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Arbeitsrecht
12.08.2021
Arbeitsrecht
LAG Köln: Teilzeitanspruch während der Elternzeit – Zulässigkeit und Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung

LAG Köln, Urteil vom 4.6.2021 – 5 Ta 71/21

ECLI:DE:LAGK:2021:0604.5TA71.21.00

Volltext: BB-Online BBL2021-1971-3

Leitsätze

1. Der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit kann durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gesichert werden kann. Die Besonderheiten des Teilzeitanspruchs, die sich insbesondere aus der Regelung zur Vollstreckung ergeben, stehen dem nicht entgegen.

2. Sind die Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung gegeben, ist dem Arbeitgeber aufzugeben, den Arbeitnehmer mit der von ihm angestrebten Stundenzahl tatsächlich zu beschäftigen. Eine zeitliche Begrenzung des Beschäftigungstitels etwa „bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts in der Hauptsache“ ist in aller Regel nicht vorzunehmen.

3. An den Verfügungsgrund sind weder wegen einer Vorwegnahme der Hauptsache „besonders strenge Anforderungen“ noch wegen des Zeitablaufs keine weiteren Voraussetzungen zu stlelen. Es bedarf vielmehr wie stets bei der einstweiligen Verfügung einer umfassenden Interessenabwägung.

4. Regelmäßig kommt als Verfügungsgrund nur ein konkretes ideelles Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung in Betracht. Dagegen kann der Arbeitnehmer den Verfügungsgrund nicht damit begründen, die Kinderbetreuung müsse gewährleistet werden. Der Verfügungsgrund kann auch nicht damit begründet werden, dass der Arbeitnehmer dringend auf den Verdienst angewiesen ist.

§ 15 Abs. 5, 7 BEEG, §§ 894, 920, 936 Abs. 2, 938 Abs. 1 ZPO, § 62 Abs. 2 ArbGG

Sachverhalt

Die Klägerin macht im einstweiligen Verfügungsverfahren ihre Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit geltend.

Die Beklagte betreibt ein Onlineportal, welches Informationen und Angebote zu allen deutschen Orten, Städten und Gemeinden bereithält. Sie beschäftigt deutschlandweit ca. 250 Mitarbeiter. Das “Headquater” befindet sich in K .

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit Februar 2017 angestellt. Zuletzt wurde sie am 01.12.2019 befördert. Ihr wurde die Stelle des “Head of Customer Strategy & Salesforce” zugewiesen.  Ihr Jahresgehalt betrug vor der Elternzeit 106.000 €. Sie war unmittelbar den Geschäftsführern unterstellt.

Nach der Geburt ihres Sohnes befindet sich die Klägerin seit dem 20.06.2020 in Elternzeit. Diese endet am 24.04.2022. Die Beklagte strukturierte das Unternehmen nach dem Ausscheiden eines ihrer Geschäftsführer im August 2020 um. Sie verfügt nur noch über einen Geschäftsführer. Die von der Klägerin geleitete Abteilung wurde zum 31.12.2020 aufgelöst.

Die Klägerin beantragte am 19.02.2021 ab dem 01.05.2021 ihre Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit bis zum 24.04.2022 im Umfang von 30 Wochenstunden. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29.03.2021, welches die Klägerin am 31.03.2021 erhielt, ab. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Mit ihrem am 20.04.2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte verfüge über mehrere freie Stellen, die sie ausfüllen könne. Auf der gleichen Ebene wie bisher sei die Tätigkeit des Directors angesiedelt. Sie sei jedoch auch bereit, während der Elternzeit eine geringwertigere Tätigkeit als bisher zu übernehmen. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass sie ihren Anspruch an jedem Tag, an dem sie nicht beschäftigt werde, nicht umsetzen könne, ohne dass dies nachholbar sei. Zudem habe sie ein schutzwürdiges ideelles Interesse, tatsächlich beschäftigt zu werden. Sie laufe Gefahr, den Kontakt zum Unternehmen zu verlieren und somit aus dem Unternehmen allein wegen ihrer vorübergehenden Abwesenheit gedrängt zu werden. Für die Beklagte sei ihr Ansinnen nicht überraschend gekommen; sie habe bereits bei Inanspruchnahme der Elternzeit darauf hingewiesen, dass sie die Absicht habe, im zweiten Jahr in Teilzeit zurückzukehren.

