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Arbeitsrecht
11.06.2015
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Zuverlässigkeit von Zeugen und Beweiswürdigung

ArbG Berlin, Urteil vom 2.4.2015 – 28 Ca 4629/14

Leitsätze

I. Grundlage für die Beurteilung der Zuverlässigkeit („Glaubhaftigkeit“) von Zeugen und anderen Auskunftspersonen vor Gericht ist – nicht nur im Strafverfahren - in erster Linie die Aussagepsychologie (s. BGH 22.1.1998 – 4 StR 100/97 – NStZ 1998, 336 [I.2 b.]; 3.11.1987 – VI ZR 95/87 – MDR 1988, 307 = NJW-RR 1988, 281 [II.]; AK-ZPO/Rolf Rüßmann, Vorb. § 373 Rn. 43). Dabei müssen Zuverlässigkeit wie Unzuverlässigkeit gleichermaßen anhand der aussagepsychologisch gesicherten Kriterien geprüft und begründet werden (s. OLG Karlsruhe 14.11.1997 – 10 U 169/87 – NJW-RR 1998, 789, 790 = MDR 1998, 493, 494 [II.1 a.]; tendenziell auch LAG Baden-Württemberg 28.3.2001 – 20 Sa 15/01 – n.v. [I.2.]).

II. Beweiswürdigung: Knappe Berichterstattung (§ 396 Abs. 1 ZPO) mit klischeehaften Wendungen statt „lebendiger Erinnerung“ (s. BGH 11.11.1952 – 1 StR 465/52 – BGHSt 3, 281, 284); Verlust der Trennbarkeit äußerlich gleichförmiger Erlebnisse für die innere Rückschau („Verschmelzungs“-Gefahr); Erinnerungsverlust im Zeitablauf und unbewusste Füllung entstehender Lücken; Kommunikation mit Dritten – insbesondere: „Autoritäten“ [hier: Ehemann; Rechtsanwalt] - als Verfälschungsrisiko für Erinnerungsbilder; u.a.m.). - Wortprotokoll als Rohstoff aussagepsychologisch geprägter Schlussfolgerungen.

III. Schlussurteil zum Teilurteil gleichen Rubrums vom 9. Januar 2015 (Juris).

Sachverhalt

Es geht – weiterhin - um auf Gründe im Verhalten gestützte (fristlose) Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses.

I.              Wegen der Verhältnisse der Parteien und wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatbestandliche Darstellung im Teilurteil vom 9. Januar 2015  verwiesen.

II.             Nachdem im Teilurteil hinsichtlich zweier Kündigungen in Schreiben vom 7 . und 11 . März 2014 (Kopien: Urteilsanlagen I. u. II.) festgestellt worden ist, dass diese das Ausbildungsverhältnis der Klägerin nicht aufgelöst haben, geht es für das hiesige Schlussurteil lediglich um eine auf den 12. März 2014 datierte (dritte) fristlose Kündigung  (Kopie: Urteilsanlage III.). Von dieser hatte der Beklagte behauptet, sie der Klägerin am selben Tage (12. März 2014) durch seine Ehefrau per eigenhändigem Einwurf deren Hausbriefkasten übermittelt zu haben , während die Klägerin darauf bestand, abgesehen von der – rechtzeitig angegriffenen – Kündigung im Schreiben vom 11. März 2014 (Urteilsanlage II.) keine weitere Kündigung des Beklagten empfangen zu haben.

III.            Die Klägerin beantragt noch,

festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten im Schreiben vom 12. März 2014 das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis nicht aufgelöst hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

IV.           Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. - Das Gericht hat Beweis erhoben (auch) über die Behauptung des Beklagten zur Übermittlung des Kündigungsschreibens vom 12. März 2014 (Urteilsanlage III.) an die Adresse der Klägerin durch Vernehmung seiner dafür benannten Ehefrau als Zeugin. Wegen der Einzelheiten der Beweisthematik wird auf den Beweisbeschluss vom 2. April 2015  verwiesen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die betreffende Niederschrift gleichen Datums . - Zu ergänzen ist zweierlei: 1. Das Gericht hat einen Auszug der Sitzungsniederschrift vom 2. April 2015 mit den Äußerungen der Auskunftsperson und der zugehörigen Fragen (Kursivdruck) zur erleichterten Erörterung und Kommentierung mit (fettgedrucken) Randnummern versehen und diesem Schlussurteil als Anhang beigefügt. - 2. Dabei bleibt zu beachten, dass die Vernehmung der Zeugin unter Zwischenschaltung einer Dolmetscherin für die portugiesische Sprache durchgeführt worden ist. Das bedeutet, dass bei dem Wortlaut der Antworten der Zeugin auf diejenige deutschsprachige Textgestaltung zurückgegriffen werden musste, die die Übersetzungsgehilfin jeweils gefunden hat. - Auf die so gefertigte Arbeitshilfe wird gleichfalls verwiesen.

Aus den Gründen

Soweit über die Klage noch zu befinden war, musste ihr entsprochen werden. Die Kündigung im Schreiben vom 12. März 2014 (Urteilsanlage III.) hat das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht aufzulösen vermocht. Sie steht nicht einmal inhaltlich zur Entscheidung an, weil nicht festgestellt werden kann, dass sie der Klägerin überhaupt zugegangen wäre. Ob dem Beklagten insoweit ein Kündigungsrecht im Sinne des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG  zustand, kann angesichts dessen bereits aus diesem Grunde auf sich beruhen. - Der Reihe nach:

A.         Allerdings obläge dem Beklagten kein Sachvortrag, der einen wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG objektivierte, wenn schon § 7 (1. Halbsatz) KSchG  die Wirksamkeit der Kündigung kraft Gesetzes „fingierte“, weil die diesbezügliche Klage erst am 29. April 2014 bei Gericht einging und folglich selbst unter Berücksichtigung der Wertungen aus § 167 ZPO  deutlich länger als drei Wochen nach dem behaupteten Briefeinwurf vom 12. März 2014 zur Überprüfung gestellt worden war. Da nach der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen auch Klagen gegen die Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen jedenfalls dann innerhalb der Klagefrist der §§ 13 Abs. 1 Satz 2 , 4 Satz 1  KSchG erhoben worden sein müssen, wenn für den Bezirk des Ausbildungsverhältnisses – wie hier  - kein Schlichtungsausschuss (§ 111 Abs. 2 ArbGG ) eingerichtet ist , käme die hiesige Klage in Ermangelung eines Antrags auf nachträgliche Zulassung (§ 5 KSchG ) zumindest dann unheilbar verspätet, wenn der betreffende Zugang am 12. März 2014 tatsächlich feststellbar und auch der besagten Rechtsprechung gegen erhebliche Bedenken in Fachschrifttum  und Instanzgerichtsbarkeit  zu folgen sein sollte.

