R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
01.09.2023
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: § 20 UmwStG– zum Buchwertprivileg bei negativen Anschaffungskosten durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum

FG Münster, Urteil vom 17.5.2023 – 9 K 1242/21 K

ECLI:DE:FGMS:2023:0517.9K1242.21K.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2023-2033-1

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Beigeladene das Betriebsvermögen des vom Kläger eingebrachten Einzelunternehmens mit dem Buchwert ansetzen darf.

Gemäß Ausgliederungsplan vom 4.7.2014 (Urkundenrolle Nr. …/2014 des Notars D) beabsichtigte der Kläger, das von ihm unter der Firma C Inh. A B e.K. in E betriebene Einzelunternehmen in eine GmbH umzuwandeln. Zu diesem Zweck --so die Urkunde-- werde ein Ausgliederungsplan erstellt und eine GmbH (die Beigeladene) gegründet, auf die das von ihm betriebene Einzelunternehmen ausgegliedert werden solle.

Gemäß § 1 des Ausgliederungsplans übertrug der Kläger das Vermögen seines Einzelunternehmens als Gesamtheit auf die von ihm zeitgleich gegründete Beigeladene. Das übertragene Vermögen ergab sich nach § 2 des Ausgliederungsplans aus der Schlussbilanz nebst Inventarverzeichnis des einzelkaufmännischen Unternehmens. Die Schlussbilanz weise ein Eigenkapital von 127.430,91 € aus. Alle auf den Bilanzstichtag bis zur Eintragung der Ausgliederung vom Einzelkaufmann hinzuerworbenen oder veräußerten Vermögensgegenstände wurden mit übertragen (§ 2 Abs. 1 des Ausgliederungsplans). Die Einbringung sollte zum Buchwert erfolgen, der sich zum 31.12.2013 ergab (§ 2 Abs. 2 Satz 1 des Ausgliederungsplans). Die Einbringung des einzelkaufmännischen Unternehmens erfolgte unter Anwendung des § 20 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 in der Fassung vor dem Steueränderungsgesetz 2015 (StÄndG 2015) vom 2.11.2015 --UmwStG 2006-- (BGBl. I 2015, 1834) in Vollzug der in § 1 des Ausgliederungsplans bezeichneten Neugründung gegen Ausgabe eines Geschäftsanteils an der Beigeladenen mit einem Nominalbetrag von 25.000 € (§ 2 Abs. 2 Satz 2 des Ausgliederungsplans). Der diesen Nominalbetrag der neuen Stammeinlage übersteigende Buchwert des einzubringenden einzelkaufmännischen Unternehmens wurde der Gesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 2 Satz 3 des Ausgliederungsplans).

Der Ausgliederung lag die Bilanz des Einzelkaufmanns zum 31.12.2013 zugrunde (§ 3 Abs. 1 des Ausgliederungsplans), auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Übertragung der in § 2 des Ausgliederungsplans bezeichneten Vermögensgegenstände erfolgten im Innenverhältnis mit Wirkung bis zum Ablauf des 31.12.2013; vom 1.1.2014 an sollten alle Handlungen und Geschäfte, die sich auf die übertragenen Vermögensteile bezogen, als für Rechnung der übernehmenden Beigeladenen vorgenommen gelten (Ausgliederungsstichtag, § 3 Abs. 2 des Ausgliederungsplans).

Neben dem Ausgliederungsplan errichtete der Kläger zeitgleich die Beigeladene mit Sitz in E, deren Gegenstand … (= Aufgabenbereiche) hierfür waren (§ 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags). Die vom Kläger übernommene Stammeinlage werde in voller Höhe erbracht durch Übertragung des von ihm als Einzelkaufmann unter der Firma „C Inh. A B e.K.“ in E betriebenen und im Handelsregister des Amtsgerichts F noch einzutragenden Unternehmens. Der Wert der Einlage erreiche mindestens 25.000 €. Der diesen Nominalbetrag der neuen Stammeinlage übersteigende Buchwert des einzubringenden Einzelhandelsunternehmens werde der Gesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt (§ 4 des Gesellschaftsvertrags).

Die Anmeldung der Umwandlung zum 31.12.2013 in das Handelsregister erfolgte mit Schreiben des Notars vom 4.7.2014. Am ….9.2014 wurde sie in das Handelsregister eingetragen.

In seinem Bericht über die am 12.10.2018 angeordnete und am 6.11.2018 begonnene Betriebsprüfung bei der Beigeladenen vom 12.3.2019 führte der Prüfer aus, der Ansatz mit dem das übernommene Betriebsvermögen bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft angesetzt werde, stelle für den Einbringenden den Veräußerungspreis sowie die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2006 dar (Wert: 127.430,91 €). Würden neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Vermögenswerte gewährt, sei deren gemeiner Wert bei der Bemessung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gemäß § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG 2006 abzuziehen. Die Gewährung des Darlehens sei als sonstige Gegenleistung bei der Bemessung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile in Höhe von 102.430,91 € abzuziehen; die Anschaffungskosten betrügen daher 25.000 €.

