R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
30.04.2015
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz – Verbalinjurien

ArbG Berlin, Urteil vom 27.2.2015 — 28 Ca 16939/14

Amtliche Leitsätze

I. Die Anknüpfung und Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen (auch) am Arbeitsplatz bleibt grundsätzlich „Privatsache“ der Beteiligten (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG; § 75 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG), die allenfalls dann vertragsrechtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn deren Erscheinungsformen oder Krisenszenarien auf die von den Akteuren geschuldete Arbeitserbringung nachteilig durchschlägt oder gesetzliche Schutzpflichten des Arbeitgebers aktualisiert.

II. Es stellt danach keine zur Kündigung berechtigende Vertragspflichtverletzung eines seit 33 Jahren im Betrieb tätigen Mitarbeiters dar, wenn dieser eine Kollegin, mit der ihn eine 16 Jahre währende Paarbeziehung verbindet, auf deren Trennungsentschluss hin auch gegen deren erklärten Willen zur Adressatin digitalisierter Textnachrichten („SMS“) macht, unter denen sich außerhalb des Dienstes vereinzelt auch Texte mit beleidigendem (Bsp.: „elendes Schwein“) und/oder drohendem Charakter (Bsp.: „das wirst Du bitter bereuen“; „Das zahle ich Dir heim“) finden.

III. Eine Sammlung isolierter Textfragmente, die zwar die eigenen Äußerungen des gekündigten Mitarbeiters mitteilt, nicht aber die jeweiligen dialogischen Gegenstücke des Gesprächspartners, ist in diesem Zusammenhang schon als solche objektiv ungeeignet, tragfähige Schlüsse zur Frage der „Schuldzuweisung“ für derartig zitierte Verbalinjurien zu ziehen.

Sachverhalt

Es geht im Wesentlichen um auf Gründe im Verhalten gestützte – vorzugsweise fristlose Kündigung. - Vorgefallen ist folgendes:

I.              Der (heute[1]) 50-jährige Kläger trat im September 1981 in die Dienste der Beklagten, die sich mit regelmäßig (weit) mehr als zehn Arbeitspersonen[2] der Energieversorgung widmet. Er bezog zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei wöchentlich (zuletzt) 30 Arbeitsstunden als „Bereichssachbearbeiter Produktmanagement“[3] ein Monatsgehalt von 4.434,28 Euro[4] (brutto).

II.             Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:

1.            Unter Begleitumständen, die nicht im Einzelnen ausgeleuchtet, für die Beurteilung des Rechtsstreits aber auch einerlei sind, kam es zu einem gleichfalls nicht näher datierten Zeitpunkt dazu, dass sich der Kläger und eine Kollegin (Frau Nancy K.[5]) vor jedenfalls mehr als 16 Jahren anfreundeten und eine Partnerschaft miteinander eingingen[6]. Unstreitig ist auch, dass sie und der Kläger im Betrieb der Beklagten einen Büroraum miteinander teilten[7].

2.            Ab Dezember 2013 erkrankte der Kläger monatelang arbeitsunfähig, nach eigenen Angaben „wegen eines Burnouts und einer Überlastung“[8]. Fest steht, dass sich Frau K. aus der langjährigen Verbindung zu ihm zurückzog[9].

3.            Fest steht auch, dass der Kläger die Trennung nicht bewältigte: Jedenfalls kam es seither dazu, dass er ab spätestens 14. Januar 2014 aus besagtem „Krankenstand“ heraus auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen Kontakt zu seiner Ex-Freundin suchte und streckenweise auch fand, die diese – soweit es sogenannte „SMS“[10] per Mobiltelefonie[11] betrifft – auf Geheiß der Beklagten später dokumentierte. Wegen dieser Dokumentation, die die Zeitspanne bis 30. Oktober 2014 erfasst, wird auf die von der Beklagten zu den Gerichtsakten gereichte Übersicht (Kopie[12]: Urteilsanlage I.) verwiesen.

4.            Unwidersprochenen Angaben des Klägers zufolge kam es am 17. Oktober 2014 zu einer persönlichen Begegnung mit Frau K. außerhalb des Dienstes zum Abendessen in einem Chinesischen Restaurant[13]. Richtig erscheint allerdings auch, dass dies eine nachhaltige Stabilisierung seines Gefühlslebens wohl nicht erbrachte. Nach den von Frau K. dokumentierten Textfragmenten – die indessen meist nur seine (und nicht auch ihre) Wortbeiträge spiegeln[14] – ergaben sich seither seinerseits folgende Lebenszeichen[15] (Urteilsanlage I.15.-16.):

 

„Freitag 20 Oktober 2014 03:35

,Ich hätte dich höflich gefragt. Schade'.

 

Sonntag 26 Oktober 2014 03:26

,Du hast gesagt, ich hätte dir 16 Jahre deines Lebens genommen, du hast mir mein Leben genommen'

 

Sonntag 26 Oktober 2014 03:41

,Du hast mir meine Püppi genommen'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:36

,Kannst du mich bitte anrufen. Ich weiß nicht mehr weiter'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:38

,Ich brauche jetzt wirklich deine Hilfe'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:46

,bitte'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:49

,Ich brauch dich wirklich nur zum zu hören'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:49

,ich kann nicht mehr'

 

Mittwoch 29 Oktober 2014 09:49

,ich will nicht sterben'

 

Donnerstag 30 Oktober 2014 11:00

,ich brauch wirklich deine Hilfe. Ich kann nicht mehr'

 

Donnerstag 30 Oktober 2014 11:01

,Lasse es nicht zu das ich gehen muss'

 

Donnerstag 30 Oktober 2014 11:23

,Die Krankheit war zu mächtig und meine Kraft genommen. Es gab keine Hilfe und kein entkommen'“.

 

5.            In dieser Lage – so die Beklagte jedenfalls gegenüber dem im Hause gebildeten Betriebsrat[16] – wandte sich Frau K. an ihren Vorgesetzten. Dieser veranlasste zügig noch am 30. Oktober 2014 eine Telefonkonferenz, als dessen Ergebnis ein auf den 4. November 2014 datiertes „Protokoll“ (Kopie[17]: Urteilsanlage II.) folgendes festhielt:

 

Telefonkonferenz 30.10.2014 - Protokoll

 

Teilnehmer[18]:

 

Nancy K.

Gunnar R.

Robby W.

Ralf D.

 

Beginn der Telefonkonferenz: 13:10 Uhr

 

Nach einigen einleitenden Worten durch Ralf D. erhielt Frau K. das Wort um den Fall ganzheitlich und verständlich darzustellen.

Die Ausführungen von Frau K. ergaben folgendes:

 

Frau K. trennte sich zu Beginn dieses Jahres von ihrem langjährigen Lebensgefährten, Herrn Robert D[19]. Er reagierte mit einer Vielzahl von Belästigungen, Beleidigungen und Bedrohungen auf ihr privates Handy.

Daraufhin ließ Frau K. alle Kontaktdaten von Herrn D. auf ihrem Handy sperren, so dass er sie auf diesem Gerät nicht mehr kontaktieren konnte. Sie informierte ihn darüber.

Nach Darstellung von Frau K. äußerte sich Herr D. ihr gegenüber, dass ihm folglich nichts anderes übrig bliebe, als Frau K. nunmehr auf dem dienstlichen Telefon zu kontaktieren. Seit März 2014 würde Herr D. Frau K. auf dem Diensthandy belästigen, beleidigen und auch bedrohen.

Sie berichtete von Nachrichten fast rund um die Uhr, auch in den früheren Morgenstunden wie ,Elendes Schwein' und Bedrohungen wie beispielsweise ,Jetzt ist krieg', ,Das wirst Du bereuen' oder ,das zahle ich Dir heim'.

Nach eigener Aussage habe Frau K. lange überlegt, wie sie mit dieser extrem belastenden Situation umgehen solle, denn ihr war durchaus bewusst, dass eine mögliche Reaktion von Herrn D. nicht abzusehen ist.

Schließlich habe Sie sich trotz aller persönlichen Risiken vertrauensvoll an ihren Vorgesetzten gewandt, da ihre persönliche und berufliche Situation für sie nicht mehr auszuhalten war.

 

Frau K. sicherte zu, umgehend die SMS Protokolle an Ralf D. zu senden. Ralf D. wiederum erklärte, dass er den Fall mit Hilfe eines externen Anwalts arbeitsrechtlich beurteilen und entsprechende Maßnahmen ergreifen wird.

Ende der Telefonkonferenz: 14:00 Uhr

[handschriftlich] Hamburg/04.11.2014 [Unterschrift Ralf D.]“.

 

6.            Hiernach beschlossen die befassten Sachwalter, die dem Kläger noch unter dem 10. September 2014 das Angebot zum Ausscheiden aus ihren Diensten gegen eine Abfindung von 372.752,-- Euro unterbreitet hatten (Kopie[20]: Urteilsanlage III.), während seines Erholungsurlaubs (seit 28. Oktober 2014[21]) seine Kündigung zu betreiben. Dies ließen sie mit einem nicht datierten Schreiben (Kopie[22]: Urteilsanlage IV.), das seinen Adressaten am 5. November 2014 erreichte und auf dessen Einzelheiten gleichfalls verwiesen wird, den Betriebsrat des Hauses wissen.

7.            Das Gremium reagierte mit Schreiben vom 7. November 2014 (Kopie[23]: Urteilsanlage V.) und folgenden Worten:

 

„ … der Betriebsrat hat in seiner Sondersitzung am 07.11.2014 nachfolgende Beschlüsse gefasst:

               

Der Betriebsrat der ...[Beklagten] äußert gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG[24] seine Bedenken zu der von Herrn D. eingereichten Anhörung bzgl. der außer-ordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Mitarbeiters Robert D. vom 04.11.2014.

Der Betriebsrat hält die einseitig vorgetragenen Vorwürfe für nicht überprüfbar. Es liegt keine Stellungnahme von Robert D. zu den Vorwürfen vor. Eine Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 BetrVG[25] konnte nicht erfolgen. Wir sehen eine Unverhältnismäßigkeit in der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der Betriebsrat bittet den Arbeitgeber, noch einmal alle Möglichkeiten einer sozial verträglichen Lösung zu prüfen, da der Betroffene durch eine außerordentliche Kündigung in große soziale wie ggf. auch in gesundheitliche Belastungen geraten würde.

Der Betroffene – wie man den Unterlagen entnehmen kann – ist psychisch sehr angeschlagen und es besteht die Gefahr, dass sich dies zusätzlich negativ auf seinen Gesundheitszustand auswirkt und neue Aggressionen freigesetzt werden könnten, die sich wiederum auch gegenüber Frau K. äußern könnten.

Wir appellieren daher an den Arbeitgeber, dem Betroffenen die Möglichkeit einer Sozialberatung durch im Konzern vorhandene Stellen zu ermöglichen und ihm dies in einem Gespräch auch nahezulegen, damit er alle Möglichkeiten nutzt, um sich zu stabilisieren und denn auch ggf. besser erkennen zu können, dass er Frau K. in Ruhe lassen muss.

Sofern die Geschäftsleitung dabei bleiben sollte, dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss, bitten wir um Überprüfung, ob für den Betroffenen eine sozial verträgliche Lösung in Betracht kommt. … “.

 

8.            Es half nichts: Mit Schreiben vom 10. November 2014 (Kopie[26]: Urteilsanlage VI.), das sie dem Kläger während seiner urlaubsbedingten Ortsabwesenheit ohne vorherige Konsultation[27] am 11. November 2014 in seinen häuslichen Briefkasten einwerfen ließ[28], erklärte die Beklagte die fristlose, ersatzweise fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

III.            Damit will es der Kläger nicht bewenden lassen: Er nahm die Beklagte mit seiner (vorab per Fax) am 27. November 2014 bei Gericht eingereichten und eine Woche später (4. Dezember 2014) zugestellten Klage zunächst auf Feststellung in Anspruch, dass die Kündigungen vom 10. November 2014 sein Arbeitsverhältnis nicht beendeten. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2014[29] verlangt er außerdem vorläufige Weiterbeschäftigung. - Er hält einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht für gegeben und die Kündigung auch für sozial ungerechtfertigt[30]. Unabhängig davon hat er die (ordnungsgemäße) Anhörung des Betriebsrats mit Nichtwissen bestreiten lassen[31].

IV.           Der Kläger beantragt zuletzt,

 

1.            festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung im Schreiben der Beklagten vom 10. November 2014 noch durch die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;

2.            die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Produktsachbearbeiter weiterzubeschäftigen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

V.            Sie hält die Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos[32]. Insbesondere habe ihr der Kläger, wie sie meint, einen Grund zur – sogar abrupten – Trennung verschafft:

1.            In tatsächlicher Hinsicht macht sie insofern folgendes geltend[33]:

 

„Am 30.10.2014 gegen 12:45 Uhr erhielt der HR Business Partner der VE S. GmbH, Herr Ralf D. vom disziplinarischen Vorgesetzten des Klägers, Herrn Gunnar R. den Hinweis, er möge bitte dringend eine Telefonkonferenz mit der Mitarbeiterin Frau Nancy K[34]. und deren Vorgesetzten, Herrn Robby W. initiieren. (Beweis: … ).

Diese fand um 13:10 Uhr am selben Tag statt. Das Protokoll dieser Telefonkonferenz ist als … [s. oben, S. 4-5; Urteilsanlage II.] … beigefügt, dessen Richtigkeit unter Beweis gestellt wird durch … [Zeugnis … ].

Frau Nancy K. berichtete, dass sie selbst die private Beziehung zwischen ihr und dem Kläger zu Beginn des Jahres 2014 nach 16 Jahren beendete. Daraufhin begann der Kläger, sie durch Anrufe und per SMS auf ihrem privaten Handy zu beleidigen und zu bedrohen.

Frau K. forderte den Kläger mehrmals deutlich auf, diese Beleidigungen und Bedrohungen zu unterlassen. Schließlich sperrte Frau K. auf ihrem privaten Handy jedwede Kommunikation für den Kläger und teilte ihm dies mit. (Beweis: … ).

Leider endeten die schweren Beleidigungen und persönlichen Bedrohungen durch den Kläger nicht. Vielmehr übertrug dieser seine Handlungen nunmehr auf das Diensthandy von Frau K. Dessen Nummer ließ sich auf dem Diensthandy der Mitarbeiterin K. nicht sperren, weswegen der Klägers dieses nun für seine beleidigenden und bedrohenden Nachrichten nutzte. Frau K. stellte der Beklagten eine Übersicht der SMS-Kommunikation samt Sendedaten, hier vorgelegt als … [s. oben, S. 3 [vor 4.]; Urteilsanlage I.] … zusammen. Deren Richtigkeit wird unter Beweis gestellt durch … [Zeugnis: … ].

Die Mitteilungen des Klägers bewegen sich im Bereich strafrechtlich relevanter Beleidigungen wie

 

-              ,Elendes Schwein'

-              ,Du bist die dreckigste Sau der ich in meinem Leben begegnet bin'

-              ,ein eiskaltes Schwein'

-              ,was bist Du nur für ein elendes Schwein'

 

und auch massiver Drohungen:

 

-              ,das wirst Du bitter bereuen'

-              ,Jetzt ist unerbitterlicher Krieg'

-              ,Das zahle ich Dir heim und darauf kannst du dich verlassen'

-              ,Das Video kannst du ab morgen auf Youtube sehen'

-              ,Du hast mich mit deiner Kälte seelisch zerstört. Jetzt bist Du dran. Das schwöre ich beim Grab meiner toten Mutter.'

