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Arbeitsrecht
26.08.2010
Arbeitsrecht
LAG Baden-Württemberg: Weiterbeschäftigung - einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

LAG Baden-Württemberg , Beschluss  vom 30.06.2010 - Aktenzeichen 19 Sa 22/10 (Vorinstanz: ArbG Karlsruhe vom 27.01.2010 - Aktenzeichen 4 Ca 341/09; )
Amtliche Leitsätze: Macht der Arbeitgeber geltend, dass der erstinstanzlich ausgeurteilte Weiterbeschäftigungsanspruch durch eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochene Folgekündigung entfallen ist, so kann dies im Verfahren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG in entsprechender Anwendung des § 769 ZPO vom Berufungsgericht berücksichtigt werden. Der Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage hinsichtlich des Weiterbeschäftigungstitels, verbunden mit einem Antrag nach § 769 ZPO, bedarf es nicht.
  Redaktionelle Normenkette: ArbGG § 62 Abs. 1 S. 3; ZPO § 707 Abs. 1; ZPO § 719 Abs. 1; ZPO § 767; ZPO § 769;
Gründe: 
I. Die Berufungsklägerin/Beklagte begehrt die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel. 
Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat durch Urteil vom 27.01.2010 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.07.2009 nicht aufgelöst worden ist und die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Maschinenführer weiter zu beschäftigen. Gegen diese ihr am 18.02.2010 zugestellte Entscheidung legte die Beklagte am 04.03.2010 Berufung ein, die mit bei Gericht am 12.05.2010 eingegangenem Telefax begründet wurde und mit der sie das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang angreift. Mit Schriftsatz vom 03.05.2010 beantragte die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 27.01.2010, Az.: 4 Ca 341/09, mit Wirkung vom 01.07.2010 (vgl. Schriftsatz vom 15.06.2010, ABl. 173) vorläufig einzustellen. 
Zur Begründung führt sie aus, dass sie den Kläger zwar seit 13.04.2010 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung mit den Aufgaben eines Maschinenführers in der Waschhalle beschäftige, ein Arbeitsbedarf bestehe dort aber überhaupt nicht. Der Einsatz des Klägers als Maschinenführer sei unmöglich geworden, weil die Beschäftigung durch sukzessive Verlagerung von inzwischen 5 der insgesamt 6 Maschinenlinien ins Ausland (Linie 5 in KW 24/09, Linie 2 in KW 32/09, Linie 4 in KW 45/09, 2 weitere Linien im ersten Halbjahr 2010) unmöglich geworden sei, der Arbeitsplatz existiere nicht mehr. Auch andere Beschäftigungsmöglichkeiten bestünden nicht. Darüber hinaus hat die Beklagte am 30.03.2010 eine weitere, vorsorgliche betriebsbedingte Kündigung zum 30.06.2010 ausgesprochen, die mit den im Verhältnis zur ersten Kündigung späteren Verlagerungen der Produktionslinien begründet wird. Der Beklagten drohe deshalb durch die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 27.01.2010 ein nicht zu ersetzender Nachteil. Die Berufung gegen den Weiterbeschäftigungsanspruch habe wegen der nachfolgenden Kündigung überwiegend Aussicht auf Erfolg. Demgegenüber bestreitet der Kläger die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, insbesondere auch im Hinblick auf eine weitreichende Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag. Auch habe die Beklagte die Produktion in K. wieder ausgeweitet. Darüber hinaus habe die Kündigung zum 30.06.2010 keine Aussicht auf Erfolg. 
II. Der Anspruch auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. 
1. Der Anspruch ergibt sich allerdings nicht aus § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG i. V. m. § 719 Abs. 1, § 707 Abs. 1 ZPO. 
Urteile der Arbeitsgerichte sind gem. § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar. Unter der Voraussetzung, dass der Beklagte glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag hin die Vollstreckung im Urteil auszuschließen. Im Fall der Berufungseinlegung kann das Berufungsgericht unter denselben Voraussetzungen die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil einstellen (§ 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG, § 719 Abs. 1, § 707 Abs. 1 ZPO). 
