUR bewertet wurde. Bei einer Erörterung des Sach- und Streitstandes beim Beklagten am 07.04.2005 wurde keine Einigung erzielt. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen des Beklagten wurde festgestellt, dass der Kl. nach Möglichkeiten gesucht habe, seinen Betrieb zu vergrößern. Daher habe er seinerzeit das Grundstück von den Eheleuten C. gekauft, ohne sich dabei aber bei der Stadt über die Nutzungsmöglichkeit zu informieren.

Der Beklagte vertrat nunmehr die Auffassung, dass es sich bei den erworbenen Flächen um notwendiges Privatvermögen handele. Die Flächen seien nicht geeignet, dem Betrieb des Kl. zu dienen bzw. die Ertragskraft des Unternehmens zu stärken. Er wies den Kläger darauf hin, dass die Aufwendungen für die Grundstücke (Finanzierungsaufwand) nicht dem betrieblichen Bereich zuzuordnen und im Rahmen der Einspruchsentscheidung zu korrigieren seien. Der Kläger wurde aufgefordert, die Aufwendungen zu beziffern und er wurde auf die Möglichkeit der Einspruchsrücknahme zwecks Vermeidung einer Verböserung hingewiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.12.2005 hat der Beklagte die Steuerfestsetzung geändert und die Einkommensteuer 1999 auf ......... EUR herabgesetzt und die Einkommensteuer 2000 auf ......... EUR heraufgesetzt. Der Änderung liegt eine Verständigung wegen anderer Streitpunkte zugrunde, die nicht mehr im Streit stehen. Im Übrigen hat er den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Einzelnen ausgeführt:

1.                Teilwertabschreibung

Die geltend gemachte Teilwertabschreibung sei nicht zulässig, weil die erworbenen Grundstücke zum notwendigen Privatvermögen gehörten. Die Flächen gehörten weder zum notwendigen noch zum gewillkürten Privatvermögen. Allgemein werde auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30.01.1998, 11 K 2390/96 E, G, U, EW, EFG 1998, 997 verwiesen. Hinsichtlich des notwendigen Betriebsvermögens werde insoweit auf das BFH-Urteil vom 06.03.1991, X R 57/88, BFHE 164, 246 verwiesen. Bei den erworbenen Grundstücken handele es sich nicht um notwendiges Betriebsvermögen, da sie nicht unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt würden, sondern bisher nur für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung verpachtet gewesen seien. Die Grundstücke seien auch nicht objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen. Der Kl. habe zwar angegeben, dass er auf dem Grundstück ausgeschlachtete Autowracks lagern wolle. Die Bestimmung der Wirtschaftsgüter zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb könne jedoch dann nicht angenommen werden, wenn die Grundstücke aufgrund der eindeutigen entgegenstehenden Regelungen im Bebauungs- und Flächennutzungsplan nicht betrieblich genutzt werden könnten und keine konkreten Anhaltspunkte für eine Planänderung erkennbar seien, wie dies im Streitfall von der Stadt T. mitgeteilt worden sei.

Die Grundstücke gehörten auch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen. Die Grundstücke seien nicht geeignet, die Ertragsfähigkeit des klägerischen Unternehmens zu fördern.

2.                Aufwendungen für die Grundstücke

Der Beklagte hat den Zinsaufwand für die Grundstücke mit 15.000,00 DM pro Jahr pauschal geschätzt und die Betriebsausgaben entsprechend verringert

3.                Rückstellungen

Die Rückstellungen für Entsorgungskosten seien nicht zu passivieren.

Mangels Verpflichtung handele es sich um eine Aufwandsrückstellung gemäß § 249 Abs. 2 HGB. Ihre Bilanzierung unterliege in der Handelsbilanz einem Passivierungswahlrecht. Dies führe zu einem Passivierungsverbot in der Steuerbilanz. Der Beklagte hat insoweit auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl. II 1969, 291) verwiesen.

