ArbG Berlin: Umfang der Prüfung im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements bei verbundenen Unternehmen
ArbG Berlin, Urteil vom 3.6.2016 – 28 Ca 3388/16
Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2868-5
unter www.betriebs-berater.de
Amtliche Leitsätze
1. Zieht sich eine erkrankungsbedingte Fehlzeit über Jahre hin, so genügt es im Zuge betrieblichen Eingliederungsmanagements (§ 84 Abs. 2 SGB IX; „bEM“) nicht ohne Weiteres, wenn die betroffene Arbeitsperson bei Ausschau nach Verwendungsalternativen ihren Aktionsradius zu Beginn des gebotenen „Suchprozesses“ (hier: Januar 2013) zunächst auf die nähere Umgebung beschränkt hat, um solche Beschränkung auch im Vorfeld später beabsichtigter Kündigung (hier: Februar 2016) als weiterhin „gültig“ anzusehen. Hierzu muss zur Klärung vielmehr nachgefragt werden.
2. Geht es beim bEM nicht zuletzt um die Entwicklung von Vertrauen der betroffenen Arbeitsperson in ihre betrieblichen Gesprächspartner, so kann es kontraproduktiv sein, genau diejenigen Sachwalter damit zu befassen, die im Zuge herkömmlicher „Krankengespräche“ schon ihre Präferenz für eine Trennung von der Arbeitsperson haben erkennen lassen.
3. Verweist der Betriebsrat des Vertragsarbeitgebers auf Einsatzmöglichkeiten der Arbeitsperson in einem verbundenen Unternehmen, so genügt der Arbeitgeber seinen Obliegenheiten im bEM zur Klärung dortiger Ressourcen weder allein mit dem Hinweis, er könne besagtes Unternehmen zur Übernahme der Arbeitsperson nicht „zwingen“, noch mit dem weiteren Hinweis, der Betriebsrat sei für dieses Unternehmen nicht „zuständig“. - Er wird im Zielunternehmen zumindest wegen bewusster (oder sonstiger) Einsatzmöglichkeiten anzufragen haben.
Sachverhalt
Es geht um auf – erkrankungsbedingte – Fehlzeiten gestützte Kündigung. - Vorgefallen ist folgendes:
I. Die (heute[1]) 41-jährige Klägerin trat im August 1991 in die Dienste einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (wohl der „kd k. d. GmbH“), die mit einer nicht näher bezeichneten Zahl von (wohl) mehr als 24.000 Beschäftigten[2] bundesweit Drogeriemärkte betreibt. Am 16. August 2001 schufen die damaligen Vertragsparteien eine neue Vertragsurkunde (Kopie[3]: Urteilsanlage I.), die die Klägerin als „Filialmanagerin“ auswies und hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit im Unternehmen folgendes formularvertraglich festhielt:
„Der Mitarbeiter erklärt seine Bereitschaft, innerhalb des Unternehmens auch eine andere seinen Leistungen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übernehmen. Diese Bereitschaft umfaßt auch eine Versetzung an einen anderen Einsatzort. Sollte hierdurch ein Umzug zwingend notwendig werden, wird sich die Firma in angemessenem Umfang an den Kosten des Umzugs und der Beschaffung einer Mietwohnung beteiligen. Bei Versetzungen dürfen unbillige Härten nicht entstehen“.
Zu einem gleichfalls nicht näher festgestellten Zeitpunkt trat die hiesige Beklagte in das so konfigurierte Arbeitsverhältnis ein. Unter ihrer Regie bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei wöchentlich 37 Arbeitsstunden ein Monatsgehalt von 2.684,-- Euro[4] (brutto).
II. Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:
1. Im Jahre 2009 fiel die Klägerin erkrankungsbedingt an insgesamt 14 Arbeitstagen[5] aus, 2010 an 28 Arbeitstagen[6]. 2011[7] ergaben sich zunächst vier Ausfalltage im Februar (16. bis 19.), 14 im März/April (28. März bis 10. April), sechs nochmals im April (12. bis 17.), weitere vier aufgrund eines Arbeitsunfalls im Mai (7. bis 10.), sechs im Juli (4. bis 9.) und schließlich 13 im November (7. bis 19.).
2. Ab 21. November 2011 erkrankte die Klägerin aus Gründen, die abermals nicht näher ausgeleuchtet sind, fortlaufend. - Seither geschah dies:
a. Am 18. April 2012 kam es (wohl) aufgrund einer Initiative der Beklagten zu einem Gespräch mit der Klägerin. Der Text der zugrunde liegenden Einladung ist nicht aktenkundig (s. aber noch unten, S. 5-6 [f.]; Urteilsanlage VIII.), jedoch galt die Unterredung nach unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beklagten[8] betrieblichem Eingliederungsmanagement (§ 84 Abs. 2 SGB IX[9]). Über seine Ergebnisse ließ diese eine Gesprächsnotiz (Kopie[10]: Urteilsanlage II.) fertigen, auf deren Einzelheiten verwiesen wird. Dieser Notiz zufolge, wurde vereinbart, „dass nach der Durchführung von Reha Maßnahmen und einer darauf folgenden stufenweisen Wiedereingliederung erneut gesprochen werden“ und „weitere Maßnahmen erfolgen“ sollten[11].
b. So (oder ähnlich) geschah es: Vom 25. September bis 13. November 2012 empfing die Klägerin in der E.-Klinik der Deutschen Rentenversicherung in Bad Wildungen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Kopie Rückmeldung[12]: Urteilsanlage III.).
c. Unter dem 15. Januar 2013 bescheinigte die behandelnde Therapeutin (Diplom-Psychologin Frau K. Z.) ihr „Zur Vorlage beim Arbeitgeber“ (Kopie[13]: Urteilsanlage IV.):
„Psychotherapeutischer Befundbericht zur Vorlage bei Arbeitgeber
… Frau M. R. [Nachname der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] befindet sich seit August 2012 in meiner Behandlung. Seit November 2011 besteht Arbeitsunfähigkeit, festgestellt und fortgeschrieben durch den behandelnden Neurologen.
Die Pat. befand sich vom 25.09.2012 bis 13.11.2012 in der Fachklinik für Psychosomatik in Bad-W.-R. zum Zwecke einer psychosomatischen Heilbehandlung mit dem Ziel der medizinischen Rehabilitation. Dort wurden u.a. nach ICD 10 die Diagnose eines HWS-Syndroms M 54.2[14] gestellt.
In Bezug auf die Arbeitssituation ist folgendes festzuhalten:
In der Rehabilitation konnte eine Stabilisierung des psychophysischen Gesamtzustandes verzeichnet werden. Es wurde bewertet, das Frau M. R. leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten ist. Empfohlen wurde ein Arbeitsbereich, welchen die Pat. selbst strukturieren und in welchem sie im eigenen Tempo arbeiten kann. Zu vermeiden sind auf Empfehlung der Klinik weiterhin Tätigkeiten, die Heben und Tragen von Lasten und Überkopfarbeiten beinhalten.
Die Rückkehr in das Arbeitsleben ist dringend erforderlich, um ein Fortbestehen der Symptomatik zu vermeiden.
Durch die Pat. wurde angemerkt, dass sie sehr motiviert sei, eine Tätigkeit im Kosmetikbereich der Drogerie zu übernehmen. Dieser Arbeitsplatz würde die o.g. Anforderungen einer eigenen Struktur und eines eigenen Tempos erfüllen.
Nach der innerbetrieblichen Veränderung des Arbeitsplatzes wird eine stufenweise Wiedereingliederung empfohlen, um die Pat. nach langer Zeit der Arbeitsunfähigkeit bei der beruflichen Reintegration zu unterstützen. Die Entwicklung der Pat. im Rahmen der o.g. Heilmaßnahmen ließ bisher positive Veränderungstendenzen erkennen, so dass davon ausgegangen wird, dass sich die Leistungsfähigkeit durch die weiterhin geplanten Maßnahmen zur Heilbehandlung steigern wird“.
d. Hiernach kam es am 30. Januar 2013 zu einer weiteren Unterredung mit der Klägerin, wiederum – so die Beklagte[15] - „im Rahmen des BEM“. Zu seinen Inhalten gehen die Darstellungen der Parteien allerdings teilweise auseinander: Die Beklagte versichert[16], die Klägerin habe angegeben, „nicht mehr als Verkaufsstellenverwalterin oder Verkäuferin arbeiten zu können“. Demgegenüber beteuert die Klägerin[17], weder das eine noch das andere angegeben oder mitgeteilt zu haben. Sie habe vielmehr angegeben, dass sie „sich eine Tätigkeit in ihrem bisherigen Arbeitsgebiet vorstellen könne, darüber hinaus auch Tätigkeiten im Bereich der Qualitätssicherung oder als Kosmetikberaterin möglich“ seien[18]. Zudem sei der erwähnte Befundbericht (s. oben, S. 3-4 [c.]; Urteilsanlage IV.) „Gegenstand des Gesprächs“ gewesen[19]. Dort sei ausdrücklich aufgeführt, dass sie sehr motiviert sei, eine Tätigkeit im Kosmetikbereich zu übernehmen, im Übrigen die Rückkehr ins Arbeitsleben dringend erforderlich sei[20]. Hierzu bemerkt die Beklagte, dass bei einem Einsatz als Kosmetikberaterin oder in der Qualitätssicherung teilweise auch Tätigkeiten außerhalb des zugewiesenen Einsatzgebiets notwendig, für die Klägerin „zu diesem Zeitpunkt“ jedoch lediglich ein Einsatz im Bereich Berlin/Brandenburg „in Betracht“ gekommen sei[21]. Dies wiederum bestreitet die Klägerin[22]. Fest steht, dass die Beklagte auch hierzu eine „Gesprächsnotiz“ fertigen ließ (Kopie[23]: Urteilsanlage V.), auf deren Einzelheiten gleichfalls verwiesen wird.
e. Fest steht auch, dass sich die Klägerin von 8. April bis 19. Mai 2013 einer stufenweisen Wiedereingliederung nach dem (früher) sogenannten „Hamburger Modell“ unterzog. Allerdings galt diese Aktion keiner Erprobung einer Alternative zu ihrer früheren Tätigkeit, sondern ihrem angestammten Einsatz als Verkaufsstellenverwalterin. Dieser Versuch mündete nicht in der Wiederherstellung einschlägiger Arbeitsfähigkeit[24], was die Klägerin darauf zurückführt, dass die Beklagte „die Veränderung des Arbeitsplatzes nicht leidensgerecht vorgenommen“[25] habe. - Unstreitig ist, dass sie per 19. April 2013 ihre Anerkennung als behinderter Mensch (§ 2 Abs. 1 SGB IX[26]) und später zum 14. Mai 2013 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 2[27] u. 3[28], § 68 Abs. 2 Satz 1[29] SGB IX) erfuhr (Kopien: Urteilsanlagen VI. u. VII.).
f. Unter dem 4. April 2014 (Kopie[30]: Urteilsanlage VIII.1.) wandte sich die Beklagte wegen betrieblichen Eingliederungsmanagements erneut an die Klägerin; im Text hieß es:
„Betriebliches Eingliederungsmanagement
Information zur Teilnahme
… wir möchten Ihnen anbieten, an unserem betrieblichen Eingliederungsmanagement teilzunehmen.
Aufgrund Ihrer Fehlzeiten in den letzten 12 Monaten werden Sie von unserem betrieblichen Eingliederungsmanagement erfasst. Über die gesetzlichen Regelungen möchten wir Sie gerne in unserem beiliegenden Informationsflyer[31] zum Thema Betriebliches Eingliederungsmanagement informieren.
Durch ein frühzeitiges Zugehen auf erkrankte Mitarbeiter soll schnellstmöglich gesundheitlichen Gefährdungen am Arbeitsplatz entgegengewirkt und eine erfolgreiche Eingliederung unterstützt werden. In einem Gespräch möchten wir gemeinsam mit Ihnen nach einer Möglichkeit suchen, wie Ihre Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und welche geeigneten Maßnahmen vor oder bei der Wiederaufnahme der Arbeit vereinbart werden können, um einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.
Die Teilnahme am betrieblichen Eingliederungsmanagement ist freiwillig. Die Inhalte des betrieblichen Eingliederungsmanagements werden selbstverständlich vertraulich behandelt.
Bitte teilen Sie uns unter Verwendung des beigefügten Rückmeldebogens bis zum 22.04.2014 mit, ob Sie am betrieblichen Eingliederungsmanagement teilnehmen möchten oder ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht wünschen. Bei Zustimmung werden wir mit einem Terminvorschlag für ein erstes Gespräch auf Sie zukommen. Sollten wir keine Rückantwort von Ihnen erhalten, gehen wir davon aus, dass Sie nicht an unserem betrieblichen Eingliederungsmanagement teilnehmen möchten.
Wir stehen Ihnen gerne für Rückfragen und weitere Auskünfte zur Verfügung“.
Hierauf ging die Klägerin ein (Kopie[32]: Urteilsanlage VIII.2.). Unter Begleitumständen, die nicht näher aufgeklärt sind, teilte sie den Sachwaltern der Beklagten „im Mai 2014“ dann jedoch mit, am Eingliederungsmanagement nicht teilnehmen zu wollen, „da sich ihr Gesundheitszustand nicht verändert“ habe[33].
g. Am 23. März 2015 kam es zu einer Begegnung der Klägerin mit betrieblichen Sachwaltern, welche die Beklagte nunmehr als „Krankengespräch“ kennzeichnet[34] und mit der sie neben einer Personalreferentin (Frau C. P.) den Bezirksleiter (Herr B.) befasste[35]. Zu Inhalten dieses dialogischen Austauschs divergieren die Darstellungen der Parteien im Rechtsstreit wiederum teilweise deutlich:
ga. Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe zu erkennen gegeben, dass „eine Tätigkeit im Verkauf“ ihr „nicht mehr möglich“ sei[36]. Sie befinde sich „in der Berufsfindung und Erprobung“ und plane ab Januar 2016 aufgrund ihres Gesundheitszustandes eine Umschulung durch ihren Rententräger zur Bürokauffrau[37]. Sie habe außerdem angegeben, „seit über einem Jahr nicht mehr arbeitsunfähig zu sein und Arbeitslosengeld zu beziehen“[38].
gb. Die Klägerin bestreitet die Äußerung, ihr sei eine Tätigkeit im Verkauf nicht mehr möglich[39]. Dies sei auch unzutreffend[40]. Immerhin erfordere eine Tätigkeit als Verkaufsstellenverwalterin entgegen der Darstellung der Beklagten keinen Kundenkontakt und Publikumsverkehr[41]. Erforderlich sei allenfalls, dass der Tätigkeitsbereich „hinsichtlich der Warenannahme“ an ihre Leiden angepasst werde[42]: Insofern hätte die Beklagte dafür zu sorgen, dass ein Heben und Tragen von Lasten nicht mehr von ihr (Klägerin) auszuführen und gegebenfalls ein Mitarbeiter zur Unterstützung hinzuzuziehen sei[43].
h. Fest steht zumindest, dass die Beklagte nunmehr ihren Betriebsärztlichen Dienst einschaltete. Dieser kam – nun jedoch wieder unter dem Betreff „Prävention bei längerer Arbeitsunfähigkeit nach § 84 Abs. 2 SGB IX – Betriebliches Eingliederungsmanagement“ - unter dem Datum des 1. April 2015 (Kopie[44]: Urteilsanlage IX.) zu diesen Einschätzungen:
„Prävention bei längerer Arbeitsunfähigkeit nach § 84 Abs. 2 SGB IX
Betriebliches Eingliederungsmanagements
Arbeitsmedizinische Stellungnahme
Frau R. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] …
… am 01.04.2015 stellte sich Frau M. R. [wie oben] auf Veranlassung der Personalabteilung zur Leistungseinschätzung für ihre zuletzt verrichtete Tätigkeit als Verkaufsstellenverwalterin in unserem Arbeitsmedizinischen Zentrum vor.