B.         Die so aufgeworfene Rechtsfrage kann jedoch letztlich auf sich beruhen. Tatsächlich lässt sich nämlich nicht feststellen, dass das Schriftstück vom 12. März 2014 – wofür der Beklagte als dessen Urheber  nach allgemeinen Grundsätzen bekanntlich beweisbelastet ist  - am selben Tage in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden sei. Damit ist ein Zugang der Kündigung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ) nicht brauchbar „dingfest“ zu machen und folglich nicht feststellbar, dass die (etwaige) Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG  in Gang gesetzt worden sei. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

I.          Die Ehefrau des Beklagten hat in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 2. April 2015 (s. oben, S. 3 [IV.]; Urteilsanhang) allerdings bekundet, sie habe das Schriftstück (Urteilsanlage III.) am 12. März 2014 auf Geheiß ihres Mannes auf dem eigenen Heimweg an der Adresse der Klägerin in deren (Haus-)Briefkasten eingeworfen (s. [1.] : „Das habe ich getan“). Sollte dies (auch) für das hier interessierende Schriftstück situativ und phänomenologisch zutreffen, so wäre ein „Zugang“ im Rechtssinne in der Tat belegt. Wie dazu schon im Teilurteil vom 9. Januar 2015 erläutert , halten die für Zivil- und Arbeitssachen den besagten Zugang im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB  nach einer bereits vom Reichsgericht (in Zivilsachen ) geprägten Formel nämlich schon dann für bewirkt, wenn die betreffende Erklärung (zumeist: Schriftstück) in einer Weise in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dessen Kenntnisnahme bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge erwartet werden kann , wird ein derartiger „Zugang“ beim Einwurf in den Hausbriefkasten des Adressaten der Willenserklärung – ohne dass es auf die tatsächliche Nutzung der gegebenen Möglichkeit zur Kenntnisnahme ankäme  – von den Gerichten gewohnheitsmäßig bejaht . Würde der betreffenden Sendung nach derartiger Ablieferung vor einer Kenntnisnahme des Adressaten etwa durch Entwendung oder Vandalismus etwas „zugestoßen“ sein, so entfiele auch damit nicht der bereits bewirkte Rechtseffekt. Dem wäre im Kontext der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG allenfalls mit den schon erwähnten Mitteln nachträglicher Klagezulassung (§ 5 KSchG ) abzuhelfen, die hier jedoch – wie gleichfalls schon zum Teilurteil erwähnt - nicht beantragt worden ist.

II.         Allerdings lässt sich den hiesigen Bekundungen der Ehefrau des Beklagten die nötige Belastbarkeit für Zwecke gerichtlicher Tatsachenfeststellungen im Lichte der zur Beweiswürdigung zu Gebote stehenden Erkenntnisquellen (s. § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) nicht bescheinigen. Zu vieles spricht gegen die erforderliche Gewissheit, dass die Zeugin in ihren Erinnerungsbildern den im Termin bekundeten Vorgang nicht mit phänomenologisch ähnlichen Lebensvorgängen zur Übermittlung unstreitig zugegangener Schriftstücke am Hause der Klägerin verwechselt hat. Zudem verheißt die vorgerichtliche Kommunikation der Beteiligten über das hiesige Zentralgeschehen auch bei uneingeschränkter Zubilligung persönlicher Redlichkeit der Zeugin für die Unversehrtheit ursprünglicher Erinnerungsbilder so wenig Gutes für die objektive Verlässlichkeit ihrer Bekundungen im Beweistermin, dass das Gericht seine Zweifel an besagter Belastbarkeit nicht unterdrücken kann. - Insofern, abermals, der Reihe nach:

1.         Die Kammer verkennt bei ihrer Würdigung keineswegs, dass es für die zivilprozessuale „Überzeugung“ auf letztgültige Gewissheit nicht ankommt. Wie namentlich der Bundesgerichtshof (BGH) in Fortschreibung „klassischer“ Judikatur bereits des frühen Reichsgerichts  (RG) betont hat, setzt das Gesetz in tatsächlich zweifelhaften Fällen keine „von allen Zweifeln freie Überzeugung“ voraus . Es begnügt sich vielmehr, fordert dann aber auch, einen „für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit“, der „den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“ .

2.         Auch nach diesen - erleichterten - Anforderungen erschließt sich der befassten Kammer nicht, dass die hier strittige Sendung den ihr zugedachten Platz am 12. März 2014 tatsächlich im Briefkasten der Klägerin gefunden hat:

a.         Das folgt allerdings neuerlich nicht bereits daraus, dass die Kammer mit der Klägerin  annähme, die Szenerie um eine unter dem Datum des 12. März 2014 unterzeichnete Kündigung (Urteilsanlage III.) spiegele in Wahrheit lediglich einen Versuch unredlicher Folgenerschleichung, nachdem dem Beklagten durch Zustellung der gegen die Kündigung vom 11. März 2014 (Urteilsanlage II.) gerichteten Klage aufgegangen sei, dass er hinsichtlich der von ihm nun doch betriebenen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses auf entschiedene Gegenwehr stoße. Zwar besteht nach den Erfahrungen der forensischen Praxis nach wie vor kein Zweifel daran, dass für unredliche Arbeitgeber und ihre Berater ein nahezu unwiderstehlicher Anreiz entstehen kann, die Risiken einer auf mutmaßlich „schwachen Füßen“ stehenden Kündigung kurzerhand dadurch zu bannen, dass notfalls durch Nachinszenierung vorgeblich längst übermittelter Kündigungen die aus solcher Sicht segensreichen Wirkungen des § 7 (1. Halbsatz) KSchG  aktualisiert werden. Insofern veranschlagt das Gericht die solchen Handlungselan vermeintlich bremsende Wirkung des dann typischerweise im Raum stehenden Vorwurfs des Prozessbetrugs weiterhin denkbar gering, zumal nicht nur nach langjährig eigenen Eindrücken, sondern auch nach dem Urteil ausgewiesener Sachkenner „nirgends“ so viel gelogen wird, wie gerade vor Gericht . Nicht zu übersehen bleibt jedoch, bei etwaiger Motivationsforschung auch eine spiegelbildlich korrespondierende Interessenlage beim Adressaten vermeintlich nur fingierter Kündigungen mit in Betracht gezogen werden muss: Da dieser bei erfolgreichem Leugnen des Empfangs einer tatsächlich zugegangenen Kündigungserklärung nicht nur Zeit gewönne, sondern gerade in Fällen der hiesigen Provenienz mit einer Kombination von Kündigungserklärungsfristen (§ 626 Abs. 2 BGB ; § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG ) und dem Ausschluss ordentlicher Kündbarkeit (bis auf Weiteres) sogar komplett „sorgenfrei“ gestellt wäre, stände es mit einschlägigen Versuchungen, es vor Gericht mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen, zwischen den Kontrahenten bestenfalls „patt“. Richtig bleibt freilich, an die Wachsamkeit befasster Gerichte in Fällen, in denen mutmaßlich starke Motive mit objektiv schwer rekonstruierbaren Geschehnissen im Spiel sein können, spätestens dann erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn sich die maßgeblichen Fakten – wie hier - ausschließlich aus individuellen Erinnerungsbildern von Auskunftspersonen  erschließen (lassen) sollen.