 

und schließlich massivem moralischen Druck:

 

-              , Willst Du wirklich an meinem Grab stehen?'

-              ,lasse es nicht zu das ich gehen muss'.

 

Die Nachrichten erfolgten zum großen Teil auch bewusst vom dienstlichen Mobiltelefon des Klägers, da er wusste, dass Frau K. seine privaten Nummern gesperrt hatte. Der Kläger hat dies bewusst genutzt, um auch ausdrücklich unerwünschten Kontakt in privaten Angelegenheiten in privaten Angelegenheiten mit der Mitarbeiterin K. aufzunehmen.

Bis Oktober 2014 – bevor die Beklagte Kenntnis von den Vorgängen erhielt – war Frau K. mit dem Kläger in einem Büro tätig. Sie ging diesem – soweit der Kläger im Büro tätig war – so gut es ging aus dem Wege. Nach internen Umstrukturierungen muss Frau K. zwar nicht mehr mit dem Kläger in einem Büro sitzen, doch es bestehen weiterhin ständige fachliche und persönliche Berührungspunkte während der Arbeitszeit. Die berufliche Situation hat sich mittlerweile für Frau K. zu einer immensen psychischen Belastung entwickelt, die sie nicht mehr aushalten konnte. (Beweis: … )“.

 

2.            In rechtlicher Hinsicht legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, die Kündigung sei „das einzig mögliche Mittel“, auf die Verhaltensweisen des Klägers zu reagieren[35]. Ein geeignetes milderes Mittel sei „nicht gegeben“[36]. So sei etwa eine Versetzung schon deshalb nicht geeignet, weil am Standort Berlin angesichts fachlicher Berührungspunkte und räumlicher Nähe nicht zu vermeiden sei, dass es zu Begegnungen bzw. beruflichen Überschneidungen komme[37]. Eine Versetzung an einen anderen Standort sei nicht möglich[38]. Außerdem sei eine „rein räumliche Trennung auch kein geeignetes Mittel“, das bekämpfte Verhalten künftig zu unterbinden, denn „auch dann ließen sich weiterhin Nachrichten schicken“[39]. - Auch eine Abmahnung als milderes Mittel scheide, wie die Beklagte meint, aus[40]: Immerhin habe der Kläger alle Aufforderungen von Frau K., sie nicht mehr zu belästigen, schlichtweg ignoriert[41]. Als sie ihn auf ihrem privaten Handy gesperrt habe, sei er auf das Diensthandy ausgewichen, was wegen der auch beruflichen Zusammenarbeit nicht für seine Anrufe gesperrt werden könne[42]. - Im Übrigen spreche auch „die Schwere der Beleidungen, Drohungen und die Beharrlichkeit“, mit der er Frau K. nachstelle, dagegen, vorrangig eine Abmahnung auszusprechen[43]. Kein Arbeitnehmer dürfe „annehmen, dass es der Arbeitgeber hinnimmt, wenn Kollegen über das Diensthandy derartig grob beleidigt und bedroht“ würden[44]. Die Äußerung „solcher massiven Beleidigungen und Drohungen unter Anwesenden“ stelle „in jedem Fall einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar“[45]. Kein Arbeitnehmer dürfe annehmen, „dass solches Verhalten gegenüber anderen Mitarbeitern durch den Arbeitgeber toleriert“ werde[46]. Nichts anderes gelte, „wenn die Beleidigungen und Drohungen bewusst per SMS an Kollegen/innen verschickt“ würden[47]. - Indem der Kläger zum einen sein Diensthandy nutze, um Frau K. überhaupt zu erreichen, und zum anderen „eine Vielzahl der Nachrichten in seiner bzw. der Arbeitszeit der Mitarbeiterin“ sende, stelle er „auch einen hinreichenden Bezug zum Arbeitsverhältnis her“[48]. - Schließlich verlange ihre Fürsorgepflicht gegenüber Frau K. „eine sofortige Beendigung der unhaltbaren Zustände“[49]. - Endlich sei zu berücksichtigen, dass sein Arbeitsverhältnis in Bezug auf Fehlverhalten gegenüber Kollegen nicht störungsfrei verlaufen sei[50]: So habe der Kläger eine Kollegin am 16. Januar 2013 per SMS unter anderem mit der Nachricht beleidigt: „Man bist du ein Arsch“ und „Fahr zur Hölle“[51]. - Überdies habe er seinen fachlichen Vorgesetzten per SMS mit der Aussage belegt: „Man bist du eine FLACHFEILE“[52].

VI.           Hierzu erwidert der Kläger unter anderem[53], er sei über die Beendigung der Beziehung durch seine langjährige Lebensgefährtin äußerst schockiert gewesen und möge gelegentlich in seiner Verzweiflung auch überreagiert haben[54]. Es handele sich jedoch ausschließlich um eine Angelegenheit im privaten Bereich, die keine derartige Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis gehabt habe, dass sie eine Kündigung des gleichfalls langjährigen Arbeitsverhältnisses rechtfertige[55]. - Zudem sei für die Zeit nach seiner Wiedereingliederung ohnehin seine Versetzung in ein anderes Team geplant gewesen, in dem er auch keinen unmittelbaren Kontakt mit Frau K. mehr habe haben sollen[56]. Da dieses Team völlig andere Aufgaben zu erfüllen habe, sei auch der Vortrag der Beklagten, es beständen weiterhin ständige fachliche und persönliche Berührungspunkte, unzutreffend[57]. Bestritten werde auch, dass sich die berufliche Situation für Frau K. zu einer immensen psychischen Belastung entwickelt habe[58]: Immerhin habe er sich – wie schon geschildert (s. oben, S. 3 [4.]) – um eine Entkrampfung des Verhältnisses bemüht, was auch im gemeinsamen Abendessen am 17. Oktober 2014 zum Ausdruck gekommen sei[59]. Insofern müsse auch mit Nichtwissen bestritten werden, dass die Initiative für die „behauptete Telefonkonferenz“ vom 30. Oktober 2014 (s. oben, S. 4-5 [5.]) von Frau K. ausgegangen sei[60]. - Alles in allem sei, wie der Kläger resümierend meint, eine Kündigung des seit 33 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnisses „völlig überzogen“[61]. Stattdessen hätte eine Abmahnung völlig ausgereicht[62].   Selbst wenn ihn Frau K., was bestritten werde, aufgefordert haben sollte, keinen Kontakt mehr zu ihr zu suchen, hätte eine Abmahnung unter Kündigungsandrohung selbstverständlich ganz anders auf ihn gewirkt, wenn diese seitens des Arbeitgebers unter Verweis auf betriebliche Belange ausgesprochen worden wäre[63]. Soweit es die „Schwere der Beleidigungen“ betreffe, zeige die genaue Überprüfung des SMS-Verkehrs mit Frau S. (s. oben, S. 2-3 [vor 4.]; Urteilsanlage I.1.-16.) nur, dass er „seelisch am Ende“ gewesen sei[64]. Wenn er daher an einigen Tagen unangemessene Bezeichnungen gesimst habe, so tue ihm dies leid[65]. Er habe sich dafür auch bei Frau K. entschuldigt[66]. Was die gesimsten „Drohungen“ angehe, so handele es sich selbstverständlich nicht um „wirkliche Drohungen“, sondern „Verzweiflungsäußerungen“, was jedem verständigen Leser erkennbar sei[67]. .Insofern sei auch die Zitatensammlung der Beklagten (s. oben, S. 8 [oben]) „völlig aus dem Zusammenhang gerissen und so nicht richtig“[68]. - Soweit er seine SMS schließlich auf das dienstliche Mobiltelefon von Frau S. geschickt habe, liege das daran, dass sie für seine SMS eben nur auf diesem Wege zu erreichen gewesen sei[69]. Deshalb von einer nachhaltigen betrieblichen Störung zu sprechen, die ohne Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen solle, sei abwegig[70]. Die von der Beklagten danach getroffene Interessenabwägung, wonach ihre Fürsorgepflicht gegenüber Frau K. eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlange, sei unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar[71]. Es werde auch ausdrücklich bestritten, dass Frau K. mit diesem Ziel an die Beklagte herangetreten sei[72]. Angesichts der Umstände müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass deren Kenntniserlangung vom SMS-Verkehr für die Beklagte „willkommener Anlass“ geworden sei, sein Arbeitsverhältnis ohne Abfindung zu beenden und damit rund 300.000,-- Euro zu sparen[73]. - Der Vorgang von Anfang 2013 (s. oben, S. 9 [vor VI.]) sei seinerzeit einvernehmlich per Abmahnung und mit der Maßgabe beigelegt worden, dass diese nach eineinhalb Jahren aus seiner Personalakte entfernt werde, was auch geschehen sei[74]. - Schließlich lässt der Kläger darauf hinweisen, dass ihm vor Ausspruch der Kündigung keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen[75]. Wenn die Beklagte ausweislich ihres Anrufs vom 11. November 2014 (s. oben, S. 6 Fn. 27) davon ausgegangen sei, dass der Sachverhalt weiterer Aufklärung durch ihn bedürfe, so könne eine Kündigung keinen Bestand haben, die sich auf einen Sachverhalt  ohne diese Aufklärung stütze[76]. - Endlich bringt der Kläger auch Zweifel daran zur Sprache, dass der Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden sei[77].

VII.          Die Beklagte entgegnet unter anderem[78], es sei zwar in der Tat geplant gewesen, den Kläger zum 1. Oktober 2014[79] in den Bestandsbereich und Frau K. in den Wachstumsbereich ins Commercial Marketing Mangement zu versetzen[80]. Dabei wäre jedoch weiterhin nicht nur „eine hohe räumliche Nähe gegeben“ gewesen, weil beide Bereiche am Standort C.straße 23 gelegen seien[81]. Vielmehr wären auch weitere „berufliche Überschneidungen“ wahrscheinlich gewesen, weil Mitarbeiter des Bestandsbereichs die Wachstumsbereiche unterstützen sollten und teilweise „auch Mitarbeiter ausgeliehen“ würden[82]. Schließlich wäre auch ein direktes Aufeinandertreffen „beispielsweise in der Kantine“ unvermeidlich gewesen[83]. - Endlich legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, dass der Kläger sich noch am 23. Januar 2015 per SMS auf dem „Diensthandy“ von Frau K. mit folgenden Inhalten gemeldet habe[84]:

 

„1. sms um 0.48 Uhr ,Hilfe'

2. sms um 12.38 Uhr ,Du hast mein Leben zerstört'

3. sms um 13.01 Uhr ,Ich habe seit November kein Geld mehr bekommen, lebe jetzt auf der Straße, das ist Dein Werk'

4. sms um 15.45 Uhr ,Du hast mein Leben zerstört'“.

 

Es bleibe auch dabei, dass sich Frau K. aufgrund der massiven Kontaktversuche des Klägers „initiativ an die Beklagte, an die Person des Vorgesetzten Herrn Robby W.“ gewandt habe[85]. Ein Motiv hierfür möge auch die Tatsache gewesen sein, dass „ein Dritter“ versucht habe, über ihr Amazon-Konto unbefugt Einkäufe zu tätigen[86]. Hierzu vermute Frau K. wegen der „sehr privaten Artikel“ und einer Stellungnahme von Amazon, dass es sich nicht um einen „Hacker-Angriff“ gehandelt habe, dass dies der Kläger gewesen sei[87]. - Alles in allem dürfte, wie die Beklagte gleichfalls resümierend meint, „kein Zweifel daran bestehen“, dass Äußerungen, wie sie der Kläger Frau K. per SMS übermittelt habe, als Äußerung unter Anwesenden eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertigen[88]. Dies müsse dann erst recht gelten, wenn solche Äußerungen fortgesetzt über einen Zeitraum von mehr als acht Monaten erfolgten[89].

 

VIII.         Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.

Aus den Gründen

Der Klage ist ihr Erfolg nicht zu versagen. Das gilt für beide Rechtsschutzanliegen des Klägers. - Im Einzelnen:

I.          Der Kündigungsschutz (Klageantrag 1.)

Die Kündigungsschutzklage ist begründet: Die Kündigungen im Schreiben vom 10. November 2014 (Urteilsanlage VI.) haben das Arbeitsverhältnis des Klägers weder mit ihrem Zugang am selben Tage aufgelöst, noch werden sie Lösungswirkung zum Ablauf der Kündigungsfrist entfalten. Beide Kündigungen sind unwirksam. - Der Reihe nach:

1.         Der Kläger hat seine Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (frühestens[90] 11. November 2014) bei Gericht einreichen lassen (27. November 2014). Die Zustellung ist am 4. Dezember 2014 bewirkt worden. Damit hat er bei rechtlich gebotener[91] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[92] die ihm durch die § 13 Abs. 1 Satz 2[93], § 4 Satz 1[94] KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigungen „gelten“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[95] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen (hier in erster Linie sogenannten „wichtigen“) Grundes und dürfen – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.

2.         Diesen Anforderungen genügen die hiesigen Kündigungen indessen nicht. Der Kläger hat der Beklagten in der Tat keinen Grund gegeben, sein Arbeitsverhältnis – sogar fristlos - aufzukündigen. Die Kündigung wäre schon nicht im Sinne des§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[96]„sozial gerechtfertigt“[97]. Folglich steht der Beklagten erst recht kein sogenannter „wichtiger“ Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[98] zu[99], kraft dessen sofortige Lösungswirkung zu erzielen wäre. Einschlägig kündigungsrelevante Tatsachen sind von der dafür bekanntlich darlegungs- und beweisbelasteten[100] Beklagten nicht beigebracht. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

a.         Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[101] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel [102]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es der Beklagten erklärtermaßen um sogenannte verhaltensbedingte Gesichtspunkte. Als Grundstein setzt eine so motivierte Kündigung jedoch eine – in aller Regel: vorwerfbare - Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers voraus[103].

b.         Bereits diese Voraussetzung verhaltensbedingter Kündbarkeit eines Ar-

beitsverhältnisses („Grundstein“) hat die Beklagte letztlich nicht hinreichend aufgezeigt (s. sogleich, ba.). Jedenfalls fehlte es einer auf Vertragsverletzung gestützten Kündigung an der – hier keineswegs entbehrlichen – vergeblichen Abmahnung (s. dazu unten, S. 25-32 [bb.]). Damit ist das rechtliche Schicksal der hiesigen Kündigungen spätestens deshalb besiegelt. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

ba.       Für den vertraglichen Pflichtenkreis des Klägers als gedanklichem Ausgangspunkt einer auf (vorwerfbaren) Vertragsverstoß zu stützenden Kündigung  des Arbeitsverhältnisses gilt folgendes:

(1.)       Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass sie als Ausfluss  vertraglicher Schutzpflichten gegenüber ihrem Personal (s. dazu heute § 241 Abs. 2 BGB[104]) - und somit nicht allein im ohnehin vitalen Eigeninteresse[105] - auch rechtlich gehalten ist, für die von ihr beeinflussbaren Grundlagen eines gedeihlichen zwischenmenschlichen Umgangs im Betrieb gebührend Sorge zu tragen[106]. So hat sie namentlich im Lichte des heutigen arbeitsschutzrechtlichen Präventionsregime's nicht zuletzt wirksame Vorkehrungen gegen physische wie psychische Gefährdungen[107] ihrer Beschäftigten zu treffen (s. §§ 2 Abs. 1[108], 3[109], 4 Nr. 1[110], 5 Abs. 3 Nr. 6[111] ArbSchG; § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG[112]). Das macht ihr der Kläger offenbar auch gar nicht streitig.

