LAG Sachsen-Anhalt: : Rechtswegzuständigkeit für Tantiemenansprüche von gewerkschaftlichen Aufsichtsratsmitgliedern
LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.5.2019 – 3 Ta 56/18
ECLI:DE:LAGST:2019:0523.3TA56.18.00
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-1972-1
Amtliche Leitsätze
1. Ergeht auf die sofortige Beschwerde im Rechtswegbestimmungsverfahren die Nichtabhilfeentscheidung rechtsfehlerhaft im Wege der Alleinentscheidung des Vorsitzenden, so führt dieser Verfahrensmangel bei anwaltlicher Vertretung der Parteien nur dann zur Zurückverweisung an das Arbeitsgericht, wenn die Parteien diesen Mangel ausdrücklich rügen oder ein objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters vorliegt.
2. Für die sich aus der Abführungsverpflichtung für Aufsichtsratstantiemen gemäß Gewerkschaftsatzung gegenüber hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionären ergebenden Ansprüche der Gewerkschaft ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben. Die Zuständigkeit ergibt sich weder aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a noch 4 a ArbGG. Es handelt sich nicht um Ansprüche aus dem mit der Gewerkschaft bestehenden Arbeitsverhältnis, da sie sich weder als Hauptleistungs- oder Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag ergeben (vgl. BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13, Rn. 19-22, 23-30). Auch handelt es sich nicht um Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Anspruch beruht nicht auf dem Arbeitsverhältnis und ist auch nicht durch dieses bedingt. Die Tätigkeiten gemäß dem Arbeitsvertrag stehen selbstständig und unabhängig neben der Aufgabe der Wahrnehmung der Tätigkeit in dem Aufsichtsrat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall - die Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats nicht zu den arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben gehört und die hauptamtliche Tätigkeit nicht Voraussetzung für die Wahrnehmung des Mandats ist.
Sachverhalt
A. Die Parteien streiten in der Hauptsache über die Verpflichtung des Beklagten zur Abführung von Vergütungen aus der Wahrnehmung von Aufsichtsratstätigkeiten bzw. vergleichbaren Aufsichtstätigkeiten.
Die Klägerin ist eine Gewerkschaft. Der Beklagte ist seit 1973 bei der D.-AG bzw. deren Rechtsvorgängern in Vollzeit als L. beschäftigt gewesen. Er ist Mitglied der Klägerin. Bei den Bezirksvorstandswahlen der Klägerin wurde er 1999 zum stellvertretenden Bezirksvorsitzenden des Bezirks Mitteldeutschland mit Sitz in Halle gewählt und in den jeweiligen Folgewahlen in diesem Wahlamt bestätigt.
Zum 1. Januar 2000 begründeten die Parteien ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12 Stunden. Arbeitsaufgabe war die Tätigkeit als stellvertretender Bezirksvorsitzender, deren Einzelheiten sich aus der Geschäftsanweisung für den Bezirksvorstand ergaben. Dieses Arbeitsverhältnis war zweckbefristet auf die Dauer des Bestehens des vorgenannten Wahlamtes. Wegen der Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen wird auf die Anlage K7 (Bl. 54 bis 59 d. A.) verwiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch Kündigung des Beklagten mit Ablauf des 31. Dezember 2014.
Auf den Vorschlag der Klägerin wurde der Beklagte Mitglied des Aufsichtsrates der Sparda Bank Berlin eingetragene Genossenschaft und Mitglied der Mitgliedervertretung des DEVK-Lebensversicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Die Klägerin schlägt für die Wahrnehmung von solchen Mandaten nicht ausschließlich solche Mitglieder vor, die auch bei ihr beschäftigt sind.
Aus diesen Tätigkeiten erzielte er in den Jahren 2013 und 2014 Vergütungen (Anlage K3, Bl. 15 f. d. A.).
