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Arbeitsrecht
24.01.2013
Arbeitsrecht
LAG Düsseldorf: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Änderung der Vergütungsordnung

LAG Düsseldorf, Beschluss vom 31.7.2012 - 17 TaBV 38/11


Leitsätze


Der Arbeitgeber muss nicht nur dann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates beachten, wenn er das ursprüngliche Vergütungsschema ändert, sondern auch dann, wenn er eine Vergütungsordnung durch eine neue Vergütungsordnung ersetzt oder ersatzlos nicht mehr anwenden will (LAG Düsseldorf vom 03.11.2008 - 14 TaBV 151/08 - LAGE § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 3).


Sachverhalt


A. Die Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.


Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt derzeit ca. 300 Arbeitnehmer. Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der am Standort F. mit ca. 90 Arbeitnehmern gebildete Betriebsrat. Die Arbeitnehmer am Standort F. unterlagen aufgrund eines Betriebsteilübergangs verschiedenen Arbeitsverträgen mit insbesondere unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten (35, 39 und 40 Stunden). Da die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Metallindustrie war, enthielten die Arbeitsverträge teilweise eine Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie.


Die Arbeitgeberin beabsichtigte, mit den Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge eine Bezugnahme auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie enthielten, neue Standardarbeitsverträge abzuschließen. Nach einer Mitgliederversammlung informierte die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer nochmals schriftlich über die neuen Verträge und ihre Folgen.


In einem Informationsschreiben der Personalabteilung (Bl. 14 d.A.) heißt es u.a.:


"Die I. GmbH wird die bisher gewährten Zuschläge für Mehrarbeit, den bisher gewährten Kündigungsschutz für Mitarbeiter über 55, die bisher gewährten Sonderurlaube und die bisher gewährten Arbeitgeberzuschüsse zur VWL als Gesamtzusage weitergewähren.


Grundsätzlich ist es unserer Absicht, dass nur die Mitarbeiter an zukünftigen Gehaltserhöhungsrunden teilnehmen sollen, die den neuen Standardarbeitsvertrag unterschrieben haben. Das Budget für zukünftige Gehaltserhöhungen wird sich immer an der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens orientieren. Diese wird beeinflusst u. a. von Preisindexierung, Installation, Kosten versus Umsatz, Marktentwicklungen. Die Geschäftsleitung plant, eine Verteilung grundsätzlich auf Basis eines noch einzuführenden Leistungsbeurteilungssystems vorzunehmen. Hierzu liegt dem Gesamtbetriebsrat bereits ein entsprechender Betriebsvereinbarungsentwurf vor. Für das Jahr 2009 haben wir hierzu bereits ein Budget von 3 % eingeplant.


Anfang 2009 (Bl. 13 d.A. Anl. 1) bot die Arbeitgeberin den Arbeitnehmern mit einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag den neuen "Standardarbeitsvertrag" mit Wirkung zum 01.01.2009 an. Davon ausgenommen wurden die den Unternehmen X. und C.&T. entstammenden Mitarbeiter, da der Bereich veräußert werden sollte. Dies ist 2009 geschehen und die Mitarbeiter verließen das Unternehmen.


Die wöchentliche tarifvertragliche Arbeitszeit in der Hessischen Metallindustrie betrug 35 Wochenstunden. Die Arbeitszeit der von der Arbeitgeberin als "AT-Mitarbeiter" bezeichneten Personen betrug 40 Stunden. Die bisherige Entlohnung erfolgte entsprechend den hessischen Lohn- und Gehaltstarifverträgen für Arbeiter nach Lohngruppen und Angestellte nach Entgeltgruppen und Lebensaltersstufen. Der Mitarbeiter erhielt eine Leistungszulage zwischen 10 - 25 %, einen Kontoführungszuschuss, eine freiwillige ("übertarifliche") Zulage, einschließlich eines Essenszuschusses, einen Arbeitgeberzuschuss zu vermögensbildenden Maßnahmen und, soweit der Mitarbeiter einen Dienstwagen hatte, die Berechnung des geldwerten Vorteiles.


Die neuen Standardarbeitsverträge (Beispiel 1 c Bl. 362 d. A.) enthalten keine Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie und sehen für Mitarbeiter mit einer bisherigen Wochenarbeitszeit von 35 eine Erhöhung auf 39 Stunden und für die "AT - Mitarbeiter" weiterhin eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vor. Als Arbeitsentgelt erhalten die Mitarbeiter ein Bruttomonatsgehalt in Höhe des bisherigen Gesamtgehalts unter Einschluss der bisherigen tariflichen Leistungs- und freiwilligen Zulage.