(a.)       Dieser Pflichtenlage korrespondieren – gleichfalls nach § 241 Abs. 2 BGB[113] - spiegelbildliche Obliegenheiten der Beschäftigten zum pfleglichen Umgang miteinander. Diese müssen den erwähnten Verpflichtungen des Arbeitgebers folglich im Rahmen des Möglichen auch ihrerseits Rechnung tragen. - Ebenso wenig müsste die hiesige Beklagte es ggf. tatenlos hinnehmen, wenn ihre betriebliche Infrastruktur (hier: Mobiltelefone) für unerlaubte private Belange gewohnheitsmäßig zweckentfremdet würde (was hier aber nicht weiter verfolgt wird[114]). - Dennoch stellen die Dinge sich - schon auf der normativen Ebene (erst Recht in tatsächlicher Hinsicht – s. dazu unten, S. 21-25 [(2.)]) - deutlich verwickelter dar, als sie dies hier mit Blick auf den Kläger und seine Zielperson (Frau K.) in ihrem Konfliktmanagement anzunehmen scheint:

(a.)       Angesichts der Tatsache, dass zumindest der vollschichtig Berufstätige „seinen Vorgesetzten und Kollegen in der Regel mehr Zeit“ widmet, als „dem Partner, der Familie und den Freunden zusammen“[115], bleibt es nicht aus, dass aus betrieblicher Kooperation (auch) in der modernen Arbeitswelt nicht zuletzt zwischenmenschliche Verbindungen erwachsen, die bei entsprechendem Verlauf in Partnerschaften, Lebensgemeinschaften oder auch Eheschließungen münden können. Anders als nach mittlerweile weitgehend überwundenen Anschauungen des vorigen und vorvorigen Jahrhunderts[116] werden derartige Verbindungen unter dem Firmament  der  heutigen  Grundrechtsordnung[117] (Art. 1 Abs. 1[118], 2 Abs. 1[119] GG; § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG[120]) regelmäßig nicht mehr mit sittlich oder patriarchalisch inspiriertem Argwohn bedacht. Mit vollem Recht werden heute vielmehr auch Liebschaften am Arbeitsplatz in Rechtsprechung[121] und Schrifttum[122] im Allgemeinen[123] dem selbstbestimmten Bereich privater Lebensgestaltung zugeordnet (salopp: „Privatsache“), der allenfalls dann vertragsrechtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn seine etwaigen Erscheinungsformen oder Krisenentwicklungen auf die von den Akteuren geschuldete Vertragserfüllung nachteilig durchschlagen[124]. Im Übrigen unterliegt die Aufnahme und Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen hingegen grundsätzlich keiner Reglementierung des Arbeitgebers, auch nicht im Verbund mit der betrieblichen Interessenvertretung der Belegschaft[125].

(b.)       Bei solcher personalen Selbstbestimmung berufstätiger Menschen am Arbeitsplatz ist jedoch zwangsläufig inbegriffen, dass sich angesichts der Wandlungskräfte in zwischenmenschlichen Verhältnissen im Zeitverlauf manifestere Störungen spätestens dann ergeben können, wenn in einem der Partner ganz gegen erklärte Präferenzen des anderen Teils Distanzbedürfnisse wirksam werden oder sogar – wie im Streitfall - der Abbruch der Beziehung gesucht wird. Übersteigen die emotionalen und/oder sonstigen Begleitmomente solcher Wandlungsprozesse dann aktuell verfügbare Bewältigungsressourcen des anderen Teils[126], so können sich in der Tat objektiv unerwünschte Auswirkungen auf das betriebliche Sozialgeschehen ergeben, die unter Umständen die weiter oben umrissenenen Pflichtenkreise der Vertragsparteien (s. oben, S. 16-17 [ba.]) tangieren. Gleichwohl darf jedoch auch in solchen Fällen das eine (Sozialgeschehen) nicht mit dem anderen (Vertragspflichtenkreise) verwechselt und dürfen namentlich nicht Empörungs- und Rechtstatbestände kurzerhand gleichgesetzt werden[127].

(2.)       Es ist genau dies, was im Streitfall – wenn nicht alles täuscht - aufseiten der Beklagten geschieht, wobei vermutlich auch noch Missverständnisse über den Problemlösungswert der von ihr intendierten Ausschaltung des Klägers aus dem betrieblichen Sozialgeschehen das Ihre beitragen. Das zeigt eine Auswertung der von der Beklagten zum Rechtsstreit bereitgestellten Materialien[128] (s. oben, S. 3 [vor 4.]; Urteilsanlage I.1. bis I.16.). Von objektivierbaren Grundlagen dafür, dem Kläger danach – gar vorwerfbare (s. dazu auch noch unten, S. 31 ff. [bc.]) - Vertragsverletzungen zur Last zu legen, kann insofern nämlich keine Rede sein. - Dazu, nochmals, der Reihe nach:

(a.)       Zur sachgerechten Erfassung zunächst der realen Dimension des Problems erscheint es angesichts der Aufbereitung des von der Beklagten gestellten Materials hilfreich, sich folgende Umstände vorab bewusst zu machen:

(aa.)     Nimmt man den Zeitraum von der ersten bis zur letzten dokumentierten Nachricht des Klägers (Urteilsanlage I.1. u. I.16.), so ergibt sich mit der Spanne vom 14. Januar bis 30. Oktober 2014 eine Summe von (365 [Tage pro Jahr] ./. 13 [Tage vom 1. bis 13. Januar] ./. 62 [Tage vom 31. Oktober bis 31. Dezember 2014] = ) 290 Tagen.

Von diesen 290 Tagen entfallen verschriftlichte Lebenszeichen des Klägers allerdings auf lediglich 29 Tage. Diese betreffen den 14. Januar (Urteilsanlage I.1.), 6., 7., 13., 14. und 15. März (Urteilsanlage I.1.), 17. und 19. Mai (Urteilsanlage I.1.), 1. und 2. Juli (Urteilsanlage I.2.), 19., 20., 21., 22. und 24. August (Urteilsanlage I.3. bis I.8.), 9., 10., 11., 12., 15., 17. und 18. September (Urteilsanlage I.8. bis I.14.) sowie schließlich den 2., 8., 9., 20., 26., 29. und 30. Oktober 2014 (Urteilsanlage I.14. bis I.16.).

Das wäre mithin -  ohne damit etwas über den Belastungswert der verbalisierten Inhalte gesagt haben zu wollen - jeder zehnte Tag.

(ab.)     Insgesamt hat die Beklagte für diese 29 Tage auf 16 Blättern ihres Briefbogens 139 Textfragmente aufgelistet, deren Verteilungsmuster neben längeren Phasen einschlägiger „Funkstille“ des Klägers auch umgekehrt auffällige Häufungen seiner Lebenszeichen offenbart. Allerdings geben gerade Letztere, wie eingangs schon angeklungen (s. oben, 3 [4.]; s. dazu noch unten, S. 23-25 [(bb.)]), vielfach nicht zu erkennen, ob sie zusammenhängenden Episoden dialogischer Interaktion mit Frau K. entspringen oder aber einer Mehrzahl einseitiger Kontaktversuche des Klägers.  Immerhin ergeben sich für die vorerwähnten Tage folgende Aufkommen dokumentierter Textfragmente:

 

Datum  - Anzahl von Textfragmenten/Urteilsanlage         - Menge/kumuliert

 

14.01.                          01                    /                       I.1.

 

06.03.                          01                    /                       dto.                  002

07.03.                          01                    /                       dto.                  003

13.03.                          01                    /                       dto.                  004

14.03.                          01                    /                       dto.                  005

15.03.                          01                    /                       dto.                  006

 

17.05.                          01                    /                       dto.                  007

19.05.                          01                    /                       dto.                  008

 

01.07.                          01                    /                       I.2.                   009

02.07.                          07                    /                       dto.                  016

 

19.08.                          01                    /                       I.3.                   017

20.08.                          10                    /                       I.3.-I.4.             027

21.08.                          35                    /                       I.4.-I.7.             062

22.08.                          07                    /                       I.7.-I.8.             069

24.08.                          01                    /                       I.8.                   070

 

09.09.                          01                    /                       dto.                  071

10.09.                          01                    /                       dto.                  072

11.09.                          16                    /                       I.8.-I.10.           088

12.09.                          21                    /                       I.10.-I.13.          109

15.09.                          02                    /                       I.13.                 111

17.09.                          01                    /                       dto.                  112

18.09.                          09                    /                       I.13.-I.14.          121

 

02.10.                          03                    /                       I.14.                 124

08.10.                          01                    /                       I.15.                 125

09.10.                          02                    /                       dto.                  127

20.10.                          01                    /                       dto.                  128

26.10.                          02                    /                       dto.                  130

29.10.                          06                    /                       dto.                  136

30.10.                          03                    /                       I.16.                 139

 

Hinweis: Die in dieser Übersicht als „Menge/kumuliert“ bezeichneten Zahlen entsprechen denen, die das Gericht in die Urteilsanlage I. handschriftlich linksseitig eingefügt hat; die gleichfalls linksseitig Unterstreichungen kennzeichnen das jeweilige Folgedatum.

(ac.)     Hält man nun innerhalb dieser insgesamt 139 Textfragmente nach Einzelzitaten Ausschau, die sich im Sinne des Beklagtenvortrags (s. oben, S. 7-8 [V.1.]) als Beleidigungen und Bedrohungen klassifizieren lassen, so finden sich Erstere an insgesamt vier[129] und Letztere an insgesamt fünf[130] Stellen. Drei der vier Verbalinjurien stammen dabei aus demselben abendlichen Austausch vom 21. August 2014, die vierte aus einem frühmorgendlichen Kontakt vom 18. September 2014. Die Bedrohungsakte entspringen hingegen allesamt demselben dialogischen Szenario wiederum vom 21. August 2014 zwischen 20.57 Uhr und 21.28 Uhr (Urteilsanlagen I.5. bis I.7. - Nrn. 42-62).

(b.)       Schon dies verdeutlicht:

(ba.)     Soweit nicht typischerweise höchstpersönliche (und nur selten dienstliche) Belange und Regungen der Gesprächspartner zur Sprache gebracht wurden, ging es (neben dem singulären morgendlichen Kontakt vom 18. September 2014) allein am Abend des 21. August 2014 und somit ersichtlich im Rahmen ausschließlich privater Lebensführung um Äußerungen jener Art, durch die die Beklagte ihre Intervention zugunsten von Frau K. erklärtermaßen herausgefordert sieht. Insofern war jedoch gerade hier die phänomenologische Ferne zum betrieblichen Tätigkeitszusammenhang nicht zu übersehen, so dass eine Vertragspflichtverletzung des Klägers bereits situativ ausschied. Damit war aber auch die Beklagte nicht durch die weiter oben (S. 16-17) umrissenen Verpflichtungen von Rechts wegen gehalten, sich zum Schutz von Frau K. in die vom Kläger entwickelten Trennungswiderstände einzuschalten[131].

(bb.)     Das ist aber nicht alles. Es kommt nämlich hinzu, was mittlerweile schon mehrfach angeklungen ist (s. oben, S. 3 [4.]; S. 21 [(ab.)]). Gemeint ist das Bild der von der Beklagten gewählten Aufbereitung ihres textlichen Materials (Urteilsanlage I.), die dialogische Beiträge von Frau K. - von wenigen Ausnahmen abgesehen[132] - nahezu komplett ausblendet. Das gilt bemerkenswerterweise auch namentlich für den Gedankenaustausch vom 21. August 2014 (s. oben, S. 8 [oben]; S. 22 [(ac.)]), aus dem fast alle von der Beklagten zur Legitimation ihres Kündigungswillens herausgegriffenen Äußerungen des Klägers herrühren. - Das hat es in sich:

[1.]       Wie in der mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2015 dazu schon kurz angemerkt, gehört es zu den ältesten Erkenntnissen (nicht nur[133]) der wissenschaftlichen Aussagepsychologie, dass isolierte Äußerungen von Menschen ohne Kenntnis ihres konkreten dialogischen Entstehungszusammenhangs zur Erfassung ihres Sinngehalts weitestgehend unergiebig sind. Worum es geht, hat William Stern als einer der Wegbereiter der (damals noch neuen) Disziplin schon im Jahre 1902[134] unter Verarbeitung von Forschungsergebnissen eines französischen Zeitgenossen[135] - hier mitsamt seiner kontextuellen Anbahnung - so auf den Punkt gebracht:

„ … Dass die erste Verhörsform[136] 1/4 aller Aussagen fälscht, ist keine eigentliche Suggestionswirkung, denn die Fragestellung war völlig indifferent. Aber schon das bloße Vorhandensein von Fragen überhaupt hat jenen Erfolg, weil Fragen einen Zwang zur Aussage darstellen. Momente, die im spontanen Erinnerungsbild vielleicht fehlen oder unentschieden bleiben würden, werden jetzt gewaltsam ergänzt oder nach einer bestimmten Richtung determiniert, damit überhaupt eine Antwort möglich wird.

Suggestion spielt dagegen in der zweiten Verhörsform[137] mit. Die fragende Person erscheint dem Befragten jetzt nicht nur als irgend eine Antwort heischend, sondern als eine Antwort bestimmten Inhalts erwartend; dies Bewußtsein kann, insbesondere, wenn die verhörende Person autoritativen Charakter hat, genügen, um in mehr als einem Drittel der Fälle die Antwort durch die Suggestion statt durch die Wahrheit bestimmen zu lassen.

Solche Erwartungsfragen sind nun aber gerade im praktischen Leben die weitaus häufigsten. …

Hat auch das Verfahren Binets noch viele Schwächen, so müssen wir es ihm doch danken, einen gangbaren Weg gewiesen zu haben. Es gilt nun, den Weg, unter Vermeidung der oben genannten Fehler, weiter zu gehen, damit die Psychologie der spontanen Aussage die notwendige Ergänzung durch die Psychologie der Frage und Antwort erhalte. Ihr Leitmotiv darf der treffliche Satz Binets werden (S. 316): ,Eine Antwort, die von der sie hervorrufenden Frage isoliert wird, repräsentiert einen zweifelhaften Wert!'[138]“.

