LAG Nürnberg: Regelung zur Ausgleichzulage in einem Überleitungstarifvertrag
LAG Nürnberg, Urteil vom 30.4.2013 - 7 Sa 661/12
Leitsatz
Ist in einem Überleitungstarifvertrag geregelt, dass eine Ausgleichszulage, die dem Bestandsschutz dient, bei einer Höhergruppierung (teilweise) auf die sich aus der Höhergruppierung ergebende Entgeltdifferenz angerechnet werden kann, findet keine erneute Überleitung statt, sondern es ist auf die zum Stichtag festgesetzte Ausgleichszulage abzustellen. Wird der Arbeitnehmer ein weiteres Mal höhergruppiert, erfolgt die neuerliche Anrechnung auf die bereits gekürzte Ausgleichszulage.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Ausgleichszulage.
Die Klägerin ist seit 01.05.2002 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 01.05.2002 zugrunde. Nach dessen § 2 gelten für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften der KVB - Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.
Die Klägerin erhielt bis 30.06.2007 aufgrund des bis dahin geltenden tariflichen Vergütungssystems eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.804,33 € brutto.
Zum 01.07.2007 wurde das tarifliche Entlohnungssystem geändert. Die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di schlossen am 01.07.2007 einen Überleitungstarifvertrag (i.F.: ÜTV; Bl. 14 d.A.). Dessen § 3 lautet auszugsweise:
(1) Mitarbeiter, die nach dem bis zum 31.12.2005 gültigen Vergütungstarifvertrag eine höhere Grundvergütung hatten, erhalten den Differenzbetrag zwischen der am 30.06.2007 bezogenen Grundvergütung zuzüglich der Dienstalterszulage, der Maschinenzulage und der Stellenzulage und der am 01.07.2007 bezogenen Grundvergütung als Ausgleichzulage. . . . Die vereinbarte lineare Erhöhung von 3,8% wird vor der Berechnung der Ausgleichszulage auf das bestehende Grundgehalt vom 30.06.2007 als Berechnungsbasis hinzugerechnet.
(2) Bei Höhergruppierungen wird die Ausgleichzulage auf die Erhöhung der Grundvergütung angerechnet. Sie darf bei einer Höhergruppierung jedoch höchstens um die Hälfte der Differenz zu der neuen Vergütungsgruppe gemindert werden. Dies gilt entsprechend für die Gewährung von Zulagen gem. § 14 Abs. 3 und 4 des Manteltarifvertrags (TV-A).
(3) Im Rahmen einer Herabgruppierung nach dem 01.07.2007 bleibt die Ausgleichszulage unverändert bestehen.
(4) Die Ausgleichszulage nimmt ebenfalls an linearen Tariferhöhungen teil.
(5) . . .
Unter dem 12.07.2007 informierten die Tarifkommissionen der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di die Mitarbeiter der Beklagten über das Ergebnis der Tarifverhandlungen.
In dem Schreiben heißt es u.a.:
Die Grundvergütungstabelle wird ab 1. Juli 2007 einheitlich auf das Niveau eines 26-Jährigen mit vier Jahren Tätigkeit für die K... festgelegt. Der Tarifvertrag KVB setzt damit Forderungen des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) um. Für Mitarbeiter, die nach dem bisherigen Vergütungstarifvertrag eine höhere Grundvergütung erhalten haben, ergibt sich aus dieser Neuregelung jedoch kein Nachteil: Sie erhalten den Differenzbetrag zwischen ihrer bisherigen Grundvergütung inklusive Zulagen und der neu festgelegten Grundvergütung als Ausgleichszulage. Diese individuelle Ausgleichszulage wird auch bei sämtlichen Tariferhöhungen sowie bei der Berechnung der Höhe der Leistungszulagen mit berücksichtigt. Eine Senkung der Ausgleichszulage erfolgt bei Höhergruppierungen oder der Gewährung von Zulagen gem. § 14 Abs. 3 und 4 des Manteltarifvertrags (TV-A), und zwar höchstens um die Hälfte der Vergütungssteigerung durch eine solche Maßnahme.