Die Klägerin hat die folgenden Anträge angekündigt:

1.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Weiterbeschäftigung auf der Position als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und dass deswegen dem Antrag zu 1) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Director Product“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Weiterbeschäftigung auf der Position als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ und eine Beschäftigung auf der Position als „Director Product“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und dass deswegen dem Antrag zu 1) und zu 2) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

3.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Online Marketing“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise wird für den Fall, dass den Anträgen zu 1), 2) und 3) deswegen nicht stattgegeben wird, da das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass zunächst die Annahme des Arbeitgebers bzgl. des arbeitnehmerseitigen Elternteilzeitangebotes zu erwirken ist, wie folgt beantragt:

4.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dass Angebot der Antragstellerin im Schreiben vom 19.02.2021 in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 nur noch mit einer reduzierten Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu arbeiten, anzunehmen und die Antragstellerin sodann vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Beschäftigung auf der Position als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und deswegen keine Annahme des Angebots gefordert werden kann und dass deswegen dem Antrag zu 4) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

5.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dass Angebot der Antragstellerin im Schreiben vom 19.02.2021 in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 nur noch mit einer reduzierten Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu arbeiten, anzunehmen und die Antragstellerin sodann vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Director Product“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Beschäftigung auf der Position als „Director Product“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und deswegen keine Annahme des Angebots gefordert werden kann und dass deswegen dem Antrag zu 5) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

6.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dass Angebot der Antragstellerin im Schreiben vom 19.02.2021 in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 nur noch mit einer reduzierten Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu arbeiten, anzunehmen und die Antragstellerin sodann vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Online Marketing“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 24.04.2021 zurückgewiesen. Die Klägerin hat am 03.05.2021 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.05.2021 nicht abgeholfen hat.

Die Klägerin hat geltend gemacht, das Arbeitsgericht habe das Vorliegen eines Verfügungsgrundes zu Unrecht verneint. Sie müsse bereits kein besonderes Beschäftigungsinteresse darlegen. Unabhängig hiervon sei ein besonderes Beschäftigungsinteresse gegeben, Weil sie ohne tatsächliche Beschäftigung Gefahr laufe, den Anschluss an Entwicklungen im beruflichen Umfeld zu verlieren. Zu berücksichtigen sei auch, dass im Hauptsacheverfahren mit einer rechtskräftigen Entscheidung nicht vor Ablauf der Elternzeit zu rechnen sei. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht darauf verwiesen, dass sie die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt habe, weil sie den Antrag auf Teilzeit nicht zeitgleich mit der Inanspruchnahme der Elternzeit gestellt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.04.2021

-   2 Ga 20/21 – abzuändern und wie folgt zu erkennen:

1.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Weiterbeschäftigung auf der Position als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und dass deswegen dem Antrag zu 1) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Director Product“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass eine Weiterbeschäftigung auf der Position als „Head of Customer Strategy & Salesforce“ und eine Beschäftigung auf der Position als „Director Product“ tatsächlich aus dringenden betrieblichen Gründen nicht möglich ist und dass deswegen dem Antrag zu 1) und zu 2) nicht abgeholfen wird, wird beantragt:

3.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin in der Zeit vom 01.05.2021 bis zum Ende der Elternzeit der Antragstellerin am 24.04.2022 in Teilzeit im Umfang von 30 Wochenstunden und ansonsten vertragsgemäß entsprechend dem Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2017 nebst Vertragsänderungen vom 12.09.2018, vom 11.02.2019 und vom 22.11.2019 als „Head of Online Marketing“ im Betrieb in K zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, sie verfüge über keine freien Arbeitsplätze, die von der Klägerin ausgeübt werden könnten.

Aus den Gründen

I.Die Klägerin hat wirksam sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts eingelegt. Die sofortige Beschwerde war nach § 567 ZPO statthaft, weil das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung entschieden hatte (§ 62 Abs. 2 S. 2 ArbGG). Da das Berufungsgericht die gebotene mündliche Verhandlung anberaumt hat, war im zweiten Rechtszug gemäß § 922 ZPO durch Urteil zu entscheiden (vgl. Düwell/Lipke/Dreher ArbGG § 62 Rn. 71: GMP/Schleusener ArbGG § 62 Rn. 87).

