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Arbeitsrecht
21.02.2008
Arbeitsrecht
LAG München: Sachaufwand des Betriebsrats

LAG München, Beschluss vom 19.12.2007 - Az. 11 TaBV 45/07

Leitsätze:

1.         Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikations-Technik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

z.         Bei der Feststellung der „Erforderlichkeit" im Sinne des Gesetzes hat der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen.

3.         Zu der in § 40 Abs. 2 BetrVG erwähnten Informations- und Kommunikationstechnik gehören insbesondere auch Computer mit entsprechender Software.

4.         Der Betriebsrat kann die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software allerdings - ebenso wie die übrigen in § 40 Abs. 2 BetrVG genannten Sachmittel - vom Arbeitgeber nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist.

5.         In einem Betrieb mit ca. 120 Arbeitnehmern, mit 38 räumlich bis zu 30 km voneinander entfernten Betriebsstätten, mit einem 7-köpfigen Betriebsrat, dessen Mitglieder in verschiedenen Betriebsstätten mit z.T. unterschiedlichen Arbeitszeiten beschäftigt sind, darf der Betriebsrat die Nutzung einer Textverarbeitung mittels eines - nicht vernetzten - Personalcomputers nebst Drucker für erforderlich im Sinne von§ 40 BetrVG halten.

6.         Ohne die begehrte Nutzungsmöglichkeit wird der Betriebsrat in der sachgerechten Ausübung seines Betriebsratsamts signifikant beeinträchtigt, weil die betriebsratsinternen Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse sowie die gremienbezogene Dokumentation qualitativ eingeschränkt sind, ferner weilsich ohne die Nutzung eines Personalcomputers mit Textverarbeitung die Kommunikation mit dem Arbeitgeber, der über eine Textverarbeitung verfügt, als ungleichgewichtig erweist. Dieses widerspricht jedoch dem Anliegen des Betriebsverfassungsgesetzes.

Sachverhalt:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen handelsüblichen PC nebst Monitor, Tastatur, Maus, Drucker mit Betriebssystem und Software zur Verfügung stellen muss.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der zu 2) beteiligte Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Er beschäftigt in Deutschland in ca. 10.000 Verkaufsstellen etwa 30.000 Arbeitnehmer. Die einzelnen Verkaufsstellen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, denen ein Bezirksleiter vorsteht. Diesen wiederum übergeordnet sind sog. Verkaufsbüros, bundesweit ca. 25 bis 30. Dem Bezirk München VI gehören 38 Verkaufsstellen an, in denen ca. 120 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Für den Bezirk München VI, der weit über die Münchner Stadtgrenze hinausreicht, ist der aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat gebildet.

Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten sind auf Arbeitgeberseite je nach Gesprächsgegenstand der Bezirksleiter, der Leiter des Verkaufsbüros oder auch die Zentrale in Ehingen.

Der Betriebsrat verfügt zur Erledigung von Büroarbeiten in seinem Betriebsratsbüro in Stockdorf über eine elektrische Schreibmaschine mit Korrekturband (ohne Speichermöglichkeit). Außerdem steht ihm eine Plastikkarte zur Verfügung, mit deren Hilfe er in einem Copyshop - der zum Betriebsratsbüro nächstgelegene befindet sich in Starnberg - bargeldlos Photokopien anfertigen lassen kann. Das für den Bezirk München VI zuständige Verkaufsbüro verfügt über eine komplette Büroeinrichtung einschließlich Computer und Peripherie. Der zuständige Bezirksleiter verfügt derzeit nicht über eine entsprechende elektronische Ausstattung.

Mit seinem beim Arbeitsgericht München am 6. Dezember 2001 eingegangenen Antrag im Beschlussverfahren vom 4. Dezember 2001 hat der Betriebsrat die Verpflichtung des Arbeitgebers begehrt, ihm einen Personalcomputer zur Verfügung zu stellen.