Befundberichte wurden vorgelegt.
Frau R. leidet an chronischen Erkrankung.
Aufgrund des Krankheitsbildes ist aus arbeitsmedizinischer Sicht eine Rückkehr in die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Verkaufsstellenverwalterin nicht zu empfehlen.
Günstig ist eine Tätigkeit ohne Publikumsverkehr und ohne körperliche Belastung.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung“.
i. Solche Fragen ergaben sich – soweit ersichtlich – nicht. Vielmehr wandte die Beklagte sich per Brief vom 21. August 2015 (Kopie[45]: Urteilsanlage X.1.) zunächst erneut wegen betrieblichen Eingliederungsmanagements an die Klägerin, diesmal, um für den 2. September 2015 einen Termin zu vereinbaren[46]. Bei dieser Gelegenheit verwies die Beklagte darauf, dass mit dem Gespräch neuerlich Frau P. und Herr B. (s. oben, S. 6 [g.]) betraut seien. Nachdem der 2. September 2015 urlaubsbedingt ausschied[47], empfing die Klägerin mit Schreiben vom 16. September 2015 (Kopie[48]: Urteilsanlage X.2.) für den 21. September 2015 eine weitere Einladung zu einer Gesprächsrunde in gleicher Besetzung. Hiernach vertraute sie einem Mitglied des Betriebsrates (Frau A. V.) telefonisch an, keinen Sinn mehr in einem erneuten Gespräch zu sehen, nachdem sie Frau P. schon im Juni 2015 am Telefon hatte wissen lassen, dass bei der Beklagten „über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ nachgedacht werde[49].
3. Dem entsprach der Folgeverlauf:
a. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 (Kopie[50]: Urteilsanlage XI.) beantragte die Beklagte beim Integrationsamt in Potsdam die Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin (§ 85 SGB IX[51]).
aa. Im Verwaltungsverfahren befragte die Behörde den Betriebsrat der Beklagten nach seiner Sicht der Dinge. Das Gremium äußerte sich unter dem 16. November 2015 (Kopie[52]: Urteilsanlage XII.):
„ … Frau M. R. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] arbeitet zurzeit in keiner unserer Verkaufsstellen, sie ist seit dem 21.11.2011 durchgängig arbeitsunfähig.
Am 16.11.2015 konnten wir mit Frau R. [wie oben] telefonisch in Kontakt treten. In dem Telefonat erklärte uns Frau R., dass sie zurzeit an einer Umschulungsmaßnahme teilnimmt die voraussichtlich bis 2018 andauern wird.
Nach erfolgreichem Abschluss dieser Maßnahme, könnte sie im Unternehmen in einer anderen Position, zum Beispiel im Büro Lager Wustermark oder Lager Burgwedel tätig werden“.
ab. Per Bescheid vom 29. Januar 2016 (Kopie[53]: Urteilsanlage XIII.), dessen Zugang in ihrer Personalabteilung die Beklagte für den 5. Februar 2016 registrierte[54], erteilte die Behörde ihre Zustimmung[55].
b. Unter dem 10. Februar 2016 unterrichtete die Beklagte sowohl Betriebrat[56] (Kopie: Urteilsanlage XIV.) als auch Schwerbehindertenvertretung[57] in getrennten Schreiben über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis zur Klägerin – erkrankungsbedingt – zu kündigen. Unwidersprochenen Angaben der Beklagten zufolge, äußerte sich dazu weder das eine[58] noch das andere[59] Gremium.
4. Mit Schreiben vom 18. Februar 2016 (Kopie[60]: Urteilsanlage XV.), das die Klägerin bei ihrer Rückkehr aus der erwähnten Umschulungsmaßnahme (s. oben [vor ab.]) am 26. Februar 2016 in ihrem Briefkasten vorfand, erklärte die Beklagte ohne Angabe von Gründen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
III. Damit will es die Klägerin nicht bewenden lassen: Sie nimmt die Beklagte mit ihrer (vorab per Fax) am 10. März 2016 bei Gericht eingereichten und sechs Tage später (16. März 2016) zugestellten Klage auf Feststellung in Anspruch, dass die Kündigung ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe. Sie rügt diese als sozialwidrig[61]. Außerdem lässt sie bestreiten, dass der Betriebsrat vor der Ausspruch ordnungsgemäß angehört worden sei[62], und verweist auf ihren Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX[63]. Zudem hat sie schon vorgerichtlich anwaltlich beanstanden lassen[64], dass dem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen sei. Angesichts des Namenszuges im Unterschriftsfeld (Urteilsanlage XV.) lässt sie bestreiten, dass dieser vom Geschäftsführer der Beklagten oder dem Personalleiter (Herr W.) herrühre[65].
IV. Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung im Schreiben vom 18. Februar 2016 nicht aufgelöst wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
V. Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos[66]:
1. Insbesondere sei die Kündigung sozial gerechtfertigt: Das Arbeitsverhältnis sei „aus krankheitsbedingten Gründen“ beendet worden[67]. Der Kündigung seien auch kontinuierlich Mitarbeitergespräche und Gespräche im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements vorausgegangen[68]. Angesichts der anhaltenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit November 2011 genüge die Kündigung den diesbezüglichen Anforderungen der Gerichte für Arbeitssachen an die erkrankungsbedingte Kündbarkeit von Arbeitsverhältnissen[69]. Soweit im Bericht des betriebsärztlichen Dienstes vom 1. April 2015 (s. oben, S. 7-8 [h.]; Urteilsanlage IX.) eine „Tätigkeit ohne Publikumsverkehr und ohne körperliche Belastung“ anempfohlen worden sei, könne sie (Beklagte) dem nicht entsprechen[70]: Sie sei ein Filialunternehmen in der Drogeriemarktbranche, bei dem „kein Arbeitsplatz vorhanden“ sei, an welchem die Klägerin „nicht mit Publikumsverkehr konfrontiert“ wäre[71]. Außerdem habe diese einen Arbeitsvertrag als Verkaufsstellenverwalterin und somit eine Tätigkeit, in der sie „zwingend Kundenkontakt und damit Publikumsverkehr“ habe[72]. Auch die 2013 zur Sprache gekommenen Tätigkeiten als Kosmetikberaterin oder in der Qualitätssicherung seien „zwingend mit Publikumsverkehr verbunden“, da auch sie in der Verkaufsstelle ausgeführt würden[73]. Angesichts dessen könne sie (Beklagte) der Klägerin keinen „leidensgerechten Arbeitsplatz“ zur Verfügung stellen[74]. Soweit diese angegeben habe, nach ihrer 2016 begonnenen Umschulung im Lagerstandort Wustermark oder in ihrer Verwaltung/Zentrale in Burgwedel eingesetzt werden zu können, sei unbekannt, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Qualifikation besagte Maßnahme enden solle[75]. Außerdem sei ein Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BAG nicht zur Weiterbeschäftigung nach zumutbarer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme verpflichtet, wenn bei Ausspruch der Kündigung kein entsprechender anderweitiger Arbeitsplatz frei und auch nicht hinreichend voraussehbar sei, ob nach Abschluss der Maßnahme entsprechender Bedarf bestehe[76]. Zwar habe sie (Beklagte) in der Zentrale in Burgwedel andere Arbeitsplätze als die Arbeitsplätze in der Verkaufsstelle[77]. Jedoch handele es sich auch bei den dortigen Tätigkeiten um solche mit Publikumsverkehr; es gebe keine Arbeitsplätze, „in welchen kein Kontakt zu anderen Menschen“ stattfinde[78]. Soweit es den Wunsch der Klägerin nach einer Beschäftigung im Lager in Wustermark betreffe, bestehe „keinerlei Anspruch“, dort einen leidensgerechten Arbeitsplatz zugewiesen zu erhalten[79]: Das Lager werde nämlich nicht von ihr, sondern von der „Logistik Dienstleistungszentrum GmbH“ betrieben[80].
2. Was Fragen der Vollmachtsvorlage anbelangt, so sei die Zurückweisung der Kündigung im Anwaltsschreiben vom 7. März 2016 (s. oben, S. 8-9 [III.] mit Fn. 64) in doppelter Hinsicht unbeachtlich: Zum einen sei besagte Zurückweisung nicht „unverzüglich“ im Sinne des § 174 Satz 1 BGB[81] erklärt worden, weil die Gerichte für Arbeitssachen hierfür eine zeitliche Schranke von regelmäßig einer Woche setzten[82]. Außerdem handele es sich beim Urheber des Namenszugs in der Kündigungsschrift (Urteilsanlage XV.) um ihren Personalleiter[83] (Herrn R. W.). Bei dieser Sachlage bedürfe es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu § 174 Satz 2 BGB[84] keiner Vollmachtsvorlage[85].
VI. Hierzu erwidert die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016[86] unter anderem:
1. Es werde weiterhin bestritten, dass es sich bei der Unterschrift im Kündigungsschreiben um diejenige Herrn W. handele[87]. Aus ihrer Sicht habe Frau A. für Herrn W. unterzeichnet[88]. Die Zurückweisung sei auch rechtzeitig erfolgt[89]: Sie (Klägerin) sei nämlich während der Umschulung für den Beruf einer „Verwaltungsfachangestellten“ (Kopie des Bescheides vom 19. Januar 2016[90]: Urteilsanlage XVI.) beim betreffenden Ausrichter in Mühlenbeck internatsmäßig untergebracht[91]. Sie habe deshalb von der in ihren Briefkasten eingeworfenen Kündigung der Beklagten nach Rückkehr am Freitag, den 26. Februar 2016, erst am Samstag (27. Februar 2016) Kenntnis erlangt[92]. Noch am Sonntag (28. Februar 2016) habe sie ihren Bevollmächtigten per E-Mail benachrichtigt, der ihr nach Prüfung des Kündigungsschreibens zur gültigen Zurückweisung der Erklärung dann ein Vollmachtsformular übermittelt habe[93]. Da sie von Montag (29. Februar 2016) bis Freitag (4. März 2016) wiederum in Mühlenbeck untergebracht gewesen sei, habe sie ihm die Originalvollmacht erst am 5. März 2016 (Samstag) in dessen Briefkasten einwerfen können[94]. Bereits am nächsten Arbeitstag, nämlich Montag, den 7. März 2016, habe ihr Anwalt das Zurückweisungsschreiben der Beklagten dann vorab per Fax um 16.04 Uhr übermittelt[95]. Nach allem habe eine frühere Zurückweisung der Kündigung nicht erfolgen können, womit auch „besondere Umstände“ im Sinne der bewussten Rechtsprechung des BAG (s. oben, S. 11 [2.] mit Fn. 81) gegeben seien[96].
2. Auch die von der Beklagten vorgetragenen Gründe trügen ihre Kündigung nicht[97]. Soweit diese sich hauptsächlich darauf stütze, dass sie (Klägerin) die im Arbeitsvertrag bedungene Tätigkeit als Verkaufsstellenverwalterin nicht mehr ausüben könne und dies durch den betriebsärztlichen Dienst bestätigt worden sei, würden die Geschehnisse seit November 2011 teilweise falsch dargestellt, teilweise falsch interpretiert[98]:
a. Gemeint sind zum einen die Inhalte der Unterredungen vom 30. Januar 2013 und 23. März 2015[99], von denen oben (s. S. 4-5 [d.]; S. 6-7 [g.]) schon die Rede war. Außerdem sei nicht erkennbar, dass bei ihr eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes bestehe[100]. Zum einen sei sie nicht (mehr) arbeitsunfähig erkrankt[101]. Sie nehme an einer Umschulung teil, ihr seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt[102]. Derartige Bewilligung setze aber voraus, dass die betreffende Maßnahme Erfolgsaussicht biete[103]. Danach könne sie als Verwaltungsfachangestellte mit sämtlichen im Büro anfallenden Tätigkeiten betraut werden[104]. Insofern sei gleichzeitig indiziert, dass keine objektiven Tatsachen vorlägen, die die Besorgnis weiterer längerer Erkrankung rechtfertigten[105].
b. Des Weiteren legt die Klägerin Wert auf die Feststellung, dass die Parteien sich „auf ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses geeinigt“ hätten, um ihr die Umschulung zu ermöglichen[106]. Seinen Grund habe dies darin gehabt, dass der medizinische Dienst folgende Feststellungen zu ihrem Leistungsvermögen getroffen habe[107]:
„Positives Leistungsbild: Eignung besteht für einen täglichen Arbeitsumfang von 6 Stunden und mehr, in Tages-, Früh- und Spätschicht, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die im Wechsel zwischen überwiegend stehender, gehender, sitzender Arbeitshaltung ausgeübt werden können. Der Arbeitsplatz kann im Freien, in Werkhallen, geschlossenen und temperierten Räumen liegen. Wegefähigkeit ist mit dem Auto gegeben. Internatsfähigkeit ist vorhanden.
Negatives Leistungsbild: Nichteignung besteht für Nachtarbeit, Arbeit auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, häufige Überkopfarbeiten, Hitzearbeiten, Vibrationen/Erschütterungen, ständigen ungeregelten hochfrequenten Publikumsverkehr, ständiges Arbeiten unter Zeitdruck, gehobene Verantwortung für Personen, soziale und therapeutische Tätigkeiten“.
Selbst wenn hiernach der Sachvortrag der Beklagten zur Ungewissheit über die Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit zuträfe, liege damit keine dauernde Leistungsunfähigkeit vor, da in absehbarer Zeit mit einer anderen – positiven – Entwicklung gerechnet werden könne[108]. Da nach der Rechtsprechung hierfür von einem Zeitraum von bis zu 24 Monaten ausgegangen werde[109], seien die entsprechenden Anforderungen bei ihr erfüllt: Sie werde ihre Umschulung voraussichtich mit dem 24. Januar 2018 und damit vor Ablauf zweier Jahre nach Ausspruch der Kündigung beenden[110]. Insofern könnten auch keine betrieblichen Interessen durch ihre Arbeitsunfähigkeit beeinträchtigt sein[111]. Die Beklagte habe keine Lohnfortzahlung zu leisten[112]. Sie könne den Zeitraum der Umschulung durch Zeitvertrag überbrücken[113].
c. Schließlich falle auch eine Interessenabwägung nicht zu ihren (Klägerin) Ungunsten aus[114]: Sie sei seit annähernd 25 Jahren bei der Beklagten beschäftigt, aktiv um Rückkehr ins Arbeitsleben bemüht und werde ihre Umschulung voraussichtlich am 24. Januar 2018 beenden[115]. Danach stünden bei der Beklagten Arbeitsplätze zur Verfügung, die eine Weiterbeschäftigung ermöglichten[116]. Zum einen beständen Arbeitsmöglichkeiten in der Verwaltung/Zentrale der Beklagten in Burgwedel[117]. Darauf habe der Betriebsrat schon im November 2015 (s. oben, S. 8-9 [aa.]; Urteilsanlage XII.) hingewiesen[118]. Zum anderen werde bestritten, dass es bei der Beklagten keine Tätigkeit ohne Publikumsverkehr und ohne körperliche Belastung gebe[119]. Diese beschäftige mehr als 24.000 Mitarbeiter, von denen nach eigenen Angaben 555 schwerbehindert oder gleichgestellt seien[120]. Bei mehr als 24.000 Beschäftigten müsse aber ein umfangreicher Verwaltungsapparat existieren[121]. In der Verwaltung in Burgwedel sei auch kein Kundenkontakt zur Ausübung von Bürotätigkeiten notwendig[122]. Warum eine Tätigkeit dort nicht möglich sein solle, sei nicht erkennbar[123]. - Wenn die Beklagte zum anderen meine, dass eine Beschäftigung im Logistik-Zentrum im Lager Wustermark nicht in Betracht komme[124], so verkenne sie die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 b KSchG[125]: Bei der Logistik-Dienstleistungszentrum GmbH handele es sich nämlich „um einen Betrieb des Unternehmens der Beklagten“[126]. Die Beklagte, die im Internet für sich in Anspruch nehme, dass es sich bei ihren Verteilzentren um Tochterunternehmen handele, habe daher „nicht einmal versucht“, eine Beschäftigungsmöglichkeit in einem Betrieb ihres Unternehmens für sie (Klägerin) zu finden[127].