II. Das Rechtsmittel ist überwiegend begründet. Der Beklagten war aufzugeben, die Klägerin bis zum 24.04.2022 im Umfang von 30 Wochenstunden als Head of Customer Strategy & Salesforce zu beschäftigen. Zur Begründung  ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gesichert werden kann. Die Besonderheiten des Teilzeitanspruchs, die sich insbesondere aus der Regelung zur Vollstreckung ergeben, stehen dem nicht entgegen. Im konkreten Fall sind sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund gegeben. Der Verfügungsanspruch besteht, weil die Klägerin wirksam Elternzeit in Anspruch genommen und der Beklagten ordnungsgemäß einen Teilzeitantrag während der Elternzeit unterbreitet hat. Die Beklagte war verpflichtet, diesen Antrag anzunehmen. Sie hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass dem Teilzeitantrag der Klägerin dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Als Verfügungsgrund kommt regelmäßig nur die Verletzung des ideellen Interesses des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung in Betracht. Er kann sich regelmäßig nicht aus der Notwendigkeit der Kinderbetreuung oder aus wirtschaftlichen Gründen ergeben. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Danach besteht für den Antrag ein Verfügungsgrund, soweit er in die Zukunft gerichtet ist, weil das ideelle Interesse der Klägerin an einer Beschäftigung verletzt worden ist. Allerdings war der Antrag teilweise abzuweisen, weil er zum Teil die Vergangenheit umfasst. Eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung in der Vergangenheit kann nicht erfolgen.

1.Eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs auf Teilzeitarbeit  während der Elternzeit (§15 Abs. 4 i. V. m. § 15 Abs. 7 BEEG) ist möglich. Die Besonderheiten des Teilzeitanspruchs, die sich insbesondere aus der Regelung zur Vollstreckung ergeben, stehen dem nicht entgegen.

a) Der Arbeitnehmer hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG einen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Änderung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitgeber unterliegt bei Vorliegen der Voraussetzungen einem Kontrahierungszwang. Weigert er sich, den Anspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch im Wege der Leistungsklage durchsetzen. Der Antrag ist auf die Annahme des Angebots des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber auf Änderung des Vertrages gerichtet. Die Vollstreckung richtet sich nach § 894 ZPO. Dies bedeutet, dass die angestrebte Vertragsänderung erst mit Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils erfolgt (BAG 24.09.2019 – 9 AZR 435/18).

b) Aus dieser gesetzlichen Regelung zur Vollstreckung, die dem Bedürfnis nach einer schnellen Realisierung des Teilzeitwunsches entgegensteht, ist nicht zu schließen, dass im Teilzeitrecht eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht kommt (so aber Leßmann DB 2001, 94, 99; Peters-Lange/Rolfs, NZA 2000, 682, 684). Eine solche Annahme würde den Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit praktisch vollständig entwerten und dazu führen, dass er praktisch nicht umgesetzt werden könnte. Dies wäre mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Es gilt daher vielmehr umgekehrt, dass dem einstweiligen Verfügungsverfahren für alle Teilzeitansprüche und insbesondere für die Teilzeit während der Elternzeit, die von vornherein nur vorübergehend ausgeübt werden kann, eine besondere Bedeutung zukommt.

Wir worden war des Arbeitnehmers mit der Inanspruchnahme der Elternzeit auf "0" reduziert, solange er nicht den Teilzeitanspruch während der Elternzeit realisiert. Dies bedeutet, dass dem Arbeitnehmer zwar rechtlich ein Arbeitszeitverringerungsanspruch zusteht (weil hier die ohne die Elternzeit maßgebliche Arbeitszeit Vergleichsmaßstab ist), er aber tatsächlich mehr arbeiten will als er dies ohne den Teilzeitanspruch tun würde (weil hier die Arbeitszeit "0" der Vergleichsmaßstab ist). Dieser Gesichtspunkt wirkt sich in mehrfacher Weise auf das Verfahren aus.

(1) Dies gilt zunächst für den zutreffenden Antrag (an den im einstweiligen Verfügungsverfahren allerdings nicht so eine strenge Bindung wie im Hauptsacheverfahren besteht, vgl. §§ 308 Abs. 1, 938 Abs.1 ZPO) bzw. die zutreffende Tenorierung.  Der Teilzeitanspruch  während der Elternzeit ist im einstweiligen Verfügungsverfahren mit einem auf tatsächliche Beschäftigung mit der vom Arbeitnehmer angestrebten Stundenzahl gerichteten Antrag zu sichern. Entsprechend ist zu tenorieren.