Des Weiteren verminderten die Entnahmen bzw. erhöhten die Einlagen gemäß § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile. Dies habe zur Folge, dass sich die Anschaffungskosten von 25.000 € abzüglich 91.048,82 € auf negative 66.048,82 € verminderten.

Die Summe aus Entnahmen und Einlagen ermittle sich wie folgt:

Umbuchung auf Darlehenskonto des Beigeladenen #730

PE/NE im Rückwirkungszeitraum

PE (Einzelunternehmen)            89.317,57 €      1.1.-17.7.2014   #1810

PE (Einzelunternehmen)            9.306,00 €        1.1.-24.7.2014   #1810

NE (Einzelunternehmen             ./. 7.574,75 €    1.1.-24.7.2014   #1810

91.048,82 €

Da keine negativen Anschaffungskosten gebildet würden, sondern maximal 0 € betragen dürften, ergäben sich --so der Prüfer weiter-- folgende Konsequenzen auf den Wertansatz beim übernehmenden Rechtsträger und damit auf den Wertansatz beim Einbringenden: Es ändere sich gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 der Wertansatz beim übernehmenden Rechtsträger um 66.048,82 € auf 193.484,73 €, welches ebenso den Veräußerungspreis beim Einbringenden auslöse. Bei dem übernehmenden Rechtsträger komme es zu einem Zwischenwertansatz und bei dem Einbringenden zu einem nicht begünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 66.048,82 €. Die Aufstockung um diesen Betrag spiegle den Firmenwert des Unternehmens wider, der auf 15 Jahre abgeschrieben werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Prüfungsberichts vom 12.3.2019 Bezug genommen.

Entsprechendes erläuterte der Prüfer in seinem Bericht vom 12.3.2019 über die für 2013 bei dem Kläger als einbringendem Einzelunternehmer durchgeführte Betriebsprüfung. Auf dessen Inhalt wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Unter dem 17.5.2019 erließ der Beklagte (das Finanzamt --FA--) ausgehend u.a. von diesen Feststellungen Änderungsbescheide für 2014 gegenüber der Beigeladenen über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag. Die Vorbehalte der Nachprüfung hob das FA auf.

Den seitens der Beigeladenen hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 7.10.2019 als unbegründet zurück. Über die Begründung des Prüfungsberichts hinausgehend hob das FA hervor, dass das seitens der Beigeladenen hervorgehobenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7.3.2018 I R 12/16, BFHE 261, 251, BFH/NV 2018, 1063 eine Einzelfallentscheidung sei, die mangels amtlicher Veröffentlichung über den dort entschiedenen Sachverhalt hinaus nicht angewandt werden könne.

Die Beigeladene ließ die Einspruchsentscheidung bestandskräftig werden.

Parallel zu den Änderungsbescheiden gegenüber der Beigeladenen änderte das FA am 17.5.2019 auch die Bescheide für 2013 über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag sowie den Bescheid auf den 31.12.2013 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts gegenüber dem Kläger. Die Vorbehalte der Nachprüfung in diesen Bescheiden hob das FA auch hier auf. In den Bescheiden berücksichtigte das FA entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung einen Einbringungsgewinn.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Unter dem 20.9.2019 ergingen aus nicht streitgegenständlichen Gründen weitere Änderungsbescheide. Den Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 7.10.2019 aus denselben Gründen als unbegründet zurück, die es bereits in der Einspruchsentscheidung gegenüber der Beigeladenen herangezogen hatte.

Daraufhin erhob der Kläger die Klage, die unter dem Aktenzeichen 3 K 3335/19 E,G,F beim Finanzgericht anhängig ist. Am 22.1.2021 wies der dortige Berichterstatter die Beteiligten darauf hin, dass der Kläger Rechtsschutz nur durch eine Drittanfechtung der Änderungsbescheide gegenüber der Beigeladenen erlangen könne.

Das FA gab dem Kläger deshalb die gegenüber der Beigeladenen ergangenen Bescheide für 2014 über Körperschaftsteuer vom 30.6.2016, 19.8.2016 sowie 17.5.2019 als Drittbetroffenen bekannt (Posteingang beim Kläger persönlich am 31.3.2021).

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14.4.2021 „Einspruch gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2014 durch einen Drittwiderspruch durch Bekanntgabeschreiben vom 29.03.2021“ ein. Es sei beabsichtigt, eine Sprungklage nach § 45 FGO zu erheben. Das solle aber noch mit dem FA abgestimmt werden.

Am 10.5.2021 hat der Kläger sodann Sprungklage vor dem Finanzgericht erhoben, der das FA mit am 4.6.2021 eingegangenen Schriftsatz vom 31.5.2021 zugestimmt hat.

Im Verfahren 3 K 3335/19 verständigten der Kläger und das FA sich wegen der ursprünglich streitigen Einzelwertberichtigungen des Einzelunternehmens auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auf eine teilweise Anerkennung in Höhe von brutto 6.068,12 € (netto 5.099,26 €; Schriftsatz des FA vom 27.11.2020; Schriftsatz des Klägers vom 8.1.2021). Mit Datum vom 2.6.2021 erließ das FA daraufhin entsprechend geänderte Bescheide für 2013 über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbescheid. Anderweitige Streitpunkte zur Höhe der Buchwerte des Einzelunternehmens zum 31.12.2013 bestanden danach nicht mehr. Das beim 3. Senat anhängige Klageverfahren ist im Einverständnis der Beteiligten durch Beschluss des dortigen Berichterstatters zum Ruhen gebracht, weil die Frage, ob die Einbringung zu Buchwerten oder zu Zwischenwerten erfolgen konnte bzw. musste im Rahmen des (vorliegenden) Klageverfahrens 9 K 1242/21 zu klären sei.