VII. Die Beklagte entgegnet mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016[128] unter anderem, der Hinweis auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 b KSchG helfe schon deshalb nicht weiter, weil es sich bei den Trägern ihrer Lagerstandorte um andere Unternehmen – nicht eigene Betriebe - handele[129]. Die „Logistik Dienstleistungszentrum GmbH“, der das Büro im Lager Wustermark „zuzuordnen“ sei, liege schon nicht im Verantwortungsbereich des hiesigen Betriebsrates[130]. Soweit es alternativ um eine Tätigkeit im Lager Burgwedel gehen solle, werde dieses gleichfalls von einem anderen Unternehmen betrieben, nämlich der „Rossmann Logistikgesellschaft mbH“[131]. Auch für dieses Unternehmen sei der hiesige Betriebsrat „nicht zuständig“[132]. Sie selber sei weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage, einen der beiden anderen Rechtsträger „dazu zu zwingen, der Klägerin einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen“[133]. Insofern habe sie (Beklagte) der Klägerin somit auch keinen dortigen Arbeitsplatz zuweisen können[134]. - Im Übrigen legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, dass ihr „die konkrete Bezeichnung“ der laufenden Umschulungsmaßnahme erst jetzt mitgeteilt worden sei[135]. Der Teilnahmebescheinigung (Urteilsanlage XVI.3.) zufolge, gehe es um eine Umschulung zur „Verwaltungsfachangestellten Fachrichtung Bundesverwaltung“[136]. Sie (Beklagte) habe indessen „keine Stellen für eine Verwaltungsfachangestellte Fachrichtung Bundesverwaltung“[137]. Sie sei „ein privatwirtschaftliches Drogeriemarktunternehmen und keine Bundesbehörde“[138]. Damit existiere bei ihr „kein leidensgerechter Arbeitsplatz für die Klägerin“ und habe auch nicht existiert[139]. - Schließlich hätten die Parteien sich „zu keinem Zeitpunkt auf das Ruhen des Arbeitsverhältnisses bis zum Abschluss einer bis zum klägerischen Schriftsatz vom 18.05.2016 in Art und Beendigung unbekannten Umschulungsmaßnahme geeinigt“[140]. Vielmehr habe die Klägerin „erstmals im Gespräch am 23.03.2015 mitgeteilt, nicht mehr arbeitsunfähig zu sein“[141]. Allerdings habe sie gleichzeitig „auch mitgeteilt, eine Tätigkeit in der Verkaufsstelle nicht verrichten zu können“[142]. Eben hiernach sei sei dann „am 01.04.2015 im Rahmen der Fürsorgepflicht der Beklagten eine Vorstellung beim BAD[143] vereinbart“ worden[144].
VIII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. Hiervon nicht inbegriffen sind die Ausführungen der Beklagten im vorerwähnten Schriftsatz vom 30. Mai 2016, zu denen die Klägerin kein ausreichendes rechtliches Gehör mehr erhalten und daher im Kammertermin vorsorglich um Erklärungsfrist gebeten hat. Soweit hier aus diesem Schriftsatz zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.
Aus den Gründen
Der Klage ist ihr Erfolg nicht zu versagen. Die erbetene Feststellung ist zu treffen. Die Kündigung im Schreiben vom 18. Februar 2016 (Urteilsanlage XIV.) hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst; sie wird diese Wirkung auch künftig nicht erzielen. Sie ist unwirksam. - Im Einzelnen:
A. Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (23. Februar 2016) bei Gericht einreichen lassen (10. März 2016). Die Zustellung ist am 16. März 2016 bewirkt worden. Damit hat die Klägerin bei rechtlich gebotener[145] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[146] die ihr durch § 4 Satz 1 KSchG[147] zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigung „gilt“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[148] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen „Grundes“ und darf – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.
B. Diesen Anforderungen genügt die hiesige Kündigung indessen nicht. Ob die Klägerin diese bereits aufgrund des § 174 Satz 1 BGB[149] wirksam zurückgewiesen hat (s. sogleich, I.), kann dabei auf sich beruhen. Wirkungslos ist die Kündigung jedenfalls, weil sie sich nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KSchG[150] als sozialwidrig erweist (s. näher unten, S. 19 ff. [II.]). - Der Reihe nach:
I. Für die auf § 174 Satz 1 BGB gestützte Zurückweisung gilt insofern folgendes:
1. Die Parteien gehen erkennbar ebenso übereinstimmend wie zutreffend davon aus, dass der Adressat eine im fremden Namen unter Beanspruchung rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs[151] ohne jede Rücksicht auf etwaige sonstige Erklärungsmängel aufgrund besagter Vorschrift einfach schon dann zurückweisen darf, wenn der Vertreter bei Abgabe der Erklärung – wie bei der hiesigen Kündigung geschehen - eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt. Geschieht das in einschlägigen Fällen, so ist die betreffende Willenserklärung nach dem unmissverständlichen Text des Gesetzes allein schon wegen des prozeduralen Mangels unwirksam. Richtig ist auch, dass diese Befugnisse gemäß § 174 Satz 2 BGB[152] begreiflicherweise nicht zum Zuge kommen, wenn der Vertretene die Zielperson über die Bevollmächtigung zuvor bereits in Kenntnis gesetzt hat, und dass solche Kundmachungsverhältnisse von den Gerichten in aller Regel auch für den Fall angenommen werden, wenn die fraglichen Erklärungsbefugnisse dem Vertreter typischerweise kraft seiner Position im Unternehmen zustehen[153]. Richtig ist endlich auch, dass sich der Sechste Senat des BAG unlängst entschieden hat (s. oben, S. 11 mit Fn. 82), den zeitlichen Rahmen zur Ausübung des durch § 174 Satz 1 BGB vermittelten Zurückweisungsrechts auf regelmäßig ein Woche zu begrenzen. Ist nach tatsächlicher Kenntnisnahme des Adressaten der Erklärung eine Woche vergangen, so soll deren Zurückweisung nicht mehr in Betracht kommen, soweit nicht „besondere Umstände“ zu einer gegenläufigen rechtlichen Bewertung Veranlassung geben.
2. Wie bereits vorausgeschickt (s. oben, S. 17 [B.]), kann die Frage der Wirksamkeit der hiesigen Kündigung im Lichte des § 174 BGB dahingestellt bleiben, weil sich deren Unwirksamkeit jedenfalls aus anderen Prüfungsmaßstäben ergibt. Allenfalls beiläufig ist angesichts dessen anzumerken, dass die hiesige Problemlage mit einer „Kasernierung“ der Klägerin über den größten Teil der vom Sechsten Senat zugestandenen Wochenfrist in der Tat den Gedanken nahe legt, in der erheblich begrenzten Handlungsfreiheit der Zielperson „besondere Umstände“ anzuerkennen, die hier einen Zugang der anwaltlichen Zurückweisungserklärung vom 7. März 2016 (s. oben, S. 9 mit Fn. 64) per Fax am selben Tage als „unverzüglich“ im Sinne des § 174 Satz 1 BGB[154] genügen ließen. Dass - jedenfalls vordergründig - auch einige Veranlassung für einschlägige Skepsis an der Urheberschaft des Personalleiters der Beklagten beim hiesigen Namenszug gegeben wäre, bedarf wegen dessen Erscheinungsbildes (Urteilsanlage XV.) keiner vertiefenden Ausführungen.
II. Die Frage kann aber, wie gesagt, auf sich beruhen. Tatsächlich erweist sich die hiesige Kündigung einer als schwerbehindert gleichgestellten Arbeitsperson nämlich jedenfalls als sozialwidrig. Die für den Kündigungsgrund gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG[155] darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat die nötigen Tatsachen nicht beigebracht. Daher folgt die Unwirksamkeit der Kündigung schon aus § 1 Abs. 1 KSchG[156]. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:
1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[157] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel[158]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es der Beklagten erklärtermaßen („Krankheit“) um sogenannte personenbedingte Gesichtspunkte.
a. Ihr ist insofern allerdings einzuräumen, dass die Gerichte für Arbeitssa-
chen vertraglichen Störungen, die auf erkrankungsbedingten Arbeitsausfall zurückgehen, in langjähriger Rechtsprechung[159] in der Tat unter Umständen die legitimatorische Kraft zumessen, die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne der §§ 1 Abs. 1[160], Abs. 2 Satz 1 KSchG[161] „sozial“ zu rechtfertigen. In diesen Zusammenhang gehören nicht nur Problemlagen, die in der forensischen Praxis als „häufige Kurzerkrankungen“ gekennzeichnet werden[162]. Hierher gehören vielmehr auch jene Fallgestaltungen, in denen es entweder um eine sehr lange erkrankungsbedingte Fehlzeit geht, deren Ende nicht absehbar ist, oder um die Konsequenzen gesundheitlicher Beeinträchtigungen, deretwegen die Zielperson mutmaßlich auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, die ihr vertraglich obliegende Tätigkeit zu verrichten[163]. Es ist hier namentlich die mittlere Konstellation (BAG: „Kündigungstyp“[164]) jetzt sogenannter „Langzeiterkrankung“[165], die der Beklagten zur rechtlichen Absicherung ihres Trennungswillens (wohl) vorrangig vorschwebt.
b. Mit der damit prinzipiell eröffneten Zugänglichkeit personenbedingter Kündbarkeit einschlägig betroffener Arbeitsverhältnisse ist jedoch für den trennungswilligen Arbeitgeber nicht mehr als ein Ausgangspunkt gewonnen. Damit handelt es sich – im Bilde – um bestenfalls „die halbe Miete“. Tatsächlich stellen die Gerichte für Arbeitssachen nämlich zur Anerkennung der sozialen Rechtfertigung entsprechender Kündigungen weitere Anforderungen, die nicht zuletzt dem schon vor Jahrzehnten vielfach bekräftigten Gebot[166] Rechnung tragen, sogenannte erkrankungsbedingte Kündigungen tendenziell strengen Kautelen (BAG a.a.O.: „strenge Anforderungen“) zu unterwerfen:
ba. Hierfür ist zunächst daran zu erinnern, dass das Recht zur arbeitgeberseitigen Kündigung geschützter Arbeitsverhältnisse nach gleichfalls langjähriger Rechtsprechung der Arbeitsjustiz nicht zuletzt unter dem Einfluss grundrechtlicher Vorgaben[167] vom sogenannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit „beherrscht“[168] wird.
(1.) Diese – bereits im Rechtsdenken der Antike verwurzelte[169] – Rechtsausübungsschranke, deren Anerkennung speziell im kündigungsrechtlichen Sachzusammenhang namentlich auf Anstöße von Erich Molitor[170], Hans Galperin[171], Dirk Neumann[172] und Wilhelm Herschel[173] zurückgeht, verlangt vom Arbeitgeber, seine vertraglichen Belange gegenüber dem Arbeitnehmer möglichst schonend zu verfolgen (salopp: „keine Kanonen auf Spatzen“[174]). Mit anderen Worten: Er darf auf Störungen seiner vertraglichen Belange nicht ultimativ mit Kündigung reagieren, solange er diese Belange auch auf rücksichtsvollere Weise wirksam zu wahren imstande ist. Die Kündigung hat danach in den Worten des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die „unausweichlich letzte Maßnahme (ultima ratio)“[175] zu sein.
(2.) Aus diesem normativen Rahmen ergibt sich in Fällen, in denen die Beseitigung der Vertragsstörung durch Änderung des Verhaltens des Arbeitnehmers erwirkt werden kann, unter anderem die Obliegenheit für den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung vergeblich abzumahnen[176]. Allerdings ist dies beileibe nicht die einzige Konsequenz des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Dieses erschöpft seinen Geltungsanspruch nämlich keineswegs darauf, den Arbeitgeber auf dieses oder jenes (schonendere) Mittel zur Verhaltenssteuerung zu verweisen. – Im Gegenteil: Namentlich in Fällen, in denen der Vertragsbeziehung eine gedeihliche Perspektive nicht (nur) durch eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers, sondern gleichermaßen oder ausschließlich auf andere Weise verschafft werden kann, ist ein Grundsatz zu beachten, der sich im gerichtlichen „Hausgebrauch“ seit Jahrzehnten bewährt und – soweit ersichtlich – auf Alfred Hueck zurückgeht[177]: Danach ist eine Kündigung allenfalls dann „sozial“ gerechtfertigt, wenn es nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen „technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art“ zu entsprechen[178].
(3.) Dieser Verweis auf möglichst schonende Wege der Problemlösung hat seither auch im geschriebenen Gesetzesrecht deutliche Spuren hinterlassen: So finden sich seit dem Inkrafttreten des sogenannten Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetzes vom 14. August 1969[179] mit dem 1. September 1969 in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b[180] sowie § 1 Abs. 2 Satz 3[181] KSchG Vorgaben, die bestimmte Aspekte des Prinzips der Verhältnismäßigkeit kodifizieren. Soweit die damit positivierte Pflichtenstellung des Arbeitgebers dabei auf aktive einschlägige Fürsprache des Betriebsrates angewiesen sein sollte, hat der Zweite Senat des BAG diese Vorbedingung mit den Mitteln der Auslegung alsbald korrigiert[182], so dass nach entsprechenden Alternativen in der forensischen Praxis auch ohne das Engagement des Betriebsrates Ausschau zu halten ist.
bb. Zu genau dieser Rechtsentwicklung schlägt mittlerweile jene jüngere Ju-
dikatur des BAG konsequent den Bogen, die im Zeichen sogenannten betrieblichen Eingliederungsmanagements (hier: „bEM“; § 84 Abs. 2 SGB IX[183]) Konsequenzen aus der Organisationsverantwortung des Unternehmens für die Herstellung gesundheitlich gedeihlicher Arbeitsbedingungen zu ziehen und zu konkretisieren[184] sucht.
(1.) Worum es geht, hat der Zweite Senat des BAG im schon erwähnten Urteil vom 12. Juli 2007 zunächst wie folgt verdeutlicht[185]:
„Eine Kündigung ist aber entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch andere mildere Mittel vermieden werden kann, d.h., wenn die Kündigung nicht zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigungen bzw. der eingetretenen Vertragsstörung geeignet oder nicht erforderlich ist (…). Der Arbeitgeber muss von mehreren gleich geeigneten, zumutbaren Mitteln dasjenige wählen, das das Arbeitsverhältnis und den betroffenen Arbeitnehmer am wenigsten belastet. Eine Kündigung ist als letztes Mittel nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat. Dabei kommt bei einer krankheitsbedingten Kündigung nicht nur eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz in Betracht. Der Arbeitgeber hat vielmehr alle gleichwertigen, leidensgerechten Arbeitsplätze, auf denen der betroffene Arbeitnehmer unter Wahrung des Direktionsrechts einsetzbar wäre, in Betracht zu ziehen und ggf. 'freizumachen'“.
Im Folgeurteil vom 23. April 2008 heißt es sodann[186]:
„Der Senat hat in der Entscheidung vom 12. Juli 2007 (…) festgehalten, dass eine Kündigung entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam ist, wenn sie durch andere mildere Mittel vermieden werden kann, d.h. wenn die Kündigung nicht zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigungen bzw. der eingetretenen Vertragsstörung geeignet oder erforderlich ist. § 84 SGB IX stellt eine Konkretisierung dieses Grundsatzes dar. Dabei ist das BEM an sich zwar kein milderes Mittel. Durch das BEM können aber solche milderen Mittel, z.B. die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem – ggf. durch Umsetzungen 'freizumachenden' – Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden“.