Dies berücksichtigt, dass das für den Erlass einer einstweiligen Verfügung relevante Begehren des Arbeitnehmers bei dem Teilzeitanspruch während der Elternzeit nicht wie bei dem Arbeitnehmer, der den allgemeinen Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG geltend macht, darauf gerichtet ist, weniger als zuletzt zu arbeiten. Seine tatsächliche Situation ist, da es faktisch um eine Arbeitszeiterhöhung geht, vielmehr mit der des Arbeitnehmers, der die Aufstockung seiner Arbeitszeit nach § 9 TzBfG verlangt, vergleichbar.

Dies wirkt sich auf Antrag und Tenorierung aus. Wird der allgemeine Teilzeitanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht, ist zu beantragen (tenorieren), dem Arbeitgeber aufzugeben, »zu dulden, dass der Arbeitnehmer an jedem Tag der Woche ausschließlich in der Zeit von … bis … arbeitet« (Sievers TzBfG 6. Aufl. 2018 § 8 Rn. 200). Der "Duldungsantrag" wird dem Begehren des Arbeitnehmers in der Elternzeit nicht gerecht, weil er ohne den Teilzeitanspruch vorübergehend gar nicht zu arbeiten hätte.

Der Verurteilung des Arbeitgebers zur Beschäftigung des Arbeitnehmers im einstweiligen Verfügungsverfahren steht nicht entgegen, dass dem Arbeitnehmer im Hauptsacheverfahren kein Anspruch auf vorläufige Beschäftigung zusteht, weil sich der Vertrag erst mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren ändert (§ 894 ZPO).

Der Arbeitgeber kann sich hierauf nicht berufen, weil ansonsten dem Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen würde, seinen Teilzeitanspruch während der Elternzeit praktisch zu realisieren. Im Übrigen kann die einstweilige Verfügung nur erlassen werden, wenn der Arbeitgeber seine Zustimmung (ausgehend von dem Stand bei Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren) rechtswidrig verweigert hat. Hätte sich der Arbeitgeber rechtmäßig verhalten, wäre er auch schon jetzt zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet.

(2) Dagegen ist es nicht möglich, den Arbeitgeber auf Abgabe einer zustimmenden Willenserklärung bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Der Arbeitgeber kann nicht dazu verurteilt werden, der Änderung der Arbeitszeit vorläufig im vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zuzustimmen (so aber LAG Berlin-Brandenburg 20.09.2017, 15 SaGa 823/17, für die Familienpflegezeit, mit zustimmender Anmerkung Kothe/Ritschel jurisPR ArbR 20/19 Anm. 3; Düwell/Lipke/Dreher ArbGG § 62 Rn. 58; Gotthardt NZA 2001, 1183 (1187).

Dies ist mit § 894 ZPO, der die Fiktion der Abgabe der Willenserklärung durch eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache zum Gegenstand hat, nicht zu vereinbaren (GMP/Schleusener ArbGG § 62 Rn. 119; Rolfs RdA 2001, 129, 136).

Eine Ausdehnung der Vorschrift auf das einstweilige Verfügungsverfahren ist nicht geboten. Vielmehr steht das Gebot der Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes diesem Weg schon deswegen entgegen, weil er zu dem kuriosen Ergebnis führen würde, dass der Arbeitnehmer ein zu seinen Gunsten ausfallendes erstinstanzliches Urteil zunächst nicht vollstrecken könnte, weil es hierzu der Rechtskraft des Urteils bedarf. Der diesen Aspekt aufgreifende Vorschlag, auf die Vollstreckung § 895 ZPO anzuwenden (MüKo/Gruber ZPO § 894 Rn. 6), führt zu keiner anderen Betrachtung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind. Hinzu kommt, dass die Eilbedürftigkeit nicht aus dem Wunsch resultieren kann, schnell zu einer Vertragsänderung zu gelangen. Mit der bloßen Vertragsänderung ändert sich für den Arbeitnehmer zunächst einmal tatsächlich nichts. Er hat keinen Titel, mit dem er seine tatsächliche Beschäftigung durchsetzen kann. Gleiches gilt für mögliche Zahlungsansprüche. Schließlich würden für den Zeitraum, auf den sich die Entscheidung bezieht, vollendete Tatsachen geschaffen, sodass ein Hauptsacheverfahren mit einer abweichenden Entscheidung gar nicht mehr möglich wäre.