[2.]       Nun geht es im hiesigen Sachzusammenhang eines abendlichen Gedankenaustauschs zwischen dem Kläger und Frau K. phänomenologisch zwar weder um „Verhör“ noch um den Wortlaut potentiell suggestiver „Fragen“. Das Problem ist aber dasselbe: Solange nämlich angesichts asymmetrischer Berichterstattung in Dunkeln bleibt, welche konkreten Lebensäußerungen der Gesprächspartnerin des Klägers die besagten Zitate beantworten (sollten), mag zwar mit voller Berechtigung über den Selbstschädigungswert kontraproduktiver Kommunikationsstile[139] und namentlich persönlicher Angriffe ausgerechnet auf Menschen diskutiert werden, in denen der „Helfer“ - und nicht der „Gegner“ - geweckt werden soll[140]. Nur eines kann man nicht: Ein objektiv belastbares Urteil darüber fällen, welchem der Partner die „Schuld“ an der sich in besagten isolierten Textexponaten spiegelnde Entgleisung des Gesprächsgeschehens zuzuschreiben sei.

(3.)       Bei solcher Materiallage kann dem Kläger eine (objektive) Verletzung seiner Vertragspflichten somit erst recht nicht bescheinigt werden.

bb.       Die Kündigungen im Schreiben vom 10. November 2014 (Urteilsanlage V.) erwiesen sich indessen auch dann nicht als wirksam, wenn man die Dinge zum bis hierher erörterten „Grundstein“ verhaltensbedingter Kündbarkeit (s. oben, S. 16 [vor ba.]) anders als die befasste Kammer sehen wollte. In diesem Falle hätte die Beklagte nämlich, wie gleichfalls schon angeklungen, den für die verhaltensbedingte Kündigung immer noch zu beachtenden Vorlauf nicht gewahrt. - Insofern, neuerlich, der Reihe nach:

(1.)       Das Recht zur arbeitgeberseitigen Kündigung geschützter Arbeitsverhältnisse wird bekanntlich nach ebenso langjähriger wie zutreffender Rechtsprechung der Arbeitsjustiz (nicht zuletzt unter dem Einfluss grundrechtlicher Vorgaben[141]) - als Teil des Kündigungsgrundes[142] - vom sogenannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit „beherrscht“[143]. - Und das hat Folgen:

(a.)       Die – bereits im Rechtsdenken der Antike verwurzelte[144] – Rechtsausübungsschranke des Prinzips der Verhältnismäßigkeit, deren Anerkennung speziell im kündigungsrechtlichen Sachzusammenhang namentlich auf Anstöße von Erich Molitor[145], Hans Galperin[146], Dirk Neumann[147] und Wilhelm Herschel [148] zurückgeht, verlangt vom Arbeitgeber, seine vertraglichen Belange gegenüber dem Arbeitnehmer möglichst schonend zu verfolgen (salopp: „keine Kanonen auf Spatzen“[149]). Mit anderen Worten: Er darf auf Störungen seiner vertraglichen Belange nicht ultimativ mit Kündigung reagieren, solange er diese Belange auch auf schonendere zumutbare Weise zu wahren imstande ist. Die Kündigung hat somit - in den Worten des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) - die „unausweichlich letzte Maßnahme (ultima ratio)“[150] zu sein.

(b.)       Daraus erklärt sich unter anderem, dass die Gerichte für Arbeitssachen dem Arbeitgeber seit Jahrzehnten in aller Regel abverlangen, insbesondere vor Ausspruch einer auf vertragliches Fehlverhalten gestützten Kündigung eine (vergebliche) Abmahnung zu erteilen[151]. Die Abmahnung des fraglichen Fehlverhaltens dient dabei der Erprobung, ob die vertraglichen Belange des Arbeitgebers allein durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt oder auch unter Aufrechterhaltung der Beziehung gewahrt werden können[152]. Ist Letzteres der Fall, so ist die gleichwohl erklärte Kündigung überzogen. Sie schießt dann über das Ziel hinaus und ist deshalb unwirksam[153].

(c.)       Diese ursprünglich von den Gerichten entwickelten normativen Grundwertungen durchziehen mittlerweile partiell auch das geschriebene Gesetzesrecht. So ist in der anlässlich der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 eingeführten Regelung des § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB[154] nunmehr zur Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grunde angeordnet, dass die Kündigung in Fällen, in denen der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag besteht, „erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig“ ist. Insofern hat namentlich das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren[155]. Die gesetzliche Regelung zeichnet damit – generalisierend – nach, was für den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz seit Jahrzehnten bereits zum Standard herausgebildet worden ist.

(2.)       Nach diesen Grundsätzen könnte der Beklagten nicht bescheinigt werden, das Ihre beizeiten zur Vermeidung einer Kündigung des äußerst langjährigen Arbeitsverhältnisses getan zu haben. Darauf weist schon der Kläger (s. oben, S. 10 [Mitte]) mit vollem Recht hin und daran können ihre Einwände auch nichts ändern:

(a.)       Soweit sie zunächst schon die Tauglichkeit einer Abmahnung zur Pro-blemabhilfe mit der Erwägung leugnet (s. oben, S. 8 [2.]), allein eine räumliche Trennung von Frau K. sei kein geeignetes Mittel, weil sich auch dann „weiterhin Nachrichten schicken“ ließen, könnte das die Frage aufwerfen, welchen Bewältigungsgewinn es dann machen sollte, den Kläger nicht nur aus der derzeitigen örtlichen Betriebsstätte, sondern gleich aus dem gesamten betrieblichen Sozialgeschehen auszuschalten. Immerhin ließen sich auch dann mutmaßlich Mittel und Wege finden, die von Frau K. erwirkte Absperrung gegen unerwünschte Kontaktaufnahmen zu unterlaufen, womit letztlich auch die Kündigung selber als brauchbarer Schutz für Frau K. in Frage stünde.

(b.)       Das kann aber dahingestellt bleiben, weil einer Abmahnung nach zutreffender Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen bis zum Beweis des Gegenteils in der Tat regelmäßig die Kraft zuzutrauen ist, auf das Verhalten ihres Adressaten Einfluss zu nehmen[156] und damit im Zweifel die zuvor gestörte betriebliche Kooperation wieder herzustellen[157]. Dies gilt – vorbehaltlich der gleich noch zu erörternden Frage etwaigen „Krankheitswerts“ des Kommunikationsgebarens des Klägers (s. dazu sogleich im Text, S. 32-33 [bc.]) - auch hier.

(c.)       Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten (s. oben, S. 8-9), der Kläger habe sich auch von Frau K. selber nicht davon abhalten lassen, wieder und wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen. Abgesehen davon, dass solche Kontakte als solche selbst bei großzügigster „Auslegung“ seiner vertraglichen Pflichtenstellung keine Vertragspflichtverletzung darstellen könnten, wäre Frau K. schon psychologisch nicht die nötige „Autorität“ für den Kläger[158]. Außerdem macht es einen entscheidenden Unterschied, ob es eine belästigte Kollegin selber ist, die sich gegen unerwünschte Annäherungen verwahrt, oder der Arbeitgeber (s. § 12 Abs. 3 AGG[159]), der mit seiner Abmahnung ultimativ verdeutlicht, dass der „Störer“ mit der Verweigerung betrieblicher Kooperation seine wirtschaftliche Existenzgrundlage auf's Spiel setze.

(d.)       Von diesen Grundsätzen wäre hier auch nicht deshalb eine Ausnahme zu machen, wie die Beklagte meint (s. oben, S. 9 [vor VI.]), weil kein Arbeitnehmer annehmen dürfe, dass „solches Verhalten“ vom Arbeitgeber „toleriert“ werde. Zum einen haben die Grenzen des Abmahnungsgebots nach seinem normativen Geltungsgrund nichts mit der so aufgeworfenen Frage nach „Toleranzgrenzen“ des Arbeitgebers zu tun[160]. Zum anderen hat der Zweite Senat des BAG gegenüber derartigen Folgerungsweisen mittlerweile mit vollem Recht klargestellt, dass sich der Informationswert einer Abmahnung keineswegs darin erschöpft, etwaige Vertragswidrigkeiten als solche kenntlich zu machen: Er soll vielmehr zugleich unmissverständlich kundtun, dass die betreffende Störung ggf. auch für erheblich genug erachtet werde, die Vertragsbeziehung notfalls im Ganzen abzubrechen[161].

(e.)       Erst recht kann die Beklagte sich zur Fundierung ihrer „Negativprognose“ nicht mit Erfolg auf ihren Vortrag berufen (s. oben, S. 12 [VII.]), der Kläger habe sich noch am 23. Januar 2015 mit den dort zitierten Worten an Frau K. gewandt. Wie der Text[162] unmissverständlich zu verstehen gibt, beklagt sich der Kläger dort bei Frau K., weil er – nach den diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten im hiesigen Rechtsstreit zum Auslöser ihrer gegen ihn ab 30. Oktober 2014 entfalteten Aktivitäten nicht ohne Grund – davon ausgeht, er habe die Kündigungen vom 10. November 2014 ihr zu verdanken. Eine solche Sicht der Dinge wäre aber ungeeignet, die Gedeihlichkeitsperspektiven der Parteien im Lichte per Abmahnung gerade vermiedener Kündigung beurteilen zu wollen. Tatsächlich begegnet der Beklagten in den zitierten Worten des Klägers nämlich nichts anderes als seine Verzweiflung darüber, neben seiner abrupten Ausschaltung aus dem betrieblichen Sozialgeschehen nun auch noch mit kompletter Absperrung von Lohnersatzleistungen der Solidargemeinschaft konfrontiert zu sein. Das wäre jedoch angesichts der hiesigen Rechtswidrigkeit beider Kündigungen kein Gesichtspunkt, den die Beklagte ihm mit Erfolg entgegen halten könnte (§ 162 Abs. 1 BGB[163]). Eher wird – um ein Bild zu gebrauchen - „umgekehrt ein Schuh d'raus“: Versteht man die hiesigen Kündigungen nämlich – wie mit dem Kläger (s. oben, S. 10 [Mitte]) auch die befasste Kammer – als Fehl- und Überreaktion, so wird man nicht zu weit damit gehen, deren psychologische Effekte statt vermeintlicher Abhilfe (insofern mit dem Betriebsrat: s. oben, S. 5-6 [7.]; Urteilsanlage V.) womöglich als „Brandbeschleuniger“ einzustufen. Das wäre nicht nur pures Kontrastprogramm zu dem, was eine arbeitsrechtliche Abmahnung nach allem Gesagten an sich doch bewirken (helfen) sollte[164].  Sondern es erschiene sogar geradezu fatal, wenn obendrein der Eindruck nicht trügen sollte, dass es Frau K. als Auslöser ihrer Initiative vom 30. Oktober 2014 angesichts der damals jüngsten Zitate des Klägers (s. oben, S. 3-4 [Urteilsanlage I.15. u. I.16.]) um ihn „Angst und Bange“ geworden sein könnte – nicht um sich selber.

bc.       Scheidet nach allem eine auf vertragliches Fehlverhalten gestützte Kündigung des hiesigen Arbeitsverhältnisses schon in Ermangelung eines rechtlich anerkannten „Grundes“ zur Trennung in mehrfacher Hinsicht aus, so hat es selbst damit noch immer nicht sein Bewenden. Wie weiter oben (s. oben, S. 20 [(2.)]) und auch im Verhandlungstermin bereits angeklungen, werfen die Sachverhaltsumstände darüber hinaus – sollte es sich überhaupt mit dem Vertragsgeschehen in Verbindung bringen lassen - sehr vernehmlich die Frage nach der Vorwerfbarkeit des beanstandeten Verhaltens des Klägers auf. Tatsächlich deuten zumindest Teile des Interaktionsgeschehens nämlich darauf hin, dass diesem aufseiten des Klägers, der seit Dezember 2013 nach eigenen Angaben (s. oben, S. 2 [II.2.]) „wegen eines Burnouts[165] und einer Überlastung“ ohnehin schon arbeitsunfähig erkrankt war, selber wiederum Krankheitswert[166] zukam. Sollte sich dies bejahen lassen, was hier wegen der erläuterten „Fehlanzeige“ schon zum objektiven Kündigungsgrund jedoch keiner weiteren Prüfung bedarf, so fehlte es nicht nur an der subjektiven Vorwerfbarkeit des gerügten Verhaltens. Vielmehr käme dann eine Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nur nach den Grundsätzen in Beträcht, die die Gerichte für Arbeitssachen für die „personenbedingte“ Kündigung bei Erkrankungen entwickelt haben. Insofern böte sich nicht nur eine Anlehnung an die bekannten Prinzipien zur Klärung der sogenannten Negativprognose bei Suchterkrankungen[167] an. Vielmehr wäre spätestens dann auch die Frage aktualisiert, welcher Beitrag dem angesichts der erheblichen erkrankungsbedingten Fehlzeit des Klägers nach § 84 Abs. 2 SGB IX[168] gebotenen „betriebliche Eingliederungsmanagement“[169] mit Blick auf die zwischenmenschlichen Probleme zu Frau K. zukommen könnte. Immerhin drängt sich insofern der Gedanke auf, dass hier ein äußerst geeigneter organisatorischer Rahmen verfügbar erschiene, die für den Kläger gebotenen Hilfen zu organisieren[170]. Das entspricht – vielleicht nicht ganz zufällig – dem, was schon der Betriebsrat der Beklagten (vergeblich) ans Herz zu legen suchte (s. oben, S. 5-6 [7.]; Urteilsanlage V.).

3.         Konnte der Beklagten nach allem schon ein Grund zur fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht bescheinigt werden, so scheidet ein sogenannter „wichtiger Grund“ zur Sofortbeendigung erst Recht aus[171]. Insofern kommt es hier weder darauf an, ob der Kläger nach den Verhältnissen des Streitfalls vor Ausspruch der Kündigung anzuhören gewesen wäre[172] (s. oben, S. 11), noch darauf, wie es hier um die Konsultation des Betriebsrates bestellt ist. - Die Konsequenzen verdeutlicht der Tenor zu I. des Urteils.

 

B.         Der „Schleppnetzantrag“ (Klageantrag 2.)

Der Klage war ihr Erfolg auch nicht zu versagen, soweit der Kläger mit seinem Schlussfragment im Klageantrag zu 1. festgestellt sehen will, dass sein Arbeitsverhältnis „fortbestehe“: Es ist in der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen bekanntlich anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung vorsorglich auch den sogenannten allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO[173] stellen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich während des Rechtsstreits überraschend auf andere – zuweilen schlicht untergeschobene - Beendigungstatbestände beruft[174]. Dieses Klagebegehren wird daher im Fachschrifttum auch pointiert als „Schleppnetzantrag“ bezeichnet[175]. Das ihm zugrunde liegende Schutzbedürfnis ist auch dem hiesigen Kläger – ohne gegen die Akteure der Beklagten persönlichen Argwohn zu hegen – objektiv nicht abzusprechen. - Daher also: Tenor zu I. (am Ende).

 

C.         Die Weiterbeschäftigung (Klageantrag zu 2.)

Dass der Kläger bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits seine vorläufige Weiterbeschäftigung fordern kann, ergibt sich aus den bekannten Grundsätzen in BAGE 48, 122[176]. Das ist nicht etwa deshalb anders, weil sich der Kläger unter dem 23. Januar 2015 in der schon erörterten Weise per SMS an Frau K. gewandt hat (s. oben, S. 30-31 [(e.)]). Abgesehen davon, dass seine dortigen Vorhaltungen nicht als vertragswidrig eingestuft werden könnten, verdanken sie sich – wie a.a.O. gleichfalls schon angemerkt – nicht zuletzt verfehltem Konfliktmanagement der Beklagten selber. Außerdem ist im Verhandlungstermin am 27. Februar 2015 deutlich geworden, dass es zumindest (wohl) im August 2014 im Zuge des Eingliederungsversuchs nach dem Hamburger Modell wieder zu betrieblicher Präsenz des Klägers gekommen ist[177]. Insofern darf angenommen werden (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO[178]), dass es zu zu erwähnenswerten Unzuträglichkeiten vor Ort – sonst hätte die Beklagte allemal davon berichtet[179] - nicht gekommen ist.