Die Berechtigung zur Bildung einer steuerrechtlichen Rückstellung setze eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung voraus, d. h. es müsse regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der Verpflichtung müssten Sanktionen geknüpft sein. Eine derartige Verpflichtung sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Kl. berufe sich vielmehr auf eine allgemeine Entsorgungsverpflichtung. Diese reiche zur Bildung einer Rückstellung nicht aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 30.12.2005 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Mit seiner am 31.01.2006 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Bezüglich der Teilwertabschreibung beantragt er nunmehr allein für das Jahr 1999 eine Teilwertabschreibung in Höhe von 239.326,39 DM. Des Weiteren wehrt er sich gegen die pauschale Nichtberücksichtigung der Finanzierungskosten für die Grundstücksflächen. Hinsichtlich der Rückstellungen vertieft er seine Ausführungen. Er hat Kontoauszüge über die Zinsaufwendungen für die landwirtschaftlichen Flächen zur Gerichtsakte gereicht.

Der Kl. beantragt,

die Einkommensteuer-Festsetzungen für 1999 und 2000 lt. Einspruchsentscheidung vom 30.12.2005 dahingehend zu ändern, dass für 1999 Teilwertabschreibungen in Höhe von 239.326 DM, eine Rückstellung in Höhe von 17.000 DM sowie Grundstücksaufwendungen in Höhe von 15.000 DM und für das Jahr 2000 Aufwendungen für eine Rückstellung in Höhe von 19.000 DM und Grundstücksaufwendungen in Höhe von 15.000 DM als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzulassen sind,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat noch einmal ausführlich zu den einzelnen Streitpunkten Stellung bezogen. Bezüglich der nachgewiesenen Zinsbelastungen des Kl. ist der Beklagte bereit, im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung vorläufig entsprechende Verluste festzustellen und die Gewinnerhöhung insoweit rückgängig zu machen. Bezüglich der übrigen Positionen hält er an seiner Rechtsauffassung fest.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 21.05.2010 im Amtsgericht Ahaus eingehend erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Der Senat hat am 16. Dezember 2010 in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird ebenfalls Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Änderungsbescheide vom 16.12.2003 wegen Einkommensteuer 1999 und 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.12.2005 sind dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb für 1999 ein Betrag von 10.850 DM und für 2000 ein Betrag von 10.867,44 DM mindernd in Ansatz gebracht wird, und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 1999 ein Verlust in Höhe von 4.150 DM und für 2000 ein solcher in Höhe von 4.132,56 DM berücksichtigt wird. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

1.            Teilwertabschreibung in Höhe von 239.326,-- DM

Eine Teilwertabschreibung für die vom Kl. 1998 erworbenen landwirtschaftlichen Flächen kommt nicht in Betracht, weil die Grundstücke nicht dem Betriebsvermögen des klägerischen Gewerbebetriebs zuzurechnen sind.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG kann ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, das nicht der Abnutzung unterliegt, in der Bilanz mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden. Im Streitfall steht einer Teilwertabschreibung jedoch entgegen, dass es sich bei dem Grundbesitz nicht um ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens handelt.

Zum Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die aus betrieblicher Veranlassung angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher und tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht.

Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein (s. Finanzgericht Münster Urteil vom 30. Januar 1998 11 K 2390/96 E, G EFG 1998, 997). Sie sind notwendiges Betriebsvermögen, wenn und soweit sie unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke genutzt werden. Sie müssen objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein (BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl. II 1991, 829 mit weiteren Nachweisen).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann im Streitfall nicht von der Zugehörigkeit der Grundstücke zum notwendigen Betriebsvermögen ausgegangen werden. Sie sind nicht unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt worden. Sie sind auch nicht objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb des Kl. bestimmt gewesen. Zwar hat der Kl. den Grundbesitz möglicherweise in der Absicht erworben, seinen Gewerbebetrieb zu erweitern und ggfls. einen weiteren Standort zur Lagerung von Autowracks zu eröffnen. Die Bestimmung der Wirtschaftsgüter zum unmittelbaren Einsatz im klägerischen Betrieb kann jedoch dann nicht angenommen werden, wenn - wie im Streitfall - die Grundstücke aufgrund der eindeutig entgegenstehenden Regelungen im Bebauungs- bzw. Flächennutzungsplan nicht betrieblich genutzt werden können und keine konkreten Anhaltspunkte für eine Planänderung im Sinne des Kl. erkennbar oder vorgetragen sind. Die Gemeinde T. hat in ihrem Schreiben vom 17.05.2005 mitgeteilt, dass eine Änderung der Bodennutzung der vom Kl. erworbenen Fläche zwar möglich wäre. Dies obliege der Planungshoheit. Es müsse aber im Rahmen der landesplanerischen Abstimmung, der Gebietsentwicklungsplan - Teilabschnitt ........... - durch die Bezirksregierung ....... geändert werden. Im Anschluss daran müsste der Flächennutzugsplan der Stadt T. geändert werden. Die Stadt T. hat in dem Schreiben ergänzend mitgeteilt, dass sie eine solche Stadtentwicklungsplanung auf den angeführten Flächen aber nicht verfolge. Ferner hat der Gutachter L1. in dem vom Kl. vorgelegten Gutachten vom 14.02.2005 ausgeführt, dass eine Umwidmung der landwirtschaftlichen Flächen in Gewerbegebiet der Mitwirkung von 14 Behörden und der Zustimmung einer angrenzenden Wohnsiedlung bedürfe und somit nicht durchführbar sei.