In dem Begleitschreiben zum neuen Arbeitsvertrag (BG 1 Bl. 288 d.A.) an die "AT- Mitarbeiter" heißt es u.a.:


"Mit Unterschrift unter diesen Arbeitsvertrag erhalten Sie rückwirkend ab dem 01.04.2008 eine Gehaltserhöhung um 3 %, so dass Ihr neues monatliches Bruttogehalt Euro <Gehalt_ab_010408_3> beträgt.


In dem Begleitschreiben zum neuen Arbeitsvertrag (BG 2 Bl. 289 d. A.) an die anderen Mitarbeiter heißt es u.a.:


"Mit Unterschrift unter diesen Arbeitsvertrag ist eine zweistufige Gehaltserhöhung verbunden:


1.) Rückwirkend ab dem 1.4.2008 erhöht sich Ihr monatliches Bruttogehalt um 3% von Euro <Gehalt_aktuell> auf Euro <Gehalt_ab_010408_3>.


2.) Ab dem 1.1.2009 erhöht sich ihre wöchentliche Arbeitszeit auf <Abwzwo> Stunden. Damit verbunden erhalten Sie eine weitere Erhöhung um 1 %, so dass Ihr monatliches Bruttogehalt ab dem 1.1.2009 Euro <Gehalt_ab_010109_4> beträgt.


Mit Schreiben vom 29.01.2009 ergänzte die Arbeitgeberin im Rahmen einer Gesamtzusage die vertraglichen Regelungen in Bezug auf Überstunden-, Nacht-, Sonntags-, und Feiertagsarbeitszuschläge, Kündigungsschutz, Freistellung von der Arbeit unter Entgeltfortzahlung, Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Altersgrenze und die Gewährung von Firmenfahrzeugen (Anlage 1 d Bl. 371).


Nach dem Vortrag der Arbeitgeberin unterzeichneten ca. 60 % der am Standort F. beschäftigten Arbeitnehmer den neuen Standardarbeitsvertrag.


Neben den im Änderungsangebot enthaltenen Gehaltserhöhungen erhielten die Mitarbeiter, die den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben haben zum 01.04.2009 rückwirkend eine Gehaltserhöhung von 3 % (Anlage BG 3 Bl. 290 d. A.) und zum 01.10.2010 eine Gehaltserhöhung von 2 % (BG 4 Bl. 292 d. A.).


In den Schreiben heißt es u.a.:


"..Die vorliegende Gehaltserhöhung wird in voller Höhe auf sämtliche Gehaltsbestandteile angerechnet, welche die I. C. T. GmbH für den jeweiligen Zeitraum direkt oder indirekt auf Grundlage einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag gewährt oder gewährt hat. Die Anrechnung gilt insbesondere für Ansprüche auf Tariferhöhungen entsprechend dem Tarifvertrag der Metall-Industrie Hessen sowie Ansprüche aus ERA-Tarifverträgen der hessischen Metallindustrie..."


Mit dem am 29.3.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen und durch einen am 01.02.2011 modifizierten Antrag begehrte der Betriebsrat die Feststellung der Unwirksamkeit der Änderung der Vergütungsbedingungen und die Unterlassung der Gewährung der Gehaltserhöhungen an die Mitarbeiter, die den Vertrag unterzeichnet haben.


Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Gewährung von Gehaltserhöhungen an Mitarbeiter, die den neuen Vertrag unterzeichnet haben, gegenüber denen, denen man den Vertrag nicht angeboten bzw. die ihn nicht unterzeichnet haben, wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unzulässig sei. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung bestünden nicht. Der Umstand, dass die Mitarbeiter mit dem neuen Vertrag andere Wochenarbeitszeiten leisteten, reiche nicht aus. Der Betriebsrat sei verpflichtet, die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überwachen. Es handele sich im Übrigen um eine unzulässige Maßregelung.


Der Betriebsrat hat beantragt,


1. festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttogehalts in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 1 % zum 01.01.2009, in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen Standarbeitsvertrag mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden unterzeichnet haben, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue Standardarbeitsvertrag vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, wegen ungerechtfertigter Ungleichbehandlung rechtswidrig ist;


festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttogehalts in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 1 % zum 01.01.2009, in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen Standarbeitsvertrag mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden unterzeichnet haben, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue Standardarbeitsvertrag vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, wegen ungerechtfertigter Ungleichbehandlung rechtswidrig ist;


festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttogehalts in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 1 % zum 01.01.2009, in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen Standarbeitsvertrag mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden unterzeichnet haben, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue Standardarbeitsvertrag vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, wegen ungerechtfertigter Ungleichbehandlung rechtswidrig ist;


festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttogehalts in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 1 % zum 01.01.2009, in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen Standarbeitsvertrag mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden unterzeichnet haben, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue Standardarbeitsvertrag vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, wegen ungerechtfertigter Ungleichbehandlung rechtswidrig ist;


der Antragsgegnerin zu untersagen, in ihrem Betrieb die Arbeitnehmer dadurch willkürlich ungleich zu behandeln, dass sie die Teilnahme an Gehaltserhöhungen von der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages mit erhöhter Wochenarbeitszeit abhängig macht;


für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die o.g. Untersagung wird der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € angedroht.


