LAG Berlin:: Unbezahlter Sonderurlaub – Übertragungstatbestand
LAG Berlin, Urteil vom 16.6.2017 – 3 Sa 128/17
Volltext: BB-ONLINE BBL2017-2100-6
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Amtliche Leitsätze
I. Die Gewährung eines vom Arbeitnehmer beantragten unbezahlten Sonderurlaubs gemäß § 28 TV-L stellt keinen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund dar, der die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr i. S. d.
§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG rechtfertigt. Das Unionsrecht erfordert keinen weitergehenden Übertragungstatbestand.
II. In dem Fall, in dem dem Arbeitnehmer auf seinen Antrag hin unbezahlter Sonderurlaub gewährt wird, ergibt sich auch weder aus dem BUrlG noch aus Art. 7 Abs. 1 EGRL 88/ 2003 noch aus Art. 31. Abs. 2 GRC eine Verpflichtung des Arbeitgebers, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen, oder eine Verpflichtung des Arbeitgebers, von sich aus den Arbeitnehmer aufzufordern, Erholungsurlaub zu beantragen, um einen ersatzlosen Verfall des gesetzlichen Anspruchs auf Erholungsurlaub zu verhindern.
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin aus dem Jahr 2014 noch 15 Urlaubstage und aus dem Jahr 2015 noch 20 Urlaubstage als Urlaub/Ersatzurlaub zustehen.
Die Klägerin wurde auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 19. August 1988 (Anlage K1, Bl. 6 der Akte) von dem Land Berlin vom 1. August 1988 an als vollbeschäftigte Angestellte im Bereich des St. L. Berlin eingestellt. Nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrages waren für das Arbeitsverhältnis ua. maßgebend der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen. Das Arbeitsverhältnis ging auf die Beklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, über. Die Beklagte wendet den TV-L auf das Arbeitsverhältnis an. Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert und der Stufe 5+ (individuelle Endstufe) zugeordnet.
Die Parteien schlossen eine bis zum 31. Juli 2014 befristete Teilzeitvereinbarung, wonach die Arbeitszeit der Klägerin reduziert wurde und die Klägerin an drei Tagen pro Woche arbeitete.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten im Jahr 2013 gemäß § 28 TV-L für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 31. März 2015 Sonderurlaub. Mit Schreiben vom 11. Juni 2013 (Anlage K2a, Bl. 7 der Akte) gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2014 bis zum 31. März 2015 „Sonderurlaub unter Verzicht auf Fortzahlung des Entgeltes gem. § 28 TV-L aus familiären Gründen“. – Wegen des konkreten Wortlauts des Schreibens wird auf Bl. 7 der Akte Bezug genommen.-
Die Klägerin wurde vor dem 1. April 2014 im Jahr 2014 von der Beklagten für fünf Urlaubstage (Arbeitstage) aus dem Jahr 2014 von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts zu Erholungszwecken freigestellt. Die Klägerin hatte vor dem 1. April 2014 nicht die Gewährung eines weitergehenden Erholungsurlaubs von der Beklagten verlangt. Die Beklagte hatte der Klägerin im Jahr 2014 keinen weiteren Erholungsurlaub für das Jahr 2014 gewährt, sie hatte die Klägerin auch nicht aufgefordert, weiteren Erholungsurlaub für das Jahr 2014 zu nehmen.
Mit Schreiben vom 4. August 2014 (Anlage B1, Bl. 30 der Akte) beantragte die Klägerin befristet für die Zeit vom 1. April 2015 bis 31. Januar 2016 die Verlängerung von Sonderurlaub nach § 28 TV-L aus familienbedingen Gründen. Die Beklagte führte darauf in dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 5. September 2014 (Anlage K2b, Bl. 8 der Akte) ua. aus: „Ihnen wurde für die Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 Sonderurlaub unter Verzicht auf Fortzahlung des Entgeltes gem. § 28 TV-L aus familienbedingten Gründen gewährt. Gemäß Ihrem Antrag vom 04.08.2014 wird der Sonderurlaub über den 31.03.2015 hinaus bis zum 31.01.2016 verlängert….“
In der Zeit vom 1. April 2014 bis einschließlich 31. Januar 2016 befand sich die Klägerin in dem von der Beklagten gewährten Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge. Die Klägerin hatte im Jahr 2015 nicht die Gewährung von Erholungsurlaub von der Beklagten verlangt. Die Beklagte hatte die Klägerin im Jahr 2015 nicht aufgefordert, Erholungsurlaub zu nehmen.
Die Klägerin nahm am 1. Februar 2016 ihre Arbeitstätigkeit bei der Beklagten wieder auf. Seit dem 1. Februar 2016 arbeitet die Klägerin auf der Grundlage einer ab diesem Datum geltenden neuen Vereinbarung über Teilzeittätigkeit an drei Wochentagen 20 Stunden.
Mit E-Mail vom 8. Februar 2016 (Anlage B2, Bl. 31 der Akte) wandte sich die Klägerin an die Beklagte. In dieser E-Mail führte die Klägerin ua. aus, ihr stünden aus der Zeit ihrer Beurlaubung noch Urlaubstage zu, die in der Urlaubskarte nicht berücksichtigt worden seien. Die Klägerin verwies insoweit auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – und forderte die Beklagte auf, zusätzlich 37 Tage in ihre Urlaubskarte einzustellen, weil für das Jahr 2014 noch anteilige 15 Urlaubstage, für das Jahr 2015 20 Tage und für 2016 anteilige 2 Urlaubstage zu berücksichtigen seien. – Wegen des konkreten Inhalts der E-Mail vom 8. Februar 2016 wird auf Bl. 31 der Akte verwiesen. – Mit Schreiben vom 9. Februar 2016 verlangte die Klägerin von der Beklagten, für den Zeitraum ihrer Beurlaubung folgende Urlaubstage anzuerkennen: für das Jahr 2014 anteilige 15 Urlaubstage, für das Jahr 2015 20 Urlaubstage und für 2016 anteilige zwei Urlaubstage. Die Beklagte teilte der Klägerin darauf mit Schreiben vom 10. Februar 2016 (Anlage K3, Bl. 9 der Akte) mit, die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eingehend erörtert und beschlossen aus dem Urteil vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – keine allgemeinen Folgerungen zu ziehen, weil weder das Ergebnis noch die Begründung überzeugen. Vor diesem Hintergrund könne ihrer Forderung aus ihrem Antrag nicht entsprochen werden. – Wegen des genauen Inhalts des Schreibens vom 10. Februar 2016 wird auf Bl. 9 der Akte verwiesen. –
Mittlerweile besteht zwischen den Parteien kein Streit mehr über die Gewährung von Urlaubstagen für das Jahr 2016. In der Zeit vom 17. November 2016 bis zum 10. Januar 2017 befand sich die Klägerin in einem von der Beklagten bewilligten Erholungsurlaub.