a) Der Antrag ist zulässig. Zwar wird unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Entscheidung vom 31.10.2000, XII ZR 3/00, NJW 2001, 375; Entscheidung vom 23.10.2007, XI ZR 449/06, WuM 2008, 50) vertreten, dass ein Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG unzulässig sei, wenn ein Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG bereits in erster Instanz hätte gestellt werden können. Das gilt allerdings nur in Bezug auf solche Umstände, die schon in erster Instanz hätten geltend gemacht werden können (Natter/Gross-Pfitzer, ArbGG, § 62, Rdnr. 21). Im vorliegenden Fall stützt die Beklagte den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung auch auf Gründe, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht noch nicht vorlagen und deshalb noch nicht vorgetragen werden konnten. 
b) Der Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG ist jedoch unbegründet, weil die Beklagte einen durch die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers nicht zu ersetzenden Nachteil nicht glaubhaft machen konnte. Unersetzbar ist ein Nachteil, wenn die Wirkungen der Vollstreckung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. In der Regel dürfen durch die Vollstreckung keine vollendeten, nicht mehr korrigierbaren Tatsachen geschaffen werden (Germelmann, ArbGG, 7. Aufl. 2009, § 62, Rdnr. 19). 
(1) Ein nicht zu ersetzender Nachteil lässt sich nicht ohne Weiteres mit der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels begründen. Der Begriff des nicht zu ersetzenden Nachteils ist grundsätzlich unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg des Rechtsmittels. Er bezieht sich allein auf die wirtschaftliche, persönliche oder soziale Lage des Schuldners (Germelmann, aaO., Rdnr. 20). Ob etwas anderes gilt, wenn die Erfolgsaussichten ganz offenkundig sind, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da das erstinstanzliche Urteil nicht offensichtlich unrichtig ist. Dies gilt insbesondere auch für den Weiterbeschäftigungsanspruch. 
(2) Bei der Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels ergibt sich ein nicht zu ersetzender Nachteil nicht schon daraus, dass festgestellt werden könnte, dass die zunächst erfolgreich angegriffene Kündigung wirksam sei. Durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erhält der Arbeitgeber einen Gegenwert. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel ist deshalb nur möglich, wenn durch die Beschäftigung selbst ein unersetzbarer Nachteil wirtschaftlicher oder immaterieller Art eintreten würde, für den aller Wahrscheinlichkeit nach keine Kompensation vom Arbeitnehmer erlangt werden könnte; dass der Beschäftigungsanspruch nicht rückabgewickelt werden kann, genügt nicht. Andernfalls würde über das Vollstreckungsrecht der Weiterbeschäftigungsanspruch konterkariert (Germelmann, aaO., Rdnr. 22). 
(3) Der Vollstreckung steht schließlich nicht entgegen, dass der Beklagten die Vornahme der geschuldeten Handlung unmöglich wäre. 
(a) Zwar geht die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass die Zwangsvollstreckung nicht zulässig ist, wenn die zu erbringende Handlung dem Schuldner nicht (mehr) möglich ist. Der Schuldner kann durch staatliche Zwangsmittel nicht zu etwas gezwungen werden, was nicht in seiner Macht steht (LAG München, Beschluss vom 01.08.2005, 4 Ta 250/05, juris, m. w. N.; Stein/Friedrich-Brehm, ZPO, § 888 Rdnr. 30). 
(b) Die Beklagte beruft sich im vorliegenden Fall darauf, dass ihr die Weiterbeschäftigung des Klägers unmöglich geworden sei, weil der frühere Arbeitsplatz durch Verlagerung der Produktionslinien entfallen sei und eine Weiterbeschäftigung an anderer Stelle im Betrieb oder Unternehmen nicht bestehe. Auf die Verlagerung von Produktionslinien hat die Beklagte jedoch bereits die Kündigung vom 13.07.2009 gestützt, deren Wirksamkeit ebenso wie der sich daran anknüpfende Beschäftigungsanspruch Gegenstand des Erkenntnisverfahrens war. Das Arbeitsgericht ist dennoch hier zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen. Einwände hiergegen hat die Beklagte deshalb grundsätzlich im Berufungsverfahren vorzubringen. Sie stehen der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils vom 19.10.2009 nicht entgegen (LAG Köln, Beschluss vom 26.10.1998, 10 Ta 153/98, MWR 1999, 303). Soweit andere Landesarbeitsgerichte Unmöglichkeit auch dann annehmen, wenn der Arbeitgeber sich bereits im Erkenntnisverfahren auf eine Organisationsmaßnahme berufen hat, die zu dem Verlust des Arbeitsplatzes führt (LAG München, Beschluss vom 14.02.2006, 10 Ta 493/05, A. o. A. 2006, 228, juris; LAG Berlin, Beschluss vom 13.10.2003, 6 Ta 1968/03, LAGE Nr. 2 zu § 611 BGB 2002 Beschäftigungspflicht) kann dem nicht gefolgt werden. Das Zwangsvollstreckungsverfahren dient nicht der Korrektur des Erkenntnisverfahrens (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.02.2007, 17 Ta 1/07, juris, Rdnr. 13; BAG, Beschluss vom 15.04.2009, 3 AZB 93/08, NZA 2009, 917, Rdnr. 24). Insbesondere war hier bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung, dass die Beklagte insgesamt 5 Produktionslinien zu verlagern plante, so dass dem Weiterbeschäftigungsantrag jedenfalls in zeitlicher Hinsicht hätte entgegengetreten werden können. 