Dem trägt der Tenor zu II. Rechnung.

 

D.         Die Nebenentscheidungen

Für die übrigen Entscheidungen lässt es sich kurz machen:

I.          Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[180]). Besagte Kosten treffen nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[181] und in den Grenzen des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG[182] die Beklagte, weil sie im Rechtsstreit unterlegen ist. - Ergebnis: Tenor zu III.

II.         Den Wert der Streitgegenstände hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[183] im Tenor festgesetzt. Ihn hat es für die Kündigungsschutzklage (Klageantrag 1.) mit der dreifachen Monatsvergütung des Klägers bemessen, also mit (3 x 4.434,28 Euro = ) 13.302,84 Euro. Der weitere Feststellungsantrag (Klageantrag 1. am Ende) ist nach den neueren Gepflogenheiten arbeitsgerichtlicher Bewertungspraxis ohne gesonderten Ansatz geblieben, während die Klage auf Prozessbeschäftigung (Klageantrag 2.) mit nochmals einer Monatsvergütung (4.434,28 Euro) veranschlagt ist. Das macht zusammen (13.302,84 Euro + 4.434,28 Euro = ) 17.737,12 Euro und erklärt den Tenor zu IV.

 

 



[1]   Geboren im März 1964.

[2]   S. Klageschrift S. 2 (Bl. 4 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]): „regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer“.

[3]   S. Klageerwiderungsschrift vom 13.1.2015 S. 1 (Bl. 20 GA); ähnlich Klageschrift S. 2 (Bl. 4 GA): „Produktsachbearbeiter“; mündlichen Angaben der Beklagten im Kammertermin am 27.2.2015 zufolge, sind die verschiedenen Funktionsbezeichnungen gleichbedeutend; d.U.

[4]   S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [oben] (Bl. 21 GA).

[5]   Der Nachname der Kollegin ist im Original jeweils ausgeschrieben; d.U.

[6]   S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [2.] (Bl. 21 GA): „Frau Nancy K. berichtete, dass sie selbst die private Beziehung zwischen ihr und dem Kläger zu Beginn des Jahres 2014 nach 16 Jahren beendete“; Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 2 (Bl. 81 GA): „Während dieser Krankheit beendete die langjährige Lebensgefährtin des Klägers, Frau Nancy K., im Januar 2014 unstreitig die seit 16 Jahren bestehende Beziehung zwischen dem Kläger und Frau K.“.

[7]   S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [Mitte] (Bl. 23 GA): „Bis Oktober 2014 … war Frau K. mit dem Kläger in einem Büro tätig“; Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 4 (Bl. 83 GA): „Am 13.10.2014 hatte dann der Umzug in ein anderes Großraumbüro stattgefunden, so dass der Kläger jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keinen beruflichen Kontakt mehr mit Frau K. hat“.

[8]   S. Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 1-2 (Bl. 80-81 GA): „Zur vollständigen Sachverhaltsdarstellung gehört auch der Umstand, dass der Kläger seit Dezember 2013 wegen eines Burnouts und einer Überlastung bis Ende September 2014 arbeitsunfähig krank gewesen und in psychologischer und psychiatrischer Behandlung war“; s. dazu auch Beklagtenschriftsatz vom 17.2.2014 S. 1-2 [1.] (Bl. 100-101 GA): „Die Schilderungen zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers werden hiermit mit Nichtwissen bestritten“.

[9]   S. die Zitate in Fußnote 6.

[10] Abkürzung für „Short Message Service“; d.U.

[11] Betroffen war zum einen das private, zum anderen das dienstliche Mobiltelefon des Klägers wie (wohl) auch das von Frau K.; d.U. - s. dazu noch unten, S. 9 [oben].

[12] S. Kopie als Anlage B 3 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 31-46 GA); Hinweis: Die Bezifferung der verschiedenen Textfragmente und die Unterstreichung von Kalenderdaten stammt nicht von Frau K. oder der Beklagten, sondern ist zur besseren Strukturierung der Textmenge vom Gericht eingefügt worden; d.U.

[13] S. dazu Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 3 (Bl. 82 GA): „Richtig ist vielmehr, dass sich der Kläger um ein ,entkrampftes' Verhältnis zu Frau K. bemühte und sie mit ihm am 17.10.2014 in einem Chinesischen Restaurant zum Abendessen war“; s. auch Beklagtenschriftsatz vom 17.2.2015 S. 2 [2.] (Bl. 101 GA): „Unzutreffend ist, dass sich der Kläger um ein ,entkrampftes Verhältnis' zu der Mitarbeiterin Frau K. bemüht haben soll“.

[14] Dies hat die mündliche Verhandlung am 27.2.2015 bestätigt; d.U.

[15] S. Blatt 45 u. 46 GA.

[16] S. undatiertes Anhörungsschreiben (Eingang: 5.11.2014) S. 2 (Bl. 49 GA): „Die berufliche Situation hat sich mittlerweile für Frau K. zu einer immensen psychischen Belastung entwickelt, die sie nicht mehr aushalten konnte. - Vor diesem Hintergrund wandte sie sich am 30.10.2014 vertrauensvoll an ihren disziplinarischen Vorgesetzten, Herrn Robby W.“; s. auch Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 3 (Bl. 82 GA): „Da dieses gemeinsame Abendessen aus Sicht des Klägers harmonisch verlief und Frau K. dem Kläger auch keinerlei Vorhalte wegen der an sie gerichteten SMS-Mitteilungen machte, kann sich der Kläger gar nicht vorstellen, dass Frau K. ihn kurz darauf bei Herrn D. und Herrn R. mit dem Ziel ,angezeigt' hat, ihn aus dem Unternehmen zu entfernen“.

[17] S. Kopie als Anlage B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 29-30 GA).

[18] S. zum „who's who“ (Klageerwiderungsschrift S. 2 [Bl. 21 GA]): Frau Nancy K. (Name im Original ausgeschrieben; d.U.); Herr Ri. ist Vorgesetzter des Klägers, Herr W. Vorgesetzter von Frau K. und Herr D. (wohl) der zuständige Personalverantwortliche (Beklagte: „der HR Business Partner der VE S. GmbH“).

[19] Name des Klägers im Original ausgeschrieben; d.U.

[20] S. Kopie als Anlage 4 zum Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 (Bl. 90 GA).

[21] S. Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 6 (Bl. 85 GA): „Der Kläger hat am 28.10.2014 seinen Urlaub angetreten, der bis zum 24.11.2014 genehmigt war“.

[22] S. Kopie als Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 47-49 GA) nebst Anlagen 1 bis 2 (Bl. 50-67 GA).

[23] S. Kopie als Anlage B 5 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 68-69 GA).

[24] S. Text: „§ 102 Mitbestimmung bei Kündigungen. (1) … (2) 1Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. 2Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. 3Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. 4Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. 5§ 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend“.

[25] S. Text oben, Fn. 24.

[26] S. Kopie als Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 GA).

[27] S. Klägerschriftsatz vom 9.2.2015 S. 6 (Bl. 85 GA): „Der Kläger wurde zwar während seines Urlaubs gebeten, am 11.11.2014 im Büro von V. [Beklagte] zu erscheinen, da sich ,Sachverhalte ergeben haben und deren Aufklärung dringend sind und Ihre Anwesenheit erforderlich macht'. - Hierauf hatte der Kläger [Herrn] D. allerdings mitgeteilt, dass er am 10.11.2014 nach Mallorca in den Urlaub fliegt. Herr D. hatte darauf hin dem Kläger mitgeteilt, dass er auch nach dem Urlaub des Klägers für ein Gespräch zur Verfügung stehe“.

[28] S. die Angabe vonseiten der Beklagten in der Sitzungsniederschrift vom 17.12.2014 S. 1 (Bl 9 GA): „Das Kündigungsschreiben ist am 11.11.2014 in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden“.

[29] S. Blatt 11 GA; Zustellung: 31.12.2014 (Bl. 12 GA).

[30] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 4 GA).

[31] S. Klageschrift a.a.O.

[32] S. Klageerwiderungsschrift S. 1-7 (Bl. 20-26 GA) nebst Anlagen B 1 u. B 2 (Bl. 27-67 GA).

[33] S. Klageerwiderungsschrift S. 2-4 (Bl. 21-23 GA).

[34] Name im Original ausgeschrieben; d.U.

[35] S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [3.] (Bl. 23 GA).

[36] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[37] S. Klageerwiderungsschrift S. 4-5 (Bl. 23-24 GA).

[38] S. Klageerwiderungsschrift S. 5 (Bl. 24 GA).

[39] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[40] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[41] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[42] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[43] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[44] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[45] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[46] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[47] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[48] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[49] S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [vor 4.] (Bl. 25 GA).

[50] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[51] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[52] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[53] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 1-7 (Bl. 80-86 GA) nebst Anlagen 1 bis 5 (Bl. 87-91 GA).

[54] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 2 (Bl. 81 GA).

[55] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[56] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 3 (Bl. 82 GA); s. dazu auch S. 4 (Bl. 83 GA): „Bereits am 14.08.2014 war mit dem Kläger ein Gespräch zur geplanten Versetzung zum 01.10.2014 geführt worden, in der sich die Parteien darüber einig waren, dass der Kläger nach seiner Genesung in eine andere Abteilung versetzt würde. Am 13.10.2014 hatte dann der Umzug in ein anderes Großraumbüro stattgefunden, so dass der Kläger jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keinen beruflichen Kontakt mehr mit Frau K. hat“.

[57] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[58] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[59] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[60] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[61] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[62] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 4-5 (Bl. 83-84 GA).

[63] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 5 (Bl. 84 GA).

[64] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[65] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[66] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[67] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[68] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[69] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[70] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[71] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[72] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[73] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 6-7 (Bl. 84-85 GA).

[74] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 7 (Bl. 85 GA).

[75] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[76] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 a.a.O.

[77] S. Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 7-8 (Bl. 85-86 GA): „Was die Betriebsratsanhörung anbelangt, ist bemerkenswert, dass in der Betriebsratsanhörung behauptet wird, die berufliche Situation für Frau K. habe sich mittlerweile – also zu einem Zeitpunkt, als der Kläger schon gar nicht mehr in ihrem Team arbeitete – zu immensen psychischen Belastungen entwickelt, die Frau K. angeblich nicht mehr aushalten konnte. - Diese Behauptung ist durch nichts belegt, das Protokoll der Telefonkonferenz vom 30.04.2014 [gemeint wohl: 30.10.2014; d.U.] das bezeichenderweise von Herrn D. gefertigt wurde, lässt auch an keinem Zeitpunkt erkennen, dass Frau K. den Kontakt zu ihrem Vorgesetzten gesucht hat, um die Kündigung des Klägers zu betreiben. - Nach diesseitiger Auffassung ist dem Betriebsrat daher bewusst ein nicht zutreffender Sachverhalt vorgetragen worden. Die Anhörung ist auch deshalb fehlerhaft, weil sehr wohl die Versetzung des Klägers auch an einen anderen Standort möglich ist, denn der Kläger hatte sich auch für einen Standort beworben, ohne berücksichtigt worden zu sein“.

[78] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 S. 1-5 (Bl. 100-104 GA).

[79] Soweit die Beklagte hier den „01.10.2015“ nennt, dürfte ein Schreibversehen zugrunde liegen; d.U.

[80] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 S. 2 [vor 2.] (Bl. 101 GA).

[81] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[82] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[83] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[84] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 S. 2 [2.] (Bl. 101 GA).

[85] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 S. 3 [vor 3.] (Bl. 102 GA).

[86] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[87] S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[88]   S. Schriftsatz vom 17.2.2015 S. 5 [7.] (Bl. 104 GA).

[89]   S. Schriftsatz vom 17.2.2015 a.a.O.

[90]   Ob der Zugang (schon) an diesem Tage zu verneinen und stattdessen erst für die Rückkehr am 25.11.2014 anzunehmen wäre, weil die Beklagte wusste, dass sich der Kläger nicht unter seiner Heimatanschrift aufhielt (s. oben, S. 6 Fn. 27), kann auf sich beruhen; d.U.

[91]   Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.

[92]   S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.

[93]   S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden“.

[94]   S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.

[95]   S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.

[96]   S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.

[97]   S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.

[98]   S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. - (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil den Kündigungsgrund auf Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen“.

[99]   S. zur selben Kontrollüberlegung statt vieler etwa schon LAG Berlin 28.11.1997 – 6 Sa 75/97 – (Volltext: „Juris“) [2.2. - „Juris“-Rn. 16]: „War sonach schon die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung nicht sozial gerechtfertigt, so waren die Voraussetzungen für die in erster Linie erklärte außerordentliche Kündigung erst recht nicht erfüllt“.

[100] S. zur Beweislast für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG; Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“; s. entsprechend zum „wichtigen Grund“ nach § 626 Abs. 1 BGB statt vieler etwa BGH 20.2.1995 – II ZR 9/94 – ZIP 1995, 560 = NJW-RR 1995, 669 [I.3 a.]: „Wer einen wichtigen Kündigungsgrund geltend macht, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 28.10.2002 – II ZR 353/00 – ZIP 2002, 2254 = NJW 2003, 431 [I.2 c, bb.]: „Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 12.2.2007 – II ZR 308/05 – ZIP 2007, 396 = NJW-RR 2007, 690 [III.1.]; ständige Rechtsprechung.

[101] S. Text oben, S. 14 Fn. 96.

[102] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.

[103] S. dazu statt vieler BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1.]: „Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint“; s. zur derzeitigen Formel der Judikatur des Zweiten Senats aus neuerer Zeit  anschaulich  BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 [AP § 14 KSchG 1969 Nr. 13 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2013, 27 = DB 2013, 124 [I.2 b. - Rn. 23]: „Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe ,bedingt‘, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht“; 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 [B.I.1. - Rn. 20]; s. zu § 626 Abs. 1 BGB orientierungshalber auch BAG 20.8.2009 – 2 AZR 165/08 – NZA 2009, 1227 [B.I.]: „Eine schwere, insbesondere schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde an sich nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen“.

[104] S. Text: „§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis. (1) … (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten“.

[105] S. zur Relevanz des Zustands der zwischenmenschlicher Beziehungen im personalen Umfeld für die Gesundheit der Betroffenen allen voran Bernhard Badura/Eckhard Münch/Wolfgang Ritter, Partnerschaftliche Unternehmenskultur und betriebliche Gesundheitspolitik – Fehlzeiten durch Motivationsverlust? Verlag Bertelsmann Stiftung (1997), S. 12-13: „Die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen hat eine ganz besondere Bedeutung für Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit – darauf verweist eine mittlerweile erdrückende Zahl sozialepidemiologischer Forschungsarbeiten. … Als positiv empfundene soziale Beziehungen, gegenseitige Unterstützung und die dadurch gegebenen Erleichterungen bei der Problemlösung und Gefühlsregulierung bilden die vielleicht wichtigsten Gesundheitspotentiale des Menschen – auch in der Arbeitswelt“.

