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Arbeitsrecht
22.04.2008
Arbeitsrecht
: Zusätzliche Freistellung nach § 38 BetrVG

ArbG Köln, Beschluss vom 21.02.2008 - 1 BV 166/07

LEITSÄTZE:

1.         Gewährt der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine über die Zahlenstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hinausgehende zusätzliche Freistellung „bis zum Ende der regelmäßigen Amtszeit", wird diese Zusage grundsätzlich nicht mit dem vorzeitigen Ende der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats wegen Rücktritts und der Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats während der laufenden Amtsperiode (§ 22 BetrVG i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG) hinfällig.

2.         Unterbleibt eine an sich nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderliche vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber, führt dies ausnahmsweise dann weder zur Unwirksamkeit noch zur Anfechtbarkeit der Freistellungswahl, wenn der Betriebsrat die freizustellenden Betriebsratsmitglieder in der Vergangenheit stets ohne vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber gewählt hat und dies vom Arbeitgeber nicht beanstandet wurde. In dem Fall würde es dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) zuwiderlaufen, wenn sich der Arbeitgeber gleichsam ohne „Vorankündigung" mit Erfolg auf das Unterbleiben des Beratungserfordernisses berufen könnte.

BetrVG § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 3, § 22 § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BetrVG

Sachverhalt:

I.              Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses über die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden nach § 38 BetrVG.

Die Antragstellerin beschäftigt ca. 1.950 Arbeitnehmer i.S. des § 5 Abs. 1 BetrVG. Der Antragsgegner ist der bei ihr aus 17 Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Vorsitzender des Antragsgegners ist der Beteiligte zu 3.

Die Auswahl seiner nach § 38 BetrVG freizustellenden Mitglieder erfolgte durch den Betriebsrat in der Vergangenheit stets ohne vorherige Beratung mit der Antragstellerin.

Mit Schreiben vom 15.08.2006 teilte der damals amtierende Betriebsrat der Antragstellerin mit, dass er in seiner Sitzung am 15.08.2006 befristet bis März 2007 ein fünftes freigestelltes Mitglied gewählt habe.

In einem mit der Überschrift „5. Freistellung" versehenen Schreiben vom 28.11.2006 teilte die Antragstellerin dem damals amtierenden Betriebsrat mit, dass sie ihm, wie bereits mündlich erörtert, freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im Rahmen des § 38 BetrVG ein zusätzliches freigestelltes Betriebsratsmitglied (= 5. Freistellung) bis zum Ende der regelmäßigen vierjährigen Amtszeit, mithin bis zum 23.05.2010, gewähre. Weiterhin heißt es in dem Schreiben: „Eingehend mit dieser Maßnahme wird Ihrerseits im Falle von Urlaub, Krankheit, Seminarbesuchen, etc. freigestellter Betriebsräte auf weitere Freistellungen nicht freigestellter Betriebsratsmitglieder verzichtet."

Im Frühjahr 2007 beschloss der damalige Betriebsrat seinen Rücktritt, woraufhin eine Neuwahl durchgeführt wurde. Am 23.08.2007 trat der Antragsgegner zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. In dieser wurden der Beteiligte zu 3. zum Vorsitzenden des Antragsgegners sowie vier Mitglieder von ihm als freigestellte Betriebsratsmitglieder gewählt.

Mit Schreiben vom 28.08.2007, bei der Antragstellerin eingegangen am 29.08.2007, teilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter Hinweis auf das Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 mit, dass dieser in seiner Sitzung vom 28.08.2007 die Freistellung des Beteiligten zu 3. beschlossen habe.

Mit ihrer am 11.09.2007 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Antragsschrift vom selben Tag begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass der Betriebsratsbeschluss vom 28.08.2007 über die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden G unwirksam ist, hilfsweise die Unwirksamerklärung der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden G als freigestelltes Betriebsratsmitglied vom 28.08.2007.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Beschluss des Antragsgegners vom 28.08.2007 über die Freistellung des Beteiligten zu 3. sei unwirksam. Der Antragsgegner sei nicht berechtigt gewesen, einseitig und ohne ihre Zustimmung über die in § 38 Abs. 1 BetrVG vorgegebenen Zahlenwerte hinaus weitere Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit völlig freizustellen. Die Erforderlichkeit einer solchen zusätzlichen Freistellung sei weder vom Antragsgegner dargetan worden noch sei sie gegeben.

