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Arbeitsrecht
27.03.2013
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Streiks bei der Bewachung kerntechnischer Anlagen

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.08.2012 - 22 SaGa 1131/12


Sachverhalt


Der Verfügungskläger verlangt im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die beklagte Gewerkschaft die Unterlassung von Streiktaufrufen im Bereich der Bewachung von Kernkraftwerken (KKW) bzw. kerntechnischen Anlagen (KTA).


Der Verfügungsbeklagte forderte unter Hinweis auf den beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie und dessen Auswirkungen auf Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich den Verfügungskläger mit dem Schreiben vom 08.03.2012 auf, Verhandlungen aufzunehmen auf der Grundlage der in der Anlage übersandten Version 5.4 eines Sozialtarifvertrags für Betriebe, die Sicherheits- und Bewachungsaufgaben in Kernkraftwerken und deren standortnahen Zwischenlagern während und nach dem Leistungsbetrieb wahrnehmen. Dieser ist in drei Abschnitte gegliedert, dessen erster sich mit Regelungen zur Altersteilzeit befasst. Der zweite enthält Regelungen unter der Überschrift ,,Weitere personelle Maßnahmen zur Vermeidung eines Personalabbaus" zur Schaffung eines unternehmensübergreifenden ,,Kommunikations- und Personalinformationssystems", zu Qualifizierung und zu Langzeitarbeitszeitkonten. Abschnitt III enthält Regularien zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile bei der Beschäftigten bei Betriebsänderungen oder -stilllegungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Entwurf (Bl. 158 bis 176 d. A.) Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten erklärt, dass die in Abschnitt II Ziffer 1 und 2 aufgestellten Forderungen fallengelassen werden.


Nachdem der Verfügungskläger - insbesondere auch wegen des mit Wirkung zum 01.01.2012 zwischen den Parteien abgeschlossenen Manteltarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen (MTV) - allenfalls über Teile gesondert verhandeln wollte, rief der Verfügungsbeklagte an mehreren Standorten von KKW beginnend ab 10.05.2012 zu Warnstreiks auf. Jeweils nach Abschluss von Notdienstvereinbarungen fanden im Zeitraum bis 04.06.2012 zweistündige Warnstreiks bei Bewachungsunternehmen von acht KKW statt; im außer Betrieb befindlichen KKW Brunsbüttel dauerte der Warnstreik 4 Stunden. Der Verfügungsbeklagte hat angekündigt, bei weiteren Warnstreiks Notdienstvereinbarungen nur noch mit einer Besetzung von 50 % der behördlichen Mindestzahl an Arbeitnehmern abzuschließen.


Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 10.05.2012 hat der Verfügungskläger beim Arbeitsgericht Berlin, beantragt dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, seine Mitglieder oder andere in Mitgliedsunternehmen des Verfügungsklägers beschäftigte Arbeitnehmer zu einem Streik aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss eines bundesweiten Sozialtarifvertrages aufzurufen. In seinen Hilfsanträgen hat er sich auf einzelne Regelungen in dem übersandten Exemplar eines Sozialtarifvertrages bezogen.


Das Arbeitsgericht hat mit dem am 16.05.2012 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 288 bis 292 d.A.), den Haupt- und die Hilfsanträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässigen Anträge seien unbegründet. Voraussetzung für eine Untersagung sei zwar nicht, dass der beabsichtigte Streik offensichtlich rechtswidrig sei. Aus der wertsetzenden Grundentscheidung des Art. 9 Abs. 3 GG folge aber, dass es kein generelles Streikverbot für die Arbeitnehmer geben könne, die mit der Bewachung kerntechnischer Anlagen betraut seien. Auch eine Interessenabwägung mit Belangen des Gemeinwohls führe nicht dazu, dass der beabsichtigte Streik um den angestrebten Sozialtarifvertrag rechtswidrig wäre. Es sei nicht ersichtlich, dass Streiks in einem Umfang geplant seien, die ein Herunterfahren von KKW erforderlich machten. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei ebenfalls nicht ersichtlich; eine höhere Kostenbelastung der Mitgliedsunternehmen reiche hier nicht aus. Der Entwurf des Sozialtarifvertrages enthalte auch keine tariflich nicht regelbaren Ziele, sondern typische Inhalte eines Sozialplans, der auch in Form eines Tarifvertrages verlangt und mit Mitteln des Arbeitskampfes durchgesetzt werden könne. Regelungen zur Altersteilzeit könnten Gegenstand eines Tarifvertrages sein; unterstellt, der Verfügungskläger könne Grundrechte seiner Mitgliedsfirmen wahrnehmen, sei eine existenzielle Überforderung nicht hinreichend dargelegt.


Auch Forderungen nach Regelungen zu einem Personalinformations- und Kommunikationssystem seien tarifvertraglich zulässig in Form einer gemeinsamen Einrichtung. Regelungen von Arbeitnehmerüberlassung sei ebenso wie die Grundsätze der Neubesetzung freier Stellen seien als die unternehmerische Entscheidungsfreiheit einschränkend nicht nur in Betriebsvereinbarungen zulässig; das gleiche gelte für die kündigungsbeschränkenden Regelungen. Legitimes Streikziel seien auch Regelungen zu Wiedereinstellungsmöglichkeiten, wobei auch hier gelte, dass es nicht in der Kompetenz des Gerichtes liege, Streikziele im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Vertretbarkeit zu bewerten. Die Inhalte des geforderten Sozialtarifvertrages stünden auch nicht in einem so engen Zusammenhang mit abschließenden Regelungen des MTV, dass der Versuch ihrer Durchsetzung gegen die ungeschriebene Friedenspflicht verstoße; die Regelungen zur Arbeitszeit, zur Qualifizierung zu Kündigungen und zum Zeugnis seien erkennbar nicht abschließend bzw. im Entwurf des Sozialtarifvertrages lediglich gesetzeswiederholend. Schließlich sei nicht dargelegt, dass bei Warnstreiks bei realistischer Betrachtung eine Abschaltung von KKW aufgrund behördlicher Anordnung drohe, wenn Notdienstvereinbarungen keine ausreichende Bewachung sicherstellten.