Die Arbeitgeberin hat beantragt,


die Anträge zurückzuweisen.


Mit Beschluss vom 18.03.2011 hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betriebsrat für die begehrte Feststellung kein rechtliches Interesse habe, da es auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis keinen Einfluss habe. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet. Es bestehe kein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, das einer Rechtsbeziehung zugänglich wäre. Rechtsansprüche einzelner Arbeitnehmer könnten nicht Gegenstand der Beschwerde des Betriebsrats sein. Der Betriebsrat könne auch nicht auf seine Überwachungspflicht nach § 75 BetrVG verweisen. Aus § 75 BetrVG ergebe sich nicht das Recht des Betriebsrats, Verstöße gegen § 75 BetrVG feststellen bzw. beseitigen zu lassen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 24.09.2010 - 10 Sa 488/10 - zu Recht ausgeführt habe.


Dem Betriebsrat wurde der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18.03.2011 am 12.04.2011 zugestellt. Dagegen hat der Betriebsrat mit dem am 29.04.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit dem am 03.06 2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.


Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass konkret gerügt worden sei, dass Arbeitnehmer ungerechtfertigt ungleich behandelt worden seien. Die Rechtswidrigkeit dieser Unwirksamkeit könne festgestellt werden. Es bestehe auch ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, das sowohl aus der genannten Generalnorm des §§ 2 und § 75 BetrVG als auch aus § 87 BetrVG resultiere. Dass die Mitbestimmungsrechte von Bedeutung seien, sei auch in erster Instanz deutlich geworden. Hier bestehe noch ein Rechtsverhältnis wegen des einseitigen nur auf eine bestimmte Personengruppe gezielten neuen Entgeltsystems mit kollektiv begründeter Entgelterhöhung. Die Erweiterung der Anträge unter Bezug auf die Vorschrift des §§ 87 Abs. 1 Nr. 10 sei zur Klarstellung notwendig gewesen. Es handele sich hier nicht um eine individuell begründete Zusage, sondern der Arbeitgeber habe einem Teil der Beschäftigten in F., nämlich 66 Arbeitnehmern eine außertarifliche Entgelterhöhung für den Fall angekündigt, dass sie den neuen Arbeitsvertrag unterzeichneten. Hierüber hätte eine Verhandlung mit dem Betriebsrat erfolgen müssen, da dem Betriebsrat im Hinblick auf die Verteilung der außertariflichen Entgeltsumme ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Außerdem seien durch den Standardarbeitsvertrag in Verbindung mit den weiteren Zusagen und der Gesamtzusage, die Lohngrundlagen bzw. die Entgeltstruktur geändert worden. Die bisherige Vergütung dieser Mitarbeiter richtete sich nach dem Tarifvertrag mit der Zahlung eines Gehalts nach Entgeltgruppen, einer variablen tariflich Leistungszulage und einer freiwilligen übertariflichen Zulage. Das neue Gehalt berücksichtigte zwar den aktuellen Stand aller Leistungen, die Vergütung werde aber festgeschrieben. In jedem Fall seien die Unterlassungsanträge zulässig und gerechtfertigt. Wie schon in erster Instanz ausgeführt, werde auch weiterhin der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gerügt.


Der Betriebsrat beantragt,


1. a) festzustellen, dass dem Antragsteller im Hinblick auf die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes von Seiten der Antragsgegnerin in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von weiteren 1 % zum 01.01.2009 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, d.h. - B. L. - T. O. -, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, ein betriebliches Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zusteht.


hilfsweise,


b) die Antragsgegnerin zu verurteilen, die durch die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von weiteren 1 % zum 01.01.2009 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden, gegenüber den o.g. Arbeitnehmern, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, entstehende unberechtigte Ungleichbehandlung im Betrieb bzw. wegen unterlassener betrieblicher Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu unterlassen;