[106] S. hierzu statt vieler beispielsweise BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 – BAGE 124, 295 = AP § 611 BGB Mobbing Nr. 6 = NZA 2008, 223 [B.II.1 c.]: „notwendiger Respekt“; 10.10.2002 – 2 AZR 240/01 – AP § 9 KSchG 1969 Nr. 45 [B.III.2.]: „möglichst spannungsfreies Zusammenwirken“; LAG Sachsen-Anhalt 27.1.2000 – 9 Sa 473/99 – AiB 2004, 105 (Kurzwiedergabe; Volltext „Juris“) [II.2 a, aa.]: „von gegenseitiger Achtung und Hilfe getragene Arbeitsatmosphäre“, LAG Rheinland-Pfalz 19.2.2004 – 2 Ta 12/04 – NZA-RR 2004, 232, 233: „ausgeglichenes Betriebsklima“; im Anschluss dass. 30.4.2012 – 5 Sa 687/11 – AE 2012, 232 (Volltext: „Juris“) [II. - „Juris“-Rn. 85].

[107] S. zur Novelle des § 5 Abs. 2 Nr. 6 ArbSchG (s. sogleich, Fn. 111) auch BT-Drs. 17/12297 S. 40 [Zu Artikel 8 (…) Zu Nummer 2]: „Die Anpassung zielt darauf ab, das Bewusstsein der Arbeitgeber für psychische Belastungen bei der Arbeit zu schärfen, die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung in der Praxis weiter zu steigern und dabei das Augenmerk vor allem auch auf die Berücksichtigung von psychischen Belastungen zu richten. Durch die Formulierung ,bei der Arbeit' wird deutlich gemacht, dass die Klarstellung nicht bezweckt, den Gesundheitszustand der Beschäftigten generell im Hinblick auf alle Lebensumstände zu verbessern. Schutzmaßnahmen werden dem Arbeitgeber weiterhin nur insoweit abverlangt, als Gefährdungen für die physische oder die psychische Gesundheit der Beschäftigten durch die Arbeit auftreten“.

[108] S. Text: „§ 2 Begriffsbestimmungen. (1) Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit“; s. dazu namentlich Wolfhard Kohte, in: Norbert Franz Kollmer (Hrg.), ArbSchG, 3. Auflage (2005), § 2 Rn. 24: „Dabei geht es nicht um die reaktive Abwehr von Gefahren, sondern um die präventive gesundheitsbezogene Gestaltung der Arbeitsbedingungen unter arbeitsphysiologischen und -psychologischen Gesichtspunkten, die auch die Gestaltung der Arbeitsumgebung und -organisation einschließt (ausführlich GK-BetrVG/Wiese, § 90 Rdnr. 45)“.

[109] S. Text: „§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers. (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. - (2.) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten – 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie – 2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können. - (3) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen“.

[110] S. Text: „§ 4 Allgemeine Grundsätze. - Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden Grundsätzen auszugehen: - 1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieten und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird“.

[111] S. Text: „§ 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen. (1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. - (2) … - (3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch – 1. … - 6. psychische Belastungen bei der Arbeit“.

[112] S. Text: „§ 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen. (1) … (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern“.

[113] S. Text oben, S. 16 Fn. 104.

[114] Den sich insofern stellenden Fragen wird hier schon deshalb nicht weiter nachgegangen, weil nicht vorgetragen ist, ob und ggf. welches Reglement im Hause der Beklagten zur etwaig privaten Mitbenutzung ihrer Kommunikationstechnik bestehen sollte; insofern lässt sich vertragliches Fehlverhalten des Klägers schon deshalb nicht objektivieren, so dass auch entsprechende Folgefragen für etwaig kündigungsrelevante Vertragsverstösse selbst diesseits einschlägiger Abmahnungen gar nicht erst aufzuwerfen sind; d.U.

[115] So Jürgen Hesse/Hans Christian Schrader, Krieg im Büro (1993), Umschlagseite 2.

[116] S. dazu etwa RG 14.1.1897 – VI 277/96 – RGZ 38, 114-119: Entlassung eines technischen Betriebsleiters wegen „Konkubinatsverhältnisses“ (Leitsatz): „Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte mit der (ihm die Wirtschaft führenden und seine Wohnung teilenden) unverehelichten P. dauernd unsittlichen Verkehr unterhalten habe, dies auch nach außen bemerkbar geworden sei, beruht auf einwandfreier Würdigung der erhobenen Beweise. Auf Erwägungen tatsächlicher Natur beruht aber auch der Ausspruch, dass dem Kläger nicht zugemutet werden könne, den Beklagten nach diesen Vorgängen in seinem Hause zu belassen, und dass, wenn dieser aus dem bezeichneten Grunde seine Dienstwohnung räumen müsse, hierdurch auch seine Stellung gegenüber dem ihm unterstellten Fabrikpersonale eine erhebliche Einbuße erleide, und deshalb ein wichtiger Grund im Sinne von § 133 b GewO auch zur sofortigen Entlassung aus seiner dienstlichen Stellung vorliege“; s. etwa auch noch LAG Hamm 26.9.1952 – 3 Sa 299/52 – AP 1953 Nr. 162 [Leitsatz]: „Die Kündigung gegenüber einer Wäscherin in einem staatlichen Krankenhaus, die durch den Arbeitsvertrag ausdrücklich zu einem sauberen Lebenswandel verpflichtet ist, ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn sie drei uneheliche Kinder von verschiedenen Vätern geboren hat, von denen eines im Ehebruch gezeugt ist und wenn der Ehebruch fortgesetzt wird“.

[117] Sprachliche Anlehnung an Hartmut Oetker, Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz unter dem Firmament der Grundrechtsordnung (1996), S. 1 ff.

[118] S. Text: „Art. 1 [Schutz der Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung] (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.

[119] S. Text: „Art. 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, … ] (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“.

[120] S. Text oben, S. 16 Fn. 112.

[121] S. bereits LAG Düsseldorf 12.4.1950 – 3 Sa 56/50 – RdA 1950, 433 [Leitsatz 2.]: „Wenn eine unverheiratete Angestellte aus einem ehebrecherischen Verkehr ein Kind empfängt, so ist unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, ob die Tatsache des Ehebruchs als so schwerwiegend anzusehen ist, dass eine aus diesem Grunde beabsichtigte Lösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt erscheint und nicht gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstößt. Es ist nicht die Aufgabe des Arbeitgebers, den Schutz der Ehe zu übernehmen und deren Verletzung zu ahnden, falls die zu beanstandende Handlung nicht in den Bereich des Betriebes führt“; ArbG Heidelberg 24.4.1967 – 1 Ca 138/67 – ARST 1968, 31 [1044]: „Der Begriff des liederlichen Lebenswandels muss zeitgemäß ausgelegt werden. Er ist noch nicht erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wiederholt weibliche Personen in seiner Unterkunft übernachten lässt. Die Auslegung kann sich nicht der Wirklichkeit verschließen, die von einer in bezug auf das geschlechtliche Zusammenleben der Menschen weitgehend liberalisierten Anschauung bestimmt ist“; LAG Hamm 1.3.1990 – 17 Sa 1326/89 – LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 28 [Leitsatz 1.]: „Mit dem geltenden deutschen Recht ist es unvereinbar, einen Ehegatten zur Erfüllung seiner ehelichen Pflichten durch unmittelbaren oder mittelbaren Zwang anzuhalten. Deshalb kann eine arbeitgeberseitige Kündigung außer bei kirchlichen Einrichtungen von vornherein nicht darauf gestützt werden, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin außerdienstliche intime Beziehungen zu einer verheirateten Person unterhalte“; LAG Düsseldorf 24.2.1969 – 11 Sa 60/69 – DB 1969, 667 [Leitsatz]: „Ehewidrige Beziehungen eines Angestellten mit einer in demselben Betrieb beschäftigten verheirateten Frau rechtfertigen eine fristlose Entlassung nicht“; S. 668: „Der Beklagte verkennt insoweit seine Stellung als Arbeitgeber. Als solcher ist er nicht zum Sittenrichter über die in seinem Betrieb tätigen Angestellten berufen; er hat diesen gegenüber in aller Regel nur einen Anspruch darauf, dass sie die arbeitsvertraglich übernommenen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen“.

[122] S. hierfür etwa Hansjörg Otto, Personale Freiheit und soziale Bindung (1978), S. 71 [2.]: „Das heutige Arbeitsverhältnis ist keine Erziehungsinstitution, erst recht nicht im Sinne individueller Anschauungen des einzelnen Arbeitgebers. - a) Dies gilt ebenfalls für sittliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers, worunter hier nur Verstöße gegen die jeweils herrschende Sexualmoral verstanden werden“; s. auch eingehend schon Theo Mayer-Maly, ArbuR 1968, 1, 2-3 mit anschaulichen Nachweisen.

[123] Von betrieblichen Sonderlagen etwa für den Bereich des öffentlichen Dienstes – oder, erst recht, der Kirchen - sei hier abgesehen; s. als anschauliche Schlaglichter aber noch ArbG Hildesheim 21.10.1965 – 1 Ca 629/65 – ARST 1966, 90 [Nr. 1146]: „Die Kündigung eines Lehrers wegen fortgesetzten ehebrecherischen Verhaltens ist personenbedingt“; LAG Düsseldorf 29.5.1956 – 1 Sa 609/55 – DB 1956, 1064 zur fristlosen Entlassung eines Behördenangestellten wegen eines Verhältnisses mit einer unterstellten Mitarbeiterin.

[124] S. hierzu etwa schon Hansjörg Otto (Fn. 122), S. 72: „Erst wenn sich die Konflikte im privaten Bereich auf das Verhalten am Arbeitsplatz auswirken, z.b. dort das Betriebsklima beeinträchtigen, ist an eine betriebsbedingte Kündigung zu denken“; s. aus neuerer Zeit namentlich Tina Kolle/Olaf Deinert, Liebe ist Privatsache, ArbuR 2006, 177, 179 [(b)]: „Erfüllt ein Mitarbeiter durch eine Affäre am Arbeitsplatz seine vertraglichen Pflichten nicht, kann der AG das Symptom beanstanden, also bspw. den Betreffenden anweisen, die Arbeit ordnungsgemäß aufzunehmen bzw. fortzusetzen“.

[125] S. dazu – hier für entsprechende Beziehungen von Vorgesetzten zu Untergebenen - statt vieler etwa LAG Düsseldorf 14.11.2005 – 10 TaBV 46/05 – LAGE § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Ordnung Nr. 2 = NZA-RR 2006, 81 = DB 2006, 162 [B.V.3 c. - „Juris“-Rn. 139]: „Wenn auch nicht verkannt werden kann, dass in vielen Betrieben nicht gern gesehen wird, wenn ein Vorgesetzter bzw. eine Vorgesetzte mit einem oder einer ihm bzw. ihr unterstellten Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter eine Liebesbeziehung eingeht, ist dies letztlich eine Privatangelegenheit der beteiligten Personen und hat zunächst den Arbeitgeber nicht zu interessieren. Erst wenn es auf Grund dieser Beziehung zu Spannungen innerhalb der Betriebsgemeinschaft kommt, kann der Arbeitgeber eingreifen. Es ist dann aber nicht die Partnerschaft oder die Liebesbeziehung, die stört, sondern das Verhalten, mit dem der eine oder der andere Partner oder beide oder außenstehende Dritte den betrieblichen Ablauf beeinträchtigen“; mit gleicher Tendenz zuvor schon ArbG Wuppertal 15.6.2005 – 5 BV 20/05 – NZA-RR 2005, 476 [II.4 f. - „Juris“-Rn. 39]; s. mit gleicher Tendenz schon Hansjörg Otto (Fn. 122) S. 72: „Die Betriebsbezogenheit kann nicht etwa dadurch hergestellt werden, dann eine im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erlassene Hausordnung einen ,sauberen Lebenswandel innerhalb wie außerhalb des Hauses' zur Pflicht macht (...)“; s. auch Wolfgang Däubler, in: ders. u.a., AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Auflage (2014), Anhang zu § 307 BGB Rn. 155: „Seit den Versuchen von Wal Mart, seinen Beschäftigten gemeinsames privates Ausgehen zu zwei und das ,Eingehen' einer Liebesbeziehung zu verbieten (…), ist im Grunde allgemein anerkannt, dass die Privatsphäre des einzelnen Beschäftigten von Compliance-Richtlinien ausgespart werden muss (...)“.

[126] S. zu einem derartigen Konfliktmuster etwa auch den anschaulichen Fall bei Siegrist Göpfert, Stalking – Nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch ein Problem für den Arbeitgeber?, NZA 2007, 473, 474 [Fall 2.]: „Die Kollegen S und O hatten eine Liebesbeziehung. Nach der Trennung durch O schreibt S der O täglich zahlreiche SMS, in denen er ihr seine anhaltende Liebe bekundet. Er hinterlässt Blumennachrichten vor ihrer Haustür, erkundet ihre Tagesabläufe und läuft ihr an den Wochenenden nach. Nachdem sie nicht reagiert, nimmt er Kontakt zu ihren Freunden auf und verbreitet Unwahrheiten über O. Als O ihn bei einem Zusammentreffen beim Einkaufen bittet, sie in Ruhe zu lassen, tritt er mehrmals gegen ihr Auto und zerbeult“ es“; s. auch LAG Frankfurt 23.7.1987 – 9 Sa 1/87 – RzK I 6 a Nr. 31 [Leitsatz]: „Eine handgreifliche Auseinandersetzung zwischen einer Arbeitnehmerin und ihrem Vorgesetzten rechtfertigt in der Regel keine außerordentliche Kündigung, wenn der Grund für die Auseinandersetzung in einer privaten Liebesbeziehung beider zu suchen ist, aus welcher der Vorgesetzte sich lösen will“.

[127] S. zu diesem Gebot übergreifend schon Wolfhard Kohte Anm. BAG [28.1.1993] DZWiR 1995, 300, 302 [V.] mit Hinweisen auf die Judikatur des BVerfG zu § 7 Nr. 5 BRAO und auf BGH 30.11.1987 – AnwZ (B) 38/87 – NJW 1988, 1793, 1794 [II.2 c, cc] zur damaligen Wiederzulassung Horst Mahlers zur Rechtsanwaltschaft: „Es mag sein, dass Teile der Öffentlichkeit … empört auf sie reagieren. Das allein kann dem Begehren des Antragstellers aber nicht entgegen gehalten werden. Denn maßgebend für die Beurteilung ist die Würdigung eines objektiven Betrachters, der alle Umstände des Falles wertet …“.

[128] Dass mit den pauschalen Aussagen der Beklagten zu sonstigen verbalen Kommunikationsakten des Klägers nichts anzufangen ist, bedarf keiner Vertiefung; s. insofern etwa Klageerwiderungsschrift S. 2 [2.] (Bl. 21 GA): „Daraufhin begann der Kläger, sie durch Anrufe und per SMS auf ihrem privaten Handy zu beleidigen und zu bedrohen“; S. 3 (Bl. 22 GA): „Darin sind nur die von dem Kläger versandten SMS enthalten, nicht die Vielzahl anderer Kontaktaufnahmen per direkter Ansprache oder Telefon“.