Mit ihrer am 27. Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 2. Juni 2016 zugestellt worden ist, hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie gegen die Beklagte für den Zeitraum 1. April 2014 bis 31. Dezember 2014 einen Anspruch auf Gewährung von 15 Urlaubstagen als Schadensersatz und für den Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Januar 2016 einen Anspruch auf Gewährung von 22 Urlaubstagen hat.
Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen: Für das Jahr 2014 hätten ihr anteilig noch 15 Urlaubstage als gesetzlicher Mindesturlaub zugestanden. Für 2014 sei auch für den Zeitraum von April bis Juli bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs auf eine Fünftagewoche abzustellen, weil die Parteien mit der Vereinbarung über die Beurlaubung auch die Vereinbarung zur Teilzeit beendet hätten und die Beurlaubung damit eine Beurlaubung von der eigentlich in einer Fünftagewoche bestehenden Arbeitspflicht gewesen sei. Diese 15 Urlaubstage seien jetzt als Schadensersatz zu gewähren. Der Urlaubsanspruch sei auch während des Sonderurlaubs entstanden. Es könne dabei dahinstehen, ob die Beklagte einen Anspruch auf Beurlaubung erfüllt habe oder ob die Beklagte ihr die Beurlaubung jenseits der tariflichen Regelungen freiwillig gewährt habe. Der gesetzliche Urlaub könne nicht durch den Tarifvertrag gekürzt werden. In entsprechender Anwendung der Regelungen zur Übertragung von Urlaub in Fällen langer Krankheit sei auch im Fall von ruhensbedingter Unfähigkeit, den Urlaub zu nehmen, ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten anzusetzen, der für das Jahr 2014 Ende März 2016 geendet habe. Die Beklagte verkenne, dass der europarechtskonformen Auslegung der nationalen Übertragungsregelungen ein allgemeiner Gedanke zugrunde liege. Dieser sei auch bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses anzuwenden. – Die Klägerin verweist insoweit auch auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Mai 2016 – 5 Sa 78/16 – zu einem Übertragungstatbestand bei einem Ruhen aufgrund eines Abgeordnetenmandats. – Die Klägerin hat weiter vorgetragen, sie habe die Beklagte so rechtzeitig zur Anerkennung des Urlaubs aus dem Jahr 2014 aufgefordert, dass es dieser möglich gewesen wäre, den Urlaub noch zu gewähren. Die Beklagte habe die Anerkennung des Urlaubs verweigert, so dass sie nicht gehalten gewesen sei, einen konkreten Urlaubsantrag zu stellen. Die Beklagte schulde ihr daher die Gewährung der 15 Urlaubstage für 2014 als Schadensersatz. Im Übrigen müsse ihr die Beklagte nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg mit Urteilen vom 12. Juni 2014 – 21 Sa 221/14 – und vom 7. Mai 2015 – 10 Sa 86/15 – den gesetzlichen Mindesturlaub sogar unaufgefordert gewähren. Der Beklagte hätte auch darauf dringen können und nach richtiger Auffassung auch darauf dringen müssen, dass sie ihren Urlaub für das Jahr 2014 nimmt. Der gesetzliche Mindesturlaub für das Jahr 2015, der in Höhe von 20 Urlaubstagen entstanden sei, könne noch in natura gewährt werden, weil ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten anzusetzen sei.
Die Klägerin hat nach Rücknahme der Klage bezogen auf die Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2016 zuletzt beantragt, festzustellen, dass die Klägerin gegen das beklagte Amt bezogen auf den Zeitraum 1. April 2014 bis 31. Dezember 2014 einen Anspruch auf Gewährung von 15 Urlaubstagen (auf Basis einer hypothetischen 5-Tage-Woche) und bezogen auf den Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 einen Anspruch auf Gewährung von 20 Urlaubstagen (auf Basis einer hypothetischen 5-Tage-Woche) inne hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2014 und für das Jahr 2015 sei jeweils mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres untergegangen. Denn ein Übertragungstatbestand liege nicht vor. Die Gewährung von Sonderurlaub gemäß § 28 TV-L sei kein von außen kommendes Ereignis, welches es dem Arbeitnehmer unmöglich oder unzumutbar mache, den Urlaub noch im Urlaubsjahr zu nehmen. Die Unmöglichkeit der Gewährung des Urlaubs während des Sonderurlaubs habe der Arbeitnehmer selbstbewusst und gewollt herbeigeführt. Damit habe er auch die Konsequenz, nämlich den Untergang des Urlaubsanspruchs am Ende des Urlaubsjahres, zu tragen. Die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung aufgrund des Sonderurlaubs stelle daher keinen sachlich gerechtfertigten Grund für eine ausnahmsweise vorzunehmende Übertragung des Urlaubs dar. Dieser Auslegung würde auch das Unionsrecht nicht entgegenstehen. Denn bei der hier vorliegenden Konstellation habe für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestanden, den Urlaub zu nehmen. Der Arbeitnehmer habe diese Möglichkeit selbst beseitigt. Die Grundsätze zur Übertragung des Urlaubsanspruchs bei Vorliegen einer Langzeiterkrankung seien auf das Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Sonderurlaub daher nicht anwendbar. Auch würden in der vorliegenden Konstellation die beiden Urlaubszwecke – der arbeitszeitliche Aspekt der Erholung und Regeneration von der Arbeit sowie der sozialpolitische Aspekt des Erhalts eines Zeitraums für Entspannung und Freizeit – nicht tangiert. Die Klägerin habe den Urlaubsanspruch für die Jahre 2014 und 2015 demnach mit ihrer E-Mail vom 8. Februar 2016 erstmalig geltend gemacht, nachdem diese Ansprüche bereits verfallen waren. Die Klägerin habe sie daher auch nicht in Verzug gesetzt und könne daher keinen Schadensersatz verlangen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 16. November 2016 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Ein Anspruch auf Gewährung von 35 Tagen Erholungsurlaub mit dem Bezugszeitraum 1. April 2014 bis 31. Dezember 2015 bestehe weder als Primäranspruch noch als Sekundäranspruch. Die Urlaubsansprüche seien zwar zum Entstehen gelangt. Der Anspruch sei auch nicht durch Erfüllung untergegangen. Die Urlaubsansprüche seien aber bereits mit dem Ende des jeweiligen Bezugsjahres untergegangen. Ein Übertragungstatbestand gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG liege nicht vor. Betriebliche Gründe hätten nicht vorgelegen. Übertragungsgründe in der Person der Klägerin hätten ebenfalls nicht vorgelegen. Da die Klägerin im Zuge der mündlichen Verhandlung erläutert habe, dass sie es auf sich genommen habe, Familienmitglieder wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes zu pflegen, sei offenkundig geworden, dass die Gewährung des Sonderurlaubs von einem wichtigen Grund iSv. § 28 TV-L getragen worden sei. Dieser schlage aber nicht in Form eines Übertragungstatbestandes durch. Gründe in der Person des Arbeitnehmers iSv. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG seien solche, die sich der Gestaltung durch die Arbeitnehmerin entziehen würden und schicksalhaften Charakter trügen, namentlich der pathologische Zustand, welcher krankheitsbedingt zur Arbeits- und somit auch zur Urlaubsunfähigkeit führten. Dies sei mit der hier vorliegenden Situation nicht vergleichbar. Nichts habe die Klägerin gehindert, - außer ggf. Unwissen um das Entstehen von Urlaubsansprüchen – gemeinsam mit der Beklagten den Sonderurlaub so zu gestalten, dass er Aussparungen zum Zweck der Realisierung der gesetzlichen Urlaubsansprüche aufweise. Die Auffassung der Klägerin, dass sich der Übertragungszeitraum sogar auf 15 Monate verlängere, besitze keine Fundierung im Unionsrecht. Der Fall der langwierigen Erkrankung sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Demnach seien die Urlaubsansprüche als Primäransprüche mit Ablauf des Jahres 2014 bzw. 2015 untergegangen. Sekundäransprüche seien nicht zum Entstehen gelangt. Die Beklagte habe keine Pflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Da die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung unter dem 9. Februar 2016 bereits erloschen seien, habe zu diesem Zeitpunkt keine Verpflichtung mehr bestanden, den Urlaub zu gewähren. Es bestehe auch keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur aktiven Urlaubsgewährung unabhängig von der Artikulation von Urlaubswünschen durch den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber sei nach nationalem Recht nicht verpflichtet, den Urlaub ohne einen Antrag oder Wunsch des Arbeitnehmers im Urlaubsjahr zu gewähren und somit dem Arbeitnehmer den Urlaub aufzuzwingen. Die Kammer gehe nicht davon aus, dass unionsrechtlich etwas anderes gelte. – Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. –
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Januar 2017 zugegangene Urteil hat dieser für die Klägerin mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 27. Januar 2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 6. März 2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung im Wesentlichen vor: Das Arbeitsgericht gehe bereits unzutreffend davon aus, dass personenbedingte Gründe für die Übertragung des Urlaubs nicht vorgelegen hätten. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts stehe nicht in Einklang mit den tragenden Gründen der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts (5 Sa 78/16). Es komme für den Übertragungstatbestand nur auf die faktische (Un-)Möglichkeit, den Urlaub noch nehmen zu können oder eben nicht, an. Das Arbeitsgericht habe auch übersehen, dass durch das Landesarbeitsgericht die europarechtliche Argumentation gezielt auf die Fälle übertragen worden sei, in denen dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit eröffnet gewesen sei, in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs zu kommen. Der Anspruch darauf, in den Genuss des Jahresurlaubs zu kommen, hänge daher nicht davon ab, ob der Arbeitnehmer selbst etwas dazu beigetragen habe, dass er den Urlaub nicht „rechtzeitig“ genommen habe, sondern nur von der tatsächlichen Möglichkeit. Europarechtlich wäre alles andere auch nicht zu rechtfertigen. Dies entspreche auch den Ausführungen im Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 12. Juni 2014 – 21 Sa 221/14 - . Arbeitsschutz könne nicht unter den „Vorbehalt“ privatautonomen Verhaltens gestellt werden. Das Arbeitsgericht argumentiere auch unzutreffend zum Sekundäranspruch. Der Arbeitgeber sei arbeitsvertraglich verpflichtet, von sich aus den Urlaub zu gewähren, andernfalls könne er am Jahresende nicht verfallen, sondern bestehe als Schadensersatzanspruch fort. Das Arbeitsgericht weiche von dieser Rechtsprechung ab, ohne sich mit dieser auseinanderzusetzen. Entscheidend an der Vorlage des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2016 – 9 AZR 541/15 – sei, dass es seine früher vertretene Auffassung aufgegeben habe, dass es eine arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Urlaubsgewährung auch ohne Antrag des Arbeitnehmers nicht geben könne. Genau die Annahme, dass eine solche Verpflichtung europarechtlich denkbar sei, sei Grundlage der Vorlage an den EuGH. Der Arbeitgeber werde nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Urlaub aufzuzwingen, sondern er sei nur gehalten, dafür zu sorgen, dass der Urlaub mindestens im Umfang des gesetzlichen Mindesturlaubs genommen werde.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. November 2016 – 60 Ca 6930/16 – abzuändern und festzustellen, dass die Klägerin gegen den Beklagten bezogen auf den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 31. Dezember 2014 einen Anspruch auf Gewährung von 15 Urlaubstagen und bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 einen Anspruch auf Gewährung von 20 Urlaubstagen inne hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist weiter der Auffassung, Übertragungstatbestände nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG oder gemäß § 26 TV-L hätten nicht vorgelegen. Der Sonderurlaub stelle keinen personenbedingten Grund dar. Denn das Hindernis für die Inanspruchnahme habe nicht in der Person der Klägerin gelegen, sondern lediglich deren Wunsch und ihrem geäußerten Willen entsprochen. Sie bestreite vorsorglich, dass Motiv für die Verabredung des Sonderurlaubs gewesen sei, dass es die Klägerin auf sich genommen habe, Familienmitglieder wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes zu pflegen. Die Bereitschaft, Familienangehörige zu pflegen, sei ferner kein in der Person des Beschäftigten liegender Grund, der, wie zB die Arbeitsunfähigkeit oder möglicherweise auch das Abgeordnetenmandat des Beschäftigten selbst, die Abwesenheit begründe. Ein personenbedingter Grund sei nur gegeben, wenn Gründe in der Person gegeben seien, die dem Einfluss des Beschäftigten entzogen seien. Die Rechtsprechung des EuGH betreffe nur den Fall der Urlaubsverhinderung durch langwierige Erkrankung. Der Sekundäranspruch scheitere bereits daran, dass die Nichtgewährung des Urlaubs nicht vom Arbeitgeber zu vertreten gewesen sei, da es dem Wunsch der Klägerin entsprochen habe, einen unbezahlten Sonderurlaub zu nehmen, der es ihr aufgrund ihrer eigenen Entscheidung unmöglich gemacht habe, den Urlaubsanspruch im Urlaubsjahr zu verwirklichen. Da die Klägerin in der Lage gewesen sei, ihren Urlaub im Urlaubsjahr zu nehmen, sei der Anspruch am Ende des Urlaubsjahres untergegangen. Unionsrechtlich gelte nichts Anderes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
Aus den Gründen
A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 519 Abs. 1 und Abs. 2, § 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass ihr bezogen auf den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 31. Dezember 2014 noch ein Anspruch auf Gewährung von 15 Urlaubstagen und bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 ein Anspruch auf Gewährung von 20 Urlaubstagen zusteht.