(3) Eine zeitliche Begrenzung des Beschäftigungstitels etwa „bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts in der Hauptsache“ ist in aller Regel nicht vorzunehmen. Dies ergibt sich zum einen  aus der zeitlichen Begrenzung des Anspruchs. Zum anderen ist erneut darauf zu verweisen, dass sich der Vertrag erst mit der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils ändert (§ 894 ZPO) und deswegen auch bei einem Obsiegen in der ersten Instanz kein entsprechender Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers besteht.

2. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind für einen Teil des geltend gemachten Zeitraums gegeben. Soweit die Klägerin ihre Beschäftigung auch für die Vergangenheit verlangt, besteht allerdings kein Anspruch.

a)Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt das Vorliegen eines Verfügungsanspruches und eines Verfügungsgrundes voraus, welche glaubhaft zu machen sind (§ 62 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO)

aa)Die Klägerin hat einen Verfügungsanspruch, soweit der Antrag in die Zukunft gerichtet ist, weil die Beklagte verpflichtet ist, ihr Vertragsangebot vom 19.02.2021 anzunehmen. Soweit der Beschäftigungsantrag auf die Vergangenheit gerichtet ist, besteht kein Verfügungsanspruch.

(1)Dem Arbeitnehmer steht ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit zu, wenn er wirksam Elternzeit in Anspruch genommen hat (§ 16 BEEG) und die Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 5 BEEG erfüllt sind. Dies hat er glaubhaft zu machen.

Zu beachten ist, dass § 15 BEEG nur einen Anspruch auf Verringerung der vereinbarten Arbeitszeit gewährt, aber keinen Anspruch auf die Änderung anderer Vertragsinhalte begründet (BAG 13.11.2012 - 9 AZR 259/11). Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit nicht durchsetzen kann, wenn eine Teilzeitbeschäftigung nur auf einer niedrigeren Hierachieebene als bisher für ihn maßgeblich möglich ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer eine entsprechende Bereitschaft erklärt hat.

Der Arbeitgeber kann dem Begehren durch den Hinweis auf dringende betriebliche Gründe (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG), die ebenfalls glaubhaft zu machen sind, entgegentreten. Die bloße Behauptung des Arbeitgebers, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, genügt zur schlüssigen Darlegung der Zustimmungsverweigerung regelmäßig nicht. Vielmehr sind die zugrunde liegenden Tatsachen zu bezeichnen (BAG 24.09.2019 - 9 AZR 435/18; 15.12.2009 - 9 AZR 72/09). Die Darlegungen unterscheiden sich insoweit nicht von dem nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Vortrag zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung. Die Ausgangssituationen sind vergleichbar. In beiden Varianten geht es um den unbestimmten Rechtsbegriff »dringende betriebliche« Gründe bzw. Erfordernisse. Im Kündigungsrecht müssen sie einer dauerhaften Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Im Recht der Elternteilzeit müssen sie einer befristeten Beschäftigung mit der gewünschten verringerten Arbeitszeit entgegenstehen. Berücksichtigungsfähig sind danach beispielhaft: Schließung des Betriebs/der Abteilung, Auflösung der Arbeitsgruppe, Verlagerung der Arbeiten auf Dritte und ähnliche Umstände. Dabei ist wie im Kündigungsrecht näher zu konkretisieren, aufgrund welcher Umstände kein betrieblicher Beschäftigungsbedarf besteht. Abzustellen ist nicht nur auf die Tätigkeit, die der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) übertragen kann. Regelmäßig wird das erfordern, dass der Arbeitgeber seinen insoweit bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität vorträgt und dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüberstellt. Insb. bei größeren Betrieben kann hierauf wegen der dynamischen Entwicklung im Personalbereich durch Fluktuation oder Inanspruchnahme von Elternzeit nicht verzichtet werden (BAG 05.06.2007 - 9 AZR 82/07; in der Entscheidung heißt es zwar „Abzustellen ist nur auf die Tätigkeit…“ Die weiteren Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass das Weglassen des Worts „nicht“ ein offensichtlicher Schreibfehler ist).