Aufgrund der Regelungen in § 3 ÜTV erhielt die Klägerin ab 01.07.2007 eine Ausgleichszulage in Höhe von 174,60 € brutto.
Zum 01.07.2008 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe 6 Stufe 2 höhergruppiert. Dies entsprach 2.730,90 € brutto. Die Beklagte kürzte die Ausgleichszulage von 174,60 € auf 154,21 € brutto.
Ab 01.09.2008 erhielt die Klägerin eine Zulage gemäß § 14 Absatz 3 TV - A. Zum 01.03.2009 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe 7 Stufe 2 = 3.181,28 € eingruppiert. Die Beklagte berechnete eine Ausgleichszulage in Höhe von 40,92 € brutto. Aufgrund einer Tariferhöhung von 2,4 % zahlte die Beklagte der Klägerin bis März 2011 eine Ausgleichszulage von 41,91 € brutto.
Ab April 2011 verweigert die Beklagte die Zahlung einer Ausgleichszulage.
Die Klägerin erhob am 23.11.2011 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der sie, beginnend ab April 2011, eine monatliche Ausgleichszulage von 41,91 € brutto geltend macht.
Mit Endurteil vom 30.08.2012 wies das Arbeitsgericht Nürnberg die Klage ab und ließ die Berufung zu.
Das Urteil wurde der Klägerin am 05.11.2012 zugestellt.
Die Klägerin legte gegen das Urteil am 30.11.2012 Berufung ein und begründete sie am 07.02.2013. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.
Die Klägerin macht geltend, die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Ausgleichszulage, die zu ihrem vollständigen Wegfall geführt habe, entspreche nicht den Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien. Sinn und Zweck des Überleitungstarifvertrags sei es gewesen, dass auch finanzielle Verluste, die durch das „Nicht - Mehr - Erreichen" der höheren Vergütungsgruppe entstünden, durch die Ausgleichszulage hätten ausgeglichen werden sollen. Zum Beweis hierfür hat der Kläger die Einvernahme des Gesamtpersonalratsvorsitzenden H... beantragt.
Auch in dem gemeinsamen Schreiben der Tarifvertragsparteien vom 12.07.2007 sei klargestellt worden, dass sich für Mitarbeiter keine Nachteile ergäben. Die Tarifvertragsparteien hätten zum Ausdruck gebracht, dass bei Höhergruppierungen nicht die Ausgangsausgleichszulage bei Höhergruppierungen heranzuziehen sei, sondern dass bei Höhergruppierungen als Differenzbetrag für die Ausgleichszulage der jeweilige Betrag heranzuziehen sei, der sich aus der höheren Gruppe abzüglich der bisherigen Gruppe ergebe. Die Ausgleichszulage sei daher bei einer Höhergruppierung im Zuge einer erneuten Überleitung in eine neue Vergütungsgruppe anzupassen.
Zumindest sei bei der zweiten Höhergruppierung die Anfangsausgleichszulage von 174,60 € herzuziehen.