Aus ihrem Schreiben vom 28.11.2006 könne kein Einverständnis von ihr mit einer zusätzlichen Freistellung abgeleitet werden. Bereits dem Wortlaut dieses Schreibens nach habe sich ihr Einverständnis lediglich auf eine weitere Freistellung bis zum Ende der Amtszeit des damals amtierenden Betriebsrats bezogen. Dieses Verständnis werde bestätigt durch den historischen Kontext des Schreibens vom 28.11.2006. Die Antragstellerin behauptet, der damalige Betriebsrat, der im Frühjahr 2006 gewählt worden sei, habe sich in zwei Lager geteilt. Wegen annähernd gleicher Stimmengewichtung beider Lager sei es - je nach Anwesenheit von Betriebsratsmitgliedern - zu wechselnden Mehrheiten, Pattsituationen und gegenseitigen Blockaden gekommen. In dieser Situation habe sie sich entschlossen, ihr Einverständnis zur Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds zu erteilen. Damit habe sie dazu beitragen wollen, dass eine halbwegs ordnungsgemäße Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben sichergestellt würde. Auf Grund der Neuwahl des Betriebsrats habe sich die interne Blockadesituation aufgelöst, womit ihrer Ansicht nach auch der Sinn und Zweck für die Freistellung eines fünften Betriebsratsmitglieds entfallen sei.

Unabhängig davon ergebe sich die Unwirksamkeit des Beschlusses vom 28.08.2007 aus dem Umstand, dass eine vorherige Beratung mit ihr entgegen der Regelung des § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht erfolgt sei. Dass sich der Betriebsrat in der Vergangenheit stets über die in § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vorgeschriebene Vorgehensweise hinweggesetzt habe, sei nicht geeignet, die jetzige Vorgehensweise des Antragsgegners im Hinblick auf die Freistellung des Beteiligten zu 3. zu rechtfertigen. Sie behauptet, sie habe trotz der Rechtsverstöße bei der Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder auf die Durchführung von Beschlussverfahren jeweils verzichtet, um die Zusammenarbeit der Betriebspartner nicht zu belasten. Mit einer eigenmächtigen Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder durch den Betriebsrat habe sie sich jedoch niemals einverstanden erklärt. Sie habe es in der Vergangenheit bei bloßen Unmutsbekundungen in der Hoffnung belassen, dass der Betriebsrat künftig die gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise beachten werde.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass der Betriebsratsbeschluss vom 28.08.2007 über die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden G unwirksam ist;

hilfsweise,

die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden G als freigestelltes Betriebsratsmitglied vom 28.07.2007 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge zurückzuweisen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Antragstellerin verpflichtet ist, ein fünftes Mitglied von ihm gemäß § 38 BetrVG bis zum Ablauf der derzeitigen Amtszeit von der Arbeitsleistung freizustellen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, er sei auf Grund des Schreibens der Antragstellerin vom 28.11.2006 berechtigt gewesen, ein fünftes Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG freizustellen. Die Neuwahl des Betriebsrats habe daran nichts geändert. Die Situation im damaligen Betriebsrat sei, so behauptet der Antragsgegner, nicht Anlass für die Vereinbarung einer fünften Freistellung gewesen. Zwischen der fünften Freistellung gemäß § 38 BetrVG zur Verrichtung von Betriebsratstätigkeiten und etwa schwierigen Mehrheitsverhältnissen im damaligen Betriebsrat habe es keinen Zusammenhang gegeben. Die Freistellung sei vielmehr wegen des erheblichen Arbeitsanfalls des Betriebsrats im Großbetrieb der Antragstellerin erfolgt, wo in vielfältigen Schichtsystemen rund um die Uhr gearbeitet werde. Hieran habe sich auch durch die Neuwahl des Betriebsrats nichts geändert.

Da in der Vergangenheit eine Beratung mit der Antragstellerin vor der Wahl der nach § 38 BetrVG freizustellenden Betriebsratsmitglieder nie stattgefunden und dies die Antragstellerin auch nie eingefordert habe, sei der jetzige Einwand der Antragstellerin der unterbliebenen vorherigen Beratung mit ihr hinsichtlich des Beschlusses über die fünfte Freistellung des Beteiligten zu 3. nach Ansicht des Antragsgegners treuwidrig und damit gemäß § 242 BGB unbeachtlich. Im Übrigen hätte die Antragstellerin, wenn sie mit der Person des freigestellten Beteiligten zu 3. nicht einverstanden gewesen wäre, nach § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG zunächst die Einigungsstelle anrufen müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Hilfsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Aus den gründen:

II.         Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag der Antragstellerin sind jeweils zulässig, aber unbegründet.

Der Beschluss des Antragsgegners vom 28.08.2007 über die Freistellung des Beteiligten zu 3. nach § 38 BetrVG, der von der Antragstellerin rechtzeitig innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gerichtlich angegriffen wurde, ist wirksam. Der Antragsgegner war berechtigt, abweichend von § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BetrVG einseitig den Beteiligten zu 3. als fünftes Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG von der Arbeit völlig freizustellen, ohne dass es einer konkreten Darlegung der Erforderlichkeit der Freistellung eines über die Zahlenstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hinausgehenden Betriebsratsmitglieds durch den Antragsgegner und einer vorherigen Beratung mit der Antragstellerin bedurfte.