Zur Begründung hat er in erster Instanz vorgetragen, er verfüge über keine eigene Schreibkraft und müsse daher umfangreiche Korrespondenz mit dem Arbeitgeber, und den Beschäftigten sowie zwischen den Betriebsratsmitgliedern führen. Die stellvertretende Vorsitzende habe ein Telefon mit Amtsleitung. Die Betriebsratsvorsitzende habe ein mobiles Telefon. Andere Betriebsratsmitglieder verfügten über vergleichbare Einrichtungen in ihren Filialen nicht. Die Beschäftigten in dem Betrieb und die Betriebsratsmitglieder seien überwiegend in Teilzeit tätig. Dadurch gebe es kaum Zeiten, zu denen alle Betriebsratsmitglieder gleichzeitig arbeiteten. Einladungen müssten aber den Betriebsratsmitgliedern vor einer Sitzung bekannt gegeben werden, Protokolle müssten erstellt und den Betriebsratsmitgliedern zugeleitet werden. Änderungen der Einladungen bedürften hier ebenfalls wegen der schwierigen Kontaktaufnahme mit den Betriebsratsmitgliedern der Schriftform. Die fehlende telefonische Kommunikation führe dazu, dass der schriftlichen Kommunikation eine noch größere Bedeutung zukomme. Anders als in räumlich und auf einem Gelände untergebrachten Betrieben sei andernfalls eine Kontaktaufnahme mit Betriebsratsmitgliedern und den Beschäftigten während der Arbeitszeit nahezu ausgeschlossen. Weiter

bestehe in dem Betrieb aufgrund eines Spruchs einer Einigungsstelle eine Regelung zur Verrechnung über tarifliche Zulagen, die nur eine Bruchteilanrechnung übertariflicher Zulagen zulasse. Mit elektronischen Mitteln lasse sich die Einhaltung einer solchen Einigungsstellenentscheidung durch den Betriebsrat erheblich besser kontrollieren. Aufgrund der Vielzahl der Teilzeitkräfte - so der Betriebsrat weiter - und der Vielzahl von Oberstunden und der im Handel üblichen Arbeitszeiten und Besonderheiten in der Arbeitszeit sei die Kontrolle der Personalplanung und die Prüfung von Zeit- und Geldzuschlägen durch den Betriebsrat überaus aufwändig. Hier sei ebenso wie bei der Protokollerstellung die technische Unterstützung durch einen Computer überaus hilfreich. Der Betriebsrat müsse nicht mehr bei über 150 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit dem Taschenrechner die Oberschreitung der Regelarbeitszeit im Arbeitszeitsystem kontrollieren.

Der Betriebsrat hat in erster Instanz beantragt:

Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Antragsteller folgende Sachmittel zur Verfügung zu stellen:

Ein Personal Computer mittlerer Art und Güte nebst dazugehörigen Peripheriegeräten, wie Monitor, Tastatur, Maus, Drucker mittlerer Art und Güte, dazugehörige Software nebst Betriebssystem sowie Druckerpatrone für den Drucker, Papier, Disketten und CD-ROMs - sowie eine Schulung zur Einarbeitung in den PC im Umfang von mindestens drei Tagen für jedes Betriebsratsmitglied, sofern ein anderes Betriebssystem, als ein Betriebssystem der Standmarke WINDOWS zur Verfügung gestellt wird.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, die Zurverfügungstellung eines Personalcomputers sei für die ordnungsgemäße Erfüllung der Betriebsratsaufgaben nicht erforderlich. Der Betriebsrat verfüge über eine elektrische Schreibmaschine, mittels derer er problemlos alle anfallenden Schreibarbeiten erledigen könne.

Das Arbeitsgericht München hat durch Beschluss vom 15. Februar 2007, der dem Betriebsrat am 30. März 2007 zugestellt worden ist, den Antrag abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Betriebsrat habe nicht konkret dargelegt, warum im vorliegenden Fall die PC-Nutzung zur Ausübung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sei. Die Ausführungen des Betriebsrats beschränkten sich auf die abstrakte Aufzählung von Möglichkeiten, mit denen ein PC zur rationellen Erledigung der Betriebsratstätigkeit eingesetzt werden könne. Die Erforderlichkeit des Einsatzes eines PCs sei damit nach Überzeugung der Kammer in keiner Weise dargetan.