2. Der Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ergibt sich hier jedoch aus der entsprechenden Anwendung des § 769 ZPO im Rahmen des § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG. 
a) Die Beklagte stützt ihr Begehren im vorliegenden Fall auf die nach Abschluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz ausgesprochene weitere betriebsbedingte Kündigung vom 30.03.2010 zum 30.06.2010. Dieser Einwand richtet sich gegen den im Urteil festgestellten Anspruch selbst und ist an sich gem. § 767 ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen. Allerdings fehlt einer Klage nach § 767 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Schuldner gegen das Urteil eine zulässige Berufung eingelegt und den Einwand gegen den in dem angefochtenen Urteil festgestellten Anspruch im Berufungsverfahren geltend machen kann (BAG, Beschluss vom 28.03.1985, 2 AZR 548/83, NZA 1985, 709). 
(1) Ob in einem solchen Fall die Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit der analogen Anwendung des § 769 ZPO eingestellt werden kann, ist streitig. 
(a) Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm (Beschluss vom 10.11.2008, 14 Sa 1567/08, juris) hat der Schuldner die Wahl zwischen Vollstreckungsabwehrklage und Berufung, wenn die Einwendung nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, aber vor Eintritt der Rechtskraft entstanden ist. Dabei kann er auch die Möglichkeit, auf welchem Weg gegebenenfalls eine Einstellung der Zwangsvollstreckung leichter erreicht werden kann, mit in die Entscheidung einbeziehen. Entscheidet er sich für einen Weg, hat er die damit verbundenen gesetzlich normierten Konsequenzen zu tragen. Danach hat der Arbeitgeber, der erstinstanzlich im Kündigungsschutzprozess unterlegen und zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits verurteilt worden ist und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine weitere Kündigung ausspricht, die Wahl, entweder gegen das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang Berufung einzulegen oder lediglich den Feststellungsantrag bezüglich der Kündigung anzugreifen und hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs Vollstreckungsabwehrklage, verbunden mit einem Antrag nach § 769 ZPO, zu erheben. 
(b) Auch Germelmann vertritt die Auffassung, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG nur bei der Glaubhaftmachung von Tatsachen erfolgen kann, die nicht die Existenz des durch Urteil festgestellten Anspruchs selbst betreffen (Germelmann, aaO., Rndr. 22). 
(c) Demgegenüber vertritt das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 25.09.2002, 8 Sa 344/02, juris) die Auffassung, dass das fehlende Rechtsschutzbedürfnis nach Einlegung der Berufung sich nicht zum Nachteil des Schuldners auswirken dürfe. Danach müssen für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei nicht präkludierten nachträglichen Einwendungen die Voraussetzungen nach § 769 ZPO genügen. Macht der Schuldner geltend, dass der erstinstanzlich ausgeurteilte Weiterbeschäftigungsanspruch durch eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochene weitere Kündigung materiell- rechtlich entfallen ist, ist dies im Verfahren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 ArbGG in entsprechender Anwendung des § 769 ZPO auch vom Berufungsgericht zu berücksichtigen. 
(d) Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt bezieht sich in seiner Entscheidung auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin (Beschluss vom 14.07.1993, 8 Sa 79/93, juris), welches zu dem gleichen Ergebnis kam. 
(e) Dieser Auffassung hat sich auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 06.05.2010 (20 Sa 97/09, n. v.) angeschlossen.  
(2) Auch die erkennende Kammer geht davon aus, dass die Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG in analoger Anwendung des § 769 ZPO eingestellt werden kann. 