1.         Die grundsätzliche Berechtigung des Antragsgegners zur Freistellung eines fünften Betriebsratsmitglieds nach § 38 BetrVG ergibt sich aus dem Schreiben der Antragstellerin an den damals amtierenden Betriebsrat vom 28.11.2006, in dem es u.a. heißt: „wie bereits mündlich erörtert, gewährt Ihnen die Flughafen Köln Bonn GmbH freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht im Rahmen des § 38 BetrVG ein zusätzliches freigestelltes Betriebsratsmitglied (= 5. Freistellung) bis zum Ende der regelmäßigen vierjährigen Amtszeit, mithin bis zum 23. Mai 2010."

Die im Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 enthaltene Zusage hinsichtlich der - weiteren - Freistellung eines fünften Betriebsratsmitglieds nach § 38 BetrVG beschränkt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht nur auf die Dauer der Amtszeit des damals amtierenden Betriebsrats, sondern erstreckt sich auf die gesamte Dauer der regelmäßigen vierjährigen

Amtszeit, so dass die Zusage nicht mit dem Ende der Amtszeit des damaligen Betriebsrats gemäß § 22 BetrVG i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG bzw. der Konstituierung des jetzigen, neu gewählten Betriebsrats - dem Antragsgegner - hinfällig geworden ist. Dies folgt aus der nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung des Schreibens der Antragstellerin vom 28.11.2006.

a)         Bereits der Wortlaut des ersten Absatzes des Schreibens der Antragstellerin vom 28.11.2006 steht einer Interpretation in der Weise entgegen, dass sich die Freistellungszusage nur auf die Amtszeit des damals amtierenden Betriebsrats bezieht. Zum einen ist die Freistellungsgewährung zeitlich genau fixiert, da es am Ende des ersten Absatzes ohne jede Einschränkungen (etwa durch die Formulierungen „höchstens" oder „längstens") heißt: „mithin bis zum 23. Mai 2010". Zum anderen ist zuvor ausdrücklich von dem „Ende der regelmäßigen vierjährigen Amtszeit` (Hervorhebung durch das Gericht), nicht aber von der Amtszeit des damals amtierenden Betriebsrats die Rede.

b)         Die mit dem Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 einhergegangenen Begleitumstände sowie die von der Antragstellerin mit der Gewährung einer fünften Freistellung verfolgten Zwecke und Ziele konnten bei der Auslegung der Freistellungszusage nicht berücksichtigt werden. Zu beachten wären sie allenfalls dann gewesen, wenn sie in dem Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 zumindest andeutungsweise, wenn auch nur unvollkommen, ihren Ausdruck gefunden hätten. Dies ist hier aber nicht der Fall.

Ansatzpunkt für die Ermittlung der Begleitumstände und der von der Antragstellerin mit der Gewährung einer fünften Freistellung verfolgten Zwecke und Ziele ist mangels anderweitiger, insoweit auslegungsrelevanter Kriterien im Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 allein die Einleitungsformulierung im ersten Absatz dieses Schreibens („wie bereits mündlich erörtert, ..."). Diese Eingangsformulierung hat indes für die Begleitumstände sowie die Zwecke und Ziele, welche die Antragstellerin mit der Gewährung einer fünften Freistellung verfolgt hat, keine Aussagekraft. Denn aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 28.11.2006 geht weder explizit noch zumindest nur andeutungsweise hervor, was zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner im Einzelnen erörtert worden sein soll.

Es bedurfte damit auch keiner Entscheidung darüber, ob der damalige Betriebsrat, wie von der Antragstellerin behauptet und vom Antragsgegner in Abrede gestellt wurde, wegen angeblich interner Meinungsverschiedenheiten „kaum handlungsfähig" gewesen sein sollte und die Antragstellerin mit der Gewährung einer fünften Freistellung die Absicht verfolgt hat, eine „halbwegs ordnungsgemäße Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben" durch den damaligen Betriebsrat sicherzustellen, und dieser Anlass auf Grund des Rücktritts des damaligen Betriebsrats und der Neuwahl, wodurch sich die „interne Blocksituation aufgelöst" habe, entfallen sei.

Selbst wenn hier zu Gunsten der Antragstellerin angenommen würde, dass der Anlass für die Gewährung einer fünften Freistellung die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben durch den damaligen Betriebsrat gewesen wäre, würde es sich dabei um ein bloßes Motiv für die Freistellungsgewährung handeln, das nicht Gegenstand, geschweige denn Geschäftsgrundlage der im Schreiben vom 28.11.2006 enthaltenen Zusage geworden wäre.

