LAG Nürnberg: Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegen Vorwegnahme einer Betriebsänderung
LAG Nürnberg, Beschluss vom 11.4.2024 – 4 TaBVGa 1/24
Volltext: BB-Online BBL2024-1908-2
Leitsatz
Der Betriebsrat hat keinen im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch, dass der Arbeitgeber die Durch-führung einer geplanten Betriebsänderung sowie personelle Maßnahmen wie Kündigungen oder Versetzungen unter-lässt, bis der Arbeitgeber seinen Informations- und Beratungspflichten vollumfänglich nachgekommen ist und hinreichend versucht hat, einen Interessenaus-gleich abzuschließen.
ArbGG § 85 Abs. 2
ZPO § 936, 940 ZPO i. V. m. §§ 916 ff, 920
BetrVG § 111 ff.
Sachverhalt
I.
Die Beteiligten streiten im Wege einer einstweiligen Verfügung über die Verpflichtung der Beteiligten zu 2 zur Unterlassung von Kündigungen bis zum Abschluss oder des Scheiterns eines Interessenausgleichs.
Die Beteiligte zu 2 entwickelt und stellt leistungsstarke Batterien her. Sie beschäftigt am Standort A-Stadt mehr als 750 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 1 ist der bei der Arbeitgeberin gebildete, aus 13 Mitgliedern bestehende, Betriebsrat.
Am 15.11.2023 wurde der Beteiligte zu 1 von der Beteiligten zu 2 darüber informiert, dass beabsichtigt sei, sich von insgesamt ca. 160 Beschäftigten betriebsbedingt zu trennen. Am 16.11.2023 wurden die Beschäftigten im Rahmen einer Betriebsversammlung informiert.
Nach mehrfacher Aufforderung erhielt der Beteiligte zu 1 am 13.12.2023 die Power-PointPräsentation zur „Neuausrichtung C.“ vom 16.11.2023, in der es u.a. heißt:
Ist-Personal Umsetzung Fachbereiche
798 MA -> 31.03. 1. Produktion
2. Service-Center
3. … alle Bereiche
Soll-Personal Reduzierung
640 MA 20%
Zwischen den Beteiligten fanden zu Beginn des Jahres 2024 mehrere Gespräche statt. In einem Termin am 01.02.2024 unterbreitete der Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 2 einen Vorschlag für einen Sozialplan und ein Freiwilligenprogramm, der neben Regelungen zu Abfindungen auch die Errichtung einer Transfergesellschaft beinhaltet. Die Beteiligte zu 2 hat im Folgenden eine Transferberatung mit der Agentur für Arbeit durchgeführt, an der auch Vertreter des Beteiligten zu 1 teilnahmen.
Am 21.02.2024 erhielt der Beteiligte zu 1 nach Ende seiner Bürozeit die Anhörung zu insgesamt 24 betriebsbedingten Kündigungen von Einrichtern.
Mit am 22.02.2024 eingegangenem Antrag vom selben Tag hat der Beteiligte zu 1 geltend gemacht, er sei bislang unzureichend über die geplante Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG unterrichtet worden. Ein Interessenausgleichsentwurf sei nicht vorgelegt worden. Die Beteiligte zu 2 habe ihn aber zu unterrichten und mit ihm über einen Interessenausgleich zu beraten und zu verhandeln, bevor die Betriebsänderung umgesetzt werde. Die Interessenausgleichsverhandlungen seien weder abgeschlossen noch gescheitert. Die beabsichtigten Kündigungen seien Teil der betriebsändernden Maßnahmen. Die Kündigungen seien damit eine (Teil-)Vorwegnahme der Betriebsänderung.
Der Beteiligte zu 1 hat erstinstanzlich beantragt,
1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, ohne dass zuvor die Interessenausgleichsverhandlungen, ggf. vor der Einigungsstelle, beendet worden sind;
2. der Antragsgegnerin für jeden Fall des Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus Ziffer 1 ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird.
Die Beteiligte zu 2 hat erstinstanzlich beantragt,
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2 hat vorgetragen, es mangele bereits an einem Verfügungsanspruch. Es gebe generell keinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats in Bezug auf Kündigungen. Die Kündigung von 24 Einrichtern stelle auch keine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG dar. Der Betriebsrat habe zudem keinen Verfügungsgrund dargelegt.