Dies gilt im Hinblick auf § 938 Abs. 1 ZPO auch dann, wenn der Arbeitnehmer in seinem Antrag nur die ihm zuletzt zugewiesene Tätigkeit genannt hat. Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BAG durch einen eng gefassten Beschäftigungstitel nicht gehindert ist, dem Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1, § 315 Abs. 1 BGB i.V. mit § 106 GewO eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen (BAG 05.02.2020 – 10 AZB 31/19; 21.03.2018 – 10 AZR 560/16).

Seit der Schuldrechtsmodernisierung ist die Verurteilung des Arbeitgebers zu der Annahme eines Vertragsangebots des Arbeitnehmers, das auf eine rückwirkende Vertragsänderung zielt, zulässig (vgl. § 311a BGB und BAG 17.10.2017– 9 AZR 192/17).  Dagegen ist eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung in der Vergangenheit nicht möglich (vgl. auch BAG 23.09.2015 – 5 AZR 146/16).

(2) Danach liegen die Voraussetzungen des Verfügungsanspruchs im Streitfall vor, soweit der Antrag in die Zukunft gerichtet ist.

Die Klägerin hat dargelegt und durch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass sie Elternzeit wirksam in Anspruch genommen und einen Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit gestellt hat, der die geschilderten gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Dagegen kann sich die Beklagte nicht auf entgegenstehende dringende betriebliche Gründe berufen. Sie hat zwar mündlich vorgetragen, sie habe im Zeitpunkt ihrer Ablehnungsentscheidung über keinen freien Arbeitsplatz verfügt, den sie der Klägerin in Ausübung ihres Direktionsrechts hätte zuweisen können. Sie hat ihre diesbezügliche – von der Klägerin bestrittene – Behauptung indes nicht glaubhaft gemacht.

(3) Allerdings war der Antrag teilweise abzuweisen, weil er zum Teil die Vergangenheit umfasst. Zwar könnte der von der Klägerin angestrebte Vertrag rückwirkend begründet werden. Ihre rückwirkende tatsächliche Beschäftigung in der Vergangenheit ist jedoch nicht möglich.

bb)Es besteht auch ein Verfügungsgrund.

(1)Die Anforderungen an den Verfügungsgrund werden in der Praxis sehr unterschiedlich bestimmt:

Nach einer Auffassung soll ein Verfügungsgrund wegen der teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache nur "ausnahmsweise" und bei "Vorliegen strenger Voraussetzungen" bestehen (vgl. ArbG Hamburg 04.11.2019 - 4 Ga 3/19; ArbG Solingen 05.01.2016 - 3 Ga 20/15; Küttner/Poeche Teilzeitbeschäftigung Rn. 48; Arnold/Gräfl/Vossen TzBfG § 8 Rn. 212; Hamann, BB-Special 6/2005 Seite 2, 11; Panzer-Heemeier/Trost NZA 2018, 1378, 1379. Vgl. auch Kliemt/Reinhard NZA 2005, 545, 549, die zu Recht darauf hinweisen, dass diese „strengen Anforderungen“ im Einzelfall unterschiedlich definiert werden).

Die Gegenmeinung nimmt eine allgemeine Tendenz auf, die bisher insbesondere für den "allgemeinen Beschäftigungsanspruch" im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis wahrzunehmen ist: Für diesen allgemeinen Beschäftigungsanspruch ist zu beobachten, dass immer mehr Stimmen dafür plädieren, den Verfügungsgrund allein dem drohenden Zeitablauf zu entnehmen (LAG Köln 17.02.2021 – 3 SaGa 2/21; LAG Hamm 05.02.2021 - 12 SaGa 1/21 mit ablehnender Anmerkung Faulenbach jurisPR-ArbR 15/2021 Anm. 5; LAG Hessen 17.07.2019 – 10 Sa 738/18; LAG Hamburg 23.08.2017 - 5 SaGa 2/17). Diese Aussage bezieht sich allerdings auf ein zweifelsfrei bestehendes und aktives Arbeitsverhältnis. Dies gilt auch für die von der Klägerin genannte Entscheidung des LAG Hessen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Vertrag während der Elternzeit bereits geändert hatte, weil die Fiktionswirkung gemäß § 15 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG eingetreten war.