(2.) In den gleichen gedanklichen Zusammenhang – nämlich dem seit lan-
gem überfälligen „Leitbildwechsel“ zur so rechtzeitigen Anpassung von Arbeitsplätzen an die Menschen, dass deren vorschnelle Aussonderung aus dem Arbeitsleben vermieden werden kann[187] - gehört die Vorschrift des § 81 Abs. 4 SGB IX[188]: Danach ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Verpflichtung zur „behinderungsgerechten Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitsstätten“ (s. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX) unter anderem nicht nur gehalten, Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte, sondern auch die „Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit“ unter Berücksichtigung der Unfallgefahr am kodifizierten Postulat ihrer Behinderungsgerechtigkeit auszurichten. Somit ist namentlich die Organisation der Arbeit nicht nur nicht sakrosankt für die rechtliche Kontrolle, sondern – genau umgekehrt - eines der zentralen Handlungsfelder, in deren Ausgestaltung bis zur Grenze des Zumutbaren (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX[189]) sich die vorerwähnte „Anpassung von Arbeitsplätzen an den Menschen“ (Kohte) zu verwirklichen hat[190]. Dem entspricht – nicht zufällig - der Gedanke an die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes durch „Umstrukturierung der betrieblichen Abläufe“[191] in der Judikatur zum vorerwähnten betrieblichen Eingliederungsmanagement[192].
(3.) Was nach allem die Konsequenzen vernachlässigter Bemühungen um besagtes betriebliches Eingliederungsmanagement betrifft, so liegen diese nach eingespielter Rechtsprechung der Gerichte für Arbeitssachen zwar nicht darin, dass eine Kündigung allein schon wegen des prozeduralen Defizits als unwirksam zu behandeln ist[193]. Allerdings treffen den Arbeitgeber dann umfassende Darlegungs- und Nachweislasten hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Unvermögens, der betreffenden Arbeitsperson noch eine Zukunftsperspektive im betrieblichen Sozialgeschehen bieten zu können[194]. Die – gesetzwidrige – Untätigkeit darf ihm in der Tat nicht im Prozess zum Vorteil gereichen[195].
2. Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagten (auch[196]) nicht bescheinigt werden, die Grundlagen der sozialen Rechtfertigung sogenannter „Langzeiterkrankung“ brauchbar beigebracht zu haben. Ihre Einwände können daran nichts ändern:
a. Die Beklagte stützt die betriebene Trennung von der Klägerin im gedanklichen Kern auf die – in der Tendenz auch vom betriebsärztlichen Dienst geteilte (s. oben, S. 7-8 [h.]; Urteilsanlage IX.) - Einschätzung, diese könne auf absehbare Zeit nicht mehr als Verkaufsstellenverwalterin eingesetzt werden. Alternativen innerhalb des eigenen unternehmerischen Wirkungskreises und namentlich in ihrem Verwaltungsbereich beständen nicht (s. oben, S. 10-11 [V.1.]); etwaige Vakanzen im Lagerbereich seien, da in der Regie separater Rechtsträger geführt, nicht zugänglich (s. oben, S. 11 [vor 2.]; S. 15-16 [VII.]).
b. Damit macht die Beklagte es sich jedoch deutlich zu leicht. Insbesondere wird sie ihren Obliegenheiten nicht nur unter dem Einfluss des bEM, sondern namentlich auch gegenüber der Klägerin als – einem schwerbehinderten Menschen gleichgestelltem – behinderten Menschen (s. oben, S. 5 [e.]) ersichtlich nicht gerecht.
ba. Der Beklagten ist zuzubilligen, dass das etwaige Unvermögen einer Arbeitsperson, ihre vertraglich bedungene Tätigkeit weiterhin auszuüben, eine auf Gründe in der Person gestützte Kündigung thematisch für den Arbeitgeber in Reichweite bringen kann. Dass dies auch dann gilt, wenn besagtes Unvermögen aus gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder im Laufe des Vertragsvollzuges eingetretenen Behinderungen herrührt, ist eingangs (s. oben, S. 19-21 [II.1 a.]) schon angeklungen. Derartige Eindrücke oder sogar Tatsachen sind jedoch bei der Kontrolle der Sozialwidrigkeit einer Kündigung nicht bereits Teil der Lösung, sondern Teil des Problems[197]. Tatsächlich schließt der entsprechende Befund die gebotene Kontrolle namentlich im heutigen normativen Umfeld nicht etwa schon ab; er löst sie vielmehr aus.
bb. Genau dazu ist auf dem Hintergrund der Entwicklungen über die Grundsätze zur Kündbarkeit geschützter Arbeitsverhältnisse nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit als „unausweichlich letzte Maßnahme (ultima ratio)“ (s. oben, S. 22) gleichermaßen schon darauf verwiesen, wiesehr nicht nur das betriebliche Eingliederungsmanagement als gemeinsamer „Suchprozess“ der Beteiligten (Wolfhard Kohte[198]; BAG[199]) nach dem Willen seiner Schöpfer[200] den möglichst fruchtbaren Projektierungsrahmen zur Vermeidung von Ausgrenzungen aus dem betrieblichen Sozialgeschehen bilden, sondern gerade auch die heute in § 81 Abs. 4 SGB IX[201] kodifizierten Gebote zur Integration behinderter Menschen beitragen (helfen) sollen. - Für den Streitfall ergibt sich daraus:
(1.) Soweit die Klägerin die vertraglich bedungene Tätigkeit einer Verkaufsstellenverwalterin (Filialmanagerin) augenscheinlich und wohl auch nach eigener Selbsteinschätzung mutmaßlich nicht wieder wird ausüben können, mag dies zwar als „Negativprognose“ im Sinne der eingespielten Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen[202] zur sogenannten krankheitsbedingten Kündigung geschützter Arbeitsverhältnisse klassifiziert werden. Damit ist aber nicht schon das Ende waltenden Kündigungsschutzes erreicht, sondern erst der Grund seiner Anpassungsgebote gesetzt: Für diese bildet der aktuelle Vertragszuschnitt namentlich im Kontext des § 81 Abs. 4 SGB IX[203] nämlich keine unübersteigbare Grenze potentiell geschuldeter Abhilfeversuche. Im Gegenteil: Gerade für das moderne Behindertenrecht sind die geltenden Vertragsbedingungen vielmehr selber Medium integrationsbedachter Veränderungsimpulse[204]. Voraussetzung ist allein, dass sich Ressourcen im betrieblichen Sozialgeschehen ausfindig machen lassen, auf die besagte „Anpassung von Arbeitsplätzen an den Menschen“ (s. oben, S. 25 mit Fn. 187) ausgerichtet werden kann. Die so dem Arbeitgeber abverlangte Beweglichkeit erinnert an die von ihm in Gestalt von Versetzungsvorbehalten – wie auch dem hiesigen (s. oben, S. 2 [I.]) - seinerseits beanspruchte Flexibilitätsbereitschaft. Bedarf es hierzu weiterer Ertüchtigung der betroffenen Arbeitsperson, so kann sich aus der Förderpflicht des § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB IX[205] zugleich – über die ohnehin nach § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG[206] bestehende Obliegenheit zur Kündigungsvermeidung hinaus - eine Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, dieser die Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung zu ermöglichen[207].
(2.) Im Lichte dessen kann der für die Wahrung der Verhältnismäßigkeit als Teil des Kündigungsgrundes[208] beweisbelasteten Beklagten hier nicht bescheinigt werden, die normativ gebotenen Anpassungsbemühungen zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses hinreichend entfaltet zu haben:
(a.) Deutlich wird dies am zwischen den Parteien seit spätestens 30. Januar 2013 erörterten Wunsch der Klägerin, Aufgaben im Kosmetikbereich des Hauses zu übernehmen.
(aa.) Dieser war durch den Befundbericht der Therapeutin der Klägerin vom 15. Januar 2013 (s. oben, S. 3-4 [c.]; Urteilsanlage IV.) an die Beklagte herangetragen und mit dem Hinweis verbunden, deren Rückkehr ins Arbeitsleben sei „dringend erforderlich, um ein Fortbestehen der Symptomatik zu vermeiden“. Wie die Gesprächsnotiz der Beklagten zum 30. Januar 2013 (Urteilsanlage V.2.) belegt[209], ist besagte Bitte der Klägerin auch Gegenstand der Unterredung gewesen. Ein solcher Versuch ist gleichwohl offenbar niemals unternommen worden. Zur Begründung verweist die Beklagte im hiesigen Rechtsstreit darauf (s. oben, S. 5 [vor e.]), für die Klägerin sei „zu diesem Zeitpunkt“ nur ein Einsatz im Bereich Berlin/Brandenburg „in Betracht“ gekommen. Das deckt sich zwar mit der damaligen Notiz[210], wird von der Klägerin heute aber bestritten (s. oben, S. 5 [vor e.] mit Fn. 22).
(ab.) Welches der verschiedenen Erinnerungsbilder den damaligen Gegebenheiten am nächsten kommt, kann für die hiesige Kündigungskontrolle auf sich beruhen. Denn selbst wenn die Klägerin ihre „Mobilität“ damals auf Berlin/Brandenburg beschränkt haben sollte, könnte damit für eine 2016 erklärte Kündigung nicht das letzte Wort gesprochen sein. Immerhin war nämlich sichtbar gemacht, worin eine Verwendung der Klägerin möglicherweise zu finden sein könnte, um den Vertrag als solchen zu erhalten. Da es am 30. Januar 2013 jedoch (noch längst) nicht darum ging, das Arbeitsverhältnis als Ganzes zur Disposition zu stellen, sondern im Zeichen der Freiwilligkeit besagten „Suchprozesses“ (s. oben, S. 29 [bb.]) nach Anpassungsmöglichkeiten Ausschau zu halten, hätte es der Beklagten spätestens vor Ausspruch der hiesigen Kündigung oblegen, die Klägerin wegen der (etwaigen) damaligen Mobilitätsbeschränkung noch einmal anzusprechen: Zum einen hatte die Beklagte sich ohnehin vertraglich das Recht vorbehalten, die Klägerin im Grundsatz auch außerhalb Berlin-Brandenburgs einzusetzen (s. nochmals oben, S. 2 [I.]). Zum anderen wäre deren Antwort auf Fragen zur Reichweite anderweitiger Verwendbarkeit unter dem konkreten Eindruck sonstiger Kündigungsgefahr mutmaßlich anders als damals ausgefallen. Zieht sich ein als betriebliches Eingliederungsmanagement zu verstehender Erörterungsprozess – wie hier – über Jahre hin, so kann jedenfalls eine ursprünglich und nicht zuletzt druckfrei geäußerte Präferenz (oder Flexibilitätsbeschränkung) des Betroffenen nicht ohne Weiteres als sein „letztes Wort“ eingeordnet werden. Insofern stellt sich die hiesige Kündigung bereits unter diesem Gesichtspunkt als voreilig dar.
(ac.) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin auf neuerliche Ansprache vom 21. August 2015 (Urteilsanlage XI.1.) auf weitere mündliche Erörterungen zum „bEM“ nicht mehr einging. Dies gilt schon deshalb, weil die betreffende Aufforderung zur Terminsabsprache angesichts der Vorerfahrungen der Klägerin mit den dafür nun nominierten Sachwaltern schon als solche problematisch erscheint: Zwar sicherte die Beklage auch diesmal – wie schon im tendenziell vorbildlichen Text vom 4. April 2014 (s. oben, S. 5-6 [f.]; Urteilsanlage VIII.1.) - eigens Vertraulichkeit der Gesprächsinhalte zu. Allerdings hatte die Klägerin am 23. März 2015 bereits mit denselben Beauftragten der Beklagten ein „Krankengespräch“ absolviert[211] (s. oben, S. 6 [g.]). Das verheißt nicht Gutes und hat jedenfalls Folgen. Hält man sich nämlich vor Augen, dass die oft alles andere als gedeihliche Praxis herkömmlicher „Kranken(rückkehr)gespräche“[212] mit dem dialogischen Modell des betrieblichen Eingliederungsmanaments möglichst überwunden werden soll[213], so wird auf Anhieb plausibel, wie wenig die hiesige Besetzung geeignet erscheinen konnte, in der Zielperson noch Vertrauen in die Ernstlichkeit der Prozedur zu wecken. Dazu hat die Klägerin nach der Berichterstattung selber darauf verwiesen (s. oben, S. 8 [vor 3.]), Frau P. habe ihr schon im Juni 2015 bedeutet, es werde über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses „nachgedacht“. Jedenfalls entband der so konfigurierte Kontaktversuch der Beklagten sie nicht von ihrer erwähnten Obliegenheit zur Aktualisierung ihres Lagebildes zum Einsatzradius der Klägerin.
(b.) Was für deren Einsatz im „Kosmetikbereich der Drogerie“ (s. Befundbericht vom 15. Januar 2013 oben, S. 4 [vor d.]; Urteilsanlage IV.) gilt, der die nach dem verfügbaren Leistungsvermögen der Klägerin zu stellenden Anforderungen erfüllte (a.a.O.), gilt in ganz ähnlicher Weise für deren seit spätestens 30. Januar 2013 zur Sprache gebrachten Einsatz in der Qualitätssicherung („Checker“; Urteilsanlage V.2.). Auch hierzu wäre die Beklagte gehalten gewesen, spätestens vor ihrem Kurswechsel in Richtung Trennung voneinander die aktuellen Verhältnisse aufseiten der Klägerin vorsorglich aufzuklären. Auch insofern genügte es weder, sich zum Beleg vermeintlicher Unzugänglichkeit schonenderer Problemabhilfe auf (etwaige) Mobilitätsbeschränkungen aus dem Januar 2013 zu verlassen, noch zu beteuern (s. oben, S. 11 [vor 2.]), es gebe nun einmal keine Arbeitsplätze, in welchen „kein Kontakt zu anderen Menschen“ stattfinde. Das Leistungsvermögen der Klägerin schloss schon im Januar 2013 nicht etwa jeglichen „Kontakt zu anderen Menschen“ aus, sondern vor allem das „Heben und Tragen von Lasten sowie Überkopfarbeiten“ (Urteilsanlage IV.2.). Gewünscht und empfohlen war nur eine Tätigkeit, die erhöhte Selbstbestimmung der Klägerin in Strukturbildung und Tempo gestattete (a.a.O.). Gerade dies sollte die aufgezeigte Verwendung gewährleisten.
(c.) Der Beklagten kann ferner gleichfalls nicht bescheinigt werden, das Ihre zur Erkundung von Einsatzmöglichkeiten der Klägerin im Bereich ihrer Zentrale und Verwaltung beigesteuert zu haben. Insofern hat sie für ihre Zentrale eingeräumt (s. oben, S. 11 [vor 2.]), auch über andere Arbeitsplätze als in der Verkaufsstelle zu verfügen.
(ca.) Soweit es in diesem Zusammenhang weiterer Qualifizierung der Klägerin bedarf, hätte sich diese sogar im eigenen Unternehmen angeboten: Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2016 zugebilligt, was für eine Organisation ihrer Größenordnung (s. oben, S. 2 Fn. 2) ohnehin auf der Hand liegt: Dass sie Ressourcen zur Ausbildung ihres Nachwuchses unterhalte und folglich bei gutem Willen die Möglichkeit hätte, unternehmensnah die benötigten Qualifikationen zu vermitteln. Für solche Fälle ist in der instanzgerichtlichen Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen sogar zum Umgang mit nicht schwerbehinderten Menschen anerkannt, dass der Arbeitgeber solche Möglichkeiten zur Kündigungsvermeidung nutzen müsse[214]. Das hätte erst recht im hiesigen Rahmen des § 81 Abs. 4 SGB IX zu gelten. - Unabhängig davon ist die Klägerin sogar dabei, sich auf Kosten des Rentenversicherers zur Bürokauffrau umschulen zu lassen (s. oben, S. 12 [VI.1.]; S. 13 [a.]; Urteilsanlage XVI.). Dass diese Maßnahme auf einen Abschluss im Januar 2018 angelegt ist, entbindet die Beklagte nicht vom Versuch, die sich darin abzeichnende Verwendungschance für die Klägerin zu gewährleisten. Die Klägerin verweist insoweit zu Recht darauf (s. oben, S. 14 [vor c.]), dass die sich ergebende Zeitspanne noch unterhalb dessen liegt, was die Gerichte für Arbeitssachen dem Arbeitgeber bei womöglich dauerhaftem Unvermögen, die (bisherige) vertragliche Tätigkeit zu verrichten, mit Rücksicht auf die durch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG[215] vermittelten Selbsthilfemöglichkeiten selbst für Arbeitspersonen ohne behinderungsbedingten Sonderschutz abfordern[216].
