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Arbeitsrecht
28.07.2011
Arbeitsrecht
LAG Berlin: Tarifliche Urlaubsregelung im Baugewerbe

LAG Berlin-Brandenburg , Beschluss  vom 16.06.2011 - Aktenzeichen 2 Sa 3/11 (Vorinstanz: ArbG Berlin vom 24.11.2010 - Aktenzeichen 10 Ca 6344/10; )
Amtliche Leitsätze: Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Artikel 267 AEUV folgende Fragen vorgelegt: 1. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG entgegen, nach der in bestimmten Branchen die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs von vier Wochen durch Tarifvertrag verringert werden kann? 2. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen tariflichen Regelung wie derjenigen im Bundesrahmentarifvertrag Bau entgegen, nach der ein Urlaubsanspruch in solchen Jahren nicht entsteht, in denen wegen Krankheit eine bestimmte Bruttolohnsumme nicht erzielt wird? 3. Falls die Fragen zu 1. und 2. bejaht werden: Ist eine Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG dann unanwendbar? 4. Falls die Fragen zu 1. bis 3. bejaht werden: Besteht im Hinblick auf die Wirksamkeit der Regelung des § 13 Abs. 2 BUrlG und den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages Bau ein Vertrauensschutz, wenn Zeiträume vor dem 01. Dezember 2009, dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und der Grundrechtecharta betroffen sind? Ist den Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages Bau eine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie selbst eine andere Regelung vereinbaren können?
  Amtliche Normenkette: GrRCharta Art. 31; RL 2003/88/EG Art. 7; BUrlG § 13 Abs. 2;
Gründe 
1. Gegenstand und Sachverhalt des Ausgangsverfahrens 
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für die Jahre 2007, 2008 und 2009 ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von jeweils 2.598,00 EUR jährlich zusteht. 
Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger stand in der Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 2009 in einem Arbeitsverhältnis als Maschinist zur Beklagten, einem mittelständigen Unternehmen des Abbruchgewerbes. Er war seit dem 20. Juni 2006 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2009 arbeitsunfähig erkrankt; der Entgeltfortzahlungszeitraum hatte am 25. August 2006 geendet, der Kläger bezog sodann über einen Zeitraum von längstens 78 Wochen Kranken- bzw. Verletztengeld seitens des Trägers der Krankenversicherung. 
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des allgemein-verbindlichen Bundesrahmentarifvertrages Bau (BRTV-Bau) Anwendung. Nach § 8 Nr. 1.2 BRTV-Bau erwirbt ein Arbeitnehmer nach jeweils 12 - für Schwerbehinderte nach jeweils 10,3 - Beschäftigungstagen Anspruch auf einen Tag Urlaub. Beschäftigungstage sind nach § 8 Nr. 2.3 BRTV-Bau alle Kalendertage des Bestehens von Arbeitsverhältnissen mit Ausnahme von Tagen, an denen der Arbeitnehmer unter anderem arbeitsunfähig erkrankt ist und weder Arbeitsentgelt noch Kranken- oder Verletztengeld erhalten hat. Der Tarifvertrag sieht weiter vor, dass sich die Urlaubsvergütung nach dem Bruttolohn bemisst, § 8 Nr. 4.2 BRTV-Bau. 
Die Beklagte hat unter Berufung auf diese Vorschriften des BRTV-Bau die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe mithin für den hier fraglichen Zeitraum 2007 bis 2009 mangels Ableistung von Beschäftigungstagen kein Urlaubsanspruch bzw. kein Anspruch auf Urlaubsvergütung zu, da jedenfalls das vom Kläger erzielte Bruttoentgelt in diesem Zeitraum 0 gewesen sei. Überdies habe der Kläger seine Ansprüche nicht rechtzeitig im Sinne der Ausschlussfristen des § 15 Abs. 1 BRTV-Bau geltend gemacht. Denn ein etwaiger Anspruch sei am 1. Januar 2010 fällig geworden, die tarifvertragliche Ausschlussfrist habe demgemäß am 28. Februar 2010 geendet, der Kläger habe seinen Anspruch allerdings erst mit dem 8. März 2010 geltend gemacht. 