Gegen den Beschluss vom 15. Februar 2007 hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 19. April 2007, der beim Landesarbeitsgericht München am 20. April 2007 eingegangen ist, Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens im Einzelnen unter näherer Spezifizierung vor, in welchen Bereichen er vor der Notwendigkeit stehe, Schriftgut zu erstellen und zu bearbeiten. Die Bereitstellung eines Personalcomputers nebst Zubehör gehöre als Ergebnis der Einfügung der Informations- und Kommunikationstechnik seit der diesbezüglichen Gesetzesänderung ohne nähere Begründung durch den Betriebsrat zu den erforderlichen Sachmitteln der Betriebsratsarbeit. Personalcomputer mit der dazu gehörenden Peripherie und Software gehörten heute zu einer normalen Büroausstattung. Einer besonderen Begründung der Erforderlichkeit bedürfe es nur in den Fällen, in denen der Betriebsrat mehr als einen Standard-PC benötige, was hier jedoch nicht der Fall sei. In allen anderen Fällen leite sich die Erforderlichkeit bereits aus der Notwendigkeit ab, dass ein Betriebsrat Schriftstücke verfassen (etwa Betriebsratsprotokolle), Präsentationsunterlagen erstellen (etwa Folien für Betriebsrats-Versammlungen) und Berechnungen (etwa zu betriebswirtschaftlichen Fragen des Betriebs) anstellen können müsse. Die Erforderlichkeit werde damit hier ebenso selbstverständlich wie die der Zurverfügungstellung von Papier und Bleistift. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass es auf

eine Herabwürdigung des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber, der Belegschaft und Dritten hinauslaufe, wenn er durch mangelhafte Büroausstattung gezwungen sei, den Mindeststandard des heutigen Schriftverkehrs zu unterschreiten und wenn der Betriebsrat, um nicht zu viel Zeit bis zur endgültigen Erstellung des endgültigen Text in Schönschrift zu verwenden, sich in handschriftlichen oder maschinenschriftlichen, eventuell entsprechend korrigierten Erstfassungen äußern müsse . Der Betriebsrat trägt weiter vor, ohne den Einsatz eines Personalcomputers müsste die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden. Die Erledigung der sich dem Betriebsrat stellenden Aufgaben mithilfe eines Personalcomputers führe zu einer wöchentlichen Zeitersparnis von ungefähr 3 Stunden und 23 Minuten.

Der Arbeitgeber erwidert, es möge dem Betriebsrat „angenehm" seien, einen Personalcomputer zu haben. Erforderlich sei das aber gerade nicht, wie zuletzt das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 16. Mai 2007 (7 ABR 45/06) festgestellt habe. Die vom Betriebsrat vorgelegte Berechnung einer fiktiven Arbeitsersparnis sei im Übrigen auch nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Aus den Gründen:

Die Beschwerde hat Erfolg. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat einen Personalcomputer nebst Zubehör und Software zur Verfügung zu stellen.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers ergibt sich aus § 40 BetrVG.

1.         Nach dieser Vorschrift trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dabei ist er gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG insbesondere dazu verpflichtet, dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

a)         Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Beschl. vom 16.5.2007, Az.: 7 ABR 45/06, NZA 2007,1117 m.w.N.) obliegt die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, dem Betriebsrat. Die Entscheidung hierüber darf der Betriebsrat nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen.