Mit Beschluss vom 29.02.2024 hat das Arbeitsgericht die Beteiligte zu 2 antragsgemäß zur Unterlassung des Ausspruchs von Kündigungen verpflichtet. Der Beteiligte zu 1 habe das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet, nachdem dieser im Rahmen der Sitzung am 22.02.2024 einen entsprechenden Beschluss gefasst habe. Ein Verfügungsanspruch liege vor. Dieser folge aus den Beteiligungsrechten des Beteiligten zu 1 aus §§ 111 ff. BetrVG unter Berücksichtigung der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung nach Maßgabe der RL 2002/14/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.2002. Für die Rechte des Betriebsrats auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung mit dem Ziel eines Interessenausgleichs müsse die Möglichkeit der Durchsetzung bestehen, ohne dass der Arbeitgeber sie durch Schaffung vollendeter Tatsachen unterlaufen könne. Das Sanktionsregime gemäß § 113 BetrVG sei insoweit nicht ausreichend. Die Voraussetzungen einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG lägen infolge der beabsichtigten Personalreduzierung um 20% vor. Auch läge infolge der durch die Beteiligte zu 2 eingeleiteten Anhörungsverfahren zum Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen ein Verfügungsgrund vor.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist den Vertretern der Beteiligten zu 2 ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 04.03.2024 zugestellt worden. Die Beteiligte zu 2 hat mit am 11.03.2024 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese begründet.
Die Beteiligte zu 2 trägt vor, dass eine Anspruchsgrundlage für den durch den Beteiligten zu 1 geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht bestehe. Hierfür biete die RL 2002/14/EG des europäischen Rates und des Rates vom 11.03.2002 keine Grundlage.
Die §§ 111 ff. BetrVG seien europarechtskonform ausgestaltet, eine richtlinienkonforme Auslegung scheide von vornherein aus. Das Sanktionsregime gemäß § 113 BetrVG und § 121 BetrVG sei ausreichend, um die europarechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Zudem bestehe die Möglichkeit, die Ansprüche auf Unterrichtung und Beratung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend zu machen. Das Bestehen eines Unterlassungsanspruches käme folglich nur auf Grundlage einer gesetzlichen Regelung in Betracht. Eine solche existiere aber gerade nicht. Das Arbeitsgericht verkenne insoweit, dass der im Rahmen von § 87 BetrVG anerkannte Unterlassungsanspruch auf Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG nicht übertragen werden könne. Während im Rahmen von § 87 BetrVG Maßnahmen ohne Zustimmung des Betriebsrats bzw. ohne Ersetzung der Einigung durch Spruch der Einigungsstelle zur Unwirksamkeit der Maßnahme führe, sei im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG festzustellen, dass Maßnahmen des Arbeitgebers – selbst bei einem Abweichen der Bestimmungen eines Interessenausgleichs – wirksam blieben und lediglich einen Nachteilsausgleich begründen könnten. Es stelle einen Wertungswiderspruch dar, würde man Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats, die zur Verfolgung und Sicherung der Rechte der Belegschaft bestehen, in weiterem Umfang als ein mögliches Verhandlungsergebnis absichern. Zudem liege eine Betriebsänderung nicht vor. Der einschlägige Schwellenwert des §§ 17 KSchG sei zudem nicht erreicht. Die Beteiligte zu 2 habe allein 12 Kündigungen ausgesprochen. Auch habe der Beteiligte zu 1 einen Verfügungsgrund nicht dargelegt.
Die Beteiligte zu 2 und Beschwerdeführerin stellt folgenden Antrag:
Der am 29. Februar verkündete Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg –, Az.: 2 BVGa 1/24, wird aufgehoben und die Anträge des Beteiligten zu 1. werden abgewiesen.