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass ihr gegen die Beklagte ein aus den Jahren 2014 und 2015 resultierender (Ersatz-)Urlaubsanspruch zusteht (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Feststellungsklage ist nicht wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig (grundlegend BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 13 bis 15, BAGE 137, 328; vgl. auch BAG 14. Februar 2017 – 9 AZR 207/16 – Rn. 9, ZTR 2017, 366).
II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder aus dem Zeitraum vom 1. April 2014 bis 31. Dezember 2014 noch aus dem Kalenderjahr 2015 ein Urlaubsanspruch oder ein Ersatzurlaubsanspruch zu.
1. Ein Anspruch auf Gewährung des gesetzlichen Urlaubs gemäß § 1 BUrlG für die Kalenderjahre 2014 und 2015 besteht nicht mehr.
a) Der gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß § 1 BUrlG ist zwar sowohl im Kalenderjahr 2014 als auch im Kalenderjahr 2015 vollständig entstanden. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – Rn. 11, BAGE 148, 115; 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8 mwN zur st. Rspr., BAGE 142, 371). Der Urlaubsanspruch entsteht auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen eines vom Arbeitnehmer beantragten Sonderurlaubs vereinbaren (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – Rn. 12, aaO). Der jeweils zu Beginn des Kalenderjahres entstandene gesetzliche Urlaub ist ferner nicht für die Zeit des vereinbarten Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Sonderurlaubs zu kürzen. Ruht das Arbeitsverhältnis, vermindert sich zwar nach § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-L die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel. Die in dieser Tarifvorschrift geregelte Verminderung des gesetzlichen Urlaubs lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG aber nicht zu, sodass die Bestimmung insoweit unwirksam ist. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG kann in Tarifverträgen nicht von den §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG abgewichen werden (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-Charité: BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – Rn. 18, aaO und zur inhaltsgleichen Regelung in § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD: BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 16, BAGE 142, 371).
b) Der gesetzliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 ist, soweit er nicht durch die Gewährung von fünf Urlaubstagen vor dem 1. April 2014 aufgrund Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres 2014 untergegangen, und der gesetzliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2015 ist mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 untergegangen. Dies folgt aus § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG. Danach muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Die Klägerin hat den gesetzlichen Urlaub in dem streitgegenständlichen Umfang nicht in dem jeweiligen Urlaubsjahr genommen. Da ein Übertragungstatbestand gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nicht gegeben ist, verfiel damit der für das Kalenderjahr 2014 entstandene gesetzliche Urlaubsanspruch mit Ablauf des 31. Dezember 2014 und der für das Kalenderjahr 2015 entstandene Urlaubsanspruch verfiel mit Ablauf des 31. Dezember 2015.
aa) Weder der für das Kalenderjahr 2014 entstandene Urlaub noch der für das Kalenderjahr 2015 entstandene Urlaub sind nach den nationalen Vorschriften auf einen Zeitraum außerhalb des jeweiligen Urlaubsjahres übertragen worden.
(1) Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Jahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. Die Klägerin hat das Vorliegen eines Übertragungstatbestandes iSd. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nicht dargelegt. Sie beruft sich nicht auf dringende betriebliche Gründe. Solche sind auch nicht ersichtlich. Es lag aber auch weder im Jahr 2014 noch im Jahr 2015 ein in der Person der Klägerin liegender Grund vor, der die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr rechtfertigte. Der von der Klägerin beantragte und von der Beklagten gewährte Sonderurlaub unter Fortfall der Vergütung ist weder ein in der Person liegender Grund iSd. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG noch muss der Sonderurlaub auf einem solchen Grund zwangsläufig beruhen.
(a) Ein in der Person liegender Grund, der die Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das nächste Kalenderjahr rechtfertigt, ist nur ein Grund, der dem persönlichen Bereich des Arbeitnehmers entstammt, und der der Verwirklichung des Urlaubszwecks rechtlich oder tatsächlich unmittelbar entgegensteht. Es müssen daher persönliche Umstände des Arbeitnehmers vorliegen, die die Erreichung des Urlaubszwecks, nämlich sich aufgrund der bezahlten Freistellung von der Arbeitsleistung zu erholen, verhindern oder die Erreichung des Urlaubszwecks jedenfalls wesentlich beeinträchtigen. Allein der Wille oder der Wunsch des Arbeitnehmers, zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen Erholungsurlaub zu nehmen, oder während einer bestimmten Zeitdauer Sonderurlaub verbunden mit der Suspendierung der jeweiligen Hauptleistungspflichten zu nehmen, stellt aber keinen in der Person liegenden Grund dar, der die Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das nächste Jahr rechtfertigt. Während der Zeitdauer eines vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs ist zwar die Gewährung von Erholungsurlaub rechtlich nicht möglich, weil der Arbeitnehmer bereits aufgrund des Sonderurlaubs nicht mehr verpflichtet ist, die Arbeitsleistung zu erbringen. Dies beruht aber nicht auf einem in der Person angelegten Grund des Arbeitnehmers bzw. auf einem Umstand, der zu dem persönlichen Bereich des Arbeitnehmers gehört, sondern auf der rechtlichen Vereinbarung des Sonderurlaubs zwischen den Arbeitsvertragsparteien, die von dem Arbeitnehmer freiwillig herbeigeführt wurde. Zudem rechtfertigt allein der Umstand, dass dem Arbeitnehmer auf seinen Antrag unbezahlter Sonderurlaub gewährt wurde, nicht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Erholungsurlaub im Urlaubsjahr zu gewähren und zu nehmen ist. Für eine Übertragung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf das nächste Kalenderjahr besteht kein sachliches Bedürfnis bzw. ein „Rechtfertigungsgrund“. Denn der Arbeitnehmer kann den Sonderurlaub grundsätzlich in der Weise beantragen, dass er in dem Urlaubsjahr auch noch seinen gesetzlichen Urlaub nehmen kann. Er ist damit gerade nicht gehindert, den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu verwirklichen.
