BAG: Normurheberschaft bei gemischten Vereinbarungen
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 15.04.2008
Aktenzeichen: 1 AZR 86/07
Rechtsgebiete: TVG, BetrVG
Vorschriften:
TVG § 1 Abs. 2 | |
BetrVG § 77 Abs. 2 Satz 1 | |
BetrVG § 77 Abs. 2 Satz 2 |
Bestimmungen in gemischten, von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat gemeinsam unterzeichneten Vereinbarungen sind unwirksam, wenn sich nicht aus diesen selbst ohne Weiteres und zweifelsfrei ergibt, wer Urheber der einzelnen Regelungskomplexe ist und um welche Rechtsquellen es sich folglich handelt. Dies folgt aus dem Gebot der Rechtsquellenklarheit, das den Schriftformerfordernissen des § 1 Abs. 2 TVG, § 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG zugrunde liegt.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
1 AZR 86/07
Verkündet am 15. April 2008
In Sachen
hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2008 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Federlin und Kunz für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 22. August 2006 - 8 Sa 569/06 - aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 17. März 2006 - 39 Ca 3891/05 - wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Berechtigung eines von der Beklagten auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers vorgenommenen Abzugs von 200 Stunden.
Der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gewerkschaftlich nicht organisierte Kläger war bei der Beklagten sowie deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 1. März 1960 zuletzt als Prüftechniker im Betrieb G beschäftigt. Seit dem 1. September 2004 befindet er sich in Altersteilzeit im Blockmodell. Die aktive Phase endete am 31. August 2006; das Ende der Freistellungsphase ist für den 31. August 2008 vorgesehen. Die Beklagte und deren unmittelbare Rechtsvorgängerin, die D GmbH, sind Mitglieder im Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. Der anlässlich der Übernahme in das Angestelltenverhältnis zwischen dem Kläger und einer Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Vertrag vom 8. März 1977 bestimmt ua.:
"4. SONSTIGES
a) Im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen sind Überstunden zu leisten, falls dies betrieblich notwendig ist und eine entsprechende Weisung besteht.
b) Alle übrigen Ansprüche und Pflichten richten sich nach dem Tarifvertrag für Angestellte der bayerischen Metallindustrie und unserer Arbeitsordnung in der jeweils gültigen Fassung."
Nach § 17 des Manteltarifvertrags für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31. Oktober/2. November 1970 in der Fassung vom 24. Mai 2002 (MTV 2002) sind "alle übrigen Ansprüche" aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen.
Für den Beschäftigungsbetrieb des Klägers gilt eine zwischen der D GmbH und dem Betriebsrat am 8. Oktober 1998 geschlossene Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit. Diese bestimmt in Nr. 5: "5.1. Führung eines Gleitzeitkontos
Für jeden gleitzeitberechtigten AN ist ein individuelles Gleitzeitkonto einzurichten. Der AN muß jederzeit in der Lage sein, den aktuellen Stand seines Gleitzeitkontos am BDE-Terminal abzufragen. Mindestens einmal im Monat ist ihm ein Kontoauszug zuzustellen. ..."
Am 3. September 2003 unterzeichneten zwei Vertreter der D GmbH, der Vorsitzende des Betriebsrats der D GmbH, der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats des G Konzerns, das Vorstandsmitglied der IG Metall Frankfurt S sowie der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der G AG einen "Standortsicherungsvertrag". Dieser lautet wie folgt:
"Zwischen der D GmbH, dem Betriebsrat der D GmbH, dem Konzernbetriebsrat des G Konzerns und der IG Metall wird zur Sicherung des Standortes der D GmbH in G und zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung einer größtmöglichen Anzahl von Arbeitnehmern der nachfolgende Standortsicherungsvertrag vereinbart:
Präambel
Unter der Voraussetzung, daß die konjunkturellen Rahmenbedingungen für das Restgeschäftsjahr 2003 und das Geschäftsjahr 2004 auf gleichem Niveau bleiben bzw. sich die konjunkturellen Bedingungen positiv entwickeln, wird am Standort G weiterhin der Focus auf die folgenden drei Geschäftsfelder gelegt:
1. VBZ - Volumenmaschinen (DMC63V - 144V linear)
2. VBZ - Präzisionsbearbeitungs- (DMC V - Baureihe lizentren near)
3. HBZ - Hochproduktive Be- (DMC H - Baureihe liarbeitungszentren near)
Um die Fortführung der Geschäftsfelder zukünftig erfolgreich realisieren zu können, sind weitere Reduzierungen der Materialkosten über alle Produkte und eine weitere Verbesserung der Qualität bzw. eine deutliche Reduzierung der Gewährleistungsaufwendungen erforderlich. Darüber hinaus zählen die erfolgreiche Markteinführung der neuen Produktreihe DMC V linear und HBZ - linear und der Ausbau der Technologiekompetenz zu den wichtigen Grundlagen für eine dauerhafte Standortsicherung.