b.         Auf Identifikation und Einschätzung etwaiger Motivationslagen kommt es für die Beurteilung der Verhältnisse des Streitfalls aber auch sonst nicht an. Wie bereits angeklungen (s. oben, S. 7 [II.]), lassen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des hiesigen (Zugangs-)Geschehensbildes nicht ausräumen, auch ohne dafür die persönliche Integrität der Gewährsperson des Beklagten in Zweifel zu ziehen:

ba.       Was dabei den normativen Rahmen anbelangt, so ist vorab vorsorglich daran zu erinnern, dass sich die richterliche Würdigung der Bekundungen von Auskunftspersonen im Zuge der Tatsachenfeststellung nach heutigem Stand der Zivilgerichtsbarkeit nicht zuletzt unter dem Einfluss rechtsstaatlicher Vergewisserungsgebote  (Art. 103 Abs. 1 , Art. 2 Abs. 1 , Art. 20 Abs. 3  GG) in erster Linie nach den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Aussagepsychologie zu richten hat . Hieraus folgt unter anderem, dass die Verlässlichkeit der Bekundungen von Auskunftspersonen als Grundlage gerichtlicher Tatsachenfeststellung nicht etwa – wie auch immer – vorschnell zu vermuten, sondern vielmehr anhand der hierfür entwickelten Merkmale ebenso konkret wie positiv zu prüfen und erst bei entsprechendem Ertrag dieser Kontrollprozedur festzustellen ist . In diesem Zusammenhang braucht das Gericht der Auskunftsperson namentlich nicht – was in der Tat an Paradoxie erinnerte  - „nachzuweisen“, dass diese etwa gelogen oder sich geirrt hätte: Es genügt, wie bereits angeklungen, dass die Inhalte der betreffenden Aussage nach Merkmalen und Begleitumständen nicht verlässlich genug anmuten, um in das gerichtliche Urteil als erwiesene Tatsachen übernommen zu werden und damit den Rechtsstreit im Spannungsfeld kontradiktorischen Prozessierens zugunsten der beweisbelasteten Partei entscheiden zu können . Dies (Verlässlichkeitsdefizite) allerdings ist der beweisfällig bleibenden Partei dann auch zu erläutern (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO ). Dabei ist es mit Redensarten und Leerformeln freilich ebenso wenig getan, wie im umgekehrten Fall, dass nämlich der Auskunftsperson richterlich „geglaubt“ werde .

bb.       Nach diesen Grundsätzen kann für den Streitfall zwar nicht ausgeschlossen werden, was nach ihren eigenen Bekundungen ohnehin feststeht: Dass die Zeugin nämlich vor Ort in der Tat und wiederholt Schriftstücke eingeworfen habe. Es kann angesichts der verfügbaren Erkenntnisquellen jedoch nicht mit der nötigen Verlässlichkeit festgestellt werden, dass sie auch am 12. März 2014 das hierzu im Streit stehende Produkt (Urteilsanlage III.) in der besagten Weise dem Briefkasten am Hause der Klägerin überantwortet hat. - Auch hierzu, letztmalig, der Reihe nach:

(1.)       Was zunächst den textlichen Ertrag des Vernehmungsgeschehens (s. dazu oben, S. 3 [IV.]; Urteilsanhang) anbelangt, so wirft schon der „Bericht“ der Zeugin (s. § 396 Abs. 1 ZPO ) zumindest Fragen auf:

(a.)       Dieser ist – in der Übersetzung (s. nochmals oben, S. 3 [IV.2.]), jedoch als solche wortwörtlich - wie folgt dokumentiert (Nachfragen des Vorsitzenden kursiv gedruckt; d.U.):

„1.        Am 12. März hat mich mein Ehemann gebeten, einen Brief zu überbringen. Dabei ging es um die Kündigung des Vertrages von Frau B. [Nachname der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] (Haben Sie das Schriftstück gerade vor sich?) Ja. Das ist eine Kopie. Also, ich war in der Praxis und mein Mann bat mich, den Brief in den Briefkasten der Frau B. einzuwerfen. Das habe ich getan.

2.         Ist das alles?

3.         Es ist für mich schwierig, zu sagen, was relevant ist, zum Beispiel, dass ich die Praxis verlassen habe. Und auf dem Weg nach Hause bin ich bei der Wohnung von Frau B. vorbeigegangen. Und dort habe ich den Brief in den Briefkasten geworfen.

4.         Kommt noch etwas?

5.         Nein.

6.         Das wäre der Bericht ?

7.         Ja“.

(b.)       Was sich in diesem Interaktionsszenario (hoffentlich) eindrucksvoll spiegelt, ist nicht nur das (fast) ungläubige Erstaunen des Gerichts, wie kurz die zusammenhängende  Berichterstattung der zuvor in die Beweisthematik eingeführte Auskunftsperson über ihr für den 12. März 2014 bekundetes Heimwegserlebnis ausfällt, sondern – und vor allem – in welcher Weise dieses sprachlich vermittelt wird:

(ba.)     Keine – und schon gar nicht abträgliche - Bedeutung misst die Kammer insofern zwar dem Umstand zu, dass sich die Zeugin ersichtlich so kurz wie nur möglich zu fassen suchte, um offenbar möglichst rasch ins Stadium der erwarteten „Befragung“ (§ 396 Abs. 2 ZPO ) zu gelangen. Wenn eine Beweisperson die ihr gebotene Gelegenheit zu ausführlicher Berichterstattung nicht weidlich nutzt, so kann das neben situativ bedingter Unsicherheit vielerlei Gründen bis hin zu entsprechenden Instruktionen etwaiger Berater in Vorbereitungsgesprächen (s. dazu für die hiesige Sachgestaltung [214.-224. ]; [240-243]; ferner noch unten, S. 19-26 [(3.)]) zu verdanken sein. Der Knappheit ihrer Mitteilungen als solcher („Quantität“) entnimmt das Gericht daher keine Gesichtspunkte, die die Verlässlichkeit der Angaben der Zeugin in Frage stellen könnten.

(bb.)     Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der „Qualität“ ihrer Angaben:

< 1. >   Insofern sei vorsorglich in Erinnerung gerufen, was heute zum Kern der wissenschaftlichen Aussagepsychologie aus dem 19 . und 20. Jahrhundert gerechnet wird. Dieser betrifft die Identifizierung bekundeter Gedächtnisinhalte, die – im Unterschied zu namentlich aus Alltagswissen gespeisten Geisteskompositionen - auf tatsächlich erlebtes Realgeschehen verweisen sollen:

< a. >   Den betreffenden Schlüssel zur Erkenntnis hat Udo Undeutsch, auf dessen wissenschaftliche und forensische Durchdringung der Fachgebiets die heutige Systematisierung der Aussagepsychologie wesentlich zurückgeht, schon 1967 so auf den Begriff gebracht :

„Man hört oft, dass es die Crux der (Sittlichkeits-)Prozesse sei, dass in ihnen Aussage gegen Aussage stehe, während es an Fakten fehle. In Wahrheit sind eben diese Aussagen selbst das Tatsachenmaterial, das für eine Analyse zur Verfügung steht“.

< b. >   Worauf es bei dieser Analyse als einem von mehreren Kennzeichen erlebnisgestützter Aussagen (sogenannte „Realitätskriterien“) ankommt, fassen Rolf Bender und Armin Nack in ihrem schon wiederholt erwähnten Standardwerk  unter Bezugnahme auf Udo Undeutsch für das Merkmal „Detailreichtum“ (ferner etwa: Interaktionsketten; unerwartete Komplikationen im Geschehen; Schilderung unverstandener Handlungsabläufe u.a.m.) mit diesen Worten anschaulich zusammen:

„Unmittelbarkeit: Der Hörer der Aussage hat das Gefühl, er sei selbst dabei gewesen.