2. a) festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes in Höhe von 3 % zum und in Höhe von weiteren 1 % zum 01.01.2009 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, d.h. den Arbeitnehmern: C., S. - C., S. - C., T. C., F. - C., T.. - G., F. P. H., X. - I., E. - I., M. - K., H. - K., X. - L., S. - L., G. - L., X. - N., F. - O., E. - S., X. - T., K. - T., S. T., V. - T., I. K. - U., L. - X., V. - A., S. - A., I. ein betriebliches Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zusteht.


hilfsweise,b) die Antragsgegnerin zu verurteilen, die durch die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes In Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von weiteren 1 % zum 01.01.2009 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den o.g. Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, entstehende unberechtigte Ungleichbehandlung im Betrieb bzw. wegen unterlassener betrieblicher Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu unterlassen;


3. a) festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes von Seiten der Antragsgegnerin in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, d.h.: T. N. - S. C. - H.- m. C. - N. C., denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, ein betriebliches Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zusteht,


hilfsweise,


b) die Antragsgegnerin zu verurteilen, die durch die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, gegenüber den o.g. Arbeitnehmern, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 nicht angeboten wurde, entstehende unberechtigte Ungleichbehandlung im Betrieb bzw. wegen unterlassener betrieblicher Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu unterlassen.


4. a) Festzustellen, dass die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes in Höhe von 3 % zum und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, d.h. - E. X. - I. L. -, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, ein betriebliches Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zusteht,


hilfsweise,


b) die Antragsgegnerin zu verurteilen, die durch die Gewährung einer rückwirkenden Erhöhung des Bruttomonatsentgeltes in Höhe von 3 % zum 01.04.2008 und in Höhe von 3 % zum 01.04.2009 und in Höhe von 2 % zum 01.10.2010 gegenüber den Arbeitnehmern, die den neuen "Standardarbeitsvertrag" entsprechend dem Muster vom 06.01.2009 mit einer erhöhten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, gegenüber den Arbeitnehmern, denen der neue "Standardarbeitsvertrag" vom 06.01.2009 angeboten wurde, die diesen allerdings nicht unterzeichnet haben, entstehende unberechtigte Ungleichbehandlung im Betrieb bzw. wegen unterlassener betrieblicher Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu unterlassen.


5. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die o.g. Untersagung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 € angedroht.


6. Festzustellen, dass dem Beteiligten zu 1) bei der Unterbreitung des Änderungsangebotes der Beteiligten zu 2) durch das Vertragsänderungsangebot vom 06.01.2009 i.V.m. der dazugehörenden und nachgeschobenen Gesamtzusage vom 29.01.2009 an die überwiegende Zahl der Mitarbeiter, mit der ein geändertes Entgeltsystem im Betrieb der Beteiligten eingeführt werden sollte und eingeführt wurde, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr.10 BetrVG zusteht.


Die Arbeitgeberin beantragt,


die Beschwerde zurückzuweisen.


Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass die in der Beschwerdeinstanz durchgeführte nachträgliche Antragshäufung unzulässig sei. Sie sei nicht sachdienlich. Es werde ein neuer Streitgegenstand mit dem Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eingeführt. Die Feststellungsanträge seien auch unzulässig, da der Vorrang der Leistungsanträge gelte. Im Übrigen fehle es an einem rechtlichen Interesse an der Feststellung. Die Feststellungsanträge 1.a) -4.a) bezögen sich nicht auf ein betriebsverfassungsrechtliches Verhältnis und damit auf eigene Rechte des Betriebsrats, sondern beträfen die Ansprüche einzelner Arbeitnehmer. Die Feststellungsanträge insbesondere der Antrag zu 6. seien auch unbegründet. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liege nicht vor. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sei nicht verletzt. Bei der Gehaltserhöhung an Mitarbeiter, die den neuen Standardarbeitsvertrag unterschrieben haben, handele es sich um die Festlegung einer rein lohnpolitischen Entscheidung des Arbeitgebers über die Lohnhöhe. Insoweit bestehe kein Mitbestimmungsrecht. Sie habe abstrakt entschieden, dass nur Mitarbeiter, die den neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, Gehaltserhöhungen erhalten würden. Hierdurch sei das betriebliche Lohngefüge nicht geändert worden. Die Verteilung der Leistungen zueinander bleibe aufgrund der linearen Erhöhung gleich. Auch durch die Festlegung des Bruttogehalts werde das Entgeltsystem nicht geändert. Es sei das frühere System übernommen worden. Die Mitarbeiter erhielten die gleichen Leistungen wie vorher. Es sei auch zulässig, für bestimmte Gruppen eine Änderung der Vergütungsstruktur ohne Beteiligung des Betriebsrats umzusetzen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Die Unterlassungsanträge seien ebenfalls bereits nicht zulässig, weil sie eine unzulässige Klageerweiterung darstellten. Die Anträge seien zudem unbestimmt und unbegründet.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Protokolle und deren Anlagen, sowie den Beschluss des Arbeitsgerichts ergänzend Bezug genommen.