Der Standortsicherungsvertrag ist ein weiterer Baustein für den Fortbestand des Standortes, der inhaltlich getragen ist von elementaren Einschnitten für die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der D GmbH. Die Vertragsschließenden stimmen darin überein, daß diese Einschnitte notwendig sind, um die Schließung des Standortes in G zu vermeiden. Sämtliche nachfolgend aufgeführte Maßnahmen und Vereinbarungen basieren auf dem aktuellen Kenntnisstand und unterstellen, daß die wirtschaftlichen Erfolge für die D GmbH eintreten. Die Parteien sind sich darüber einig, daß im Falle des Nichterreichens der angestrebten wirtschaftlichen Erfolge weitere Maßnahmen unabwendbar sind.
1. Abänderung des Tarifvertrages
In Abänderung des:
- § 25 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer wird auf das Urlaubsentgelt gem. § 25 C, Ziffer 1 MTV-Arb im Jahr 2004 verzichtet.
- § 6 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer (MTV-Arb) wird auf die Vergütung der Zuschläge für Mehrarbeit- ,Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit im Jahr 2003/2004 verzichtet.
- § 14 des Manteltarifvertrages für angestellte Arbeitnehmer (MTV-Ang) wird auf das Urlaubsentgelt gem. § 14 C, Ziffer 1 MTV-Ang im Jahr 2004 verzichtet.
- § 9 des Manteltarifvertrages für angestellte Arbeitnehmer (MTV-Ang) wird auf die Vergütung der Zuschläge für Mehrarbeit-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit im Jahr 2003/2004 verzichtet.
- Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens in der Fassung vom 01.11.1997 wird für gewerbliche Arbeitnehmer (MTV Arb) und angestellte Arbeitnehmer (MTV-Ang) auf das 13. Monatseinkommen im Jahr 2003/2004 verzichtet.
Soweit Arbeitnehmer nicht tarifgebunden sind, wendet die D GmbH die Tarifverträge üblicherweise auf alle Arbeitnehmer an. Die Einschränkungen gelten damit auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer.
Für außertarifliche Angestellte (AT-Angestellte) gilt, daß regelmäßig eine variable Jahresvergütung vereinbart ist, so daß die AT-Angestellten von der Reduzierung der tariflichen Leistungen nicht betroffen wären. Aus diesem Grund wird die D GmbH die AT-Angestellten in gleichem Maße an den Punkten 1 und 2 beteiligen, soweit dies rechtlich zulässig ist. Über das Ergebnis erhält der Betriebsrat eine Mitteilung.
2. Abänderung von Betriebsvereinbarungen
In Abänderung der Betriebsvereinbarung Nr. G/3 über die Arbeitszeit wird festgelegt, daß jeder Arbeitnehmer auf 200 geleistete Arbeitsstunden aus dem bestehenden Gleitzeitkonto bzw. aus dem Langzeitkonto verzichtet. Arbeitnehmer, die kein Guthaben auf den Zeitkonten in Höhe von 200 Std. haben, werden bis zum 31.12.2004 diese Stundenzahl aufholen.
3. Kündigung von Arbeitnehmern
Hinsichtlich der Kündigung von Arbeitnehmern wird zwischen den Parteien folgendes vereinbart:
a) Personalabbau
Die Übersicht in Anlage 1 zeigt die abzubauenden Stellen in den direkten und indirekten Bereichen der Montagen und weiteren Abteilungen/Bereichen. Durch
- Outsourcing,
- Montageverlagerungen in Tochterunternehmen des G-Konzerns
- stärkere Zusammenarbeit zwischen Tochterunternehmen/Nutzung von Arbeitssynergien
soll unverzüglich, d.h. so schnell wie möglich, die Anzahl der Mitarbeiter am Standort G auf 297 (ohne die Anzahl der Auszubildenden) reduziert werden. In Anlage 2 befindet sich die Liste aller Arbeitnehmer der D GmbH am Standort G. In Anlage 3 sind 22 Arbeitnehmer aufgelistet, bei den die Kündigungsverfahren bereits eingeleitet worden sind.