Farbigkeit: Die erlogene Aussage ist genauso farblos und simpel, wie wenn Sie sie selbst erfunden hätten.

Lebendigkeit: Alles ist in Bewegung, es ‚passiert’ viel.

Sachliche Richtigkeit: Die Aussage ist in sich widerspruchsfrei, die mitgeteilten Tatsachen sind möglich.

Psychologische Stimmigkeit: Der Charakter der geschilderten Person und die ihr zugeschriebenen Handlungen passen zusammen; die geschilderten Handlungsabläufe sind psychologisch einfühlbar.

Folgerichtigkeit der Abfolge: Die Aussage entspricht den Naturgesetzen (Ursache und Wirkung).

Wirklichkeitsnähe: Die erzählte Geschichte ist aus dem Leben gegriffen; man spürt, so muss es gewesen sein.

Konkretheit: Die Schilderung ist anschaulich, die Gegenstände deutlich, die Menschen begreifbar.

… Nebenumstände ohne Zusammenhang zum Beweisthema

Hinzu kommt noch:

Die Schilderung enthält in der Regel Nebenumstände, die keinerlei Zusammenhang mit dem Beweisthema haben“.

Das gilt auch in der Umkehrung. - Mit den Worten nochmals von Rolf Bender und Armin Nack zum sogenannten „Abstraktheitssymptom“ : „Je abstrakter die Aussage, je allgemeiner und unanschaulicher die Ausdrucksweise und je herkömmlicher der geschilderte Handlungsablauf, desto misstrauischer sollte man werden“.

< c. >   Diese Gesichtspunkte haben sich nicht nur in der forensischen Arbeit als   hinreichend brauchbar im Bemühen erwiesen, auf der Grundlage entsprechender Vernehmungsstile bei Bedarf „die Spreu vom Weizen zu trennen“. Sie sind mittlerweile auch in der gleichfalls schon angesprochenen Judikatur des BGH als brauchbare Prüfsteine aussagespsychologischer Beweiswürdigung grundsätzlich anerkannt .

< 2. >   Im Lichte dessen kann jedenfalls dem hiesigen Bericht der Zeugin nicht bescheinigt werden, einen Beitrag zur Falsifizierung jener sogenannten „Null-Hypothese“ (BGH  a.a.O.) zu leisten, die der forensischen Anwendung der modernen Aussagepsychologie ihren gedanklichen Ausgangspunkt zu liefern habe. Denn obwohl der Zeugin wegen der Stellung einer Dolmetscherin die Gelegenheit gegeben war, die Einzelheiten des zum 12. März 2014 bekundeten Erlebnisses in ihrer Muttersprache beizusteuern, fallen die Resultate ihrer Berichterstattung (s. oben, S. 12-13) textlich auffällig schal, hohl, blutleer, schemenhaft und nichtssagend aus. Dergleichen bleibt schon auf Anhieb weit entfernt von jener „lebendigen Erinnerung“, die der BGH nach einer schon aus dem Jahre 1952 stammenden Judikatur  als wichtiges Merkmal potentiell verlässlicher innerer Rückschau unterstrichen hat. Was die Suche nach Realitätskriterien im Sinne der gerade zitierten Sammlung einschlägiger Prüfsteine anbelangt, herrscht jedenfalls deutliche Fehlanzeige. - Freilich gilt: Dieser Befund bedeutet keineswegs umgekehrt, dass die Zeugin das bekundete Geschehen etwa nicht erlebt hätte. Wie schon der BGH insofern zutreffend festgehalten hat, ist allein aus dem Fehlen entsprechender Realitätsmerkmale im Text einer Aussage nicht etwa zu schließen, dass die Auskunftsperson bewusst unwahre Bekundungen tätige . Das hilft im hiesigen Zusammenhang aber nicht weiter, weil es bei der Beweiswürdigung für das befasste Gericht, wie schon vorausgeschickt (s. oben, S. 11), eben gerade nicht darauf ankommt, der Auskunftsperson die Kontamination ihrer Bekundungen mit erfundenen Inhalten „nachzuweisen“. Geht es vielmehr allein darum, ob ihre Äußerungen zur Grundlage gerichtlicher Tatsachenfeststellungen gemacht werden können, so bleibt an dieser Stelle jedoch nur besagte „Fehlanzeige“ zu resümieren.

(2.)       Umgekehrt bietet der Inhalt der im Folgeverlauf der Vernehmung ermittelten Informationen weiterführende Anhaltspunkte zur Erklärung, warum die Zeugin für den 12. März 2014 - theoretisch sogar trotz des behaupteten Erlebnisses – nur eine auffallend dürftige Schilderung hat geben können. - So hat die Zeugin auf Fragen des Gerichts (s. [12.-27.]; [178-179]) nämlich bekundet, bereits des Öfteren mit der persönlichen Übermittlung von Schriftstücken an die Adresse der Klägerin betraut gewesen zu sein. - Das wirkt zwar im übrigen Kontext des gesammten Verhandlungsinhalts mehr als glaubhaft, erweist sich für die hier interessierende Verlässlichkeit ihrer Bekundungen (gerade) zum 12. März 2014 aber zugleich durchaus als (weiteres) Problem:

(a.)       So gehört es nicht nur zu den zutiefst leidigen Erfahrungen der wissenschaftlichen wie forensischen Aussagepsychologie, sondern auch zum an sich mühelos zugänglichen Erlebnisbereich purer Selbsterfahrung, dass mit einer wachsenden Anzahl äußerlich gleichläufiger oder zumindest ähnlicher Lebensvorgänge für das Erinnerungsvermögen von Menschen ein Verlust der Trennbarkeit der jeweiligen Einzelerlebnisse in der inneren Rückschau erwächst  (von der hier denn auch die Zeugin wiederholt nachvollziehbar berichtet: s. [19.]; [107.]; [125.]; [155.]; [161.]; [177.]; [179.]; [235.]). Im Ergebnis führt der Versuch eines Abrufs von Gedächtnisinhalten in solchen Fällen regelmäßig dazu, dass bestenfalls noch Stereotypen der fraglichen Geschehnisse verfügbar werden, die dann in der Wiedergabe ebenso schablonenhaft wie unergiebig wirken . Schwindet somit unter solchen gedächtnispsychologischen Einflüssen nicht nur die Fähigkeit der Aussageperson selber, das Einzelerlebnis vorbehaltlich markanter Sonderbedingungen noch hinreichend brauchbar zu identifizieren, so verflüchtigen sich damit erst Recht die Möglichkeiten einer aussagepsychologischen Auswertung, die den so zustandekommenden „Erinnerungsbildern“ hinsichtlich ihrer konkreten raumzeitlichen Zuordnung Verlässlichkeit zusprechen könnte . - Und das ist noch nicht einmal alles: Hinzu kommt dann nämlich, dass sich zwar Einzelheiten der Bekundungen der Auskunftsperson zum äußeren Geschehensrahmen (Örtlichkeiten und sonstige vom Zeitablauf unabhängige Gegebenheiten) als unbestreitbar „hieb- und stichfest“ erweisen mögen. Nur bleibt naturgemäß offen, ob deren Kenntnis wirklich aus genau jenem behaupteten Kontext herrührt, um den es beweisthematisch im Rechtsstreit geht, oder aus ähnlichen Erlebnissen in anderem raumzeitlichen Kontext . Solange dies indessen die „Crux“ des Problems ist , fehlt in Ermangelung alternativer Erkenntnismittel zugleich jener benötigte „Fels“, auf den sich ein fundiertes Bild für gerichtliche Tatsachenfeststellungen guten Gewissens  gründen ließe.