Der Beteiligte zu 1 und Beschwerdegegner beantragt,
Die Beschwerde ist zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1 verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Eine Betriebsänderung liege infolge des geplanten – erheblichen – Stellenabbaus vor. Auch bestehe jedenfalls unter Berücksichtigung einer richtlinienkonformen Auslegung (RL 2002/14/EG) der §§ 111 ff. BetrVG ein Unterlassungsanspruch. Nur durch Gewährung eines Unterlassungsanspruchs könne den europarechtlichen Vorgaben hinreichend Rechnung getragen werden. Das Sanktionsregime gemäß §§ 113, 121 BetrVG sei gerade nicht ausreichend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses, die Antragsschrift nebst Anlagen, die Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht und die zwischen den Beteiligten in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist begründet. Ein Anspruch des Beteiligten zu 1 auf Unterlassung von Kündigungen besteht, entgegen der Feststellung des Arbeitsgerichts, nicht.
Entgegen der Bewertung des Arbeitsgerichts kann sich der Beteiligte zu 1 zur Durchsetzung seiner Rechte gemäß §§ 111, 112 BetrVG nicht auf einen auf Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung gerichteten Anspruch stützen.
1. Der Antrag des Beteiligten zu 1 ist zulässig. Er hat sein Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt, da sämtliche Fragen im Zusammenhang mit Ansprüchen bei einer Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz gem. § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG darstellen. Ebenso ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren statthaft, § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
2. Der Antrag ist aber unbegründet. Dem Beteiligten zu 1 steht hinsichtlich der begehrten Untersagung des Ausspruchs betriebsbedingter Kündigungen mangels eines auf Grundlage der §§ 111, 112 BetrVG bestehenden Unterlassungsanspruches kein Verfügungsanspruch i. S. d. § 85 Abs. 2 ArbGG, §§ 936, 940 ZPO i. V. m. §§ 916 ff., 920 ZPO zur Seite.
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der durch die Beteiligte zu 2 geplante Personalabbau eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellt und ob die Beteiligte zu 2 ihren Unterrichtungs- und Beratungspflichten vollumfänglich nachgekommen ist und hinreichend versucht hat, einen Interessenausgleich mit dem Beteiligten zu 1 abzuschließen. Maßgebend ist, dass der Beteiligte zu 1 von vornherein zur Sicherung seiner Rechte aus §§ 111, 112 BetrVG keinen Anspruch auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsänderung beanspruchen kann.
Ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch darauf zusteht, dass der Arbeitgeber die Durchführung der geplanten Betriebsänderung sowie personelle Maßnahmen wie Kündigungen oder Versetzungen bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich vorübergehend unterlässt, ist umstritten. Teilweise wird ein solcher Anspruch bejaht, teilweise verneint (vgl. die Nachweise in LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 – 6 TaBVGa 2/16; Oetker GKBetrVG 12. Aufl. § 111 Rn. 271 ff.; Fitting 32. Aufl. BetrVG § 111 Rn. 160 ff.; ErfK/Kania 24. Aufl. BetrVG § 111 BetrVG Rn. 27).
Aus Sicht der Beschwerdekammer ist ein entsprechender Unterlassungsanspruch abzulehnen.
2.1.1. Die Anerkennung eines Anspruches auf Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung würde zunächst die grundlegend unterschiedliche gesetzliche Ausgestaltung der Mitbestimmung in den wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten verkennen.
Im Bereich der Mitbestimmung nach Maßgabe von § 87 BetrVG ist anerkannt, dass der Arbeitgeber eine Maßnahme, die von einem Mitbestimmungstatbestand gemäß § 87 BetrVG erfasst ist, grds. nur mit Zustimmung des Betriebsrats durchführen kann und eine fehlende Zustimmung des Betriebsrats sowohl gegenüber dem Betriebsrat eine betriebsverfassungswidrige Lage zur Folge hat als auch gleichzeitig im Verhältnis zum Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Maßnahme bedingt (Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung). Aus dieser gesetzgeberischen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte folgt, dass im Bereich der sozialen Angelegenheiten auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats auf die Abwehr und die Beseitigung von Verletzungen der Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG anerkannt ist (BAG v. 03.05.1994 – 1 ABR 24/93).
Im Bereich der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen ist dies grundlegend anders. Die Durchführung einer Betriebsänderung gehört zur wirtschaftlichen Entscheidungskompetenz des Arbeitgebers, die aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 12 und 14 GG der betrieblichen Mitbestimmung entzogen ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 – 6 TaBVGa 2/16). Dem hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten als Informations- und Beratungsrechte ausgestaltet sind (vgl. §§ 111, 112 BetrVG). Wie das LAG Nürnberg im Beschluss vom 09.03.2009 (6 TaBVGa 2/09) – dem sich die Beschwerdekammer anschließt – bereits ausgeführt hat, darf der Arbeitgeber die geplanten Maßnahmen in jedem Fall durchführen.