Demgegenüber hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die fraglichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes bzw. des BRTV-Bau im Widerspruch zu europarechtlichen Vorgaben aus der Grundrechtecharta und der Arbeitszeitrichtlinie stünden und deswegen nicht anwendbar seien. Die Geltendmachung seiner Forderungen sei nicht verspätet, da die Urlaubsvergütung wie Lohnansprüche jeweils am 15. des Folgemonats, mithin am 15. Januar 2010 fällig geworden sei und er mit seiner Geltendmachung am 8. März 2010 die zweimonatige Ausschlussfrist jedenfalls gewahrt habe. 
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt, 
an ihn 7.794,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24. November 2010 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe seine Forderung nicht innerhalb der Ausschlussfristen von zwei Monaten geltend gemacht. Die Fälligkeit der Urlaubsvergütung bzw. der Urlaubsabgeltungsansprüche sei mit dem 31. Dezember 2009 eingetreten, die Ansprüche hätten mithin spätestens bis zum 1. März 2010 geltend gemacht werden müssen, die Geltendmachung am 8. März 2010 sei verspätet. Dieser Verfall betreffe auch die gesetzlichen Urlaubsansprüche, da auch diese nicht rechtzeitig geltend gemacht worden seien. Darüber hinaus aber sei schon davon auszugehen, dass die Ansprüche des Klägers auf der Grundlage der Regelungen des BRTV-Bau gar nicht entstanden seien, da der maßgebliche Bruttolohn in den genannten Jahren jeweils 0,00 EUR betragen habe. 
Der Kläger verfolgt nunmehr seine geltend gemachten Ansprüche in der Berufungsinstanz weiter. 
2. Nationale Vorschriften 
2.1 Die nationalen Regelungen zum Urlaubsanspruch, zum Anspruch auf Urlaubsvergütung und zum Anspruch auf Urlaubsabgeltung sind im Bundesurlaubsgesetz zusammengefasst; dort ist in § 13 eine "Öffnungsklausel" für die Tarifvertragsparteien geregelt. Den Tarifvertragsparteien wird die Möglichkeit gegeben, von den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes abzuweichen. Dies ist in § 13 Abs. 1 BUrlG in allgemeiner Form und in § 13 Abs. 2 BUrlG in besonderer Form für (unter anderem) das Baugewerbe vorgesehen. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in ihren Tarifverträgen besondere Regelungen für die Entstehung des Urlaubs, die Vergütung des Urlaubs und die Abgeltung des Urlaubs geschaffen. 
2.2 Die hier maßgeblichen Vorschriften lauten im Einzelnen wie folgt: 
Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer ( BUrlG) vom 08.01.1963, zuletzt geändert am 07.05.2002 (BGBl. I, Seite 1529) 
§ 1 Urlaubsanspruch 
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. 
... 
§ 3 Dauer des Urlaubs 
1. Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. 
2. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. 
... 
§ 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs 
1. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt. 
2. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen. 
3. Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. 
4. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. 
§ 11 Urlaubsentgelt 
1. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. 
... 
§ 13 Unabdingbarkeit 
1. Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelungen vereinbart ist. Im Übrigen kann abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.  
2. Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Abs. 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.  
3. ... 
Bundesrahmentarifvertrag Bau 
§ 5.7.2 
Der Anspruch auf den Lohn wird spätestens am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den er zu zahlen ist. Das gilt nicht für die Teile des Lohnes, die nach § 3 Nr. 1.4 auf dem Ausgleichskonto des Arbeitnehmers gutgeschrieben werden. 
§ 8 Urlaub 
1. Urlaubsanspruch und Urlaubsdauer 
1.1 Der Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr (Urlaubsjahr) Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Erholungsurlaubs. 
1.2 ....... 
1.3 Samstage gelten nicht als Arbeitstage. 
1.4 Die Urlaubsdauer richtet sich nach den in Betrieben des Baugewerbes zurückgelegten Beschäftigungstagen. 
1.5 ... 
2. Ermittlung der Urlaubsdauer 
2.1 Bei Urlaubsantritt sind die dem Arbeitnehmer zustehenden vollen Urlaubstage nach Maßgabe der Beschäftigungstage zu ermitteln. 
2.2 Der Arbeitnehmer erwirbt nach jeweils 12 - als Schwerbehinderter nach jeweils 10,3 - Beschäftigungstagen Anspruch auf einen Tag Urlaub. 