[129] S. 21.8.2014 – 20.58 Uhr (Urteilsanlage I.5. - Nr. 43: „elendes Schwein“); 21.8.2014 – 21.13 Uhr (Urteilsanlage I.6. - Nr. 57: „dreckigste Sau“); 21.8.2014 – 21.13 Uhr (Urteilsanlage I.7. - Nr. 58); 18.9.2014 – 7.22 Uhr (Urteilsanlage I.14 – Nr. 119: „elendes Schwein“).

[130] S. 21.8.2014 – 21.04 Uhr (Urteilsanlage I.6. - Nr. 51: „bitter bereuen“); 21.8.2014 – 21.09 Uhr (Urteilsanlage I.6. - Nr. 53: „unerbitterlicher Krieg“); 21.8.2014 – 21.10 Uhr (Urteilsanlage I.6. - Nr. 55: „zahle ich dir heim“); 21.8.2014 – 21.14 Uhr (Urteilsanlage I.7. - Nr. 59: Video bei Youtube); 21.8.2014 – 21.22 Uhr (Urteilsanlage I.7. - Nr. 60: „jetzt bist du dran“).

[131] S. dazu im selben Sinne auch nochmals Siegrist Göpfert (Fn. 126) NZA 2007, 473, 478: „Eine Belästigung i.S. des § 3 III AGG liegt nicht vor. Zwar sind die ,Stalking'-Handlungen des S. unerwünschte Verhaltensweisen, welche die Würde der O verletzen. Es fehlt jedoch am betrieblichen Bezug, weil die ,Stalking'-Handlungen nicht mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen. Die Tatsache, dass S und O Arbeitskollegen sind, ist hierfür nicht ausreichend. Eine Haftung des Arbeitgebers nach den Vorschriften des AGG kommt nicht in Betracht. Anders könnte der Fall zu beurteilen sein, wenn die,Stalking'-Handlungen auch während der Arbeitszeit stattfinden“.

[132] S. dazu (bei) Nummern 2, 7, 9, 17, 41, 71, 72, 74, 79, 80, 82, 83, 85, 87, 89, 92, 93, 96-99, 101-102 und 121 der Auflistung in Urteilsanlage I.; d.U.

[133] S. zur Rolle desselben Phänomens im Kontext möglicher Verfälschungen von Meinungsäußerungen von Menschen und damit ihres durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG an sich intendierten Schutzes statt vieler etwa BVerfG 11.12.2013 – 1 BvR 194/13 – n.v. (Volltext: „Juris“) [II.2 a. - „Juris“-Rn. 19]: „Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt. Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine tragfähige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (...)“; ebenso schon BVerfG 12.5.2009 – 1 BvR 2272/04 – NJW 2009, 3016 = WRP 2009,  943 [Orientierungssatz 3 b.].

[134] S. William Stern, Zur Psychologie der Aussage – Experimentelle Untersuchungen über Erinnerungstreue, ZStW (Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft) 1902, 315, 369-370.

[135] S. William Stern (Fn. 134 S. 366: „Der französische Psychologe Alfred Binet, der Leiter des psychologischen Laboratoriums der Sorbonne, hat kürzlich unter dem Titel ,La suggetibilité' (Paris, Alcen 1900) ein Buch veröffentlicht, das durch eine große Reihe sehr verschiedener Schulversuche erweisen will, welche gewaltige Rolle die normale (nicht hypnotische) Sugestibilität bei Urteilen, Aussagen, Handlungen der Menschen, insbesondere der Kinder spielt. In diesem Kapitel ist auch Kapitel dem Einfluss der Frage auf Kinderaussagen gewidmet (...)“.

[136] S. William Stern (Fn. 134) S. 368: „Die Fragen im Verhör I hatten solche Fassung, dass die Möglichkeit richtiger oder falscher Antworten gleich nahe lag. Beispielsweise: ,Wie ist der Knopf am Karton befestigt?' ,Sieht man die Beine des Mannes auf der Photographie oder nicht?'“.

[137] S. William Stern a.a.O.: „Im Verhör II hatten die Fragen eine Form, welche die falsche Antwort näher legte als die richtige. Beispiele: ,Hatte der Mann auf dem Bilde nicht einen Hut auf dem Kopf?' ,Hat er nicht die Beine gekreuzt?'“.

[138] S. William Stern (Fn. 134) S. 370 mit dem Hinweis in (der dortigen) Fußnote 23: „Inzwischen habe ich selbst Untersuchungen von Kinderaussagen in Angriff genommen, deren Methodik eine Verbindung meines bei Erwachsenen geübten Verfahrens mit Binets Fragemethode darstellt. … Vor allem bemerkenswert ist die verschiedene Zuverlässigkeit der spontanen erzählenden Aussage über Geschehenes und der darauf folgenden Beantwortung von Fragen. Jene liefert 5-10%, diese 25-30% Fehler!“.

[139] S. hierfür statt vieler auch Thomas Dieterich, RdA 1995, 321, 322, wonach es der Stil eines Gesprächs ist, der seine Ergebnisse bestimmt.

[140] S. dazu nach wie vor äußerst beherzigenswert etwa Lutz Schwäbisch/Martin Siems, Anleitung zum sozialen Lernen für Paare, Gruppen und Erzieher, 28. Auflage (2001), S. 150: „Häufiger, als es tatsächlich geschieht, könnten Konflikte kooperativ gelöst werden – und der Grund, warum es nicht geschieht, ist die Art und Weise der Kommunikation“; Marshall B. Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation – Aufrichtig und einfühlsam miteinander sprechen (2003), S. 1 ff.; s. auch – falls Interesse – die knappen Hinweise bei Bernd Ruberg, Schikanöse Weisungen, 2. Auflage (2010), S. 89 ff. - Konfliktlösung im Gespräch; S. 95 über „,Verkehrsregeln' im Dialog: 1. Den Partner ,gewinnen', nicht zwingen wollen“.

[141] S. zum normativen Geltungsgrund des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Kündigungsschutzrecht etwa die Überlegungen bei Bernd Ruberg, Sozialrechtfertigung als Organisationsschutz (1999), S. 218 ff., 222 ff.

[142] S. statt vieler BAG 2.11.1989 – 2 AZR 366/89 – RzK III 1 b Nr. 13 (Volltext auch in „Juris“) [B.IV.3 b.]: „Die Umsetzungsmöglichkeit ist deshalb nicht erst im Rahmen der Interessenabwägung, sondern bereits in der zweiten Stufe noch beim Kündigungsgrund (erhebliche Beeinträchtigung) zu prüfen“; 26.1.1995 – 2 AZR 428/94 – BAGE 79, 169 = AP § 2 KSchG 1969 Nr. 37 = NZA 1995, 628 [II.2.]: „Mit einer Kündigung … greift der Arbeitgeber in das Arbeitsverhältnis ein, das für den Arbeitnehmer regelmäßig die Grundlage für seine Lebensgestaltung bedeutet. Dabei muss der Arbeitgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot beachten, d.h. der Arbeitgeber darf immer nur von dem im Einzelfall mildesten, ihm noch zumutbaren Mittel Gebrauch machen; … . - Ein solcher Eingriff könnte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann gerechtfertigt sein, wenn das erstrebte Ziel … nicht durch geeignete mildere Maßnahmen erreicht werden könnte. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit die Beklagte (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG)“; anders noch BAG 28.4.1994 – 2 AZR 157/93 – BAGE 76, 334 = AP Art. 20 Einigungsvertrag Nr. 13 [II.4.]: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit „Bestandteil der … Interessenabwägung“.

[143] S. dazu anklingend schon BAG 25.3.1976 – 2 AZR 127/75 – AP § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 10 [V.2.]; ausdrücklich dann spätestens BAG 4.11.1981 – 7 AZR 264/79 – BAGE 37, 64 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 4 [II.2 b, aa.]; 18.10.1984 – 2 AZR 543/83 – BAGE 47, 80 = AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 6 [B.I.1.]; 13.6.1986 – 7 AZR 623/84 – BAGE 52, 210 = AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 13 [II.1.]; 16.2.1989 – 2 AZR 299/88 – BAGE 61, 131 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 20 [B.III.1 c, bb.]; 17.1.1991 – 2 AZR 375/90 – BAGE 67, 75 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 25 [II.2 c.]; 21.1.1993 – 2 AZR 330/92 – AP § 52 MitbestG Schleswig-Holstein Nr. 1 [C.II.2 b.]; 18.2.1993 – 2 AZR 518/92 – RzK I 6 f Nr. 7; 6 g Nr. 17 [B.II.2 d]; s. aus neuerer Zeit BAG 12.7.2007 – 2 AZR 716/06 – AP § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 28 = NZA 2008, 173 [B.II.2 a.]; s. übergreifend auch BGH 11.2.1987 – IV a ZR 194/85 – BGHZ 100, 60, 64, wo von dem „das ganze Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck“ die Rede ist.

[144] S. instruktiv Franz Wieacker, Geschichtliche Wurzeln des Prinzips der verhältnismäßigen Rechtsanwendung, in: Marcus Lutter u.a. (Hrg.), Festschrift für Robert Fischer (1979), S. 867, 874 ff.; Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2 (1994), § 84 I 2; s. auch Ulrich Preis, Verhältnismäßigkeit und Privatrechtsordnung, in: Peter Hanaus/Friedrich Heither/Jürgen Kühling (Hrg.), Festschrift für Thomas Dieterich (1999), 429, 446, 452-453; s. ferner Bernd Ruberg, (Fn. 140) S. 70 ff.

[145] S. Erich Molitor, Die Kündigung, 2. Auflage (1951), S. 294: „Man wird … fordern müssen, dass jedes andere nach der gegebenen Sachlage anwendbare Mittel erschöpft ist, um das von dem Kündigenden als unhaltbar angesehene Rechtsverhältnis zumutbar zu gestalten“.

[146] S. Hans Galperin, Der wichtige Grund zur außerordentlichen Kündigung, DB 1964, 1114, 1117 [9.], wo – soweit ersichtlich – erstmals der Ausdruck von der Kündigung als „ultima ratio“ verwendet wird.

[147] S. Dirk Neumann, Kündigung bei Krankheit, 2. Auflage (1965), S. 26, wo als „allgemeiner Grundsatz des Kündigungsschutzrechts“ herausgestellt wird, dass „zu einer Kündigung nur als letztem möglichem Ausweg gegriffen werden“ solle.

[148] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [22.8.1963] SAE 1964, 2: „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (Übermaßverbot)“; ders. Anm. BAG [26.11.1964] AP § 626 BGB Nr. 53 [IV.]: „Übermaßverbot“; ders. Anm. BAG [21.10.1965] AP § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5: „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel“; ders. Anm. BAG [12.12.1968] AP § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 20: „Grundsatz von der Verhältnismäßigkeit der Mittel“.

[149] Das heute „geflügelte“ Wort stammt, soweit ersichtlich, von Friedrich Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 2. Auflage (1912), S. 354 für das Handeln der Polizei im konstitutionellen Rechtsstaat.

[150] S. grundlegend BAG 30.5.1978 – 2 AZR 630/76 – BAGE 30, 309 = AP § 626 BGB Nr. 70 = NJW 1979, 332 [Leitsatz 2 u. III.2 b.]; s. aus jüngerer Zeit BAG 12.7.2007 (Fn. 143) [B.II.2 a]: „Eine Kündigung ist als letztes Mittel nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat“; [B.II.2 b.]: „Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignet mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung künftig zu beseitigen“.

[151] S. zu dieser Entwicklung bereits RAG 21.5.1938 – RAG 17/38 – ARS 33, 135, 139: „Auf der anderen Seite können es die Umstände, insbesondere eine langjährige, erfolgreiche Dienstzeit des Angestellten und schwerwiegende wirtschaftliche Folgen der Kündigung für ihn durchaus rechtfertigen, dem Unternehmen erst einen Versuch zuzumuten, die Beschwerden durch eine Abmahnung abzustellen …“; BAG 2.5.1958 – 1 AZR 92/56 – AP § 66 BetrVG Nr. 16 [I.: „Wie auch das LAG nicht verkennt, sind durchaus Fälle denkbar, in denen … eine Abmahnung erforderlich ist“; 18.1.1968 – 2 AZR 45/67 – AP § 66 BetrVG Nr. 28 [II.2.]: „Soweit es sich um Störungen aus dem Leistungsbereich handelt … , hat die fristlose Kündigung die Funktion des gesetzlichen Rücktritts, der in der Regel eine Abmahnung erfordert“; 8.8.1968 – 2 AZR 348/67 – AP § 626 BGB Nr. 57 [II.6.]: „Falls die vorerwähnte ‚Verwarnung’ nicht zulasten des Klägers gewertet werden kann, hätte es der Prüfung bedurft, ob eine Verwarnung nicht überhaupt die notwendige Voraussetzung für eine außerordentliche auf Störung im Leistungsbereich gestützte Kündigung war“; 11.12.1975 – 2 AZR 426/74 – AP § 15 KSchG 1969 Nr. 1 [II.2.]: „Das LAG hat die Pflichtverletzung des Klägers durch die ‚Streikaufforderung’ als Störung im sog. Leistungsbereich gewertet, bei dem es grundsätzlich einer Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung bedarf“; s. zur Erstreckung des Abmahnungsgebots auf den sogenannten „Vertrauensbereich“  insbesondere BAG 30.6.1983 - 2 AZR 524/81 – EzA § 1 KSchG Tendenzbetrieb Nr. 14 [A.IV.1.]: „Auch ein Fehlverhalten im Vertrauensbereich berechtigt jedoch dann nicht ohne vorherige erfolglose Abmahnung zum Ausspruch einer Kündigung, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (vgl. Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz. 90 a; KR-Hillebrecht, § 626 Rz. 100)“; ebenso BAG 18.11.1986 – 7 AZR 674/84 – AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = NZA 1987, 418 [II.5.]; s. auch BAG 4.6.1997 – 2 AZR 526/96 – NZA 1997, 1281 [II.1 d.]: „Zu prüfen ist … das Abmahnungserfordernis bei jeder Kündigung, die wegen eines steuerbaren Verhaltens des Arbeitnehmers oder aus einem Grund in seiner Person ausgesprochen wurde, den er durch sein steuerbares Verhalten beseitigen, wenn also eine Wiederherstellung der Vertrauens erwartet werden konnte“.