§ 8 Abs. 3a der Satzung der Klägerin bestimmt:
„Mitglieder, die aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der … ein Mandat in Aufsichtsräten, Beiräten oder ähnlichen Gremien wahrnehmen und hierfür eine Vergütung erhalten, haben zusätzlich zu ihren Mitgliedsbeiträgen einen gesonderten Beitrag zu entrichten. Dieser Sonderbeitrag dient zur Unterstützung der für die … aus diesen Mandaten entstehenden erweiterten Aufgaben. Die Höhe des Sonderbeitrags ergibt sich aus der dazu vom Hauptvorstand beschlossenen Sonderbeitragsordnung.“
Wegen der Einzelheiten der Satzung (Stand 8. Mai 2012) und der Sonderbeitragsordnung (gültig ab 1. Juli 2012) wird auf die Anlagen K1 (Bl. 6 bis 13 d. A) und K2 (Auszug, Bl. 14 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 14. April 2015 (Anlage K3, Bl. 15 d. A.) und 28. November 2015 (Anlage K3, Bl. 16 d. A.) von dem Beklagten unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 3a ihrer Satzung in Verbindung mit ihrer Sonderbeitragsordnung erfolglos für die Jahre 2013 und 2014 einen Anteil von den erzielten Vergütungen aus der Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeiten als erhöhten Mitgliedsbeitrag in Höhe von insgesamt 13.956,00 €.
Sie verfolgt ihr Begehren mit der dem Beklagten am 13. Januar 2017 zugestellten Klage weiter. Der Beklagte hat die Zulässigkeit des bestrittenen Rechtsweges mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 gerügt.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der beschrittene Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4a ArbGG gegeben sei. Bei den vorliegenden Ansprüchen handele sich um solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in einem rechtlichen oder unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Die Vertretung in diesen Aufsichtsgremien durch ihre Mitglieder sei für sie ein ganz wesentliches Element zur Erreichung ihrer durch die Satzung vorgegebenen Aufgaben. Als hauptamtlicher Funktionsträger sei der Beklagte ein Tendenzträger gewesen, für dessen Tätigkeit in dem Arbeitsverhältnis der Parteien die Zwecke der Gewerkschaft inhaltlich besonders prägend gewesen seien. Sie schlage überwiegend hauptamtlich beschäftigte Funktionsträger für die Wahrnehmung dieser Aufgaben in den Aufsichtsgremien vor. Maßgeblich sei vorliegend, dass sie den Beklagten allein im Hinblick auf das mit ihr bestehende hauptamtliche Arbeitsverhältnis für diese Mandate vorgeschlagen habe. Sie behauptet, dass sie die hauptamtlichen Funktionsträger für die Wahrnehmung der Mandate in diesen Aufsichtsgremien von sonstigen Aufgaben freistelle. Hilfsweise beantragt sie die Verweisung an das Landgericht Halle.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass ein rechtlicher oder unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der Mandate in diese Aufsichtsgremien mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gegeben sei. Dazu macht er geltend, dass die Klägerin von ihm lediglich Beiträge aufgrund seiner Mitgliedschaft fordere. Die Mitgliedschaft bei der Klägerin sei jedoch nicht Voraussetzung für die Wahrnehmung der Mandate in diesen Aufsichtsgremien. Erst recht sei hierfür eine hauptamtliche Tätigkeit bei der Klägerin nicht vorausgesetzt. Es treffe auch nicht zu, dass er zur Wahrnehmung dieser Mandate von seiner Arbeitsleistung bei der Klägerin freigestellt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen mit Beschluss vom 6. Februar 2018 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Halle verwiesen. Zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 96 bis 101 d. A. Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein rechtlicher oder unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Wahrnehmung der Mandate mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bestehe. Weder sei eine hauptamtliche Tätigkeit nach der Satzung der Klägerin Voraussetzung für die Wahrnehmung dieser Mandate noch habe dies zu den Arbeitsaufgaben des Beklagten gehört. Deshalb komme es auch nicht auf die Motivation der Klägerin an, den Beklagten wegen seiner hauptamtlichen Tätigkeit für die Klägerin für diese Gremien vorzuschlagen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 26. Februar 2018 zugestellten Beschluss mit dem am 12. März 2018 bei dem Arbeitsgericht Halle eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht darauf ankomme, ob ein gerichtlich streitiger Anspruch nur aus dem Arbeitsverhältnis resultieren könne. Unerheblich sei, ob auch Mitglieder, die nicht in einem hauptamtlichen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stünden, zu Sonderbeiträgen herangezogen werden könnten. Entscheidend sei im Streitfall, dass die Klägerin den Beklagten gerade aufgrund seiner hauptamtlichen Tätigkeit in diese Aufsichtsgremien entsandt habe. Des Weiteren komme es nicht darauf an, dass in § 8 Abs. 3a der Satzung nicht zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern unterschieden würde. Abzustellen sei allein auf den konkreten Einzelfall.