Die Klägerin meint, der Anspruch bestehe darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung. Die Beklagte habe die Ausgleichszulage über drei Jahre lang gewährt. Die Grundsätze zur betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst seien nicht anzuwenden, da es sich bei der Beklagten um keinen Arbeitgeber des klassischen öffentlichen Dienstes handele.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 30.08.2012 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 670,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB
aus EUR 41,91 seit 16.04.2011, aus EUR 41,91 seit 16.05.2011, aus EUR 41,91
seit 16.06.2011, aus EUR 41,91 seit 16.07.2011, aus EUR 41,91 seit 16.08.2011,
aus EUR 41,91 seit 16.09.2011, aus EUR 41,91 seit 16.10.2011, aus EUR 41,91
seit 16.11.2011, aus EUR 41,91 seit 16.12.2011, aus EUR 41,91 seit 16.01.2012,
aus EUR 41,91 seit 16.02.2012, aus EUR 41,91 seit 16.03.2012, aus EUR 41,91
seit 16.04.2012, aus EUR 41,91 seit 16.05.2012, aus EUR 41,91 seit 16.06.2012
und aus EUR 41,91 seit 16.07.2012 zu zahlen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 630,56 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB
aus EUR 39,41, seit 16.04. 2011, aus EUR 39,41 seit 16.05.2011, aus EUR 39,41
seit 16.06.2011, aus EUR 39,41 seit 16.07.2011, aus EUR 39,41 seit 16.08.2011,
aus EUR 39,41 seit 16.09.2011, aus EUR 39,41 seit 16.10.2011, aus EUR 39,41
seit 16.11.2011, aus EUR 39,41 seit 16.12.2011, aus EUR 39,41 seit 16.01.2012,
aus EUR 39,41 seit 16.02.2012, aus EUR 39,41 seit 16.03.2012, aus EUR 39,41
seit 16.04.2012, aus EUR 39,41 seit 16.05.2012, aus EUR 39,41 seit 16.06.2012
und aus EUR 39,41 seit 16.07.2012 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte führt aus, in der Vergangenheit sei die Berechnung irrtümlicherweise fehlerhaft durchgeführt worden. Es existierten keine Anhaltspunkte für die Annahme, sie, die Beklagte, habe bewusst überobligatorische Leistungen erbringen wollen.
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
Aus den Gründen
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 a) und b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, keinen Anspruch (mehr) auf eine Ausgleichszulage, § 2 des Arbeitsvertrags vom 01.05.2002 iVm § 3 des Überleitungstarifvertrags vom 01.07.2007. Insbesondere findet bei einer Höhergruppierung weder eine erneute Überleitung und Neuberechnung der Ausgleichszulage statt noch wird bei der erneuten Anrechnung auf die ursprüngliche Ausgleichszulage abgestellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 26.03.2013 - 3 AZR 68/11; juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Rechtsansicht der Klägerin nicht gefolgt werden.
§ 3 Absatz 1 ÜTV begründet einen Anspruch auf die Zahlung einer Ausgleichszulage für die Mitarbeiter, die infolge der Umstellung des tariflichen Vergütungssystems eine geringere Vergütung erhalten würden als vor der Geltung der neuen tariflichen Regelungen. Die Höhe der Ausgleichszulage ist danach identisch mit der Differenz zwischen der bisherigen Vergütung, vorliegend bestehend aus Grundvergütung und Dienstalterszulage, und der nach der Tarifänderung bestehenden Vergütung. Maßgebend war dabei nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Absatz 1 ÜTV der Verdienst am 30.06.2007. Insoweit liegt eine Stichtagsregelung vor.
In den Absätzen 2 bis 4 haben die Tarifvertragsparteien geregelt, unter welchen Voraussetzungen die nach Absatz 1 errechnete Ausgleichszulage verändert werden kann.
So bestimmt § 3 Absatz 4 ÜTV, dass die Ausgleichszulage an Tariflohnerhöhungen teilnimmt, d.h., nicht nur nicht angerechnet wird, sondern sich mit der Vergütung insgesamt erhöht.
Daneben haben die Tarifvertragsparteien in § 3 Absatz 3 ÜTV bestimmt, dass eine Herabgruppierung auf die Höhe der Ausgleichszulage keinen Einfluss hat, insoweit also unschädlich ist.
Lediglich bei einer Höhergruppierung oder der Gewährung von Zulagen nach § 14 Absatz 3 und 4 TV-A soll nach dem Willen der tarifschließenden Parteien eine Verrechnung der Ausgleichszulage mit der durch die Höhergruppierung erfolgten Steigerung der Vergütung stattfinden.