b)         Zu der in § 40 Abs. 2 BetrVG in der ab 28. Juli 2001 geltenden Fassung erstmals ausdrücklich erwähnten Informations- und Kommunikationstechnik gehören insbesondere auch Computer mit entsprechender Software (BT-Drucks. 14/5741 S. 41). Der Betriebsrat kann die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software allerdings - ebenso wie die übrigen in § 40 Abs. 2 BetrVG genannten Sachmittel - vom Arbeitgeber nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Indem § 40 Abs. 2 BetrVG den Anspruch des Betriebsrats auf Sachmittel im erforderlichen Umfang beschränkt, gewährt das Gesetz keine (nicht näher definierte) "Normal- oder Grundausstattung" (BAG, Beschluss vom 11. 03.1998, 7 ABR 59/96, AP Nr. 57 zu § 40 BetrVG 1972). Die Erforderlichkeit bestimmt sich auch nicht nach dem technischen Ausstattungsniveau des Arbeitgebers. Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Arbeitgeber bei Verhandlungen mit dem Betriebsrat seinerseits die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung nutzt. Insoweit kann es zur sachgerechten Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben geboten sein, dass der Betriebsrat ebenfalls über entsprechende Sachmittel verfügt (BAG, Beschl. V. 12.5.99, Az.: 9 ABR 36/97, NZA 1999,1290).

c)         Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Dabei ist die Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat, sondern bei seiner Entscheidung auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, können die Arbeitsgerichte die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch ihre eigene ersetzen.

2.         Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Kammer entgegen dem Arbeitsgericht zu der Auffassung gelangt, dass die begehrte Ausstattung des Betriebsrats mit einem Personalcomputer in der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und dass sich der Betriebsrat bei der ihm obliegenden Interessenabwägung zwischen den Interessen der Belegschaft einerseits und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer Kostenbegrenzung im Rahmen seines Beurteilungsspielraums gehalten hat.

a)         Die Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats setzt bereits auf Grund der gesetzlichen Vorgaben die Erstellung schriftlicher Dokumente voraus z.B. beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 2 BetrVG), bei der Protokollierung des Inhalts von Betriebsratssitzungen (§ 34 BetrVG), bei der Einladung zu Betriebsratssitzungen, bei der Begründung einer Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG sowie bei der Mitteilung von Bedenken gegen eine beabsichtigte Kündigung (§ 102 Abs. 2 BetrVG).

Der Betriebsrat hat darüber hinaus auch nachvollziehbar vorgetragen, dass in seiner konkreten Situation schriftliche Kommunikation und Dokumentation in erheblichem Umfang anfällt. Das ergibt sich einmal aus der nicht unerheblichen Größe des vom Betriebsrat vertretenen Betriebs mit ca. 120 Arbeitnehmer, der sich daraus ergebenden Größe des Betriebsrats mit sieben Mitgliedern, daraus dass die Verkaufsstellen und damit die vom Betriebsrat vertretenen Mitarbeiter über die Stadt München (West) und das angrenzende Umland bis an den Ammersee weit verteilt sind und dass schließlich auch die Betriebsräte nicht an einem Ort konzentriert sind und dabei auch noch teilweise unterschiedliche Arbeitszeiten haben. All dieses bedingt - woran die

Kammer keinen Zweifel hat - ein erhebliches Maß an Schriftlichkeit bei der Kommunikation und die erhöhte Notwendigkeit von schriftlicher Dokumentation.

b)         Diese Rahmenbedingungen führen dazu, dass der Betriebsrat die Ausstattung mit einem Personalcomputer zutreffend als erforderlich bewertet hat. Ohne die Möglichkeit, einen Personalcomputer, insbesondere die durch ihn mögliche Textverarbeitung für die Betriebsratsarbeit zu nutzen, wird der den Antrag stellende Betriebsrat in signifikanter Weise in seiner schriftlichen Kommunikationsfähigkeit beschnitten. Ohne Computer ist es ihm nicht möglich, unter mit dem Arbeitgeber annähernd gleichwertigen kommunikationstechnischen Ausgangsbedingungen zu verhandeln und zu kommunizieren.