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Alleinentscheidung des Vorsitzenden mit Beschluss vom 29. März 2018 (Bl. 109 d. A.) nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Klägerin hat ergänzend geltend gemacht, dass es bei Gewerkschaften nahe liegend sei, wenn in Ämter gewählte Funktionäre, insbesondere wenn sie zur Ausübung des Wahlmandats in eine hauptamtliche Beschäftigung bei der Gewerkschaft übernommen würden, für die Gewerkschaft auch Einfluss auf verbundene Organisationen und Unternehmen nehmen und deshalb in entsprechende Beiräte, Aufsichtsräte etc. entsandt oder berufen würden. Mit der Beendigung des Wahlmandats ende aufgrund einer Zweckbefristung auch regelmäßig die hauptamtliche Beschäftigung und die Berufung und Entsendung in Beiräte, Aufsichtsräte etc. Deshalb stehe der Annahme des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen sei, dass aus dem Arbeitsvertrag keine Verpflichtung für die Übernahme entsprechender Tätigkeiten in Aufsichtsräten, Beiräten etc. bestehe. Es sei auch bereits darauf hingewiesen worden, dass die Wahrnehmung der Beirats- und Aufsichtsratstätigkeiten problemlos während der Arbeitszeit hätte erfolgen können und erfolgt sei. Dies sei eben als Arbeitsleistung angesehen worden.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 313 Abs. 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen beider Instanzen ergänzend Bezug genommen.
Aus den Gründen
B. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist das nach §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 48 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 78 Satz 1 ArbGG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel und gemäß § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht innerhalb der Zwei-Wochenfrist bei dem Arbeitsgericht Halle eingelegt worden.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Sachlich und örtlich zuständig ist das Landgericht Halle.
1. Das Verfahren war nicht wegen der Alleinentscheidung des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts über die Nichtabhilfe an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.
a) Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts ist verfahrensfehlerhaft nur im Wege der Alleinentscheidung des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts ergangen. Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen (BAG 8. September 2015 – 9 AZB 21/15, Rn. 14; BAG 17. September 2014 – 10 AZB 43/14, Rn. 12 f.).
b) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob wegen eines solchen Verstoßes gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Satz 2 GG) zwingend eine Zurückverweisung des Verfahrens zu erfolgen hat. Insoweit wird vertreten, dass es sich um einen in der Beschwerdeinstanz nicht behebbaren Verfahrensmangel handele (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25. Januar 2007 – 11 Ta 10/07, zu II. der Gründe = Rn. 6 f.; LAG Schleswig Holstein 1. Juli 2005 – 2 Ta 160/05, Rn. 6; LAG Baden-Württemberg 7. August 2002 – 15 Ta 12/02, zu II.4 der Gründe = Rn. 16 f.). Nach anderer Auffassung sei Gegenstand der Prüfung durch das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung der Kammer und nicht die Nichtabhilfeentscheidung, weshalb eine Zurückverweisung nicht erforderlich sei (LAG Hamm 8. September 2011 – 2 Ta 738/10, Rn. 21). Des Weiteren wird die Ansicht vertreten, dass der Sinn des Abhilfeverfahrens darin bestehe, dem Ausgangsgericht aus Gründen der Prozessökonomie Gelegenheit zur Selbstkorrektur zu geben. Damit sei die ordnungsmäßige Durchführung des Abhilfeverfahrens nicht Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren oder für die Beschwerdeentscheidung selbst (LAG Baden-Württemberg 7. Dezember 2015 – 3 Ta 21/15, Rn. 21 ff; LAG Berlin-Brandenburg 23. Dezember 2016 – 6 Ta 1797/16, Rn. 26). Koch (ErfK, 19. Aufl., § 78 Rn. 6) vertritt die Ansicht, dass wegen des arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgebotes das Landesarbeitsgericht regelmäßig eine Sachentscheidung zu treffen habe, um die mit einer Zurückverweisung verbundene Verfahrensverzögerung zu vermeiden.