(b.)       Für einschlägige Phänomene könnte der Streitfall anschauliches Lehrmaterial bieten:

(ba.)     Tatsächlich hat hier die Ehefrau des Beklagten ja eigens bekundet (s. nochmals [12.-27.]), wiederholt zwecks Einwurfs von Schriftstücken am Hause der Klägerin gewesen zu sein, so dass sämtliche Angaben zur Beschaffenheit der dort vorgefundenen Verhältnisse ausnahmslos auf jene anderen Erlebnisse zurückgeführt werden könnten. Das scheint der Bevollmächtigte des Beklagten bei der Vernehmung der Zeugin als drohende Einbuße im „Beweiswert“ ihrer Bekundungen denn auch spontan bemerkt zu haben. Immerhin hat er sich bei ihr erkundigt (s. [178.]), ob sie - möglicherweise - „vor dem Hintergrund dieser vielen Ereignisse zeitliche Abläufe verwechseln“ könne. Insofern spricht deutlich für die Zeugin (das genaue Gegenteil gilt freilich auch für die Verlässlichkeit ihrer hiesigen zeitlichen Zuordnung), dass sie genau diese „Vorlage“ nicht für sich aufgegriffen und besagte Verwechslungsmöglichkeit nicht etwa mehr oder minder bestimmt  negiert , sondern – insoweit in der Tat mehr als plausibel – ausdrücklich eingeräumt hat (s. [179.]).

(bb.)     Nur ergänzend sei bei diesem Befund noch angemerkt, dass das Gericht sich bei der Vernehmung vorsorglich seinerseits um Aufschluss darüber bemüht hat, ob sich nach der nunmehr ultimativen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses der Klägerin im Unterschied zu den früheren schlichten Abmahnungen vielleicht im Gefühlswert des für den 12. März 2014 bekundeten Erlebnisses der Zeugin irgendwelche Anhaltspunkte für ein in diesen Kontext gehörendes Realgeschehen auffinden ließen : Die diesbezügliche Frage des Vorsitzenden (s. [74 .]), was die Zeugin denn nach Erledigung des behaupteten Briefeinwurfs „empfunden“ habe, stieß bei ihr jedoch erst auf erklärte Verständnislosigkeit (s. [75. ]), ehe sie auf Nachfrage (s. [76 .]) Erinnerungsverlust (s. [77. ]) geltend machte. Dazu sei gleichfalls nur beiläufig angemerkt, dass solche emotionale Neutralität sich nicht ohne Weiteres auf die an anderer Stelle teils unaufgefordert (s. [155.]), teils auf Fragen [s. [174.-179.]) beigesteuerten Hinweise der Zeugin auf Querelen mit der Klägerin zu reimen scheint, denen durch zuletzt gleich dreifache Kündigung ihres Ausbildungsverhältnisses nun endlich ein Ende habe gesetzt werden sollen.

(3.)       Nichts Gutes verheißt im Spiegel der Erkenntnisse der Aussagepsychologie schließlich, was die beiden Anwälte der Parteien im Zuge der Vernehmung – sinnvollerweise – aus der Zeugin herausgefragt haben. In diesem „Stoff“ begegnet dem Betrachter nämlich eine Fülle erstrangiger Gefährdungsfaktoren für die Authentizität etwaiger Gedächtnisinhalte von Auskunftspersonen im Allgemeinen, wie auch der hiesigen Zeugin im Besonderen:

(a.)       Gemeint sind diese Passagen des Befragungsgeschehens:

„[Fragen des Klägervertreters]

214.      Sie hatten sich ja auf Ihre Aussage heute vorbereitet, also Sie haben diese Kopie dabei. Haben Sie sich vor dieser Aussage heute zuvor mit dem Kollegen Herrn Eberlein zum Inhalt des Geschehens, zu dem Sie befragt werden sollen getroffen?

215.      Ja.

216.      Wo war das?

217.      In der Kanzlei vom Rechtsanwalt.

218.      Wann war das?

219.      Dienstag .

220.      Wie lange dauerte diese Besprechung?

221.      Sagen wir, ungefähr eine Stunde. Die andere Zeit habe ich im Operationssaal verbracht an dem Tag“.

[Fragen des Beklagtenvertreters]

„240.     Ihr Mann war bei dem Treffen auch zugegen?

241.      Ja.

242.      Haben wir nur über die Kündigung von Frau B. [Nachname der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] gesprochen oder auch über andere Sachen?

243.      Wir haben über andere Sachen auch gesprochen“.

(b.)       Das führt nicht nur auf – vorsichtig formuliert und nochmals im Bilde - „vermintes Gelände“; vielmehr erwachsen auf solchem Humus endgültig jene Bedenken gegen die Belastbarkeit der beweisthematisch zentralen Bekundungen der Zeugin, die sich schon in deren streckenweise klischeehafter Berichterstattung eindringlich anmeldeten (s. oben, S. 12-16 [(1.])).

(ba.)     Um nicht missverstanden zu werden: Hier ist mitnichten gemeint, dass es verboten oder auch nur vermeidbar wäre, im zwischenmenschlichen Verkehr  Themen zu erörtern, die irgendwann auch einmal zum Gegenstand gerichtlicher Versuche werden könnten, Erinnerungsbilder von Gewährspersonen auszuleuchten. Das ebenso profane wie strukturelle Problem ist vielmehr, was mit Erinnerungsbildern im kommunikatorischen Austausch mit Dritten namentlich unter dem Einfluss wachsenden Zeitablaufs seit dem fraglichen Erlebnis geschehen kann:

< 1. >   Heute darf unter dem Eindruck der Ergebnisse der modernen Hirnforschung fast schon als Binsenweisheit angesehen werden, dass allein der bloße Abruf von Gedächtnisinhalten unkalkulierbare Verfälschungsrisiken für deren Authentizität bewirkt . Die angesprochene Dynamik geistiger Aktivitäten im Zusammenspiel mit den hirnneurologisch vorgefundenen Assoziationsstrukturen hat es an diesen Ergebnissen an sich, dass die fraglichen Veränderungsprozesse dem Erinnernden selber typischerweise unbemerkt bleiben . Und das wiederum hat den für eine Orientierung an den weiter oben skizzierten Realkennzeichen (s. oben, S. 14) fatalen Nebeneffekt, dass sich die fraglichen Spuren eines – verändernden - „Rekonstruktionsprozesses“ (Singer) in der Aussage der Beweisperson nicht mehr bemerkbar machen . Hier führt für die aussagepsychologische Auswertung der fraglichen Bekundungen kein Weg am Bemühen um Klärung vorbei, ob etwaige suggestive Einflüsse auf die Auskunftsperson seit dem Geschehen festgestellt oder auch ausgeschlossen werden können .