Bei der Ausgleichszulage im Sinne des § 3 Absatz 2 ÜTV handelt es sich denknotwendig um die gemäß Absatz 1 gebildete Ausgleichszulage. Dies ergibt sich aus der Formulierung „die Ausgleichszulage". Im Absatz 1 wird der Begriff „Ausgleichszulage" das erste Mal im Sinne einer Definition genannt. Danach ist die Ausgleichszulage die Vergütungsdifferenz. Aus dem Umstand, dass Absatz 2 ohne nähere Bezeichnung den Begriff Ausgleichszulage verwendet, ist zu folgern, dass damit die nach Absatz 1 definierte und festgesetzte Ausgleichszulage gemeint ist. Für eine andere Auslegung enthält der Text des Tarifvertrags keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere lässt sich dem ÜTV an keiner Stelle der Wille der Tarifvertragsparteien entnehmen, es solle bei einer Höhergruppierung eine neuerliche Überleitung stattfinden. Dies würde auch dem Stichtagscharakter widersprechen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Formulierung in Absatz 2 Satz 2, in der auf die Differenz zu der neuen Vergütungsgruppe abgestellt wird. Diese Differenz ist nicht Basis für eine Neuberechnung der Ausgleichszulage im Sinne einer erneuten Überleitung, sondern ist entscheidend für die Frage, in welchem Umfang die nach Absatz 1 berechnete Ausgleichszulage anlässlich einer Höhergruppierung gemindert werden darf. Dies bestimmt sich nach der Differenz zwischen der alten, aber bereits nach der Tarifänderung maßgeblichen Vergütungsgruppe mit der neuen. Durch die Anrechnungsregel soll sichergestellt werden, dass dem höhergruppierten Mitarbeiter ein Teil der höheren Vergütung verbleibt.
Erfolgt eine weitere Höhergruppierung, ist nicht auf die ursprüngliche, sondern auf die bereits gekürzte Ausgleichszulage abzustellen.
Die Tarifvertragsparteien haben den Fall mehrfacher Höhergruppierung zwar nicht ausdrücklich geregelt. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts kann daraus indes nicht abgeleitet werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei einer erneuten Höhergruppierung wieder auf die ursprünglich errechnete Ausgleichszulage abstellen wollen. Einer solchen Auslegung stehen insbesondere Sinn und Zweck der Anrechnungsbestimmungen entgegen.
Die Tarifvertragsparteien wollten mit dem Überleitungstarifvertrag einerseits negative finanzielle Auswirkungen der Tarifumstellung für die bestehenden Arbeitsverhältnisse ausgleichen, d.h., die Mitarbeiter sollten keinen Nachteil erleiden, der Bestand sollte gesichert werden.
Haben die Tarifvertragsparteien in ihren Vereinbarungen künftige Anrechnungsmöglichkeiten vorgesehen, ist daraus regelmäßig zu folgern, dass eine je nach Ausgestaltung der Anrechnungsmöglichkeiten mehr oder weniger moderate Angleichung der Vergütung an das neue Vergütungssystem stattfinden soll. Insoweit steht den Tarifvertragsparteien ein weites Gestaltungsrecht zu.
Eröffnet der Tarifvertrag die Möglichkeit, bestimmte Änderungen in der Höhe der Vergütung zum Anlass zu nehmen, eine Ausgleichs- oder Bestandszulage zu mindern, bedeutet dies, wenn keine anderweitigen Anhaltspunkte vorliegen, im Zweifel, dass eine erfolgte Anrechnung und Minderung der Ausgleichszulage konstitutiv wirkt, d.h., die Ausgleichszulage in der zulässigen Höhe endgültig zum Wegfall kommt.
Ein solcher Fall ist auch vorliegend gegeben. Insbesondere enthält der Überleitungstarifvertrag keinerlei Anhaltspunkte dafür, die bereits einmal erfolgte Kürzung der Ausgleichszulage werde bei einer weiteren Höhergruppierung obsolet und die ursprünglich errechnete Ausgleichszulage lebe quasi wieder auf.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der von den Tarifkommissionen unter dem 12.07.2007 verfassten Mitteilung an die Mitarbeiter. Diese gibt lediglich den Inhalt der tariflichen Regelungen wieder.