Im vorliegenden Verfahren wendet der Kläger sich weiterhin gegen den Ansatz des Einbringungsgewinns in Höhe von 66.048,82 €. Zu Unrecht sei der Prüfer davon ausgegangen, dass es im Rückwirkungszeitraum zu Entnahmen und Einlagen gekommen sei. Die dort aufgefallenen Beträge seien Darlehensleistungen, die keine Entnahmen/Einlagen darstellen könnten.

Selbst unter der Annahme, dass die Auffassung des Prüfers richtig sei, könne dies allerdings nicht zu negativem Eigenkapital und somit negativen Anschaffungskosten führen. Das komme auch durch die BFH-Entscheidung vom 7.3.2018 I R 12/16 zum Ausdruck, die das FA mangels Veröffentlichung im Bundessteuerblatt aber unbeachtet lasse. Zusätzlich sei darauf hinzuweisen, dass eine Versteuerung im Zusammenhang mit § 17 des Einkommensteuergesetzes 2009 (EStG 2009) sichergestellt sei.

Weiter trägt der Kläger vor, die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG 2006, die bestimme, dass das eingebrachte Betriebsvermögen nicht negativ sein dürfe, beziehe sich auf den Einbringungsstichtag und gelte daher nicht für Entnahmen im Rückwirkungszeitraum. Entnahmen im Rückwirkungszeitraum könnten ausschließlich zu negativen Anschaffungskosten führen. Anders als das FA meine, habe sich die Gesetzessystematik nicht geändert.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide für 2014 über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag vom 17.05.2019 dahingehend zu ändern, dass die Einbringung zu Buchwerten erfolgt ist,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

              die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist es vornehmlich auf die Einspruchsentscheidung gegenüber dem Kläger vom 7.10.2019.

Es meint ferner, es sei erklärtes Ziel des § 20 UmwStG 2006, negative Anschaffungskosten im Rahmen einer Einbringung nach § 20 UmwStG 2006 zu vermeiden. Dies ergebe sich bereits aus dem Grundfall der gesetzlichen Einschränkung der Buchwerteinbringung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 und der dahinterstehenden Gesetzessystematik. Da das eingebrachte Betriebsvermögen nicht negativ sein dürfe, zwinge § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Im Ergebnis müssten die Anschaffungskosten der Anteile damit mindestens 0 € betragen.

Darüber hinaus werde in der Neuregelung bei Einbringungsfällen mit sonstigen Gegenleistungen (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG 2006 i.R. des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834) die Absicht des Gesetzgebers, negative Anschaffungskosten zu vermeiden, erneut deutlich. Negative Anschaffungskosten --und damit eine Besserstellung gegenüber dem bisherigen Recht-- hätten dann auftreten können, wenn bei sehr hohen Zuzahlungen (höher als der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens abzüglich 25 % der stillen Reserven; „Grenzbetrag“) der Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens infolge des „Freibetragseffekts“ in § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 unter dem gemeinen Wert der Gegenleistung lägen. Zur Verhinderung sei die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 aufgenommen worden. Diese Vorschrift laute: „Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen auch sonstige Gegenleistungen, ist das eingebrachte Betriebsvermögen abweichend von Satz 2 mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach Satz 2 ergebenden Wert übersteigt.“

Aus dem Regelungszusammenhang von § 20 Abs. 5 Satz 3 und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 2006 folge, dass nicht lediglich zum Übertragungsstichtag vorhandenes negatives Betriebsvermögen auszugleichen sei, sondern auch insoweit zwingend ein Zwischenwert anzusetzen sei, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen (erst) durch Entnahmen während des Rückwirkungszeitraums negativ werde (vgl. Tz. 20.19 des Umwandlungssteuererlasses 2011 bzw. bereits Tz. 20.25 des Umwandlungssteuererlasses 1998).

Mit Beschluss vom 24.3.2022 hat der Berichterstatter die C GmbH gemäß § 60 Abs. 3 FGO zu dem Verfahren beigeladen.

Der Senat hat die Akten des Verfahrens 3 K 3335/19 E,G,F zu diesem Verfahren beigezogen.

Am 17.5.2023 hat der Senat mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig und begründet. Das FA hat den Wert des vom Kläger eingebrachten Betriebsvermögens bei der Beigeladenen zu Unrecht mit einem höheren Wert als dem Buchwert angesetzt.