(b) Demnach führt allein der Umstand, dass die Klägerin sich in der Zeit vom 1. April 2014 bis zum 31. Januar 2016 im von der Beklagten gewährten unbezahlten Sonderurlaub befand, nicht zur Übertragung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf das nächste Kalenderjahr gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG.
(c) Die Klägerin hat auch ansonsten keinen Sachverhalt dargestellt, aus dem sich entnehmen lässt, das in ihrer Person liegende Gründe eine Übertragung des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2014 und aus dem Jahr 2015 jeweils auf das nächste Kalenderjahr rechtfertigen.
(aa) Die Gewährung von Sonderurlaub gemäß § 28 TV-L indiziert nicht das Vorliegen eines in der Person der Klägerin liegenden Grundes, der die Übertragung des Urlaubs rechtfertigt. Es ist von der Klägerin bereits nicht konkret dargelegt worden, dass die Voraussetzungen des § 28 TV-L, nämlich das Bestehen eines wichtigen Grundes für den Sonderurlaub, überhaupt vorgelegen haben. Unabhängig hiervon kann aber ein wichtiger Grund iSd. § 28 TV-L nicht mit dem Übertragungstatbestand des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG gleichgesetzt werden. Als wichtige Gründe gemäß § 28 TV-L können – je nach den Umständen des Einzelfalles - zB die Kinderbetreuung, ein Studium oder die Pflege von Angehörigen in Betracht kommen. Weder eine Kinderbetreuung noch die Pflege von Angehörigen hindern den Arbeitnehmer aber zB grundsätzlich daran, Erholungsurlaub in sinnvoller Weise zu nehmen. Ansonsten könnten Arbeitnehmer, die Kinder betreuen, oder die sich auch um ihre Angehörigen kümmern und diese pflegen, während dieser Zeiten nie Erholungsurlaub verwirklichen.
(bb) Die Klägerin hat die Gründe, die sie zur Beantragung des Sonderurlaubs veranlassten, nicht substantiiert. Allein der Umstand, dass die Klägerin den Sonderurlaub beantragte und nahm, weil sie Familienmitglieder wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes pflegen wollte, lässt nicht den Schluss zu, dass ein Grund in ihrer Person vorlag, der die Übertragung des Urlaubs rechtfertigte. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, welcher Pflegeaufwand insoweit bestand und weshalb es zB auch nicht möglich und zumutbar war, die Pflege für die Zeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs anderweitig zu organisieren.
(2) Der gesetzliche Urlaubsanspruch für die Jahre 2014 und 2015 ist auch nicht gemäß § 26 TV-L auf das jeweils nächste Kalenderjahr übertragen worden. § 26 TV-L regelt keinen eigenständigen Übertragungstatbestand. Vielmehr gilt insoweit gemäß § 26 Abs. 2 TV-L das Bundesurlaubsgesetz und damit § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG. Die eigenständige Regelung in § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L setzt voraus, dass der Urlaub gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG übertragen wurde und enthält damit nur von § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG abweichende Bestimmungen.
bb) Die Regelung in § 7 Abs. 3 BUrlG bedarf keiner unionsrechtskonformen Auslegung dahingehend, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen ist, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres einen von ihm beantragten unbezahlten Sonderurlaub in Anspruch genommen hatte, oder dahingehend, dass die gesetzlichen Urlaubsansprüche sogar erst nach 15 Monaten nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres verfallen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines von ihm beantragten unbezahlten Sonderurlaubs nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet war. Das Unionsrecht zwingt in der hier vorliegenden Konstellation nicht zur Begründung eines von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG abweichenden Übertragungstatbestandes.
(1) Der EuGH, dem nach Art. 267 AEUV die Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Richtlinien zugewiesen ist (vgl. hierzu BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47, BAGE 130, 119), hat festgestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums umfassen. Allerdings hat er dieser grundsätzlichen Feststellung die Voraussetzung hinzugefügt, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 43, 49, Slg. 2009, I-179). Der EuGH hat später ergänzend festgestellt, dass ein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus mehreren Bezugszeiträumen, die während eines solchen Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erworben wurden, nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub entsprechen würde (EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 30, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7). Das nationale Recht könne daher Übertragungszeiträume vorsehen, an deren Ende auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch entfalle. Ein solcher Übertragungszeitraum müsse die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt werde, deutlich überschreiten (EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, aaO; 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 41, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 9). Der EuGH hat ferner erkannt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, die die Möglichkeit für einen während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln, dadurch einschränken, dass sie einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Urlaub erlischt (EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 44, aaO).
(2) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. zB 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 24, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 8) müssen die nationalen Gerichte bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auslegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen. Die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dem System des AEU-Vertrags immanent, da den nationalen Gerichten dadurch ermöglicht wird, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen, wenn sie über die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden (vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 48, Slg. 2010, I-365; 23. April 2009 - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki ua.] Rn. 197 f., Slg. 2009, I-3071; 5. Oktober 2004 - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 113 f., Slg. 2004, I-8835).
(3) Das Bundesarbeitsgericht hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG richtlinienkonform ausgelegt und fortgebildet (vgl. hierzu BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 57 ff., BAGE 130, 119 und BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 27ff., BAGE 142, 371). Danach ist § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG unionsrechtskonform so auszulegen, dass gesetzliche Urlaubsansprüche vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war. Sie gehen jedoch mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres unter (BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 – Rn. 32, aaO).