Aus den Gründen


C..I. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig.


Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), frist- sowie formgerecht eingelegt und be-gründet worden (§§ 87 Abs. 2 T.. 1, 66 Abs. 1 T.. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).


II. Die Beschwerde ist zulässig aber nur teilweise begründet.


1. Die Feststellungsanträge zu 1.a) - 4.a) sind auszulegen, da sie sich überschneiden. Mit den Anträgen zu 1.a) bis 4.a) wird zunächst ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wegen der nur bestimmten Mitarbeitern gewährten linearen Gehaltserhöhung geltend gemacht. Mit dem Antrag zu 6. begehrt der Betriebsrat die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts im Zusammenhang mit der Änderung der Entgeltregelungen durch den Standardarbeitsvertrag und die Gesamtzusage von Januar 2009. Zu den Änderungen gehört aber auch die Erhöhung der Gehälter. Wie sich bereits aus der erstinstanzlich eingereichten Mitteilung der Personalleitung ergibt, handelt sich um eine einheitliche Maßnahme des Arbeitgebers. Darin wird auch schon auf die Regelungen der Gesamtzusage, die Inhalt des neuen Arbeitsvertrages sein sollen, hingewiesen. Wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, reklamiert der Betriebsrat mit den Feststellungsanträgen in erster Linie ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Änderung der Vergütungsregelungen durch die Standardarbeitsverträge. Die so verstandenen Anträge sind zulässig.


2. Die mit den Anträgen durchgeführte Antragsänderung gegenüber den ersten Anträgen in erster Instanz und der Beschwerdebegründung ist zulässig. Gemäß §§ 87 Abs. 2 Satz 3, § 81 Abs. 3 ArbGG kann eine Antragsänderung erfolgen, wenn der Gegner zustimmt oder sie sachdienlich ist. Die Arbeitgeberin hat zwar der Antragsänderung widersprochen. Nach Auffassung der Kammer ist die Antragsänderung aber sachdienlich. Sachdienlichkeit setzt voraus, dass der bisherige Streitstoff und das Ergebnis des Verfahrens nutzbar gemacht werden können und der Streit der Beteiligten mit einer Entscheidung über den geänderten Antrag endgültig oder besser beigelegt werden kann und ein weiteres Verfahren vermieden wird. (Germelmann/Matthes ArbGG 7. Aufl. § 81 Rdnr. 91).


Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der bisherige Streitstoff kann auch für die Antragserweiterung verwertet werden. Es geht um die Wirksamkeit von Veränderungen durch die neuen "Standartarbeitsverträge" unter betriebsverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, die ohne Beteiligung des Betriebsrats erfolgt sind. Der Standardarbeitsvertrag und die vergütungsbezogenen Maßnahmen im Zusammenhang mit diesem Vertrag waren bereits Gegenstand der ersten Instanz. Insofern kann der Prozessstoff, der im Tatsächlichen im Wesentlichen unstreitig ist, verwertet werden. Der Betriebsrat berief sich zwar erstinstanzlich nur auf einen willkürlichen Verstoß gegen § 75 BetrVG, der die Betriebspartner verpflichte, den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten Die Rechtwidrigkeit der Maßnahme unter betriebsverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist aber weiterhin im Streit. Der Betriebsrat beruft sich in der Beschwerde lediglich auf weitere rechtliche Gesichtspunkte, die nach seiner Auffassung zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass mit der Entscheidung die Frage des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG im Zusammenhang mit der Einführung der Standardarbeitsverträge endgültig geklärt wird und weitere Prozesse vermieden werden.


3. Für den Antrag besteht auch ein Rechtschutzinteresse. Die Arbeitgeberin bestreitet eine Veränderung von Entlohnungsgrundsätzen durch und im Zusammenhang mit dem Standardarbeitsvertrag und damit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs.1 Nr. 10 BetrVG.