Weitere Personalfreisetzungen werden im Rahmen des notwendigen Stellenabbaus folgen.
b) Interessenausgleich
Für die Personalfreisetzungen gilt der Interessenausgleich Anlage 4 vom 12.06.2003 (BV Nr. G/21) mit der Maßgabe, daß Ziffer 6 ersatzlos gestrichen wird.
c) Sozialplan
Für jeden ab dem 31.05.2003 gekündigten Arbeitnehmer der D GmbH steht ein durchschnittlicher Abfindungsbetrag in Höhe von € 5.000,- (brutto) zur Verfügung. Das Gesamtvolumen errechnet sich aus diesem Durchschnittsbetrag multipliziert mit der Anzahl der gekündigten Mitarbeiter. Die individuelle Abweichung von diesem Durchschnittswert nach oben oder nach unten und die somit festzulegende Verteilung des Gesamtvolumens wird durch eine noch abzuschließende Vereinbarung zwischen der D GmbH und dem Betriebsrat geregelt. Der Betriebsrat hat dabei ein Vorschlagsrecht. Geld für weitere Abfindungen steht nicht zur Verfügung.
d) § 102 BetrVG
Der Betriebsrat der D GmbH erklärt, den im Rahmen des Personalabbaus ausgesprochenen Kündigungen (vgl. a) nicht zu widersprechen. Der Betriebsrat ist sich darüber im Klaren, daß er sich der Notwendigkeit des Personalabbaus nicht verschließen kann, selbst unter Berücksichtigung der individuell zur Kündigung anstehenden oder schon gekündigten Arbeitnehmer.
e) Konzernbetriebsvereinbarungen
Sofern sich im Vollzug des Personalabbaus Verstöße gegen Konzernbetriebsvereinbarungen ergeben, akzeptiert der Konzernbetriebsrat diese Verstöße als notwendige Folge der Standortsicherung der D GmbH.
4. Standortsicherung/Gegenleistung
Die Geschäftsführung garantiert die Aufrechterhaltung des Standortes G bis zum 31.12.2004.
Sollte die D GmbH ohne Berücksichtigung von Beteiligungsverträgen am Standort G im Laufe des Jahres 2004 ein positives EBT erwirtschaften und erscheint diese positive Entwicklung aus Konzernsicht nachhaltig, werden zusammen mit dem Betriebsrat und der IG Metall Verhandlungen darüber aufgenommen, wie eine Beteiligung der vorhandenen Arbeitnehmer des Standortes sichergestellt werden kann. Der Verteilungsschlüssel wird zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat in einer separaten Betriebsvereinbarung geregelt.
5. Laufzeit
Diese Vereinbarung gilt bis zum 31.12.2004 und endet dann ohne Nachwirkungen. Die Geschäftsführung der D GmbH hat das Recht, diese Vereinbarung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende nach vorheriger Information des Betriebsrates zu kündigen."
Am 11. September 2003 schlossen die D GmbH und der Betriebsrat eine "Durchführungsvereinbarung zum Standortsicherungsvertrag" über die "Mehrleistung von 200 Stunden". In dieser heißt es ua.:
"Präambel
Die Durchführungsbestimmungen nehmen Bezug auf den Standortsicherungsvertrag vom 03.09.2003 und gelten für alle gewerblichen und angestellten Mitarbeiter der D GmbH.
Als Stichtag für den Abzug von 200 Stunden aus dem Gleitzeitkonto gilt der 31.08.2003. Die bis zu diesem Tag bestehenden Gleitzeitguthaben der Arbeitnehmer werden entsprechend dokumentiert. Danach erfolgt der Abzug des Stundenkontingents.
...
Vollzeitkräfte/AT-Mitarbeiter
Bei allen Arbeitnehmern verringert sich das Stundenguthaben (positiv oder negativ) um -200 Stunden.
...
Zeitraum bis zur Erreichung eines ausgeglichenen Stundenkontos ist der 31.12.2004."