(cb.) Es befreit die Beklagte auch nicht von ihren diesbezüglichen Obliegenheiten, unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des BAG für den Bereich des § 1 Abs. 2 Satz 2 u. 3 KSchG[217] darauf zu verweisen (s. oben, S. 11 [vor 2.]), dass „ein Arbeitgeber“ nicht zur Umschulung oder Fortbildung verpflichtet sei, wenn bei Ausspruch der Kündigung weder ein entsprechender Arbeitsplatz frei, noch hinreichend voraussehbar sei, ob nach Abschluss der Maßnahme diesbezüglicher Bedarf bestehe. Zwar hat der Zweite Senat seinerzeit in der Tat in diesem Sinne judiziert[218]. Diese Rechtsprechung kann aber nicht unbesehen in den für den Streitfall allein maßgeblichen Sachzusammenhang des § 81 Abs. 4 SGB IX übertragen werden. Gerade weil hier umfassende Organisationslasten für den Arbeitgeber bestehen, die betrieblichen Verhältnisse auf die Eröffnung von Integrationsressourcen bis hin zur Umgestaltung seiner Arbeitsorganisation aktiv auszurichten (s. oben, S. 26 Fn. 190), ist ihm hier in aller Regel normativ abverlangt, für den absehbaren Abschluss der Umschulung einen (dann: freien) Arbeitsplatz vorsorglich „einzuplanen“[219]. Soweit die Beklagte mit ihrem Hinweis auf die besagte Rechtsprechung gemeint haben sollte, gerade dies sei ihr aber nicht möglich, bliebe dieser Einwand angesichts des normativen Geltungsanspruchs des § 81 Abs. 4 SGB IX unbeachtlich.
(cc.) Dass schließlich auch eine etwaige Vertragsänderung kein durchgreifendes Hindernis wäre, ist gleichfalls schon erwähnt (s. oben, S. 30 [vor (2.)]). Soweit die Beklagte betont, „keine Bundesbehörde“ zu sein (s. oben, S. 16 [vor VIII.]), verkürzt dies erneut den Blickwinkel. Abgesehen davon, dass sie insofern im Zweifel nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB[220] daran zu erinnern wäre, ihre eigenen Möglichkeiten zur unternehmensnahen Qualifikation der Klägerin vernachlässigt zu haben, vermittelte auch eine Umschulung zur „Verwaltungsfachanstellten Fachrichtung Bundesverwaltung“ jedenfalls das Rüstzeug, sich binnen kürzester Zeit in die spezifischen Verhältnisse der Büroorganisation der Beklagten einzuarbeiten. - Ob diese die Details der von der Klägerin auf eigene Faust im Verbund mit dem Rentenversicherer angebahnte Rückkehr ins aktive Arbeitsleben bei Ausspruch der Kündigung kannte, wie sie in Abrede stellen lässt (s. oben, S. 16 [vor VIII.]), bleibt zweitrangig. Jedenfalls hätte die Klägerin in Ermangelung besserer Alternativen spätestens entsprechend § 81 Abs. 4 Satz 2 SGB IX[221] einen Anspruch auf Freistellung[222].
(d.) Endlich macht die Beklagte es sich zu leicht, wenn sie wegen der schon vom Betriebsrat angeregten Übernahme der Klägerin in das Büro des Lagers Wustermark oder ins Lager Burgwedel (s. oben, S. 9 [vor ab.]; Urteilsanlage XII.) lediglich feststellt (s. oben, S. 11 [vor 2.]; S. 15 [VII.]), die dortigen Standorte würden von separaten Rechtsträgern betrieben, für auch der hiesige Betriebsrat nicht zuständig sei. - Beides mag sein, greift aber zu kurz:
(da.) Der Beklagten ist allerdings zuzugeben[223], dass der allgemeine Kündigungsschutz nach gängiger Rechtsprechung der Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich allenfalls unternehmensbezogen, nicht aber konzernbezogen ausgestaltet sei und damit die Prüfung von Beschäftigungsressourcen regelmäßig auf den Vertragsarbeitgeber beschränkt ist[224]. Es kann bekanntlich aber auch anders liegen, namentlich dann, wenn sich ein anderes Unternehmen zur Übernahme einer Arbeitsperson bereiterklärt hat[225]. Verhält es sich so, dann ist es jedenfalls vom Arbeitgeber nicht zuviel verlangt, in Betracht kommende Unternehmen auf solche Bereiterklärung hin wenigstens anzusprechen. Das wäre hier spätestens nach dem besagten Hinweis des hiesigen Betriebsrates geboten gewesen. Es wirft demgegenüber kein gutes Licht auf die Einsicht der Beklagten in ihre Obliegenheiten aus den einschlägigen Vorschriften in § 81 Abs. 4 SGB IX[226], stattdessen nur darauf zu verweisen[227], dass sie weder die Rossmann Logistikgesellschaft mbH noch die Logistik Dienstleistungszentrum GmbH „dazu zwingen“ könne, der Klägerin zur Überwindung der entstandenen Krise mithilfe verbundener Unternehmen eine neue Beschäftigungsperspektive zu eröffnen.
(db.) Nicht minder verkürzt wirkt es, wenn sie die Zuständigkeit des Betriebsrates für die Rossmann Logistikgesellschaft mbH negiert[228]. Auch wenn dem Gremium insoweit keine Mitspracherechte zustehen mögen, so darf es doch Vorschläge zur Problembewältigung unterbreiten. Immerhin steht nicht zuletzt die Sammlung solcher Ideen[229] im Zentrum des bewussten Eingliederungsmanagements als eines - kooperativen[230] - „Suchprozesses“ (s. schon oben, S. 29 [(bb.)]). - Soweit bei etwaiger Übernahme der Klägerin in die betreffenden Organisationseinheiten die dort gewählten Belegschaftsvertretungen zu konsultieren wären, wäre endlich auch das kein Gesichtspunkt, der jede entsprechende Initiative im Keim ersticken müsste: Bekanntlich hat sich der Arbeitgeber im Zweifel um die Zustimmung des örtlichen Betriebsrates zu bemühen[231]. Dazu kann sogar die Verpflichtung gehören, ein Verfahren auf Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG[232] anzustrengen[233]. Auch in dieser Hinsicht (gemeint: Anfragen bei „befreundeten“ Unternehmen der Gruppe) bleibt die Beklagte folglich die erkennbare Bereitschaft, eigenen Mitwirkungslasten zu genügen, schuldig.
III. Die Konsequenzen dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.
C. Für Kosten und Streitwert lässt es sich kurz machen:
I. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[234]). Diese Kosten hat es der – im Rechtsstreit unterlegenen - Beklagten zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[235]; Tenor zu II.).
II. Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[236] im Tenor festgesetzt und gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG[237] mit der dreifachen Monatsvergütung der Klägerin bemessen. Das macht (3 x 2.684,-- Euro = ) 8.052,-- Euro und erklärt den Tenor zu III.
[1] Geboren im Juni 1974.
[2] S. Klägerinschriftsatz vom 18.5.2016 S. 6 (Bl. 134 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]): „Bei der Beklagten sind mehr als 24.000 Mitarbeiter beschäftigt“.
[3] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts K 1 zur Klageschrift (Bl. 9 GA).
[4] S. dazu Vertragsänderungsurkunde vom 14.3.2006 (Kopie als weiterer Teil des Anlagenkonvoluts K 1 – Bl. 10 GA); Textauszug: „Ab 01.03.2006 beträgt Ihre wöchentliche Arbeitszeit weiterhin 37,0 Stunden bei einem monatlichen Bruttogehalt von 2.684,00 € gem. Gehaltsgruppe IVb“.
[5] S. Schreiben der Beklagten vom 10.2.2016 an den Betriebsrat; Kopie als Anlage B 5 zur Klageerwiderungsschrift vom 4.5.2016 (Bl. 72-76 GA); S. 3: 1.9. bis 2.9. und 3.11. bis 14.11.2009 – Urteilsanlage XIV.3.
[6] Wie Fußnote 5 (Urteilsanlage XIV.3.): 25.2. bis 6.3. und 10. bis 27.3.2011.
[7] Wie Fußnote 5 (Urteilsanlage XIV.3.).
[8] S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [III.] (Bl. 42 GA): „Am 18.04.2012 fand das erste Gespräch im Rahmen des BEM statt“.
[9] S. Text: „§ 84 Prävention. (1) … (2) 1Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). 2Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. 3Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. 4Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. 5Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden. 6Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung können die Klärung verlangen. 7Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Aufgaben erfüllt“.
[10] S. Kopie als Anlage B 10 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 111-112 GA).
[11] S. Klageerwiderungsschrift S. 5 [oben] (Bl. 43 GA).
[12] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 59 GA).
[13] S. Kopie als weiterer Teil des Anlagenkonvoluts B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 60-61 GA).
[14] Hinweis: Eine Kennzeichnung als M 54.2 scheint sich im ICD-10 nicht zu finden; allerdings existiert der Schlüssel M 54.02 mit der Kennzeichnung: Pannikulitis in der Nacken- und Rückenregion Zervikalbereich; als „Pannikulitis“ wiederum figuriert (nach: Wikipedia; Stichwort: „Pannikulitis“) eine örtlich begrenzte Entzündung des Unterhautfettgewebes; d.U.
[15] S. Klageerwiderungsschrift S. 5 [unten] (Bl. 43 GA): „Am 30.01.2013 erfolgte ein zweites Gespräch im Rahmen des BEM“.
[16] S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [oben] (Bl. 44 GA).
[17] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4 (Bl. 132 GA).
[18] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[19] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[20] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[21] S. Klageerwiderungsschrift S. 6 (Bl. 44 GA).
[22] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4 (Bl. 132 GA): „Bestritten wird, dass die Klägerin angegeben habe, dass sie lediglich im Bereich Berlin-/Brandenburg eingesetzt werden wolle“.
[23] S. Kopie als Anlage B 11 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 113-114 GA).
[24] S. Klageerwiderungsschrift S. 6 (Bl. 44 GA): „Die Arbeitsfähigkeit sollte ab dem 20.05.2013 wieder hergestellt sein. Die Klägerin war jedoch nicht in der Lage nach der Wiedereingliederung an den Arbeitsplatz zurückzukehren, sondern blieb weiterhin arbeitsunfähig erkrankt“.
[25] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4 (Bl. 132 GA).
[26] S. Text: „§ 2 Behinderung. (1) 1Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. 2Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. - (2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben“.
[27] S. Text oben, Fn. 26.
[28] S. Text: „§ 2 Behinderung. (1) … (3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen)“.
[29] S. Textauszug: „§ 68 Geltungsbereich. - (1) … - (2) 1Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 69 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. 2Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. 3Sie kann befristet werden. - (3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 125 und des Kapitels 13 angewendet“.
[30] S. Kopie des Initiativschreibens vom 4.4.2014 als Anlage B 12 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 116 GA).
[31] Dieses Schriftstück liegt dem Gericht nicht vor; d.U.
[32] S. Kopie des Rückmeldebogens vom 10.4.2014 als Anlage B 13 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 117 GA).
[33] S. Klageerwiderungsschrift S. 7 [oben] (Bl. 45 GA).
[34] S. Klageerwiderungsschrift S. 7 (Bl. 45 GA); die Frage des Gerichts im Verhandlungstermin am 3.6.2016, ob dieses die Beklagte richtig darin verstanden habe, dass damit ein anderer Gesprächsmodus als jener des „betrieblichen Eingliederungsmanagements“ begrifflich verdeutlicht sei, hat diese bejahen lassen; d.U.
[35] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[36] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Laut Aussage der Klägerin im Gespräch ist eine Tätigkeit im Verkauf nicht mehr möglich“.
[37] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[38] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[39] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4 (Bl. 132 GA): „Bestritten wird ebenfalls, dass die Klägerin in einem Gespräch am 23.03.2015 angegeben habe, dass eine Tätigkeit im Verkauf nicht mehr möglich ist“.
[40] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[41] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[42] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[43] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[44] S. Kopie (unter anderem) als Teil des Anlagenkonvoluts B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 63 GA).
[45] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 15 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 120 GA).
[46] S. Klageerwiderungsschrift S. 8 (Bl. 46 GA).
[47] S. Klageerwiderungsschrift S. 8 [unten] (Bl. 46 GA).
[48] S. Kopie als weiterer Teil des Anlagenkonvoluts B 15 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 121 GA).
[49] S. Klageerwiderungsschrift S. 9 [oben] (Bl. 47 GA): „Bezüglich des Termins am 21.09.2015 nahm das Betriebsratsmitglied Frau V. telefonischen Kontakt zu der Klägerin auf (…). - Im Rahmen des Telefonates sagte die Klägerin, dass sie keinen Sinn in einem erneuten Gespräch sehe, da sie im Juni 2015 mit der zuständigen Personalreferentin Frau P. telefonischen Kontakt hatte und Frau P. ihr gesagt hätte, dass wir über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachdenken“.
[50] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 53-56 GA).
[51] S. Text: „§ 85 Erfordernis der Zustimmung. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes“.
[52] S. Kopie als Anlage K 8 zum Klägerinschriftsatz vom 18.5.2016 (Bl. 141 GA).
[53] S. Kopie als Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 68-71 GA); zuvor bereits als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 12-15 GA).
[54] S. Deckblatt des Bescheides (Bl. 68 GA).
[55] S. dazu Kopie einer Widerspruchsschrift der Klägerin vom 3.2.2016 als Anlage B 4 zur Klageschrift (Bl. 16 GA).
[56] S. Kopie des Unterrichtungsschreibens als Anlagenkonvolut B 5 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 72-87 GA).
[57] S. Kopie des Unterrichtungsschreibens als Anlagenkonvolut B 7 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 89-103 GA).
[58] S. Klageerwiderungsschrift S. 2 (Bl. 40 GA): „Der Betriebsrat hat innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1, 2 BetrVG keine Stellungnahme abgegeben“.
[59] S. Klageerwiderungsschrift S. 3 [vor II.] (Bl. 41 GA): „Die Schwerbehindertenvertretung hat keine Stellungnahme abgegeben“.
[60] S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 11 GA).
[61] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 6 GA).
[62] S. Klageschrift S. 3 (Bl. 7 GA).
[63] S. Text oben, S. 8 Fn. 51.
[64] S. Kopie des Anwaltsschreibens vom 7.3.2016 als Anlage K 5 zur Klageschrift (Bl. 17 GA); Textauszug: „Namens und in Vollmacht meiner Mandantin weise ich die von Ihnen erklärte Kündigung mit Schreiben vom 18. Februar 2016 zurück (§ 174 BGB). Dem von Ihnen übermittelten Kündigungsschreiben lag eine Vollmachtsurkunde nicht bei“.
[65] S. Klageschrift S. 4 (Bl. 8 GA).
[66] S. Klageerwiderungsschrift S. 1-13 (Bl. 39-51 GA) nebst Anlagen B 1 bis B 15 (Bl. 52-121 GA).
[67] S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [III.] (Bl. 42 GA).
[68] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[69] S. Klageerwiderungsschrift S. 9-13 (Bl. 47-51 GA).
[70] S. Klageerwiderungsschrift S. 8 (Bl. 46 GA).
[71] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[72] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[73] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[74] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[75] S. Klageerwiderungsschrift S. 12 (Bl. 50 GA).