4. Der Antrag ist auch begründet. Die Veränderung der Entgeltregelungen im Zusammenhang mit dem Standardarbeitsvertrag von Januar 2009 und der Globalzusage vom 29.01.2009 unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.


a) Es liegt eine kollektive Maßnahme vor, da die Arbeitgeberin nach ihrem Vortrag allen Arbeitnehmern mit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel ("AT-Mitarbeiter" mit einer 40-Stundenwoche, allen andern mit einer 39-Stundenwoche) den neuen Standardarbeitsvertrag angeboten hat.


b) Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft insbesondere die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist, das betriebliche Lohngefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (BAG 23.06.2009 - 1 AZR 215/08 - AP Nr. 46 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung; BAG 28.02.2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 15, AP Nr. 127 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, m.w.N.). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft danach die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 23.06.2009 a.a.O.; BAG 28.03.2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 m.w.N., AP Nr. 128 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Der Betriebsrat hat danach mitzubestimmen über die Faktoren der Lohnfindung einschließlich des Verfahrens, nachdem sich die Bestimmung des Entgeltes richtet. Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgte (BAG 28.02.2006 - Rn. 16 a.a.O.). Eine Gesamtvergütung lässt sich zudem regelmäßig nicht in mehrere voneinander unabhängige Bestandteile aufspalten. Vielmehr bildet ihre Gesamtheit die Vergütungsordnung, bei deren Aufstellung und Veränderung der Betriebsrat mitzubestimmen hat. Die Vergütungsstruktur wird regelmäßig auch dann geändert, wenn nur einer von mehreren Bestandteilen, aus denen sich die Gesamtvergütung zusammensetzt, gestrichen, erhöht oder vermindert wird (BAG 26.08.2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 21 m.w.N., AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 15). Kein Mitbestimmungsrecht besteht zur Höhe des Lohns (BAG 30.10.2001- 1 ABR 8/01- NZA 2002, T.. 29).


Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber eine tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb anwendet und damit die in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze als betriebliche Vergütungsordnung praktiziert. Wird die im Tarifvertrag enthaltene Vergütungsstruktur geändert oder vollständig durch eine Neuregelung ersetzt und wendet der Arbeitgeber die geänderten Vorschriften im Betrieb an, ändern sich dadurch auch die betrieblichen Entlohnungsgrundsätze (BAG 11.01.2011 - 1 AZR 310/09 - EzA § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24). Eine "Änderung" der Entlohnungsgrundsätze i.T.. von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitgeber das ursprüngliche Vergütungsschema modifiziert. Der Arbeitgeber muss auch dann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten, wenn er eine Vergütungsordnung durch eine völlig neue Vergütungsordnung ersetzen oder ersatzlos nicht mehr anwenden will. Es würde dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts eklatant widersprechen, wenn die einseitige Nichtanwendung der Vergütungsordnung als weitestgehende Änderung für den Arbeitgeber folgenlos bliebe (LAG Düsseldorf 03.11.2008 - 14 TaBV 151/08 - LAGE § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 3; entgegen LAG Köln, Beschluss vom 22.03.2006, LAGE Nr. 1 zu § 87 BetrVG 2001, Betriebliche Lohngestaltung). Das Bundesarbeitsgericht hat zudem ein Mitbestimmungsrecht angenommen, wenn die Vergütungsordnung, die durch eine Gehaltsdifferenzierung nach Lebensaltersstufen und durch die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs aus bestimmten Vergütungsgruppen gekennzeichnet war, dahingehend geändert wurde, dass die Angestellten danach generell ohne Rücksicht auf Lebensaltersstufen vergütet wurden und auch keine Höhergruppierung auf Grund Bewährungsaufstiegs vorgenommen wurde (BAG 11.06.2002 - 1 AZR 390/01 - AP Nr. 113 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung: BAG 27.06.2000 - 1 ABR 36/99 - AP BetrVG 1972, § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972, § 99 Eingruppierung; 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - EzA BetrVG 1972, § 87, Betriebliche Lohngestaltung, Nr. 72).


c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gegeben. Nach Auffassung der Kammer stellt die Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Einführung des Standardarbeitsvertrages neue Entlohnungsgrundsätze auf. Bis zu dem Zeitpunkt richtete sich die Vergütung für den nicht tarifgebundenen Arbeitgeber durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag bei der überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer nach den Tarifverträgen der hessischen Metallindustrie. Die Vergütung setzte sich für die Angestellten zusammen aus einer Grundvergütung, die durch eine Eingruppierung nach Entgeltgruppen und Lebensalter bestimmt wurde, eine Leistungszulage zwischen 10 und 15 %, deren Voraussetzungen von den Tarifvertragsparteien veränderbar waren, sowie einer freiwilligen Zulage. Mit dem Standardarbeitsvertrag und der Gesamtzusage hat die Arbeitgeberin dieses System geändert. Sie hat zwar nach ihrem unwidersprochenen Vortrag bei der Angabe des Bruttogehalts im neuen Standardarbeitsvertrag alle Gehaltsbestandteile berücksichtigt und die Vergütung nicht verringert. Die einzelnen Gehaltsbestandteile wurden aber festgeschrieben. Der Erhalt einer anderen Leistungszulage ist im Gegensatz zu der Zeit davor, nach den neuen Grundsätzen nicht mehr möglich. Das Gehalt bestimmt sich für die Zukunft nicht mehr nach Vergütungsgruppen und Lebensaltersstufen. Der Arbeitgeber hat im Termin zudem selbst ausgeführt, dass es seit Januar 2009 kein Eingruppierungssystem mehr gebe. Für die neuen Mitarbeiter gelte der Standardarbeitsvertrag mit der Gesamtzusage. Damit werden nach Auffassung der Kammer die Entlohnungsgrundsätze i.T..d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 geändert, und der Betriebsrat ist daran zu beteiligen.