Die D GmbH nahm zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt mit Wirkung vom 31. August 2003 auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers einen Abzug von 200 Stunden vor. Aus dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Guthaben von 18,52 Stunden wurde eine Gleitzeitschuld von 181,48 Stunden. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 widersprach der Kläger dem Abzug und forderte die D GmbH auf, ihm die abgezogenen 200 Stunden bis 31. Dezember 2003 wieder gutzuschreiben.
Im März 2004 beschloss die Konzernleitung der G AG, die Geschäftstätigkeit der D GmbH in drei Sparten aufzuteilen. Der Betriebsteil HBZ, in dem der Kläger beschäftigt war, wurde mit Wirkung vom 1. Mai 2004 auf die Beklagte übertragen.
Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Korrektur seines Arbeitszeitkontos um 200 Stunden verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei zum Abzug der 200 Stunden auf seinem Gleitzeitkonto nicht befugt gewesen. Der Standortsicherungsvertrag sei unverbindlich, weil an der Vereinbarung neben der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft auch der Betriebsrat beteiligt gewesen sei. Solche dreiseitigen Abreden sehe das Gesetz nicht vor. Als Betriebsvereinbarung verstoße die Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Als Firmentarifvertrag gelte der Standortsicherungsvertrag für ihn schon deshalb nicht, weil sein Arbeitsvertrag allenfalls eine Bezugnahme auf die Verbandstarifverträge, nicht jedoch auf einen Firmentarifvertrag enthalte. Die tarifliche Ausschlussfrist habe er nicht versäumt. Der Abzug der 200 Stunden sei erstmals aus der Abrechnung für September 2003 ersichtlich gewesen.
Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Gleitzeitkonto dahingehend zu korrigieren, dass ihm die im August 2003 abgezogenen 200 Stunden wieder gutgeschrieben werden.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Abzug von 200 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers sei nach Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags zulässig gewesen. Bei dem Standortsicherungsvertrag handele es sich um einen Firmentarifvertrag, der infolge der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auch für den Kläger gelte. Außerdem sei ein möglicher Anspruch des Klägers auf Korrektur des Gleitzeitkontos verfallen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten die Korrektur seines Arbeitszeitkontos verlangen. Der von der Rechtsvorgängerin vorgenommene Abzug von 200 Stunden war unberechtigt. Der Anspruch auf Berichtigung des Arbeitszeitkontos ist nicht verfallen.
I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Korrektur eines für ihn geführten Arbeitszeitkontos verlangen, wenn der Arbeitgeber auf dem Konto unberechtigt Abzüge vornimmt oder zu Unrecht Gutschriften unterlässt (vgl. 5. September 2002 - 9 AZR 244/01 - BAGE 102, 321, zu A der Gründe; 7. Mai 2003 - 5 AZR 256/02 - BAGE 106, 132, zu I 1 der Gründe mwN; 6. November 2003 - 6 AZR 166/02 - BAGE 108, 281, zu I der Gründe). Der Anspruch folgt aus der (Neben-)Pflicht des Arbeitgebers, ein für den Arbeitnehmer einzurichtendes Arbeitszeitkonto korrekt zu führen. Hier ist die Verpflichtung der Beklagten zur Führung eines Arbeitszeitkontos in Nr. 5.1 Satz 1 der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit vom 8. Oktober 1998 niedergelegt. Dass das Arbeitszeitkonto des Klägers - etwa wegen des Eintritts in die Freistellungsphase der Altersteilzeit - nicht mehr geführt würde oder keiner Korrektur mehr zugänglich wäre, ist weder behauptet worden noch sonst erkennbar.
II. Der von der Beklagten mit Wirkung vom 31. August 2003 auf dem Arbeitszeitkonto vorgenommene Abzug von 200 Stunden erfolgte zu Unrecht.
Die Beklagte war hierzu weder auf Grund der Regelung in Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags noch auf Grund der Durchführungsvereinbarung vom 11. September 2003 berechtigt. Zwar sollte der Standortsicherungsvertrag ersichtlich einen Anspruch der Beklagten gegen die Arbeitnehmer auf Ableistung von 200 zusätzlichen, nicht gesondert zu vergütenden Arbeitsstunden begründen und diese Zeitschuld der Arbeitnehmer nach der Durchführungsvereinbarung vom 11. September 2003 auf dem Gleitzeitkonto verbucht werden. Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags ist aber bereits deshalb unwirksam, weil sich die Urheberschaft für die Regelung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit feststellen lässt. Es konnte daher dahinstehen, ob die Bestimmung inhaltlich mit höherrangigem Recht vereinbar wäre und ob sie auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fände. Die Durchführungsvereinbarung vom 11. September 2003 ist gegenstandslos.