< 2. >   Was für den vergleichsweise „schlichten“ Abruf bei äußerlich unbeeinflusster Rückschau gilt, wirkt sich erst Recht im Kräftefeld zwischenmenschlicher Kommunikation aus . Hierzu wirken die empirischen Belege für potentiell verheerende Einflüsse der Präsenz oder gar aktiven Beteiligung von Dritten mittlerweile erdrückend. Zu diesem Phänomen hat für den Bereich des Arbeitsrechts wiederum Günter Schaub schon 1968 unter dem Motto „Suggestive Beeinträchtigung des Zeugen“ aufschlussreiche Stichworte frühzeitig beigesteuert :

„Die Möglichkeiten, dass ein Zeuge suggestiv beeinflusst ist, sind vielfach.

1.         Wenn die Aussagen mehrerer Zeugen überraschend übereinstimmen, besteht häufig die Gefahr, dass diese Zeugen sich gegenseitig beeinflusst haben. Im Arbeitsgerichtsprozess scheint mir besonders in zwei Fallgruppen die Gefahr groß zu sein.

a)         Zur Begründung einer fristlosen oder fristgemäßen Kündigung wird von den Arbeitgebern häufig vorgetragen, dass eine Unruhe im Betrieb über das Verhalten des Klägers eingetreten sei. In diesen Fällen haben die Zeugen häufig die Vorkommnisse so ausdiskutiert, dass es kaum noch möglich ist, den wirklichen Geschehensablauf zu erkennen“.

Selbstverständlich gibt es derartig „gefahrgeneigte“ Fallgestaltungen („ausdiskutiert“) keineswegs exklusiv im Arbeitsrecht. Geradezu Legion sind vielmehr die Probleme, die der gerichtlichen Praxis in der juristischen Folgenverarbeitung beispielsweise durch vorgerichtliche Kommunikation über Verkehrsunfälle begegnen. Dazu hat Egon Schneider sogar schon vor dem gerade erwähnten Günter Schaub im Jahre 1966 einmal Folgendes gleichermaßen prägnant wie resignierend festgehalten :

„Es mag z.B. jemand die letzte Phase eines Verkehrsunfalls beobachtet haben. Von anderen hört er, was vorher geschehen war. Er kombiniert und folgert. Andere Zeugen ziehen andere Schlüsse. Alle Beteiligten bringen ihre Erfahrungen als Kraftfahrer oder Insassen mit. Die wahrscheinlichste Konstruktion setzt sich durch. Und schließlich hat derjenige, der nur den Zusammenstoß verfolgt hat, eine genaue Vorstellung von dem gesamten Ablauf mit allen Ursachen und Wirkungen. Ihm wird möglicherweise geglaubt, weil er ‚fließend, sicher und ohne zu stocken bekundet hat und auch am Ausgang des Rechtsstreits nicht interessiert ist’“.

Es sind wiederum Rolf Bender und Armin Nack, die die Resultate solcher erlebnisfernen Lernprozesse von Auskunftspersonen mit der Feststellung kenntnisreich pointiert haben , dass die Erinnerung im Laufe des Verfahrens  im Vergleich zu aller vorherigen Befassung „am meisten“ verfälscht werde. Andere sprechen unter dem Eindruck ganz ähnlicher Beobachtungen nicht minder treffend von der „Formbarkeit der Zeugenaussage als Interaktionsprodukt“ .

< 3. >   Wesentliche Bedeutung kommt für die (unbewusste) Bereitschaft, suggestiven Einflüssen durch Kommunikation über Erlebtes mit Dritten gänzlich unbemerkt zu erliegen, entsprechenden „Dispositionen“ der Auskunftsperson zu. Hierher gehört neben dem Zeitablauf (< a. >) und entsprechender Eigenmotivation (< b. >), unter anderem auch die Neigung, sich manifesten oder vermuteten Präferenzen  von „Autoritäten“ zu fügen (< c. >):

< a. >   Was dabei zunächst Probleme des Zeitablaufs anbelangt, die die hiesige Zeugin verschiedentlich sogar aktiv für sich zur Sprache bringt (s. [77 .]; [89 .]), so hat schon Rolf Bender es mit vollem Recht als (weitere) „Binsenweisheit“ bezeichnet , dass Erinnerung „mit dem Zeitablauf verblasst“. Er fährt – den Forschungsstand skizzierend – fort :

„Die Zahl der erinnerten Details eines Erlebnisses (Erinnerungsumfang), die Konkretheit verbliebener Erinnerungsstücke (Erinnerungsstärke) und die Gewissheit, es so – und nicht anders – erlebt zu haben (Erinnerungstreue) nehmen [dabei] nicht kontinuierlich ab; die sog. ‚Erinnerungskurve’ fällt vielmehr unmittelbar nach dem Erlebnis steil ab und flacht nach etwa 10 Tagen etwas ab. Was nach vier Wochen noch im Langzeitgedächtnis haften geblieben ist, geht nur sehr langsam mit dem weiteren Zeitablauf zunehmend verloren“.

Was mit den hieraus entstehenden „weißen Flecken“ unserer Erinnerungskarthographie dann passiert, hat wiederum Egon Schneider schon 1966 so beschrieben :

„Das ungewöhnlich schnelle Absinken der Reproduktionskurve führt nun nicht dazu, dass der Zeuge entsprechend weniger bekundet. … Trotz der Vorstellungsverdrängung schildert der Zeuge … auch noch nach Jahr und Tag einen Vorgang umfassend“.

Das Phänomen ist auch den Gerichten nicht verborgen geblieben . Woraus es entsteht, ist heute gleichfalls geklärt: Es finden – unbewusst - Ausfüllungen statt. Verblassende Bildelemente erhalten, rekrutiert aus Quellen des Kombinationsvermögens, des Alltagswissens aber auch – und nicht zu vergessen – den gerade erwähnten kommunikationsbedingten Suggestiveffekten im inneren Panorama ihre stimmigkeitsbedachten „Stellvertreter“. Wiederum Rolf Bender :

„Gerade weil die wirklichen Erinnerungsstücke immer blasser werden – und weil wir wissen, dass das wirkliche Leben ‚bunter’ ist – neigen wir dazu, die in der Erinnerung fehlenden Zwischenstücke und das fehlende Randgeschehen uns hinzuzudenken – und schließlich für echte Erinnerung zu halten. Gerade hier ist die entscheidende Einbruchstelle für ‚Erinnerungshilfen’ aller Art.“

< b. >   Was das für „Erinnerungshilfen“ etwa (neben anderen) sein können, ist gerade mit dem Begriff der „Eigenmotivation“ belegt worden. In diesem Zusammenhang steht etwa, was abermals Rolf Bender bereits vor mehr als 30 Jahren so veranschaulicht hat :

„Das jedem Menschen – mehr oder weniger stark – innewohnende Bedürfnis nach Selbstbestätigung und Anerkennung durch Andere verführt viele nur allzu leicht dazu, nicht hinter den Wahrnehmungsleistungen und hinter der Wichtigkeit vergleichbarer Personen zurückstehen zu wollen. Und so glaubt der Zeuge oftmals selber alsbald, dass er wirklich erlebt habe, was er nur von den anderen Zeugen gehört hat. …

Hinzukommt noch das sog. Harmoniebedürfnis des Menschen, man will nicht – jedenfalls nicht zu weit – von der Meinung einer Gruppe, der man irgendwie zugehört, abweichen, will kein ‚Außenseiter’ sein (Gruppenkonformität)“.