I. Die Drittanfechtungsklage des Klägers ist zulässig.

1. Im Fall der Einbringung eines Betriebs i.S. des § 20 UmwStG 2006 steht dem Einbringenden ein eigenes Anfechtungsrecht gegen die gegenüber dem aufnehmenden Unternehmen ergangene Steuerfestsetzung zu, wenn er geltend macht, die darin zu Grunde gelegten Werte des eingebrachten Vermögens seien zu hoch (BFH-Urteile vom 8.6.2011 I R 79/10, BFHE 234,101, BStBl II 2012, 421; vom 13.9.2018 I R 19/16, BFHE 262, 526, BStBl II 2019, 385). Dementsprechend ist der Kläger aufgrund der Einbringung seines Einzelunternehmens in das Vermögen der Beigeladenen befugt, den gegenüber der Beigeladenen ergangenen Körperschaftsteuerbescheid und Gewerbesteuermessbescheid 2014 mit der Begründung anzufechten, das FA habe in diesen Bescheiden das eingebrachte Vermögen zu Unrecht mit einem höheren Wert als dem Buchwert angesetzt.

2. Der Zulässigkeit der Klage kann das fehlende Vorverfahren nach § 44 FGO nicht entgegengehalten werden.

a) Hinsichtlich des Bescheides für 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag gilt dies schon deshalb, weil das FA der Sprungklage innerhalb eines Monats ab Zustellung der Klage zugestimmt hat (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO). Mit am 31.5.2021 bei Gericht eingegangenen Schreiben hat das FA der ihm am 14.5.2021 zugestellten Sprungklage zugestimmt.

Der Zulässigkeit Sprungklage steht auch nicht entgegen, dass der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag zuvor bereits bestandskräftig und damit unanfechtbar geworden wäre. Es fehlt nämlich überhaupt an der Bekanntgabe des Bescheids gegenüber dem Kläger, die die einmonatige Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) hätte in Gang setzen können. Anders als der Körperschaftsteuerbescheid 2014 (dazu unter 2.) ist der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag nicht an den Kläger als Drittbetroffenem bekannt gegeben worden. Nach Auffassung des Senats ist es auch nicht möglich, die Bekanntgabe des Bescheids vom 17.5.2019 an die Beigeladene zugleich als eine Bekanntgabe an den Kläger zu werten, denn es fehlte dem FA bei der Bekanntgabe des Bescheids an die Beigeladene an dem Willen, zugleich eine Bekanntgabe an den Kläger selbst zu bewirken. Die Behörde muss sich bei Erlass eines Bescheides nicht nur Gedanken darüber machen, ob sie einen Verwaltungsakt bekannt geben will, sondern auch an wen (Urteil des Finanzgerichts Münster vom 6.10.1987 X 1826/85 G, Entscheidungen der Finanzgerichte 1988, 56). Dass neben der gewollten Bekanntgabe des Gewerbesteuermessbescheides 2014 an die Beigeladene auch noch eine Bekanntgabe an eine weitere Person als Drittbetroffene in Betracht kam, hatte das FA im Zeitpunkt der ursprünglichen Bekanntgabe aber nicht erkannt und dementsprechend eine derartige Bekanntgabe auch nicht gewollt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es Kenntnis von der in der Finanzverwaltung vertretene Auffassung hatte, wonach die Änderungsbescheide auch gegenüber dem Einbringenden als Drittbetroffenen --dann aber auch mit einem entsprechenden Hinweis auf die Drittbetroffenheit-- bekannt zu geben seien (so das Schreiben des Finanzministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 1.11.2012 - IV 301-S 1978c-00000-2010/002, juris; gültig bis 31.10.2017), und es sich daher über die Notwendigkeit einer Bekanntgabe an den Kläger Gedanken gemacht hätte. Auf die Möglichkeit einer Drittanfechtung ist das FA vielmehr erst durch den Berichterstatter in dem Verfahren 3 K 3335/19 E,G,F hingewiesen worden und hat anschließend den Körperschaftsteuerbescheid 2014 an den Kläger als Drittbetroffenen bekannt gegeben, und zwar ausdrücklich „zur Wahrung Ihrer Rechte als Drittbetroffener“ (dazu unter b). Zwar ist eine zeitgleiche Bekanntgabe des Gewerbesteuermessbescheids 2014 an den Kläger unterblieben. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht den Rückschluss, dass es nur bei den Körperschaftsteuerbescheiden (und nicht auch bei den Gewerbesteuermessbescheiden) für das Jahr 2014) im Verhältnis zum Kläger an einem Bekanntgabewillen gefehlt hätte.

Der vorgenannten Beurteilung stehen die Ausführungen im BFH-Beschluss vom 6.2.2014 I B 168/13 (BFH/NV 2014, 921) nicht entgegen. Im dortigen Rechtsstreit waren die das aufnehmende Unternehmen betreffenden Bescheide an den Einbringenden als Inhaltsadressaten bekanntgegeben worden, und zwar als Rechtsnachfolger des aufnehmenden Unternehmens (wenngleich nicht nochmals gesondert in seiner Eigenschaft als Drittbetroffener). Demgegenüber war im Streitfall allein die Beigeladene die Inhaltsadressatin des ihr gegenüber ergangenen Gewerbesteuermessbescheides 2014.