2.3 Beschäftigungstage sind alle Kalendertage des Bestehens von Arbeitsverhältnissen in Betrieben des Baugewerbes während des Urlaubsjahres. Ausgenommen hiervon sind Tage 
- an denen der Arbeitnehmer der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben ist, 
- unbezahlten Urlaubs, wenn dieser länger als 14 Kalendertage gedauert hat, 
- für die der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer weder Arbeitsentgelt noch Krankengeld oder Verletztengeld erhalten hat. 
2.4 Volle Beschäftigungsmonate sind zu 30 Beschäftigungstagen zu zählen; die Beschäftigungstage eines angefangenen Beschäftigungsmonats sind auszuzählen. 
2.5 Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die während seiner Dauer zurückgelegten Beschäftigungstage zu ermitteln. 
2.6 Die für bereits gewährten Urlaub berücksichtigten Beschäftigungstage sind verbraucht. 
2.7 Zum Ende des Urlaubsjahres sind aus den unverbrauchten Beschäftigungstagen die Resturlaubsansprüche zu errechnen; Bruchteile von Urlaubstagen sind auf volle Urlaubstage kaufmännisch zu runden. Die Resturlaubsansprüche sind in das folgende Kalenderjahr zu übertragen. 
3. Urlaubsantritt 
... 
4. Urlaubsvergütung 
4.1 Der Arbeitnehmer erhält für den Urlaub gemäß Nr. 1 eine Urlaubsvergütung. 
a) Die Urlaubsvergütung beträgt für den vor dem 01.01.2008 entstandenen Urlaub 14,82 v.H., bei Schwerbehinderten im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen 17,29 v.H. des Bruttolohnes. Die Urlaubsvergütung besteht aus dem Urlaubsentgelt in Höhe von 11,4 v.H. - bei Schwerbehinderten in Höhe von 13,3 v.H. - des Bruttolohnes und dem zusätzlichen Urlaubsgeld. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt 30 v.H. des Urlaubsentgeltes. Es kann auf betrieblich gewährtes zusätzliches Urlaubsgeld angerechnet werden. Zu der Urlaubsvergütung gehören auch die Ausgleichsbeträge nach Nr. 5 für Lohnausfälle vor dem 01.01.2006. 
b) Die Urlaubsvergütung beträgt für den nach dem 31.12. 2007 entstandenen Urlaub 14,25 v.H., bei Schwerbehinderten im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen 16,63 v.H. des Bruttolohnes. Die Urlaubsvergütung besteht aus dem Urlaubsentgelt in Höhe von 11,4 v.H. - bei Schwerbehinderten in Höhe von 13,3 v.H. - des Bruttolohnes und dem zusätzlichen Urlaubsgeld. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt 25 v.H. des Urlaubsentgeltes. Es kann auf betrieblich gewährtes zusätz liches Urlaubsgeld angerechnet werden. 
4.2 Bruttolohn ist 
a) der für die Berechnung der Lohnsteuer zugrunde zu legende und in die Lohnsteuerkarte oder die Lohnsteuerbescheinigung einzutragende Bruttoarbeitslohn einschließlich der Sachbezüge, die nicht pauschal nach § 40 EStG versteuert werden. 
b) ... 
4.3 Die Urlaubsvergütung für teilweise geltend gemachten Urlaub wird berechnet, in dem die gemäß Nr. 4.1 errechnete Urlaubsvergütung durch die Summe der gemäß Nr. 2 ermittelten Urlaubstage geteilt und mit der Zahl der beanspruchten Urlaubstage vervielfacht wird.  
4.4 Für die Fälligkeit der Urlaubsvergütung gilt § 5 Nr. 7.2 entsprechend. 
4.5 Am Ende des Urlaubsjahres sind Restansprüche auf Urlaubsvergütung in das folgende Kalenderjahr zu übertragen. 
5. Ausgleichsbeträge 
... 
6. Urlaubsabgeltung 
6.1 Der Arbeitnehmer hat nur dann einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe der Urlaubsvergütung, wenn er 
a) länger als drei Monate nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu einem von diesem Tarifvertrag erfassten Betrieb gestanden hat, ohne arbeitslos zu sein, 
b) länger als drei Monate nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu einem von diesem Tarifvertrag erfassten Betrieb gestanden hat und berufsunfähig oder auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, seinen bisherigen Beruf im Baugewerbe auszuüben, 
c) Altersrente oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, 
d) in ein Angestellten- oder Ausbildungsverhältnis zu einem Betrieb des Baugewerbes überwechselt, 
e) ... 
f) ... 