aa)       Die Erfindung und Entwicklung des Personalcomputers mit der Möglichkeit der Textverarbeitung und Textbearbeitung hat zu einer qualitativen Veränderung des mit der Erstellung von Schriftgut verbundenen intellektuellen und manuellen Prozesses im Vergleich zur früher praktizierten handschriftlichen bzw. maschinenschriftlichen Manifestation von Gedanken und Mitteilungen geführt. Während bisher bei der Erstellung von Schriftgut die nachträgliche Veränderung von Worten, Passagen und Abschnitten mit der völligen manuellen Neuproduktion des Schriftstücks verbunden war und den Autor immer wieder vor die Entscheidung stellte, den Text unvollkommen in der Rohfassung oder Urfassung so zu belassen, wie er ist, oder ihn selbst neu zu schreiben oder - wenn man hat - durch eine Hilfskraft neu schreiben zu lassen, ermöglicht die Textverarbeitung eines Personalcomputers Veränderungen des Schriftgutes jedweden Umfangs mit geringstem Aufwand. Auf Grund des mit einer Veränderung des Textes verbundenen geringen Aufwands erhält der Verfasser zusätzlich die Möglichkeit, an Hand des schriftlich niedergelegten Gedankens zu überprüfen, ob das schriftlich Geäußerte tatsächlich seine Intention entspricht oder ob Korrekturen oder Ergänzungen erforderlich sind, mit Hilfe derer das Geschriebene in einem iterativen Prozess dem Gewollten weitgehend angenähert werden kann.

bb)       Diese qualitativ verbesserten technischen Möglichkeiten schriftlicher Dokumentation und Kommunikation gewinnen besondere Bedeutung bei Organen wie dem Betriebsrat, also bei Rechtssubjekten, die aus mehr als einer natürlichen Person bestehen. Wollen Mitglieder eines Organs zum Zweck einer gemeinsamen Entscheidungsfindung kommunizieren oder Vorgänge dokumentieren, muss ein zu kommunizierender bzw. zu dokumentierender Gedanke regelmäßig zunächst schriftlich fixiert werden, bevor er - nach Überprüfung und/oder Diskussion unter den Beteiligten - in einer dann endgültigen Form dem innerbetrieblichen Kommunikationspartner zugeleitet werden kann. Bei diesem Prozess der Erstellung kommunikativer Inhalte für den anderen Betriebspartner spielt die Schriftgut-Erstellung und -Bearbeitung mittels eines Personalcomputers (Textverarbeitung) eine zentrale Rolle. Beschränkt man den Betriebsrat bei der Erstellung seiner schriftlichen Dokumente auf Schreibmaschine und/oder Kugelschreiber, unterstellt man entweder, dass die Betriebsratsmitglieder in der Lage sind, ihre Gedanken „druckreif` zu Papier bringen, oder es wird ihnen zugemutet, eine korrigierte „Kladde" als Reinschrift zu den Akten zu nehmen oder dem Betriebspartner zuzuleiten.

cc)       Im Hinblick auf die Tatsache, dass im vorliegenden konkreten Fall, aber auch sonst häufig sprachlich und in der schriftlichen Artikulation wenig geschulte Mitarbeiter das Betriebsratsamt innehaben, führt die Versagung der PC-Nutzung in besonders starkem Maß zu einer kommunikativen Disparität der Betriebspartner, die mit dem Anliegen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht vereinbar ist. Der Arbeitgeber hat zwar darauf hingewiesen, dass die Bezirksleiter ebenfalls über keine PC-Nutzung verfügten. Dies führt jedoch nicht zur kommunikativen Parität, weil diese die Möglichkeit haben, sich der Kommunikations-Infrastruktur der Arbeitgeberin zu bedienen. Hinzu kommt, dass die Bezirksleiter nicht die einzigen Ansprechpartner für den Betriebsrat sind, sondern dass dieser auch mit den Verkaufsbüros und der Zentrale in Ehingen kommuniziert. Nur mit Hilfe eines Personalcomputers ist es den gewählten Betriebsräten möglich, unter mit dem Arbeitgeber annähernd gleichwertigen kommunikationstechnischen Ausgangsbedingungen Entscheidungen vorzubereiten, zu verhandeln, schriftlich zu kommunizieren und die für die Aufgabenerfüllung des Betriebsrats erforderliche interne Dokumentation auf dem heute allgemein üblichen Niveau zu führen.