1. Die Unterzeichner des Standortsicherungsvertrags wollten durch dessen Nr. 2 ersichtlich eine Verpflichtung aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zur Ableistung von 200 zusätzlichen, nicht gesondert zu vergütenden Arbeitsstunden begründen. Dies sollte in der Weise geschehen, dass die Arbeitnehmer im Umfang von bis zu 200 Stunden auf ein mögliches Guthaben auf ihrem Arbeitszeitkonto "verzichten" und eine durch die Verpflichtung zur Ableistung von 200 zusätzlichen Arbeitsstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto möglicherweise entstehende Gleitzeitschuld bis zum 31. Dezember 2004 "aufholen".
2. Der Standortsicherungsvertrag ist jedenfalls hinsichtlich der in Nr. 2 getroffenen Bestimmung unwirksam. Die Rechtsqualität der Regelung ist nicht hinreichend eindeutig. Das widerspricht dem für kollektive arbeitsrechtliche Normenverträge geltenden Gebot der Rechtsquellenklarheit.
a) Normative Regelungen, durch welche der Inhalt von Arbeitsverhältnissen unmittelbar und zwingend gestaltet werden soll, müssen dem Gebot der Rechtsquellenklarheit im Sinne einer Eindeutigkeit der Normurheberschaft genügen. Dies folgt aus den Erfordernissen der Rechtssicherheit, die in den Schriftformgeboten insbesondere des § 1 Abs. 2 TVG und des § 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben.
aa) Zu den Rechtsnormen, die formelle und materielle Arbeitsbedingungen unabhängig vom konkreten Willen der einzelnen Arbeitnehmer heteronom gestalten, gehören neben den Gesetzen insbesondere Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags über den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen gelten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG für die beiderseits Tarifgebundenen, diejenigen einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG für die Betriebsangehörigen unmittelbar und zwingend, ohne dass es einer Transformation in das einzelne Arbeitsverhältnis bedürfte.
bb) Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gleichen sich zwar in ihrer normativen Wirkung. Gleichwohl bestehen zwischen ihnen in vielfacher Hinsicht wesentliche Unterschiede. So gelten tarifliche Inhaltsnormen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar nur für die tarifgebundenen Arbeitnehmer, Betriebsvereinbarungen gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG dagegen unabhängig von der Organisationszugehörigkeit für alle Arbeitnehmer des Betriebs. Das Verhältnis zwischen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen richtet sich maßgeblich nach § 77 Abs. 3 Satz 1 und 2 BetrVG. Die Maßstäbe bei der Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht sind unterschiedlich (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 94 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 1). Teilkündigungen von Tarifverträgen sind grundsätzlich unzulässig (vgl. etwa BAG 3. Mai 2006 - 4 AZR 795/05 - BAGE 118, 159, zu II 1 b bb (1) der Gründe); bei Betriebsvereinbarungen ist das nicht der Fall (vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 826/06 - Rn. 26 ff., NZA 2008, 422). Betriebsvereinbarungen können im Falle der Nachwirkung in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten durch Spruch der Einigungsstelle abgelöst werden; bei Tarifverträgen ist eine Ablösung nur durch einen neuen Tarifvertrag möglich. Unterschiedliche Rechtsfolgen können sich auch bei einem Betriebsübergang ergeben. Während Betriebsvereinbarungen bei Wahrung der Betriebsidentität normativ fortgelten, werden tarifliche Regelungen, sofern der Betriebserwerber nicht tarifgebunden ist, gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in den Individualvertrag transformiert.
cc) Schon wegen dieser gravierenden Unterschiede ist es aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig, den Rechtscharakter eines kollektiven Normenvertrags zweifelsfrei bestimmen zu können. Hat ein Normenvertrag unterschiedliche Rechtsquellen zum Inhalt, muss die Frage, ob eine bestimmte Regelung Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder gar etwas Drittes ist, im Interesse der Normadressaten einer raschen und zuverlässigen Beantwortung zugänglich sein. Insoweit müssen Normurheberschaft und Normsetzungswille der jeweiligen Normgeber im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit deutlich und überprüfbar hervortreten (vgl. für die Tarifvertragsparteien BAG 26. Januar 1983 - 4 AZR 224/80 - BAGE 41, 307, 314). Das Gebot der Rechtsquellenklarheit sorgt im Interesse der Normunterworfenen auch dafür, dass die Normsetzungsgeber den ihnen obliegenden Durchführungs- und Einwirkungspflichten (vgl. dazu etwa BAG 29. April 1992 - 4 AZR 432/91 - BAGE 70, 165) genügen können.