Im Streitfall gehören die streitigen Grundstücke auch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen. Voraussetzung für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens ist es, dass die Grundstücke ihrer Art nach objektiv geeignet und von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern. Ihre Nutzung muss in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Gewillkürtes Betriebsvermögen kann nicht allein kraft einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen gebildet werden, sondern setzt einen durch die tatsächliche Nutzung des Wirtschaftsguts vermittelten objektiven Zurechnungszusammenhang mit dem Betrieb voraus (BFH-Beschluss vom 1. November 1995 III B 66/93, BFH/NV 1996, 327 mit weiteren Nachweisen).

Zwar wird einem gewerblich tätigen Steuerpflichtigen grundsätzlich ein weiter Spielraum zugestanden, aus wirtschaftlich verständlichen Gründen Wirtschaftsgüter dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnen. Dies gilt insbesondere bei Wirtschaftsgütern wie Grundstücken, die eine von besonderen Risiken freie Vermögensanlage darstellen. Solche Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich geeignet, die Wirtschaftskraft eines Gewerbebetriebes z. B. durch Zuführung von Miet- und Pachterträgen als flüssige Mittel oder Liquiditätsreserve zu stärken (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl. II 1977, 315; Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl. II 1975, 582; Beschluss vom 7. November 1995, III B 66/93 a. a. O.).

Im Streitfall sind die erworbenen Grundstücke jedoch gerade keine risikofreie Anlage. Der Kl. hat sie zu einem erhöhten Preis von Gewerbeflächen und damit erheblich über dem Wert erworben, den sie aufgrund des aktuellen Bebauungs- und Flächennutzungsplans aufwiesen. Die Nutzung der Grundstücke war nur zu landwirtschaftlichen Zwecken zugelassen, so dass bei fehlenden Anhaltspunkten für eine konkrete Planänderungsabsicht insgesamt keine Aussicht auf Stärkung der Wirtschaftskraft des Unternehmens des Kl. bestand. Die Bilanzierung der streitigen Grundstücke alleine reicht zur Annahme gewillten Betriebsvermögens nicht aus.

2.            Grundstückskosten

Der Beklagte hat in Ermangelung weitergehender Erkenntnisse den Gewinn für die Jahre 1999 und 2000 pauschal um 15.000,00 DM pro Jahr erhöht, um die Betriebsausgaben um die Finanzierungskosten der Grundstücke zu kürzen. Da der Senat in Überein-

stimmung mit den Beteiligten davon ausgeht, dass die Finanzierungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz zu bringen sind, ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1999 nur um 4.150 DM und 2000 um 4.132,56 DM statt jeweils um 15.000,00 DM zu kürzen (s. Berechnung des Bekl. im Schriftsatz vom 09.11.2010).

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind die Pachteinnahmen in Höhe von 1000,-- DM jeweils für 1999 und 2000 als Einnahmen zu erfassen und die Grundstücksfinanzierungskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Es ist somit für den Veranlagungszeitraum 1999 ein Verlust in Höhe von 4.150,-- DM und für 2000 in Höhe von 4.132,56 DM zu erfassen.

3.            Rückstellungen

Zu Recht hat der Beklagte die Rückstellungen für die Entsorgungskosten nicht berücksichtigt.