6.2 Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung richtet sich gegen die Kasse. Dieser Anspruch ist nur zu erfüllen, soweit Beiträge für die Urlaubsansprüche des jeweiligen Urlaubsjahres bereits geleistet worden sind oder bis zum Ablauf des Kalenderjahres nachentrichtet werden und nicht für die Erstattung der Urlaubsvergütung verwendet worden oder zum Ausgleich für geleistete Erstattung zu verwenden sind. 
§§ 366, 367 BGB finden keine Anwendung. In den von Nr. 6.1 c erfassten Fällen ist jedoch abweichend von Satz 1 derjenige Arbeitgeber zur Auszahlung der Urlaubsabgeltung verpflichtet, bei dem der Arbeitnehmer zuletzt beschäftigt war. 
7. Verfall der Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche 
Die Urlaubsansprüche und die Urlaubsabgeltungsansprüche gemäß Nr. 6 verfallen mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr der Entstehung der Urlaubsansprüche folgt. § 15 ist ausgeschlossen. 
3. Einschlägige Vorschriften des Unionsrechts 
Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie). 
Artikel 1 Gegenstand und Anwendungsbereich 
1. Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung. 
Artikel 7 Jahresurlaub 
1. Die Mitgliedsstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. 
2. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. 
Charta der Grundrechte der Europäischen Union 
Artikel 31 Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen 
1. Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen. 
2. Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub. 
4. Nationale Rechtsprechung 
Das deutsche Urlaubsrecht ist dadurch gekennzeichnet, dass in § 1 des Bundesurlaubsgesetzes jedem Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr ein bezahlter Erholungsurlaub zuerkannt wird, der gemäß § 3 Abs. 1 mindestens 24 Werktage beträgt. Für diesen Zeitraum ist das ihnen gemäß § 611 BGB zustehende Arbeitsentgelt nach Maßgabe der Berechnungs-vorschrift des § 11 BUrlG fortzuzahlen. Kann ein Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. Der Abgeltungsanspruch entspricht der Höhe nach dem Arbeitsentgelt, das während eines genommenen Urlaubs zu zahlen gewesen wäre. 
13 Abs. 2 BUrlG lässt, unter anderem für das Baugewerbe, eine Abweichung von diesen Regelungen durch Tarifvertrag zu. Während § 13 Abs. 1 den Tarifvertragsparteien generell Abweichungen von den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes, allerdings mit Ausnahme der Vorschriften für die Dauer des Mindesturlaubes, gestattet, wird den Tarifvertragsparteien gerade des Baugewerbes in § 13 Abs. 2 eine Abweichung auch hinsichtlich des Umfanges und der Entgelthöhe zugebilligt. Wortlaut und Zusammenhang des § 13 Abs. 2 Satz 1 BUrlG sind darauf gerichtet, im Baugewerbe auch § 1 BUrlG einer tariflichen Änderung zu Lasten des einzelnen Arbeitnehmers zugänglich zu machen, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist (BAG vom 17.11.2009 - 9 AZR 844/08 - NZA 2010, 1020). 
Der Zusammenhang des § 13 Abs. 2 Satz 1 BUrlG mit § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zeigt, dass den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes auch hinsichtlich der Entgelthöhe ein weitergehender Gestaltungsspielraum eingeräumt werden soll, als § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 1 BUrlG ihn vorsehen. 