dd) Die Gebote der Rechtssicherheit und der Zurechenbarkeit liegen den Schriftformerfordernissen in § 1 Abs. 2 TVG und in § 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG zugrunde. Diese verlangen nicht nur, dass der Inhalt der Vereinbarung schriftlich niedergelegt ist. Vielmehr ist nach § 77 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BetrVG sowie nach § 1 Abs. 2 TVG iVm. § 126 Abs. 1 BGB auch erforderlich, dass die Vereinbarung eigenhändig unterzeichnet ist. Dadurch soll nicht nur für Klarheit darüber gesorgt werden, was vereinbart ist, sondern auch darüber, wer die Vereinbarung getroffen und um welche Rechtsquelle es sich demzufolge handelt. Vereinbarungen von Tarifvertragsparteien sind mangels entsprechender Regelungskompetenz keine Betriebsvereinbarungen und solche von Betriebsparteien keine Tarifverträge.
ee) Werden Vereinbarungen nur von den Tarifvertragsparteien oder nur von den Betriebsparteien unterzeichnet, entstehen regelmäßig keine Unklarheiten, wer die Vereinbarung getroffen hat und um welche Rechtsquelle es sich folglich handelt. Zuordnungsprobleme entstehen jedoch, wenn Vereinbarungen auch von Personen unterzeichnet werden, deren Regelungskompetenz sich nicht auf sämtliche Regelungsgegenstände erstreckt. Die Mitunterzeichnung eines arbeitsrechtlichen kollektiven Normenvertrags durch eine hierfür unzuständige Person oder Stelle führt zwar allein nicht zur Gesamt- oder Teilnichtigkeit der Vereinbarung. Dies gilt aber bei gemischten Vereinbarungen nur, wenn sich für die Normadressaten aus der Vereinbarung selbst ohne Weiteres und zweifelsfrei ergibt, um welche Rechtsquelle es sich bei den jeweiligen Regelungskomplexen handelt. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung entweder insgesamt oder jedenfalls hinsichtlich der Regelungskomplexe unwirksam, deren Rechtsqualität unklar ist.
(1) Die Mitunterzeichnung eines von den hierfür zuständigen Personen oder Stellen geschlossenen und unterzeichneten kollektiven Normenvertrags durch einen Dritten hat alleine nicht die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung zur Folge. Eine von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat unterzeichnete Vereinbarung ist daher nicht bereits wegen der gemeinsamen Unterzeichnung unwirksam (vgl. BAG 7. November 2000 - 1 AZR 175/00 - BAGE 96, 208, zu 1 b dd der Gründe; ebenso Thüsing NZA 2008, 201, 202; vgl. auch Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 305; aA Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. Grundl. Rn. 70, § 1 Rn. 478). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die gesamte Vereinbarung insgesamt ohne Weiteres als Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung qualifizieren lässt. In einem solchen Fall erweist sich die Mitunterzeichnung durch eine hierfür unzuständige Person oder Stelle als unschädlich.
(2) Das Urteil des Senats vom 7. November 2000 (- 1 AZR 175/00 - BAGE 96, 208) verhält sich nicht zu gemischten Vereinbarungen. In ihm ist der Senat nach eingehender Auslegung eines von Arbeitgeber, Betriebsrat und Gewerkschaft unterzeichneten "Konsolidierungsvertrags" zu dem Ergebnis gelangt, es handele sich um einen insgesamt wirksamen (Firmen-)Tarifvertrag.
Maßgeblich war dabei insbesondere die Erwägung, die Beteiligten hätten eine rechtswirksame Regelung vereinbaren wollen und eine solche sei - wegen § 77 Abs. 3 BetrVG - nur im Wege eines Tarifvertrags möglich gewesen (BAG 7. November 2000 - 1 AZR 175/00 - aaO, zu 1 b bb der Gründe). Dies erscheint nicht ganz unbedenklich, weil sich danach die Normqualität der Vereinbarung erst nach deren intensiver Auslegung erschloss. Hier kann dies dahinstehen.