Der fehlende Bekanntgabewille und damit die fehlende Bekanntgabe gegenüber dem Kläger ist des Weiteren nicht im Hinblick auf die Regelung des § 166 AO entbehrlich. Nach dieser Norm hat derjenige, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter anzufechten, eine unanfechtbare Steuerfestsetzung gegenüber dem Steuerpflichtigen auch gegen sich gelten zu lassen. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen im Streitfall jedoch nicht vor. Der Kläger war zwar Geschäftsführer der Beigeladenen, konnte die gegenüber der Beigeladenen ergangenen Bescheide hinsichtlich des vorliegenden Streitpunkts jedoch gerade nicht in deren Namen zulässigerweise anfechten, weil die Beigeladene durch den über dem Buchwert liegenden Wertansatz des Betriebsvermögens nicht beschwert war, sondern ihr aufgrund dessen ein höheres Abschreibungsvolumen zur Verfügung stand (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234,101, BStBl II 2012, 421, und in BFHE 262, 526, BStBl II 2019, 385).

b) Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 ist ebenfalls trotz fehlenden Abschlusses eines Vorverfahrens zulässig, weil das FA ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht über den Einspruch entschieden hat (vgl. § 46 Abs. 1 FGO). Ein solcher Grund kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass das FA die Zustimmung zur Sprungklage erteilt hat und daher gemeint habe, einer Entscheidung über den Einspruch bedürfe es nicht mehr. Ein parallel laufendes Einspruchsverfahren schließt vielmehr umgekehrt eine Sprungklage aus (Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 45 FGO Rz. 17). Zwar kann innerhalb der Einspruchsfrist vom bereits eingelegten Einspruch zur Sprungklage übergegangen werden und damit --ohne dass hierin eine Rücknahme des Einspruchs zu sehen wäre-- der Charakter des Rechtsbehelfs geändert werden (Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO § 45 FGO Rz. 4; Steinhauff, a.a.O.). Dies war im Streitfall jedoch ausgeschlossen, weil die Sprungklage erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erhoben worden ist und es deshalb beim fristgerecht eingelegten Einspruch gegen die vom FA gegenüber dem Kläger als Drittbetroffenen bekanntgegebenen Körperschaftsteuerbescheide 2014 verblieb. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen unter a) zum Gewerbesteuermessbescheid 2014 waren die Körperschaftsteuerbescheide 2014 vor dem Bekanntgabeschreiben des FA vom 29.3.2021 an den Kläger nicht wirksam bekanntgegeben worden und er musste sich die darin enthaltenen Festsetzungen gleichermaßen nicht nach § 166 AO zurechnen lassen.

3. Im vorliegenden Fall stehen der Zulässigkeit der Klage auch nicht die Grundsätze der prozessualen Verwirkung entgegen.

a) Das Klagerecht unterliegt der Verwirkung (BFH-Beschluss vom 5.5.2003 II B 1/03, BFH/NV 2003, 1142; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 25.1.1974 – IV C 2.72, BVerwGE 44, 294, und vom 16.5.1991 – 4 C 4.89, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1991, 1182; BVerwG-Beschluss vom 23.6.1989 – 4 B 100.89, NVwZ 1990, 263). Die hier maßgebende prozessuale Verwirkung beruht auf der unredlichen, Treu und Glauben zuwiderlaufenden Verzögerung der Klageerhebung. In diesem Sinne dient die prozessuale Verwirkung auch dem öffentlichen Interesse an der Wahrung des Rechtsfriedens. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes steht einer prozessualen Verwirkung der Klagemöglichkeit nicht entgegen. Allerdings darf der Rechtsweg nicht in unzumutbarer Weise verkürzt werden (BVerwG-Urteil vom 10.8.2000 – 4 A 11/99, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 2000, 1862).

b) Die prozessuale Verwirkung eines materiellen Abwehranspruchs setzt einen längeren Zeitraum voraus, während dessen die Möglichkeit der Klageerhebung bestand und dies dem Berechtigten bewusst gewesen ist. Der positiven Kenntnis steht es dabei regelmäßig gleich, wenn der Berechtigte von der ihn belastenden Maßnahme zuverlässig Kenntnis hätte haben müssen, weil sich ihm --zum Einen-- deren Vorliegen hätte aufdrängen müssen und es ihm --zum Anderen-- möglich und auch zumutbar war, sich über die getroffene Maßnahme letzte Gewissheit zu verschaffen. Die (verspätete) Klageerhebung muss gerade deshalb gegen Treu und Glauben verstoßen, weil der Berechtigte trotz vorhandener Kenntnis oder der ihm zuzurechnenden Möglichkeit der Kenntniserlangung erst zu einem Zeitpunkt Klage erhebt, zu dem die Behörde und der Adressat des Bescheides nicht mehr mit einer Klageerhebung rechnen mussten. Dies ist dann der Fall, wenn ein Berechtigter unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen Jedermann vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen hätte. Durch das Unterlassen wird eine tatsächliche Lage geschaffen, auf die sich die Behörde und der Begünstigte einstellen und sich in einer Weise hierauf einrichten dürfen, dass für sie eine (begründete) Klage mit nicht mehr zumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwG-Urteile in NVwZ 1991, 1182 und in DVBl 2000, 1862; Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.12.2017 – 2 B 1493/17, Baurecht --BauR-- 2018, 812).

c) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, obwohl es dem fachkundig vertretenen Kläger durchaus möglich gewesen wäre, die Notwendigkeit der Drittanfechtung selbst und v.a. früher zu erkennen. So ist die hierzu ergangene Rechtsprechung keineswegs neu (BFH-Urteile vom 8.6.2011 I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl 2012, 421; nachfolgend BFH-Urteile vom 30.9.2015 I R 77/13, BFH/NV 2016, 959; vom 15.6.2016 I R 69/15, BFHE 254, 299, BStBl II 2017, 75); hinzu kommt, dass seit der Betriebsprüfung zwischen den Beteiligten die Anwendbarkeit der Grundsätze des BFH-Urteils vom 7.3.2018 I R 16/12, BFHE 261, 251, diskutiert wurden, dem ebenfalls eine Drittanfechtungskonstellation zugrunde lag. Angesichts dessen ist es auffallend, dass es rund 22 Monate bis zur Drittanfechtung gedauert hat. Gleichwohl ändert dieser Umstand nichts daran, dass es sich um eine prozessual besonders gelagerte Situation handelt, die von beiden Seiten nicht gesehen worden ist, so dass sich insbesondere auch das FA nicht darauf berufen kann, es habe darauf vertraut, dass der Kläger von der Möglichkeit der Drittanfechtung keinen Gebrauch machen werde. Im Gegenteil hatten der Kläger und die Beigeladene seit dem Erlass der Änderungsbescheide --wenngleich auf untauglichen Wegen-- versucht, sich gegen den Einbringungsgewinn zur Wehr zu setzen. So hat der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2013, den Gewerbesteuermessbescheid 2013 und die gesonderte Feststellung des Gewerbeverlusts auf den 31.12.2013, die sämtlich an ihn als Einbringenden gerichtet sind, Einspruch eingelegt und nachfolgend Klage erhoben (Aktenzeichen 3 K 3335/19 E,G,F). Gegen den Körperschaftsteuerbescheid hat die Beigeladene Einspruch eingelegt. Das FA hat sich sachlich auf die Rechtsbehelfe eingelassen und ist aufgrund seiner eigenen falschen prozessualen Einschätzung der Situation jederzeit davon ausgegangen, dass die Richtigkeit des Ansatzes des Einbringungsgewinns noch in Rede stand. Auch in dem hier anhängigen Rechtsstreit und insbesondere in der mündlichen Verhandlung hat sich das FA nicht auf einen etwaigen Vertrauenstatbestand berufen, der zu einer prozessualen Verwirkung des Klagerechts führen könnte.

II. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide für 2014 über Körperschaft-steuer und den Gewerbesteuermessbetrag sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Unrecht ist das FA aufgrund der Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum von der Notwendigkeit eines Zwischenwertansatzes ausgegangen, der bei dem einbringenden Kläger zu einem nicht begünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 66.048,82 € geführt haben soll. Der hierauf beruhende Ansatz eines Firmenwerts bei der Beigeladenen und die auf diesen vorgenommene AfA müssen entfallen. Maßgebend sind vielmehr die Buchwerte des eingebrachten Einzelunternehmens des Klägers auf den 31.12.2013, wie sie vom FA in dem letzten gegenüber dem Kläger ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2013 berücksichtigt wurden.

1. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 --KStG 2002--) eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), so gelten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 für die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens und der neuen Gesellschaftsanteile die nachfolgenden Absätze dieser Norm. Nach § 20 Abs. 6 Satz 3 UmwStG 2006 darf dabei „in anderen Fällen der Sacheinlage“ (d.h. außerhalb einer Sacheinlage durch Verschmelzung) die Einbringung auf einen Tag zurückbezogen werden, der höchstens acht Monate vor dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags liegt und höchstens acht Monate vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das eingebrachte Betriebsvermögen auf die Kapitalgesellschaft übergeht. Zwischen den Beteiligten steht insoweit nicht im Streit, dass im Streitfall der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 6 Satz 3 UmwStG 2006 mit der Folge eröffnet war, dass die Einbringung des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens des Klägers auf den 1.1.2014 zurückbezogen werden konnte. Der Senat sieht insoweit von eigenen Ausführungen ab.

2. Für die Einkommens- und Vermögensermittlung im Streitjahr ist im Rahmen des bei der Beigeladenen gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 durchzuführenden Betriebsvermögensvergleichs § 20 Abs. 5 UmwStG 2006 maßgeblich. Nach dessen Satz 1 sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Abs. 6) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Dies gilt nach dem Satz 2 der Vorschrift hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags jedoch nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Nach Satz 3 der Vorschrift sind die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (Abs. 3) um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2009 ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen.

3. Im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG 2006 (in der für die vorliegende Einbringung maßgebenden Fassung) darf die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 UmwStG 2006 das eingebrachte Betriebsvermögen zwar grundsätzlich mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Der Buchwertansatz wird jedoch nach näherer Maßgabe des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1-3, Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 eingeschränkt bzw. ausgeschlossen.