§ 8 BRTV-Bau weicht von den dargestellten Berechnungsmethoden des 
§ 11 BUrlG, bezogen auf die Höhe der Urlaubsvergütung, von den gesetzlichen Regelungen ab. § 8 BRTV-Bau weicht darüber hinaus von den gesetzlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes auch insofern ab, als bereits die Entstehung eines Urlaubsanspruches an den Bezug eines Bruttoarbeitsentgeltes geknüpft ist und mithin dann ein Urlaubsanspruch nicht entsteht, wenn kein Bruttolohn erarbeitet worden ist bzw. keine Lohnersatzleistungen zu leisten waren. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 17. November 2009 zu gleichlautenden Regelungen im Bayerischen Baugewerbe festgestellt, dass eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung des nationalen Gesetzesrechtes in § 13 BUrlG selbst dann nicht möglich sei, wenn diese Öffnungsklausel gegen die Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung von Artikel 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie verstoßen sollten. Das Bundesarbeitsgericht sah sich insoweit gehindert, diese Auslegungsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Denn die nationalen Rechtsvorschriften könnten - auch im Falle einer entsprechenden Entscheidung des EuGH - jedenfalls nicht im Sinne der Rechtsauffassung des (dortigen) Klägers richtlinienkonform ausgelegt oder fortgebildet werden. Artikel 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie entfalte keine unmittelbare Wirkung gegenüber Privatrechtssubjekten, sondern verpflichte (nur) die Mitgliedsstaaten, die von der Richtlinie verfolgten Ziele innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umzusetzen. Das innerstaatliche Gericht müsse das nationale Recht soweit wie möglich anhand des Wortlautes und des Zwecks der Richtlinie auslegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Artikel 249 Abs. 3 EG zu genügen. Ermögliche es das nationale Recht, durch Anwendung seiner Auslegungsmethoden eine innerstaatliche Bestimmung so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden werde, so seien die nationalen Gerichte verpflichtet, die gleichen Methoden anzuwenden, um das von der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Diese Verpflichtung bestehe auch dann, wenn die nationalen Gerichte die Reichweite der innerstaatlichen Bestimmung zu diesem Zwecke einschränken müssten (EuGH vom 16.07.2009 - C-12/08 Monocar-Styling). Diese Pflicht zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung gelte für alle Vorschriften des nationalen Rechts. Die Verpflichtung zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung sei jedoch durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere durch den Grundsatz der Rechtssicherheit beschränkt. Sie dürfe nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts (contra legem) dienen. Das Bundesarbeitsgericht hat dann den "gesamten Kanon richtlinien-freundlicher Rechtsanwendung" (Maul-Sartori, Anmerkung zu BAG vom 17.11.2009 - 9 AZR 844/08 - juris) aufgezeigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass weder eine richtlinienkonforme Auslegung noch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung dazu führen könnten, die Tariföffnungsklauseln des § 13 in ihr Gegenteil auszulegen oder fortzubilden. Die Öffnungsklauseln in § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 seien nach Wortlaut, Zusammenhang, Zweck und Gesetzesgeschichte weder planwidrig lückenhaft noch unvollständig. Die Richtungsentscheidung des nationalen Gesetzgebers sei eindeutig.  
5. Entscheidungserheblichkeit und Erläuterung der Vorlagefragen 
5.1 Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu § 13 Abs. 1, Abs. 2 BUrlG wäre die Klage abzuweisen. Denn die von den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vorgenommenen Abweichungen von den Regelungen zum Mindesturlaub und zur Berechnung des Urlaubsentgeltes bzw. der Urlaubsabgeltung wären durch die Tariföffnungsklausel des § 13 Abs. 2 BUrlG gedeckt. Dies würde auch dann gelten, wenn sich daraus ergebe, dass der langzeitig oder dauerhaft erkrankte Arbeitnehmer überhaupt keinen Urlaubsanspruch im Kalenderjahr erwerben würde. 
Das Inkrafttreten des EU-Reformvertrages und insbesondere der Grundrechtecharta am 01. Dezember 2009 wirft nunmehr die Frage auf, ob der in der Arbeitszeitrichtlinie geregelte Mindesturlaub über die Vorschrift des Artikel 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta jetzt einen primärrechtlichen Charakter erlangt hat, der entgegenstehendes nationales Recht unanwendbar machte.  
Die Frage, welchen Einfluss die Geltung der Grundrechtecharta auf den nationalen Richter hat, ist umstritten. 
Nach Artikel 51 Grundrechtecharta gilt diese für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedsstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dies bedeutet, dass sie für die Mitgliedsstaaten dann gelten, wenn diese nach verbindlichen Vorgaben des europäischen Rechts handeln. Allerdings kommt den in der Grundrechtecharta niedergelegten Grundrechten jedenfalls eine Rolle dahin zu, dass die Vorschriften arbeitsrechtlicher Richtlinien primärrechtskonform auszulegen sind und dass bei dieser Auslegung den in der Charta niedergelegten Grundrechten Beachtung zu schenken ist. Teilweise wird insoweit von einer "mittelbaren Wirkung der Grundrechtecharta" gesprochen (Herresthal, EuZA 2011, 3) Hanau (NZA 2010, 1) folgert hieraus, dass die Grundrechte in der Grundrechtecharta dem Durchsetzungsanspruch des Sekundärrechts "zusätzlichen Schwung" verleihen können. 