Der Konsolidierungsvertrag, der dem Urteil des Senats vom 7. November 2000 (- 1 AZR 175/00 - aaO) zugrunde lag, erwies sich insgesamt ausschließlich als Tarifvertrag. Die Frage, ob eine dreiseitige Vereinbarung sowohl tarifvertragliche Regelungen als auch Betriebsvereinbarungen zum Inhalt haben kann und welche Auswirkungen Unklarheiten bei derartigen gemischten Vereinbarungen haben, stellte sich nicht.
(3) Jedenfalls bei mehrseitigen, von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat unterzeichneten Vereinbarungen, die sich nicht zweifelsfrei insgesamt entweder als Tarifvertrag oder als Betriebsvereinbarung qualifizieren lassen, sondern die sowohl (eher) tarifvertragliche Regelungen als auch solche Regelungen enthalten, die (eher) den Betriebsparteien zuzuordnen sind, sind aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit sowie wegen des betriebsverfassungs- und tarifrechtlichen Schriftformgebots allenfalls diejenigen Regelungskomplexe wirksam, die sich selbständig von den übrigen abgrenzen lassen und deren Urheber ohne Weiteres erkennbar sind. Die Unterzeichner eines solchen gemischten Vertrags müssen ihren Willen zur Normsetzung - hinsichtlich der jeweiligen Regelung - mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht haben (vgl. zur Normsetzung der Tarifvertragsparteien auch BAG 25. Juni 2003 - 4 AZR 405/02 - BAGE 106, 374, zu A II 1 der Gründe). Andernfalls entstünde für die Normadressaten eine unvertretbare Unsicherheit darüber, welche Regelung aus welchem Rechtsgrund für sie gilt und wer eine sie betreffende Regelung in welcher Weise wirksam ändern kann. Auch der Grundsatz möglichst gesetzeskonformer Auslegung taugt insoweit zur Gewährleistung der erforderlichen Rechtssicherheit nicht. Der Grundsatz eignet sich zur Auslegung des Inhalts einer Norm und verhindert Lücken innerhalb eines Regelungswerks. Dagegen passt er nicht, wenn es darum geht, wer welche Regelungen einer gemischten Vereinbarung getroffen hat und welche Rechtsqualität die einzelnen Regelungskomplexe haben.
b) Hiernach ist die in Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags vom 3. September 2003 getroffene Regelung unwirksam. Der von Vertretern der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dem Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats, einem Bevollmächtigten der IG Metall sowie dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Muttergesellschaft unterzeichnete Vertrag ist eine gemischte Vereinbarung, die zumindest teilweise nicht zweifelsfrei erkennen lässt, ob es sich bei den einzelnen Regelungen oder Regelungskomplexen um tarifvertragliche Bestimmungen oder um solche einer Betriebsvereinbarung oder einer bloßen Regelungsabrede handeln soll.
aa) Der Standortsicherungsvertrag ist insgesamt weder eindeutig als Tarifvertrag noch als Betriebsvereinbarung zu qualifizieren. Nr. 1 des Standortsicherungsvertrags hat recht eindeutig tarifvertraglichen Charakter. Ein unübersichtliches Gemenge bilden dagegen die Bestimmungen in Nr. 3 des Standortsicherungsvertrags. Dort werden Regelungen über einen Interessenausgleich, einen Sozialplan, die Mitwirkung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG und das Schicksal von Konzernbetriebsvereinbarungen nebeneinander gestellt, ohne dass auch nur ansatzweise erkennbar würde, wer ihr jeweiliger Urheber ist und welche Bestimmung deshalb welche (Norm-)Qualität haben soll. Auch bei Nr. 4 des Standortsicherungsvertrags bleibt offen, ob es sich um eine Betriebsvereinbarung, eine Regelungsabrede oder um einen Tarifvertrag handeln soll.