(4) Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze ist § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG nach Ansicht der Berufungskammer nicht unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht am Ende des im Bundesurlaubsgesetz geregelten Bezugszeitraums, sondern erst nach Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres erlischt, wenn der Arbeitnehmer sich in einem unbezahlten Sonderurlaub gemäß § 28 TV-L befand, der ihm auf seinen freiwilligen Antrag hin gewährt wurde, und deshalb seinen Erholungsurlaub nicht innerhalb des im Bundesurlaubsgesetz geregelten Bezugszeitraums nahm.
(a) Wie der EuGH mehrfach entschieden hat, steht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung, die für die Wahrnehmung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums beinhalten, grundsätzlich nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen (vgl. EuGH 30. Juni 2016 - C-178/15 - [Sobczyszyn] Rn. 22; 10. September 2009 - C-277/08 - [Vicente Pereda] Rn. 19, Slg. 2009, I-8405). Anders als in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen gehindert ist, seinen Urlaub zu nehmen, besteht für den Arbeitnehmer, der sich entschließt, unbezahlten Sonderurlaub zu beantragen und zu nehmen, die tatsächliche Möglichkeit, seinen gesetzlichen Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Zwar ist die Gewährung des gesetzlichen Erholungsurlaubs während des gewährten unbezahlten Sonderurlaubs rechtlich nicht möglich. Der Arbeitnehmer ist aber grundsätzlich in der Lage, die zeitliche Lage des Sonderurlaubs im Urlaubsjahr so zu gestalten, dass ihm auch die Wahrnehmung des gesetzlichen Erholungsurlaubs möglich ist. Da der unbezahlte Sonderurlaub dem Arbeitnehmer nämlich nur auf seinen Antrag gewährt werden kann, ist es dem Arbeitnehmer ohne Weiteres möglich, die Gewährung des Sonderurlaubs in der Weise zu beantragen, dass er die Zeiten ausspart, in dem er den gesetzlichen Erholungsurlaub nehmen möchte. Wie bereits ausgeführt, kann auch allein aufgrund der Vereinbarung eines unbezahlten Sonderurlaubs nicht angenommen werden, dass sich der Arbeitnehmer in einer persönlichen Situation befindet, die es ihm nicht ermöglicht, sich während der Zeit des geplanten Sonderurlaubs auszuruhen oder selbstbestimmt seine Freizeit zu gestalten.
(b) Der EuGH geht zudem davon aus, dass die Situation bei Arbeitnehmern, in deren Arbeitsverhältnis die gegenseitigen (Haupt-)Leistungspflichten aufgrund von Kurzarbeit suspendiert bzw. aufgehoben sind, faktisch mit der Situation von Teilzeitbeschäftigten vergleichbar ist. Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung legt der EuGH demnach so aus, dass sie nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten, nach denen der Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub pro rata temporis berechnet wird, nicht entgegenstehen (EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 32, 36). Nach der Entscheidung des EuGH ist die Situation eines Arbeitnehmers, der wegen einer Erkrankung nicht in der Lage ist, zu arbeiten, und die eines Kurzarbeiters grundlegend verschieden (EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 27). Auch die Situation eines Arbeitnehmers, der auf seinen Antrag hin unbezahlten Sonderurlaub erhält, unterscheidet sich grundlegend von einem Arbeitnehmer, der aufgrund einer Erkrankung nicht in der Lage ist, zu arbeiten.
(c) Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 12. Mai 2016 – 5 Sa 78/16 – müssen die Grundsätze, wonach aus unionsrechtlichen Gründen gesetzlicher Mindesturlaub bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit nicht gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L nach Ablauf des dort vorgesehenen Übertragungszeitraumes erlöschen kann, auch auf den Fall angewendet werden, in dem der Arbeitnehmer deshalb nicht die Möglichkeit hatte, diesen Urlaub zu nehmen, weil sein Arbeitsverhältnis über den Übertragungszeitraum hinaus aufgrund eines Abgeordnetenmandats gemäß § 24 AbgG Brandenburg ruhte. Unabhängig davon, ob dieser Auffassung zu folgen ist, befindet sich eine Person, deren Arbeitsverhältnis aufgrund des § 24 AbgG Brandenburg ruht, nicht in einer vergleichbaren Situation mit einer Person, die sich entschließt, einen Antrag nach § 28 TV-L auf Gewährung von Sonderurlaub zu stellen, der ihr dann von dem Arbeitgeber genehmigt wird. Der Abgeordnete hat nicht die Möglichkeit, das Abgeordnetenmandat nur vorübergehend niederzulegen, um den Eintritt des gesetzlichen Ruhens zu verhindern. Der Arbeitnehmer, der eine Freistellung von der Arbeitsleistung nach § 28 TV-L begehrt, kann – wie bereits ausgeführt - dagegen seinen Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub so stellen, dass ihm die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub im Urlaubsjahr möglich ist, nämlich indem er den Sonderurlaub nicht für die gesamte Dauer des Urlaubsjahres beantragt, sondern die Zeit ausspart, in der er den gesetzlichen Erholungsurlaub nehmen möchte.
(d) Nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin die Wahrnehmung des gesetzlichen Urlaubs in den Jahren 2014 und 2015 - unabhängig vom gewährten Sonderurlaub, der lediglich eine von der Klägerin selbst herbeigeführte rechtliche Unmöglichkeit für die Inanspruchnahme des Urlaubs begründete - tatsächlich nicht möglich war. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt, dass sie sich in der Zeit vom 1. April 2014 bis 31. Januar 2016 in einer persönlichen Situation befand, die es ihr nicht ermöglichte, sich entsprechend dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Klägerin den Sonderurlaub beantragte, weil sie Familienmitglieder wegen deren schlechten Gesundheitszustandes pflegen wollte, schließt dieser Umstand es für sich nicht aus, sich während dieser Zeit von der Arbeit zu erholen und auch über einen ausreichenden Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Die Klägerin hat in keiner Weise den konkreten Pflegeaufwand dargestellt und auch nicht vorgetragen, inwieweit nicht auch eine vorübergehende anderweitige Pflege durch andere Personen möglich und zumutbar gewesen wäre.
cc) Dem ersatzlosen Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2014 mit Ablauf des Jahres 2014 und dem ersatzlosen Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2015 mit Ablauf des Jahres 2015 steht nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin nicht den gesetzlichen Urlaub von sich aus gewährt hat bzw. versucht hat, diesen Urlaub der Klägerin zu gewähren. Aus dem Unionsrechtsrecht kann in der hier vorliegenden Konstellation ebenfalls keine Verpflichtung des Arbeitgebers hergeleitet werden, ohne ein vorheriges Verlangen des Arbeitnehmers diesem Erholungsurlaub zu gewähren bzw. auf den Arbeitnehmer einzuwirken, dass dieser – zB statt des Sonderurlaubs – Erholungsurlaub beantragt. Auch vor diesem Hintergrund kann hier nicht ein weitergehender Übertragungstatbestand angenommen werden bzw. von einem Nichtverfallen des Anspruchs auf gesetzlichen Jahresurlaub ausgegangen werden.