Gegen dieses ihm am 25.05.2012 zugestellte Urteil hat der Verfügungskläger mit dem am 25.05.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.


Der Verfügungskläger hält weiterhin die Regelungen im MTV und in den länderspezifischen Tarifverträgen, die er im Einzelnen darstellt, für abschließend, so dass ein Streik zur Durchsetzung der - wiederum detailliert dargestellt und von ihm bewerteten - Forderungen im Sozialtarifvertrag gegen die Friedenspflicht verstieße. Dies gelte auch für Nebenforderungen.


Er vertritt die Auffassung, ein Streik sei hier generell unzulässig. Auf die Frage, ob es bei den bisherigen Streikmaßnahmen zu ernsthaften Schäden und Auswirkungen gekommen sei, könne es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht ankommen. Bereits die Gefahr, dass während Streikmaßnahmen im Bewachungsvorgang eine Sicherheitslücke bestehe und Dritte gegebenenfalls zu terroristischen Zwecken diese Sicherheitslücken ausnutzen könnten, genüge zur Untersagung von Streikmaßnahmen in diesen sicherheitspolitischen Bereichen.


Weiter trägt der Verfügungskläger vor: Würden die Mindestvorgaben der Aufsichtsbehörden zur Bewachung von KTA unterschritten, handele es sich um einen meldepflichtigen Vorgang und bestünde die Gefahr, dass die zuständige Behörde die Entscheidung treffe, dass das KKW heruntergefahren werden müsse.


Jedenfalls müsse eine angemessene Ankündigungsfrist eingehalten werden. Dies habe der Verfügungsbeklagte bei den vorangegangenen Streikaufrufen nicht beachtet. So sei am 09.10.2012 für den nächsten Tag, also quasi über Nacht, zum Streik aufgerufen worden, so dass er selbst und seine Mitgliedsunternehmen keine Chance gehabt hätten, den Warnstreik im Vorfeld durch ein gerichtliches Eilverfahren überprüfen zu lassen, wie auch eine Organisation und Vorbereitungshandlung durch ihn flächendeckend für seine Mitgliedsunternehmen nicht umsetzbar gewesen sei. Im Übrigen benötigten der Betreiber und das Bewachungsunternehmen ausreichend Zeit, um eine hundertprozentige Objektschutzmannschaft vorzuhalten. Dabei seien acht bis zwölf Monate anzusetzen, um den Aufbau von Ersatzpersonal mit den erforderlichen Qualifikationen und Zuverlässigkeitsprüfungen bei Betreiber oder Bewachungsunternehmen zu ermöglichen. Dann hätten auch die zuständigen Landesministerien und das Bundesministerium eingebunden und informiert werden können. Die Nichteinhaltung einer angemessenen Ankündigungsfrist verstoße in eklatanter Weise gegen das Fairnessgebot und damit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Streikverbote seien selbst bei vorheriger Warnung als unzulässig anerkannt, wenn Versorgungsbetriebe betroffen seien; erst recht müsse dies bei KTA gelten. Vorliegend sei bei Orientierungs- und Sondierungsgespräche zwischen den Parteien keine Rede von Streikmaßnahmen gewesen.


Ein weiterer Streik verstoße auch wegen fehlender Notdienstvereinbarung des Verfügungsbeklagten mit ihm oder dem einzelnen Mitgliedsunternehmen offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es reiche nicht aus, dass der Verfügungsbeklagte den Abschluss einer solchen angeboten habe, weil hierin die gesetzliche Mindestbewachungsstärke unterschritten werden soll. Der Verfügungsbeklagte als streikführende Gewerkschaft hätte auf dem Gerichtsweg oder im Wege einer Schlichtung zumindest versuchen müssen, eine Notdienstvereinbarung mit ihm zustande zu bringen. Die Betreiberunternehmen verfügten über keine Personalreserve für den Objektsicherungsdienst, so dass die Außerbetriebnahme der Anlagen effektiv nur durch eine zwingende Notdienstvereinbarung unter Einhaltung der behördlichen Mindeststärke verhindert werden könnten.


Der Verfügungsbeklagte überschreite mit den Streikmaßnahmen zur Durchsetzung des Sozialtarifvertrages die Grenzen des Arbeitskampfrechts, so dass der Streik unverhältnismäßig und rechtswidrig sei. Das geforderte Paket bewirke erhebliche Kosten für die Bewachungsunternehmen, die diese, wie der Verfügungsbeklagte selbst eingeräumt habe, selbst nicht finanzieren könnten. Da die Finanzierung nur durch Dritte, nämlich die Betreiber als Auftraggeber, erfolgen könnten, würden diese in den Arbeitskampf einbezogen. Damit sei auch die Existenz des Verbandes und der betroffenen Mitgliedsunternehmen gefährdet. Führten Streikmaßnahmen zur Durchsetzung von existenzvernichtenden Tarifforderungen, seien den Einsatz des Kampfmittelstreiks Grenzen zu setzen, ohne dass es hier zu einer unzulässigen Tarifzensur käme.


Schließlich handele es sich bei den Forderungen um einen unzulässigen, weil in die Berufsfreiheit der Mitgliedsunternehmen eingreifenden „Standortsicherungstarifvertrag". Auch als Sozialtarifvertrag sei die Forderung unzulässig, weil sie mit existenzvernichtenden Kosten verbunden sei und Betriebsänderungen wirtschaftlich undurchführbar machten.