c) Es kann offenbleiben, ob den vorgenannten Auffassungen zur Sachentscheidung durch das Landesarbeitsgericht in jedem Fall zu folgen ist. Jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall – die Parteien im Beschwerdeverfahren den Verfahrensmangel nicht rügen, ist wegen des Beschleunigungsgrundsatzes (vgl. dazu: BAG 17. Februar 2003 – 5 AZB 37/02, AP ArbGG 1979 § 68 Nr. 6, zu II.3 der Gründe = Rn. 7) eine Sachentscheidung durch das Landesarbeitsgericht geboten. Zumindest die anwaltlich vertretenen Parteien, wie vorliegend, bringen mit der Nichterhebung der Rüge zum Ausdruck, dass sie eine Sachentscheidung des Landesarbeitsgerichts begehren. Insoweit sind die Rechtsgedanken des Rechtsbeschwerdeverfahrens, indem die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts ein nicht von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel ist (vgl. dazu: BAG 8. September 2015 – 9 AZB 21/15, Rn. 14), entsprechend heranzuziehen. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn ein objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters wie im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist. Danach bedurfte es trotz des Verfahrensmangels nicht der Zurückverweisung des Verfahrens an das Arbeitsgericht.
2. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges folgt nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (BAG 31. März 2009 – 5 AZB 98/08, Rn. 5). Bei den allein auf § 8 Abs. 3a der Satzung der Klägerin gestützten Ansprüchen auf Abführung von Vergütungen, die der Beklagte aus der Wahrnehmung von Mandaten in Aufsichtsgremien erzielt hat, handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Ansprüche ergeben sich weder als Hauptleistungs- oder Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag (vgl. BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13, Rn. 19-22 bzw. 23 bis 30), sondern können allein vereinsrechtlich aus der Satzung der Klägerin in Verbindung mit der Sonderbeitragsordnung folgen (vgl. BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13, Rn. 34 ff.). Insbesondere unterliegt die Ausübung der vorliegenden Wahlämter nicht dem Weisungsrecht der Klägerin, sondern hat sich allein am Wohl der jeweiligen Gesellschaft bzw. des Vereins zu orientieren (§ 38 GenG bzw. § 189 Abs. 3 VAG i. V. m. §§ 116, 93 AktG).
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 4a ArbGG.
a) Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
b) Zwischen dem Arbeitsverhältnis der Parteien und den auf die Satzung gestützten Ansprüchen auf Abführung eines Teils der aus der Wahrnehmung der Aufsichtsmandate erzielten Vergütung besteht weder ein rechtlicher noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang.
aa) Die Klägerin kann aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Mai 2015 (8 AZR 956/13) nicht herleiten, dass dieses den rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang von Ansprüchen der vorliegenden Art mit einem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis inzident angenommen hätte.
(1) Ausdrückliche Ausführungen zur Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges finden sich in dieser Entscheidung nicht. Sie waren, soweit ersichtlich, gemäß § 17a Abs. 5 GVG, §§ 65, 73 Abs. 2 ArbGG auch nicht veranlasst.
(2) Nach den Entscheidungen der Vorinstanzen im dortigen Verfahren muss davon ausgegangen werden, dass keine der dortigen Parteien die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges gerügt hat. Hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen stillschweigend durch Erlass eines Urteils bejaht, so ist das Rechtsmittelgericht nach § 17a Abs. 5 GVG, §§ 65, 73 Abs. 2 ArbGG gehindert, die Frage des Rechtswegs zu prüfen (BAG 08. Juni 1999 – 3 AZR 136/98, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 26 zu A. der Gründe = Rn. 14). Etwas anderes gilt nur dann, wenn wegen der Rüge einer Partei eine Vorabentscheidung des Arbeitsgerichts geboten war. Hat das Landesarbeitsgericht das in § 48 ArbGG, § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG geregelte Verfahren nicht eingehalten, tritt die Bindung des Revisionsgerichts nicht ein. Andernfalls wäre die Möglichkeit, die Zulässigkeit des Rechtswegs von einem Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen, aufgrund eines Verfahrensfehlers des Berufungsgerichts abgeschnitten (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 125/09, Rn. 19 f.). Eine solche Rüge der Parteien in dem von dem Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist jedoch nicht ersichtlich, zumal die Vorinstanzen ihre stattgebenden Entscheidungen darauf gestützt haben, dass es sich um arbeitsrechtliche Ansprüche handele. Deshalb hatte das Bundesarbeitsgericht nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig war.
bb) Der geforderte rechtliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis besteht, wenn der Anspruch auf dem Arbeitsverhältnis beruht oder durch dieses bedingt ist (BAG 3. Februar 2014 – 10 AZB 77/13, Rn. 5; BAG 16. April 2014 – 10 AZB 12/14, Rn. 11). Daran fehlt es jedoch.