(1) Nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes geht der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Bezugszeitraums unter, wenn er vorher nicht gewährt und genommen wurde, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber versucht hat, dem Arbeitnehmer den Urlaub zu gewähren. Dass nicht zeitgerecht geltend gemachter bzw. gewährter Urlaub verfällt, folgt aus der vom Gesetz (§§ 1, 13 BUrlG) unabdingbar festgelegten Bindung des Urlaubsanspruchs an das Kalenderjahr, die zugleich dem Sinn und Zweck der gesamten gesetzlichen Urlaubsregelung entspricht. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, dass jeder Arbeitnehmer in einem einigermaßen regelmäßigen Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung auch tatsächlich erhält (vgl. BAG 7. August 2012 – 9 AZR 353/10 –, BAGE 142, 371-390, Rn. 24).
(2) Nach den im Bundesurlaubsgesetz geregelten Vorschriften besteht des Weiteren keine Verpflichtung des Arbeitgebers, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen (vgl. hierzu BAG 13. Dezember 2016 – 9 AZR 541/15 (A) - Rn.13, NZA 2017, 209; 6. August 2013 – 9 AZR 956/11 – Rn. 14, ZTR 2014, 47; 17. Mai 2011 – 9 AZR 197/10 – Rn. 13, BAGE 138, 58; 15. September 2011 – 8 AZR 846/09 – Rn. 66, NZA 2012, 377; so ferner auch LAG Düsseldorf 25. Juli 2016 – 9 Sa 31/16 – ZTR 2016, 654; LAG München 20. April 2016 – 11 Sa 983/15 – DB 2016, 1506; aA zB LAG Berlin-Brandenburg 12. Juni 2014 – 21 Sa 221/14 - juris-Rn. 39fff., DB 2014 , 2114; LAG Berlin-Brandenburg 7. Mai 2015 – 10 Sa 86/15 und 10 Sa 108/15 -, LAG München 6. Mai 2015 – 8 Sa 982/14 – ZTR 2016, 35). Aus dem Kontext der Regelungen in § 1 BUrlG iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG ergibt sich, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber im Urlaubsjahr auch verlangen muss. § 1 BUrlG räumt dem Arbeitnehmer einen Anspruch ein. Aus § 7 Abs. 3 BUrlG folgt, dass zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht nur den Arbeitgeber aktiv werden muss. Denn das Gesetz verlangt nicht lediglich eine Gewährung des Urlaubs durch den Arbeitgeber, sondern auch, dass der Urlaub genommen wird. Damit muss nach der gesetzlichen Regelung aber auch der Arbeitnehmer aktiv werden, damit der Urlaub erfüllt werden kann. Die Gewährung des Urlaubs durch den Arbeitgeber erfolgt durch die Freistellung von der Arbeitspflicht zu Erholungszwecken und Zahlung der Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs oder jedenfalls vorbehaltlose Zusage der Zahlung der Urlaubsvergütung (vgl. zB BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 455/13 – Rn. 18, BAGE 150, 355). Indem in § 7 Abs. 3 BUrlG bestimmt wird, dass der Urlaub im Urlaubsjahr genommen werden muss, und durch die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. BUrlG, wonach bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche zu berücksichtigen sind, wird zum Ausdruck gebracht, dass zunächst der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch unter Angabe der Urlaubswünsche geltend machen muss. Aus dem Umstand, dass der gesetzliche Mindesturlaub der Erholung und damit dem Arbeitsschutz dient, kann nicht hergeleitet werden, dass der Arbeitgeber nach dem Bundesurlaubsgesetz verpflichtet ist, von sich aus dem Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindesturlaub aufzuzwingen, um so den Anspruchsverlust am Ende des Bezugszeitraums zu verhindern. Es ist davon auszugehen, dass die Kenntnis von dem Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub zum Allgemeinwissen eines Arbeitnehmers bzw. einer arbeitnehmerähnlichen Person gehört, und es daher den Berechtigten ohne Weiteres möglich ist, diesen Anspruch im eigenen Interesse auch zu verfolgen. Der Verwirklichung von Arbeitsschutznormen ist es durchaus immanent, dass Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers begründet werden.
(3) Art. 7 Abs. 1 EGRL 88/2003 oder Art. 31. Abs. 2 GRC stehen in der vorliegenden Fallkonstellation der Anwendung der im Bundesurlaubsgesetz enthaltenen Vorschriften nicht entgegen. Aus dem Unionsrecht ergibt sich in der hier vorliegenden Fallkonstellation weder eine Verpflichtung des Arbeitgebers, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen, noch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, von sich aus den Arbeitnehmer aufzufordern, Erholungsurlaub zu beantragen.
(a) Wie bereits ausgeführt, ist es in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung, die für die Wahrnehmung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums beinhalten, grundsätzlich nicht entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen (EuGH 30. Juni 2016 - C-178/15 - [Sobczyszyn] Rn. 22; 10. September 2009 - C-277/08 - [Vicente Pereda] Rn. 19, Slg. 2009, I-8405). Damit hat der EuGH bereits entschieden, dass der nationale Gesetzgeber Modalitäten vorsehen kann, die den Verlust des Urlaubsanspruchs am Ende des Bezugszeitraums beinhalten können. Der EuGH hat in seinen Entscheidungen auch nicht ausdrücklich verlangt, dass der Arbeitgeber ohne vorherigen Antrag des Arbeitnehmers von sich aus dem Arbeitnehmer den Urlaub gewähren muss. Im Bundesurlaubsgesetz geregelt ist die Modalität, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub beantragen muss, damit er nicht ersatzlos am Ende des Bezugszeitraums untergeht. Diese Regelung ist nach Auffassung der Berufungskammer dann unionsrechtskonform, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Arbeitnehmer die tatsächliche Möglichkeit gehabt hatte, den Urlaub zu beantragen und zu nehmen, er also in der Lage gewesen war, seinen bezahlten Jahresurlaub im Bezugszeitraum zu verbrauchen.