[76] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O. unter Hinweis auf BAG 7.2.1991 – 2 AZR 205/90 [BAGE 67, 198 = AP § 1 KSchG 1969 Umschulung Nr. 1 = EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 9 = NZA 1991, 806 = DB 1991, 1730 = BB 2991, 214] („Juris“) [Leitsatz 1.], wo es heißt: „Auf die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG) kann der Arbeitgeber jedenfalls dann nicht verwiesen werden, wenn bei Ausspruch der Kündigung kein entsprechender anderweitiger Arbeitsplatz frei ist und auch nicht mit hinreichender Sicherheit voraussehbar ist, dass nach Abschluss der Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund der durch die Fortbildung oder Umschulung erworbenen Qualifikation besteht“.
[77] S. Klageerwiderungsschrift S. 12 (Bl. 50 GA).
[78] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[79] S. Klageerwiderungsschrift S. 13 (Bl. 51 GA).
[80] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
[81] S. Text: „§ 174 Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten. 1Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. 2Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte“.
[82] S. Klageerwiderungsschrift S. 3 [II.1.] (Bl. 41 GA) mit Hinweis auf BAG 8.12.2011 – 6 AZR 354/10 [BAGE 140, 64 = AP § 174 BGB Nr. 22 = EzA § 174 BGB 2002 Nr. 7 = NZA 2012, 495 = DB 2012, 579] „Juris“ (Leitsatz), wo es heißt: „Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 174 Satz 1 BGB, wenn sie später als eine Woche nach der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung der Vollmachtsurkunde erfolgt“.
[83] S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [vor III.] (Bl. 42 GA): „Das Kündigungsschreiben wurde vom langjährigen Personalleiter der Beklagten Herrn R. W. unterzeichnet“.
[84] S. Text oben, Fn. 81.
[85] S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [vor III.] (Bl. 42 GA).
[86] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 1-7 (Bl. 129-135 GA) nebst Anlagen K 6 bis K 8 (Bl. 136-141 GA).
[87] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 2 [I.] (Bl. 130 GA).
[88] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[89] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[90] S. Kopie als Anlage K 6 zum Schriftsatz vom 18.5.2016 (Bl. 136-139 GA).
[91] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 2 [I.] (Bl. 130 GA).
[92] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[93] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 3 [oben] (Bl. 131 GA).
[94] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[95] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[96] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[97] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 3 [II.] (Bl. 131 GA).
[98] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 3-4 (Bl. 131-132 GA).
[99] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4 (Bl. 132 GA).
[100] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[101] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[102] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[103] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 4-5 (Bl. 132-133 GA).
[104] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 5 (Bl. 133 GA).
[105] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[106] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[107] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[108] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[109] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O. unter Hinweis auf BAG 29.4.1999 – 2 AZR 431/98.
[110] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 5-6 (Bl. 133-134 GA).
[111] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 6 (Bl. 134 GA).
[112] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[113] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[114] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[115] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[116] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[117] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[118] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[119] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[120] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[121] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[122] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[123] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[124] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 a.a.O.
[125] S. Textauszug: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 2Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn – 1. in Betrieben des privaten Rechts a) … b) der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann – und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes [s. Text oben, S. 15 Fn. 104; d.U.] schriftlich widersprochen hat. - … . 3Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat“.
[126] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 6-7 (Bl. 134-135 GA).
[127] S. Schriftsatz vom 18.5.2016 S. 7 (Bl. 135 GA) mit Hinweis auf den Internetauftritt der Beklagten, in dem es heiße: „Für die gut gefüllten Regale in den R.-Märkten sorgt unsere Logistik. Auf fast 240.000 qm Lagerfläche steuern unsere Mitarbeiter die Warenversorgung für das gesamte R.-Land. - In unseren Verteilzentren in Landsberg, Burgwedel, Wustermark, Kiel, Köln, Rodgau und Bergkirchen tragen sie die Verantwortung für mehr als 17.000 Produkte“.
[128] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 1-9 (Bl. 156-164 GA) nebst Anlagen B 16 bis B 18 (Bl. 165-169 GA).
[129] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 7 (Bl. 162 GA).
[130] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[131] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[132] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 [oben] (Bl. 163 GA).
[133] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 (Bl. 163 GA).
[134] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[135] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 5 (Bl. 160 GA).
[136] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[137] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[138] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[139] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[140] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 [6.] (Bl. 163 GA).
[141] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 9 (Bl. 164 GA).
[142] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 a.a.O.
[143] Gemeint offenbar der betriebsärztliche Dienst der Beklagten; s. dazu schon oben, S. 7-8 [h.]; Urteilsanlage IX.; d.U.
[144] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 9 (Bl. 164 GA).
[145] Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.
[146] S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.
[147] S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.
[148] S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.
[149] S. Text oben, S. 11 Fn. 81.
[150] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist“.
[151] S. dazu statt vieler BAG 14.4.2011 – 6 AZR 727/09 – BAGE 137, 347 = AP § 174 BGB Nr. 21 = EzA § 174 BGB 2002 Nr. 6 = NZA 2011, 683 = BB 2011, 1341 [Rn. 23]: „Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen (…). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung wirklich zurechnen lassen muss (…). Der Empfänger einer einseitigen Erklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (...)“.
[152] S. Text oben, S. 11 Fn. 81.
[153] S. dazu grundlegend BAG 30.5.1972 – 2 AZR 298/71 – BAGE 24, 273 = AP § 174 BGB Nr. 1 = EzA § 174 BGB Nr. 1 = NJW 1972, 1877 = DB 1972, 1680 = MDR 1972, 982 [Leitsätze 1 u. 2.]: „1. Wird die Kündigung von einem Vertreter des Arbeitgebers ausgesprochen, der wie der Personalabteilungsleiter eine Stellung bekleidet, mit der das Kündigungsrecht verbunden zu sein pflegt, dann bedarf es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht der Vorlage einer Vollmachtsurkunde durch den Vertreter nach Maßgabe des § 174 Satz 1 BGB. Vielmehr hat in einem solchen Fall der Arbeitgeber seine Belegschaft im Sinne des § 174 Satz 2 BGB davon in Kenntnis gesetzt, dass der Personalabteilungsleiter zur Abgabe von Kündigungserklärungen bevollmächtigt ist. - 2. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber selbst den Arbeitnehmer eingestellt hat, während die Kündigung vom Leiter der Personalabteilung ausgesprochen wird. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass die Befugnis zur Einstellung und die Befugnis zur Entlassung zusammenfallen“; [II.1. - „Juris“-Rn. 14]: „Jede andere Auslegung des § 174 Satz 2 BGB würde den Erfordernissen des Arbeitslebens nicht gerecht“; s. aus neuerer Zeit etwa BAG 14.4.2011 (Fn. 151) [B.I.3 b, aa. - Rn. 25]: „Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegt ein Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter – z.B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung – in eine Stellung berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist (...)“.
[154] S. Text oben, S. 11 Fn. 81.
[155] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“.
[156] S. Text oben, S. 17 Fn. 150.
[157] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.
[158] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 = BB 1983, 899 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.
[159] S. hierzu schon BAG 9.12.1954 – 2 AZR 46/53 – BAGE 1, 237 = AP § 123 GewO Nr. 1 [2.]: „Im Schrifttum und in der Rechtsprechung wird auch übereinstimmend angenommen, dass es sich zwar nicht um eine dauernde Arbeitsunfähigkeit handeln brauche, aber doch im Zeitpunkte der Kündigung eine Arbeitsunfähigkeit vorliegen müsse, die in absehbarer Zeit nicht wieder behoben werden könne, oder dass es eine Arbeitsunfähigkeit von erheblicher Dauer sein müsse“; 23.1.1958 – 2 AZR 206/55 – AP § 1 KSchG Nr. 50 [II.]: „Als Interessen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren in Betracht zu ziehen, dass der Kläger immerhin schon lange an Muskelschwund erkrankt war und von der Beklagten der Zeitpunkt seiner Wiederherstellung ebensowenig beurteilt werden konnte wie die Frage, ob der an Muskelschwund erkrankte Kläger nach einer etwaigen Genesung im Betrieb der Beklagten künftig überhaupt noch Verwendung finden könne“; 16.12.1960 – 1 AZR 429/58 – AP § 133 c GewO Nr. 3; 12.3.1968 – 1 AZR 413/67 – BAGE 20, 345 = AP § 1 KSchG Krankheit Nr. 1 = NJW 1968, 1693 = MDR 1968, 792 [„Juris“-Rn- 10]: „Die Rechtsprechung des BAG zur Frage, ob wegen einer Krankheit des Arbeitnehmers gekündigt werden kann, stimmt mit der Rechtslehre überein. Sie schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Arbeitgeber wegen Krankheit das Arbeitsverhältnis im Wege ordentlicher Kündigung beenden kann, stellt aber an die soziale Rechtfertigung einer solchen Kündigung strenge Anforderungen“; 5.8.1976 – 3 AZR 110/75 – AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 1 [II.2.]: „Richtig ist, dass auch Krankheiten eine Kündigung sozial rechtfertigen können. Rechtsprechung und Lehre legen aber in solchen Fällen einen strengen Maßstab an. Es kommt vor allem auf die Vorgeschichte der Krankheit, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und das voraussichtliche Ende der Krankheit an“; 19.8.1976 – 3 AZR 512/75 – AP § 1 KSchG Krankheit Nr. 2 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 3 [1.]: „Vor allem ist aber auch die voraussichtliche zukünftige Entwicklung in die Interessenabwägung einzubeziehen, wie dies die bereits erwähnte Entscheidung des Ersten Senats vom 12.3.1968 für den Fall einer voraussichtlich lange andauernden Krankheit verlangt hat (...)“.
[160] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist“.
[161] S. Text oben, S. 19 Fn. 157.
[162] S. BAG 19.8.1976 (Fn. 159) [Leitsatz u. 1. - „Juris“-Rn. 13]: „Ob häufige Kurzerkrankunen eines Arbeitnehmers die Kündigung sozial rechtfertigen, lässt sich nicht generell und schematisch, sondern nur nach eingehender Abwägung der betroffenen Belange des Arbeitgebers und den Interessen des Arbeitnehmers an der Erhaltung des Arbeitsplatzes beurteilen“; u.: „Die Frage, wann eine Krankheit des Arbeitnehmers einen ausreichenden Kündigungsgrund bildet, kann nicht rein schematisch beantwortet werden. Hierzu bedarf es vielmehr einer eingehenden Interessenabwägung für den einzelnen Fall, die auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abstellt. Dabei ist neben Dauer und Häufigkeit der Erkrankungen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wie die Krankheitsausfälle den Arbeitgeber wirtschaftlich belasten und wie sie sich auf den Betriebsablauf sowie auch auf die Zusammenarbeit der übrigen Arbeitnehmer, die teilweise für den erkrankten Arbeitnehmer einspringen müssen, auswirken. … Vor allem ist auch die voraussichtliche zukünftige Entwicklung in die Interessenabwägung mit einzubeziehen, wie dies die bereits erwähnte Entscheidung des Ersten Senats vom 12.3.1968 für den Fall einer voraussichtlich lange andauernden Krankheit verlangt hat (…). … Demgegenüber reichen mehrfache kurze Erkrankungen des Arbeitnehmers in den letzten drei oder vier Jahren für sich genommen nicht aus, um eine Kündigung als sozial gerechtfertigt anzuerkennen“.
[163] S. hierzu statt vieler nur BAG 10.6.2010 – 2 AZR 1020/08 – AP § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 31 = NZA 2010, 1234 = NJW 2010, 3467 [I.1 a.]: „Die krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, berechtigt den Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 KSchG grundsätzlich zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Steht fest, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht erbringen kann, ist das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auf Dauer erheblich gestört“; s. zu den Anfängen dieser Rechtsprechung bereits BAG 10.12.1987 – 2 AZR 515/87 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Orientierungssatz]: „Bei dauernder Unfähigkeit des Arbeitnehmers die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, liegt die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung auf der Hand. In diesem Falle besteht kein schützenswertes Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber daran zu hindern, mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der außerstande ist, die geschuldete Arbeit zu erbringen, auf Dauer einen anderen Arbeitnehmer zu beauftragen“.
[164] So der Sprachgebrauch in BAG 19.5.1993 – 2 AZR 598/92 – EEK II/217 (Volltext: „Juris“) [II.2 a. - „Juris“-Rn. 19 am Ende].
[165] So etwa BAG 29.4.1999 – 2 AZR 431/98 – BAGE 91, 271 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 36 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 46 = NZA 1999, 979 = BB 2000, 49 [Leitsatz 1.]: „Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist aus Anlass einer Langzeiterkrankung erst dann sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG), wenn eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt … [usw.]“.
[166] S. hierzu etwa schon BAG 12.3.1968 (Fn. 159) – Zitat oben, Fn. 159.
[167] S. zum normativen Geltungsgrund des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Kündigungsschutzrecht etwa die Überlegungen bei Bernd Ruberg, Sozialrechtfertigung als Organisationsschutz (1999), S. 218 ff., 222 ff.
[168] S. dazu anklingend schon BAG 25.3.1976 – 2 AZR 127/75 – AP § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 10 [V.2.]; ausdrücklich dann spätestens BAG 4.11.1981 – 7 AZR 264/79 – BAGE 37, 64 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 4 [II.2 b, aa.]; 18.10.1984 – 2 AZR 543/83 – BAGE 47, 80 = AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 6 [B.I.1.]; 13.6.1986 – 7 AZR 623/84 – BAGE 52, 210 = AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 13 [II.1.]; 16.2.1989 – 2 AZR 299/88 – BAGE 61, 131 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 20 [B.III.1 c, bb.]; 17.1.1991 – 2 AZR 375/90 – BAGE 67, 75 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 25 [II.2 c.]; 21.1.1993 – 2 AZR 330/92 – AP § 52 MitbestG Schleswig-Holstein Nr. 1 [C.II.2 b.]; 18.2.1993 – 2 AZR 518/92 – RzK I 6 f Nr. 7; 6 g Nr. 17 [B.II.2 d.]; s. aus neuerer Zeit BAG 12.7.2007 – 2 AZR 716/06 – BAGE 123, 234 = AP § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 28 = NZA 2008, 173 [B.II.2 a.]; s. übergreifend auch BGH 11.2.1987 – IV a ZR 194/85 – BGHZ 100, 60, 64, wo von dem „das ganze Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck“ die Rede ist.
[169] S. instruktiv Franz Wieacker, Geschichtliche Wurzeln des Prinzips der verhältnismäßigen Rechtsanwendung, in: Marcus Lutter u.a. (Hrg.), Festschrift für Robert Fischer (1979), S. 867, 874 ff.; Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2 (1994), § 84 I 2; s. auch Ulrich Preis, Verhältnismäßigkeit und Privatrechtsordnung, in: Peter Hanaus/Friedrich Heither/Jürgen Kühling (Hrg.), Festschrift für Thomas Dieterich (1999), 429, 446, 452-453; s. ferner Bernd Ruberg, Schikanöse Weisungen (2004), S. 70 ff.
[170] S. Erich Molitor, Die Kündigung, 2. Auflage (1951), S. 294: „Man wird … fordern müssen, dass jedes andere nach der gegebenen Sachlage anwendbare Mittel erschöpft ist, um das von dem Kündigenden als unhaltbar angesehene Rechtsverhältnis zumutbar zu gestalten“.
[171] S. Hans Galperin, Der wichtige Grund zur außerordentlichen Kündigung, DB 1964, 1114, 1117 [9.], wo – soweit ersichtlich – erstmals der Ausdruck von der Kündigung als „ultima ratio“ verwendet wird.
[172] S. Dirk Neumann, Kündigung bei Krankheit, 2. Auflage (1965), S. 26, wo als „allgemeiner Grundsatz des Kündigungsschutzrechts“ herausgestellt wird, dass „zu einer Kündigung nur als letztem möglichem Ausweg gegriffen werden“ solle.