Es war nicht erforderlich, den von der Klägerin angebotenen Beweis zu erheben. Das Beweisangebot ist darauf gerichtet, zu bestätigen, Sinn und Zweck des Überleitungstarifvertrags sei gewesen, auch finanzielle Verluste, die durch das Nicht-Mehr-Erreichen(-Können) der höheren Endvergütung bei einer Höhergruppierung entstünden, auszugleichen. Abgesehen davon, dass das Beweisangebot keine Tatsachen benennt, aus denen sich diese Schlussfolgerung ziehen ließe, lässt, wie bereits ausgeführt, der Wortlaut des Überleitungstarifvertrags eine solche Auslegung nicht zu.
Die Ausgleichszulage der Klägerin ist anlässlich der Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe 7 Stufe 2 zum 01.03.2009 vollständig abgeschmolzen. Die Vergütung der Klägerin betrug bis Februar 2009 2.730,90 € brutto (Vergütungsgruppe 6 Stufe 2). Die Vergütung in der Vergütungsgruppe 7 Stufe 2 beträgt 3.181,28 € brutto. Die Differenz liegt demzufolge bei 275,78 € brutto. Hiervon durfte die Hälfte = 137,78 € brutto auf die verbliebene Ausgleichszulage angerechnet werden. Die von der Beklagten tatsächlich gezahlte Ausgleichszulage betrug zwar 154,21 € brutto. Der Klägerin stand indes lediglich eine Ausgleichszulage in Höhe von 124,02 € brutto zu. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin zum 01.07.2008 von der Vergütungsgruppe 5 Stufe 2 (2.629,73 € brutto) in die Vergütungsgruppe 6 Stufe 2 (2.730,90 € brutto) höhergruppiert wurde. Die Differenz der beiden Vergütungsgruppen lag bei 101,17 € brutto. Hiervon durfte die Beklagte 50,59 € auf die Ausgleichszulage anrechnen. Dadurch verringerte sich die Ausgleichszulage von 174,60 € brutto auf 124,02 € brutto. Mit der Anrechnung infolge der zweiten Höhergruppierung ist damit die gesamte restliche Ausgleichszulage verrechnet worden.
Der Anspruch kann nicht auf betriebliche Übung gestützt werden, auch wenn die Beklagte bis März 2011 eine Ausgleichszulage gezahlt hat. Insbesondere hat dies keinen vertraglichen Anspruch begründet.
Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Dabei bedarf lediglich die Annahme des Angebots des Arbeitgebers durch die Arbeitnehmer keiner ausdrücklichen Erklärung (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 15.05.2012 - 3 AZR 610/11 = AP Nr. 13 zu § 1b BetrAVG und NZA 2012/1279 mwN).
Nach diesen Kriterien scheidet vorliegend ein Anspruch aus betrieblicher Übung aus.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch selbst auf den Überleitungstarifvertrag und ist der Auffassung, der von ihr geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus diesem Tarifvertrag. Sie geht somit von einer tarifvertraglichen Anspruchsgrundlage aus. Aus ihrer Sicht stellt sich die Gewährung der Ausgleichszulage als Erfüllung eines tariflichen Anspruchs dar. In einem solchen Fall wird die Leistungsgewährung nicht als stillschweigendes Angebot zur Begründung einer betrieblichen Übung mit dem Inhalt einer übertariflichen Verpflichtung wahrgenommen, sondern als Normvollzug (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 17.03.2010 - 5 AZR 317/09 = BAGE 133/337 und DB 2010/1406; Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 15.05.2013 - 5 AZR 147/12, juris).
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.
Die Revision wurde gemäß § 72 Absatz 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.