(1) Die Ansprüche beruhen nicht auf dem Arbeitsverhältnis, sondern allein auf dem Mitgliedschaftsverhältnis des Beklagten bei der Klägerin und der damit anzuwendenden Satzung der Klägerin in Verbindung mit der Sonderbeitragsverordnung. Er ist also allein vereinsrechtlich begründet.
(2) Sie sind auch nicht durch das Arbeitsverhältnis bedingt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Voraussetzung für den Vorschlag bzw. die Entsendung in die Aufsichtsgremien durch die Klägerin allein die Mitgliedschaft bei ihr ist, unabhängig davon, ob sie rechtlich für diese Mandatswahrnehmung erforderlich ist. Eine hauptamtliche Tätigkeit bei der Klägerin, also das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin, ist demgegenüber auch nach den eigenen Kriterien der Klägerin nicht vorausgesetzt. Zuletzt ist insoweit auch unstreitig aus der Beschwerdebegründung zu entnehmen, dass die Klägerin auch solche Mitglieder in die Aufsichtsgremien entsendet bzw. für diese vorschlägt, die nicht bei ihr hauptamtlich tätig sind. Des Weiteren besteht eine rechtliche Verknüpfung zwischen dem Arbeitsvertrag und der Entsendung in die Aufsichtsgremien nicht. In dem Arbeitsvertrag findet die Tätigkeit des Beklagten in den Aufsichtsgremien keine Erwähnung. Sie ist auch nicht erforderlich, um die vereinbarte Arbeitsaufgabe als Stellvertretender Bezirksvorsitzender erfüllen zu können. Keiner Entscheidung bedarf, ob sich der erforderliche Zusammenhang aus einer Freistellung des Beklagten zur Wahrnehmung der Mandate in den Aufsichtsgremien ergeben kann. Der Beklagte hat eine solche Freistellung ausdrücklich bestritten und die Klägerin hat hierzu keinen einzigen Fall der Freistellung konkret benannt und für ihre Behauptung auch keinen Beweis angeboten, Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass arbeitsrechtliche Fragen bei der Prüfung der Voraussetzungen der gemachten Ansprüche zu erörtern wären (vgl. zu diesem Kriterium: BAG 16. April 2014 – 10 AZB 12/14, Rn. 31).
cc) Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn der Anspruch auf demselben wirtschaftlichen Verhältnis beruht oder wirtschaftliche Folge desselben Tatbestandes ist. Die Ansprüche müssen innerlich eng zusammengehören, also einem einheitlichen Lebenssachverhalt entspringen. Diese Voraussetzungen liegen regelmäßig vor, wenn eine nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Leistung im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbracht wird oder beansprucht werden kann. Der Zusammenhang kommt besonders deutlich dann zum Ausdruck, wenn die Leistung auch eine Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb bezweckt (vgl. zum Ganzen: BAG 16. April 2014 – 10 AZB 12/14, Rn. 11). Der Anspruch kann also nur im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis bestehen (GMP/Schlewing, ArbGG, 9. Aufl., §2 Rn. 85). Der Zusammenhang muss derart sein, dass das Rechtsverhältnis, aus dem die Streitigkeit folgt, ohne das Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre (OLG Karlsruhe 28. Januar 1992 – 18a U 1497/91 – MDR 1992, 384; ArbG Düsseldorf 08. März 2013 – 11 Ca 6953/12, Rn. 34; GK-ArbGG/Schütz, § 2 Rn. 150a, Stand 2013; Schwab/Weth/Walker, ArbGG, 5. Aufl., § 2 Rn. 150).
dd) Im Streitfall liegt allenfalls ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Entsendung in die Aufsichtsgremien vor. Das genügt jedoch nicht. Es fehlt an der erforderlichen Unmittelbarkeit.