[173] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [22.8.1963] SAE 1964, 2: „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (Übermaßverbot)“; ders. Anm. BAG [26.11.1964] AP § 626 BGB Nr. 53 [IV.]: „Übermaßverbot“; ders. Anm. BAG [21.10.1965] AP § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5: „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel“; ders. Anm. BAG [12.12.1968] AP § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 20: „Grundsatz von der Verhältnismäßigkeit der Mittel“.
[174] Das heute „geflügelte“ Wort stammt, soweit ersichtlich, von Friedrich Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 2. Auflage (1912), S. 354 für das Handeln der Polizei im konstitutionellen Rechtsstaat.
[175] S. grundlegend BAG 30.5.1978 – 2 AZR 630/76 – BAGE 30, 309 = AP § 626 BGB Nr. 70 = NJW 1979, 332 [Leitsatz 2 u. III.2 b.]; s. aus jüngerer Zeit BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 a.]: „Eine Kündigung ist als letztes Mittel nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat“; [B.II.2 b.]: „Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung künftig zu beseitigen“; 10.12.2009 – 2 AZR 400/08 – EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 56 = NZA 2010, 398 [I.2.]; 30.9.2010 – 2 AZR 88/09 – EzA § 84 SGB IX Nr. 7 = NZA 2011, 39 = MDR 2011, 495 [I.2.].
[176] S. zu dieser Entwicklung, die ihren judikativen Ausgangspunkt beim Sechsten Zivilsenat des Reichsgerichts (RG) genommen hat (s. RG 14.1.1897 – VI 277/96 – RGZ 38, 114-119; s. dazu näher ArbG Berlin 2.5.2008 – 28 Ca 3058/08 – n.v. [S. 18 ff.]), etwa bereits RAG 21.5.1938 – RAG 17/38 – ARS 33, 135, 139: „Auf der anderen Seite können es die Umstände, insbesondere eine langjährige, erfolgreiche Dienstzeit des Angestellten und schwerwiegende wirtschaftliche Folgen der Kündigung für ihn durchaus rechtfertigen, dem Unternehmen erst einen Versuch zuzumuten, die Beschwerden durch eine Abmahnung abzustellen …“; s. aus jüngster Zeit sodann etwa BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 („Juris“) [I.1 b.]: „Außerdem ist die Abmahnung als milderes Mittel in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (…) einer Kündigung vorzuziehen, wenn durch ihren Ausspruch das Ziel – ordnungsgemäße Vertragserfüllung – erreicht werden kann“.
[177] S. Alfred Hueck, Kündigungsschutzgesetz (1951), § 1 Rn. 36: „Darin [d.h. im Erfordernis ‚dringender betrieblicher Erfordernisse’; d.U.] kommt zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber zur Kündigung nur schreiten darf, wenn es im Interesse des Betriebe wirklich notwendig ist, und dass er nach Möglichkeit zu versuchen hat, die Kündigung durch andere Mittel, z.B. durch Arbeitsstreckung … zu vermeiden, sofern eine solche Arbeitsstreckung für den Betrieb technisch, organisatorisch und wirtschaftlich tragbar ist“.
[178] S. angedeutet schon in BAG 12.12.1968 - 1 AZR 102/68 – BAGE 21, 248 = AP § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 20 [2.], wonach eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt sei, wenn für den Arbeitgeber „keine Möglichkeit“ bestehe, durch „andere Maßnahmen als eine Kündigung der betrieblichen Lage Rechnung zu tragen“; wie zitiert sodann seit BAG 7.12.1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157 = AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 6 [II.1 a.]: „Diese betrieblichen Erfordernisse müssen ‚dringend’ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichen Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein“; im Anschluss BAG 9.11.1979 – 7 AZR 933/77 – n.v. [2.]; 17.10.1980 – 7 AZR 675/78 – AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 [3 b.]; 27.9.1984 – 2 AZR 63/83 – BAGE 47, 26 = AP § 2 KSchG 1969 Nr. 8 [B.II.]; 30.5.1985 - 2 AZR 321/84 – AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 [B.II.1.]; ständige Judikatur - s. insofern aus neuerer Zeit etwa BAG 21.4.2005 – 2 AZR 244/04 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 80 = NZA 2005, 1294 [II.2.]; 3.4.2008 – 2 AZR 500/06 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 137 = EzA § 2 KSchG Nr. 70 = NZA 2008, 812 [B.I.1.].
[179] S. BGBl. I S. 1106.
[180] S. Text [heutige Fassung; d.U.]: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 2Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn 1. in Betrieben des privaten Rechts a) … b) der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, … “.
[181] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 3Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat“.
[182] S. grundlegend BAG 13.9.1973 – 2 AZR 601/72 – BAGE 25, 278 = AP § 1 KSchG 1969 Nr. 2 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 7 [Leitsätze]: 1. Das dem Betriebsrat im Falle der ordentlichen Kündigung zustehende Widerspruchsrecht (§ 102 Abs. 3 BetrVG 1972) hat den individuellen Kündigungsschutz der Arbeitnehmer gemäß § 1 KSchG in keinem Fall verschlechtert. - 2. Auch wenn der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung nicht nach Maßgabe des § 102 Abs. 3 BetrVG 1972 widersprochen hat, sind die in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG (§ 102 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 BetrVG 1972) genannten Widerspruchsgründe zumindest insoweit bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, wie es sich um Tatbestände handelt, die schon nach der bisherigen Rechtslage der Annahme entgegenstehen konnten, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. - 3. Zu diesen ohne Widerspruch des Betriebsrates zu berücksichtigenden Umständen gehört die Möglichkeit, den gekündigten Arbeitnehmer auch unter schlechteren Arbeitsbedingungen auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen, jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich hierzu im unmittelbaren Anschluss an die Kündigung bereit erklärt hat ...“.
[183] S. Text oben, S. 3 Fn. 9.
[184] S. hierzu zutreffend auch bereits LAG Berlin 27.10.2005 – 10 Sa 783/05 – LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 37 = NZA-RR 2006, 184 = MDR 2006, 761 [2.2.]: „Nach Auffassung des Berufungsgerichts wird mit den Maßgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX für den Fall der krankheitsbedingten Kündigung das dem Kündigungsrecht (ohnehin) innewohnende ultima-ratio-Prinzip verstärkend konkretisiert“; im Anschluss LAG Düsseldorf 25.10.2006 – 6 Sa 974/05 - BB 2007, 719 [II.B.1 b, cc, ccc.]; LAG Hamm 24.1.2007 – 2 Sa 991/06 – n.v. („Juris“) [I.3 a. - am Ende]; LAG Köln 11.6.2007 – 14 Sa 1391/06 – („Juris“) [II.5.].
[185] S. BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 a.].
[186] S. BAG 23.4.2008 – 2 AZR 1012/06 – EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 55 = NZA-RR 2008, 515 [B.II.3 b, ab (1)].
[187] So Wolfhard Kohte Anm. LAG Stuttgart [22.6.2005 – 2 Sa 11/05] jurisPR-ArbR 47/2005 v. 23.11.2005 [A.]: „Mit dem SGB IX soll ein Leitbildwechsel realisiert werden: Die Arbeitsplätze sollen rechtzeitig an die Menschen angepasst werden, so dass die Ausgliederung aus dem Arbeitsleben vermieden werden kann“; s. im funktionellen Zusammenhang auch Wolfhard Kohte, DB 2008, 582 [II.2.]: „Die Rechtzeitigkeit präventiver und rehabilitativer Maßnahmen ist eines der zentralen Themen der internationalen Diskussion. In der 1983 von der ILO beschlossenen Empfehlung 168 zur beruflichen Rehabilitation und zur Beschäftigung der Behinderten wird verlangt, dass berufliche Rehabilitation ,so früh wie möglich' einsetzen soll und dass alle zuständigen Stellen mit diesem Ziel zusammenarbeiten sollen. … - Vor diesem Hintergrund ist die Schaffung des BEM durch § 84 Abs. 2 SGB IX zu sehen. In der Begründung zum 2004 novellierten Text ist ausdrücklich hervorgehoben worden, dass weiterhin eine zu große Anzahl der Zugänge in Arbeitslosigkeit aufgrund von Krankheit und Krankheitskündigung erfolge (…). Diese Zahl soll verringert werden, weil sich als Erfahrungssatz ableiten lässt, dass bei gesundheitlichen Problemen und vor allem bei chronischer Krankheit Arbeitslosigkeit länger dauert und eine effektive (Wie-der)Eingliederung in den Arbeitsmarkt wesentlich schwerer zu erreichen ist. Wenn man außerdem das neuere Rentenrecht beachtet, welche das effektive Rentenalter erst deutlich nach Vollendung des 60. Lebensjahrs eintreten lassen will, dann ist es erforderlich, die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit von Menschen länger zu fördern und zu erhalten. Dies ist im betrieblichen Kontext eher möglich als im Rahmen der Arbeitslosigkeit“.
[188] S. Text: „§ 81 Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen. (1) … (4) 1Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf – 1. Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können, - 2. bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens, - 3. Erleicherungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung, - 4. behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr, - 5. Ausstattung des Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen – unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. 2Bei der Durchführung der Maßnahmen nach den Nummern 1, 4 und 5 unterstützt die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Beschäftigten. 3Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen“.
[189] S. Text vorige Fußnote.
[190] S. hierzu statt vieler bereits LAG Baden-Württemberg 22.6.2005 – 2 Sa 11/05 – Behindertenrecht 2006, 82 („Juris“) [II.1.]: „Im Rahmen der durch § 81 Abs. 4 SGB IX kodifizierten und gegenüber der allgemeinen Fürsorgepflicht gesteigerten Fürsorgepflicht kann der Arbeitgeber auch verpflichtet sein, einen vorhandenen Arbeitsplatz behindertengerecht umzugestalten, an dem der vertragliche Beschäftigungsanspruch erfüllt werden kann. Diese Verpflichtung zur Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes, die bereits zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung besteht (…), besteht erst recht gegenüber einem schwerbehinderten Menschen. Um eine Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu ermöglichen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, zumutbare organisatorische Veränderungen vorzunehmen und gegebenenfalls den Arbeitsablauf anders zu organisieren“ - mit Hinweis auf BAG 14.7.1983 – 2 AZR 34/92 n.v. („Juris“); sodann im gleichen Sinne BAG 4.10.2005 – 9 AZR 632/04 – BAGE 116, 121 = EzA § 81 SGB IX Nr. 9 = NZA 2006, 442 [II.1 c, aa.]: „Das folgt aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX. Danach hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsorganisation“; 14.3.2006 – 9 AZR 411/05 – AP § 81 SGB IX Nr. 11 = EzA § 81 SGB IX Nr. 11 = NZA 2006, 1214 [I.1.]: „Um eine behinderungsgerechte Beschäftigung zu ermöglichen, ist der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX auch zu einer Umgestaltung der Arbeitsorganisation verpflichtet“; s. weit früher auch schon BAG 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 42 [II.1 d.]: „Eine Umorganisation hinsichtlich des Personaleinsatzes ist als gegenüber der krankheitsbedingten Kündigung mildere Maßnahme dann geboten, wenn der Arbeitgeber einen leidensgerechten Arbeitsplatz durch Wahrnehmung seines Direktionsrechts freimachen kann, weil er sich damit gegenüber dem bisherigen Arbeitsplatzinhaber im Rahmen der vertraglichen Abmachungen hält und nicht in dessen Rechtsposition eingreift“.
[191] S. zu dieser Parallele zutreffend Christoph Beyer, Anm. LAG Niedersachsen [6.12.2010 – 12 Sa 860/10] jurisPR-ArbR 19/2011 Anm. 4 v. 18.5.2011 [C.]: „vergleichbarer Ansatz“.
[192] S. insofern BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 b.]: „Insbesondere fehlt eine überzeugende Begründung, warum eine mögliche leidensgerechte Umorganisation des Arbeitsplatzes des Klägers oder sein Einsatz auf einem anderen – ggf. durch Umorganisation der bisherigen Arbeitsorganisation zu schaffenden – leidensgerechten Arbeitsplatz nicht möglich sein soll“.
[193] S. etwa BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 b, aa. (3) - „Juris“-Rn. 36]: „Entgegen der Auffassung der Revision ist aber die Durchführung des BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung (…). Ein fehlendes BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX führt nicht per se zur Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung (…)“; ebenso etwa BAG 28.4.2011 - 8 AZR 515/10 – AP § 15 AGG Nr. 7 = EzA § 22 AGG Nr. 4 = NJW 2011, 2458 [B.II.4 c. - „Juris“-Rn. 39]: „Das Unterlassen eines vorgeschriebenen BEM führt nicht zur Unwirksamkeit einer aufgrund der Krankheitszeiten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung (...)“.
[194] S. BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 b, cc. (4) - „Juris“-Rn. 44]: „Hat der Arbeitgeber hingegen kein BEM durchgeführt, darf er sich durch seine dem Gesetz widersprechende Untätigkeit keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen ( … ). In diesem Fall darf er sich nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer bzw. es gebe keine ,freien Arbeitsplätze', die der erkrankte Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung noch ausfüllen könnte. Es bedarf vielmehr eines umfassenderen konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz einerseits und warum andererseits eine leidensgerechte Anpassung und Veränderung ausgeschlossen ist oder der Arbeitnehmer nicht auf einem (alternativen) anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden könnte“; entsprechend BAG 28.4.2011 (Fn. 193) [B.II.4 c. - „Juris“-Rn. 39]: „Allerdings hat ein solcher Verstoß Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers in einem Kündigungsschutzprozess (...)“.
[195] S. BAG 12.7.2007 (Fn. 168) [B.II.2 b, cc. (4) - „Juris“-Rn. 44] – Zitat vorige Fußnote; im Anschluss etwa BAG 10.12.2009 (Fn. 175) [I.3 b. - „Juris“-Rn. 19]: „Hat der Arbeitgeber entgegen seiner gesetzlichen Pflicht überhaupt kein BEM durchgeführt, darf er sich dadurch keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen können“; s. hierzu auch Wolfhard Kohte Anm. BAG [12.7.2007] jurisPR 16/2008 Anm. 1 [vor D.]: „Angesichts der Ungewissheit solcher Lösungen spielt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast eine zentrale Rolle. Hier präzisiert der Senat das bekannte Konzept der abgestuften Darlegungs- und Beweislast und ergänzt es um einen zentralen materiell-rechtlichen Bewertungspunkt, den bereits der 9. Senat zutreffend in Verfahren zu § 81 SGB IX verdeutlicht hat: wer seine eigenen Rechtspflichten verletzt, darf daraus keine Vorteile ziehen (...)“.
[196] Dass sich für die Spielart sogenannter „häufiger Kurzerkrankungen“ von vornherein kein Ansatzpunkt ergibt, mögen die Hinweise eingangs des Tatbestandes (Seite 2 [II.1.]) deutlich gemacht haben.
[197] Sprachliche Anlehnung an das bekannte Bonmot des früheren Generalsekretärs des Zentralkomitee's der KPdSU Michail Gorbatschow, er wolle lieber Teil der Lösung sein, nicht Teil des Problems; d.U.
[198] S. Wolfhard Kohte, DB 2008, 582, 584 [3.]: „Mit diesem Eingliederungsmanagement werden keine neuen Sachnormen des Arbeits- oder Sozialrechts statuiert; es handelt sich um ein rechtlich reguliertes Verfahren, das in Form eines organisierten Suchprozesses Lösungen zur Vermeidung künftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll“.
[199] S. etwa BAG 10.12.2009 (Fn. 175) [I.3 c.]: „Dieses ist ein rechtlich regulierter ,Suchprozess', der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung künftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll (...)“; im Anschluss etwa BAG 20.11.2014 – 2 AZR 755/13 – BAGE 150, 117 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 52 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 59 = NZA 2015, 612 = DB 2015, 1290 = ZTR 2015, 343 [Rn. 30]: „rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener ,Suchprozess'“.