Der Verfügungskläger bestreitet, dass der Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagte bevollmächtigt gewesen sei, die Tarifforderungen teilweise fallen zu lassen. Jedenfalls, so meint er, könne dies nicht im laufenden Verfahren geschehen, nachdem der Verfügungsbeklagte in der Vergangenheit Verhandlungen über einzelne Positionen ausdrücklich abgelehnt habe und nur das gesamte Paket dem Mitgliedervotum entspreche. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Streiks müsse sich nach dem Streitgegenstand, der zum Zeitpunkt des Streikaufrufs und des Beginns des gerichtlichen Verfahrens vorgelegen habe, richten.


Der Verfügungskläger beantragt,


das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.05.2012 - 42 Ga 7484/12 abzuändern und bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache


1. dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA ist, wie er durch Übersendung in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5 mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


2. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Altersteilzeit zur Verjüngung der Belegschaft und zum sozialverträglichen Ausscheiden aus dem Arbeitsleben zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt I (Seite 2 bis 8), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


3. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zum Vorrang der Erhaltung der vorhandenen Arbeitsplätze durch Einführung eines unternehmensübergreifenden „Kommunikations- und Personalinformationssystems" zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt II, Ziffer 1. und Ziffer 2. (Seite 8 bis 9), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


4. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zum vorrangigen Einsatz von Eigenpersonal zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt II, Ziffer 3. (Seite 9), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


5. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Neubesetzung von freien Stellen zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt II, Ziffer 4. (Seite 9), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


6. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt II, Ziffer 5. (Seite 9 bis 10), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


7. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zu Langzeitarbeitszeitkonten zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt II, Ziffer 6. (Seite 10 bis 13), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


8. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zwischen den Parteien ist, wonach vor Abschluss der Beratungen mit dem Betriebsrat keine personellen Maßnahmen ergriffen, insbesondere keine Kündigungen gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer erklärt werden dürfen, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 2. (Seite 14), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


9. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur vorzeitigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 3. (Seite 14), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


10. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zu Wiedereinstellungsmöglichkeiten zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 4. (Seite 14 bis 15), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


11. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Erteilung eines Zeugnisses zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 6. (Seite 15), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


12. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Abfindung für Personalmaßnahmen zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 8. (Seite 15 bis 16), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


13. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zu Ausgleichszahlungen zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 9. (Seite 16 bis 17), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


14. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Umzugskostenbeihilfe zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 10. (Seite 17 bis 18), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


15. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zwischen den Parteien ist, wonach der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf Nachweis die Kosten eines Zweitwohnsitzes am neuen Arbeitsort bis zu einem Gesamtkostenbetrag von 5.000,00 € erstattet, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 11. (Seite 18), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


16. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss einer bundesweiten tarifvertraglichen Regelung zur Freistellung zur Arbeitssuche zwischen den Parteien ist, wie sie durch Übersendung eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5, dort Abschnitt III, Ziffer 12. (Seite 18), mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist;


17. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA ist, wie er durch Übersendung in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5 mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012, dort unter Abschnitt IV, Ziffer 2. (Seite 19), mit der Maßgabe gefordert worden ist, dass dieser Tarifvertrag bis zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der letzte Arbeitnehmer, der in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fällt, aus seinem Arbeitsverhältnis ausscheidet;


18. hilfsweise zu 1:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA ist, wie er durch Übersendung in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5 mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012, dort unter Abschnitt IV, Ziffer 3. (Seite 19), mit der Maßgabe gefordert worden ist, dass sich die Tarifvertragsparteien verpflichten, für die Regelungen dieses Tarifvertrages einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung beim zuständigen Bundestarifausschuss zu stellen;


19. hilfsweise zu 1 bis 18:


dem Antragsgegner zu untersagen, seine Mitglieder oder andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedsunternehmen des Antragstellers beschäftigt sind, zu einem Streik, insbesondere zu Warnstreiks aufzurufen, dessen Ziel der Abschluss eines bundesweiten Sozialtarifvertrages zwischen den Parteien für die Bewachung KTA ist, wie er durch Übersendung in der Version 5.4 vom 08.03.2012 entsprechend der Anlage AST 5 mit Schreiben des Antragsgegners an den Antragsteller vom 08.03.2012 gefordert worden ist, sofern der Antragsgegner zuvor mit dem jeweiligen Mitgliedsunternehmen des Antragstellers, das die Objektsicherung für die von der Streikmaßnahme betroffene kerntechnische Anlage und/oder Einrichtung übernommen hat, keine Notdienstvereinbarung geschlossen hat, durch die während dieser Streikmaßnahme Notstands- und Erhaltungsarbeiten in der Weise gewährleistet werden, dass die Mindestauflagen für den Objektsicherungsdienst der zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde erfüllt werden.


20. dem Antragsgegner anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen jede der in Ziffer 1. bis Ziffer 18. ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorsitzenden des Vorstandes des Antragsgegners, festgesetzt werden kann.


Der Verfügungsbeklagte beantragt,


die Berufung zurückzuweisen.


Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit umfänglichen Rechtsausführungen und legt einen Arbeitskampfbeschluss seines Bundesvorstands vom 02.07.2012 vor.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.


Aus den Gründen


1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG zulässige Berufung des Verfügungsklägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO.