Dazwischen steht die dritte Position, die der Auffassung der Kammer entspricht (vgl. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, Rn. 215 c; ders. in: ArbRB 2018, 384). Sie tritt dafür ein, dass es wie stets bei der einstweiligen Verfügung einer umfassenden Interessenabwägung bedarf:

Zur Begründung ist zunächst darauf zu verweisen, dass die teilweise Vorwegnahme der Hauptsache den Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenso wenig ausschließt wie sie der bloße Zeitablauf zwingend gebietet (Küttner/Poeche Teilzeitbeschäftigung Rn. 48; Arnold/Gräfl/Vossen TzBfG § 8 Rn. 212).

Eine derartige Sonderrolle in die eine oder andere Richtung sieht das Recht des vorläufigen Rechtsschutzes für den Teilzeitanspruch nicht vor. Es besteht auch kein Grund, von den allgemeinen Grundsätzen abzuweichen. Ebenso wenig besteht Anlass, dem Arbeitnehmer den Weg zur Teilzeit unnötig zu erschweren. Auf der anderen Seite ist nicht erkennbar, warum eine einstweilige Verfügung auch dann erlassen werden soll, wenn der Arbeitnehmer selbst keinen Grund dafür nennen kann, warum er konkret auf die vorläufige Regelung angewiesen ist.

Daher bedarf es einer genauen Darlegung des Arbeitnehmers, aus welchem konkreten Grund er auf den Eilrechtsschutz angewiesen ist.  Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer nicht vor einer übermäßigen Heranziehung zur Arbeitsleistung zu schützen ist. Er möchte – wie ausgeführt - vielmehr während der Elternzeit mehr arbeiten als ihm der Arbeitgeber zugestehen will. Daher kann sich die Eilbedürftigkeit regelmäßig nur aus einem vom Arbeitnehmer darzulegenden besonderen ideellen Beschäftigungsinteresse ergeben.

Dagegen kann der Arbeitnehmer den Verfügungsgrund  nicht damit begründen, die Kinderbetreuung müsse gewährleistet werden (so aber Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, Rn. 216 e; ders. in: ArbRB 2018, 384, 386). Es kommt regelmäßig nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer wegen der Notwendigkeit, seine Kinder oder Familienangehörige zu pflegen, nicht mehr als eine bestimmte Stundenzahl in der Woche arbeiten kann. Denn ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung muss der Arbeitnehmer vorübergehend gar nicht arbeiten.

Der Verfügungsgrund kann auch nicht damit begründet werden, dass der Arbeitnehmer dringend auf den Verdienst angewiesen ist. Denn der Anspruch aus § 15 BEEG ist zunächst nur auf die Zustimmung des Arbeitgebers zur Vertragsänderung gerichtet. Ein Vergütungsanspruch ist an weitere Voraussetzungen geknüpft und setzt auch im Hauptsacheverfahren einen weiteren Titel voraus (vgl. Küttner/Poeche Elternzeit Rn. 37). Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer durch Sekundäransprüche finanziell abgesichert wird.

Denkbar ist, dass der Arbeitnehmer ein konkretes ideelles Interesse, beschäftigt zu werden, darlegt und glaubhaft macht. Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis verpflichtet, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, wenn dieser es verlangt. Rechtsgrundlage eines solchen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers ist das Arbeitsvertragsrecht. Der Anspruch ist abzuleiten aus den §§ 611a, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB. Die Generalklausel des § 242 BGB wird dabei ausgefüllt durch die Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG. Der Anspruch beruht unmittelbar auf der sich für den Arbeitgeber aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG über den Persönlichkeitsschutz ergebenden arbeitsvertraglichen Förderungspflicht der Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers (BAG GS 27.02.1985 - GS 1/84; BAG 27.05.2020 - 5 AZR 247/19).

Darüber hinaus besteht auch dann ein Beschäftigungsanspruch, wenn nicht feststeht, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht. Dieser kann sich aus § 102 Abs. 5 BetrVG oder aus dem Umstand, dass die Kündigungsschutzklage erstinstanzlich erfolgreich war, ergeben (BAG GS 27.02.1985 - GS 1/84).

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Rechtsposition des Arbeitnehmers, der einen Teilzeitanspruch während der Elternzeit geltend macht, auch hinter der des gekündigten Arbeitnehmers zurückbleibt. Dies folgt daraus, dass Gewissheit besteht, dass der von ihm angestrebte Teilzeitvertrag nicht zustande gekommen ist, solange kein rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten vorliegt.