(a) Dafür sprechen in erster Linie prozessökonomische Gründe. Unabhängig von der Frage des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses wäre es schon aus Kostengründen nicht sinnvoll, den Schuldner im arbeitsgerichtlichen Verfahren zur Erlangung einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung parallel auf die Durchführung beider Verfahren zu verweisen (ebenso Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.04.2010, 3 Sa 13/10, n. v.).  
(b) Hinzu kommt, dass der Schuldner zwar bis zum Eintritt der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils die Wahl zwischen Berufung und Vollstreckungsabwehrklage hat und dabei die Möglichkeiten der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung in seine Entscheidung mit einbeziehen kann. Dies gilt aber nicht für die Fälle, in denen die nachträgliche Einwendung erst nach Ablauf der Berufungsfrist entsteht. Auch hier kann der Schuldner schon aus Kostengründen nicht darauf verwiesen werden, die Berufung dann teilweise wieder zurückzunehmen. 
(c) Der Schuldner muss deshalb auch nach Einlegung der Berufung die Möglichkeit haben, nachträglich gegen den Anspruch selbst entstandene, nicht präkludierte Einwendungen für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung vorzubringen. Sachgerecht geschieht dies über die entsprechende Anwendung des § 769 ZPO im Rahmen des § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Dabei ist die Aussicht auf Erfolg des Rechtsmittels Einstellungsvoraussetzung (Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 769, Rdnr. 6). Dagegen erfordert die Anwendung des § 769 ZPO nach ganz herrschender Meinung keinen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne des § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG (Germelmann, aaO., Rndr. 50 m. w. N.; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.05.2010, 20 Sa 97/09, n. v.). Das muss im Ergebnis auch für die analoge Anwendung im Rahmen des § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelten. 
b) Die Voraussetzungen für die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung liegen demnach hier vor, denn die Berufung gegen den Weiterbeschäftigungstitel verspricht Erfolg. 
(1) Hat ein Gericht für Arbeitssachen festgestellt, dass eine bestimmte Kündigung unwirksam ist und hat es deshalb den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verurteilt, hängt die Beantwortung der Frage, ob danach ausgesprochene Kündigungen den Weiterbeschäftigungsanspruch beenden, davon ab, ob sie zu einer Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führen, die derjenigen entspricht, die vor Verkündung des Urteils bestanden hat, das die Unwirksamkeit der ersten Kündigung festgestellt hat (BAG, Urteil vom 19.12.1985, 2 AZR 190/85, AP Nr. 17 zu § 611 Beschäftigungspflicht, NZA 1986, 566). Dementsprechend beendet eine weitere offensichtlich unwirksame Kündigung den Weiterbeschäftigungsanspruch ebenso wenig wie eine weitere Kündigung, die auf dieselben Gründe gestützt wird, die nach Auffassung des Arbeitsgerichts schon für die erste Kündigung nicht ausgereicht haben. Stützt dagegen der Arbeitgeber eine weitere Kündigung auf einen neuen Lebenssachverhalt, der es möglich erscheinen lässt, dass die erneute Kündigung eine andere rechtliche Beurteilung erfährt, dann wird damit eine zusätzliche Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begründet, die das schutzwürdige Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung wieder überwiegen lässt. 
(2) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erneut am 30.03. zum 30.06.2010 gekündigt. Darauf, dass diese Kündigung offensichtlich unwirksam sei, beruft sich auch der Kläger nicht. Die Kündigung ist auch nicht auf dieselben Gründe gestützt, die nach Auffassung des Arbeitsgerichts schon für die erste Kündigung nicht ausgereicht haben. Während die vom Arbeitsgericht beurteilte Kündigung auf der Verlagerung von zwei Produktionslinien beruhten und im Ergebnis an der Sozialauswahl scheiterte, begründet die Beklagte die betriebsbedingte Kündigung zum 30.06.2010 mit der zwar früher schon geplanten, aber erst im ersten Halbjahr 2010 umgesetzten Verlagerung von zwei weiteren Produktionslinien. Zudem hat die Beklagte, soweit ersichtlich, im Gegensatz zur ersten Kündigung auch eine Sozialauswahl nach Altersgruppen getroffen. Damit entfällt der materiell rechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch mit Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2010. 
Dem Antrag der Beklagten/Berufungsklägerin war deshalb stattzugeben. 
III. Dieser Beschluss unterliegt keinem Rechtsmittel. 
 

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