2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer Untersagungsverfügung mit den Haupt- und Hilfsanträgen, soweit es die zuletzt noch aufrecht erhaltenen Regelungsgegenstände betrifft, zu Recht abgelehnt. Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die dortigen Entscheidungsgründe an. Lediglich im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufungsinstanz und zur Klarstellung ist Folgendes ergänzend auszuführen:


2.1 Der als Hauptantrag gestellte Unterlassungsantrag ist zulässig. Es handelt sich um einen Globalantrag; er umfasst als solcher eine Vielzahl möglicher zukünftiger Fallgestaltungen. Dies steht seiner Bestimmtheit i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht entgegen, da er auf ausnahmslos alle Fälle gerichtet ist (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 24.04.2007 - 1 AZR 252/06 - juris, Rn 26 m. w. N.). Ob der Antrag auch für sämtliche hiernach erfassten Fälle berechtigt ist, ist alleine eine Frage der Begründetheit. Der Unterlassungsantrag lässt auch eindeutig erkennen, was vom Schuldner verlangt wird. Der Verfügungskläger nimmt die beklagte Gewerkschaft auf Unterlassung von Streikaufrufen in Anspruch, die das Ziel verfolgen einen Sozialtarifvertrag mit den im übersandten Entwurf aufgeführten Regelungsgegenständen abzuschließen.


2.2 Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Verfügungskläger hat zumindest derzeit keinen Anspruch gegen die beklagte Gewerkschaft auf Unterlassung von Warnstreiks bei seinen Mitgliedsunternehmen zur Erzwingung von Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag mit den - zuletzt - enthaltenen Regelungsgegenständen.


2.2.1 Grundsätzlich ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung im Arbeitskampf zulässig (allg. Ansicht, vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.03.2009 - 2 SaGa 1/09 - juris Rn 49; Sächsisches LAG, Urteil vom 02.11.2007 - 7 SaGa 19/07 - juris; Germelmann in Germelmann u.a. ArbGG 7. Aufl. § 62 Rn 113 m.w.N.; Kissel, Arbeitskampf, § 65, Rn. 31 ff., Bertzbach in Däubler, Arbeitskampfrecht, § 24). Umstritten ist, ob und wenn ja welche Ausnahmen vom normalen Verfahren nach §§ 935 ff. ZPO, § 62 Abs. 2 ArbGG gelten müssen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob ein beabsichtigter Arbeitskampf nur untersagt werden kann, wenn dessen Rechtswidrigkeit offenkundig ist (so Sächsisches LAG, a.a.O.; Henschel in Däubler u.a., Arbeitsrecht, 2. Aufl., GG Art. 9 Rn 128 m. w. N.;, a. A. Germelmann, a.a.O. Rn 113).


Ein Arbeitgeberverband hat gegen eine Gewerkschaft nach § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 9 Abs. 3 GG einen eigenen Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Arbeitskampfmaßnahmen gegen seine Mitglieder (BAG, 24.04.2007 - 1 AZR 252/06 - NZA 2007, 987 ff., B. I. 1. der Gründe; BAG, 26.04.1988 - 1 AZR 399/86 - NZA 1988, 775 ff., unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung).


2.2.2 Der Verfügungskläger, der hiernach entgegen der Ansicht der beklagten Gewerkschaft nicht prozessstandschaftlich handelt, sondern aus eigenem Recht aktiv legitimiert ist, hat vorliegend die Rechtswidrigkeit weiterer Warnstreiks gegen seine Mitgliedsunternehmen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, wobei zugunsten des Verfügungsklägers davon ausgegangen werden kann, dass ein Streik nicht nur bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit durch einstweilige Verfügung untersagt werden kann.


Für die Prüfung der Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Arbeitskampfmaßnahmen ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Es ist deshalb zu berücksichtigen, dass der Verfügungsbeklagte eine Streikforderung, nämlich diejenige nach Einrichtung eines unternehmensübergreifenden Kommunikations- und Personalinformationssystems - Abschnitt II Nr. 1 und 2 des Entwurfs des Sozialtarifvertrages vom 08.03.2012 - nach einem gerichtlichen Hinweis fallen gelassen hat. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der beklagten Gewerkschaft ist durch die Prozessvollmacht gedeckt. Prozessuale Hindernisse bestehen entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers nicht. Der maßgebliche Prüfungszeitpunkt kann, da es sich nicht um Schadensersatzansprüche für zurückliegende Arbeitskampfmaßnahmen handelt, sondern zukünftige Unterlassung geltend gemacht wird, nicht (fiktiv) zurückverlagert werden. Das Prozessrecht bietet ausreichend Schutz, wenn eine Klage oder ein Antrag durch nachfolgende Ereignisse unbegründet oder unzulässig wird. Von der Möglichkeit einer Erledigungserklärung mit der Folge einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO wollte der Verfügungskläger jedoch keinen Gebrauch machen.


2.2.2.1 Die hiernach verbleibenden angestrebten tariflichen Regelungen, die dem Beschluss des Bundesvorstands der beklagten Gewerkschaft zu Warnstreikaufrufen zugrunde liegen, sind nicht wegen fehlender Tarifbezogenheit rechtswidrig.


Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 ff. [740] m.w.N.) können Arbeitskämpfe nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele geführt werden. Da die Arbeitskampffreiheit aus der Bestands- und Betätigungsgarantie des Art. 9 Abs. 3 GG zur Sicherstellung einer funktionierenden Tarifautonomie abgeleitet wird, sieht das Bundesarbeitsgericht hierin auch eine immanente Begrenzung. Der Tarifvertrag, der kampfweise durchgesetzt werden soll, muss einen rechtmäßigen Inhalt haben.


Auf die hieran im Hinblick auf Unionsrecht (Art. 6 Nr. 4 ESC und Art. 14 EGC) geäußerte Kritik (vgl. insb. Däubler, AuR 1998, 144; Lörcher/Heuschmid in Däubler, Arbeitskampf, § 10 Rn 20 ff und § 11 Rn 167 ff.) muss hier nicht weiter eingegangen werden, da auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliegend keine rechtswidrigen Forderungen aufgestellt werden.