Ausgehend von diesen Regelungen hatte die Beigeladene im vorliegenden Fall das Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 mit den (steuerrechtlichen) Buchwerten (§ 1 Abs. 5 Nr. 4 UmwStG 2006) anzusetzen. Die vorausgesetzte inländische Steuerverstrickung des eingebrachten Betriebsmögens (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 3 UmwStG) lag vor. Außerdem überstiegen die Passivposten (ohne Berücksichtigung des Eigenkapitals) in der Bilanz zum 31.12.2013 unstreitig nicht die Aktivposten, so dass eine Wertaufstockung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 nicht geboten war. Ebensowenig war in höherer Wertansatz nach § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 geboten. Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen auch sonstige Gegenleistungen, so ist nach dieser Regelung das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach Satz 2 ergebenden Wert übersteigt (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006). Zwar hat der Kläger neben den neuen Gesellschaftsanteilen auch sonstige Gegenleistungen in der Form der ihm eingeräumten Darlehensforderung gegenüber der Beigeladenen erhalten (vgl. zum Begriff der sonstigen Gegenleistungen Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 20 UmwStG Rz. 219), doch überstiegen diese den Buchwert des übernommenen Betriebsvermögens nicht. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG 2006 i.d.F. des StÄndG 2015 vom 2.11.2015 (BGBl. I 2015, 1834) galt für die vorliegend im Jahr 2014 bereits beschlossene bzw vereinbarte Einbringung noch nicht (§ 27 Abs. 14 UmwStG 2006 i.d.F.des StÄndG 2015). Die Beigeladene hat das ihr zustehende Wahlrecht --wiederum unstreitig-- fristgerecht (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006) zugunsten der Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Buchwert ausgeübt. Etwaige Bilanzberichtigungen --wie etwa aufgrund einer nachfolgende Betriebsprüfung-- lassen die Wahl des Buchwertansatzes unberührt; die Bilanz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist entsprechend anzupassen (vgl. Patt, a.a.O., § 20 UmwStG Rz. 194, 214; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 358).

4. Die Berechtigung der Beigeladenen, das eingebrachte Betriebsvermögen zum Buchwert anzusetzen, wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Abzug von Entnahmen im Rückwirkungszeitraum gemäß § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 im Streitfall zu negativen Anschaffungskosten führt.

Im Streitfall liegen in dem vom FA angenommenen Umfang Entnahmen/Einlagen und keine Darlehensrückzahlungen im Rückwirkungszeitraum vor, weil im Rückwirkungszeitraum abgeschlossene Verträge (hier die Darlehensvereinbarung im Zusammenhang mit der Einbringung des Einzelunternehmens) nicht auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurückwirken (vgl. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 20 UmwStG Rz. 313, 319; Herlinghaus, a.a.O., Rz. 466; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 240) und .die entsprechenden Mittelab- und zuflüsse in der laufenden Buchführung zunächst auch als Entnahmen/Einlagen verbucht wurden. Wie bereits dargelegt, sind nach § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (Abs. 3) um den Buchwert der Entnahmen zu mindern, soweit diese im Rückwirkungszeitraum die Einlagen überschreiten. Aus dem zwischen § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 und § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 bestehenden Regelungszusammenhang folgt nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch nicht, dass § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 über seinen Wortlaut hinaus, der einen negativen Buchwert des Einbringungsgegenstandes am steuerlichen Übertragungsstichtag voraussetzt, im Wege der teleologischen Extension auch insoweit anzuwenden wäre, als der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum (ggf. saldiert mit Einlagen im Rückwirkungszeitraum) gemindert wird und sich aus dieser Rechenoperation ein (ggf. höheres) negatives Ergebnis ergibt.

a) Soweit einer derartigen Extension unter der Geltung des UmwStG 2002 der ausdrückliche Wortlaut des § 20 Abs. 7 Sätze 2 und 3 UmwStG 2002 entgegenstand (BFH-Urteil in BFHE 261, 251, BFH/NV 2018, 1063, m.w.N.), gilt dies weiterhin, da diese Vorschriften lediglich nach § 20 Abs. 5 Sätze 2 und 3 UmwStG 2006 verschoben worden sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die eingehenden Ausführungen des vorstehend zitierten Urteils. Ergibt sich nach diesen zutreffenden Maßgaben kein Mindestansatz für das eingebrachte Betriebsvermögen, der ggf. durch einen Zwischenwertansatz herbeigeführt werden muss, besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlass, den vom Kläger und der Beigeladenen vorgesehenen und durchgeführten Buchwertansatz zu verweigern. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich trotz des unveränderten Wortlauts der lediglich anders platzierten Regelungen in § 20 Abs. 5  Sätze 2 und 3 UmwStG 2006 die Wertungen in § 20 UmwStG 2006 gegenüber dem UmwStG 2002 insoweit entscheidend verändert hätten. So ging der BFH zu den Vorgängerregelungen des § 20 Abs. 7 Sätze 2 und 3 UmwStG 2002 davon aus, dass sie ihrem Gesetzeszweck nach besondere Einkommensermittlungsvorschriften darstellten, durch die vermieden werden solle, dass durch die grundsätzliche Anwendung körperschaftsteuerlicher Vorschriften Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen besteuert werden, die nach dem Recht der Personengesellschaft Entnahmen gewesen wären (vgl. BFH-Urteile vom 23.4.1986 I R 178/82, BFHE 147, 125, BStBl II 1986, 880; vom 29.4.1987 I R 192/82, BFHE 150, 412, BStBl II 1987, 797, jeweils zu § 17 Abs. 7 Satz 4 UmwStG 1969). Die Normen zielten hingegen nicht darauf, einen geänderten Entnahmezeitpunkt zu fingieren (BFH-Urteil in BFHE 261, 251, BFH/NV 2018, 1063, m.w.N.).