(1) Nachvollziehbar ist die Argumentation der Klägerin, dass der Beklagte Tendenzträger ist und sie mit der Entsendung ihre gewerkschaftspolitischen Ziele verfolgen will. Danach unterliegt es keinem Zweifel, dass dieses Ziel im Regelfall durch hauptamtliche Beschäftigte besser erreicht werden kann als durch einfache Mitglieder, da die Klägerin insoweit von einer besonderen Identifikation mit ihren Zielen und auch von einer breiteren Kenntnis ihrer Ziele in Einzelfragen ausgehen darf, auch wenn über die allgemeine Beachtung der gewerkschaftlichen Tendenz hinaus, ein Weisungsrecht nicht besteht (vgl. BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13, Rn. 23). Insoweit ist ein gewisser wirtschaftlicher Zusammenhang erkennbar.
(2) Es fehlt jedoch an der erforderlichen Unmittelbarkeit.
(2.1) Letztlich lassen sich auch hier die Erwägungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen von Ansprüchen, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen und Ansprüchen aus sonstigen Rechtsverhältnissen heranziehen. Für Ansprüche aus selbständig begründeten Rechtsverhältnissen bedeutet dies, dass es nicht genügt, wenn ein Rechtsverhältnis bei Gelegenheit des Arbeitsverhältnisses begründet wird und sich die Vertragsbedingungen nicht von anderen Verträgen dieser Art außerhalb eines zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehenden Arbeitsverhältnisses unterscheiden. Dies bedeutet, dass ein loser tatsächlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis nicht ausreicht (vgl. BAG 20. Februar 2001 – 9 AZR 11/00 – AP BGB § 611 Arbeitnehmerdarlehen Nr. 5, zu I.2a aa der Gründe = Rn. 20).
(2.2) Die Tätigkeiten gemäß des Arbeitsvertrages der Parteien stehen selbstständig und unabhängig neben der Aufgabe der Wahrnehmung der Tätigkeit in den Aufsichtsgremien. Es bestehen keine Weisungsrechte der Klägerin gegenüber dem Beklagten bei der Ausübung dieser Aufsichtstätigkeit. Ihre Übernahme ist weder rechtlich noch tatsächlich von einer hauptamtlichen Tätigkeit, also dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin, abhängig. Insoweit ist zwischen den Parteien zuletzt unstreitig, dass auch „einfache“ Mitglieder diese Aufsichtstätigkeiten ausüben können und die Klägerin auch tatsächlich Mitglieder, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehen, für solche Tätigkeiten vorschlägt. Darüber hinaus werden mit diesen Tätigkeiten völlig unterschiedliche Zwecke verfolgt, nämlich einerseits im bestehenden Arbeitsverhältnis die Verfolgung der gewerkschaftspolitischen Zwecke und andererseits die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsfunktion. Schon aus der Natur dieser Tätigkeiten heraus können diese völlig unabhängig voneinander ausgeübt werden. Beiden Tätigkeiten liegt somit kein gemeinsamer Lebenssachverhalt zu Grunde. Es kann nicht festgestellt werden und ist im Übrigen auch unzulässig, dass besondere Konditionen für die Ausübung dieser Aufsichtsfunktionen gewährt werden. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass die Aufsichtstätigkeit ohne das Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre.
(2.3) Aus der besonderen Motivation der Klägerin bei der Auswahl der von ihr zu vorzuschlagenden Mitglieder für diese Aufsichtsgremien ergibt sich ebenfalls nicht der erforderliche unmittelbare wirtschaftlicher Zusammenhang, weil hiermit lediglich die besondere Erwartungshaltung der Klägerin verbunden ist, diese jedoch nicht durch Ausübung eines wie auch immer gearteten Weisungsrechts durchsetzen kann.
4. Danach ist für die vorliegende bürgerliche Rechtsstreitigkeit gemäß § 13 GVG i. V. m. §§ 71 Abs. 1, 23 Abs. 1 Nr. 1 GVG das Landgericht zuständig. Örtlich zuständig ist allein das Landgericht Halle aufgrund des besonderen Gerichtsstandes der Niederlassung (§ 21 ZPO), der sich aus dem Sitz der Bezirksgeschäftsstelle der Klägerin in Halle ergibt. Durch den hilfsweisen Verweisungsantrag an das Landgericht Halle hat die Klägerin das ihr gemäß § 35 ZPO zustehende Wahlrecht ausgeübt.
C. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels gemäß § 78 Satz 1 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
D. Die Entscheidung hatte gemäß § 78 Satz 3 ArbGG i. V. m. § 572 Abs. 4 ZPO durch Beschluss des Vorsitzenden ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu ergehen.
E. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 17 a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG zuzulassen. Das Beschwerdegericht misst der entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zu.