2.2.2.1.1 Der in Abschnitt I enthaltene Regelungsgegenstand Altersteilzeit lässt sich ohne weiteres den Inhalts-, Abschluss- und Beendigungsnormen des § 1 Abs. 1 TVG zuordnen. Die Beanstandung des Verfügungskläger zur Frage der Eignung einer solchen Regelung für das verfolgte Ziel gehört ebenso zum Prüfungspunkt der Verhältnismäßigkeit wie die der - behaupteten - existenziellen Bedrohung durch eine finanzielle Überforderung seiner Mitgliedsunternehmen.


Soweit der Verfügungskläger die Beeinträchtigung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit seiner Mitglieder und deren finanzielle Belastung rügt, ist dies unbeachtlich.


Streikforderungen einer Gewerkschaft, deren Gegenstand an sich tariflich regelbar ist, unterliegen keiner gerichtlichen Übermaßkontrolle; eine solche würde gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Koalitionsbetätigungsfreiheit der Gewerkschaften verstoßen und die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie in Frage stellen (BAG 24.07.2007 - 1 AZR 252/06 - a.a.O. Rn 95). Auch zum Schutz des Koalitionspartners ist eine solche Übermaßkontrolle nicht geboten, da von einer für ein tariflich regelbares Ziel erhobenen Streikforderung als solcher keine Beeinträchtigung ausgeht. Jedes Kampfziel enthält erfahrungsgemäß einen Verhandlungsspielraum und entfaltet keine rechtsgestaltende Wirkung (vgl. ErfK/Dieterich, Art. 9 GG Rn 117). Dabei werden regelmäßig zunächst von beiden Tarifparteien Forderungen aufgestellt bzw. Angebote unterbreitet, die auch nach deren eigener Einschätzung keine realistische Chance auf ihre Durchsetzung bei den Verhandlungen haben. Die Formulierung von Kampfzielen dient nur dazu, Verhandlungen in Gang zu bringen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, hypothetische Normen auf ihre Grundrechtswidrigkeit zu überprüfen. Selbst eine weit überzogene Quantifizierung der Streikforderung kann nicht allein zur Rechtswidrigkeit des Arbeitskampfes führen; eine solche Kontrolle wäre mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar (ErfK/Dieterich, Art. 9 GG Rn 117; BAG 24.07.2007 - 1 AZR 252/06 - a.a.O. Rn 100).


Auf die mit den geforderten Regelungen zur Altersteilzeit verbunden Lasten kommt es hiernach nicht an.


2.2.2.1.2 Auch die in Abschnitt II unter der Überschrift „Weitere personelle Maßnahmen zur Vermeidung eines Personalabbaus", soweit sie noch aufrecht erhalten werden, sind bei Anlegung des genannten Prüfungsmaßstabs nicht zu beanstanden. Regelungen zum Vorrang von internen Stellenbesetzungen sowie zur Qualifizierung sind ebenso mögliche Gegenstände tariflicher Regelungen nach § 1 Abs. 1 TVG wie diejenigen zu Langzeitarbeitszeitkonten.


Ob es sich um überschießende Forderungen handelt, die die Grundrechtsposition der Mitgliedsunternehmen aus Art. 12 GG verletzen könnten, ist nach den obigen Ausführungen nicht weiter zu prüfen.


2.2.2.1.3 Die in Abschnitt III enthaltenen „Regularien zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile der Beschäftigten bei Betriebsänderungen oder -stilllegungen" entsprechen denjenigen eines Tarifsozialplans, der ebenfalls nach seinem Regelungsgegenstand zu den tariflich regelbaren Zielen gehört; die Regelungskompetenzen des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 24.04.2007, a.a.O.) .


Der Verfügungskläger leitet zu Unrecht aus den finanziellen Belastungen seiner Mitgliedsunternehmen, die aus einem solchen Tarifsozialplan resultieren würden ab, dass es sich faktisch um einen Standortsicherungstarifvertrag handelt. Dies trifft inhaltlich nicht zu, so dass auf dessen Zulässigkeit als Kampfziel nicht eingegangen werden muss.


2.2.2.1.4 Tariflich regelbar ist im schuldrechtlichen Teil auch die Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, einen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung zu stellen. Zwingend zu regeln ist die Laufzeit eines Tarifvertrages, wenn er nicht unbefristet abgeschlossen werden soll. Deshalb bestehen auch gegen diese Regelungen aus dem Aspekt der Tarifbezogenheit keine Bedenken.


2.2.2.2 Ein Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers ergibt sich vorliegend auch nicht aus einer Verletzung der Friedenspflicht.


2.2.2.2.1 Ein Arbeitgeberverband ist durch die sich aus den Verbandstarifverträgen ergebende Friedenspflicht gegen einen Streik geschützt, der auf einen weiteren Tarifvertrag über dieselbe Regelungsmaterie gerichtet ist. Die Friedenspflicht bedarf keiner ausdrücklichen Regelung, sondern ist dem Tarifvertrag immanent. Bei einem - drohenden - Verstoß gegen diese schuldrechtliche Verpflichtung besteht ein vertraglicher Unterlassungsanspruch neben einem solchen aus § 1004 BGB i. V. Art. 9 Abs. 3 GG. Die sich hieraus ergebende Beschränkung des Streikrechts ist auch europarechtlich unbedenklich (BAG, 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 ff. [739] I. 2. a) der Gründe).


Sofern von den Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, wirkt die Friedenspflicht nicht absolut, sondern relativ. Sie bezieht sich nur auf die tarifvertraglich geregelten Gegenstände. Ihre sachliche Reichweite ist durch Auslegung der tariflichen Regelungen zu ermitteln (vgl. Dieterich in ErK, Art. 9 GG Rn 125). Haben die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt, ist davon auszugehen, dass sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollen, die in einem sachlichen inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen (BAG, 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 ff. [739] I. 2. a) der Gründe, m.w.N.).