Hierher gehören nicht zuletzt für die Zuverlässigkeit der Bekundungen von Auskunftspersonen zutiefst abträgliche Phänomene, die sich nach vorgerichtlicher Erörterung von Gedächtnisinhalten vor allem durch Gruppen einzustellen pflegen .

< c. >   Schließlich bleibt für den hiesigen Kontext zu erläutern, was es mit besagter „Neigung“ auf sich hat, zeitbedingt aufgerissene Leerstellen in eigenen Erinnerungsbildern mit Suggestionsgehalten zu füllen, die von „Autoritäten“ bezogen werden. Hiermit kommen endlich auch Teilaspekte der Beziehungen der Beteiligten mit ins Spiel. - Auch dazu zum Abschluss der kleinen Schlaglichterkette zwei Beispiele aus dem Wissensfundus der Aussagepsychologie:

< ca. > Das eine (Schlaglicht) betrifft ein Experiment  über das nochmals Rolf Bender und Armin Nack berichten , und welches die Wirkung von „Autoritäten“ schon auf die Wahrnehmung von Versuchspersonen (hoffentlich) aufschlussreich illustriert:

„In einem Versuch projizierte man jeweils vier senkrechte Linien von jeweils unterschiedlicher Länge auf eine Leinwand. Eine dieser Linien bestimmte man als Standardgröße. Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe, diejenigen Linien auszusuchen, die der Standardgröße am nächsten kamen.

Als Versuchspersonen suchte man sich 34 gleichrangige Angestellte eines Betriebes aus. Man ordnete jedem von ihnen einer Gruppe von drei Angestellten des gleichen Betriebes zu, die ihnen entweder unmittelbar über- oder untergeordnet waren. Man hatte die 3 Über- bzw. Untergeordneten angewiesen, in 16 von 20 Schätzungen einstimmig falsche Antworten zu geben, bei der 1., 2., 10. und 11. Schätzung hingegen richtige.

Ergebnis: Die Angestellten, die mit Vorgesetzten in einer Gruppe waren, zeigten eine wesentlich stärkere Neigung, sich deren offenkundig falschen Schätzungen anzuschließen, als Angestellte zusammen mit Untergebenen … “.

< cb. > Das andere (Schlaglicht) stammt aus der Erfahrungswelt sogenannter „Doppelblindversuche“ zur Wirksamkeitskontrolle von Arzneiprodukten für die pharmazeutische Industrie und ist geeignet, zu belegen, dass sich entsprechende Präferenzen manifester oder vermeintlicher Autoritäten sogar unbewusst Geltung verschaffen können. - Hierzu berichtet Hans-Heiner Kühne :

„Geradezu erstaunlich ist … , dass Haltungen bei Dritten selbst dann perzipiert werden, wenn diese sich bemühen, ihre Ansichten zu verbergen. In vielen immer wieder bestätigten Versuchen wurden Versuchspersonen veranlasst, Wertungen hinsichtlich wertneutraler Objekte abzugeben, hinsichtlich deren bei den den Versuch betreuenden wissenschaftlichen Mitarbeitern gewisse, vom abwesenden Versuchsleiter geweckte Erfolgserwartungen bestanden. Obwohl die wissenschaftlichen Mitarbeiter jeden bewussten Hinweis auf die Art der Erwartung unterließen, fielen die Ergebnisse überwiegend entsprechend dieser Erwartungshaltung aus. Hatte das wissenschaftliche Personal hingegen keine Erwartungen, fielen die Ergebnisse nach Zufallsverteilung aus (…). Die Konformitätsbereitschaft in diesen Fällen, bestärkt durch die vermutete Fachautorität des Personals, besser vielleicht das Konformitätsbedürfnis, geht offenbar so weit, dass Entschlüsselungsfähigkeiten freigesetzt werden, die die bewusst einsetzbaren diesbezüglichen Leistungen des Individuums in deutlicher Weise übersteigen (vgl. Stroebe, Grundlagen der Sozialpsychologie, 1980, S. 38 ff. m.w.Nachw.)“.

(bb.)     Auf solchen Hintergründen (s. soeben S. 20-25) verbinden sich für die hier zu diskutierenden Aussagen der Ehefrau des Beklagten derartig greifbare Gefährdungsfaktoren für die Unverbrüchlichkeit der Authentizität ihrer auf die Überbringung von Schriftstücken an die Adresse der Klägerin bezogenen Erinnerungsbilder, dass dem Betrachter nur Angst und Bange werden kann. Denn neben dem von ihr selber wiederholt herausgestellten Umstand, dass die für den 12. März 2014 bekundete Aktion Teil einer mehrgliedrigen Kette ähnlicher Vorläufer gewesen sei (s. [12.-21.] ; [178.-179. ]), steht nicht nur der gleichfalls betonte weitere Umstand, dass sich das Ganze buchstäblich vor Jahr und Tag ereignet habe (s. oben, S. 23 mit Fn. 88 u. 89). Hinzu kommt sogar, dass es zwei Tage vor dem Beweistermin zu einer Unterredung der Zeugin mit ihrem Ehemann bei dessen hiesigem Bevollmächtigten kam, dessen Gegenstand jedenfalls auch die bevorstehende Vernehmung der Zeugin vor dem befassten Gericht war (s. oben, S. 19-20 [(3.)]; [214.-221.], [240.-243.]). Obendrein steht fest (s. [56.-65.]), dass die Zeugin nach eigenem Bekunden Veranlassung sah, sich einen Tag vor dem Beweistermin über die Örtlichkeiten (nur wegen des „Briefkastens “??) am Hause der Klägerin zu vergewissern. - Das alles ist, um dies nochmals zu betonen (s. schon oben, S. 20 [(ba.]), nicht etwa „verboten“. Es wirkt in vielerlei Hinsicht auch durchaus gut nachvollziehbar. Es ändert aber nichts daran, dass unter derartigen Begleitumständen für die Inhalte dessen, was eine Auskunftsperson für ihre „Erinnerung“ an ein Geschehen hält, nicht mehr mit ausreichender Sicherheit für gerichtliche Tatsachenfeststellungen „garantiert werden“ kann. Nicht mehr – und nicht weniger – ist auf solchem Hintergrund zu den Defiziten für die Verlässlichkeit der Aussage der Zeugin zu sagen, die sich somit zu den Bedenken, die bereits in qualitativer Hinsicht (s. oben, S. 15-16) und wegen der bestenfalls klischeehaften Bekundungen zum beweisthematisch zentralen Einwurfsgeschehen (s. oben, S. 18-19) anzumelden waren, noch addieren.