b) Nicht zu überzeugen vermag den erkennenden Senat die Auffassung des FA, durch die weitergehende Einschränkung der Buchwertfortführung bei Einbringungsfällen mit sonstigen Gegenleistungen durch Einfügung des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG 2006 im Rahmen des StÄndG 2015 werde die Absicht des Gesetzgebers, negative Anschaffungskosten zu vermeiden, erneut deutlich; daher müsse auch im Streitfall eine Buchwerteinbringung ausscheiden.

Gegen eine Berücksichtigung dieser Gesetzesänderung für die Beurteilung des Streitfalls spricht bereits, dass die vom FA angeführte Gesetzesänderung durch das StÄndG 2015 für den vorliegenden Einbringungsvorgang --wie bereits dargelegt-- noch nicht galt. Angesichts der selbst für gesetzliche Regelungen geltenden verfassungsrechtlichen Restriktionen für rückwirkende „Klarstellungen“ (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1), vermögen spätere Gesetzesänderungen, die ausgehend von ihrem gesetzlichen Anwendungsbereich den hier in Rede stehenden Einbringungsvorgang gar nicht betreffen, kein maßgebendes Kriterium für die Auslegung der auf diesen Einbringungsvorgang anzuwendenden Gesetze sein.

Außerdem geht aus der Begründung zum Entwurf des StÄndG 2015 allein hervor, dass es dem Gesetzgeber darum ging, die Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung in den Fällen der Gewährung sonstiger Gegenleistungen (namentlich Zuzahlungen) einzuschränken (BR-Drucks. 121/15, 55; Herlinghaus, a.a.O., Rz. 376). In diesem Bereich mag es auch darum gegangen sein, negative Anschaffungskosten bei den Anteilen zu vermeiden (hierzu Herlinghaus, a.a.O., Rz. 373, 378). Jedoch handelt es sich nur um die Verschärfung einer im Ansatz bereits im UmwStG 2002 für die Buchwertfortführung vorgesehenen Begrenzung von Zuzahlungen (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG 2002, § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006; s.a. Patt, a.a.O., § 20 UmwStG Rz. 224 ff.). Außerdem wird durch § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG 2006 die alte Rechtslage bis zu der absoluten Grenze von 500.000 € beibehalten und dies weist darauf hin, dass für kleinere und mittlere Unternehmen keine Steuerverschärfung eintreten sollte (vgl. Patt, a.a.O.). Gerade Letzteres wäre aber die Folge, wenn die vorgenannte Gesetzesänderung zur Ablehnung negativer Anschaffungskosten nunmehr dafür herangezogen würde, im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 negative Anschaffungskosten nicht anzuerkennen, sondern eine Wertaufstockung zu fordern.

Im Übrigen geht auch der BFH --wenngleich zu Fragen der Kapitalertragsteuer-- in seinem Urteil vom 12.4.2022 VIII R 35/19 (BFHE 277, 113, BStBl II 2023, 394) davon aus, dass die Erwägungen in der Entscheidung des I. Senats des BFH zum UmwStG 2002 im zeitlichen Anwendungsbereich des § 20 UmwStG 2006 i.d.F. des StÄndG 2015 unverändert Geltung beanspruchen. Denn der VIII. Senat des BFH verwies darin nicht nur auf die Entscheidung des I. Senats, sondern führte außerdem zu der nicht betrieblich veranlassten Auszahlung im Rückwirkungszeitraum einer im Jahr 2016 erfolgten Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH aus, dass die Entnahme gem. § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 die Anschaffungskosten der Anteile des dortigen Einbringenden an der aufnehmenden GmbH vermindere, ohne sich zum Ergebnis dieser Berechnung (positive oder negative Anschaffungskosten) näher zu äußern. Des Weiteren gehen die der vorgenannten BFH-Entscheidung zeitlich nachfolgenden Stellungnahmen im Schrifttum zur Rechtslage nach dem StÄndG 2015 davon aus, dass (weiterhin) negative Anschaffungskosten aufgrund von Entnahmen im Rückwirkungszeitraum möglich sind (vgl. Herlinghaus, a.a.O., Rz. 488; Hageböke, Finanz-Rundschau --FR-- 2019, 97, 105; 161; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG § 20 Rz. 670; Hellmann/Krinninger, Deutsches Steuerrecht 2018, 2565; offen gelassen in Dürrschmidt in BeckOK UmwStG § 20 Rz. 1279, 2611; s.a. Mitschke, FR 2018, 1155, der die BFH-Entscheidung zum UmwStG 2002 zwar als problematisch ansieht, aber eher eine Änderung des UmwStG erwägt; a.A. Schmitt in Schmitt/Hörtnagel, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 249).

IV. Die Berechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer und des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags wird dem FA übertragen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, 3, § 139 Abs. 4 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

VI. Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

stats