c)         Der Betriebsrat hat sich bei der ihm obliegenden Interessenabwägung zwischen den Interessen der Belegschaft einerseits und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer Kostenbegrenzung auch im Rahmen seines Beurteilungsspielraums gehalten.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Belegschaft ein ganz erhebliches Interesse daran hat, dass das von ihr gewählte Repräsentationsorgan, zumindest von den kommunikativen Gegebenheiten her mit dem Betriebspartner sich ebenbürtig austauschen kann. Dem steht das Interesse des Arbeitgebers an einer Kostenbegrenzung gegenüber, das der Betriebsrat in vertretbarer Weise als weniger gewichtig eingeschätzt hat.

3.         Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob der Betriebsrat ohne die Ausrüstung mit einem Personalcomputer andere Betriebsratsaufgaben vernachlässigen müsste. Insbesondere ist auch nicht entscheidungsrelevant, dass - was unstreitig ist - die Arbeit mit Hilfe des Personalcomputers rationeller und effektiver gestaltet werden kann oder dass sie „angenehmer" ist.

a)         Das Bundesarbeitsgericht hat seine einen Anspruch verneinende Entscheidung vom 16.5.2007, a.a.O., Randziffer 27, damit begründet, dass der Betriebsrat seinen Anspruch darauf gestützt habe, dass ohne die Möglichkeit, mit Hilfe des PCs die Aufgaben rationeller und effektiver zu erledigen, die Erledigung anderer Betriebsratsaufgaben beeinträchtigt werde und dass er hierzu keine hinreichend spezifischen Fakten geliefert habe. Das Bundesarbeitsgericht hat an derselben Stelle betont, der Betriebsrat habe seinen Anspruch nicht darauf gestützt, dass er einen Personalcomputer brauche, um seine Betriebsratsaufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können.

b)         Im vorliegenden Fall hat sich der Betriebsrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.8.2005, Az. 12 TaBV 23/05, NZA-RR 2006,139, explizit auch darauf berufen, es laufe auf eine Herabwürdigung des Betriebsrats gegenüber Arbeitgeber, den Beschäftigten und Dritten hinaus, wenn er dazu gezwungen werde, viel Zeit darauf zu verwenden, den endgültigen Text in Schönschrift zu erstellen und sich in handschriftlichen oder maschinenschriftlichen, evtl. entsprechend korrigierten Erstfassungen äußern zu müssen.

c)         Es ist hier nicht zu entscheiden, ob und inwieweit die vom Betriebsrat im konkreten Fall für seine Feststellung der „Erforderlichkeit" eines sachlichen Mittels im Sinne von § 40 BetrVG gegebene Begründung das Bestehen eines Anspruchs un-

abhängig von der tatsächlichen Interessenlage begründen oder ausschließen kann. Jedenfalls hat der Betriebsrat im vorliegenden Fall hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich durch die Vorenthaltung einer PC-Nutzung in der sachgerechten Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben eingeschränkt fühlt. Mit dieser Einschätzung wie auch der Beurteilung, dass unter Abwägung der Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben einerseits, des Kostenbegrenzungsinteresses des Arbeitgebers andererseits die Nutzung eines Personalcomputers - ohne Vernetzung - erforderlich ist, hat sich der Betriebsrat im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums gehalten, so dass sein auf § 40 Abs. 2 BetrVG gestützter Anspruch begründet ist.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 12 Abs. 5 ArbGG.

Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie im Hinblick auf die Tatsache, dass die vorliegende Entscheidung zumindest im Ergebnis mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.5.2007 im Widerspruch steht, gern. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

V. Rechtsmittelbelehrung.

Gegen diesen Beschluss kann der Arbeitgeber Rechtsbeschwerde einlegen.

Für den Betriebsrat ist gegen den Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.

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