d) Nach Auffassung der Kammer unterliegt auch die lineare Erhöhung der Gehälter an die Mitarbeiter, die den Standardarbeitsvertrag unterschrieben haben, der Mitbestimmung des Betriebsrats. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 21.08.1990 (- 1 ABR 72/89 - NZA 1991, 434-437) ausgeführt, dass bei der linearen Kürzung von freiwilligen übertariflichen Zuschlägen der Betriebsrat darüber mitzubestimmen hat, wie das gekürzte Zulagenvolumen auf die von der Kürzung betroffenen Arbeitnehmer verteilt werden soll (BAG 13.01.1987 AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung; BAG 10.02.1988 AP Nr. 26 und 33 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung,). Die Auffassung wurde damit begründet, dass es eine Frage der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit ist, wie das gekürzte Gesamtvolumen der übertariflichen Leistung auf die betroffenen Arbeitnehmer verteilt werde. Dem Einwand des Arbeitgebers, es gehe nicht um Fragen der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit, weil er bei allen in Betracht kommenden Arbeitnehmern die übertarifliche Zulage um den gleichen Prozentsatz gekürzt habe, hat das Bundesarbeitsgericht entgegengehalten, dass die gleichmäßige Weitergabe der Kürzung an alle in Betracht kommenden Arbeitnehmer nur eine der möglichen Entscheidungen sei. Sie sei nicht zwingend und bedürfe deshalb der Mitbestimmung des Betriebsrats. Es könne vernünftig und zweckmäßig sein, unterschiedlich zu kürzen, etwa nach Betriebszugehörigkeit, Leistungsgrad oder Tariflohngruppe. Dies müsse dann aber auch gelten bei einer linearen Gehaltserhöhung. Auch sie ist nur eine von mehreren möglichen Verteilungsentscheidungen, da sie Teil der Veränderung des bisherigen Systems seien (BAG 21.08.1990 a.a.O.).


Diese Grundsätze sind nach Auffassung der Kammer auch hier anzuwenden. Der Arbeitgeber entscheidet zwar mitbestimmungsfrei über den Zweck einer Leistung und die Höhe des Lohns. Es wird auch nicht übersehen, dass die Gehaltserhöhungen im vorliegenden Fall mit dem Verzicht auf die Bezugnahme auf den Tarifvertrag und bei Arbeitnehmern mit einer 35-Stundenwoche zusätzlich mit einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit verbunden waren. Die lineare Erhöhung der Gehälter ist aber ebenfalls nur eine von mehreren möglichen Verteilungsmöglichkeiten des vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Vertragsänderung zur Verfügung gestellten Geldvolumens. Gerade die Entscheidung, ob die Verteilung in linearer oder in anderer Form erfolgen soll, betrifft die Frage der Verteilungsgerechtigkeit und damit einen Mitbestimmungstatbestand. Die Erhöhung ist zudem Teil der Veränderung des Lohnfindungssystems.


Nach alledem besteht im Zusammenhang mit der Änderung der Vergütungsregelungen durch den Standardarbeitsvertrag und die Globalzusage von Januar 2009 ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.


III. Das den Feststellungsanträgen zu 1.a) bis 4.a) nach Auffassung der Kammer zu entnehmende weitere Begehren des Betriebsrats, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG aufgrund der linearen Erhöhungen im Verhältnis zu den Arbeitnehmern festzustellen, die den Standardarbeitsvertrag nicht unterschrieben oder nicht erhalten haben, hatte keinen Erfolg.


1. Die Anträge sind insoweit nicht zulässig. Für den Antrag besteht kein Rechtsschutzinteresse. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann das Bestehen eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen rechtlichen Feststellung hat. Rechtsverhältnis i.T.. des § 256 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis zu einer Person oder Sache (BAG 24.04.2007 - 1 ABR 27/06 - AP Nr. 20 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Das Mitbestimmungsrecht nach dem Betriebsverfassungsgesetz betrifft nur das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Auch nur in diesem Verhältnis kann rechtsverbindlich eine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfolgen. Für die Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts zugunsten bestimmter Arbeitnehmer besteht kein Rechtsschutzinteresse.