Jedenfalls für eine Sachverhaltskonstellation, in der einerseits ein Unionsgrundrecht einschlägig ist, weil sich die nationale Rechtsfrage des Urlaubsanspruchs im Anwendungsbereich des Unionsrechts befindet und andererseits dieses Unionsgrundrecht im Rahmen des Sekundärrechts, also beispielsweise im Rahmen einer Richtlinie, in einer Weise ausgestaltet ist, dass es executabel ist, stellt sich die Frage, ob es sich dann bei den getroffenen Regelungen im Ergebnis um gemeinschaftsrechtliches "Primärrecht" handelt; denn die Grundrechtecharta ist als solches "Primärrecht" einzuordnen. Handelt es sich aber dabei um gemeinschaftsrechtliches "Primärrecht", so würde es nach den Grundsätzen der Kücükdeveci-Entscheidung (EuGH vom 19.1.2010 - Rs C -555/07, NZA 2010, 85) entgegenstehendes nationales Recht verdrängen. 
Die Frage, ob dieser Zusammenhang besteht, kann nur vom EuGH selbst beantwortet werden; denn (nur) dieser ist für die Interpretation des Gemeinschaftsrechts kompetent. 
5.2 Die Fragen sind im vorliegenden Fall unter intertemporalen Gesichtspunkten entscheidungserheblich, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch als Zahlungsanspruch am 31. Dezember 2009 entstanden - wenn auch nicht fällig - ist; zu diesem Zeitpunkt galt der Lissabon-Vertrag mit seinem Inkrafttreten am 1. Dezember 2009. Nach der allgemeinen intertemporalen Regel unterfällt der Anspruch mithin dem nunmehr maßgeblichen Recht des Lissabon-Vertrages. 
5.3 Die Fragen sind auch unter Berücksichtigung des nationalen Rechts entscheidungserheblich, weil der Anspruch des Klägers nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht im Sinne der Ausschlussfristen des Tarifvertrags "verfallen" ist. § 8 Ziff. 4.4 des BRTV - Bau verweist für die Fälligkeit der Urlaubsvergütung auf § 5 Ziff. 7.2; dort wird eine Fälligkeit auf den 15. des Folgemonats statuiert. Insofern geht es nicht um eine Auslegung des Begriffes "Lohn" in § 5 Ziff. 7.2 BRTV; vielmehr haben die TV-Parteien ausdrücklich auch die "Urlaubsvergütung" den Regelungen des § 5 Ziff. 7.2 BRTV unterworfen. Der "Urlaubsvergütung" ist aber deren Äquivalent, der "Abgeltungsanspruch", gleichzusetzen. Auch dieser wird zur Mitte des Folgemonats des Entstehens fällig. Vergütung und Urlaubsvergütung respektive -abgeltung sollen somit gleichzeitig zur Auszahlung gelangen. War der Abgeltungsanspruch mithin zum 15. Januar 2010 fällig, so wäre er am 8.3.2010 noch nicht verfallen gewesen. 
5.4 Die Frage 1 betrifft das Verhältnis von Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie zu der nationalen Regelung des 
§ 13 Abs. 2 BUrlG, also der Öffnungsklausel, generell. 
Die 2. Frage betrifft das Verhältnis der genannten Vorschriften des Unionsrechts zu den hier streitgegenständlichen konkreten nationalen tarifvertraglichen Regelungen, die auf der Grundlage des § 13 Abs. 2 BUrlG von den Tarifvertragsparteien getroffen worden sind. 
Die Frage 3 betrifft die Feststellung der Auswirkung einer etwaigen Unvereinbarkeit der genannten gesetzlichen und tariflichen Regelungen mit dem Unionsrecht. 
Die Frage 4 betrifft die Frage eines Vertrauensschutzes des nationalen Rechtsunterworfenen, die ihrerseits wiederum maßgeblich nur vom EuGH selbst beantwortet werden kann. Zudem ist im Hinblick darauf, dass Tarifverträge in ihrer Gesamtheit das Ergebnis eines ausgehandelten Kompromisses darstellen, klärungsbedürftig, ob einzelne Vorschriften hieraus judikativ für unanwendbar erklärt werden können. 
 

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