(b) Der EuGH hat in der Entscheidung vom 12. Juni 2014 – C-118/13 - [Bollacke] die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen dahin beantwortet, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Eine solche Abgeltung kann nicht davon abhängen, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat. In dieser Entscheidung ist der EuGH aber davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt des Todes ein Anspruch auf Jahresurlaub bestanden hatte. Damit hat der EuGH in diesem Urteil nicht zum Ausdruck gebracht, dass es dem Unionsrecht widerspricht, wenn nach den nationalen Bestimmungen ein Urlaubsanspruch nach Ende des Bezugszeitraums ersatzlos untergeht, weil der Arbeitnehmer, dem die Inanspruchnahme des Urlaubs während des Bezugszeitraums auch tatsächlich möglich gewesen war, keinen Antrag auf Gewährung des Urlaubs während des Bezugszeitraums gestellt hatte. Die Aussage des EuGH, dass im Vorfeld kein Antrag zu stellen ist, bezog sich lediglich auf den Abgeltungsanspruch, und zwar mit der Begründung, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 für die Eröffnung des Anspruchs auf finanzielle Vergütung außer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine weitere Voraussetzung aufstellt.
(c) In dem Fall, in dem das Arbeitsverhältnis aufgrund des vom Arbeitnehmer gemäß § 28 TV-L beantragten und vom Arbeitgeber gewährten Sonderurlaubs ruht, besteht für den Arbeitgeber auch aus arbeitsschutzrechtlichen Grundsätzen keine Verpflichtung oder Veranlassung, von sich aus dem Arbeitnehmer den gesetzlichen Erholungsurlaub zu gewähren bzw. dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub beantragt und/oder nimmt. Denn in diesem Fall besteht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber muss hier insbesondere auch nicht auf die Einhaltung der Arbeitszeiten achten.
(d) Der Klägerin war es ferner tatsächlich möglich, den gesetzlichen Urlaub in den Jahren 2014 und 2015 zu nehmen. Sie war nämlich von vornherein in der Lage, den Sonderurlaub auch in der Weise zu beantragen, dass sie im jeweiligen Urlaubsjahr, also in den Jahren 2014 und 2015, den Zeitraum für die Inanspruchnahme des gesetzlichen Erholungsurlaubs aussparte. Sie hätte daher zugleich mit dem Antrag auf Bewilligung von – entsprechend gekürztem - Sonderurlaub den Antrag auf Erteilung des jährlichen Erholungsurlaubs stellen können. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass sonstige Umstände der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs in der Zeit vom 1. April 2014 bis 31. Januar 2016 entgegenstanden.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Ersatzurlaubsanspruchs. Ein Schadensersatzanspruch besteht nicht.
a) Ein Schadensersatzanspruch folgt nicht aus § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat den Untergang der Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2014 und 2015 nicht zu vertreten, weil sie sich mit der Gewährung des Urlaubs nicht in Verzug befand.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt (BAG 12. April 2016 – 9 AZR 659/14 – Rn. 14, NZA-RR 2016, 438; 14. Mai 2013 – 9 AZR 760/11 – Rn. 9, DB 2013, 2155; 17. Mai 2011 – 9 AZR 197/10 –, BAGE 138, 58-67, Rn. 11; 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).
bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus Verzug liegen nicht vor. Die Klägerin hat die Urlaubsansprüche erstmals am 8. Februar 2016 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt waren die gesetzlichen Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2014 und 2015 bereits verfallen. Es wird insoweit auf die vorstehenden Ausführungen unter Punkt B. II. 1. b) der Entscheidungsgründe verwiesen.
b) Ein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Ersatzanspruchs ergibt sich auch nicht aus den § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB iVm. § 249 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte einer Verpflichtung, der Klägerin rechtzeitig Urlaub zu gewähren, schuldhaft nicht nachgekommen ist. Die Beklagte war nicht verpflichtet, von sich aus einseitig der Klägerin weiteren Erholungsurlaub aus dem Jahr 2014 und Erholungsurlaub aus dem Jahr 2015 zu gewähren.
(1) Weder aus dem Bundesurlaubsgesetz noch aus dem Unionsrecht kann in der hier vorliegenden Konstellation eine Verpflichtung der Beklagten hergeleitet werden, ohne ein vorheriges Verlangen der Klägerin dieser Erholungsurlaub zu gewähren. Die Beklagte war nach diesen Normen auch weder verpflichtet, die Klägerin aufzufordern, im Jahr 2014 vor dem Antritt des Sonderurlaubs ihren gesetzlichen Erholungsurlaub vollständig zu nehmen, noch musste sie auf die Klägerin einwirken, in den Jahren 2014 und 2015 den Erholungsurlaub unter Verkürzung des Sonderurlaubs zu beantragen. Es wird auf die Ausführungen unter B. II. 1. b) cc) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
(2) Ob im Einzelfall aufgrund bestimmter Umstände gemäß § 241 Abs. 2 BGB eine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehen kann, auf die rechtzeitige Inanspruchnahme des Urlaubs durch den Arbeitnehmer hinzuwirken, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn solche Umstände liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat hier keine Situation geschaffen, die eine rechtzeitige Urlaubsbeantragung seitens der Klägerin verhinderten oder erschwerten. Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes rechtfertigen hier ebenfalls nicht die Begründung einer Verpflichtung der Beklagten gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Denn aufgrund des beantragten und genehmigten Sonderurlaubs bestand keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Wie § 4 Abs. 4 PflegeZG zeigt, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub bei Inanspruchnahme von Pflegezeit kürzen kann, geht der Gesetzgeber sogar davon aus, dass die Inanspruchnahme von Pflegezeit gerade nicht eine Erholungsmöglichkeit im Umfang des gesetzlichen Mindesturlaubs erfordert.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
D. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG und im Hinblick auf die Abweichung von Entscheidungen anderer Kammern des LAG Berlin-Brandenburg auf § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.