bb) Der Rechtscharakter der hier maßgeblichen Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags ist unklar. Die Rechtsnormqualität dieser Regelung ist weder offenkundig noch ist erkennbar, welchem Unterzeichner des Standortsicherungsvertrags die Urheberschaft für diesen Teil der Vereinbarung zukommt. Die Unterzeichner haben dies in keiner Weise kenntlich gemacht. Auch eine Auslegung der Regelung führt nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu einem bestimmten Ergebnis. Die Überschrift dieses Teils des Standortsicherungsvertrags legt ein Verständnis als Betriebsvereinbarung nahe. Die "Abänderung von Betriebsvereinbarungen" erfolgt nach dem insoweit geltenden Ablösungsprinzip regelmäßig durch Betriebsvereinbarung. Systematische Erwägungen führen zu keinem klaren Ergebnis. Insbesondere folgt aus ihnen nicht, der Standortsicherungsvertrag sei insgesamt ausschließlich ein Firmentarifvertrag. Der Vertrag enthält vielmehr in Nr. 3 Buchst. b und in Nr. 3 Buchst. d auch Regelungen, die eindeutig den Betriebsparteien zuzuordnen sind. Für ein Verständnis als Tarifvertrag und gegen ein solches als Betriebsvereinbarung spricht, dass eine Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt von Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags jedenfalls dann gegen die sich aus dem Verbandstarifvertrag ergebende Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstieße, wenn diese nicht in zulässiger Weise gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG durch einen Firmentarifvertrag beseitigt worden wäre. Dagegen steht der Umstand, dass nach Nr. 2 Satz 1 des Standortsicherungsvertrags "jeder" Arbeitnehmer des Betriebs betroffen sein soll, der Annahme einer tarifvertraglichen Bestimmung entgegen, haben doch die Tarifvertragsparteien keine Kompetenz zu einer auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erfassenden Inhaltsnorm iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG (vgl. allerdings BAG 7. November 2000 - 1 AZR 175/00 - BAGE 96, 208, zu 1 b cc der Gründe).
3. Da aus diesen Gründen die in Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags vom 3. September 2003 getroffene Regelung unwirksam ist, ist auch die Durchführungsvereinbarung vom 11. September 2003 nicht geeignet, die Reduzierung des Gleitzeitkontos des Klägers um 200 Stunden zu rechtfertigen. Bei der zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat geschlossenen Durchführungsvereinbarung handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung. Durch sie sollte ersichtlich die in Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags getroffene Regelung umgesetzt werden. Auf Grund der Unwirksamkeit der Nr. 2 des Standortsicherungsvertrags ist die Durchführungsvereinbarung gegenstandslos. Als eigenständige, den Umfang der Arbeitszeit und die Vergütung regelnde Betriebsvereinbarung verstieße sie gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die betreffenden Gegenstände sind tariflich geregelt. Einen wirksamen Tarifvertrag, der den Betriebsparteien eine Regelung des Umfangs der Arbeitszeit und der Vergütung iSv. § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gestatten würde (vgl. dazu BAG 20. April 1999 - 1 AZR 631/98 - BAGE 91, 244, zu II 2 b der Gründe), gibt es nicht.
III. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch des Klägers auf Korrektur seines Arbeitszeitkontos nicht wegen Versäumung der dreimonatigen tariflichen Ausschlussfrist in § 17 MTV 2002 verfallen. Dabei kann dahinstehen, ob es im Sinne der tariflichen Ausschlussfrist Sache des Klägers war, seinen Anspruch auf korrekte Führung des Gleitzeitkontos geltend zu machen, oder ob es nicht Sache der Beklagten gewesen wäre, zunächst ihrerseits den nach ihrer Auffassung durch Nr. 2 Standortsicherungsvertrag begründeten Anspruch auf Ableistung zusätzlicher 200 Arbeitsstunden schriftlich zu erheben. Zum Zeitpunkt der mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 erfolgten Geltendmachung war die dreimonatige tarifliche Ausschlussfrist für den Kläger noch nicht abgelaufen. Dieser konnte frühestens mit der Bekanntgabe der Durchführungsvereinbarung vom 11. September 2003, die den Stichtag für den Abzug auf dem Gleitzeitkonto auf den 31. August 2003 festlegte, erkennen, dass er sich gegen den Abzug zur Erhaltung seiner Ansprüche wehren müsste. Von dem tatsächlichen Abzug auf seinem Arbeitszeitkonto erfuhr er ohnehin erst später.
Für die Amtliche Sammlung: | ja |
Stichworte: | Normurheberschaft bei gemischten Vereinbarungen |
Verfahrensgang: | ArbG München, 39 Ca 3891/05 vom 17.03.2006 LAG München, 8 Sa 569/06 vom 22.08.2006 |