(4.)       Das Gericht hat sich vorsorglich gleichwohl  der Mühe unterzogen, nach jenen „Verflechtungen“ mit möglichst verlässlichen situativen Begleitumständen des forensisch relevanten Zentralgeschehens Ausschau zu halten, die nach den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Aussagepsychologie nachweisbar sein sollten, wenn angesichts der Beweisthematik der Verdacht besteht, dass anstelle besagten Zentralgeschehens ein diesem äußerlich ähnelndes Surrogatserlebnis in den benötigten raumzeitlichen Kontext verlagert worden sein könnte  (sogenannte „Verschmelzung“ ; auch: „Kontamination“). Die Resultate dieses Versuchs bleiben jedoch weit davon entfernt, die bisherigen Eindrücke zur Unzuverlässigkeit der hiesigen Bekundungen mit Blick auf die Beweisthematik zu revidieren. - Im Gegenteil:

(a.)       Das Gericht hat seine Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang der Frage zugewandt, wie die Zeugin seinerzeit in den Besitz jenes „Transportgutes“ (Urteilsanlage III.) gelangt sei, das sie dann am 12. März 2014 im Briefkasten der Klägerin untergebracht habe (s. [90.-133.]; 152.-161.]). Das bot sich neben der gerade erwähnten „Verflechtungsprobe“ schon deshalb besonders an, weil das betreffende Schriftstück diesmal – anders als alle übrigen, die ihren Weg zuvor unter Einschaltung der Zeugin an die Adresse der Klägerin gefunden haben  – dem eigenen Text zufolge mit insgesamt sechs Anlagen versehen gewesen sein sollte. Diese sollten daher, wenn den Worten des Verfassers und der sonstig durchweg erkennbaren Sorgfalt des Beklagten bei verschriftlichten Lebensäußerungen Glauben geschenkt werden kann – ein schon seinem Umfang nach nicht zu übersehender Teil der (Vorbereitung und Durchführung der) Lieferung gewesen sein.

(b.)       Das Ergebnis stiftet – neuerlich - weder Vertrauen in die „lebendige Erinnerung“ (BGH a.a.O. ) der hiesigen Auskunftsperson, noch darin, dass diese in ihrer Erinnerung überhaupt auf einen spezifischen Erlebnisbezug gerade zum hier interessierenden Schriftprodukt vom 12. März 2014 (Urteilsanlage III.) zurückzugreifen vermochte:

(ba.)     So unterscheidet sich insbesondere keine der Angaben der Zeugin zum Empfang eines auf den 12. März 2014 datierten Texts aus den Händen ihres Ehemanns (s. [90.-107.]) von entsprechenden Lebensvorgängen um frühere Schriftstücke: Die Zeugin habe das Schreiben („den Brief“; s. [93.]; [99.]) erhalten (a.a.O.), gelesen (s. [99.-101.]; [117.]; [125.]), kuvertiert (s. [99.]; [120.-121.]), auf den Weg gebracht (s. [99.]; [134.-135.]) und schließlich abgeliefert (s. [125.]). Zwar sucht diese dem Gericht mehrfach – insoweit ungefragt - zu vermitteln, dass es sich beim Schriftstück vom 12. März 2014 um „die dritte“ (Kündigung) handele (s. [109. ]; [151. ]). Dem kommt jedoch als pure „Wissenserklärung“ - selbstverständlich - kein Überzeugungswert im Bezug auf die hier allein interessierende Ablaufschilderung zu.

(bb.)     Tiefer blicken – wenn auch nicht im Sinne des beweisführungsbelasteten Beklagten – lässt dann allerdings, wie sich seine Gewährsperson zu dem Vorhalt gestellt hat, dass in seinem – von ihr nach eigenem Bekunden gelesenen - Text „von mehreren Anlagen die Rede“ sei (s. [124. ]): Hier hat sie zunächst freimütig bekundet, sich daran im Moment nicht zu erinnern (s. [125. ]). Allerdings bekräftigte sie im selben Atemzug, jedenfalls diesen Brief gelesen und „in den Briefkasten geworfen“ zu haben (a.a.O.). Das hat die Zeugin auf Nachfragen eines ehrenamtlichen Richters (s. [152.-153. ]) noch beibehalten, einschließlich der Bekundung, jetzt „zu den Anlagen in der Tat nichts sagen“ zu können (a.a.O.). Erst auf den Versuch des richterlichen Fragestellers, sie auf den Widerspruch von Kündigungstext und Umfang des bekundeten „Transportguts“ festzulegen (s. [154. ]), wich sie nun auf die Erörterung von Wahrscheinlichkeitserwägungen aus (s. [155. ]: „alle Seiten da“), die es nach Möglichkeit allen Beteiligten – bis auf die Klägerin - „recht“ machen sollten. Allerdings kam dabei auf die ebenso spontane wie verblüffte Rückfrage des Vorsitzenden nicht mehr als ein Vertrauensvotum für ihren Ehemann (s. [156.-157. ]) heraus, welches als zwischenmenschliches Beziehungsbekenntnis externer Wertung weder zugänglich noch bedürftig, für gerichtliche Tatsachenfeststellungen aber komplett unbrauchbar ist. Jedenfalls war hier von konkreter Erinnerung an das für den 12. März 2014 bekundete Geschehen endgültig keine Rede mehr.

(c.)       Bei dieser Sachlage stellt das Gericht auf sonstige Aspekte des Streitfalls, die gegen die Verlässlichkeit des Bekundungsgeschehens etwa wegen der persönlichen Verbundenheit der Zeugin mit dem beweisbelasteten Beklagten (s. dazu etwa [236.-239. ]) oder auch ihres (spätestens ) daher zu vermutenden „Interesses“ an einem ihm günstigen Prozessausgang sprechen könnten, nicht ab. Bereits die – ohnehin fragmentarische  - Aussageanalyse steht der Übernahme ihrer Bekundungen als erwiesene Tatsachen durchgreifend im Wege.

III.         Die Konsequenzen spiegelt der Tenor zu I. des Schlussurteils.

C.         Für Kosten und Streitwerte lässt es sich kurz machen:

I.          Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO ). Diese Kosten hat es dem Beklagten als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ; s. noch sogleich, III.).

II.         Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht, soweit hier noch entschieden werden musste, auch für das Schlussurteil aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG  im Tenor festgesetzt und in Anlehnung an die Wertungen aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG  mit der dreifachen Monatsvergütung der Klägerin bemessen. Das macht also (3 x 610,-- Euro = ) 1.830,-- Euro (Tenor zu III.).

III.         Für die Kostenentscheidung bleibt jedoch zu beachten, dass diese sich auf alle drei im Rechtsstreit behandelten Kündigungen zu beziehen hat. Da es bei jedem der drei versuchten Trennungsakte wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit eines Ausbildungsverhältnisses (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ) – im Bilde - „um alles oder nichts“ ging, hält das Gericht für jede der hiesigen Kündigung die Ausschöpfung des vorerwähnten Rahmens eines Quartalsverdiensts (§ 42 Abs. 4 Satz 1 GKG) für geboten. Daraus erklärt sich, dass hier für die Kostenentscheidung (Tenor zu II.) ein Gesamtwert von (9 x 610,-- Euro = ) 5.490,-- Euro verlautbart ist.

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