2.         Der Beschluss des Antragsgegners vom 28.08.2007 über die Freistellung des Beteiligten zu 3. ist - anders als von der Antragstellerin angenommen - auch nicht wegen unstreitig unterbliebener vorheriger Beratung mit der Antragstellerin nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG unwirksam.

a)         Zu Recht weist zwar die Antragstellerin darauf hin, dass der Betriebsrat vor der Wahl seiner freizustellenden Mitglieder gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hierüber mit dem Arbeitgeber zu beraten hat. Unterbleibt eine solche vorherige Beratung mit dem Arbeitgeber durch den Betriebsrat, soll die Freistellungswahl grundsätzlich entweder - wie teilweise angenommen wird - per se unwirksam oder - wie von einer anderen Ansicht angenommen wird - zumindest anfechtbar sein (siehe die Zusammenstellung der unterschiedlichen Auffassungen bei FittinglEngelslSchmidtITrebingerILinsenmaier, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 23. Aufl. 2006, § 38 Rdnr. 46).

b)         Angesichts der Besonderheiten des konkreten Sachverhalts kann sich hier aber die Antragstellerin nicht mit Erfolg auf eine unterbliebene Beratung mit ihr durch den Antragsgegner vor der Beschlussfassung über die Freistellung des Beteiligten zu 3. nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG berufen.

So wurde von der Antragstellerin zu Beginn ihres Schriftsatzes vom 10.12.2007 selbst eingeräumt, dass ihr Betriebsrat in der Vergangenheit die Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder entgegen der Regelung des § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ohne vorherige Beratung mit ihr durchgeführt hat. Wenngleich dadurch weder von der Antragstellerin - nicht anders als bei dem jahrelangen Untätigbleiben des Betriebsrats bei der einseitigen Durchführung von mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen seitens des Arbeitgebers ohne seine vorherige Beteiligung (vgl. BAG, Urteil vom 28.08.2007 - 1 ABR 70/06, BB 2008, 396) - auf ihr Beratungsrecht verzichtet wurde, noch insoweit eine diesbezügliche sog. betriebliche Übung entstanden ist (vgl. BAG, Beschluss vom 19.02.2002 - 1 ABR 26/01, NZA 2002, 1300, 1302, wonach das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung auf die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses beschränkt sei und die betriebsverfassungsrechtlichen Beziehungen der Betriebsparteien damit nicht gestaltet werden könnten), hat die Antragstellerin mit ihrem Untätigbleiben nach Kenntniserlangung von der einseitig erfolgten Freistellung bei ihrem Betriebsrat einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf Grund dessen der Betriebsrat - und somit der Antragsgegner bei der Beschlussfassung über die Freistellung des Beteiligten zu 3. am 28.08.2007 - berechtigterweise davon ausgehen konnte, dass bis zu einer Beseitigung dieses Vertrauenstatbestandes durch die Antragstellerin von dieser sein - gesetzwidriges - Verhalten hingenommen wird.

Vor der Beschlussfassung über die Freistellung des Beteiligten zu 3. am 28.08.2007 hat die Antragstellerin den von ihr gesetzten Vertrauenstatbestand nicht beseitigt. Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 10.12.2007 u.a. behauptet, sie habe es „in der Vergangenheit bei bloßen Unmutsbekundungen insofern belassen, um das Betriebsklima nicht durch eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zu belasten", war dieses Vorbringen mangels jeglicher Substantiierung unbeachtlich. Da diese Behauptung vom Antragsgegner ausdrücklich bestritten wurde, hätte die Antragstellerin zum einen konkret darlegen müssen, wann und wo genau welche - namentlich von ihr zu bezeichnende - Person gegenüber dem Betriebsrat solche - dem Wortlaut nach im Einzelnen darzustellende - Unmutsäußerung getätigt haben soll. Zum anderen hätte die Antragsgegnerin hierfür jeweils geeigneten Beweis anbieten müssen. All dies ist hier aber nicht geschehen.

Der Antragstellerin ist nach alledem der Einwand der unterbliebenen vorherigen Beratung mit ihr gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vor der Beschlussfassung des Antragsgegners vom 28.08.2007 über die Freistellung des Beteiligten zu 3. jedenfalls nach § 2 Abs. 1 BetrVG wegen nicht hinreichender Beachtung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verwehrt.

3.         Etwaige sonstige Fehler bei der Beschlussfassung über die Freistellung des Beteiligten zu 3. als fünftes freizustellendes Betriebsratsmitglied durch den Antragsgegner bzw. der dieser zugrunde liegenden Wahl wurden von der Antragstellerin nicht behauptet.

III.         Über den Hilfsantrag des Antragsgegners war nicht zu entscheiden, da er nur für den Fall gestellt worden ist, dass nicht auf die Zurückweisung der Anträge der Antragstellerin erkannt wird.

Dieser Beschluss erging gemäß § 2 Abs. 2 GKG kostenfrei.

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