[200] S. dazu BT-Drs. 15/1783 S. 16: „Durch die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten soll ein betriebliches Eingliederungsmanagement geschaffen werden, das durch geeignete Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft sichert. Viele Abgänge in die Arbeitslosigkeit erfolgen noch immer aus Krankheitsgründen. … Die Regelung verschafft der Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz dadurch einen stärkeren Stellenwert, dass die Akteure unter Mitwirkung des Betroffenen zur Klärung der zu treffenden Maßnahmen verpflichtet werden“.
[201] S. Text oben, S. 26 Fn. 188.
[202] S. dazu aus jüngerer Zeit – hier: mit Blick auf häufige Kurzerkrankungen - etwa BAG 23.4.2008 – 2 AZR 1012/06 – EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 55 = NZA-RR 2008, 515 = BB 2008, 2409 [B.II.1. - „Juris“-Rn. 18]: „Das LAG ist zutreffend von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen entwickelt hat (…). Danach ist zunächst – erste Stufe – eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, was als Teil des Kündigungsgrundes – zweite Stufe – festzustellen ist. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vor, so ist in einem dritten Prüfschritt im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen“.
[203] S. Text oben, S. 26 Fn. 188.
[204] S. dazu statt vieler nur Wolfhard Kohte, in: Sabine Knickrehm/Ralf Kreikebohm/Raimund Waltermann, Sozialrecht, 4. Auflage (2015), §§ 81, 82 SGB IX Rnrn. 13 u. 15: „Diese Beschäftigungspflicht [gemeint: aus § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; d.U.] geht über die allgemeine Beschäftigungspflicht, die zu den Grundelementen des heutigen Arbeitsvertragsrechts gehört, deutlich hinaus, weil sie den Arbeitgeber auch zu Änderungen des Arbeitsvertrages verpflichten kann (…)“; [15] „Wenn der behinderte Mensch die vertraglich vereinbarten Arbeitsaufgaben behinderungsbedingt nicht mehr erfüllen, jedoch auf einem anderen vom Arbeitsvertrag nicht gedeckten Arbeitsplatz beschäftigt werden kann, kann sich daraus ein Anspruch auf Änderung der Beschäftigung und des Arbeitsvertrags ergeben“.
[205] S. Text oben, S. 26 Fn. 188.
[206] S. Text oben, S. 24 Fn. 181.
[207] S. hierzu etwa Wolfhard Kohte (Fn. 204) §§ 81, 82 SGB IX Rn. 16: „Aus der Förderpflicht kann sich im Einzelfall ergeben, dass der Arbeitgeber zu einer Vertragsänderung verpflichtet ist, die sich als Beförderung darstellt und die den Aufstieg in weitere Hierarchiestufen ermöglicht (…). … Aus der Förderpflicht kann sich auch eine Pflicht zur Ermöglichung der Teilnahme an Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung ergeben“.
[208] S. dazu etwa BAG 26.1.1995 – 2 AZR 428/94 – BAGE 79, 169 = AP § 2 KSchG 1969 Nr. 37 = EzA § 2 KSchG Nr. 21 = NZA 1995, 628 = ZTR 1995, 269 [II.2. - „Juris“-Rn. 18]: „Ein solcher Eingriff könnte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann gerechtfertigt sein, wenn das erstrebte Ziel … nicht durch geeignete mildere Maßnahmen erreicht werden könnte. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit die Beklagte (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG)“; s. zum Fachschrifttum etwa Bernd Ruberg (Fn. 167) S. 103 [vor 3.]: „Richtigerweise gehört der Erforderlichkeitsgrundatz als die Untergerichte bindendes kündigungsschutzrechtliches Prinzip (…) in der Tat zum ,Kündigungsgrund' (...)“.
[209] S. Textauszug: „VI. Maßnahmen zur Überwindung/Vorbeugung von Arbeitsunfähigkeit gem. § 6 GBV Nr. 026/12. - 1. Welche konkreten Maßnahmen können umgesetzt werden, um den Gesundheitszustand zu fördern? - a) … - d) Anderer Arbeitsplatz/andere Tätigkeit - … MA bittet um ,Versetzung' als Kosmetikberaterin; Checker, Einsatz kommt für Frau R. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] nur in Berlin/Brandenburg in Betracht“.
[210] S. den Textauszug in voriger Fußnote.
[211] S. dazu schon oben, S. 6 Fn. 34.
[212] S. zu einschlägigen Praxisbeobachtungen prononciert etwa Eberhard Kliesche, BEM und Krankenrückkehrgespräche, AiB 2013, 520, 521: „Krankenrückkehrgespräche üben Druck auf die Beschäftigten aus und Verstoßen gegen Grundrecht, z.B. gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Grundgesetz (GG) und ggen die Würde des Menschen. - Sie sind kein akzeptables Instrument und kein Bestandteil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Sie haben keine gesetzliche Grundlage, auch wenn nach den betrieblichen Ursachen der Erkrankungen gefragt wird (...)“.
[213] S. hierzu statt vieler Wolfhard Kohte, WSI 2010, 374, 376: „Solange Beschäftigte damit rechnen müssen, dass die Informationen aus dem BEM-Verfahren im Rahmen einer Krankheitskündigung genutzt werden können, werden sie zu Recht misstrauisch sein und das Verfahren nur als eine kaschierte Form der Krankenrückkehrgespräche ansehen. Der Leitbildwechsel ist schwierig; aus der Praxis wird berichtet, dass in nicht wenigen Betrieben nebeneinander Betriebsvereinbarungen zu Krankenrückkehrgesprächen und Absprachen zur Durchführung eines BEM bestehen (…). Auf diese Weise wird eine effektive Gesundheitsprävention nicht erreicht werden können“.
[214] S. dazu die Berichterstattung zum Urteil der Vorinstanz (Hessisches LAG 12.12.1989 – 7 Sa 521/89) in BAG 7.2.1991 (Fn. 76) [Tatbestand - „Juris“-Rnrn. 15-16]: „Die Kündigung sei jedoch unwirksam, weil die Klägerin nach einer zumutbaren Umschulung als Büroassistentin hätte weiterbeschäftigt werden können. Der Aufwand für eine solche Umschulung sei nicht unverhältnismäßig hoch. Die Berufsgenossenschaft fördere auch eine innerbetriebliche Umschulung der Klägerin finanziell. Der Erfolg der Umschulung sei angesichts des Bildungsgrades der Klägerin nicht ungewiss. … - Nach der Umschulung sei auch ein geeigneter freier Arbeitsplatz für die Klägerin vorhanden, denn die Beklagte könne, bezogen auf das voraussichtliche Ende der Umschulungsmaßnahme, für die Klägerin einen freien Arbeitsplatz einplanen. Bei der Beklagten seien in den letzten Jahren jeweils 9 bis 13 Auszubildende für den Beruf der Büroassistentin einstellt worden. Auch das insoweit bereits absehbare Freiwerden eines Arbeitsplatzes sei zu berücksichtigen, wenn die Zeitspanne bis dahin so bemessen sei, dass ihre Überbrückung vom Arbeitgeber verlangt werden könne. Der Begriff des freien Arbeitsplatzes dürfe im Hinblick auf die möglicherweise zwei Jahre dauernde Umschulung nicht zu eng bestimmt werden“
[215] S. Text: „§ 14 Zulässigkeit der Befristung. (1) … (2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“.
[216] S. dazu BAG 29.4.1999 – 2 AZR 431/98 – BAGE 91, 271 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 36 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 46 = NZA 1999, 978 = DB 1999, 1861 = BB 2000, 49 [Leitsatz 2. u. II.3 a. - „Juris“-Rn. 36]: „Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen (…). Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann“; [II.3 a.]: „Als absehbare Zeit in diesem Zusammenhang sieht der Senat im Anschluss an die Vorschriften des Beschäftigungsförderungsgesetzes einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten (§ 1 Abs. 1 BeschFG) an. Denn ein solcher Zeitraum kann ggf. durch Einstellung einer Ersatzkraft mit einem befristeten Arbeitsverhältnis überbrückt werden“.
[217] S. Text oben, S. 15 Fn. 125; gemeint ist neuerlich BAG 7.2.1991 (Fn. 76).
[218] S. BAG 7.2.1991 (Fn. 76) [Leitsatz 1.] - Zitat Fn. 76.
[219] S. dazu den Sprachgebrauch des Hessischen LAG 12.1.1989 (Fn. 214) – Text oben, Fn. 214; s. dazu seinerzeit BAG 7.2.1991 (Fn. 76) [B.II.2 b. - „Juris“-Rn. 24]: „Im vorliegenden Fall hat die Klägerin sich zwar darauf berufen, es stehe nicht fest, dass nach Abschluss ihrer Ausbildung kein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, sie hat jedoch selbst nicht substantiiert geltend gemacht, zum Zeitpunkt des Ausspruchs ihrer Kündigung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen, gegen Ende ihrer ins Auge gefassten Umschulung werde ein Arbeitsplatz für sie vorhanden sein. Soweit sie sich allein darauf beruft, die Beklagte könne einen entsprechenden Arbeitsplatz ,einplanen', ist dieser Vortrag nicht ausreichend angesichts des Vorbringens der Beklagten, es sei zum Zeitpunkt der Beendigung einer Ausbildung tatsächlich kein freier Platz vorhanden“.
[220] S. Text: „§ 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts. (1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. - (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt“.
[221] S. Text oben, S. 26 Fn. 188.
[222] S. dazu anschaulich Wolfhard Kohte (Fn. 204) §§ 81, 82 SGB IX Rn. 18: „Die Förderpflicht ist auch bei Maßnahmen der Berufsbildung sowie der Fort- und Weiterbildung zu beachten. … Aus diesem Grund soll auch die externe Fort- und Weiterbildung durch § 81 Abs. 4 Nr. 3 SGB IV gefördert werden. In diesen Fällen stellt sich nicht nur ein Verteilungs-, sondern auch ein Zugangsproblem. Die Teilnahme an externen Veranstaltungen verlangt in aller Regel eine begrenzte zeitliche Freistellung, die mit sonstigen Arbeitserfordernissen kollidieren kann. Bei dieser Abwägung soll im Zweifel den Fortbildungsinteressen schwerbehinderter Menschen Rechnung getragen werden. Wiederum kommen hier flankierende Leistungen nach §§ 81 ff., 112 ff. SGB III bzw. nach § 33 Abs. 3 SGB IX in Betracht (…), so dass sich die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers auf die Freistellung von der Arbeit ohne Entgeltfortzahlung reduzieren kann (...)“.
[223] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 [vor 6.] (Bl. 163 GA).
[224] S. etwa BAG 14.10.1982 – 2 AZR 568/80 – BAGE 41, 72 = AP § 1 KSchG 1969 Konzern Nr. 1 = EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 29 = NJW 1984, 381 = SAE 1984, 139 [Leitsatz 3.]: „Das Kündigungsschutzgesetz ist betriebsbezogen, allenfalls unternehmensbezogen, aber nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist daher vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, eine anderweitige Unterbringung des Arbeitnehmers in einem Konzernbetrieb zu versuchen“.
[225] S. auch dazu BAG 14.10.1982 (Fn. 224) [III.1. - „Juris“-Rn. 51]: „Auch wenn ein konzerndimensionaler Kündigungsschutz nicht besteht, so sind aufgrund besonderer Sachverhaltsgestaltungen doch Ausnahmefälle denkbar, in denen eine konzernbezogene Betrachtung möglich und geboten ist. Davon ist nicht nur dann auszugehen, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat und dieser Umstand im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist (…), sondern auch und vor allem dann, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder einer sonstigen vertraglichen Absprache ergibt. Der Arbeitnehmer kann nach dem Arbeitsvertrag von vornherein für den Unternehmens- und Konzernbereich eingestellt worden sein oder – obwohl nur für einen bestimmten Betrieb eingestellt – sich arbeitsvertraglich mit einer Versetzung innerhalb der Unternehmens- bzw. Konzerngruppe einverstanden erklärt haben. Bei einer solchen Vertragsgestaltung muss der Arbeitgeber als verpflichtet angesehen werden, zunächst eine Unterbringung des Arbeitnehmers in einem anderen Konzernbetrieb zu versuchen, bevor er den Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigt“; im Anschluss aus jüngerer Zeit etwa BAG 23.11.2004 – 2 AZR 24/04 – AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132 = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 135 = NZA 2005, 929 [B.III.2 b, bb. - „Juris“-Rn. 31]; 23.3.2006 – 2 AZR 162/05 – AP § 1 KSchG 1969 Konzern Nr. 13 = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 147 = NZA 2007, 30 [B.III.2 c. - „Juris“-Rn. 21].
[226] S. dazu schon oben, S. 26 Fn. 188.
[227] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 [vor 6.] (Bl. 163 GA).
[228] S. Schriftsatz vom 30.5.2016 S. 8 [oben] (Bl. 163 GA).
[229] S. mit ähnlicher Tendenz etwa BAG 10.12.2009 (Fn. 175) [Orientierungssatz 2.]: „Ein BEM genügt den gesetzlichen Mindestanforderungen, wenn es die zu beteiligenden Stellen, Ämter und Personen einbezieht, keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Anpassung- und Änderungsmöglichkeit ausschließt und die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden“.
[230] S. dazu beispielsweise auch LAG Berlin-Brandenburg 4.1.2010 – 10 Sa 2071/09 – AE 2010, 243 (Leitsatz; Volltext: „Juris“) [II.3.1. - „Juris“-Rn. 52]: „Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist immer ein kooperativer Prozess mit dem Ziel, Wege zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes zu finden. Dies erfordert je nach Lage des Falles Diskussionen, betriebliche und gesundheitliche Untersuchungen und eventuell konkrete Planungen“.
[231] S. hierzu etwa schon BAG 3.12.2002 – 9 AZR 481/01 – BAGE 104, 45 = AP § 81 SGB IX Nr. 2 = EzA § 81 SGB IX Nr. 1 = NZA 2003, 1215 = BB 2003, 1014 = DB 2003, 1230 [Leitsatz 3.]: „Soweit für die Erfüllung des schwerbehindertenrechtlichen Beschäftigungsanspruchs eine Versetzung erforderlich ist, hat der schwerbehinderte Mensch einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Zustimmung nach § 99 BetrVG beim Betriebsrat einholt. Wird diese verweigert und steht nicht fest, dass dem Betriebsrat objektiv Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG zustehen, hat der schwerbehinderte Mensch einen Anspruch auf Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG“; ebenso schon BAG 29.1.1997 (Fn. 190) [II.1 d. - „Juris“-Rn. 23]: „Soweit dies eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3, § 99 Abs. 1 BetrVG bedeuet, muss sich der Arbeitgeber auch um die Zustimmung des Betriebsrats bemühen“.
[232] S. Text: „§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen. (1) … (4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen“.
[233] S. BAG 3.12.2002 (Fn. 231) [Leitsatz 3.] - Zitat Fn. 231; tendenziell enger jedoch für den Fall, dass das Integrationsamt eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit „mit der gebotenen Sorgfalt“ („Juris“-Rn. 36) „geprüft und abgelehnt“ hat, hingegen BAG 22.9.2005 – 2 AZR 519/04 – BAGE 116, 7 = AP § 81 SGB IX Nr. 10 = EzA § 81 SGB IX Nr. 10 = NZA 2006, 486 = DB 2006, 952 [Leitsatz]: „Widerspricht jedoch der Betriebsrat der Versetzung, ist in der Regel davon auszugehen, dass eine dem Arbeitgeber zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht. Der Arbeitgeber ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände verpflichtet, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen“; ablehnend hingegen noch BAG 29.1.1997 (Fn. 190) [II.1 d. - „Juris“-Rn. 23].
[234] S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.
[235] S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.
[236] S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.
[237] S. Text: „§ 42 Wiederkehrende Leistungen. (1) … (4) Für die Wertberechnung bei Rechts-streitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahrs zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet“.