2. Soweit der Betriebsrat mit den Anträgen zusätzlich ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Bezug auf die gesamte betriebliche Lohngestaltung reklamieren will, weil etwa die Arbeitnehmer, die den Standardarbeitsvertrag nicht erhalten oder nicht unterschrieben haben, keine Gehaltserhöhung erhalten haben, ist der Antrag zwar zulässig aber unbegründet.


Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dient zwar der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und ist daher im Grundsatz auf eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges angewiesen. Daraus folgt aber nicht, dass das Mitbestimmungsrecht nur einheitlich für alle Arbeitnehmer wahrgenommen werden kann. Bestehen für Teile der Belegschaft verschiedenartige Entgeltsysteme, erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht nicht auf das Verhältnis der einzelnen Mitarbeitergruppen zu einander. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist isoliert für die einzelnen Arbeitnehmergruppen zu beurteilen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Abgrenzung der Gruppen sachwidrig und willkürlich ist (LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.12.1994 -15 TaBV 4/15- beck-online.de).


Davon kann aber hier nicht ausgegangen werden. Es gibt unterschiedliche Arbeitnehmergruppen und zwar die Arbeitnehmer, deren Vergütung sich weiterhin nach den Regelungen des hessischen Metalltarifvertrages richtet und die Arbeitnehmer, deren Vergütung sich unter Verzicht auf die Bezugnahme auf die Tarifverträge der hessischen Metallindustrie nach dem neuen Standardarbeitsvertrag richtet. Insofern ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Zusammenhang mit der linearen Erhöhung der Gehälter nur innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer mitbestimmungsrechtlich zu beurteilen, die den Standardarbeitsvertrag unterschrieben.


IV. Da den Feststellungsanträgen zu 1.a) - 4a.) insofern nicht stattgegeben wurde, war über die Hilfsanträge zu entscheiden.


1. Die Hilfsanträge zu 1.b) - 4.b) sind bereits nicht zulässig. Der Unterlassungsantrag muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein. Er muss eindeutig erkennen lassen, welche Handlungen der Arbeitgeber unterlassen soll, und in welchen Fällen gegen ihn als Sanktion ein Ordnungsgeld verhängt werden kann (BAG 19.04.2004 -1 ABR 30/02 - AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 Durchführung). Es dürfen keine Zweifel bestehen. Die Prüfung darf nicht ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 24.01.2001 - 7 ABR 2/01 - AP ArbGG 1979, § 81 Nr. 50). Aus den Anträgen ergibt sich nicht, welche konkreten Handlungen (Zahlungen) der Arbeitgeber unterlassen soll.


2. Unabhängig davon sind die Anträge auch nicht begründet. Bei den Rechtsfolgen unterbliebener Mitbestimmung ist zwischen den betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsfolgen und den Rechtsfolgen im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden (vgl. Heither, DB 1991, 700, 701, unter C. I 4).


Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen auch nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 17.05.2011 - 1 AZR 797/09 - EzA § 87 BetrVG 2001, Betriebliche Lohngestaltung, Nr. 25; 22.06.2010 - 1 AZR 853/08 - AP Nr. 136 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung; BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237). Begünstigende Maßnahmen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer bleiben mithin trotz Verstoßes gegen zwingende Mitbestimmungsrechte wirksam, weil das Gegenteil Norm zweckwidrig wäre sowie gegen den Vertrauensschutzgedanken des Verbots widersprüchlichen Verhaltens verstieße (Erf/Kom Kania 12. Auflage 2012 Rn. 136).


Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Betriebsrat die Unterlassung der Gewährung der Gehaltserhöhungen, an die Mitarbeiter, die den Standardarbeitsvertrag unterschrieben haben, nicht verlangen. Es handelt sich insoweit um eine für diese Arbeitnehmer günstige Maßnahme; die zudem Inhalt ihrer Individualvereinbarung mit dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Abschluss des neuen Standardarbeitsvertrages ist.


Nach alledem waren die Anträge zurückzuweisen.


V. Da die Unterlassungsanträge keinen Erfolg hatten, war auch der Antrag zu 5. zurückzuweisen.


Die Beschwerdekammer hat den entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deswegen die Rechtsbeschwerde für beide Beteiligten an das Bundesarbeitsgericht zugelassen (§§ 92 Abs. 1 T.. 2, 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG).

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