Werden hiernach gesperrte Kampfziele neben im übrigen zulässigen verfolgt, ist der Arbeitskampf insgesamt rechtswidrig (vgl. Dieterich in ErK, Art. 9 GG Rn 125), jedenfalls dann, wenn es sich nicht nur um unwesentliche Nebenforderungen handelt (BAG, 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 ff. [741] I. 4. der Gründe).


2.2.2.2.2 Hieran gemessen steht die Friedenspflicht aus dem am 30.08.2011 zwischen den Parteien mit Wirkung ab 01.01.2012 abgeschlossenen Mantelrahmentarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland (MRTV) beabsichtigten Warnstreiks nicht entgegen.


Das Streikziel des vorrangigen Einsatzes von Eigenpersonal überschneidet sich nicht mit dem Regelungsgegenstand des § 5 MRTV. Letzterer normiert lediglich die Arbeitsbedingungen, wenn Arbeitnehmer der Mitgliedsunternehmen bei Dritten im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt werden, während es beim Tarifsozialplan um den Einsatz von Leiharbeitnehmern in den Betrieben der Mitgliedsunternehmen geht.


Auch die Regelung in § 11 MRTV unter der Überschrift „Unterricht" unterscheidet sich wesentlich von dem von der beklagten Gewerkschaft verfolgten Ziel einer Regelung zur Qualifizierung im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung bzw. einem Personalabbau. Die tarifvertragliche Regelung ist erkennbar nicht abschließend und regelt nur die Vergütungspflicht bei Teilnahme an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen außerhalb der Arbeitszeit sowie die Kostentragungspflicht für die Sachkundeprüfung und die Erteilung eines Waffenscheins.


Die Streikforderung der Einrichtung von Langzeitarbeitszeitkonten ist nicht durch Regelungen zur Arbeitszeit in § 6 MRTV gesperrt. In § 6 MRTV finden sich lediglich Bestimmungen zur Dauer der täglichen, der durchschnittlichen wöchentlichen und kalenderjährlichen Arbeitszeit. Regelungen zur Einrichtung von Langzeitarbeitszeitkonten sind hierdurch nicht ausgeschlossen, weil § 6 MRTV insoweit nicht erkennbar abschließend ist. Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers enthält die bestehende Tarifnorm auch keine abschließende Regelung einer verbindlichen Delegation von Regelungen zur Arbeitszeit auf Länderebene oder Betriebsebene. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Öffnungsklausel, was die Protokollnotiz Nr. 2 deutlich macht. Es kann dahingestellt bleiben, ob Regelungen in auf Länderebene abgeschlossenen Tarifverträgen oder Firmentarifverträgen eine Friedenspflicht für einen auf Bundesverbandsebene verfolgten Tarifvertrag auslösen können. Jedenfalls enthält auch die zitierte Bestimmung im Firmentarifvertrag der Securitas-Unternehmen in Niedersachsen vom 29.04.2011 in § 16 keine abschließende Regelung zu Langzeitarbeitszeitkonten, sondern wiederum nur eine betriebliche Öffnungsklausel.


Die in Abschnitt III als Tarifforderung aufgeführten Regelungen zu Abfindung, Ausgleichszahlungen und Umzugskostenerstattung bei Betriebsänderungen sind nicht durch die Regelung zum Entgelt nach § 8 BMRT ausgeschlossen, in dem nur für die Vergütung als solche auf Lohn- und Gehaltstarifverträge verwiesen und Bestimmungen zum Abrechnungs- und Zahlungszeitraum bzw. Zeitpunkt getroffen werden. Sozialplanleistungen werden hiervon nicht erfasst.


Zwar enthält der MRTV in § 15 eine Regelung zur Zeugniserteilung. Diese wird in dem von der beklagten Gewerkschaft vorgelegten Tarifsozialplan lediglich wiederholt. Ihr kommt keine eigenständige Bedeutung zu, sondern ist ersichtlich nur deshalb mit aufgenommen worden, weil eine durchgeschriebene Fassung erstellt worden ist und nicht nur Eckpunkte formuliert wurden als Verhandlungsgrundlage und zur Beschreibung des Streikziels. Gleiches gilt für die gesetzeswiederholende Regelung zur Freistellung für die Arbeitssuche, die sich im Übrigen nicht mit der Regelung in § 9 MRTV überschneidet, in der § 616 BGB modifiziert wird.


2.2.2.3 Die beabsichtigten Warnstreiks verstoßen nach den derzeitigen Erkenntnissen auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie können deshalb nicht insgesamt durch einstweilige Verfügung untersagt werden; auch für die Anordnung von streikbeschränkenden Maßgaben fehlt es an hinreichend konkreten Darlegungen des Verfügungsklägers und einer entsprechenden Glaubhaftmachung.


2.2.2.3.1 Arbeitskampfmaßnahmen sind am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, der sich als Maßstab für die rechtliche Beurteilung von Arbeitskampfmaßnahmen deshalb eignet, weil durch die Ausübung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Betätigungsfreiheit regelmäßig in ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des unmittelbaren Kampfgegners und/oder von Dritten eingegriffen wird. Es bedarf daher einer Abwägung kollidierender Rechtspositionen. Das Abwägungspostulat der Verhältnismäßigkeit erfordert stets eine Würdigung, ob ein Kampfmittel zur Erreichung eines rechtmäßigen Kampfziels geeignet und erforderlich sowie bezogen auf das Kampfziel angemessen, also proportional bzw. verhältnismäßig im engeren Sinne, eingesetzt wird (BAG, 19.06.2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 ff. [1058] Rn 25, m.w.N.). Dabei unterliegen die Geeignetheit und Erforderlichkeit eines Kampfmittels der Einschätzungsprärogative der den Arbeitskampf führenden Koalition bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs. Etwas anderes gilt für Frage der Proportionalität, bei der es sich nicht um eine tatsächliche Einschätzung, sondern um eine rechtliche Abwägung handelt. Verhältnismäßig im engeren Sinne ist ein Arbeitskampfmittel, das sich unter hinreichender Würdigung der grundrechtlich gewährleisteten Betätigungsfreiheit zur Erreichung des angestrebten Kampfziels unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der von der Kampfmaßnahme unmittelbar oder mittelbar Betroffenen als angemessen darstellt. Dabei ist zu beachten, dass es gerade das Wesen einer Arbeitskampfmaßnahme ist, durch Zufügung wirtschaftlicher Nachteile Druck zur Erreichung eines legitimen Ziels auszuüben, so dass ein Arbeitskampfmittel erst dann unverhältnismäßig ist, wenn es sich auch unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs als unangemessene Beeinträchtigung gegenläufiger, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen darstellt (BAG, 19.06.2007, a.a.O.).


2.2.2.3.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass die beabsichtigten Arbeitskampfmaßnahmen der Verfügungsbeklagten gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, insbesondere die Proportionalität nicht wahren werden.


2.2.2.3.2.1 Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers ist ein gegen seine Mitgliedsunternehmen gerichteter Streik nicht aus Gründen der Gemeinwohlgefährdung generell ausgeschlossen.


Der Verfügungskläger verkennt, dass es sich bei diesen Betrieben nicht um solche der Daseinsvorsorge handelt, sondern die Arbeitnehmer seiner Mitgliedsunternehmen lediglich dort zur Bewachung der Objekte eingesetzt sind. Es geht nicht um die Überwachung des Betriebes eines KKW, sondern um den vom Betreiber des KKW bzw. der KTA an das jeweilige Mitgliedsunternehmen - teilweise - übertragenen Objektsicherungsdienst (OSD).


Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Betriebe der Kraftwerksbetreiben zumindest mittelbar durch einen streikbedingten zeitweiligen Ausfall von Mitarbeitern des OSD betroffen sind und sich hieraus Gefahren für Gesundheit und Leben der Bevölkerung und des Personals des Betreibers ergeben können. Ebenso sind erhebliche wirtschaftliche Folgen für die Kraftwerksbetreiberunternehmen denkbar, die dann, wenn sie mit dem Arbeitskampf beim Auftragnehmer, also den Mitgliedsunternehmen des Verfügungsklägers, in kausalem Zusammenhang stehen, eine Streikbeschränkung veranlassen könnte.


Der Verfügungskläger argumentiert zur Stützung seiner Auffassung, dass Streiks hier generell ausgeschlossen seien oder wenigstens ein Notdienst mit der behördlichen Mindeststärke eingerichtet werden müsste, in erster Linie mit Gefahren, die allgemein mit dem Betrieb von KKWen verbunden sind, überwiegend mit der Personalstärke des OSD jedoch nicht in Verbindung stehen. So sind die Arbeitnehmer der Mitgliedsunternehmen offensichtlich nicht in der Lage, einen terroristischen Angriff aus der Luft abzuwehren. Ihre Aufgabe ist es jedoch, den Zutritt zum Betriebsgelände zu kontrollieren und das Eindringen Unbefugter zu verhindern bzw. abzuwehren, auch um Sabotageakten entgegenzuwirken. Tritt während eines Warnstreiks in Störfall ein, ist es selbstverständlich, dass der Streik abgebrochen werden muss. Dies zieht jedoch auch die beklagte Gewerkschaft nicht in Zweifel, so dass auch nicht befürchtet werden muss, dass diese Schranke bei der Ausübung des Streikrechts zukünftig nicht beachtet würde.


2.2.2.3.2.2 Durch die Wahrnehmung dieser Aufgaben kann es zu Sicherheitslücken im OSD kommen, wenn Arbeitnehmer der Mitgliedsunternehmen streikbedingt ihre Tätigkeit nicht ausüben. Das vom Verfügungskläger beschriebene Szenario, dass es auch bei einem nur wenige Stunden - bei den bisherigen Arbeitskampfmaßnahmen jeweils bis zwei Stunden in KKWs, die zumindest teilweise in Betrieb waren, und bis zu vier Stunden in einem stillgelegten KKW) - dauernden Warnstreik zu einer (Schnell-)Abschaltung eines KKW kommen könnte, ergibt sich weder aus den vorgelegten Unterlagen noch aus den eidesstattlichen Versicherungen. Aus diesem Aspekt folgt keine - streikbedingt erhöhte - Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung.


Eine zeitweilige Unterbesetzung im OSD kann nach der Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen (Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung AtSMV) vom 14.10.1992 (BGBl. I, Nr. 48 S. 1766) wenn überhaupt - in den Anlagen ist dies nicht aufgeführt - allenfalls ein meldepflichtiges Ereignis der Kategorie E, N oder V darstellen, so dass eine Meldefrist nach § 8 AtSMV von mindestens 24 Stunden bestünde. Allein dieser zeitliche Ablauf - der Warnstreik wäre längst beendet - schließt es aus, dass eine Aufsichts- und Genehmigungsbehörde das Abschalten eines Reaktors anordnen könnte, abgesehen davon, dass es dafür auch keine Grundlage gäbe.


In den hierzu vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen heißt es hierzu immer einschränkend, dass es in „Extremfällen" zu einer Abschaltung kommen könnte. Was mit solchen Extremfällen gemeint ist, erschließt sich nicht. Beim - zufällig - gleichzeitigen Auftreten eines Störfalls wäre der Arbeitskampf nicht kausal und müsste im Übrigen, wie oben ausgeführt gegebenenfalls abgebrochen werden, soweit Sofortmaßnahmen durch den OSD erforderlich würden.


