LAG Berlin: Verwirkung der Kündigungsschutzklage
LAG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 16.08.2010 - Aktenzeichen 25 Ta 1628/10 (Vorinstanz: ArbG Berlin vom 23.06.2010 - Aktenzeichen 10 Ca 5902/10; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. An die Erfolgaussichten einer Klage sind im Prozesskostenhilfeverfahren keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist bei summarischer Prüfung die "reale Chance zum Obsiegen". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Sache fernliegend ist (BVerfG, Beschuss vom 11. März 2010 - 1 BvR 365/09 - NJW 2010, 1657). 2. Eine Kündigungsschutzklage, die sieben Monate nach dem Ausspruch einer formunwirksamen, nur mündlich erklärten Kündigung erhoben wird, kann verwirkt sein. Voraussetzung für die Verwirkung ist das Vorliegen eines Zeitmomentes und eines Umstandsmomentes. 3. Der Arbeitnehmer ist nach Treu und Glauben verpflichtet, etwaige Angriffe gegen eine mündliche Kündigung in angemessener Frist vorzubringen. Dem Arbeitnehmer ist eine Überlegungszeit einzuräumen. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 4 KSchG den Gedanken der zügigen Klärung des Streites über den Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgenommen. Einschließlich einer einzuräumenden Überlegungsfrist ist als angemessen ein Zeitraum bis sechs Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung anzusehen. 4. Ein Umstandsmoment für die Hinnahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach mündlicher Kündigung kann das mehrfache Verlangen nach der Herausgabe der Arbeitspapiere sein. 5. Bei Versäumung tarifvertraglicher Ausschlussfristen kommt ggf. ein Schadensersatzanspruch wegen Verzugs der Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 2 Nr. 10 NachwG) in Betracht, wenn auf einen einschlägigen Tarifvertrag nicht hingewiesen wurde. Im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens ist zugunsten der bedürftigen Partei von aufklärungsgerechtem Verhalten auszugehen. 6. Abrechnungsansprüche bestehen nur für Zeiträume, für die Zahlungen geleistet wurden. Sowohl § 108 GewO als auch § 5 Nr. 7.1 Unterabs. 1 BRTV betreffen nur die Abrechnung der erfolgten Zahlung. Sie gewähren keinen selbständigen Abrechnungsanspruch (vgl. BAG, Urteil vom 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - BAGE 119, 62 = NZA 2006, 1294; BAG, Urteil vom 10. Januar 2007 - 5 AZR 665/06 - BAGE 120, 373 = NZA 2007, 679). | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: BGB § 280; NachwG § 2 Abs. 2 Nr. 10; GewO § 108; ZPO § 114; ZPO § 115; Redaktionelle Normenkette: ZPO § 114 S. 1; KSchG § 4; BGB § 125; BGB § 280 Abs. 1; BGB § 623; NachwG § 2 Abs. 2 Nr. 10; BRTV § 5 Nr. 7.1 Unterabs. 1; BRTV § 15; GewO § 108;
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