Dieser Gesichtspunkt schließt es jedoch nur für das Hauptsacheverfahren aus, die zum Kündigungsschutzrecht entwickelten Grundsätze auf das Teilzeitrecht zu übertagen. Im Hauptsacheverfahren kann der Arbeitgeber auch dann nicht zur Beschäftigung verurteilt werden, wenn das Arbeitsgericht zu der Annahme gelangt, dass dem Arbeitnehmer der geltend gemachte Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit zusteht.

Möglich ist dagegen die Verurteilung des Arbeitgebers zur Beschäftigung im einstweiligen Verfügungsverfahren, weil nur so der vollständigen praktischen Entwertung des Teilzeitanspruchs während der Elternzeit begegnet werden kann und zudem auch die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt werden, indem so wenig wie möglich vollendete Tatsachen geschaffen werden.

(2) Die Annahme, dass im Hauptsacheverfahren auch bei einem Obsiegen in der ersten Instanz mit dem Teilzeitantrag kein Anspruch auf entsprechende Beschäftigung besteht, wirkt sich auf den Verfügungsgrund aus. Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass ihm ohne Eilrechtsschutz ein vollständiger Rechtsverlust droht, soweit es um seine tatsächliche Beschäftigung in Teilzeit während der Elternzeit geht. Für den Teilzeitanspruch während der Elternzeit ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Elternzeit abläuft, bevor der Arbeitnehmer tatsächlich in Teilzeit beschäftigt wird. Dies ergibt sich aus § 894 ZPO. Selbst unter der Annahme, dass das Landesarbeitsgericht im Hauptsacheverfahren die Revision nicht zulässt, wird das zweitinstanzliche Urteil erst mit Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Zurückweisung der   Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht rechtskräftig (vgl. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, Rn. 216 a).

(3) Vor diesem Hintergrund kann ein Verfügungsgrund gegeben sein, wenn sich ergibt, dass der Arbeitnehmer ein besonderes Interesse an seiner jetzigen tatsächlichen Beschäftigung hat. Dieses kann sich etwa aus besonderen Kundenkontakten    oder der Notwendigkeit, den "technischen Anschluss" im Berufsleben nicht zu verlieren, ergeben.

(4) Danach liegt ein Verfügungsgrund vor, soweit der Antrag zukunftsgerichtet ist. Die Klägerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie ein besonderes ideelles Interesse an einer tatsächlichen Beschäftigung hat. Sie muss bei einer weiteren Abwesenheit konkret befürchten, dass an ihrer Stelle andere Arbeitnehmer gefördert werden und sie auf ein Abstellgleis gerät.

Dies zeigt ihr Werdegang bei der Beklagten deutlich auf. Auffällig ist, dass die Klägerin bis zur Elternzeit erfolgreich war und gefördert bzw. befördert worden ist. Sobald sie sich in Elternzeit befand, ist die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass sie auf die Arbeitsleistung der Klägerin dauerhaft verzichten möchte. Es mag sein, dass die vorgenommene Umstrukturierung zumindest vorübergehend zu einem Wegfall von Arbeitsmöglichkeiten im Tätigkeitsbereich der Klägerin geführt hat. Die Beklagte hat allerdings nicht ansatzweise dargelegt, dass für die Klägerin auch über einen längeren Zeitraum betrachtet keine Arbeitsmöglichkeit besteht. Der Beklagten wäre es durch eine vorausschauende Personalplanung, die sich nicht nur auf die präsenten Mitarbeiter bezogen, sondern auch die berechtigten Interessen der Klägerin berücksichtigt hätte, möglich gewesen, der Klägerin einen Wiedereinstieg zu ermöglichen.

Die Klägerin hat die Eilbedürftigkeit auch nicht etwa selbst verursacht. Ihr kann entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht entgegengehalten werden, dass sie den Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit früher hätte stellen können. Die Auffassung berücksichtigt nicht, dass das Gesetz dem Arbeitnehmer ermöglicht, die Fristen auszuschöpfen. Er ist gerade wegen der mit der neuen Lebenssituation verbundenen Ungewissheiten nicht gehalten, sich vorzeitig festzulegen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

 

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