Mangels Verpflichtung handelt es sich um eine Aufwandsrückstellung gemäß § 249 Abs. 2 HGB. Ihre Bildung unterliegt in der Handelsbilanz einem Passivierungswahlrecht. Dies führt zu einem Passivierungsverbot in der Steuerbilanz (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl. II 1969, 291).

Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung sind Rückstellungen zu bilden für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Eine solche Rückstellung darf nur gebildet werden, wenn

1.         es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt,

2.         die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag verursacht ist und

3.         mit einer Inanspruchnahme aus einer nach ihrer Entstehung oder Höhe ungewissen Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist.

Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt - als Abgrenzung zur Aufwandsrückstellung - eine Verpflichtung gegenüber einem anderen voraus. Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein; zur Abgrenzung von nicht zulässigen reinen Aufwandsrückstellungen ist jedoch Voraussetzung, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h. es muss regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein.

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind erstmals im Jahresabschluss des Wirtschaftsjahres zu bilden, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind. Die Annahme einer wirtschaftlichen Verursachung setzt voraus, dass der Tatbestand, an dem das Gesetz oder der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist. Die Erfüllung der Verpflichtung darf nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern muss auch Vergangenes abgelten. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzten in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass die Verbindlichkeiten, die den Rückstellungen zugrunde liegen, bis zum Bilanzstichtag entstanden sind oder mit einiger Wahrscheinlichkeit entstehen werden und der Steuerpflichtige spätestens bei Bilanzaufstellung ernsthaft damit rechnen muss, hieraus in Anspruch genommen zu werden. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist aufgrund objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmannes zu beurteilen; es müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen.

Die Begründung des Kl., dass die Problemabfälle aufgrund der Zertifizierung als Entsorgungsbetrieb gesetzeskonform zu entsorgen seien, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Ausführungen lassen keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung erkennen, welche ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt und an deren Verletzung Sanktionen geknüpft sind. Der Kl. beruft sich vielmehr auf eine allgemeine Entsorgungsverpflichtung. Hierzu hat der BFH mit Urteil vom 08.11.2000 (I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl. II 2001, 570) entschieden, dass die Verpflichtung zur Entsorgung eigenen Abfalls nach dem Abfallgesetz nicht rückstellbaren eigenbetrieblichen Aufwand begründe. Aufwand, der erforderlich sei, um eine vorgegebene unternehmerische Tätigkeit innerhalb geltender Rechtsnormen und Bestimmungen zu vollziehen, stelle eigenbetrieblichen Aufwand dar. Dies betreffe die Aufwendungen, die erforderlich seien, um das Unternehmen im Sinne des Unternehmenszieles zu betreiben, somit auch Aufwand zur Begründung der Betriebsbereitschaft und ihrer Erhaltung im Sinne der individuellen betrieblichen Zielsetzung. Eine "Verpflichtung gegen sich selbst" könne nicht dadurch zu einer rückstellungsfähigen Außenverpflichtung werden, dass bei ihrer "Erfüllung" öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten seien. Dieser Auffassung schließt der Senat sich an. Die begehrten Rückstellungen dürfen daher nicht gebildet werden.

4. Berechnung

Hinsichtlich der Berechnung der Steuerfestsetzung für 1999 und 2000 gilt folgendes:

1999

lt. Einspruchsentscheidung lt. Urteil

Einkünfte auf Gewerbe-

betrieb ....... DM ....... DM

Einkünfte aus VuV ./. .. DM ./. ..... DM

zu versteuerndes Einkommen ....... DM ....... DM

Einkommensteuer lt. Grund-

tabelle .... ... DM ....... DM

Entlastungsbetrag ....... DM ..... DM

festzusetzende Einkommen-

steuer ....... DM ...... DM

2000

lt. Einspruchsentscheidung lt. Urteil

Einkünfte aus Gewerbe-

betrieb ....... DM ....... DM

Einkünfte aus VuV ..... DM ......... DM

zu versteuerndes Einkommen ........ DM ......... DM

Einkommensteuer lt. Grund-

tabelle ...... DM . ...... DM

Entlastungsbetrag ..... DM ..... DM

festzusetzende Einkommen-

steuer ...... DM ....... DM

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 137 Satz 1 FGO. Der Kläger hat die Zinsaufwendungen erst im Klageverfahren nachgewiesen.

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Ein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO ist nicht erkennbar.

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