[152] S. besonders deutlich etwa BAG 10.11.1988 – 2 AZR 215/88 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 3 = NZA 1989, 633 [II.2 b.]: „In der Entscheidung vom 30.1.1979 … wird insoweit ausgeführt, die Kündigung sei die stärkste individualrechtliche Maßnahme, die Abmahnung demgegenüber das mildere Mittel. Insofern geht die Abmahnung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Kündigung vor, da die Kündigung nur erforderlich ist, wenn andere Mittel nicht mehr ausreichen“; 26.1.1995 – 2 AZR 649/94 – NZA 1995, 517, 519 [B.III.4 a.]: „Aus dem Tatbestandsmerkmal ‚bedingt’ in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel abgeleitet. Eine Kündigung ist nur erforderlich (‚ultima ratio’), wenn sie nicht durch mildere Maßnahmen zu vermeiden ist. Eine gegenüber der Kündigung mildere Maßnahme ist die Abmahnung“; 21.2.2001 – 2 AZR 579/99 – EzA § 242 BGB Kündigung Nr. 2 [II.4 c.]: „Das Erfordernis einer vergeblichen Abmahnung ist im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes Ausfluss des Grundsatzes  der  Verhältnismäßigkeit“; ebenso  BAG  28.8.2003 –  2  AZR  333/02 – EzA § 242 BGB Kündigung Nr. 17 [B.III.3 e.]; im gleichen Sinne BAG 7.7.2005 – 2 AZR 581/04 – BAGE 115, 195 = AP § 626 BGB Nr. 192 = NZA 2006, 98 [B.I.], wo von der „Prüfung“ die Rede ist, „ob auf Grund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist“; ebenso BAG 27.4.2006 – 2 AZR 386/05 – BAGE 118, 104 = AP § 626 BGB Nr. 202 = NJW 2006, 2939 [B.I.]; s. ferner BAG 12.1.2006 – 2 AZR 179/05 – AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = NZA 2006, 980 [B.III.2 b, aa.]: Die Abmahnung „ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (…). Nach § 1 Abs. 2 KSchG muss die Kündigung durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt sein. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren“; ebenso BAG 19.4.2007 – 2 AZR 180/06 – AP § 174 BGB Nr. 20 = NZA-RR 2007, 571 [B.IV.3 b, aa.].

[153] S. statt aller BAG 12.1.2006 (Fn. 152) [B.III.2 b, aa.]: „Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen“; ebenso bereits BAG 18.1.1980 – 7 AZR 75/78 – AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 3 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7 = BB 1980, 1269 [2 a.]: „Fehlt es an einer solchen Abmahnung, so ist eine auf Leistungsmängel gestützte Kündigung unwirksam, es sei denn, dass im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als entbehrlich angesehen werden durfte“; 18.12.1980 – 2 AZR 1006/78 – BAGE 34, 309 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 22 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 44 [B.II.4 c, bb.]: „Bei dieser Sachlage scheidet die Privatarbeit des Klägers … ohne vorherige Abmahnung als Kündigungsgrund aus“.

[154] S. Text: „§ 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund. (1) … (2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung“.

[155] S. BAG 12.1.2006 (Fn. 152) AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = NZA 2006, 980 [B.III.2 b, aa.]: Die Abmahnung „ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (…). Nach § 1 Abs. 2 KSchG muss die Kündigung durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt sein. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren“.

[156] S. dazu etwa BAG 19.4.2012 (Fn. 103) [I.2 a, cc. - Rn. 22]: „Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (…). Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (…). Das gilt grundsätzlich auch für Störungen im Vertrauensbereich“; im Anschluss BAG 11.7.2013 (Fn. 103) [B.I.1 a. - Rn. 21].

[157] S. im gleichen Sinne Joachim Heilmann/Tatjana Aigner, Streitkultur in Wirtschaftsunternehmen – Zur Konzeption eines abgestuften Konfliktmanagements, in: Dieter Strempel/Theo Rasehorn (Hrg.), Empirische Rechtssoziologie, Gedenkschrift für Wolfgang Kaupen (2002), S. 223, 239: „Insgesamt dokumentieren die Erscheinungsformen der Intervention den Versuch, die durch das Fehlverhalten gestörte Kooperation wiederherzustellen“.

[158] S. mit gleicher Tendenz zutreffend bereits LAG Frankfurt 23.7.1987 (Fn. 126) [Leitsatz – Anschlusspassage zu Fn. 126]: „Das gilt erst recht für eine vom (Kündigungsberechtigten) beteiligten Vorgesetzten selbst ausgesprochene Kündigung. In diesem Fall ist der gemeinsame Vorgesetzte bzw. der Betriebsinhaber selbst im Zweifel gehalten, zunächst eine Abmahnung auszusprechen“.

[159] S. Text: „§ 12 Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers. (1) … (3) Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen“.

[160] S. dazu eingehend ArbG Berlin 10.5.2013 – 28 Ca 15881/12 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Leitsatz 2.]: „Liegt der normative Geltungsgrund des Abmahnungserfordernisses im Grundstz der Verhältnismäßigkeit, so ist dieses Verfahrensgebot nicht durch die Erwägung zu ersetzen, der betroffene Arbeitnehmer habe sich auch ohne Abmahnung sagen müssen, dass der Arbeitgeber das fragliche Fehlverhalten nicht billigen werde. Die Abmahnung dient in diesem Zusammenhang nicht der Beseitigung etwaiger Irrtümer über den vertraglichen Pflichtenkreis und seine Grenzen, sondern der Erprobung, ob den Vertragsbelangen des Arbeitgebers auch auf schonendere Weise als durch ultimative Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsprochen werden kann“; s. im selben Sinne schon Margot Bock, Rechtsprobleme der Abmahnung, ArbuR 1987, 217, 219 [vor 5.]: „In der Rechtsprechung findet sich zwar häufig die Formulierung, dass der Arbeitnehmer mit einer Billigung seines Verhaltens nicht habe rechnen können und daher eine Abmahnung vor Kündigung nicht erforderlich gewesen sei (…). Hier werden jedoch zwei verschiedene Funktionen der Abmahnung (…) miteinander vermischt. - Soweit der Arbeitnehmer mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen durfte, wäre eine Kündigung schon wegen widersprüchlichen Verhaltens des Arbeitgebers unwirksam (…). Eine vorherige Abmahnung wäre in diesem Fall notwendig, um die Wirkung einer stillschweigenden Duldung zu beseitigen. Dies ist jedoch nicht die Hauptfunktion einer Abmahnung. Vielmehr soll die Abmahnung … als milderes Mittel gegenüber der Kündigung dem Arbeitnehmer die Gelegenheit geben, zu vertragsgerechtem Verhalten zurückzukehren“.

[161] S. BAG 19.4.2012 (Fn. 103) [I.2 c, bb.- Rn. 26] zur Erwägung der Vorinstanz, es sei eine Abmahnung vonnötigen gewesen, weil der Kläger nicht damit habe rechnen können, „es würden schon bei einem ersten Verstoß kündigungsrechtliche Konsequenzen gezogen“: „Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Zwar musste dem Kläger angesichts des ausdrücklichen Verbots jeglicher privater Internetnutzung klar sein, dass die Beklagten sein Verhalten als vertragswidrig erachten würden. Es ist aber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das LAG angenommen hat, der Kläger habe davon ausgehen dürfen, die Beklagten würden auf einen Verstoß nicht sofort mit einer Kündigung reagieren. Dieser Würdigung steht die ausdrückliche Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bereits bei einem erstmaligen Verstoß in dem Rundschreiben vom 8.8.2002 schon deshalb nicht entgegen, weil als arbeitsrechtliche Konsequenzen unterschiedliche Reaktionen (Abmahnung; Kündigung) in Betracht kommen“.

[162] S. zur Erinnerung: 0.48 Uhr: „Hilfe“; 12.38 Uhr: „Du hast mein Leben zerstört“; 13.01 Uhr: „Ich habe seit November kein Geld mehr bekommen, lebe jetzt auf der Straße, das ist Dein Werk“; 15.45 Uhr: „Du hast mein Leben zerstört“.

[163] S. Text: „§ 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts. (1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. - (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt“.

[164] S. insofern nochmals Joachim Heilmann/Tatjana Aigner (Fn. 157) – Zitat dort.

[165] S. zu dessen Auslösern und Kennzeichen statt vieler Joachim Bauer, Das Gedächtnis des Körpers – Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern, 8. Auflage (2006), S. 199-208, Körperliche Spuren bei Problemen am Arbeitsplatz: Das Burnout-Syndrom“; S. 208: „Symptome sind Erschöpfung, Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Schwindelgefühle ohne körperlichen Befund, Angst oder depressive Verstimmungen“.

[166] S. hierzu – dort mit Blick auf Suchterkrankungen - statt vieler bereits BSG 15.2.1978 – 3 RK 29/77 – BSGE 46, 41 [„Juris“-Rn. 12]: „Kontrollverlust mit zwanghafter Abhängigkeit“.

[167] S. dazu etwa LAG Hamm 21.9.2007 – 7 Sa 916/07 – (Volltext: „Juris“) [Orientierungssatz]: „Einer negativen Zukunftsprognose steht eine im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehende Therapiebereitschaft des Arbeitnehmers entgegen“; dass. 4.9.2011 – 11 Sa 1918/00 – LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 33 [Leitsatz]: „Bei Therapiefähigkeit und Therapiebereitschaft des alkoholerkrankten Arbeitnehmers indiziert ein alkoholbedingter Rückfall nach einer erfolgreichen Entwöhnungskur allein noch nicht die für eine soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers notwendige negative Prognose, bei dem gekündigten Arbeitnehmer sei auch in Zukunft mit alkoholbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Leistungseinschränkungen zu rechnen“; Wolfhard Kohte, Anm. LAG Berlin-Brandenburg [17.8.2009 – 10 Sa 506/09] jurisPR-ArbR 15/2011 Anm. 6 [B.]: „Auch wenn Entziehungsmaßnahmen nicht selten scheitern oder erst nach mehrfachem Anlauf erfolgreich sind, kann bei einem Kläger, der zum Kündigungszeitpunkt zu einer ersten Entziehungsmaßnahme bereit ist, regelmäßig keine Negativprognose angenommen werden. … Gerade weil es sich bei einer solchen Abhängigkeit um eine Krankheit handelt, muss die real bestehende Möglichkeit der Entziehungsmaßnahme zunächst ausgeschöpft werden“.

[168] S. Text: „§ 84 Prävention. (1) … (2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement)“.

[169] S. zu dessen Möglichkeiten allgemein statt vieler Wolfhard Kohte, in: Ralf Kreikebohm/Wolfgang Spellbrink/Raimund Waltermann (Hrg.), Kommentar zum Sozialrecht, 3. Auflage (2013), § 84 SGB IX Rnrn. 14 ff.; Katja Nebe, in: Wolfhard Kohte/Ulrich Faber/Kerstin Feldhoff, Gesamtes Arbeitsschutzrecht (2014), § 84 SGB IX Rnrn. 9 ff.

[170] S. zur Einordnung etwaiger einschlägiger Abmachungen anschaulich Wolfhard Kohte, Anm. LAG Hamm [21.9.2007 - 7 Sa 916/07] jurisPR-ArbR 14/2009 Anm. 6 [D.]: „Die Kammer hatte nicht mehr zu klären, welche Bedeutung die Vereinbarung des Klägers mit der Personalabteilung hatte, wonach er eine Entziehungsbehandlung durchzuführen habe. Die Beklagte sah in der Verletzung dieser Vereinbarung einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund, hielt diese Position aber in der zweiten Instanz nicht aufrecht. Dies war sachdienlich, denn mit solchen Vereinbarungen kann nicht eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Gestaltung seines persönlichen Lebens gegenüber dem Arbeitgeber übernommen werden, da solche Vereinbarungen nicht wirksam getroffen werden können (…). In der Suchtbehandlung sind Absprachen über Teilnahme an einer Therapie oder einer Selbsthilfegruppe üblich und ein wichtiges Behandlungsmittel, um die Motivation der Betroffenen durch ,dosierten Druck' zu stärken; sie werden jedoch nicht als schuldrechtliche Vereinbarung eingestuft, sondern nur als therapeutische Hilfsangebote, deren Ablehnung/Missachtung nicht als Pflichtverletzung bewertet wird (...)“.

[171] S. zu dieser Folgerungsweise schon oben, S. 14 [2.].

[172] S. insofern etwa ArbG Berlin 20.12.2013 – 28 Ca 13574/13 – BB 2014, 1651 = DB 2014, 1746 (jeweils Leitsätze; Volltext: „Juris“) [Leitsatz 2.]: „Lässt sich der Arbeitgeber entsprechende Begebenheiten von Dritten zutragen, so ist er vor Ausspruch einer darauf gestützten Kündigung regelmäßig gehalten, dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zu geben, sich zu den betreffenden Schilderungen der fraglichen Gewährsperson zu äußern (s. dahin schon BAG 14.07.1960 – 2 AZR 64/59 – AP § 123 BGB Nr. 14 [IV.6 b.]; s. auch bereits BGH 29.11.1956 – III ZR 50/55 – BGHZ 22, 258, 267: ,Fundamentalgrundsatz jeder rechtsstaatlichen Ordnung'). Kündigung der Arbeitgeber ohne einen solchen Klärungsversuch, so ist die Kündigung schon wegen fehlender Anhörung der Zielperson unwirksam“; dass. 28.11.2014 – 28 Ca 12770/14 – n.v.

[173] S. Text: § 256 Feststellungsklage. (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde“.

[174] S. dazu nur BAG 13.3.1997 – 2 AZR 512/96 – EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [II.1.]: „Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. … a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung der zulässigen Verbindung beider Klagen nach § 4 KSchG und nach § 256 ZPO insbesondere zu den in der Praxis gelegentlich auftretenden Fällen entwickelt, bei denen Arbeitgeber oder deren Prozessbevollmächtigte durch nicht ohne weiteres erkennbare weitere (Prozess-)Kündigungen versuchen, die Wirkungen des § 7 KSchG herbeizuführen“.

[175] S. Walter Bitter; Zur Kombination von Kündigungsschutzklage mit allgemeiner Feststellungsklage – Oder: Zur Schleppnetztheorie des Bundesarbeitsgerichts, DB 1997, 1407 ff.

[176] S. hierzu BAG (GS) 27.2.1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14 [Leitsatz 1.]: „Außerhalb der Regelung der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen“; s. ferner BAG a.a.O. [C.II.3 b. u. C.II.3 c.]: „b) Abgesehen von den Fällen der offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung und damit die Ungewissheit über den Prozessausgang mit den daraus folgenden Risiken ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht zu beschäftigen. … [wird aufgeführt; d.U.] – c) Die Interessenlage verschiebt sich jedoch, wenn im Kündigungsprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Durch ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil wird zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Aber die Parteien hatten Gelegenheit, dem Gericht in einem ordentlichen Prozessverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassungen darzustellen. Wenn ein Gericht daraufhin eine die Instanz abschließende Entscheidung trifft und die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, so ist damit zumindest eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne des klagenden Arbeitnehmers eingetreten. … Es [gemeint: das Feststellungsurteil; d.U.] wirkt sich, solange es besteht, dahin aus, dass nunmehr die Ungewissheit des endgültigen Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen kann“.

[177] Gemeint ist der vom Kläger angesprochene Versuch (Schriftsatz vom 9.2.2015 S. 2-3 (Bl. 81-82 GA), die betriebliche Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell umsetzen.

[178] S. Text: „§ 286 Freie Beweiswürdigung. (1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei“.

[179] S. insofern stattdessen schon oben, S. 8 [vor 2.], wonach Frau K. dem Kläger selbst noch während der Zusammenarbeit im gemeinsamen Büro „so gut es ging aus dem Wege“ gegangen sei.

[180] S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

[181] S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.

[182] S. Text: „§ 12 a Kostentragungspflicht. (1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes“.

[183] S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

stats