Das LAG Nürnberg hat in der benannten Entscheidung – zutreffend – ausgeführt:
Führt der Arbeitgeber die Betriebsänderung aber unter Verletzung dieses Anspruches durch, spricht er etwa Kündigungen ohne die für Betriebsänderungen nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats aus, dann bleiben diese Kündigungen nach ausdrücklicher Wertentscheidung des Gesetzgebers (vgl. § 113 Abs. 3 BetrVG) wirksam. Selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Vorschriften zur Beteiligung des Betriebsrats einhält und einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat abschließt, dieses Verhandlungsergebnis aber nicht einhält und entgegen den getroffenen Absprachen Kündigungen ausspricht, bleiben diese wirksam: Nach der Entscheidung des Gesetzgebers erhalten die betroffenen Arbeitnehmer lediglich einen Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 1 BetrVG). Dieser Nachteilsausgleich gründet sich darauf, dass der Arbeitgeber die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats verletzt hat. Es widerspräche der gesetzlichen Systematik, die bewusst die Gültigkeit der unter Verletzung der Mitbestimmungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG ausgesprochenen Kündigungen anordnet, wollte man gestatten, dass diese im Individualverhältnis gültigen Maßnahmen vor ihrer Verwirklichung verboten werden. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, würde man ein Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrats, das zur Verfolgung und Sicherung der Rechte der Belegschaft besteht, in weiterem Umfang absichern als ein mögliches Verhandlungsergebnis.
Hinzu kommt: Wenn der Anspruch auf Unterlassung sogar hinsichtlich der Abweichung des Arbeitgebers von einem mit dem Betriebsrat erzielten Verhandlungsergebnis zu verneinen ist (vgl. § 113 Abs. 1 BetrVG und oben; hier entsteht doch ein eigenes subjektives Recht des Betriebsrats zumindest aus der mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung), dann muss dies erst recht hinsichtlich von Maßnahmen gelten, zu denen sich der Arbeitgeber nicht verpflichtet hat. Ansonsten wäre der Verhandlungsanspruch in weiterem Maß geschützt als das Verhandlungsergebnis. Dies kann in keiner Weise überzeugen.
2.1.2. Entgegen der Bewertung des Arbeitsgerichts folgt auch nichts anderes aus der RL 2002/14/EG vom 11.03.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Weitergehende Unterlassungsansprüche als den zur Sicherung des Verhandlungs- und Beratungsanspruchs des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG, die auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden können (vgl. Fitting BetrVG 32. Aufl. BetrVG § 111 Rn. 168 ff.), fordert die die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer betreffende Richtlinie nicht (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.10.2016 – 6 TaBVGa 2/16).
Soweit Art. 8 Abs. 2 „angemessene Sanktionen“ vorschreibt, „die im Falle eines Verstoßes gegen diese Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter Anwendung finden“, wobei diese „wirksam, angemessen und abschreckend“ sein müssen, ist auch dies gewährleistet. Die von Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie geforderten „angemessenen Sanktionen“ sind durch § 113 BetrVG und die Ahndung als Ordnungswidrigkeit gem. § 121 BetrVG gewährleistet (so ausdrücklich ErfK/Kania 24. Aufl. BetrVG § 111 BetrVG Rn. 27 mwN; LAG Rheinland-Pfalz v. 07.12.2017 – 5 TaBVGa 3/17; LAG Nürnberg v. 09.03.2009 – 6 TaBVGa 2/09; a. A. u.a. LAG Düsseldorf v. 06.02.2021 – 4 TaBVGa 6/20). Darüber hinaus gehende Unterlassungsansprüche sind dem Gesetzgeber vorbehalten (LAG Berlin-Brandenburg v. 19.06.2014 – 7 TaBVGa 1219/14).
Nach alldem besteht der vom Beteiligten zu 1 geltend gemachte Anspruch nicht. Folglich ist auf die Beschwerde die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen.