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Arbeitsrecht
18.03.2008
Arbeitsrecht
ArbG Mönchengladbach: Schadenersatz wegen veruntreuter Gelder

ArbG Mönchengladbach,  Urteil vom 20.2.2008 - 5 Ca 3794/07

Leitsatz:

Ein Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber Schadenersatz zu leisten, wenn er vom Kunden Geld vereinnahmt hat und es nicht an den Arbeitgeber weiterreicht - jedenfalls wenn er die Einnahmen vorsätzlich verschleiert hat.

§ 280 BGB

sachverhalt:

Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten.

Der Beklagte arbeitete seit 1991 bei der Klägerin, zuletzt seit 2005 als Leiter Gebrauchtwagenverkauf. In 34 Fällen, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, verkaufte der Beklagte zuvor verleaste Fahrzeuge und nahm die jeweiligen Kaufpreise in bar in Empfang, ohne die Beträge bei der Klägerin ordnungsgemäß verbuchen zu lassen.

Die Klägerin löste die jeweiligen Fahrzeuge bei der W.Leasing Bank ab und erhielt danach die jeweiligen Fahrzeugbriefe. Der Beklagte übereignete die Fahrzeuge an unterschiedliche Kunden, zum überwiegenden Teil an die Firma „H. G. In den überwiegenden Fällen erzielte der Beklagte einen Kaufpreis, der unter dem Wert des im Leasingvertrag festgeschriebenen Rückkaufwertes lag.

Wegen der einzelnen Fälle wird auf die Nr. 1 bis Nr. 34 der Klagschrift (Bl. 3 bis 24 d. GA) verwiesen. Die Vorfälle sind unstreitig.

Die Klägerin kündigte dem Beklagten außerordentlich am 25.09.2007. Mit Urteil hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichtes Mönchengladbach (zum Aktenzeichen 8.) die gegen die fristlose Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der von dem Beklagten zu leistende Schadenersatz sich aus den Beträgen zusammensetze, die die Klägerin im Verhältnis zur W.Leasing-Bank hat zahlen müssen. Lediglich in den Fällen, in denen der Beklagte einen höheren Kaufpreis erzielt habe, sei dieser Wert maßgeblich. Da der Beklagte fingierte Rechnungen geschrieben hatte, die nicht im Bestand der Klägerin aufzufinden gewesen seien, sei das Fehlen der Fahrzeuge zunächst nicht aufgefallen. Der Zeitwert der von dem Beklagten veräußerten PKWs, die Gegenstand der vorliegenden Klage sind, könne die Klägerin nicht mehr ermitteln, da die Fahrzeuge zur Begutachtung nicht mehr bei der Klägerin seien. Die meisten Fahrzeuge dürften sich bereits im Ausland befinden. Es sei jedoch der Leasing-Kaufpreis im Verhältnis zur Bank ein Anhaltspunkt dafür, wie sich die Schadenhöhe bemesse, so dass dieser Wert angesetzt werden könne.

den Beklagten zu verurteilen, an sie 502.669,27 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit dem 15. Dezember 2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass er das Geld nicht für sich vereinnahmt habe, um sich zu bereichern, sondern um ein im Laufe der Zeit entstandenes Durcheinander im Fahrzeug- und Papierbestand zu kaschieren, um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Nachdem er festgestellt habe, dass ein bereits veräußertes Fahrzeug im Bestand der Kasse noch nicht bezahlt worden sei, habe er den Kaufpreis eines anderen Fahrzeugs dazu verwandt, das entstandene „Loch zu stopfen". Leider seien immer mehr Löcher entstanden, so dass er die Einnahmen aus aktuellen Verkäufen dazu benutzt habe, fehlende Kaufpreiszahlungen in der Buchhaltung der Klägerin zu begleichen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Höhe der Leasingkaufpreiszahlungen nicht als Schadenersatzhöhe herangezogen werden könnten, da der Sachwert immer geringer sei, als im Leasingvertrag angegeben.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

aus den gründen:

Die zulässige Klage ist zum großen Teil begründet. Die Klägerin kann gemäß § 280 BGB in Verbindung mit § 611 BGB und den arbeitsvertraglichen Bedingungen des Beklagten einen Schadenersatz in Höhe von 433.919,95 € verlangen. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, weder aus § 280 BGB, noch aus anderen Rechtsgründen.

Der Beklagte hat vorliegend die entsprechenden Kaufpreise für die verkauften Autos, welche unter den Nummern 1 - 34 der GA von der Klägerin unwidersprochen geschildert worden sind, nicht an die Klägerin abgeführt.

Die unsubstantiierten gegenteiligen Behauptungen des Beklagten waren unbeachtlich. Sein Erklärungsversuch, wo denn das Geld geblieben sei, überzeugte die Kammer in keiner Weise. Es ist schon wenig verständlich, warum die Löcher zwischen dem Ist-Bestand an Fahrzeugen und dem Soll-Bestand im Kassenbestand immer größer geworden seien. Noch nicht einmal dies kann der Beklagte plausibel erklären. Ferner kann er nicht erklären, wo das Geld auf welches Konto bei der Klägerin eingezahlt worden sei. Er war nach dem Arbeitsvertrag jedoch verpflichtet, den Kaufpreis, den er in bar in Empfang genommen hatte, an die Klägerin weiterzureichen. Dies hat er - in nachprüfbarer Weise - nicht getan.

Das Geld ist dem Beklagten auch nicht in einer Art und Weise abhanden gekommen, dass nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung dazu geführt hätte, dass er gegebenenfalls nicht für den (vollen) Betrag haften würde. Dies behauptet der Beklagte selbst nicht. Vielmehr hat er vorsätzlich nach seinen eigenen Behauptungen Verträge und Zahlungen verschleiert. Selbst wenn seine Behauptung stimmen sollte, dass er sich nicht persönlich bereichert habe, trägt er doch die Verantwortung für die vorgenommene Verschleierung, mit der Folge, dass er in voller Höhe für den Schaden haftet. Insgesamt hat der Beklagte in den folgenden Fällen folgendes in bar erhalten:

Nr. 1

48.550,00 €

Nr. 2

15.000,00 €

Nr. 3

10.499,99 €

Nr. 4

14.500,00 €

Nr. 5

8.800,00 €

Nr. 6

9.300,00 €

Nr. 7

10.000,00 €

Nr. 8

13.000,00 €

Nr. 9

8.500,00 €

Nr. 10

10.250,00 €

Nr. 11

11.500,00 €

Nr. 12

9.500,00 €

Nr. 13

8.500,00 €

Nr. 14

12.500,00 €

Nr. 15

16.999,99 €

Nr. 16

10.000,00 €

Nr. 17

12.500,00 €

Nr. 18

15.800,00 €

Nr. 19

7.500,00 €

Nr. 20

15.000,00 €

Nr. 21

10.499,99 €

Nr. 22

12.820,00 €

Nr. 23

10.499,99 €

Nr. 24

3.000,00 €

Nr. 25

5.000,00 €

Nr. 26

12.000,00 €

Nr. 27

10.500,00 €

Nr. 28

7.500,00 €

Nr. 29

33.000,00 €

Nr. 30

13.000,00 €

Nr. 31

11.000,00 €

Nr. 32

12.200,00 €

Nr. 33

18.699,99 €

Nr. 34

6.000,00 €

Summe:

433.919,95 €

Der Beklagte schuldet entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht die in den meisten Fällen höhere Kaufpreissumme, die die Klägerin gegenüber der W.Leasing-Bank hat zahlen müssen, um den Fahrzeugbrief zurückzuerhalten.

In der Tat ist es richtig, dass die Klägerin den Zeitwert der entsprechenden Autos wegen des Verhaltens des Beklagten nicht mehr feststellen konnte und nicht mehr feststellen kann. Insofern kann es durchaus legitim sein, die von der W.Leasing-Bank angenommenen Restkaufpreise bei der Schadenshöhe heranzuziehen, § 249 BGB i.V.m. § 287 ZPO. Jedoch muss berücksichtigt werden, wie hoch die Schadenshöhe wäre, hätte sich der Beklagte rechtmäßig verhalten. In der Tat hätte die Klägerin gegenüber dem Beklagten keine Schadenersatzansprüche geltend machen können, hätte dieser die Kaufpreise abgeführt. Dies gilt auch in dem Fall, in dem der Beklagte einen Kaufpreis erzielt hätte, welcher geringer wäre als der Kaufpreis, den die Klägerin im Verhältnis zur W.Leasing-Bank verpflichtet war zu zahlen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kaufverträge vom Beklagten sehr zeitnah nach Ende des Leasingvertrages abgewickelt worden sind, (bis auf die Fälle des vorzeitigen Verkaufes während der Laufzeit des Leasing-Vertrages) bedeutet dies nicht, dass aus diesem Umstand geschlossen werden kann, dass der Beklagte vorsätzlich einen zu geringen Kaufpreis erzielt hat. Auch aus der Tatsache, dass die meisten vorliegenden Verträge mit der Firma „H. Fahrzeugmanagement" abgewickelt worden sind und die Klägerin insofern vermutet, dass der Beklagte „Freundschaftspreise" vereinbart hat, lässt sich keine schlüssige Schadenersatzklage in der begehrten Höhe begründen. Die Indizien reichen alleine nicht aus, um festzustellen, dass der Beklagte tatsächlich - vorsätzlich oder grob fahrlässig - zu geringe Kaufpreise erzielt hat. Dies zeigen bereits die dokumentierten Fälle: Es gibt genügend Verträge, in dem der vom Beklagten erzielte Kaufpreis annähernd gleich ist mit der Höhe, die im Leasingvertrag genannt ist. Dies betrifft die geschilderten Fälle mit Nr. 10, Nr. 17, Nr. 21, Nr. 22, Nr. 23, Nr. 26, Nr. 27 und Nr. 33. In all diesen geschilderten Fällen liegen die beiden Werte lediglich um wenige hundert Euro auseinander.

Da die Klägerin vom Beklagten im Falle der Kaufpreisabführung tatsächlich keine Schadenersatzansprüche hätte geltend machen können - sie hätte ihm gegebenenfalls vorwerfen können, als Leiter Gebrauchtwagenverkauf einen schlechten Kaufpreis erzielt zu haben - kann die Klägerin, in dem der Beklagte den Kaufpreis nicht an sie nachvollziehbar abgeführt hat, eben den höheren Leasingrestkaufpreis nicht als Schadenersatz geltend machen. Dieses wäre nur möglich, wenn sie dem Beklagten nachweisen könne, zu ihren Lasten entsprechende „Freundschaftspreise" vereinbart zu haben. Die dazu vorgelegten Indizien reichen jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht aus. Die Klägerin stellt insofern lediglich Vermutungen an, die sich durch entsprechende objektive Tatsachen nicht erhärten lassen.

Die Nebenforderungen ergeben sich aus den §§ 284 ff BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

Die Streitwertentscheidung folgt aus den §§ 61, 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 3 ff ZPO.

Gründe für die besondere Zulassung der Berufung im Sinne des § 61 Abs. 3 i.V.m. Abs. 3a ArbGG lagen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin und dem Beklagten

B e r u f u n g

eingelegt werden, soweit ein Wert von 600,00 € überschritten wird.

Die Berufung muss

innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat

beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung

Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

*Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

gez. C.

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