2.2.2.3.2.3 Hieraus ergibt sich, dass es streikbedingt auch nicht zu einem Versorgungsengpass der Bevölkerung mit Energie kommen kann, abgesehen davon, dass diese Versorgung auch während der Zeit gewährleistet war, als alle KKW nach den Ereignissen in Japan abgeschaltet waren.


2.2.2.3.2.4 Auch drohen aus einem streikbedingten Ausfall von Arbeitnehmern des Bewachungsunternehmens keine wirtschaftlichen Folgen für den jeweiligen Betreiber, die zu einer Rechtswidrigkeit der beabsichtigten weiteren Warnstreiks führen könnten. Wie ausgeführt bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass allein dieser Ausfall zu einer Abschaltung führen könnte und müsste.


Es ist aber auch nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass eine streikbedingte kurzzeitige Unterbesetzung zu einem Entzug der Genehmigung des Anlagenbetreibers führen könnte.


Auch wenn die genehmigungsrechtlichen Vorgaben, die sich allgemein aus den „Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und an Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen" (Bek. d. BMU vom 04.07.2008) und konkret aus den jeweiligen anlagenbezogenen Genehmigungen bzw. hierin enthaltenen Auflagen ergeben, kurzzeitig nicht in vollem Umfang eingehalten würden, ist nicht ersichtlich, dass dies (allein) zu einem Verlust der Genehmigung führen könnte.


2.2.2.3.2.5 Es ist jedoch davon auszugehen, dass im Sicherheitsinteresse die dort vorgesehene Mindestbesetzung gewährleistet werden muss, so dass sich hieraus eine Verpflichtung der beklagten Gewerkschaft ergibt, dass ein Warnstreik mit angemessener Frist angekündigt wird und eine Notdienstvereinbarung abzuschließen ist, die den zwingenden Bedarf an Kräften des OSD abdeckt.


Anhaltspunkte dafür, dass die beklagte Gewerkschaft diese Vorgaben zukünftig nicht beachten wird und ein Streik deshalb untersagt werden müsste, liegen nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Notdienstvereinbarungen nicht sicherstellen, dass der volle Bedarf allein mit Arbeitnehmern des Bewachungsunternehmens abgedeckt wird.


Was die Ankündigungsfrist anbelangt, deuten die Ausführungen des Verfügungsklägers auf ein falsches Verständnis von deren Funktion hin. Diese dienen nicht dazu, während ihres Laufs Ersatzpersonal auszubilden und einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Auch ist sie nicht dafür da, dem Arbeitskampfgegner ausreichend Zeit für ein gerichtliches Überprüfungsverfahren zu geben. Zweck der Ankündigungsfrist ist es alleine, dem Streikbetroffenen Gelegenheit zu geben, ausreichende organisatorische und personelle Maßnahmen zu treffen, um den Ausfall von Arbeitskräften soweit Rechnung zu tragen, wie es zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und des Anlagenbetriebs zwingend erforderlich ist.


Der Verfügungskläger hat auch nicht hinreichend konkret dargelegt und glaubhaft gemacht, dass eine Notdienstvereinbarung eine volle Abdeckung des Mindestpersonalbedarfs im OSD durch das beauftragte Bewachungs- und Sicherheitsunternehmen zwingend beinhalten muss.


Letztere sind nicht Verpflichtete aus den behördlichen Vorgaben, wie sich explizit aus der zitierten Anforderung an den OSD ergibt: Ziffer 6 regelt ausdrücklich, dass auch bei einer Beauftragung eines Bewachungsunternehmens die Verantwortung beim Anlagenbetreiber verbleibt.


Aus den vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen der drei Kraftwerksbetreiber lässt sich auch nicht entnehmen, dass diese nicht eigenes Personal zur Verfügung haben oder kurzfristig beschaffen können, das einen Teil der Aufgaben des OSD während der kurzzeitigen Arbeitsniederlegung wahrnehmen könnte. Auch wenn in zwei der - im wesentlichen gleichlautenden und offenbar vorformulierten - Erklärungen der Passus enthalten ist, dass eine voller Ersatz an Personal nicht möglich sei, steht jedenfalls fest, dass in gewissem Umfang Vorkehrungen getroffen worden sind - und nach Ziffer 3.5 der Anforderungen OSD getroffen werden mussten -, dass Personalausfälle beim beauftragten Bewachungsunternehmen kompensiert werden können. Ob der Betreiber darüber hinaus für die Sicherung der Außenanlagen gegen unbefugtes Eindringen auch polizeilichen Schutz in Anspruch nehmen könnte, muss hier nicht weiter erörtert werden.


2.2.2.4 Mangels konkreter Angaben zum jeweiligen anlagenspezifischen Mindestbedarf - unter Einbeziehung des zur Verfügung stehenden Personals des Anlagenbetreibers - konnte die Formulierung einer Rahmennotdienstvereinbarung zwischen den Parteien nicht im vorliegenden Verfahren erfolgen. Dem Verfügungsbeklagten bleibt es unbenommen, eine solche bzw. eine konkrete anlagenbezogene Notdienstvereinbarung gegebenenfalls in einem gesonderten Gerichtsverfahren durchzusetzen, soweit die vom Verfügungsbeklagte vor Durchführung weiterer Warnstreiks jeweils anzubietenden Notdienstvereinbarungen nicht ausreichend sein sollten.


2.3 Hiernach waren nicht nur der Hauptantrag, sondern auch sämtliche Hilfsanträge als unbegründet zurückzuweisen, wobei den Hilfsanträgen keine eigenständige Bedeutung zukam, da sie alleine vor dem Hintergrund angekündigt wurden, dass das Gericht bei einer Rechtswidrigkeit einer einzelnen Streikforderung nicht den gesamten Streik als rechtswidrig ansehen würde. Entsprechendes gilt für den zusätzlich in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag zu einer Mindestbesetzung bei Notdienstplänen.


3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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